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Ragnarök

Captivated Light
von

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Die Höhle der tiefen Finsternis

Früher Abend. Troy sitzt gemeinsam mit Luca und Kirai im Gasthaus von Payon. Es gibt keine Stühle, deswegen sitzen sie auf dem Boden um den Tisch herum. Wie gewohnt ist das von der Einrichtung her einfach gehaltene Gasthaus beinahe leer.

Mit Ausnahme von der Kellnerin, zwei alten Männern, die Karten spielen sowie einer verschleierte Frau, sind keine anderen Leute anwesend.

Das gibt den drei Gelegenheit, sich in Ruhe zu unterhalten, nachdem sie ihr Essen bekommen.

„Lecker!“, nuschelt Luca erfreut, während sie an ihrem Reiskuchen abbeißt.

Traditionelle Reiskuchen sind eine Spezialität von Payon.

Kirai isst gefüllte Waffeln und Troy lässt sich ein paar Keulen herzhaftes Fleisch schmecken.

„Man kann sich nicht beschweren“, erzählt er, während er auf seinem Braten herumkaut; „Hier haben die zwar nicht so viel Auswahl wie in Prontera oder Morroc, aber wenigstens schmeckt das, was sie servieren.“

Luca stimmt zu, aber Kirai sagt nichts.

In Prontera und Morroc gibt es auch leckeres Essen, das weiß er.

„Was ich euch fragen wollte...“, fängt der Knight an und die beiden Jugendlichen sehen sich an.

„Seid ihr ein Paar?“

„Nein“, sagt Kirai sofort und Luca schüttelt den Kopf, aber dann sieht sie beleidigt zu dem Thief und faucht: „Sag das nicht so, als wäre ich etwas total ekliges!“

„Das hast du dir eingebildet“, seufzt er.

„Wenn das so ist, mache ich weiter“, grinst Troy und rutscht näher an Luca heran: „Junge Dame, habt Ihr denn schon einen Freund?“

Ein kurzer Moment der Stille.

Es ist offensichtlich, worauf er hinauswill.

„Ähm...“ Ihr Kopf wird von Sekunde zur Sekunde röter.

Kirai weiß, dass sie nicht mehr antworten wird, also übernimmt er das:

„Sie hat keinen, dafür aber chronische Bindungsängste. Also versuch es gar ni...“

„WER hat hier chronische Bindungsängste?!“, fährt sie ihn an und verschränkt trotzig die Arme.

Troy fängt an, zu lachen.

Kirai und Luca schauen ihn fragend an.

„Ihr seid wirklich lustig!“

So lustig findet Kirai das jetzt zwar nicht, aber er freut sich für Troy, der so darüber lachen kann.

„Habt ihr vielleicht Lust, meiner Abenteurergruppe beizutreten?“

„Deine Abenteurergruppe? Und wer ist da noch drin?“, hakt der rothaarige Thief nach.

„Niemand“, lacht er; „Wir wären dann zu dritt. Reicht doch, oder? Es macht mehr Spaß, als alleine zu reisen.“

„Mir ist es egal“, sagt Kirai sofort, und Luca, nach kurzem zögern: „Ich habe nichts dagegen...“

„Dann ist es beschlossen“, lacht Troy und hebt sein Sektglas: „Auf gute Zusammenarbeit!“

Er stößt jedoch nicht an sondern trinkt sofort.

„Ah, tut das gut. Es ist ein tolles Gefühl, wieder ein Team zu leiten“, sagt er schließlich.

„Wieder?“, wiederholt Kirai neugierig.

Troy schweigt eine Weile: „Ja, ich habe das schon mal gemacht, aber dann...“

Er hört mitten im Satz auf zu sprechen.

Was wohl plötzlich mit ihm los ist?

Durch die temporäre Stille kommt es dazu, dass die Gruppe einen Gesprächsfetzen von den beiden alten Knackern, die Karten spielen, aufschnappen.

„... Was, wirklich...? Dass noch keine Suchmeldung rausgebracht wurde...“

„Es ist nur ein Gegenstand und kein Mensch oder Haustier...“

„Aber der Moonlight Dagger ist dem Stadtherren doch der größte Schatz...“

Kirai schreckt hoch: „Moonlight Dagger?“

„Was ist los?“, fragt Luca und stopft sich einen weiteren Reiskuchen in den Mund.

