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Noch mehr antike Chibis CHIBI, Karikatur, Kitazawa Rakuten, Manga

Autor:  roterKater

Und noch mehr Chibis, diesmal von Manga-Urvater Kitazawa Rakuten aus dem frühen 20. Jahrhundert:

Rakuten ist eine ungemein wichtige Figur für die Entwicklung des modernen Manga. Er begann in den 1890er Jahren als Zeitungskarikaturist und schuf, beeinflusst durch die Sonntagsbeilagen amerikanischer Tageszeitungen, die ersten fortlaufenden Zeitungs-Comicstrips in Japan. Sein Zeichenstil ist genauso beeinflusst von den zeitgenössischen amerikanischen Comicstrip-Zeichnern wie Winsor McCay ("Little Nemo") wie von japanischen Holzschnitt-Meinstern wie Katsushika Hokusai. Von Hokusai übernahmen er und seine Kollegen damals auch den Begriff "Manga" und übertrugen ihn auf Karikaturen und die frühen Comicstrips.

Rakuten ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich Manga im Spannungsfeld zwischen japanischer Bildtradition und westlichen Einflüssen entwickelt hat - ein Verhältnis, dass über Tezuka Osamu auch den Nachkriegs-Manga entscheidend definierte. Tezuka zählte Rakuten übrigens zu seinen größen Einflüssen.

Pariser Chibis Charles Vernier, CHIBI, Comic, Karikatur

Autor:  roterKater

Ich recherchiere ja gerade zu einem Vortrag über die Beziehungen zwischen westlicher und japanischer Karikatur und frühem Manga im 19. Jahrhundert, und was man da so alles schickes findet...

Photobucket

Die hübschen Pariser, portraitiert von Charles Vernier anno 1853. Was lernen wir daraus? Die Pariser kannten vor gut 150 Jahren schon Chibis! Na wasn Ding...

Der Scan stammt übrigens aus diesem schicken Buch. Falls mal jemand in einer Bibliothek drüber stolpert - das ist wirklich 'nen Blick wert!

Mediendiskriminierung und Comics im Tagesspiegel comics, DManga, Mediendiskriminierung, Tagesspiegel

Autor:  roterKater

Comics, einschließlich Manga, haben nach wie vor mit ihrem deutschen Öffentlichkeitsbild schwer zu kämpfen. Da ist es besonders erschreckend, dass diejenigen, die es eigentlich besser wissen müssten, fleißig weiter ihr Bestes tun, damit sich daran auch so rasch nichts ändert. Wie zum Beispiel der Berliner Tagesspiegel. Dieselbe Tageszeitung also, die seit einem knappen Jahr regelmäßig auf ihrer Online-Seite über Comics feuilletonisiert - auch wenn dort Manga höchstens dann besprochen werden, wenn Carslen ganz groß "Graphic Novel" vorne draufdruckt, damit der geneigte Tagesspiegel-Leser auch ja merkt, dass hier über etwas für Erwachsene geschrieben wird - aber immerhin.

In eben jenem Tagesspiegel lesen wird jedoch heute auf Seite 3 in einem Artikel, der eigentlich gar nichts mit dem Thema zu tun hat (es geht um die Bekenntnisse einer Bankerin) in geradezu gefährlicher Beiläufigkeit folgenden Blödsinn:

"Wie eine Schülerin fühle sie sich, wenn sie ihrem Abteilungsleiter erklären muss, mit wie vielen Kunden sie gesprochen hat und wieviel Geld diese Gespräche der Bank gebracht haben. Solange die Zahlen stimmen, darf sie ihren Job zu machen, wie sie es für richtig hält. Wenn nicht, muss sie sich von ihm belehren lassen, muss jedes Gespräch vorher mit ihm durchgehen, wird bei Terminen von ihm begleitet. Sie, eine Frau Anfang 50, eine Bankfachwirtin, die schon beraten hat, als ihr Chef noch Comics las."

Comics werden also mit metaphorischer Selbstverständlichkeit wieder einmal zu einem Synonym nich nur für Kindlichkeit als Gegensatz zum Erwachsensein, sondern auch für Unvernunft und rückständische Entwicklung. Wer Comics liest, ist noch nicht so weit, sondern verharrt bis auf weiteres in Unreife. Er braucht noch nicht ernst genommen zu werden. Als vollwärtig vernünftiger Bürger muss man Comics schon lange hinter sich gelassen haben.

Das besonders Fatale daran ist, dass der Comic-Teil des Tagesspiegel nur für diejenigen zugänglich ist, die explizit danach suchen (im Druck-Feuilleton finden sich die Comic-Beiträge in der Regel nicht), also sozusagen nur für die eh schon aufgeklärten Comic-Leser da ist, während solch abwertende Vorurteile mit heuchlerischer Beiläufigkeit in die der Allgemeinheit zugänglichen Artikel untergeschmuggelt werden und somit die Ideologie der Comicverachtung weiter in der Öffentlichkeit festigen. 

Es gibt absolut keine Rechtfertigung in dem Artikel, warum ausgerechnet Comics für den Unreife-Vergleich herhalten musste. Aus irgendeinem Grund fand Autorin Miriam Schröder das passend. Herzlichen Dank dafür, Frau Schröder!

Also, werter Blog-Besucher: bist du zufällig schon Anfang 20 und liest noch Comics? Pech gehabt, Leben verwirkt. Aus dir wird wohl kein funktionierendes Mitglied der Gesellschaft mehr.

Update: Hier noch der ganze Artikel.

Germanga LBM 2010 Teil 6: Grablicht Comicstars, Daniela Winkler, DManga, Grablicht

Autor:  roterKater



Daniela Winkler: "Grablicht Band 1"

Comicstars/Knaur; 6,95€

Das zweite neue Buch aus dem Hause Comicstars ist der erste Band von "Grablicht" von Daniela Horrorkissen Winkler. Neben dem eher experimentellen Band "Das Ich" gibt es von dem neuen Verlag also nun auch eine "klassische" Fortsetzungsgeschichte im Druck. "Grablicht" erscheint seit einem Jahr kapitelweise als e-Book und darf Dank der überaus positiven Resonanz nun also auch als Sammelband nachgereicht werden. Altmodische Medien-Dinos wie meine Wenigkeit, die zum Lesen am liebsten noch Bücher in der Hand halten, wird's freuen, und FuXx' Story hat die Zweitveröffentlichung nun wirklich auch verdient!

