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Wie wird man ein Mobbing-Täter? Mobbing

Autor:  Ladeniel
Hey, ihr Lieben,

dieser Eintrag hat nichts mit der derzeitigen Abmahnwelle auf Mexx zu tun, in der "Mobbing" ein häufiger Begriff ist, ich bin dadurch nur auf die Idee gekommen, mich mal mit einigen Sachen auseinanderzusetzen. (Das nur als Vorwort, falls jemand deswegen hier geklickt hat.)

Es folgt eine kleine Gedankengeschichte mit mir.

Ich würde mich selbst als eine relativ extrovertierte Person bezeichnen - ich habe beispielsweise keine Probleme damit, eine*n neu im Seminar angekommene*n Kommilitonen/in* zu begrüßen und ein paar Smalltalk-Fragen zu stellen. Genauso wenig Probleme hätte ich damit, mit einem/r* Studenten/in* zu plaudern, dem/r* ich gerade auf dem Campus Feuer gegeben habe. Ein paar Witze mit dem Kellner, der gerade meine Bestellung mit der des Nebentisches verwechselt hat, sind auch kein Ding. Und wenn ich selber kellnere, schaffe ich mit einer kurzen, spontanen Konversation auch aus dem Weg, dass ich gerade einfach trottelig das falsche Getränk geliefert habe. Ich kann witzig, spontan und schlagfertig sein.

Trotzdem würde ich "ja" sagen, wenn jemand fragt, ob ich schüchtern bin, denn das bin ich, im Sinne von "hat Angst, was Leute von einem halten", "hat Angst, ob das eben so angekommen ist, wie gewollt" und "lachen die da gerade über mich?". Ich bin sehr oft nervös, habe Angst, dass ich einen schlechten Eindruck hinterlassen habe. Wenn mich jemand kritisiert - sei es auch nur "normal" wie "kannst du bitte die Flaschen dorthin stellen und nicht nur auf die Theke?" - hab ich direkt Angst: Denkt der/diejenige*, ich wäre zu faul? Zu dumm? Zu arrogant? Glaubt jemand, ich möchte ihn/sie persönlich damit nerven?

Gelegentlich habe ich den Gedankengang "Ich mache etwas falsch - die Kolleg/Innen* halten mich für dumm/faul/arrogant - sie erzählen das dem Chef - er feuert mich - ich bekomme keinen Job mehr, weil alle die Geschichte kennen - ich hab kein Geld mehr - ich muss mein Studium abbrechen - ich bin arbeitslos - ich bekomme keinen Job und bin finanziell am Ende - ich werde obdachlos - ich sterbe". Das mag verrückt klingen und rational weiß ich auch, dass mir das nicht passieren wird (ich habe zum Glück einen netten Chef und sehr liebe Eltern, die mich in jedem Fall unterstützen würden, außerdem weiß ich, dass ich keine Fehler mache, die wirklich furchtbar sind), aber diese Gedanken sind auf jeden Fall da.

Meistens hängen sie mit einer Angst zusammen: Ich habe Angst vor sozialer Isolation.

Wenn ich zurück denke, hatte ich diese Angst schon seit dem zehnten, elften Lebensjahr: Dass alle einen nicht mögen, im Stich lassen, schlecht über einen reden, einen ignorieren, vielleicht "wegmobben". Ich weiß nicht, woher das kommt, aber seit dieser Zeit hatte ich tierische Angst vor Mobbing, bis heute.

Ich bin jetzt 25, habe einen großen Freundeskreis, komme gut mit Leuten zurecht, wurde zum Glück nie gemobbt, aber trotzdem wischen immer noch Spuren dieser Angst zurück: Wenn jemand mir bei Whatsapp/SMS "zu kurz" antwortet und ich mich frage - ist er/sie sauer auf mich? Was hab ich gemacht? Und dann kontrolliere ich den kompletten Gesprächsverlauf. Oder jemand gibt mir auf Arbeit "nur" ein Highfive zum Abschied, sagt aber nichts - ich überlege noch Stunden danach, ob was schiefgelaufen ist. Hab ich was Falsches gesagt?

Andrerseits kann ich super auf Leute zugehen, kann Neuankömmlinge freudig begrüßen, kann neue Mitarbeiter einweisen und komplett selbstbewusst auf Menschen zugehen, die ich unterwegs treffe.

... wenn ihr bis hier gelesen habt, fragt ihr euch sicher, was will sie denn jetzt?
Mein Punkt ist, dass ich einen Großteil meines Lebens mein persönliches Wohlbefinden davon abhängig gemacht habe, was für eine Rückmeldung andere mir gegeben haben. Und, dass ich mich hauptsächlich wohlfühle, wenn ich weiß, dass ich eine Gruppe im Rücken habe - von Leuten, bei denen ich mir relativ sicher bin, dass sie hinter mir stehen.

Das klingt an sich ja ganz gut, aber ich muss an dieser Stelle sagen: Ich glaube, wäre ich in meiner Teenager-Zeit in die falsche Richtung gedriftet, wäre ich ein großartiger Mobber geworden. Einfach aus dem Grund, dass die Gruppe hinter mir mir das Gefühl gegeben hätte, dass ich nicht das schwächste Glied bin - und dass ich "das schwächste Glied" jemand anderem zuweisen konnte. Zum Glück ist es dazu nie gekommen.

Ich denke aber, dass gerade junge Menschen, die sich so ähnlich unsicher, "sozial gefährdet" und verletzbar fühlen, vielleicht zu Mobbing neigen.
Glücklicherweise befinde ich mich heute in einem sozialen Umfeld, das Mobbing sowohl als solches wahrnehmen als auch verurteilen kann. Außerdem kann ich heute viel besser reflektieren und differenzieren als damals, vor etwa zehn Jahren.

Das hier soll weder eine Entschuldigung noch eine Rechtfertigung sein, mich würde allerdings interessieren, was ihr meinem vielleicht vierzehnjährigen Ich raten würdet bzw. wie ihr mit einem Teenager umgehen würdet, der eventuell als einzige Chance, seinen/ihren sozialen Status zu "bewahren", das Mobben von anderen sieht.

Um das nochmal ganz sicher klarzustellen: Absolut nichts rechtfertigt Mobbing, Schikane, Bloßstellung, Bedrohung. Ich möchte mich mit diesem Weblog auch für nichts entschuldigen. Mir geht es um den Gedanken an Prävention - es gibt sicher viele Gründe, warum Person A anfängt, jemanden zu mobben und ich kann mir vorstellen, dass das, was ich geschrieben habe, einer davon ist.

Ich will auch nichts ins "Aber die armen Täter!!"-Buch schreiben oder Victimblaming betreiben, ich würde nur gern ein paar Gedanken dazu hören, was euch dazu einfällt. Ich habe hier oft Beiträge von Usern gelesen, die gemobbt wurden und das Meiste klang wirklich wie die Hölle auf Erden. Wenn ich mich schon schrecklich fühle, weil mir nur nicht "ordentlich" Auf Wiedersehen gesagt wurde, dann mag ich mir gar nicht ausmalen, wie echtes Mobbing ist.

Das Stichwort ist, dass wir nichts am Opfer, sondern am Täter ändern müssen und deswegen würde ich mir Feedback wünschen. Sollte jemand einen Beitrag haben, den er/sie/* gerne veröffentlichen möchte, aber anonym, dann bitte per ENS schicken, ich kommentiere das dann einfach hierunter.

Alles Liebe, Ladeniel