„Entschuldigung“, mischt Kirai sich in das Gespräch der alten Männer ein: „Was ist mit dem Schatz des Stadtherren?“

„Wurde gestohlen“, antwortet der Eine.

„Von einem komisch gekleideten Jungen“, ergänzt der Andere.

„Erklärst du uns auch mal, was los ist?“, beschwert Luca sich und Kirai wendet sich wieder seinen Gefährten zu: „Der Moonlight Dagger ist ein extrem seltener Dolch mit magischen Fähigkeiten. Er wird schon seit Generationen im zentralen Palast von Payon aufbewahrt, aber es scheint, als wäre er nun gestohlen worden...“

„Und?“, fragt Troy wenig interessiert.

„Ah, ich weiß, was du vorhast!“, strahlt Luca; „Du willst den Dolch suchen und ihn an seinen Platz zurückbringen, richtig? Ich helfe dir! Wir sind die Gerechten!“

„Also eigentlich“, korrigiert er sie kichernd; „wollte ich den Dieb ausfindig machen und ihm den Dolch entreißen, um ihn selbst zu behalten.“

Luca gibt es auf: „Du bist Thief durch und durch.“

„Hey, wenn es doch schon gestohlen wurde, ist es nicht mehr so schlimm, oder? Wir bestehlen ja nur einen Dieb, der es verdient hat. Außerdem wollte ich dieses Messer schon immer mal haben.“

Seine Rechtfertigungen lösen bei ihr keinerlei positive Reaktion aus.

Aber das ist ihm auch ganz egal; Endlich tut sich eine Chance auf, an diese legendäre Waffe zu gelangen, die er sich gewünscht hat, seitdem er sich entschieden hat, Thief zu werden.

„Wenn ihr den Dieb finden wollt“, sagt Troy langsam; „Wäre es klug, zum zentralen Palast zu gehen und nach Informationen zu fragen.“

„Stimmt“, lächelt Kirai und springt auf: „Kommt ihr?“

Luca jammert: „Jetzt schon? Wollen wir nicht bis morgen warten?“

„Je mehr wir warten, desto mehr Zeit hat der Dieb, zu entwischen“, argumentiert er und geht nach draußen. Er wird sich jetzt nicht mehr davon abbringen lassen.

Auch wenn er noch keinen Plan hat, wie er diesen magischen Dolch ausfindig machen soll.

Nachdem Luca aufgegessen und Troy bezahlt hat, kommen die beiden auch vor die Tür und geleiten Kirai durch das Dorf zu dem Steinpfad, den sie entlanggehen, bis sie am zentralen Palast ankommen. Hier residiert der Dorfvorsteher oder Stadtherr von Payon.

Ein alter und netter Mensch, aber Kirai hat ihn erst ein einziges Mal in seinem Leben gesehen.

Da war er noch klein und hat mit seinen Eltern das Dorf besichtigt.

Sie gehen eine breite Steintreppe hinunter um den Eingang des riesigen Gebäudes, welches direkt am Fluss von Payon gebaut wurde, zu erreichen.

Natürlich wird die Tür hinein von einem mit einem Speer bewaffneten Diener bewacht.

Dieser stellt sich ihnen sofort in den Weg, als die drei sich dem Eingang nähern.

„Stopp!“, blafft er sie an; „Der Stadtherr empfängt heute keinen Besuch mehr. Verschwindet, ihr habt hier nichts zu suchen!“

Kann er doch nicht wissen.

Kirai seufzt. Er hasst es, wenn Leute sofort unfreundlich werden.

„Wir sind hier, wegen dem gestohlenen Schatz“, erklärt Troy, woraufhin der Wächter große Augen macht und sagt: „Das ist was anderes. Ich höre...“

„Wir wollten...“, fängt Kirai an, aber der Ritter übernimmt es schon für ihn: „Wir wollten um Informationen bitten, damit wir den Schatz zurückbringen können.“

„Wenn ihr das macht“, flüstert die Wache; „werdet ihr sicher reichlich belohnt werden. Nun gut, ich erzähle euch alles, was wir wissen.“

Gespannt hören die Abenteurer zu, ohne den Mann zu unterbrechen.