"Grablicht" ist eine schräge und sehr humorvolle Gothic-Comedy um ein junges Mädchen, das blutüberströhmt nachts auf einem Spielplatz aufwacht und sich an nichts erinnern kann. Kurz darauf eröffnet ihr der Vampir David, dass er sie schwer verletzt hier gefunden und gebissen hat, um sie so vor dem sicheren Tod zu bewahren. Emily, wie David das Mädchen nennt, ist von ihrem Vampir-Dasein alles andere als begeistert und stemmt sich mit gesunder Ignoranz und Wasseraugen gegen ihr neues Wesen. Das treibt nicht nur David zusehends in den Wahnsinn, sondern auch den jungen Vampirjäger Jorel, der schon genug mit seiner reichlich beschränkten Assistentin zu kämpfen hat.

Man sieht hier schon, so ganz alltäglich ist diese Vampir-Story nicht. Es heißt ja, für Comedy-Geschichten gibt es nur eine Regel: der Leser muss Lachen! Und da gibt sich FuXx keine Blöße! "Grablicht" ist ungemein witzig und frisch geschrieben und macht beim Lesen einfach nur Spaß! Aber anstatt sich bloß über übliche Vampir-Klischees lustig zu machen, behandelt FuXx ihr Thema auch mit sehr viel Respekt und liefert uns tatsächlich eine sehr typische Vampir-Story, die nur für reichlich Aufheiterung unterwegs sorgt. Emilys Versuche, sich ums Blut trinken herumzudrücken, und ihre erste und zu Davids Leidwesen sehr unruhige Nacht in einem Sarg sind tatsächlich zum Schreien komisch. Die "eigentliche" Geschichte kommt dabei im ersten Band dabei noch gar nicht so richtig in die Gänge. Der Vampirjunge Jonathan eröffnet David zwar, er habe gegen ein Vampirgesetz verstoßen und damit sein eigenes Todesurteil ausgesprochen. Aber worum handelt es sich dabei? Und wer sollte ihn töten? Was ist ein Vampir-Alias und warum hat Emily keins? Warum hat Emily überhaupt erst ihr Gedächtnis verloren? Und wieso gibt sich Jorel mit einer derartig hirnlosen Assistentin ab? Fragen über Fragen, die Band 1 allesamt noch nicht beantwortet und die uns das Warten auf Band 2 sicherlich nicht ganz leicht werden lassen. Ganz Ungeduldige können natürlich immer gleich die Online-Kapitel bei Neuerscheinung erwerben, aber nun ja, Medien-Dino und so...

Werfen wir noch einen Blick auf die Zeichnungen in "Grablicht". FuXx heißt uns mit einigen wunderschönen Farbillustrationen und -seiten willkommen. Ihr Zeichenstil erinnert an Melanie Rosa_Maus Schober ("Personal Paradise"), ist aber etwas lockerer und einfacher gehalten und hat zudem einen deutlicheren Einschlag Richtung Shôjo. Der leicht cartoonige Stil erlaubt FuXx auch einen fließenderen Einsatz von Chibis, die sehr vie zu ihrem schrägen Humor beitragen, ohne sich dabei jedoch Nina-Werner-typisch allzu extrem aufzudrängeln. Ihr Stil weist zudem Anleihen von Jhonen Vasquez ("Johnny the Homicidal Maniac") und Tim Burton auf, was der kitschig-entrückten Gothic-Atmosphäre auch sehr gut tut. Hier tun auch die vielen Schwarzlächen und liebvollen Hintergründe ihr übriges, die sehr viel zu der angenehm schummrigen Atmosphäre von "Grablicht" beitragen. Zeichentechnisch gibt's auch sonst nicht viel zu meckern. Der Strich ist warm und weich, Einsatz von Rastern und Schraffuren stimmig. Lediglich die Größenverhältnisse der Charaktere sind etwas irritierend. In einigen Panels sieht's so aus, als würden die Charas ein paar Köpfe auseinanderliegen. Hier wäre etwas mehr Einheitlichkeit oder ein paar Totalen, die den Leser über die tatsächlichen Größenverhältnisse der Figuren aufklären, wünschenswert. Aber das fällt nicht wirklich weiter ins Gewicht.

Die Aufmachung des Bandes ist erste Sahne. Mit über 180 Seiten und zahlreichen Farbseiten bekommt man mehr als genug fürs Geld, die großformatige Aufmachung und der tadellose Druck dürften jeden glücklich machen. Für alle Vampir- und Comedy-Fans also ein sicherer Tipp! Comicstars etabliert sich spätestens mit diesem Band als ernstzunehmende und bereichernde Kraft in der deutschen Mangaszene. Ich freu mich auf mehr!

Leseproben zu den einzelnen Kapiteln und das Animexx-Doujinshi "Eternal Saphire", auf dem "Grablicht" basiert, könnt ihr der Doujinshi-Seite von FuXx entnehmen. Eine Leseprobe auf Comicstars findet ihr hier.

Danke noch an Comicstars für mein gepfähltes Rezensionsexemplar!

Germanga LBM 2010 Teil 5: Das Ich Comicstars, Das Ich, DManga, Rebecca Jeltsch

Autor:  roterKater

Comicstars, die Online-Manga-Plattform des Knaur-Verlags, geht nach einigen Online-Veröffentlichungen nun auch in Druck und fügt somit der Manga-Verlagslandschaft in Deutschland ein neues Gesicht hinzu, das sich zudem hauptsächlich auf heimische Zeichner konzentriert und somit hoffentlich die Lücke füllt, die das nachlassende Interesse der großen Verlage an neuen deutschen Zeichnern hinterlassen hat. Genug talentierte junge Zeichner gibt es hier ja noch, also können wir gespannt sein, was uns der Comicstars-Verlag in Zukunft noch alles bescheren wird. Auf der Leipziger Buchmesse gab es die ersten beiden Druckveröffentlichungen bereits zu begutachten und in limitierter Auflage auch zu erwerben.

