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Amalia

Auf Anhieb Freunde treffen
von

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CampusParty

Laute Musik dröhnte durch die Flure. Auf jedem Stockwerk eine andere Richtung, von Dance über Charts bis zu Schlagern. Amalia hatte einen der Liegestühle am Rand der Chilllounge ergattert und beobachtete nun die Partygänger. Ihre Freunde, die sie zum Mitgehen überredet hatten, waren an der Bar oder auf der Tanzfläche, sie hatte sie bereits vor einer Weile aus den Augen verloren.

Ständig liefen hübsche Mädchen an ihr vorbei, die wunderschöne Kleider trugen, und sie kam sich fehl am Platz vor. Alle hatten sich schick gemacht und sie trug nur Jeans und ein normales T-Shirt. Ab und zu hatte sie das Gefühl, dass sie schief von der Seite angesehen wurde und fühlte sich überhaupt nicht wohl dabei.

Zwischen den Liegestühlen standen kleine Tische verteilt, auf denen man sein Getränk abstellen konnte. Amalia hatte einen Plastikbecher voll mit Eiswürfeln und Cola. Sie lehnte sich zurück und genoss die etwas zu laute Musik. Hier konnte man gut abschalten und an gar nichts denken.

„Du siehst so aus, als hättest du genauso viel Lust wie ich hier zu sein.“

Die Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Ohne dass sie es gemerkt hatte, hatte der junge Mann einen Stuhl neben ihren gestellt und sah sie nun freundlich an.

„Warum macht es dir denn keinen Spaß?“, fragte Amalia.

„Ach, ich bin eigentlich nicht der Partytyp. Meine Freunde hatten mich überredet mitzugehen und nun sind sie irgendwo in alle Richtungen verschwunden.“

Sie musste lächeln.

„Bei mir ist es genauso. Ich habe die Mädels schon fast eine Stunde nicht mehr gesehen.“ 

„Und die nennen sich dann Freunde, was?“

„Na ja, ich wäre eh die Spaßbremse gewesen, von daher ist es okay.“

„Dabei siehst du gar nicht aus wie eine Spaßbremse“, meinte er grinsend und Amalia lächelte verlegen. „Ich bin übrigens Vincent.“

„Amalia.“

„Schöner Name, hört man ziemlich selten. … Was machst du sonst so, wenn du nicht gelangweilt auf Unipartys rumhängst?“

„Chemieingenieurwesen studieren.“

„Echt jetzt?“

„Ja“, meinte sie etwas verständnislos auf seine ungläubige Reaktion.

„Das war nicht böse gemeint, ist nur so, dass ich nicht viele Frauen kenne, die so etwas studieren.“

„Na ja, jetzt kennst du eine. … Und was studierst du?“

„Wirtschaftsmathematik.“

„Aha. … Ich kenne Wirtschaft und ich kenne Mathe. Aber was macht man bei Wirtschaftsmathematik?“

„Von jedem ein bisschen. Ist zur Hälfte ein Mathestudium und zur Hälfte ein BWL-Studium. Am Ende kann man damit zu einer Versicherung gehen oder in eine Bank. Überall, wo mit Zahlen gearbeitet wird“, erklärte Vincent.

„Hört sich gar nicht mal so schlecht an.“

„Mhm.“

Der DJ spielte in diesem Moment einen Dancehit, der zurzeit in den Radios rauf und runter gespielt wurde. Die Tanzenden begannen mit zu grölen und Amalia begann mit dem Fuß im Takt zu wippen.

„Willst du tanzen gehen?“

„Eigentlich schon.“

„Na, dann komm!“

Vincent stand auf und reichte ihr die Hand. Auf der Tanzfläche mischten sie sich unter die anderen. 

„Hast du Spaß?“, fragte er nach einer Weile.

„Man glaubt es kaum, aber ja…“

Amalia lachte und ließ sich von Vincent um die eigene Achse drehen.

 

Baby I like it

The way you move on the floor

Baby I like it

Come on and give me some more

Oh yes I like it

Screaming like never before

Baby I like it

I, I, I like it.           (Enrique Iglesias)

 

Irgendwie erschöpft verließen sie die Tanzfläche nach fast einer halben Stunde und stellten sich in die Schlange an der Bar.

„Das hat Spaß gemacht!“

„Ich habe bestimmt ausgesehen wie ein Clown. Ich bin nicht gut im Tanzen“, meinte Amalia.

„Mir hat es gefallen.“

Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen.

„Nett von dir.“

Als sie ihre Getränke in der Hand hielten, machten sie sich auf die Suche nach einer Sitzgelegenheit. Die Liegestühle waren inzwischen nicht mehr frei. Nach einiger Zeit wurden sie in einer ruhigeren Ecke des Gebäudes fündig.

„Warum bist du an diese Uni gegangen?“

„Meine Studienrichtung wurde angeboten und die Lehre sollte sehr gut sein. Außerdem studiert mein Bruder auch hier.“

„Ist er jünger oder älter?“

„Älter, aber durch den Wehrdienst, den er ableisten musste, haben wir zusammen angefangen“, erzählte Amalia. „Hast du noch Geschwister?“

„Nein, ich bin ein verwöhntes Einzelkind.“ Er musste grinsen. „Hat manchmal schon seine Vorteile, das einzige Kind zu sein.“

Sie unterhielten sich immer weiter, lachten und hatten Spaß zusammen. Eigentlich hatte Amalia vorgehabt, gegen Mitternacht nach Hause zu gehen, aber das Gespräch mit Vincent hatte ihr so gefallen, dass sie einfach die Zeit vergessen hatte. Nun war es bereits nach drei Uhr früh und als sie die Zeit kannte, spürte sie auch plötzlich ihre Müdigkeit.

„Es ist schon spät, ich sollte jetzt nach Hause gehen.“

„Ja, es wird wirklich Zeit. Ich habe morgen zum Glück erst zur dritten Stunde. Wie sieht es bei dir aus?“, fragte er.

„Ich habe auch erst zur dritten, aber ich wollte eigentlich zeitig aufstehen und noch für die Uni arbeiten. Das wird jetzt wohl nichts mehr.“

„Ist vielleicht gar nicht so schlimm. Du arbeitest bestimmt eh zu viel und müsstest mal ausspannen. Deshalb haben deine Freunde dich heute sicherlich mitgenommen. Stimmt’s oder stimmt’s?“

Amalia verzog den Mund, er hatte genau ins Schwarze getroffen. Ihre Freunde nörgelten ständig, dass sie  sich doch auch einmal Spaß gönnen solle. Vincent stupste ihre Nase mit dem Zeigefinger und lachte.

„Wusste ich es doch! … Na komm, ich bring dich noch zur Haltestelle.“

Die beiden holten ihre Jacken von der Garderobe und verließen dann das Gebäude. Sie schlenderten über die große Kreuzung zur Bushaltestelle.

„Ich warte noch mit dir, ich wohne bloß zehn Minuten Fußweg entfernt. Wann kommt dein Bus?“

Amalia schaute auf den Fahrplan und sagte: „In mehr als zwei Stunden.“

„Wie jetzt?“

„Der letzte Bus fuhr vor einer Stunde und der nächste erst wieder fünf Uhr dreißig.“

„Und wie weit ist es bis zu dir?“

„Ich wohne auf der anderen Flussseite, das kannst du mit Laufen vergessen. Oder zumindest braucht man fast genauso lang wie die Wartezeit ist.“

Sie setzte sich frustriert auf die Bank der Haltestelle und verschränkte die Arme.

„Willst du jetzt etwa hier warten?“

„Was bleibt mir denn anderes übrig?“

„Komm mit zu mir. Ich habe eine Couch in meinem Zimmer stehen, die kannst du gern haben.“

„Ich weiß nicht“, meinte Amalia.

„Entweder du kommst mit und bekommst noch sechs Stunden Schlaf oder du wartest hier auf den nächsten Bus und bist den ganzen Tag müde und zu nichts zu gebrauchen. Du hast die Wahl. … Aber ich würde auch mit dir warten.“

Sie überlegte eine Weile und stand dann auf.

„Na gut.“

Vincent nahm ihre Hand und machte sich auf den Weg nach Hause. Sie liefen ein Stück die Hauptstraße entlang und bogen dann in einen kleinen Weg ein. Etwa einen halben Kilometer weiter befand sich auf der rechten Seite eine große Villa. Er öffnete die Tür zum Vorgarten und kramte seinen Schlüssel aus der Hosentasche.

„Hier wohnst du?“, fragte Amalia bewundernd.

„Jap.“

„Sieht echt toll aus.“

„Ist es auch. Ich kann ja morgen mit dir eine Hausführung machen“, schlug Vincent vor.