„Es war vor drei Tagen. Dem Stadtherrn ging es äußerst schlecht, deswegen sind ich und ein paar andere Angestellte zu ihm, während die restlichen Wachen schnell einen Arzt holten.

In dieser Zeitspanne, die nicht länger als zehn Minuten war, war der Eingang und die Glasvitrine, in der sich der Moonlight Dagger befunden hat, unbeaufsichtigt. Der Dieb hat sich das zu Nutze gemacht und ist in den Palast eingedrungen. Die Wachen, die den Arzt geholt haben, haben dies zufällig mitbekommen und den Kerl verfolgt, aber als er tief in die Höhle von Payon flüchtete, mussten sie aufgeben. Dort ist es einfach zu gefährlich.“

„Die Höhle von Payon?“, wiederholt Kirai.

„Richtig. Der Dieb ist womöglich mittlerweile getötet worden, von den Monstern, die darin lauern. Man sagt, dass Tote dort zum Leben erwachen und als Zombies umherwandern.“

„Dann lasst uns in diese Höhle gehen“, schlägt der Thief vor, aber der Wächter schüttelt den Kopf: „Lasst das. Es hat sich schon mal eine Abenteurergruppe in die Tiefen des Payon Caves, wie wir die Höhle auch nennen, gewagt. Sie sind nicht zurückgekehrt.“

Eine kurze Stille umgibt den Abend, der bald durch die untergehende Sonne beendet sein wird.

„Danke für die Informationen“, sagt Troy schlussendlich und sie verabschieden sich von dem Wächter.

Langsam gehen sie zum Gasthaus zurück.

„Wir haben genug Informationen, oder? Lasst uns jetzt in die Höhle gehen, ich will so wenig Zeit wie möglich verlieren“, drängt Kirai seine Gefährten.

Troy seufzt: „Vorher gehe ich nochmal auf die Toilette, wenn es recht ist.“

Als sie schließlich alle drei vorbereitet auf die Tour in die mysteriöse Höhle sind, ist die Sonne untergegangen. Vorsichtig wandern sie durch Payon, das nachts viel unheimlicher wirkt als tagsüber. Jedes Mal, wenn man das Rascheln von Blättern oder das Knacken von Ästen hört, dreht Luca sich erschrocken um, immer in der Erwartung, ein Monster könne sie angreifen.

„Wollen wir nicht lieber morgen gehen? Wenn es wieder hell ist?“, schlägt sie ängstlich vor.

„In einer Höhle ist es immer dunkel, daher macht es keinen Unterschied“, antwortet Troy.

Er legt seinen Arm um sie und flüstert: „Keine Angst, schöne Luca, ich werde dich beschützen.“

Man kann es zwar nicht sehen, weil es so dunkel ist, aber Kirai weiß, wie rot sie gerade wird.

Nach ein paar Minuten haben sie den Höhleneingang erreicht.

Direkt davor steht eine Person, die man in der Dunkelheit nicht genau erkennen kann.

„Wer ist da?“, fragt Troy und hält sein Schwert bereit.

Die Person kommt näher; Es ist eine Frau.

Sie hat langes, hellblaues Haar, das fast schon lila wirkt und trägt eine Dienstmädchen-Uniform.

„Mein Name ist Defolty. Wir vom Kafra-Service sind immer auf eurer Seite. Was kann ich für euch tun?“

Erleichterung macht sich breit.

Der Kafra-Service ist eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Abenteurer durch verschiedene Dienstleistungen zu unterstützen, zum Beispiel ein Lager für Gegenstände einrichten oder Menschen gegen eine Gebühr in eine andere Ortschaft teleportieren.

„Wir wollen nur vorbei. Unser Ziel ist diese Höhle hier“, erklärt Troy und deutet auf den Eingang.

„Verstehe“, erwidert Defolty und verbeugt sich leicht; „Bitte gebt Acht.“

„Danke“, sagt Kirai und betritt gemeinsam mit Luca und Troy das Payon Cave.

Die unheimliche Höhle ist nur schwach durch Fackeln, die hier und da stehen, erleuchtet.