Den Anfang macht "Das Ich", eine Hommage an die gleichnamige deutsche Kult-Darkwave-Band, die seit über 20 Jahren die elektronische Seite der hiesigen Gothic-Szene entscheidend mitgeprägt hat. Der Band präsentiert zwei Kurzgeschichten, eine in Manga-Form, die andere als illustrierte Text-Geschichte. Beide wurden gezeichnet von Rebecca abgemeldet Jeltsch, die einige noch von ihrem Carlsen-Chibi "A Demon's Kiss" kennen dürften. Das ganze Buch wurde von "Das Ich"-Frontmann Bruno Kramm mitkonzipiert. Die Band selbst tritt in beiden Storys als ein mysteriöses Dämonentrio in Ärzte-Kitteln auf, das die Protagonisten durch düstere Albtraumwelten hetzt. Für Fans der Band ist das Buch damit sowieso Pflicht und jedes weitere Wort von mir nicht weiter von Belang. Aber schauen wir uns noch etwas näher an, was denn Normalsterbliche von dem Band zu erwarten haben.

"Koma", geschrieben von Anne Delseit, schickt einen jungen Mann (der Umschlagstext nennt ihn Christian, in der Geschichte selbst bleibt sein Name ungenannt) durch diverse albtraumhafte Szenarien, immer auf der Flucht von den drei Horrorgestalten, die ihn grinsend ermahnen: "Du kannst nicht entkommen!" Tja, im wesentlichen kann man viel mehr zum Inhalt gar nicht sagen. So etwas wie eine zusammenhängende Geschichte gibt es nicht, über den Protagonisten wird so gut wie nichts verraten, geschweige denn über seine Verfolger. Jemand mit etwas mehr Hintergrundwissen über die Band kann aus den visuellen Motiven vielleicht noch etwas konkreteres enträtseln. Ansonsten kann man sich eigentlich nur zurücklehnen und den Bilderrausch an sich vorbeiziehen lassen.

Rebecca und Anne schwebte anscheinend so etwas wie ein Musikvideo in Comicform vor (tatsächlich erinnert mich die Bildästhetik an ein bestimmtes Video, nur fällt mir nicht mehr ein, an welches - von Das Ich gibt es jedenfalls meines Wissens bisher keine Clips). Das Problem ist nur, dass sich diese angestrebte rauschhafte Wirkung auf Comics nicht so einfach übertragen lässt, denn im Gegensatz zu Musikvideos sind Comics ein starres Medium und keines, dass sich in einer vorgegebenen Geschwindigkeit entfaltet. Dementsprechend bleibt der Bilderstrom eben doch dem Auge des Lesers unterworfen und nicht andersrum. Geschwindigkeit wird im Comic durch die Anbindung an eine erzählende Handlung erzielt, und eben dies bleibt hier weitestgehend außen vor. Darüber hinaus wird eine Geschichte eben auch nicht bloß dadurch surreal, dass man unzusammenhängende Traumsequenzen übereinander stapelt.

Auch wenn die Story, wenn man sie denn so nennen darf, den Leser weitestgehend unberührt lässt, ist "Koma" doch sehr schön anzusehen. Die Zeichnungen bleiben relativ klar und ohne unnötigen Ballast vollgestopft (eine Falle, in die sonst Zeichner gerne mal stolpern, wenn sie versuchen, surreal zu sein). Alles bleibt wage und ideenhaft, was die traumartige Wirkung noch unterstreichen kann. In Sachen Perspektive, Anatomie uns Strichführung gibt es keine nennenswerten Mängel. Rebecca ist fraglos eine sehr talentierte Zeichnerin, und wer einen hübschen Bishounen gerne einmal 70 Seiten lang durch toll gezeichnete albtraumhafte Welten stolpern sehen mag, ohne sich viel Gedanken über die Wie und Warum machen zu müssen, wird an "Koma" sicherlich sein Vergnügen haben.

Mit "Erwachen" wechselt das Buch im zweiten Teil in die illustrierte Prosa. Markus Heitz, laut Buch-Infotext einer der erfolgreichsten und mehrfach preisgekrönten deutschen Autoren im phantastischen Bereich, schrieb die Geschichte, die von Rebecca reichhaltig illustriert wurde. Aber ganz ehrlich: mit der Geschichte hatte ich wirklich zu kämpfen. Der Anfang stellt sich in etwa so dar: eine junge Frau wird in einem albtraumhaften Szenario grausam und unglaublich sadistisch zu Tode gefoltert. Sie erwacht in dem nächsten albtraumhaften Szenario, wo sie erneut grausam und unglaublich sadistisch zu Tode gefoltert wird. Nach dem dritten Durchgang hätte ich das Buch am liebsten quer durchs Zimmer gepfeffert. Nur dummerweise saß ich in keinem Zimmer, sondern in einem Park, und es wäre in einem Teich gelandet, weshalb ich es dann doch noch mit nach Hause nahm und zu Ende las. Immerhin hat's mich ja 7€ gekostet, war signiert, und um die schönen Zeichnungen wär's auch schade gewesen…

Egal, im weiteren Verlauf wird doch noch so etwas wie eine Geschichte daraus, die den anfänglichen (und auch späteren) Gewaltexzessen noch so was wie eine nachträgliche Motivation nachschiebt, auch wenn der finale Plottwist auf den Anfang bezogen nicht wirklich viel Sinn macht. Brachial-Prosa auf "Hostel 2"-Niveau also, deren einzige Antwort auf die Aufgabe, den Leser zu irgendeiner Gefühlsregung zu bewegen, wohl darin besteht, ihm möglichst brutale Szenarien vorzusetzen. Ich hab ja nun wirklich kein Problem mit medialer Gewalt, und Romeros "Dawn of the Dead" wird wohl bis ans Ende aller Tage mein Lieblings-Horrorfilm bleiben. Mit selbstzweckhaftem Torture-Porn kann ich persönlich jedoch nicht wirklich viel anfangen. Fans des modernen Horror-Sadismus Marke "Hostel", "The Devil's Rejects" oder den späteren "Saw"-Teilen könnten dagegen hier voll in ihrem Element sein. Ich mag das nicht beurteilen, das ist Geschmackssache, aber so meins ist es leider irgendwie nicht. Vielleicht bin ich in Sachen Horror-Geschmack da ein wenig altmodisch, aber für mich sollte irgendwie immer die dargestellte Gewalt die emotionale Wirkung der Story unterstreichen, und nicht die emotionale Wirkung der Story auf die dargestellte Gewalt beschränkt sein…