„Und das ist das Haus deiner Eltern?“

„Nein, ich wohne mit sechs Jungs zusammen.“

„Aber für sieben Mann ist doch die Miete sicher auch noch verdammt hoch.“

„Jeder zahlt zwischen 150 und 200 Euro, je nach Größe des Zimmers.“

„Das ist echt cool. Habt ihr nicht noch ein Zimmer für mich frei?“, fragte Amalia.

„Bei uns dürfen leider nur Jungs wohnen.“

„Warum das denn?“

„Das Haus gehört einer Studentenverbindung und die nimmt nur männliche Mitglieder auf“, antwortete er.

„Ach, dann bist du in einem Corps oder einer Burschenschaft“, meinte sie mit freudiger Stimme.

„Ja, im Corps …. Warum freut dich das so?“

„Mein Bruder ist auch in einem Corps.“

„Da kennst du dich ja aus.“

„Kann man so sagen.“

„Na dann, komm mal rein.“

Vincent hatte die Tür aufgeschlossen und schaltete das Licht an. Sie traten in den großen Flur und hängten die Jacken an die Garderobe.

„Mein Zimmer ist ganz oben.“

Er schaltete das Licht in der ersten Etage an und das im Erdgeschoss aus. Amalia folgte ihm die zwei Treppen hinauf und in sein Zimmer.

„Es ist nicht besonders aufgeräumt, aber ich habe auch keinen Besuch erwartet“, entschuldigte sich Vincent.

„Solange ich einen Schlafplatz habe, ist es mir vollkommen egal, wie es hier aussieht.“

Sie stellte ihre Handtasche auf den Schreibtisch. Vincent nahm eine Decke aus dem Schrank und räumte die Couch frei, die an der schrägen Wand stand. Ein Kissen lag bereits darauf.

„Ich würde dir ja ein Bett in der Leichenkammer[1] (#_ftn1) anbieten, aber du weißt ja, wie es im Corps läuft…“

Sie grinste nur und meinte: „Ich freue mich auf die Couch.“

„Reicht dir die Couch wirklich oder soll ich lieber darauf schlafen?“

„Natürlich. Die Couch ist super. Danke, dass ich überhaupt hier übernachten darf“, sagte Amalia und lächelte ihn an.

„Immer wieder gern. … Ich kann dir auch einen Schlafanzug geben. Den habe ich von meiner Oma bekommen und noch nie benutzt. T-Shirt und Unterwäsche reichen mir vollkommen zum Schlafen.“

Er grinste.

„Zeig mal her.“

Der Schlafanzug wurde aus dem Schrank genommen, ausgepackt und begutachtet.

„Also, in die Hose passt du vermutlich zwei Mal rein, aber das Oberteil geht doch bestimmt.“

„Das wird schon. Danke.“

„Gut, hier ist noch ein Handtuch. Ich zeig dir das Bad, damit du dich fertig machen kannst.“

Sie folgte ihm zurück in den Flur und zur ersten Tür auf der rechten Seite. Er schaltete noch das Licht im Bad ein und ließ sie dann allein. Amalia zog sich aus, machte sich frisch und zog das Schlafanzugoberteil über, es reichte ihr fast bis zu den Knien. Als sie zurück in Vincents Zimmer kam, sah es bereits wesentlich ordentlicher aus. Sie musste grinsen. Er stand in Shirt und Boxershort vor seinem Schreibtisch und stellte seinen Wecker.

„Willst du morgen vor der Uni nochmal nach Hause?“

„Muss nicht sein, ich leihe mir einfach Block und Stift. Es sind nur zwei recht unwichtige Stunden, die ich habe“, antwortete die junge Frau und legte sich auf die Couch.

„Also reicht halb zehn?“

„Locker.“

„Okay.“

Er stellte die Zeit ein und ging dann selbst noch einmal ins Bad. Als er zurück kam, schlief Amalia bereits. Vincent trat zu ihr und betrachtete sie. Ihre feinen Gesichtszüge, ihr leichtes Lächeln, das sie sogar im Schlaf auf den Lippen hatte, ihr seidig schimmerndes Haar. Er schaltete das Licht aus und lief zu seinem Bett hinüber. Nach wenigen Minuten war auch er eingeschlafen.
 

[1] (#_ftnref1) Die Leichenkammer in einem Corpshaus ist eine Art Gästezimmer. Hier stehen meistens mehrere Betten oder zumindest Matratzen, auf denen Gäste oder „Schnapsleichen“ schlafen können. Besonders genutzt wird die Leichenkammer bei Kneipen oder Stiftungsfesten.

Der Morgen danach

Just don’t give up I’m workin’ it out

Please don’t give in, I won’t let you down

It messed me up, need a second to breathe

Just keep comin around

Hey, whataya want from me (Whataya want from me)

Whataya want from me (Whataya want from me)       -   Adam Lambert

Musik dröhnte plötzlich durch das Zimmer. Vincent drehte sich auf den Rücken und stöhnte. Es kam ihm so vor, als wäre er gerade erst ins Bett gegangen.

„Morgen!“, sagte Amalia.

Sie sah zu ihm herüber, in die Decke eingemummelt und lächelte ihn an.

„Morgen.“

„Du siehst nicht so aus, als würdest du aufstehen wollen.“

„Will ich auch nicht.“

„Na gut, dann werde ich mal als gutes Beispiel vorangehen und als erstes ausstehen“, meinte sie und schlug die Decke zurück.

Sie nahm den Stapel mit ihrer Kleidung, den sie am Vorabend fein säuberlich auf einen Stuhl gelegt hatte, und ging damit zur Tür. Vincent sah ihr lächelnd hinterher, streckte sich genüsslich und ließ sich noch einmal zurück in sein Kissen fallen.

Amalia wollte gerade nach der Badezimmertürklinke greifen, als sich die Tür plötzlich öffnete. Sie sah den jungen Mann genauso überrascht an wie er sie.

„Guten Morgen“, meinte er nur perplex und ging aus der Tür, die er dann Amalia aufhielt.

„Morgen.“

Sie lächelte und betrat das Badezimmer. Wieder wurde ihr hinterher gesehen, doch dieses Mal nicht aus Be- sondern aus Verwunderung. Rene legte die Stirn in Falten und ging kopfschüttelnd in sein Zimmer, das dem Vincents gegenüber lag. Ein Mädchen, das bei Vincent übernachtet hat? Dieser Hengst!

Amalia stand vor dem großen Spiegel, sie hatte sich etwas Zahnpasta auf den Finger geschmiert und putzte nun provisorisch ihre Zähne. Sie wusch sich das Gesicht und cremte es ein, mit einer Creme, die auf der Ablage stand. Nachdem sie sich umgezogen hatte, richtete sie noch ihre Haare und ging dann zurück in Vincents Zimmer.

„Du liegst ja immer noch im Bett!“

„Was hätte ich auch anderes tun sollen? Du warst ja schließlich im Bad“, erwiderte er grinsend.

„Wer wohnt hier eigentlich noch auf der Etage?“

„Nur Rene. Das dritte Zimmer ist unsere Leichenkammer. Warum?“

„Weil mir anscheinend Rene im Flur entgegenkam.“

„Oh.“

„Was heißt denn hier Oh?!“, fragte Amalia.

„Na ja, sagen wir mal so, bei mir hat noch nie jemand übernachtet und schon gar kein Mädchen. Die Jungs sind der Meinung, dass ich endlich eine Freundin brauche und das könnte jetzt zu Missverständnissen führen“, erklärte er und kletterte aus dem Bett.

„Lass sie doch in dem Glauben, dass was zwischen uns gelaufen ist. Dann bist du der Held der Woche.“ Sie grinste breit. „Ich weiß doch, wie das unter Corpsbrüdern läuft.“

„Wenn es für dich in Ordnung ist…“

„Hätte ich es sonst vorgeschlagen?“

„Vermutlich nicht.“

„Na siehst du.“

Sie suchte ihre restlichen Sachen zusammen und setzte sich dann auf die Couch.

„Okay, dann werde ich jetzt erst mal duschen gehen.“

Vincent verließ das Zimmer und Amalia legte die Decke ordentlich zusammen, schüttelte das Kissen auf und legte sie übereinander auf die Kante des Sofas. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing eine große Pinnwand. Amalia studierte den Stundenplan, der recht voll gepackt war, und begutachtete dann die Fotos. Auf einigen war Vincent selbst zu sehen, auf anderen anscheinend Freunde. Frauen waren auf keinem Bild, er war also wirklich nicht oft in weiblicher Gesellschaft. Sie musste lächeln.