Es ist noch kühler als draußen und die Luft ist ziemlich stickig.

Man sieht Luca, die sich dicht hinter dem Ritter hält, an, dass sie am liebsten sofort wieder raus möchte. Kirai hingegen nimmt es gerne in Kauf, diese Gruselhöhle nach dem Moonlight Dagger zu durchforsten.

Als sie nach ein paar Schritten an eine Gabelung kommen, muss Troy seufzen: „Na toll, wir sind gerade mal zehn Meter tief in diesem Loch und schon teilt sich der Weg. Rechts oder links?“

Während Luca noch überlegt, beschließt Kirai: „Wir halten uns an die Regel der linken Wand.“

„Was soll das sein?“, fragt sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

Er erklärt: „Es ist ganz einfach. Wenn man in einem Labyrinth oder einem ähnlichem Ort immer nur an der linken Wand entlanggeht, findet man früher oder später automatisch den Ausgang. Immer.“

„Echt?“, staunt Luca. Sie scheint wirklich noch nie etwas davon gehört zu haben.

„Wenn man ein bisschen nachdenkt, ist es logisch“, sagt Troy und nimmt den linken Pfad.

Kirai und Luca folgen ihm.

Nach einer Zeit hört man eigenartige Geräusche; Der Knight macht seinen Begleitern durch Handzeichen deutlich, dass sie kurz warten sollen.

Schließlich flattert ein kleines blaues Wesen aus der Dunkelheit und stürzt sich auf Troy.

„Mist! Ein Familiar!“, flucht die Acolyte und geht einen Schritt zurück.

Der Familiar, ein Monster, das aussieht, wie eine blaue Fledermaus, wird schnell und kompromisslos von Troys Schwerthieb niedergestreckt.

Lächelnd wendet er sich an Luca: „Bleibt ganz ruhig. Diese niederen Monster sind keine Bedrohung für mich.“

Zwei Sekunden später sind wieder seltsame Geräusche zu hören, wieder stammen sie von Familiars, aber nicht wie vorher von einem, sondern von ungefähr zehn.

„Hinter dir!“, schreit Luca aufgebracht.

Troy dreht sich überrascht um, aber es ist zu spät: Sie haben ihn umkreist und beißen ihn von allen Seiten.

„Was machen wir jetzt?“, fragt die Acolyte verzweifelt.

Kirai würde die Feinde ja angreifen, aber da diese Fledermäuse sich in einer so unmittelbaren Nähe zu dem Körper des Ritters befinden, könnte er diesen gefährden.

„Bleibt... zurück!“, keucht er und kneift die Augen zusammen.

Er wird sich schon etwas dabei denken, sowas zu sagen, denkt Kirai und geht einen Schritt zurück.

Troy hebt sein Schwert in die Luft und sticht es danach mit aller Kraft in den Boden.

Dabei brüllt er: „MAGNUM BREAK!“

Ohne Vorwarnung schießen heiße Flammen aus der Spitze des Schwertes, als es den Boden berührt und hüllen Troy gerade zu ein, sodass sie ihm nicht gefährlich werden können.

Die Familiars dagegen fallen alle verkohlt zu Boden.

Ein unangenehmer Gestank macht sich breit.

Der Ritter atmet schwer; besorgt läuft Luca zu ihm hin: „Geht es dir gut? Oh nein...“

Er hat überall Bisswunden, besonders im Gesicht und an den Händen, und hier und da tritt Blut aus.

„Ich darf nicht... so hochmütig sein“, knurrt Troy und Kirai nähert sich ihm ebenfalls.

Dieser schaut einfach nur Luca an, ohne etwas zu sagen.

Sie muss doch auch so verstehen, was sie nun zu tun hat?

Zuerst starrt sie Kirai nur verwirrt an, dann kommt ihr der Geistesblitz: „Ja richtig!“

Sie streckt ihre Hände vor dem Ritter aus und ruft: „HEAL!“

Ihre Hände leuchten für einen kurzen Moment, und sofort danach wird Troy von einem magischen, grünen Licht umgeben, das in kürzester Zeit seine Wunden schließt.

Nun scheint es ihm sichtlich besser zu gehen: „Danke.“

„Wir müssen vorsichtig sein“, murmelt Kirai misstrauisch.