Glücklicherweise ist Rebecca schlau genug, die Heitz'schen Gewaltexzesse nicht auch noch illustrativ zu unterstreichen. Stattdessen halten sich ihre stilvollen Zeichnungen angenehm zurück und lassen die brutalen Bilder im Kopf der Lesers und nicht auf dem Papier entstehen. Letztendlich haben ihre Manga-Zeichnungen dadurch nicht mehr sonderlich viel mit der Geschichte zu tun, aber das ist vielleicht auch ganz gut so. So ist "Erwachen" wenigstens angenehm im Auge. Rebecca hatmit dem Band bewiesen, dass sie eine sehr talentierte und hoffnungsvolle junge Manga-Zeichnerin ist, die die Szene in Zukunft sicherlich noch bereichern wird. Ich freue mich jedenfalls schon riesig auf weitere Geschichten von ihr (vielleicht gibt's "Sternenstaub", bisher nur digital bei Comicstars, ja auch bald gedruckt) - dann hoffentlich mit einer Story, die mir etwas mehr zusagt.

"Das Ich" bleibt somit eine für Horrorfans sicherlich interessante Veröffentlichung, denn an wirklich erwachsenen Horrorgeschichten hat die deutsche Manga-Szene bisher kaum etwas zu bieten. Aufmachung und Druck sind übrigens tadellos und das Cover wirklich gelungen, ebenso wie die Farbillustrationen im Buch. Die Storys sind zwar nicht mein Fall, aber bei solchen Geschichten scheiden sich nun mal die Geister, und der Band wird sicherlich zu Recht ein paar treue Fans finden. Definitiv einen Blick wert. Treue Anhänger der Band brauchen das Buch eh im Schrank.

Eine Leseprobe gibt's bei Comicstars.

Germanga LBM 2010 Teil 4: Ninja - Hinter den Schatten Carlsen, DManga, Miyuki Tsuji, Ninja

Autor:  roterKater

"Ninja - Hinter den Schatten, Band 1"

Miyuki Tsuji (Text) / Baron Malte (Zeichnungen)

5,95€

Ninjas sind heiß im Trend bei deutschen Manga-Lesern. Das weiß Carlsen natürlich am besten und schiebt dem Naruto-Hype nun diese heimische Produktion hinterher. Das Konzept von "Ninja" wagt sich da jedoch auf ganz neue Gefilde. Ein Sach-Comic über Ninjas sollte es werden. "Edutainment" heißt das auf Fach-Denglisch. Gemeint ist damit folgendes: ein Comic, der zwar eine narrative Einbettung hat, aber hauptsächlich Fakten vermitteln möchte. Ein bebildertes Sachbuch mit Story-Umrahmung, wenn man so will.

In Japan ist so etwas natürlich weit verbreitet. Manga wird als Medium für alles mögliche verwendet, natürlich auch zu Bildungszwecken. Von denen hat es allerdings noch keiner bis zu uns geschafft, weshalb ich nichts über deren Funktionalität sagen kann, besonders wenn ein eher junges Publikum angesprochen ist. Was man hierzulande kennt, sind ja eher inhaltsschwere Graphic Novels mit dokumentarischen Gestus, sei es als Autobiographie ("Maus") oder als graphisches Doku-Drama ("Die Sache mit Sorge"). Damit hat "Ninja" natürlich rein gar nichts zu tun. Vielmehr haben wir es hier mit dem hierzulande originellen Ansatz zu tun, kindgerechtes Sachbuch mit der Erzählform Manga kurzzuschließen. So richtig rund ist der Hybrid dabei leider nicht geworden, aber schauen wir uns die einzelnen Komponenten dafür etwas näher an.

Miyuki Tsujis Interesse für Ninjas wurde durch ihre Übersetzungsarbeit bei "Naruto" und einen Ninja-Artikel, den sie für die damalige "Banzai" schrieb, geweckt, und sie entschloss sich bereits vor mehreren Jahren, ein ausführlicheres Werk über die historisch wahren Ninja zu verfassen, die sich doch erheblich von den phantasievollen Superkriegern in Manga und Film unterschieden. Das Format Sachbuch erschien ihr zu steif, also sollte ein narrativer Rahmen her. So dürfen wir den deutschen Jugendlichen Ben begleiten, der auf dem Heimweg von der Schule von Schlägern vermöbelt wird und sich, inspiriert durch einen Ninja-verrückten Freund, nach Japan aufmacht, um bei einem echten Ninja-Meister in die Lehre zu gehen. Dieses Set-Up ist natürlich spätestens seit "Karate Kid" die Blaupause sämtlicher jugendlich orientierter Kampfsport-Erzählungen, aber man darf hier natürlich nicht vergessen, dass sich "Ninja" an ein junges und noch relativ Medien-unerfahrenes Publikum richtet, dem die damit verbundenen Stereotypen noch nicht zum Hals raushängen. Pluspunkte für Originalität auf der Story-Ebene sollte also niemand erwarten.

In Japan angekommen, lernt Ben jedoch zu seiner anfänglichen Enttäuschung von seinem Ninja-Meister, dass es sich bei seiner Zunft keineswegs um tapfere Kämpfer, sondern um im Geheimen agierende Spionage-Experten handelt, die Kämpfen nach Möglichkeit aus dem Weg gehen und für die "verletzter Stolz" ein Synonym für Dummheit ist. Geläutert entschließt er sich jedoch trotzdem, seine Ausbildung anzutreten.

Texttafeln mit Erklärungen zu verschiedenen Ninja-Techniken unterbrechen ab der zweiten Hälfte immer wieder die Erzählung und vermitteln aufschlussreiche Fakten über die historischen Hintergründe und die wahre Natur der Ninja. Miyuki Tsuji hat für den Informationsteil ihrer Geschichte lange vor Ort recherchiert und echte Ninja-meister interviewt. Ihre Einsichten dürften für jugendliche Ninja-Freaks also überaus interessant sein, und hätte sie ein einfaches Sachbuch geschrieben, wäre das auchsicherlich eine runde Sache geworden.