„Erwischt!“

Vincent war ins Zimmer getreten, als sie sich gerade das aktuelle Semesterprogramm[1] (#_ftn1) ansah.

„Vielleicht komm ich zu einer von euren Veranstaltungen. Der Caipi-Abend nächste Woche hört sich gut an.“

„Du musst kommen! Das wird echt klasse.“

„Na, wenn du das sagst. Und ich kenn jetzt ja jemanden, der mir einen Schlafplatz anbieten kann.“

Sie zwinkerte ihm schelmisch zu.

„Was hältst du von Frühstück?“

„Klingt gut.“

„Na dann.“

Er öffnete die Tür und sie liefen die zwei Stockwerke hinunter zur Küche. Am Tisch saßen zwei Corpsbrüder, vor ihnen eine Tasse Kaffee.

„Morgen Jungs.“

„Vincent.“

Hinter ihm trat Amalia in die Küche.

„Guten Morgen.“

„Darf ich vorstellen, Amalia. Das sind Rene und Arnie.“

„Möchtest du auch Kaffee?“, fragte Arnie und stand auf.

„Gern.“

„Du warst gestern ja einfach verschwunden“, meinte währenddessen Rene.

„Ich war verschwunden?“, erwiderte Vincent. „Ihr seid doch plötzlich weg gewesen!“

„Hättest eben nicht so langsam sein dürfen“, mischte Arnie sich ein.

Vincent holte tief Luft, doch Amalia legte ihre Hand auf seinen Arm.

„Aber vielleicht war es besser, dass wir dich allein gelassen haben“, sagte Rene und blickte zu Amalia.

Amalia begann zu grinsen und antwortete: „Ja, das kann man wohl sagen. Es war eine echt schöne Nacht.“

Arnie und Rene sahen sich an, mit so einer Aussage hätten sie nicht gerechnet. Sie sah so unschuldig aus.

„Na dann.“

Sie bekam noch Cornflakes angeboten und nahm das Angebot gern an, schließlich würde sie vor der Uni nichts mehr zu essen bekommen.

„Meint ihr, der CC[2] (#_ftn2) dauert heute Abend wieder so lange?“

„Ich glaube nicht, die ganzen Anträge sind doch beim letzten Mal besprochen worden“, meinte Arnie.

„Welche Durchschnittsdauer haben denn eure CCs? Die bei meinem Bruder gehen immer rund drei Stunden“, fragte Amalia.

„Du weißt, wie es in einem Corps zugeht und hast dich trotzdem auf Vince eingelassen?“

„Das mit dem Corps habe ich ja erst mitbekommen, als ich vor eurem Haus stand“, erwiderte sie. „Sonst hätte ich das natürlich nie in Erwägung gezogen.“

„Na, da hast du ja an der richtigen Stelle die Klappe gehalten“, sagte Rene zu Vincent und klopfte ihm auf die Schulter.

„Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?“

Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile und stellten fest, dass es Zeit war, in die Uni zu gehen. Amalia und Vincent liefen noch einmal in den zweiten Stock, um ihre Sachen zu holen und machten sich dann auf den Weg.

„Bis nachher, Jungs!“

„Tschüß.“

 
 

***
 

 

„Hey Amalia!“

„Hey.“

Julia setzte sich neben ihre Kommilitonin und begann Hefter und Federtasche auszupacken.

„Wir haben uns gestern irgendwie aus den Augen verloren.“

„Ja, aber ich fand es nicht schlimm. Hab nette Gesellschaft gefunden“, meinte Amalia.

„Ach so?“

„Jap.“

„Nun erzähl schon“, drängelte Julia.

„Ein Junge hat mich angesprochen und wir haben uns sehr gut verstanden.“

„Und warum trägst du die gleichen Sachen wie gestern?“

„Weil ich die Nacht nicht zu Hause verbracht habe…“, antwortete Amalia.

„Mali! Du hast doch nicht etwa…“

„Keine Angst. Ich habe nur auf seiner Couch übernachtet, weil kein Bus mehr fuhr. Es ist überhaupt nichts passiert.“

„Und selbst das hätte ich dir nicht zugetraut, du kommst immer so schüchtern und zurückhaltend rüber. Aber anscheinend sind stille Wasser tief.“

 
 

***
 

 

„Sag mal Vince, wer war denn die Kleine heute Morgen?“

Arnie, Rene, Vincent und Pedro saßen gemeinsam in der Küche. In einer halben Stunde sollte der CC beginnen, was sich bis nach Mitternacht ziehen konnte, weshalb alle versuchten vorher zu essen.

„Ich habe sie euch doch vorgestellt, das war Amalia.“

Er sah gar nicht auf, sondern schmierte weiter Margarine auf sein Brötchen.

„Ja, schon klar. Was ist da zwischen euch gelaufen?“

„Was soll schon gelaufen sein?“

„Sie hat bei dir übernachtet, nachdem du sie am Abend kennen gelernt hast. One Night Stand oder nicht?“, fragte Rene direkt.

„Traust du mir das wirklich zu?“

„Na, eigentlich nicht.“

„Ihr Bus ist nicht mehr gefahren. Hätte ich sie alleine an der Haltestelle lassen sollen?“

„Natürlich nicht.“

„Na siehst du!“

Vincent nahm seinen Teller und verließ die Küche. Bis zum CC wollte er sich wieder abregen. Wie kann Rene nur so etwas von mir denken? Wie kann er Amalia so einschätzen ohne sie zu kennen?
 

[1] (#_ftnref1) Eine Form des Jahresplans, bezogen auf ein Semester. Es stehen alle wichtigen Veranstaltungen für das kommende halbe Jahr darin, intern, aber auch für Gäste, die Vorsitzenden sowie ein Informationstext über die Verbindung.

[2] (#_ftnref2) CC ist die Abkürzung für Corpsburschen Convent. Es ist eine Versammlung, die meist wöchentlich oder zweiwöchentlich stattfindet, und auf der alle wichtigen corpsinternen Dinge besprochen werden. Es geht zum Beispiel um die Planung oder Auswertung von Veranstaltungen oder um das Schlichten von Konflikten innerhalb des Corps oder mit anderen Parteien.

Rivalitäten

Amalia stand vor der großen, dunklen Holztür und drückte den Klingelknopf. Sie hörte, wie jemand die Treppe hinuntergelaufen kam und im nächsten Moment öffnete sich ruckartig die Tür.

„Hallo Mali!“

„Hi Bastian“, sie umarmte den Corpsbruder ihres Bruders zur Begrüßung.

Gemeinsam gingen sie in die Küche und Amalia stellte die schwere Einkaufstasche auf einem Stuhl ab.

„Willst du was zu trinken?“, fragte Bastian.

„Eine Cola, bitte.“

„Na klar.“

Damit war er die Kellertreppe hinunter gelaufen. Gleichzeitig erschien Andre in der Küche. Er begrüßte Amalia freudig und schaute in die Tüten.

„Was gibt’s denn heute zu essen?“

„Nudelauflauf und als Nachtisch Aprikosen-Kokos-Tiramisu.“

„Hört sich echt lecker an.“

„Wie viele Leute sind denn heute eingeplant?“

Andre überschlug kurz im Kopf die Corpsbrüder und angekündigten Gäste. „Fünfzehn.“

„Kannst du dann bitte dementsprechend die Whiskey-Gläser rausgeben? Darin will ich das Tiramisu anrichten“, meinte Amalia und räumte die Einkäufe auf den großen Küchentisch.

„Kein Problem.“

„Hier, deine Cola.“ Bastian stellte die Flasche auf den Tisch. „Wie kann ich helfen?“

Während Amalia den Zwieback durchbrach und in den Gläsern verteilte, schnitten Andre und Bastian Paprika, Karotten und Zucchini. Das Schneiden der Zwiebeln schoben sie noch auf, vielleicht kam noch jemand, der diese als Strafarbeit gesehene Arbeit übernehmen konnte.

Gegen halb sieben hörte man das Drehen eines Schlüssels in der Haustür und Alexander betrat den Flur. Er hörte die Stimmen aus der Küche und sah gleich hinein.

„Hey Jungs. Hey Schwesterchen.“

„Hi Alex!“

„Du kannst hier gleich mal mithelfen“, sagte Andre und hielt ihm die Zwiebeln hin.

„Okay, ich bring nur kurz meinen Rucksack in mein Zimmer.“

Andre überließ das restliche Gemüse Bastian und schüttete die Nudeln in das bereits kochende Wasser, um dann Öl in einer großen Pfanne zu erhitzen. Alexander saß bereits an den Zwiebeln, die dann angebraten wurden. Das Hackfleisch folgte in die Pfanne. Amalia hatte den Zwieback mit Kokosmilch beträufelt und eine Creme aus Schlagsahne, griechischem Joghurt, Kokosraspeln und viel Zucker angerührt.