Seine Aussage erhält schnell Zustimmung und so schreiten die drei Abenteurer wachsam weiter.

Für ein paar Minuten passiert nichts besonderes, doch als sie in einen weiten Höhlenraum gelangen, erregt ein großer, pilzförmiger Stein, um den viele kleine Pilze wachsen, ihre Aufmerksamkeit.

„Was ist das?“, will Kirai wissen.

„Sieht das seltsam aus“, lacht Luca.

Die beiden untersuchen neugierig den Stein, und auch Troy kommt langsam näher: „Ja, ich habe so etwas auch noch nie gesehen. Wie auch immer, dafür sind wir nicht hergekommen, oder?“

Der Gedanke an den Moonlight Dagger bringt Kirai sofort von dem Fels weg und er nickt.

Auch die Acolyte verliert langsam ihr Interesse daran.

Plötzlich dröhnt ein tiefes Stöhnen aus der Dunkelheit, und bei dem, was vor ihnen aus dem Gang kommt, bleibt ihnen allen fast der Atem weg: Untote.

Modrige, laufende Skelette und verschimmelte, lila Zombies kommen auf sie zu.

Und es sind nicht wenige.

„Aaaaah!“, kreischt Luca und weicht zurück; „Das... Oh mein Gott...“

Kirai kann zuerst gar nichts sagen, dann greift er panisch nach seinem Messer.

Auch Troy hält seine Waffe bereit.

„Dann stimmt es wirklich... In den Höhlen von Payon wandeln lebende Tote umher... Ich dachte, das wäre bloß eine Gruselgeschichte...“, wimmert sie ängstlich.

„Gruselgeschichte?“ Kirai schluckt; „Das ganze Dorf redet doch davon.“

Aber selbst er hatte nicht damit gerechnet, dass sie hier von Leichen angegriffen werden würden.

„Wir müssen kämpfen!“, ruft Troy selbstbewusst und hackt mit einem schnellen Hieb einem der Zombies den Kopf ab, woraufhin grüner Schleim aus seinem Hals fließt.

Bei dem Gestank wird Kirai schlecht, aber er versucht, mit allen Mitteln, ihn zu ignorieren, denn ein Skelett, das mit je einem Knochen pro Hand bewaffnet ist, tänzelt auf ihn zu.

Kirai bleibt nicht viel Zeit zu überlegen, wo dieser laufende Knochenhaufen seine Schwachstelle haben könnte, also geht er in die Offensive und steckt seinen Damascus mitten in den Brustkorb des Skelettes, um diesen danach mit voller Wucht zu zertrümmern.

Bevor der Gegner jedoch zurückstolpert und in sich zusammenfällt, kann er dem Thief noch einen kräftigen Hieb mit seiner Knochenkeule verpassen.

„Ah...“, stöhnt er und fällt hin. Seine Schirmkappe landet einen Meter weiter auf den Boden. Ihm ist schwindelig; es hat seinen Kopf erwischt, der jetzt furchtbar schmerzt. Besorgt fühlt er sich über die Stirn, aber zum Glück blutet er nicht.

Auf die arme Luca haben es direkt zwei faulende Zombies abgesehen und sie inzwischen sogar an die Wand gedrängt.

Troy, der alleine einen Haufen von Untoten am Hals hat, kann ihr jetzt nicht zur Hilfe eilen.

„Luca! Du kannst doch...“ Aber weiter kommt der Ritter nicht, da er dem Angriff von einem Skelett ausweichen muss.

Während Kirai versucht, wieder aufzustehen, betrachtet Luca ihre Hände: „Ich kann...? Was...“

Es kommen Erinnerungen in ihr auf, von der Zeit, als sie Acolyte geworden ist.

„Der Klerus verfügt über göttliche Kräfte, die andere Menschen nicht haben“, hatte ihr Mentor, Vater Mareusis, zu ihr gesagt; „Wir können unsere Nächsten heilen, um sie zu beschützen. So kämpfen wir gegen den Tod.“

Der Klerus... kämpft gegen den Tod.

Es fällt ihr wie Schuppen von den Augen.