Nur leider ist die Story-Einbettung doch ziemlich unglücklich ausgefallen. Können wir der stereotypen Handlungsverlauf noch geradeso verkraften, überträgt sich der didaktische Gestus der Sachbuch-Komponente leider auch auf die Erzählung selbst. Heißt: dem Leser wird, alles, aber auch wirklich alles vorgekaut. Subtext Fehlanzeige. Die Figuren tragen ihr Herz durchweg auf der Zunge, und wenn sie mal nicht herausposaunen, was gerade in ihrem Inneren vorgeht, sorgen Denkblasen für Aufklärung. Das macht die Erzählung insgesamt extrem flach und die Charaktere eindimensional und uninteressant. Anstatt die Geschichte als Gegengewicht zum Informationsanteil zu nutzen, behandelt Tsuji ihre Figuren genau wie ihr Ninja-Thema: als etwas, was man dem Leser erklären muss, möglichst in allen Facetten, damit auch ja keine Fragen offenbleiben. Und dass das mit der jungen Zielgruppe zu rechtfertigen ist, kann mir niemand erzählen. "Naturo" ist tausendmal komplexer und tiefgründiger als dieses Buch, und offensichtlich peilen ja beide dieselbe Zielgruppe an. Kinder mögen vielleicht narrativ unerfahren sein, aber sie sind doch nicht blöd! So erinnert die Erzählung leider an diese schrecklichen Schulbuch- und Verkehrserziehungs-Comics, in denen der Informationsteil an eine aufdringliche moralische Agenda gekoppelt wird.

Zudem haut die Geschichte auch an vielen Punkten einfach nicht hin. Die Nebenfigur Daisuke wird zum Beispiel allen Ernstes so eingeführt: Daisuke (zum Leser): "Hi, ich bin Daisuke! Auch wenn ich vielleicht nicht so aussehe ich bin ein Ninja-Meisterschüler!" Sorry, aber das unterbietet sogar die klischeehaften Selbstvorstellungs-Eröffnungen in diversen amateurhaften Highschool-Soap-Doujinshi... So führt man doch keine Charaktere ein! Zudem beschränkt sich Daisukes narrative Funktion im weiteren Verlauf, verschiedene Schleichtechniken zu illustrieren. Für die Story selbst bleibt er vollkommen ihne Bedeutung. Ich kann mir nicht helfen, aber mit einem Sachbuch wäre Tsuji wohl einfach besser gefahren...

Werfen wir nun noch einen Blick auf die Zeichnungen. Baron Malte ist sicherlich ein technisch sehr guter Zeichner und begnadeter Cartoonist - aber er hat leider wenig Verständnis von der Erzählform Manga, ein Bereich, auf dem er bisher auch keinerlei praktische Erfahrung ausweisen kann. Leider lässt sich der Band aber auch nicht anders verstehen als als Manga, da Carlsen es aus unerfindlichen Gründen für eine gute Idee hielt, den Band in japanischer Lesrichtung zu veröffentlichen - anscheinend um besser an die Naruto-geprägte Zielgruppe andocken zu können. Dass das keine gute Idee war, zeigt sich spätestens an den Stellen, an denen Malte mit der Sprechblasenaufteilung durcheinander kommt. Er wusste nämlich offensichtich nicht, dass im Manga nicht nur von rechts nach links, sondern bevorzugt auch von oben nach unten gelesen wird. Heißt, ein Manga-erfahrener Leser würde zuerst die Sprechblasen auf der rechten Seite lesen und sich dann weiter nach links durcharbeiten. Malte will aber, dass wir zuerst die oberen Blasen lesen, egal ob rechts oder links, und uns dann nach unten durcharbeiten. Das führt zu zahlreichen Verwirrungen beim Lesen, die sicher hätten vermieden werden können, wenn der Band nicht mit aller Gewalt auf Manga getrimmt geworden wäre.

Das gleiche gilt auch für die Zeichnungen selbst. Im direkten Vergleich zu Manga-Ästhetiken fallen die digitalen Graustufen, die unschönen Computer-Speedlines und das starre und wenig dynamische Paneling leider recht unangenehm ins Auge. Auch die Posen und Zeichnungen selbst sind ziemlich steif. Ich weiß nicht, wie Carlsen den Lesern vorgaukeln will, hier einen Manga vor sich zu haben. Allein ein Blick aufs deutlich westliche Chara-Design hätte auch den unerfahrendsten Manga-Leser vom Gegenteil überzeugt. Dabei hat Malte wirklich zeichnerische Stärken, nur sind die eben nicht im Bereich Manga. Das Inking ist sauber und klar, die Perspektivwechsel und Hintergründe stimmig. Besonders herausragend sind die lebendigen und intensiven Gesichtsausdrücke der Figuren. Da könnten sich heranwachsende deutsche Manga-Zeichner in Sachen Ausdrucksstärke sicher noch eine Scheibe von Malte abscheiden. Viele Details in den Zeichnungen sind sehr witzig und gelungen, besonders die Ninja-Chibis zeigen Maltes Talent als Cartoonist.

Unterm Strich kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein vielversprechendes Projekt einfach falsch angegangen wurde. Miyuki Tsuji hat eine Menge über Ninja zu erzählen, kommt aber mit der Story-Ebene nicht zurecht. Baron Malte ist ein sehr talentierter Zeichner, der aber eher unglücklich an die Mangaform andockt. Und der Verlag trimmt das Projekt mit aller Gewalt auf die Naruto-Zielgruppe (allen Ernstes mit dem Slogan "Von der Übersetzerin von NARUTO!"), wenn Anliegen und Fähigkeiten der Beteiligten doch in eine völlig andere Richtung gehen.

Für jugendliche Ninja-Enthusiasten also sicherlich einen Blick wert. Alle, die eine interessante Geschichte erwarten oder nur lesen, was auch wie Manga aussieht, werden mit "Ninja" wohl nicht glücklich werden.

Germanga LBM 2010 Teil 3: Gothic Sports Band 5 anike hage, DManga, gothic sports, tokyopop

Autor:  roterKater

"Gothic Sports" von Anike Nike Hage zählt fraglos zu den beliebtesten und erfolgreichsten heimischen Manga-Publikationen. Mit Band 5 findet die Serie um eine ungewöhnliche Fußballmannschaft nun ihr (vorläufiges?) Ende. Zeit also für einen Rückblick auf eine der prestigeträchtigsten Germanga-Publikationen!