„Wenn das Fleisch soweit ist, gebt bitte das Gemüse dazu und lasst es kurz anschmoren“, sagte Amalia und verteilte die Creme auf die Gläser.

Als die Nudeln al dente waren, wurde das Wasser abgegossen und die Nudeln mit dem Inhalt der Pfanne gemischt. Das Ganze wurde umgerührt, in drei große Auflaufformen gefüllt und mit Käse bestreut.

„So, jetzt muss alles für eine dreiviertel Stunde in den Ofen.“

„Super.“

Die Jungs nahmen Teller und Besteck aus dem Schrank und gingen ins Wohnzimmer hinüber, in dem auch noch der Beamer und die Leinwand aufgebaut werden mussten. Amalia drapierte die Aprikosenstücke auf der Creme, streute einige Kokosraspeln darüber und stellte die Gläser in den Kühlschrank. Sie räumte den Tisch ab, wischte mit dem Lappen darüber und begann dann die benutzten Bretter, Messer und Schüsseln abzuwaschen.

„Mali, kommst du bitte mal.“

„Bin schon da“, sie trocknete sich die Hände ab und folgte Bastian.

Sie liefen die Treppe hinunter in den Keller, in dem sich auch das CC-Zimmer [1] (#_ftn1) befand. Aus dem Regal, in dem etliche Ordner standen, nahm Bastian das Gästebuch.

„Ich würde dich bitten die Gästebuchseite für unser Pokerturnier zu gestalten.“

„Gern.“

Sie nahm das Buch, ließ sich die Stiftekiste reichen und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer. Bastian war in diesem Semester Consenior[2] (#_ftn2) , was bedeutete, dass er für das Fechten und die Veranstaltungen verantwortlich war. Die Jungs hatten Amalia bereits mehrmals um diesen Gefallen gebeten und sie erfüllte ihn gern.

Nachdem die Jungs den Beamer an den Laptop angeschlossen hatten, sahen sie sich zum Zeitvertreib Videos im Internet an, über die sie sich teilweise schlapp lachten. Amalia gestaltete die Seite des Gästebuches und ging gelegentlich in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Zwischendurch klingelte es immer mal wieder an der Tür, Corpsbrüder und Gäste betraten das Haus.

Kurz vor acht holte Amalia die erste Auflaufform aus dem Backofen, der auch ausgestellt wurde. Während man gemütlich, aber doch irgendwie zusammen gequetscht im Wohnzimmer saß, wurde gegessen und der erste Film des Abends geguckt. Es war ein Animationsfilm.

„Die Pandas sind ja geil.“

„Wie der über den Boden rollt…“

Nach dem Film brachten Amalia und Andre das Geschirr in die Küche und brachten dann das Dessert. Bastian sammelte in der Zwischenzeit das Geld für das Essen ein. So machten sie es jeden Mittwoch. Amalia rechnete den Preis pro Person anhand des Einkaufspreises aus und Bastian kassierte es von den Mitessenden. Sie mochte es nicht, Geld einsammeln zu müssen, es klang wie betteln, obwohl ihr das Geld selbstverständlich zustand.

„Hier Mali, dein Geld.“

„Danke.“

Sie schmiss das ganze Kleingeld in ihre Geldbörse und steckte sie zurück in ihre Handtasche.

„Hast du am Wochenende schon was vor?“

„Was hast du denn vor?“, erwiderte sie.

„Ich wollte einen Cocktail trinken gehen und hätte dich gern dabei.“

„Bin dabei“, sagte sie und gemeinsam gingen sie zurück in das Wohnzimmer.

 
 

***
 

 

„Was darf ich euch bringen?“

Die Bedienung war an den Tisch getreten, nachdem Amalia und Bastian bereits einige Minuten Zeit zum Auswählen bekommen hatten.

„Ich nehme einen Cuba Libre.“

„Und ich den Cocktail des Tages“, sagte Amalia.

Sie notierte es sich auf ihrem Block und ging dann zurück zum Tresen.

„War die Woche noch was Spannendes bei dir?“, wollte Bastian wissen.

„Nicht wirklich. Das Praktikum gestern hat sich ewig hingezogen, halb sieben war ich erst raus.“

„War das TC?“

„Genau, technische Chemie. Der Assistent meinte gleich beim Antestat, dass es der längste Versuch des ganzen Labors ist. Und langweilig war er auch noch. In den Wartezeiten zwischen den Proben und Umstellungen haben Julia und ich Schiffe versenken gespielt. Das hat aber Spaß gemacht.“

Beide mussten lachen.

„Können wir ja auch machen, wenn uns heute langweilig werden sollte.“

Sie bekamen ihre Cocktails serviert und prosteten sich zu.

„Gestern in der Mathevorlesung hat wieder keiner etwas verstanden. Der Prof erzählt es, schreibt alles an und wir schreiben nur ab, ohne auch nur ein Wort verstanden zu haben. Der dreht sich überhaupt nicht um und sieht deshalb nie, wenn sich jemand meldet, um eine Frage zu stellen“, erzählte Bastian.

„Bringen denn die Übungen etwas? Bei uns war das ja ähnlich.“

„Der Übungsleiter ist richtig cool. Er wiederholt es auch drei Mal, wenn man ihn danach fragt. Und mit den Hausaufgaben kann man sich schließlich auch Punkte für die Klausur erarbeiten.“

„Daran kann manchmal die bessere Note hängen.“

„Oder das Bestehen.“

 
 

***
 

 

„Vince, kommst du mit? Wir wollen in die Stadt was trinken gehen.“

Pedro hatte an die Zimmertür geklopft und dann den Kopf hinein gesteckt. Vincent saß am Schreibtisch.

„Nee.“

„Ach komm schon.“

„Ich rechne grad die Hausaufgaben. Lass mal.“

„Langweiler!“

Damit war Pedro wieder weg. Vincent tippte die Zahlenkombination erneut in den Taschenrechner und schrieb dann das Ergebnis auf den Zettel. Er hatte keine Lust, wegzugehen. Auf der letzten Feier hatte er Amalia getroffen und weil er nicht wusste, ob er sie je wiedersehen würde, wollte er lieber zuhause bleiben und arbeiten. Dann musste er nicht an sie denken. Doch er machte sich nur etwas vor.

 
 

***
 

 

„Wir reden die ganze Zeit von der Uni, dabei haben wir Wochenende“, meinte Bastian.

Inzwischen waren sie beim dritten Cocktail angelangt.

„Dann erzähl mal was anderes.“

„Warst du nicht am Dienstag auf der CampusParty? Die Mädels hatten dich doch überredet, oder?“

„Sie wollten unbedingt, dass ich mitkomme und dann sind sie einfach verschwunden.“

„Wie verschwunden?“

„Ich stand an der Bar, um mir was zu trinken zu holen und als ich an die Stelle zurückkam, an der wir vorher zusammen gestanden hatten, waren sie nicht mehr da. Ich bin eine Weile herumgelaufen, um sie zu suchen, konnte sie aber nicht finden…“

„Und dann bist du zeitig nach Hause gegangen“, vermutete Bastian.

„Nein.“

„Nicht?“, er war überrascht.

„Ich habe mir einen Platz gesucht und mich hingesetzt.“ 

„Und dann bist du nach Hause, als dein Getränk leer war.“

„Auch nicht.“

„Mali, du überraschst mich.“

„Na ja, ich muss wohl so gelangweilt ausgesehen haben, dass sich ein Junge zu mir gesetzt hat. Wir haben uns den restlichen Abend unterhalten.“

„Interessant. Unsere kleine Mali hat einen Verehrer“, grinste Bastian.

„So würde ich das jetzt nicht sagen.“

Er zog sie noch eine ganze Weile damit auf, wusste er doch, dass ihre letzte Beziehung schon einige Zeit zurück lag und sie sich nach Liebe sehnte.

„Wirst du ihn wiedersehen?“

„Ich hoffe. Nächste Woche…“ Bastian stöhnte genervt auf, weshalb Amalia ihren Satz nicht beendete. „Was ist denn los?“

„Es sind eben welche von den Saxonen reingekommen. Die Typen kann ich ja gar nicht ab.“

Sie drehte sich um und sah, wie sich Arnie, Rene und ein Junge, den sie nicht kannte, an einen Tisch am anderen Ende der Bar setzten. Es waren die Jungen, die mit Vincent befreundet waren, die mit ihr gefrühstückt hatten.

