Zum Inhalt der Seite




Schlagworte
[Alle Einträge]

Top 15

- Random (23)
- Alltag (14)
- Internet (13)
- Animexx (12)
- Genitalimexx Hodulenztittlender 2017 (12)
- Genitalimexx Hodulenztittlender 2016 (9)
- Troll (7)
- ...der Woche (6)
- Computer (6)
- Glücksmomente (6)
- Kummerkasten (6)
- Spam (6)
- anleitung (5)
- Gackt (5)
- laptop (5)

Was ist Cyber-Stalking - und was nicht? Cyber-Stalking, feels over reals, Internet, Stalking, Trigger-Warnung: Stalking

Autor:  SmilingMana
Ich hab das hier nach bestem Gewissen geschrieben, bin aber keine Person mit juristischer Vorbildung. Wer hier inhaltliche Fehler findet oder sonstwas anmerken möchte, möge das bitte tun. :D


"Stalking" gehört - genau wie "Mobbing" - inzwischen zu den Begriffen, die leider immer inflationärer und teils schlichtweg falsch verwendet werden. Oft habe ich den Eindruck, dass bei recht harmlosen Vorfällen Mücken zu Stegosauriern aufgeblasen werden und/oder man die eigene Wichtigkeit überschätzt und besonders betonen möchte, indem man jemanden aufgrund irgendeiner Belanglosigkeit zum persönlichen Stalker erklärt.
Was auch immer die Gründe dafür im Einzelnen sind, die falsche Verwendung solcher Begriffe verharmlost sie zunehmend und ist imho äußerst anmaßend gegenüber all jenen Menschen, die tatsächlich mal aufs Übelste gestalkt worden sind. Ich hoffe, mit diesem Eintrag eine leicht verständliche Übersicht darüber geben zu können, was Cyber-Stalking per Definition darstellt - und was es NICHT ist.


Die Kurzfassung:

Stalking im Internet liegt vor, wenn eine Person mindestens einen dieser Sachverhalte beharrlich über einen längeren Zeitraum durchzieht:

- das intensive Sammeln persönlicher Daten und deren Einsatz zum Schaden des Opfers, insbesondere durch die öffentliche Zurschaustellung privater Fotos, Videos oder schriftlich dargelegter Informationen ohne vorliegendes Einverständnis;
- das sehr häufige Verfassen aufdringlicher, beleidigender und/oder drohender Nachrichten/Kommentare;
- das Anlegen von Fake-Profilen, um sich in das soziale Netzwerk des Opfers einzuschleusen;
- die bewusste Veröffentlichung von Lügen und das Verbreiten von falschen Gerüchten, um den Ruf des Opfers zu schädigen;
- das Stehlen der Identität des Opfers, um unter seinem Namen teure Einkäufe zu erledigen oder es sonstwie finanziell zu schädigen;
- das Stehlen der Identität des Opfers, um unter seinem Namen Profile auf diversen Websites (z. B. Singlebörsen) zu erstellen;
- das Begehen von rufschädigenden und/oder strafbaren Handlungen unter dem Namen des Opfers;
- die Verbreitung manipulierter Fotos/Videos des Opfers;
- das Abfangen von Passwörtern und anderen vertraulichen Daten über Spyware oder Phising-Websites;
- die Einbeziehung und Mit-Belästigung von Freunden und Verwandten des Opfers.

Kommt eine dieser Handlungen einmal vor, handelt es sich (je nach Sachverhalt) vielleicht um eine Straftat, aber noch lange nicht um Cyber-Stalking. Bei Cyber-Stalking (und Stalking allgemein) MUSS die Beharrlichkeit, also eine gewisse Regelmäßigkeit über einen längeren Zeitraum, deutlich erkennbar vorliegen. Das gilt übrigens auch für die Definition von Cyber-Mobbing, weshalb diese Begriffe manchmal synonym verwendet werden, obwohl sie nicht zu 100 % identisch sind.
Stalking und Mobbing haben gemein, dass es sich in beiden Fällen um die Summe einzelner Taten handelt, die über einen gewissen Zeitraum zusammengekommen ist und bei denen der Täter dem Opfer bewusst seelischen Schaden zufügt oder diesen Schaden billigend in Kauf nimmt. Außerdem muss ein "innerer Zusammenhang" zwischen all diesen Taten erkennbar sein, sowie die offensichtliche Missachtung des Willens des Opfers und ein hohes Maß an Gleichgültigkeit gegenüber dem gesetzlichen Verbot solcher Handlungen.
Im Falle von Stalking müssen die Taten außerdem schwerwiegend genug sein, um bei objektiver Betrachtung die Lebensgestaltung des Opfers massiv zu beeinträchtigen.