„Luca!!“, ruft Kirai, aber sie weiß schon, wie sie sich gegen die Zombies, die quasi schon vor ihr stehen, hilft: „HEAL!“

Und so fällt kippt der erste Untote zu Boden.

HEAL!“

Der andere, der gerade nach ihrem Gesicht greifen wollte, fällt nach hinten um.

Dort bleiben sie liegen, als seien sie nie untot gewesen.

Jetzt versteht Kirai, der es inzwischen geschafft hat, aufzustehen, aber immer noch seinen Kopf hält, warum die Zombies besiegt werden, wenn man Heilzauber auf sie anwendet:

Zombies sind tot, und Lucas Magie bringt Leben.

Welch eine Ironie, dass es Wesen gibt, die man mit Leben töten kann.

„Das hast du gut gemacht“, lobt er sie, aber sie ignoriert es und schaut sich den blauen Fleck an Kirais Kopf an.

Ohne noch viel dazu zu sagen, schließt sie die Augen und spricht: „HEAL!

Ein warmes Licht erscheint um den Thief herum, und nach einer Sekunde ist der Schmerz und auch das Schwindelgefühl restlos verschwunden.

Er bedankt sich und kurz darauf führt auch Troy seine letzte Attacke aus, nach der jeder feindliche Zombie in seine Einzelteile zerlegt ist.

Seufzend steckt er sein Schwert in die Scheide.

Während Luca ihn fragt, ob alles in Ordnung sei, setzt Kirai sich seine schwarze Kappe wieder auf den Kopf. Troy scheint heil aus seinem Gefecht herausgekommen zu sein, was nicht verwunderlich ist, angesichts der Tatsache, dass er ein geübter Schwertkämpfer ist.

„Wollen wir wirklich weiter? Es werden noch viel schlimmere Gefahren auf uns lauern“, merkt der Ritter an, aber Kirai sagt sofort: „Ja, unbedingt. Bis jetzt haben wir es doch auch geschafft.“

Auch Luca nickt.

Wahrscheinlich hat sie neuen Mut gefasst, als sie gemerkt hat, welche Kraft eigentlich in ihr gegen die untoten Wesen dieser Höhle steckt.

Ohne Pause gehen die drei den Gang entlang weiter, immer weiter geradeaus.

Und ein weiteres Mal kommen sie an eine Gabelung.

„Immer an der linken Wand halten, hm?“ Ein Grinsen zeichnet sich auf Troys Gesicht ab.

Also biegen sie nach links ab.

Je tiefer sie in die Höhle eindringen, desto kühler wird es, und während sie vorsichtig ihres Weges schreiten, behalten sie immer die Regel der linken Wand im Kopf, um auch ja ihr Ziel zu erreichen.

Mit jedem Schritt wird Kirai nervöser, er kramt etwas in seiner Tasche und holt einen Apfel heraus.

„Hunger?“, fragt Luca verwundert.

„So in der Art“, nuschelt er und beißt hinein.

Einen leckeren und saftigen Apfel zu genießen soll ihn von seiner Nervosität ablenken und stärken.

„Also ich könnte jetzt nichts essen“, jammert Luca; „Mir würde schlecht werden...“

Vermutlich aus demselben Grund: Nervosität, oder vielleicht sogar Angst.

Plötzlich ist ein kurzes Grollen zu hören, aber bevor irgendwer zu den Waffen greifen kann,

steckt plötzlich ein Pfeil in dem Apfel, von dem Kirai sich gerade ein Stück abbeißen will.

Von der einen Sekunde auf die andere steigt sein Herzschlag ins Unermessliche.

Mit weit aufgerissenen Augen betrachtet er den Apfel in seiner Hand, in dem nun ein Pfeil steckt.

Es ist ein Klappern zu hören und es treten mehrere Skelette aus der Dunkelheit, doch sie unterscheiden sich von den Skeletten, die sie vorher getroffen haben, erheblich:

Sie sind nicht nur blau angelaufen und tragen ein weißes Stirnband, sie haben, was noch viel wichtiger ist, hölzerne Bögen in der Hand und und einen Köcher voller Pfeile auf den Rücken.

Sofort verstecken sich die drei hinter einem großen Stein, als eine Sekunde später blitzschnell Pfeile auf sie nieder rasseln, vor der der Fels sie glücklicherweise abschirmt.