„Was hast du denn gegen sie?“

„Auf unserer letzten Kneipe haben die sich daneben benommen, nicht nur gepault[3] (#_ftn3) , sondern richtig gepöbelt, gepapstet[4] (#_ftn4) und so.“

„Aber es sind doch sicher nur einzelne Personen gewesen, in einem eventuell angetrunkenen Zustand…“

„Möglich, aber es kann trotzdem nicht geduldet werden. Wir meiden sie seitdem soweit es geht“, meinte Bastian. „Aber egal. Du wolltest noch was von deinem Verehrer erzählen.“

„Er ist nicht mein Verehrer!“

„Nun erzähl schon.“

„Nächste Woche findet eine Party statt, auf der wir uns vielleicht wiedersehen.“

Wohlwissend verschwieg Amalia, dass Vincent bei Saxonia aktiv war und die Party auf dem Corpshaus stattfand. Kurz nach Mitternacht bezahlten die beiden und verließen die Bar, wobei sie am Tisch vorbeiliefen, an dem Arnie und Rene saßen. 

„Welche Bahn wollen wir nehmen? Die 3 oder die 9?“

„Mal sehen, welche eher kommt.“

Sie mussten nur etwa zehn Minuten warten, bis die Straßenbahn die Haltestelle erreichte. Bastian begleitete Amalia noch bis zur Haustür, verabschiedete sich mit einer Umarmung und machte sich dann selbst auf den Heimweg.

 
 

***
 

 

„Vince, weißt du, wen wir gestern getroffen haben?“

„Nein.“

Solche Ratespiele nervten ihn. Woher soll ich bitte wissen, wen du gestern in dieser großen Stadt getroffen hattest?

„Die Kleine, die am Dienstag bei dir übernachtet hat.“

„Amalia?“

„Wenn sie so heißt.“

„Mhm.“

„Wir waren im Shakers und irgendwann lief sie mit einem Typen an unserem Tisch vorbei“, erzählte Arnie.

„Aha. Und warum erzählst du mir das?“

„Ich dachte, du willst vielleicht wissen, dass du nicht der einzige bist.“

„Nur weil ich einen Abend mit ihr verbracht habe, heißt das doch nicht, dass ich einen Anspruch auf sie habe. Ich weiß ja noch nicht mal, ob ich sie überhaupt wiedersehen werde“, erwiderte Vincent.

„Okay.“

Er tat so, als wäre es ihm egal, doch ihm hatte es gefallen, seine Zeit mit Amalia zu verbringen. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass sie nicht oft ausging, aber anscheinend hatte er sich geirrt. Er wollte sie wiedersehen, er musste sie wiedersehen.

 
 

***
 

 

Amalia war bereits um acht Uhr in der Früh aufgestanden. Sie hatte gefrühstückt, Cornflakes mit Milch und Obst, dann hatte sie begonnen das aktuelle Protokoll zu tippen. Die Aufgabenstellung und Durchführung hatte sie bereits erledigt, jetzt kam der aufwendige Teil – Ergebnisse und Fehlerbetrachtung.

… Wie bereits erwähnt wird der Anteil der Isomere im Reaktionsgemisch mit steigender Temperatur auch immer größer. Je höher die Temperatur wird, desto mehr wird dehydriert und Benzol entsteht. …

Immer wieder unterbrach sie das Schreiben. Sie konnte sich nicht richtig konzentrieren, dachte an Vincent und an den gestrigen Abend.

Es sind eben welche von den Saxonen reingekommen. Die Typen kann ich ja gar nicht ab.

Konnte sie da überhaupt mit einem Saxonen anbändeln? Wäre es so etwas wie Verrat? Nein, warum auch? Sie war ja nicht aktiv, sondern nur die Schwester eines Aktiven. Sie wollte Vincent gern wieder treffen. Er gefiel ihr. Sie würde auf jeden Fall zu diesem Caipi-Abend gehen, das nahm sie sich fest vor, egal was an Arbeit anstand.

… Mit steigender Temperatur sinkt aber auch der Anteil an Spaltgasen. Es wird also bei höheren Temperaturen eher dehydriert als dass C-C-Bindungen gespalten werden. …
 

[1] (#_ftnref1) Als CC-Zimmer bezeichnet man das Büro des Corps. Hier werden zum Beispiel die Ordner mit CC-Protokollen und eingehender Post aufbewahrt.

[2] (#_ftnref2) Als Consenior bezeichnet man eine Person aus dem Kreise der gewählten Verantwortlichen des Semesters. Die anderen beiden Vorsitzenden nennt man Senior (trägt Verantwortung für alles, leitet Sitzungen) und Subsenior (schreibt Protokolle bei Sitzungen, verwaltet die Post).

[3] (#_ftnref3) Gepault bedeutet so viel wie Sprüche klopfen.

[4] (#_ftnref4) Gepapstet ist eine Umschreibung für „sich übergeben“.

Caipi-Abend

„Zwei Caipis, bitte.“

Arnie, der hinter der Bar stand, nahm zwei Gläser zur Hand, gab Limetten und Rohrzucker hinein und zerstampfte das Ganze dann. Es folgte Eis und erneut Zucker, zum Schluss wurde der Cachaca darüber gegossen und ein Strohhalm hineingesteckt.

„Kann ich bitte deine Getränkekarte haben.“

Arnie nahm die Karte und strich sechs Kästchen ab.

„Danke.“

Der junge Mann nahm die zwei Gläser und lief zu dem Sofa am anderen Ende des Raumes, wo bereits seine Freundin auf ihn wartete.

Karibische Musik klang durch das Erdgeschoss des Corpshauses. Im Wintergarten und im Wohnzimmer waren bereits etliche Gäste, Rene, Julian und Karl unterhielten sich mit den Gästen oder führten Interessierte durch das Haus. Arnie stand hinter der Bar und Vincent zerkleinerte das Eis in der Küche mit dem Hammer. Pedro saß im Foyer, empfing die Neuankömmlinge, nahm die Jacken ab und verkaufte die Getränkekarten. Immer wieder klingelte es.

„Hallo! Herzlich Willkommen!“

„Hallo.“

„Eure Jacken könnt ihr gern hier an die Garderobe hängen“, sagte Pedro und half der jungen Dame beim Ausziehen der Jacke. „Bei uns gibt es Getränkekarten. Das heißt, ihr bekommt so eine Karte für zehn Euro. Ein Kästchen steht für 50 Cent und die werden dann je nach Preis des Getränks angestrichen. Ist die Karte voll, bekommt ihr bei mir eine neue, ist am Ende noch was übrig, zahl ich es euch aus, wenn ihr gehen wollt, was hoffentlich nicht allzu bald sein wird.“

Er begleitete sie noch ins Wohnzimmer und musste dann erneut zur Tür. Dieses Mal stand Amalia vor selbiger.

„Hallo.“

„Komm doch bitte rein.“

Pedro schloss die Tür und Amalia zog ihre Jacke aus. Er erklärte die Getränkekarte und während Amalia nach ihrem Portemonnaie kramte, fragte sie: „Ist Vincent eigentlich auch da?“

„Bist du etwa das Mädchen, das bei ihm übernachtet hat?“

„Ja, das bin ich.“

„Da kann ich nur sagen, der Junge hat Geschmack.“

„Vielen Dank.“

Lächelnd nahm sie die Karte entgegen.

„Vince dürfte übrigens in der Küche sein, die ist gleich hier nebenan“, sagte Pedro und zeigte auf den kleinen Durchgang auf der rechten Seite.

„Okay. Danke.“

Durch den Nebengang lief sie zur Küche, öffnete leise die Tür und sah hinein. Vincent stand mit dem Rücken zu ihr.

„Bist wirklich nicht so der Partytyp, wenn du dich hier in der Küche versteckst“, sagte sie und sofort wirbelte Vincent herum.

„Amalia, hi!“

Sie lachte.

„Schön, dass du gekommen bist.“

„Tja, ich habe vielleicht jemanden wiedersehen wollen.“

„Ach, tatsächlich. Wen denn?“, fragte Vincent und legte den Hammer, mit dem er das Eis zerkleinert hatte, auf den Tisch.

„Wenn ich dir das jetzt sage, dann wirst du nur übermütig.“

Wieder lachte sie und umarmte ihn endlich zur Begrüßung.

„Wollen wir uns rüber setzen? Ich denke, ich habe das Eis genug drangsaliert.“

„Okay.“

Er führte sie hinter der Bar entlang in das Wohnzimmer.

„Was möchtest du trinken?“

„Ich fang erst einmal mit einer Cola an.“

„Machst mir bitte ne Cola und nen Caipi“, sagte Vincent zu Arnie und reichte ihm seine Karte.

