Kobaltblau
Autor: -Broeckchen-
Ich war außerdem müde. Auf eine besonders merkwürdige Art und Weise, die ich nur von meinem Arbeitsalltag her kenne... Es fiel mir schwer, aufzustehen statt mich umzudrehen und weiterzuschlummern, aber solange ich mich nicht ins Bett legte, fühlte sich mein Körper wach und munter an. Trotzdem wirkte das Bett auf mich wie ein Magnet, ich musste mich die ganze Zeit ablenken, um nicht hinzugehen. Was, wie ich finde, merkwürdig ist. Mir kam es so vor als wäre es nicht mein Körper, sondern eine fest verwurzelte Überzeugung in mir gewesen die den Schlaf für nötig hielt. Aber wenn das so war, warum glitt ich dann nachdem ich den Wecker etwas später gestellt hatte sofort wieder in den Schlaf?
Naja, jedenfalls kam ich angepisst zur Arbeit (wäre auch fast zu spät gewesen, Cheffe hat nicht grad vor Glück gestrahlt), verpasste sogar dem einen Sohn des Chefs einen Guten Morgen zu wünschen und stand allgemein sehr neben mir.
Bis ich den Hammer zur Hand nahm.
Danke nochmal Ruppi.
Ruppi, einer meiner Mitarbeiter, gab mir gestern die Anweisung aus den Fenstern deren Farbe ich mit einem Fön lösen soll vorher die Glasscheiben zu entfernen, damit sie mir nicht ins Gesicht platzen. Ich hab heute also gut eine halbe Stunde allein damit verbracht, die Scheiben in kleine Splitter zu zerdeppern und diese dann hingebungsvoll mit einer Zange aus dem Rahmen zu pflücken. Dagegen hat Frustration keine Chance!
Deutlich beruhigter n der Pause: Belag und Paprika sind da, Brötchen hab ich zuhause vergessen: Scheiße. Unter Grummeln würgte ich mir Schinken und Käse solo herunter, spülte mit einer extra großen Tasse Kaffee nach - und war satt. O.o Heureka! Das machte mir noch bessere Laune.
Zudem musste ich heute keine einzige Sekunde schleifen. Stattdessen wurde mir das Abbrennen der Fenster und das Kitten einiger neuer Rahmen anvertraut. Ich konnte also die ganze Zeit meinen Gedanken nachhängen und machte trotzdem mal was Anderes als sonst. Es war scheiße anstrengend (Ende der Woche hab ich garantiert einen Tennisarm...) aber auch irgendwie angenehm. Und jetzt bin ich voll entspannt und gut gelaunt.
Die Arbeit tut mir also echt gut. Vor allem weil ich heute gemerkt habe, dass ich langsam kompetent werde. Ich durfte sogar selbstständig eine kaputte Stelle in einem der neuen Rahmen leimen, und das Ergebnis sieht gut aus. *stolz pluster* :3
Wieso Kobaltblau? Letzte Woche war ich ja in einer Glashütte zum Seminar, und auf dem Heimweg von der Arbeit hab ich mich mit meinem neuen Stamm-Chauffeur deshalb über Glas unterhalten. Wusstet ihr, dass kobaltblaues Glas in Deutschland wahnsinnig schwer zu kriegen ist? Dabei ist Kobalt eine der schönsten Farben, die es gibt. Mein Gesprächspartner hat vor einer Weile für eine Restauration welches besorgen müssen, und trieb in Polen davon etwas auf - seeeehr alte Teile. Er versprach, danach zu schauen, und mir morgen vielleicht ein paar damals übrig gebliebene Splitter und rote Glasblumenschliffe mit zur Arbeit zu bringen, wen er sie findet.
Das fände ich wiederum schnurrig ohnegleichen. Denn dieses Blau entspricht irgendwie gerade meiner jetztigen Stimmung.
Kobaltblau.