„Jetzt sind wir geliefert“, jammert Luca.

Wenn es nur ein Gegner wäre, könnte sie eventuell schnell genug sein um ihren Zauber auf ihn zu sprechen, aber da es gleich eine ganze Horde ist...

„Ich habe kein Schild oder sowas, womit ich die Angriffe abwehren könnte“, seufzt Troy.

Kirai, der immer noch unter Schock steht, weil ihn immerhin ein Pfeil nur um Haaresbreite verfehlt hätte, sagt gestresst: „Was machen wir? Ich will mich denen nicht stellen, die haben mich abgeschossen bevor ich überhaupt an sie herankomme...“

Wieder prallen Pfeile an dem großen Stein ab, was zur Folge hat, dass dem Thief ein kalter Schauder über den Rücken läuft.

„Wir müssen weglaufen“, sagt Troy.

Nach kurzem Zögern springt er auf und rennt zurück in den Gang, aus dem sie gekommen sind.

Kirai und Luca tun das gleiche.

Die Skelette legen schon an, sind aber nicht mehr schnell genug um zu schießen.

Troy, Luca und Kirai sind schon hinter einer Biegung verschwunden.

„Dort hinten war eine Gabelung. Lasst uns den anderen Weg ausprobieren“, schlägt der Knight vor und erntet keinen Widerspruch.

Schnellen Schrittes gehen sie voran, bis sie die besagte Abzweigung erreichen und nehmen dieses Mal den anderen Pfad, der sich optisch nicht besonders von den anderen Gängen hier unterscheidet.

Die nächsten paar Minuten verlaufen ruhig, mit Ausnahme von einem Drainliar, ein Monster, das wie ein roter Familiar aussieht, aber viel gefährlicher ist.

Jedenfalls kostet es Troy nicht viel Anstrengung, die Fledermaus über den Jordan zu befördern.

Nach einiger Zeit des ereignislosen Wanderns steht wieder einer dieser pilzförmigen Felsen vor ihnen, dieser ist von Wasser umgeben und bekommt nicht ansatzweise so viel Aufmerksamkeit wie der letzte.

Troy führt sie durch einen weiteren Gang, doch plötzlich bleibt er stehen und gibt einen erschrockenen Ton von sich.

Auf Kirais und Lucas fragenden Blick zeigt er nur mit dem Finger auf den Totenschädel, der am Boden liegt.

Seltsam, dass ihn das nach all den herumlaufenden Skeletten noch schocken kann.

„Seht mal genau hin...!“, zischt er und sie mustern den Schädel genauer.

Man kann zwar nichts auffälliges erkennen, aber neben dem Totenkopf liegt ein zerbrochener Zauberstab.

„Ich bin mir sicher, dass das ein Mitglied der Abenteurergruppe war, die diese Höhle nach dem Moonlight Dagger durchsucht haben...“, mutmaßt der Knight und starrt entsetzt den Schädel an.

Auch Kirai bekommt Angst bei dem Anblick und dem Gedanken, dass es ihnen genau so ergehen könnte. Luca, die zuerst nur gelangweilt zusieht, stemmt ihre Arme nun in die Hüften und mit den Worten: „Ach was, das ist doch nur Deko!“, befördert sie den Schädel mit einem kräftigen Tritt weg.

Warum ist sie plötzlich so cool? Sie ist ein echt komischer Mensch.

Die Gefährten lassen sich von dieser kleinen Panne nicht mehr behindern und gehen weiter.

„Von außen sah die Höhle nicht so groß aus“, erwähnt Kirai.

Und sie geraten schon wieder an eine Abzweigung.

„Es ist wirklich ein Labyrinth“, murmelt Troy kopfschüttelnd.

„Hm?“ Luca dreht sich um: „Ich höre was...“

Eben herrschte noch eine Totenstille, aber jetzt sind hastige Schritte zu vernehmen.

Sie kommen immer näher...

Troy schlägt gerade vor, wegzulaufen, solange ihnen noch Zeit bleibt, da ist es schon zu spät.

Vor ihm stehen drei blau angelaufene Skelette, aber keine Bogenschützen.