„Ich hab doch meine eigene Karte“, warf Amalia ein, doch er winkte ab.

„Passt schon.“

Sie setzten sich zu Karl, der mit einem Gast über den Sinn oder auch Unsinn des akademischen Fechtens diskutierte.

„Sicher weiß ich, dass man dabei theoretisch nicht sterben kann. Aber warum muss ich mir den Kopf und das Gesicht verschandeln lassen?“

„Es ist ja nicht so, dass man immer kassiert. Wenn man technisch versiert ist, dann kann einem eigentlich nichts passieren und eine kleine Schramme verheilt ohne Narben zu hinterlassen“, meinte Karl.

„Trotzdem ist es in der heutigen Zeit ziemlich archaisch.“

„Es ist ja auch eine Art Mutprobe“, mischte sich Amalia ein. „Man stellt sich seinem Gegenüber, beweist Mut und Standfestigkeit. Wenn du einmal auf Partie standest, hast du bei Vorträgen oder anderen Reden kein Lampenfieber mehr, weil du schon ganz andere Situationen erlebt hast.“

„Und das von einer Frau…“

„Ich weiß, ich habe eigentlich keine Ahnung davon und ich hätte auch Angst davor, aber ich kann nachvollziehen, warum jemand das macht.“

Vincent betrachtete Amalia beeindruckt. Sie ist wirklich unglaublich. Fast schade, dass wir ein Männerbund sind, sie würde es schaffen, alle Zweifler zu überzeugen.

 

 

Der Abend nahm seinen Lauf. Vincent hatte sich verabschiedet, um seine Bar-Schicht zu übernehmen, während Amalia sich eine Weile mit zwei Gästen über das Thema Corps und Traditionen unterhalten hatte. Als sie bemerkte, dass Vincent hektisch durch den Raum lief, ging sie zu ihm.

„Was ist denn los?“

„Wir haben nicht mit so vielen Gästen gerechnet und langsam gehen uns die Caipi-Zutaten aus“, sagte Vincent. „Wir können doch nach knapp drei Stunden nicht sagen, dass der Abend vorbei ist.“

„Hat einer von euch ein Auto?“, fragte Amalia.

„Arnie. Aber wir haben alle schon was getrunken.“

„Ich aber nicht. Frag ihn nach dem Schlüssel und wir fahren noch Zeug holen. Ich weiß, welches Geschäft bis Mitternacht geöffnet hat.“

Fünf Minuten später waren Amalia und Vincent unterwegs, während die Jungs die Cachaca-Flaschen mit Rum und Wodka auffüllten. Bei dem vielen Ruhrzucker würde niemand den Unterschied schmecken. Immer wieder klingelte es an der Tür und neue Gäste betraten das Haus.

 

„Lia, du holst den Rohrzucker. Ich geh zur Obstabteilung.“

„Wie viele Päckchen?“

„Nimm fünf. Wird ja nicht schlecht.“

Ihre Wege trennten sich und kurz vor den Kassen trafen sie sich wieder, um noch die Alkoholika zu holen. Zehn Minuten später saßen sie bereits wieder in Arnies Auto und fuhren zurück zum Corpshaus. Amalia stellte den Wagen in einer Nebenstraße ab.

„Wir gehen am besten durch den Kücheneingang, da fallen wir nicht so auf“, meinte Vincent und trug den Beutel mit den Flaschen.

Sie liefen durch den Garten am Haus entlang zur Küchentür. Er zog den Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete. Amalia trug einen Beutel mit Limetten und etliche Päckchen Rohrzucker auf dem Arm, die sie auf dem Küchentisch abstellte.

„Ich bring den anderen schnell die Flaschen“, meinte Vincent und reichte drei weiter an die Bar.

Amalia machte sich währenddessen bereits daran die Limetten aufzuschneiden. In der Spüle stapelten sich die benutzten Gläser. Als sie mit dem Schneiden fertig war, zog sie sich den Mülleimer heran, schüttete die übrigen Limetten und den Zucker hinein und spülte die Gläser dann aus. Vincent hatte die Schüssel mit dem Rohrzucker nachgefüllt und klopfte nun wieder die großen Eisbrocken klein.

„Wir brauchen Gläser!“, rief Karl in die Küche und Amalia reichte ihm welche.

Sie spülte die restlichen Gläser aus, trocknete sie provisorisch von außen ab und stellte sie an die Bar.

„Danke, aber wir werden noch mehr brauchen“, sagte Karl und schüttete Rohrzucker in ein Glas.

„Okay“, sagte Amalia und lief durch die Küche, um in die anderen Räume zu gelangen.

„Wo willst du hin?“

„Ich geh mal auf die Suche nach leeren Gläsern“, antwortete sie Vincent und verließ die Küche.

Im ganzen Erdgeschoss des Hauses waren Menschen, die auf Stühlen und Sesseln saßen oder sich im Stehen unterhielten. Es war beinahe kein Durchkommen. Mit viel Geduld und freundlichen Worten schaffte es Amalia, durch die Räume zu laufen und Gläser einzusammeln.

In den nächsten zwei Stunden kamen die Corpsbrüder hinter der Bar und Amalia und Vincent in der Küche überhaupt nicht mehr zur Ruhe, zwischendurch wechselten sie sich ab.

„Wir brauchen noch Rohrzucker“, rief Vincent.

„Limetten, bitte!“

Gegen halb zwei begann das Haus sich zu leeren. Amalia und Vincent hatten sich an der Bar ablösen lassen und einen Platz im Wintergarten gefunden. Nach dem Stress war es schön gewesen, zu sitzen und sich einfach auszuruhen. Sie tranken selbst einen Caipi und unterhielten sich.

„Hast du Lust, mir das Haus zu zeigen? Das haben wir in der letzten Woche ja nicht mehr geschafft“, fragte Amalia.

Sie war nach dem Stress plötzlich wieder voller Tatendrang.

„Na dann komm mal mit.“

Sie begannen mit den Räume im Keller an und machten dann in der ersten Etage weiter.

„Das ist unser CC-Zimmer. Hier darf unser Subsenior Protokolle tippen, Briefe beantworten und den Posteingang verwalten.“

„Sieht genauso aus wie bei den Jungs von meinem Bruder. Total unordentlich“, meinte Amalia lachend.

„Na ja, sah auch schon mal schlimmer aus.“

„Wohin führt die große Glastür?“

„Auf unseren Balkon. Da sind auch schon coole Partys gelaufen. Er ist zwar nur klein, aber mit ein paar Leuten, einem Kasten Bier und Sitzgelegenheiten wird ein super Platz daraus.“

Vincent lief zur Glastür herüber, öffnete sie und trat mit Amalia hinaus. Um das Haus herum waren etliche Bäume, die es von den Nachbarhäusern abschirmte. Man konnte den Paukboden sehen und das Phantom, das beim Pauken[1] (#_ftn1) die Schläge der Klingen aushalten musste. Um das Geländer war eine Lichterkette gebunden, die noch von der Weihnachtszeit übriggeblieben war, jetzt aber auch ihren Zweck erfüllte.

„Sieht schön aus euer Garten. Hier kann man bestimmt gut grillen oder sich sonnen.“

„Beim nächsten Mal bist du herzlich eingeladen.“

Amalia lächelte. Sie sah in sein Gesicht und fühlte sich plötzlich unglaublich zu ihm hingezogen. Sie schloss kurz die Augen und schüttelte unmerklich den Kopf. Vincent hätte sie geküsst, doch dieses leichte Kopfschütteln ließ ihn davor zurückschrecken. Wollte sie nicht von ihm geküsst werden? Oder war es nur eine Art Reflex?

„Soll ich dir noch die anderen Zimmer zeigen?“

„Gibt es denn noch viel zu sehen?“

„Du kennst die Leichenkammer noch nicht und der Dachboden ist auch ganz sehenswert“, meinte Vincent.

„Na dann.“

Sie sahen sich den restlichen Teil des Hauses an und gingen danach noch einmal in das Erdgeschoss. Inzwischen saßen im Wintergarten nur noch drei Gäste, die sich mit Pedro unterhielten. Arnie und Rene hatten unterdessen begonnen die Bar und die Küche aufzuräumen. Sie spülten Gläser, schmissen die Reste in den Mülleimer, räumten übriges Eis zurück in den Tiefkühlschrank. Amalia wollte ihnen helfen, doch die beiden lehnten ab.

„Du hast heute schon genug für uns getan.“

„Wie viel ist noch weggegangen?“, fragte Vincent.