Als der erste Band von "Gothic Sports" 2006 erschien, waren Manga-Produktionen aus Deutschland noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Anike Hage, die mit der Serie ihr Einzelband-Debut gab, zeichnete sich bereits damals durch einen für deutsche Verhältnisse überaus professionellen Strich, tadellose Panel-Aufteilung, saubere Raster und ein eigenes und klar wiedererkennbares Chara-Design aus. Damit konnte sie den Ansprüchen der von den japanischen Profi-Veröffentlichungen gesetzten Maßstäben bereits von Anfang an genüge tun und konnte beweisen, dass deutsche Mangaka ihren japanischen Vorbildern in nichts nachstehen müssen. "Gothic Sports" ist sicherlich der Erfolg deutscher Zeichner auf dem heimischen Markt, der oft von Vorurteilen geprägt ist ("Nur Japaner können Manga zeichnen!") mitzuverdanken. Nike hat den Maßstab für Germanga-Produktionen sehr hoch gelegt und zur Professionalisierung der deutschen Szene einen entscheidenden Beitrag geleistet.

Darüberhinaus ist "Gothic Sports" auch überaus frisch, lebendig, unterhaltsam und spannend erzählt und spielte sich so auch Story-technisch schnell ins Herz der Fans. Das erweckte auch rasch das Interesse ausländischer Publisher, und "Gothic Sports" erscheint nun auch in Frankreich, den USA, Spanien und als eBook sogar in Japan.

Die Geschichte beginnt dabei wie bei so vielen Manga-Highschool-Soaps: die 16-jährige Anya kommt auf eine neue Schule und muss sich dort mit den hiesigen Verhältnissen arrangieren, wobei sie natürlich gleich am ersten Tag mit der Schulzicke Marie zusammenrasselt. Aus dem konventionellen Set-Up heraus geht "Gothic Sports" jedoch rasch eigene Wege. Denn Anya möchte unbedingt einer Sportmannschaft beitreten. Beim Basketball wird sie jedoch in Rekordzeit von Marie aus dem Team geekelt, und in der Fußbalmannschaft darf sie als Mädchen maximal auf der Bank sitzen. Aber Dickkopf Anya lässt sich so rasch nicht unterkriegen und gründet kurzerhand ihr eigenes Team. Um auf die nötige Anzahl von Interessenten zu kommen, lässt sie von ihrer Gothic- und Mode-verrückten neuen Freundin Filiz Trikots im Gothic-Style anfertigen, die ihr schnell eine bunte, aber Fußball-technisch absolut unbegabte Mannschaft zusammenbringen. Zudem muss sie auch Leon, einen alten Bekannten, den sie seit der Grundschule bis aufs Blut hasst, mit ins Team nehmen, um auf die nötige Anzahl Spieler zu kommen, und der Rektor, Marie und der studentische Fußball-Trainer legen ihr Knüppel in den Weg, wo es nur geht. Aber mit Hilfe der älteren Mitschülerin Delia setzt sie alles daran, aus diesen chaotischen Verhältnissen ihren Traum vom Fußballteam verwirklichen zu können...

Zeichentechnisch lässt "Gothic Sports" kaum Mängel erkennen. Der Strich sitzt von Anfang an, Seiten-Layout sind klar und übersichtlich, aber trotzdem dynamisch und abwechslungsreich; da gibt sich Nike keinerlei Blöße. Vor Hintergründen dürckt sie sich ebenfalls nicht. Auch wenn diese meist relativ einfach gehalten sind, vermitteln sie durchweg genug Gefühl für die Umgebung der Charaktere, um in der Story heimisch zu werden. Die tollen Farb-Illustrationen und absolut wunderschöne Aufmachung der Bände sollte auch noch einmal hervorgehoben werden. Das Chara-Design ist sehr liebevoll. Besonders die schön entworfenen Kleidungen aller Charaktere sind eine echte Augenweide, ganz zu schweigen natürlich von den originellen Trikots. Ein bisschen schade ist nur, dass sie allein Charakteren die gleiche Gesichtsform, Augen, Nase und Körperbau verpasst (getrennt nach Junge/Mädchen), so dass man die Figuren eigentlich nur an Frisur und Kleidung auseinanderhalten kann. Nike hat offensichtlich ihr Manga-Schönheitsideal gefunden, und die Charas sehen ja auch alle wirklich toll aus. Ein bisschen mehr Abwechslung wäre allerdings wünschenswert gewesen, da man bei der sehr hohen Anzahl der Figuren gelegentlich schon mal durcheinander kommt.

Die Geschichte ist durchweg unterhaltsam und spannend. besonders die lebendigen und oft sehr witzigen Dialoge tragen viel zum positiven Leseeindruck von "Gothic Sports" bei. Band 1 liefert ein perfektes Set-Up für den weiteren Handlungsverlauf, in dem genügend Konfliktpotential gelegt wird, um die Story über ganze Laufzeit spannend zu halten. Rückblickend über die 5 Bände gesehen geht die Dramaturgie leider nicht ganz perfekt auf, was mehrere Ursachen hat. Zuerst verliert Nike ihre Protagonistin etwas aus den Augen. Band 1 und 2 konzentriert sich noch ganz auf Anyas Perspektive, die die Geschichte aus dem Off begleitet, wie das bei Protagonisten von Schuldramen ja häufig der Fall ist. Spätenstens ab Band 3 verschiebt sich der Fokus aber zusehends auf Leon und Mitspielerin Alexia, die mir ihrem vollen Manipulationspotential versucht, die Probleme zwischen ihm und Anya aus der Welt zu schaffen - mit natürlich eher zweifelhaftem Erfolg. Anya entwickelt sich in der Erzählung so zusehends von dr Protagonistin zur Antagonistin und füllt damit das Loch, dass von Marie hinterlassen wird, die nach Band 1 nicht mehr viel zu melden hat.

Der ganze Trainingsausflug in Band 3 hat wenig narrative Bedeutung für den weiteren Verlauf der Handlung und bleibt somit ein großes dramaturgisches Loch, dass mich beinahe davon abgehalten hätte, mir die weiteren Bände zu kaufen. Bis zu dem Zeitpunkt hatte sich innerhalb des Teams, mal abgesehen von Leon und Anya, auch wenig Konfliktpotential ergeben, und man hatte ein bisschen das Gefühl, die Charaktere wären alle nach dem Muster "mein potentieller Lieblingsfreund" erstellt. Dies ändert sich allerdings spätestens ab Band 4, wenn die Mannschaft durch Anyas Sturtheit zusehends in kleine Grüppchen zerbröckelt. Dranbleiben lohnt sich also, denn in Band 5 wird's nochmal richtig spannend und das Ende stellt sich doch ziemlich unerwartet dar.