Beispiele und ausschweifendes Blabla meinerseits:

Jemand schreibt euch einmal eine ENS mit dem Inhalt "Haha deine Mudda is fett und dein Hamster behindert"? Das ist kein Stalking.
Jemand lädt einmal ein Foto von euch hoch, wo ein Schweinearsch über euer Gesicht gephotoshopt wurde? Das ist Kindergarten, aber kein Stalking.
Jemand versucht einmal, das Passwort für euren Facebook-Account zu knacken? Das ist im Falle des Gelingens definitiv eine Straftat, aber kein Stalking.
Jemand bestellt einmal etwas unter eurem Namen? Das ist schon Identitätsdiebstahl, aber immer noch kein Stalking.
Jemand posaunt einmal groß und breit eine Lüge über euch in einem sozialen Netzwerk herum? Das kann als rufschädigende Verleumdung zählen, aber wenn's bei diesem einen Vorfall bleibt, dürft ihr dreimal raten, was es nicht ist. :)

JEDOCH:
Wenn all diese Dinge innerhalb eines halben Jahres zusammenkämen und der Täter immer die selbe Person wäre, dann wäre es eindeutig Stalking.
Und es wäre auch Stalking, wenn "nur" eine dieser Handlungen immer wieder wiederholt werden würde, euch die Person z. B. mit den beleidigenden Nachrichten aus dem ersten Beispiel rund um die Uhr bombardiert oder jeden zweiten Tag ein neues "aufgehübschtes" Bild von euch postet. Schlimmstenfalls sogar plattform- und medienübergreifend, sodass ihr dem nicht ausweichen könnt.

Um als "Stalking" zu gelten, müssen die Taten übrigens nicht unbedingt vor Hass, Abfälligkeit oder Sadismus überschäumen. Sie müssen "belästigend" sein - darunter fallen auch ständig wiederholte Liebesschwüre, sexuell angehauchte Nachrichten oder das Zusenden von Geschenken, sofern sie eindeutig nicht erwünscht sind.

Die bloße Anwesenheit einer Person innerhalb der gleichen Online-Community ist natürlich genauso wenig Stalking wie eine zufällige Begegnung mit einer ungeliebten Person im Supermarkt. Wer in der gleichen Stadt wohnt bzw. in der gleichen Community unterwegs ist, der kann sich hin und wieder begegnen.
Gefährlich wird es erst, wenn diese Person euch nicht nur im Supermarkt über den Weg läuft, sondern auch - offensichtlich ohne Grund - regelmäßig an eurem Haus vorbeifährt, vielleicht sogar vor eurer Tür herumlungert, sturmklingelt, euch telefonisch belästigt, Hassbotschaften in den Briefkasten wirft, euch als Geschenk verpackte Kuhfladen schickt, die Reifen eures Autos aufschlitzt und Leib und Leben von euch und euren Haustieren bedroht.
Gut, das ist vielleicht von mir etwas übertrieben dargestellt und schon sehr, Sehr, SEHR heftiges Stalking (mit Sachbeschädigung und Drohung), aber ihr versteht schon, was ich meine. Echtes, den Strafbestand erfüllendes Stalking ist 'ne ernstzunehmende Sache, zu der einiges mehr gehört als "Ich hasse Person X, hab voll die Allergie gegen X entwickelt und X läuft mir nun schon zum dritten Mal in zwei Jahren über den Weg, der blöde Stalker".
Es ist auch kein Stalking, wenn die verhasste Person X einmal all ihren Mut zusammennimmt und euch ein Liebesgeständnis macht. Stalking liegt erst dann vor, wenn die zurückgewiesene Liebe nicht das Ende der Bemühungen um eure Person, sondern der Beginn einer Reihe von viel aggressiveren und aufdringlicheren Handlungen darstellt.

Oder, im Falle einer Online-Community wie Animexx: Wenn ein ungeliebter User es tatsächlich wagt, an den gleichen (öffentlichen) Diskussionen wie ihr teilzunehmen, dort vielleicht sogar auf etwas eingeht, was ihr geschrieben habt - das allein ist kein Stalking. Sofern da nicht noch andere Faktoren aus der Liste weiter oben mit reinspielen, handelt es sich einfach um einen Fall, wo eine öffentliche Diskussion genau das ist, was der Name schon vermuten lässt.
Auch ist es kein Stalking, wenn eine ungeliebte Person das liest, was ihr an öffentlich einsehbaren Orten schreibt. Auch nicht, wenn sie das hin und wieder kommentiert (es sei denn, der Inhalt dieser Kommentare ist eindeutig beleidigend, sexuell oder sonstwie unangemessen).
Dass andere Menschen das, was ihr für jeden sicht- und kommentierbar ins Internet schreibt, lesen und kommentieren könnten, ist etwas, womit ihr rechnen müsst. Jemanden zu abonnieren bzw. auf sozialen Netzwerken zu folgen hat mit Stalking auch ungefähr so viel zu tun wie das Betrachten von Schaufenstern mit einem vollzogenen Diebstahl.