„Caipis sind komplett alle, Rum und Wodka auch, zwei Kästen Bier haben wir noch. Die haben uns komplett leer gemacht“, antwortete Arnie.

„Und das soll bei einem Corpshaus schon was heißen.“

Amalia schüttelte fast ungläubig den Kopf, so etwas hatte sie noch nie erlebt.

„Pedro kümmert sich um die letzten Gäste und versucht sie langsam raus zu spülen. Er meinte, wir könnten dann abhauen.“

„Okay.“ Vincent sah auf die Uhr. „Es ist ja auch schon halb vier.“ Er wandte sich an Amalia. „Wollen wir schlafen gehen?“

Sie nickte nur, inzwischen hatte die Müdigkeit sie eingefangen.

„Na komm.“

Er nahm ihre Hand und gemeinsam verließen sie die Küche, um in Vincents Zimmer zu gehen. Arnie und Rene sahen sich an. Ob heute Nacht etwas zwischen ihnen laufen würde?

 

Sie lagen nebeneinander in dem großen Bett. Amalia fühlte sich zu Vincent hingezogen und als er sie bat, bei ihm im Bett zu schlafen, wusste sie, dass auch er etwas fühlte. Das Licht war bereits ausgeschaltet, nur der Mond, der hoch am Himmel stand, warf sein warmes Licht durch das Fenster in das Zimmer.

„Hat dir der Abend gefallen?“

„Ja.“

„Danke, dass du uns geholfen hast, als es eng wurde.“

„Das war doch selbstverständlich.“

„War es nicht und dafür möchte ich dir danken.“

Behutsam, fast vorsichtig rutschte er näher an sie heran. Seine Hand berührte ihren Arm, begann ihn zu streicheln. Die Berührung ließ sie erschauern. Ein wohlig, warmer Schauer. Zwischen ihnen gab es eine unbeschreibliche Anziehungskraft, aber keiner von ihnen traute sich den ersten Schritt zu machen. Seine Hand fuhr über den Arm hinauf über ihre Schulter bis zum Hals. Er streichelte ihren Nacken. Sie genoss jede einzelne Berührung. Die ganze Woche hatte sie immer wieder an ihn gedacht, sich vorgestellt, er würde sie berühren, er würde sie küssen. Seine Finger strichen über ihre Lippen. Er musste sie küssen, er wollte ihre Lippen auf den seinen spüren und er küsste sie. Die Spannung, die den ganzen Abend zwischen ihnen bestanden hatte, steigerte sich noch. Ihr Körper schmiegte sich an den seinen und sie konnte seine Erregung spüren.

„Lia…“

Sie brachte ihn mit einem erneuten Kuss zum Schweigen und begann seinen Körper zu erforschen. Der Kuss hatte etwas ausgelöst, hatte die Schranken, die im Kopf vorhanden gewesen waren, gesprengt. Sie waren zärtlich zueinander und doch fordernd. Die Spannung entlud sich, ein heftiges Gefühl wurde frei.
 

[1] (#_ftnref1) Den Begriff Pauken kennt man heute als Synonym für Lernen. Etwas Ähnliches bedeutet er im Corpsjargon - das Erlernen und Üben des Akademischen Fechtens.

Kennenlernen

Oh man, es sind echt schon vier Jahre seit der Veröffentlichung der ersten Kapitel.... Ich habe die Geschichte nun wieder in Angriff genommen und zwei weitere Kapitel fertig gestellt. Insgesamt soll es acht Kapitel geben.

 

 

 

„Mali, du strahlst ja so. Bist du etwa gut drauf zur ersten Stunde und dann noch zum Organik-Seminar?“

Julia umarmte ihre Freundin zur Begrüßung.

„Dann sehe ich zum Glück wohl nicht so aus wie ich mich fühle. Ich bin hundemüde.“

„Ach ja, du warst ja gestern zu dem Caipi-Abend. Hast du deine Bekanntschaft von der CampusParty wiedergesehen?“

„Vincent war da, ja“, antwortete Amalia und strahlte über das ganze Gesicht.

„Dieses Lächeln sagt alles“, meinte Julia grinsend und ließ sich dann vom gestrigen Abend und der Nacht berichten, bis das Seminar begann.

Die Doppelstunde zog sich in die Länge und Amalia fielen immer wieder die Augen zu. Sie hatte Mühe, wach zu bleiben und erst recht den Übungsaufgaben zu folgen.

In der zweiten Stunde hatten Julia und Amalia frei, sie setzen sich in die Cafeteria und holten sich einen Kaffee. Es gesellten sich noch weitere Kommilitonen zu ihnen und sie unterhielten sich angeregt über die Absurditäten des Unilebens.

„Der Straßner hat in der Woche nur 15 Minuten Sprechzeit und ich wollte etwas von ihm wissen, weshalb ich zu der Zeit hinging. Meint ihr, er war da oder hatte einen Zettel hängen, dass die Sprechzeit ausfällt?!“

„Oh ja, aber uns in den Vorlesungen immer schlecht machen.“

Amalia hörte zu, beteiligte sich jedoch nicht weiter, sondern legte ihren Kopf auf ihren Arm, den sie auf dem Tisch abgelegt hatte. Nur wenige Minuten später war sie eingeschlafen.

„Mali.“ Leise hörte sie ihren Namen. „Mali, wir müssen zur nächsten Vorlesung.“ Langsam öffnete sie ihre Augen und sah Julia, die sich über sie gebeugt hatte. „Du bist eingeschlafen, Süße.“

„Oh nein….“

„Ist doch nicht schlimm, du hast ja die Nacht nur zwei Stunden geschlafen“, meinte Julia. „Und ich habe aufgepasst, dass keiner Fotos macht.“

Amalia richtete sich auf und sah ihre Freundin lächelnd an, doch Julia grinste plötzlich.

„Was ist los?“

„Hihi. Du hast das Muster deines Pullovers auf dem Gesicht.“ Sie stellte auf ihrer Handykamera den Selfiemodus ein und hielt ihrer Freundin das Gerät hin.

„Mir bleibt aber auch nichts erspart.“

„Sei nicht traurig, passiert jedem mal nach einer durchzechten Nacht“, griente Julia und zwinkerte ihr zu. „Jetzt lass uns aber aufbrechen.“

„Ja, ich lass mir nur noch schnell meinen Thermobecher auffüllen.“

 

***

 

„Hallo?“, die Stimme klang durch die Sprechanlage etwas verzerrt.

„Hey. Vince hier.“

„Ich bin gleich unten.“

Zwei Minuten später öffnete Amalia die Eingangstür und strahlte über das ganze Gesicht, als sie Vincent sah. Er umarmte sie und küsste sie dann sanft.

„Schön, dich zu sehen.“

„Ich freue mich auch.“

„Wie hast du den gestrigen Tag überstanden?“, wollte Amalia wissen, während sie den Bürgersteig entlangliefen.

„Naja, eigentlich ganz gut. Gegen Mittag bin ich ausgestanden und war dann bei meinen zwei Vorlesungen. Am Abend haben wir die Getränkebestellung fertig gemacht. In der nächsten Woche sollte dann alles geliefert werden. Und bei dir so?“

„Ich war gestern so müde, dass ich in der Cafeteria eingeschlafen bin.“

„Dabei habe ich dir noch gesagt, du sollst mit mir ausschlafen, aber du wolltest ja unbedingt zur ersten Stunde gehen.“

Vincent lächelte sie an, eine Mischung aus Mitleid und Belustigung war auf seinem Gesicht zu erkennen.

„Wer feiern kann, kann auch arbeiten, habe ich gedacht. Das war zumindest gestern ein Fehler.“

„Nuja, solange du daraus lernst“, lachte Vincent und griff nach ihrer Hand.

Einige Momente liefen sie schweigend Hand in Hand die Straße entlang und genossen das Gefühl, die Berührung des anderen zu spüren.

„Wo gehen wir eigentlich hin?“, wollte Amalia wissen.

„Ich dachte, wir genießen diesen Frühsommertag bei einem kleinen Picknick im Botanischen Garten“, antwortete Vincent und erst jetzt fiel Amalia der Beutel auf, deren Henkel er über die Schulter gehängt hatte.

Nach etwa zwanzig Minuten gemütlichen Spaziergang kamen sie am Botanischen Garten an und schlenderten zunächst durch die einzelnen Abteilungen. Durch die ungewöhnliche Wärme in den letzten Wochen blühten die meisten Pflanzen bereits und boten ein farbiges Feuerwerk. Auch andere Besucher hatten den Weg in das Blütenmeer gefunden, doch eine leere Bank konnten Vincent und Amalia für sich sichern. Sie war nicht besonders breit und hatte keine Rückenlehne, weshalb sie sich so daraufsetzen, dass sie sich gegenübersaßen und ansehen konnten.