Sie haben furchteinflößende Klingen in ihren Knochenhänden und tragen braune Schuhe, mit denen sie sich ungewöhnlich agil bewegen.

„So ein Dreck, das sind keine normalen Skelette. Das sind die Skelette von Soldaten...“, knurrt der Ritter und zieht sein Schwert.

„Und was jetzt?“, fragt Kirai ängstlich mit einem Blick auf die scharfen Waffen der Skelette; „Gegen die will ich nicht kämpfen...“

„Ich auch nicht“, sagt Luca leise und geht ein paar Schritte zurück.

Das erste Skelett greift Troy schon mit seinen Klingen an, mit Mühe schafft er es, sie abzuwehren und den Gegner zurückzudrängen.

„Geht schon! Das hier sind geübte Kämpfer, ihr müsst LAUFEN!!!“, brüllt er.

Luca rennt los, und Kirai tut dasselbe.

Doch dann bemerkt er, dass sie den anderen Pfad entlang läuft.

Er kehrt um und ruft: „Nein, hier lang!“

Aber sie kann ihn schon nicht mehr hören, und an der Abzweigung kämpfen die Skelettsoldaten gegen Troy, sodass es fast unmöglich ist, die eingeschlagene Richtung noch zu ändern.

Ohne weiter darüber nachzudenken eilt er schließlich durch seinen Gang und hält damit die Regel der linken Wand ein.

Er hört erst auf, zu rennen, als er die Kampfgeräusche von hinten nicht mehr hören kann.

Erschöpft fällt er auf die Knie.

Scheiße... Was soll er denn jetzt tun? Hier auf Troy warten?

Aber dieser nimmt vielleicht auch den anderen Weg...

Plötzlich tritt ein Junge an ihn heran.

Kirai springt auf und zieht seinen Damascus.

Der unbekannte Junge ist ziemlich dürr und hat braune Haare, die zu einem kurzen Zopf geflochten sind. Sein blauer, kreisrunder Hut und seine traditionell östliche Kleidung lassen ihn sehr sonderbar aussehen.

Seine Hände kann man wegen den langen Ärmeln seines Oberteils nicht sehen, aber als Kirai ihm in die roten, emotionslosen Augen blickt, durchfährt ihn ein eiskaltes Gefühl: Das ist kein Mensch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2012-12-03T16:23:17+00:00 03.12.2012 17:23
Drittes Türchen:
Tja, da haben wir wohl schon mal das nächste Problem für unsere kühnen Helden, aber da es noch Kapitel gibt wird es wohl schon gut ausgehen. Ich bin definitiv gespannt, wie es morgen wohl weitergehen will und begebe mich jetzt wohl wieder an meinen Fairy Tail Oneshot :D
Gute Arbeit und einen schönen Montag,
Ava~
Von:  DreamingAngel
2011-09-09T22:59:51+00:00 10.09.2011 00:59
Lol!!! Apple of Archer!! XD ich schmeiß mich weg vor lachen... ohne witz da hab ich so spät noch voll losgeprustet XD nicht schlecht und bongun ist auch cool, aber apple of archer war für die die ro spielen einfach nur köstlich, hab so nen lachflash bekommen XD ha ha ha ha ha, ne also, da hast du dich dann mal selber übertroffen, das kapitel war ja SUPER!! XD jetzt wirds gut :D hoffe es bleibt so... und Luca ist doof... Achja übrigens bin ich leicht säuerlich, weil du AUCH die idee mit dem Moonlight Dagger genommen hast >.< das habe ich in ähnlicher Verpackung in meiner FF und das auch noch bei uns beiden q.q bissl ist das komisch, jetzt will ich die ff vlt nimmer reinstellen, dann wirkt das geklaut, dabei ist er teil der GANZEN RO FF bei mir >.< hoffentlich geht das gut ^^
lg Dreaming
Von:  LittleLuna
2011-09-09T12:50:33+00:00 09.09.2011 14:50
uiii!
Auf jeden Fall sehr spannend ^^
Wenn ich mal raten darf:
Die Pilze sind doch bestimmt irgendwelche Wegweiser, oder? *fingerkreuz*
gute Arbeit, dafür bekommst du auch einen Keks
*keks geb*
LG Lunalein :3


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