Ein bisschen schade ist, dass der sportliche Bereich etwas zu kurz kommt. Das einzige Fußballspiel der gesamten Serie findet in Band 2 statt, und dieses ist leider auch etwas träge ausgefallen, das die Figuren die meiste Zeit des Bandes damit verbringen, sich gegenseitig anzukeifen. So kommen auch einige der in der Serie gelegten Sub-Plots etwas zu kurz, zum Beispiel der in Band 2 beginnende Sub-Plot um die Mannschaft einer anderen Schule, die ihre potentiellen Gegner für das kommende Schultournier ausspioniert. Dieser Handlungsbogen löst sich in Band 5 in Wohlgefallen auf, da sich die Geschichte gegen Ende auf die inneren Konflikte in Anyas Mannschaft konzentriert.

Dies und das offen gehaltene Ende lassen hoffen, dass es mit "Gothic Sports" doch noch weitergehen wird. Es wäre jedenfalls sehr zu wünschen und es gäbe auch noch genug Anknüpfungspunkte für eine Weiterführung der Story. Nike hat es geschafft, in ihren fünf Bänden viel Sympathie, Empathie und Interesse für ihre Charaktere zu wecken, hauptsächlich aufgrund ihrer erzählerischen Stärke, die auch die kleineren dramaturgischen Mängel locker überdecken kann. Letztendlich also wirklich ein Manga, bei dem man ganz umunwunden sagen kann: mehr davon, bitte!

Leseproben gibt's im Manga-Player bei Tokyopop!

Germanga LBM 2010 - Teil 2: "Baito-Oh!" und Margarita Till Baito Oh!, DManga, LBM, Margarita Till

Autor:  roterKater

Den Anfang der Review-Reihe macht die Berliner Anthologie "Baito Oh!", die zur letztjährigen MMC an den Start ging und deren zweite Ausgabe nun zur diesjährigen Leipziger Buchmesser erschienen ist. Herausgegeben wird "Baito Oh!" vom Manga-Club der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Berlin und ist damit die einzige deutsche Veröffentlichung, die von einer offiziellen Kultureinrichtung gefördert wird. Und wer sich nun fragt, ob das eine gute oder schlechte Sache ist, wird nach einem Blick in die Hefte schnell klar, denn spätestens ab Band 2 sind die Beiträge von fast ausnahmslos sehr hoher Qualität. "Baito Oh" versammelt zudem viele originelle und innovative Stile, die in einer rein kommerziellen Veröffentlichung sicher keinen Platz fänden.

Die stilistische Breite reicht quer durch alle Manga-Gattungen und bezieht auch westliche Einflüsse mit ein, während andere Zeichner ihre Japan-Kenntnisse nutzen, um authentisch japanisch aussehende Manga zu schaffen. Positiv fällt zudem auf, dass die Storys fast durchweg toll geschrieben sind, was auch die Beiträge, die vielleicht noch nicht professionell gezeichnet sind, absolut lesenswert macht. Qualität überwiegt also durchweg, wobei sich die zweite Ausgabe gegenüber der ersten noch einmal deutlich steigert. "Baito Oh!" versammelt sowohl Kurz- als auch Fortsetzungsgeschichten und macht ganz klar Appetit auf mehr. Aber schauen wir uns zuerst die Fortsetzungs-Beiträge der beiden Hefte genauer an:

Der Blickfang der zwei Bücher dürfte wohl "Babysitter gesucht" von Margarita Till sein. Der Berliner Ausnahmezeichnerin liefert eine schräge und perfekt gezeichnete Shônen-Comedy-Story um einen Hochschul-Schüler, der aus Geldnot bei einem Yakuza als Babysitter anheuert, aber nun mit dessen durchgeknalltem 17-jährigen Sohn mit Ananas-Frisur in den Urlaub nach Hawaii düsen muss, wo er auf ihn aufpassen soll. Alles andere als ein leichter Job, wie spätestens in Band 2 klar wird. Zu Margarita steht unten mehr, an dieser Stelle sei nur erwähnt, dass "Babysitter gesucht" schon allein die Anschaffung der Bände wert ist. Die Geschichte ist extrem unterhaltsam, flüssig, temporeich und spannend erzählt und absolut tadellos und auch recht sexy gezeichnet. Probeseiten gibt's auf Margaritas Homepage.

Eine große Überraschung waren für mich die Beiträge von Marianna Poppitz. Ihr Stil ist in Deutschland einzigartig - extrem dynamischer Strich, einfallsreiche Perspektiven und eine Flüchtigkeit und Leichtigkeit, die das Beste aus Manga und französischen Kunst-Comics vereint. Ihre beiden Geschichten "Curumi" und "Risadinha" handeln von kultureller Identität, Berlin, Freundschaft und dem brasilianischen Kampftanz Capoiera, womit Marianna wohl tatsächlich der erste Capoeira-Manga geglückt sein dürfte. Mariannas Stil kann sicherlich noch reifen, ist aber bereits ungemein vielversprechend und, wie erwähnt, ein innovativer und ästhetischer Hochgenuss. Ein paar Probeseiten gibt's auf deviantart.

"Nachtläufer" von Katharina kacha Kirsch ist wohl am ehesten am deutschen Manga-Mainstream dran. "Nachtläufer" ist eine witzige Shôjo-Geschichte über die Gothic-Verrückte Ally, die sich nichts sehnlicher wünscht, als einem echten Vampir zu begegnen, und sich von nichts mehr halten lässt, sobald sie meint, ihren "Meister" gefunden zu haben. Die Zeichnungen sind großartig, nicht zu süß, aber absolut zugänglich, und mit dem Thema könnte sie problemlos auch ins Programm von Carlsen oder Tokyopop passen. Kacha hat ganz sicher das Zeug zur professionellen Zeichnerin, und vielleicht schon schon bald ein neuer Stern am deutschen Manga-Himmel. Reinlesen könnt ihr gleich hier auf Animexx.