Jemandes Usernamen nicht ersehen zu können macht diese Person noch lange nicht zum Stalker.
Das sind typische Situationen, in denen dieser Begriff fälschlicherweise benutzt und somit massiv verharmlost wird. Meistens überschätzt das vermeindliche Opfer hierbei den eigenen Stellenwert, den es im Kopf des "Täters" einnimmt (echtes Stalking ist für den Täter i. d. R. ja eine sehr leidenschaftliche bis obsessive Sache, die nicht mal eben nebenbei betrieben wird), während der "Täter" das "Opfer" eigentlich wie einen ganz normalen Diskussionspartner im Internet behandelt.
Euch macht die bloße Existenz eines gewissen Users rasend? Das kann sich für euch natürlich sehr unangenehm anfühlen, ist aber euer Problem - nicht das des Users.
Sollte es bei euch so aussehen, dass ihr 50 Blogeinträge schreibt und davon 2 auf für euch unangenehme Weise von der gleichen unerwünschten Person kommentiert werden, so ist das vielleicht nicht schön für euch, aber meilenweit davon entfernt, Stalking zu sein. Es fehlt alles, was Stalking kennzeichnet, insbesondere die Beharrlichtkeit und die Eignung dieser Taten zur Einschränkung eurer Lebensgestaltung im Internet. Sollten das die einzigen Vorfälle sein, ist es einfach zu wenig.
Für solche Fälle bieten so gut wie alle Hochladeplattformen und Netzwerke Möglichkeiten zur Anpassung der Sichtbarkeit und Kommentierbarkeit eurer Beiträge an. Teilweise ermöglichen sie es auch, die Beiträge der unerwünschten Person(en) auszublenden.


Der dazugehörige Paragraf:

Stalking ist - im Gegensatz zu Mobbing - ein handfester Strafbestand. Noch ein Grund mehr, etwas Vorsicht walten zu lassen, bevor man jemanden als "Stalker" bezeichnet.
§ 238 StGB

Nachstellung

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen, indem er beharrlich
1. die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a) Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b) Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen, oder
4. diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt.

(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahe stehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Übrigens: Der Teil mit der "Einschränkung der Lebensgestaltung" in diesem Gesetz ist neu und soll dafür sorgen, dass Stalking objektiver als bislang betrachtet wird. Es ist nun mal eine Tatsache, dass ein paar Menschen sich schon aufgrund kleinster Kleinigkeiten "gestalkt" fühlen können und ihr gesamtes Verhalten im Internet ändern, während andere, die einen sehr aufdringlichen Stalker an der Backe haben, sich von ihm in keinster Weise einschränken lassen.
Aus diesem Grund wurde das Gesetz so abgeändert, dass die Handlungen "objektiv zur Einschränkung der Lebensgestaltung geeignet sein" MÜSSEN, um tatsächlich als "Stalking" strafbar zu sein. Auf diese Art haben wir etwas weniger "feels over reals", bei welchem die Strafbarkeit allein vom zutiefst subjektiven Empfinden der betroffenen Person abhängig war.
Finde ich persönlich sehr gut. Auf diese Weise können auch exzessive Stalker, deren Taten am Opfer fast unbeachtet abprallen, strafrechtlich verfolgt werden. Und es werden weniger Leute als "Stalker" verurteilt, die einfach an besonders empfindliche Menschen geraten sind, ohne etwas getan zu haben, was dem "Stalking"-Begriff auch nur ansatzweise nahe kommt.


Fazit:

Cyber-Stalking ist eine schwerwiegende Straftat, die bei den Betroffenen das komplette Leben auf den Kopf stellen kann. Diesen Begriff zu verharmlosen, indem man Mini-Vorfälle damit auf eine Stufe stellt, empfinde ich als ziemlich gefährlichen Trend.
Es ist eine Sache, jemanden in offensichtlich scherzhaften Umständen als "Stalker" zu bezeichnen, aber eine ganz andere, es jemanden als ernstgemeinten Vorwurf ins Gesicht zu schleudern, ohne dass es Hand und Fuß hat.
Es schadet niemandem, vor der Verwendung von Begriffen der Hausnummer "Mobbing" oder "Stalking" mal kurz in sich zu gehen und scharf darüber nachzudenken, ob das jetzt tatsächlich gerechtfertigt ist, oder ob man nicht gerade aus irgendeinem Grund überreagiert. Überreagieren ist menschlich. Sich - warum auch immer - verletzt zu fühlen, ist menschlich. Es macht die Tat eines anderen aber nicht schlimmer, als sie ist. Und es lässt keine Straftaten entstehen, wo keine begangen wurden.

Ich möchte nochmals betonen, dass ich auf keinen Fall die Existenz von Stalkern abstreiten oder den Strafbestand des Stalkings verteidigen möchte. Ganz im Gegenteil - gerade, weil es so viele reale Fälle gab und gibt, in denen ein Stalker seinem Opfer über Monate oder gar Jahre hinweg das Leben zur Hölle gemacht hat, sollte der inflationäre Gebrauch in harmlosen Situationen aufhören. Es ist unangemessen und ein Hohn gegenüber den Menschen, die damit tatsächlich schon mal konfrontiert worden sind.

Mana