Mit "30+" von Mutsuko Tomita hat sich noch ein Manga in den Helfen eingefunden, den man so nur in Japan kennt: eine reife Josei-Geschichte um Heiratsdrang, Arbeitssorgen und andere verbreitete Probleme von Japanern, wenn sie das dreißigste Lebensjahr überschreiten. Ein in Japan typischer Erwachsenen-Manga, in Deutschland bisher gänzlich ungesehen. Insofern erlaubt "Baito Oh!" hiermit auch Einblick in die Vielseitigkeit von Manga, die man bisher hierzulande noch gar nicht wahrgenommen hat. Mutsukos Strich ist interessant, ihr Seitenaufbau aber ziemlich zerfahren und teils nicht ganz einfach zu lesen. Ein Werk, dass sicherlich eher interessant als unterhaltsam ist, aber aufgrund seiner Einzigartigkeit in Deutschland empfehlenswert.

Ein weiteres Stammmitglied bei "Baito-Oh!" ist Yani-Hu, die auch den Manga-Wettbewerb der DJGB 2009 gewann und dadurch in Ausgabe 2 gleich zweimal vertreten ist, einmal mit ihrer neuen Fortsetzungsgeschichte "Das Abendessen", in der eine Schülerin ihrem unglücklich verliebten Lehrer nachstellt, und mit der wunderschönen Fantasy-Geschichte "Monster", die von einem Jungen handelt, der ständig von einem Schwarm Krähen verfolgt wird. Yanis Stil ist auch eher erwachsen, aber leicht und bezaubernd geführt. Zwar fehlt noch etwas die Reife und Detailfreudigkeit, aber bereits seit der ersten Ausgabe ist eine enorme Verbesserung erkennbar, die zukünftig auf eine bemerkenswerte Zeichnerin hoffen lässt. Denn worauf sie aufbauen kann, ist bereits jetzt beachtlich.

Weitere Highlights der beiden Bände sind die Gastbeiträge von berfreundeten Zeichnern. In Band 1 ist es Hannes "HanRad" Radke, der eine witzig-böse Story um zwei Beziehungs-Loser präsentiert und deutschen Cartoon-Stil mit japanischem Manga aussöhnt. Im zweiten Band darf der Chicken King Martin MaddinBlechdose Geier höchstpersönlich zur infernalen Geisterschlacht aufrufen. Eine wilde Shônen-Story, etwas chaotischer als sein "Shounen Go! Go!"-Beitrag, aber dafür fetzig gezeichnet.

Und nicht minder beachtlich ist wohl, dass man genug gesundes Selbstbewusstsein hat, einen David Yeo Füleki noch mit ins Heft aufzunehmen, ohne ihn auf dem Front- oder Backcover auch nur zu erwähnen. Aber hier sei euch gesagt, es gibt noch neun Seiten durchgeknallte Monster-Action von Def und seinem Texter Andi Völliger ("The Big L") ganz hinten in Band 2, und damit sollte nun wirklich jeder mit "Baito Oh!" glücklich werden können!

Dazu gibt es auch noch zahlreiche weitere Beiträge, Bonus-Illustrationen und witzige Yonkoma-Manga zu entdecken, die hier nicht alle im Detail besprochen werden können. Schaut einfach mal rein!


Als ganz besondere Überraschung hatten die "Baito-Oh!"-Zeichner sogar noch ein weiteres Buch am Start:

Margarita Till hat klammheimlich ihre Kurzgeschichten zusammengesammelt und in dieses schicke Buch gedruckt. Ein Teil der Geschichten sind bereits in Manga-Mixx und Animania erschienen, aber ein Großteil ist unveröffentlicht. So gibt es hier die Möglichkeit, auf über 200 Seiten das Schaffen der vielleicht besten verlagslosen Zeichnerin Deutschlands über die letzten Jahre genießen zu dürfen. Margaritas Stil ist ungewöhnlich für den deutschen Manga-Markt und doch durch und durch japanisch. Ihr Stil erinnert an Tsukasa Hojo ("City Hunter") und Soda Masahito, dessen "Firefighter!" sie offen zu ihren größten Einflüssen zählt. Über die Jahre hat sie allerdings zu einem gereiften eigenen Stil gefunden, der klar wiedererkennbar und in Deutschland absolut unverwechselbar ist.

Ihre Seiten setzen nie auf Spektakuläres. Blickfänge haben ihre Zeichungen gar nicht nötig. Stattdessen hat man das Gefühl, dass alles einfach perfekt zusammenpasst, dass die Seiten gar nicht anderes sein könnten. Das Paneling ist klar und übersichtlich, aber niemals langweilig, und anatomisch gibt es nichts zu bemängeln. Margarita hat ihre Vorbilder genau studiert und das Gefühl für japanische Manga verinnerlicht, so dass man tatsächlich überzeugt sein könnte, eine professionelle japanische Arbeit vor sich zu haben.

Ihre Geschichten kreisen oft um alltägliche Themen und profitieren zudem von ihrem lagen Aufenthalt in Japan und ihrem Hang zu Realismus und Authentizität. Hier macht nicht nur jemand Japan nach, wie es japanische Manga vorkauen, sondern Margarita weiß sehr genau, worüber sie schreibt. Anregungen zu ihren wunderschönen Geschichten findet sie in ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen, und es ist erstaunlich, wie gut ihr das Kurzgeschichten-Medium dient. Denn Margarita schafft es immer wieder, in rund 20 Seiten eine mitreißende und spannende Geschichte zu erzählen, auch wenn hier und da der Zufall der Dramaturgie etwas in die Hände spielt.

Aber ganz ehrlich: mir ist absolut schleierhaft, wie man mit 20 Jahren schon eine derartige zeichnerische und erzählerische Reife erlangen kann. Ich vermute ja immer noch, dass ein kleiner, alter japanischer Meister-Mangaka sich ein lebensechtes Margarita-Till-Kostüm übergestülpt hat, dass sogar einer näheren Betrachtung in dunklen Doujinshi-Märkten standhält, und sich einen Spaß daraus macht, die deutsche Mangaszene an der Nase herumzuführen. Entweder das, oder wir haben einfach einen Klumpen Manga-Gold mitten unter uns, an dem die Szene hoffentlich nicht mehr lange vorbeischauen wird. Für Freunde anspruchsvoller Manga-Kunst ein absoluter Pflichtkauf!

Für Bestellungen der Bücher am besten eine Mail direkt an mangaclub[ät]djg-berlin.de schicken. Es lohnt sich!