 „Wie bist du zum Corps gekommen?“

„Das ist eigentlich schnell erzählt. Julian ist der Übeltäter. Sein Großvater war bereits in einem Corps, bevor sie sich dann in der DDR aufgelöst haben. Er hat uns als Kindern und später als Jugendlichen beim Bier trinken von den Geschichten erzählt, die sie damals erlebt haben. Als wir dann gemeinsam an die Uni gegangen sind, haben wir uns eben einem Corps angeschlossen. Meine Familie war anfangs nicht besonders begeistert, aber nachdem ich die ersten Partien ohne Narben überstanden habe und mir ein Alter Herr ein tolles Praktikum besorgt hatte, waren sie etwas gnädiger mit meiner Entscheidung.“

Während er erzählte, packte er seinen Beutel aus. Er stellte zwei Flaschen mit Apfelschorle zwischen sich und Amalia, eine Dose mit Obstsalat, zwei Löffel und eine größere Schachtel, in der sich Sandwichs mit Salat, Salami oder Schinken und Käse befanden.

„Bei uns ist es eine Geldfrage gewesen. Ich wohne in einer WG mit zwei Mitschülern und Alex hat ebenfalls ein günstiges Zimmer gesucht – bei den Montanen wurde er fündig.“

„Inwieweit bist du denn in das Corpsleben involviert?“

„Ach, eigentlich nicht so sehr. Am Mittwoch haben sie immer einen Kinoabend, da koche ich mit Unterstützung für alle und während des Essens schauen wir den ersten Film. Ansonsten war ich bei zwei oder drei Damenkneipen dabei und wenn mal eine Party ansteht.“

„Dann war ich in den letzten Semestern wohl immer bei den falschen Veranstaltungen der Montanen, denn dann hätte ich dich schon viel früher kennen lernen können.“

Amalias Wangen färbten sich rötlich bei diesem Kompliment. „Das wäre schön gewesen. Aber besser spät als nie.“

Vincent lachte bei dieser Aussage. „Das ist wohl wahr. … Bediene dich ruhig“, meinte er dann und deutete auf das Essen. Dies ließ sich Amalia nicht zwei Mal sagen und griff nach einem der Sandwiches. Auch Vincent nahm sich eins und ließ es sich schmecken.

„Das war wirklich eine tolle Idee mit dem Picknick. Die Sandwiches sind wirklich gut. Was ist das für eine Creme?“

„Kräuterfrischkäse. Ganz simpel, aber schmackhaft.“

Sie saßen noch lange auf der Bank und unterhielten sich über ganz banale Dinge wie ihr Lieblingsessen und ihren Musikgeschmack oder Konzerte, die sie bisher besucht haben oder noch besuchen möchten. Immer wieder brachten sie sich gegenseitig zum Lachen mit Berichten von lustigen oder auch peinlichen Erlebnissen.

 

„Ich fand den Nachmittag bisher wirklich sehr schön. Wenn ich mit dir zusammen bin, habe ich das Gefühl, wir kennen uns schon ewig.“

„So kommt es mir auch vor, dabei ist es heute erst das dritte Treffen“, meinte Vincent.

„Was ist das eigentlich mit uns? Unsere Nacht war toll und du hast mich mitgerissen. Ich möchte damit sagen, ich kenne mich so nicht. Eigentlich kenne ich dich noch gar nicht und schlafe mit dir, das ist nicht meine Art. Also, worauf ich hinaus will – kannst du dir eine Beziehung mit mir vorstellen?“ Amalia seufzte. „Oh man, das war jetzt ganz schön wirr. Entschuldige.“

Vincent beobachtete lächelnd wie sie den Kopf senkte und über ihr eigenes Chaos schüttelte. Er legte seine Hand auf ihre, woraufhin Amalia ihn wieder ansah.

„Ich war nicht auf einen One-Night-Stand aus, da kann ich dich beruhigen.“ Er sah die Erleichterung in ihren Augen. „Und ich kann mir sehr gut eine Beziehung mit dir vorstellen, Lia. An den Tagen nach der CampusParty konnte ich an nichts anderes denken als an dich. Ich habe so gehofft, dass du zum CaipiAbend kommst und hätte mir selbst in den Hintern treten können, dass ich dich nicht nach deiner Handynummer gefragt hatte.“

„Ich habe auch die Tage gezählt bis zu eurem Caipi-Abend. Aber im Gegensatz zu dir, wusste ich ja, wo ich dich finden kann. Es war also nicht ganz so schlimm.“

„Ich war so unsicher, weil Arnie mir erzählt hatte, dass er dich im Shakers mit einem anderen gesehen hat. Ich dachte schon, dass du doch einen Freund hast.“

„Oh, das war Bastian. Er ist ein Corpsbruder meines Bruders und irgendwie mein bester Freund geworden. Das ist wirklich rein platonisch.“

„Da bin ich ja beruhigt“, er lächelte befreit.

Amalia stand auf und streckte sich, um die müden Knochen wieder wachzurütteln. „Lass uns noch etwas spazieren gehen.“

Vincent hängte sich den inzwischen leichten Beutel über die Schulter, nahm Amalias Hand wieder in seine und verließ mit ihr den Botanischen Garten in Richtung Fluss.

„Meine Freunde waren ganz überrascht von mir, dass ich nach dem Verlust der Mädelsgruppe auf der CampusParty nicht gleich nach Hause gegangen war. Ihnen blieben quasi die Münder offenstehen, als ich von deiner Gesellschaft berichtete“; meinte Amalia.

„Ja, mir scheint so als wären wir beide nicht unbedingt die Partylöwen, wenn auch nicht ungesellig“, erwiderte Vincent. Sie spazierten bis zum Fluss und dort am gut ausgebauten Ufer entlang.

„Nun ja, ich versuche mich auf das Studium zu konzentrieren, damit ich in der Regelstudienzeit fertig werde und meinen Eltern nicht so lange zur Last falle. Zwei Kinder durchs Studium zu bringen ist nicht so leicht für sie, aber sie wollen auch nicht, dass ich mir einen Nebenjob suche, sondern ich soll mich voll und ganz auf die Chemie konzentrieren. Deshalb gehe ich nicht zu jeder Party, die sich anbietet.“

„Das kann ich verstehen. Es liegt nicht unbedingt am Geld, aber ich möchte auch in der Regelstudienzeit und vor allem gut abschließen. Die Jungs sind manchmal auch genervt, weil ich nicht immer mit ihnen um die Häuser ziehen möchte, aber ich habe genug Geschichten von gescheiterten Corpsbrüdern gehört, um daraus zu lernen. Das Corps ist wichtig, aber nicht alles.“

Langsam sank die Sonne immer tiefer und tauchte den Himmel in ein zartes Rot. Als die Dämmerung einsetzte und es damit auch kühler wurde, kehrten sie langsam um.

„Danke für diesen wunderbaren Tag“, sagte Amalia, als sie vor ihrer Haustür standen, und umarmte Vincent. Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter und drückte ihre Arme noch fester um ihn, wollte ihn nicht gehen lassen. Auch Vincent schlang seine Arme um sie, gab ihr einen Kuss auf ihr Haar.

„Wann sehen wir uns wieder? Hast du morgen Zeit für mich?“

„Morgen bin ich mit Julia verabredet, wir müssen das Praktikum am Dienstag vorbereiten. Die Organik verlangt alles von einem ab, die Antestate sind der Hammer“, erwiderte Amalia und in der Stimme klang etwas Traurigkeit mit. „Montag könnte es was werden.“

„Okay. Dann freue ich mich auf Montag.“

 

 

Amalia lag an diesem Abend noch lange wach. Sie ging den Tag mit Vincent noch einmal im Kopf durch, erinnerte sich an seine Worte, seine sanften, fast unmerklichen Berührungen, die jedes Mal eine Gänsehaut ausgelöst hatten.

Auch Vincent hatte Schwierigkeiten einzuschlafen. Irgendwie konnte er sein Glück nicht fassen. So eine tolle Frau wie Amalia mochte ihn und wollte eine Beziehung mit ihm. Das letzte Mal, dass eine Frau ihn mochte, war sie vom Corpsleben abgeschreckt gewesen und hatte es nicht weiter versuchen wollen. Doch Amalia kannte die Pflichtveranstaltungen, die verplanten Wochenenden, die pöbelnden Sprüche.

 

***

 

Vince:   Sehen wir uns heute Abend bei mir?

Amalia: Ich möchte dich gern sehen, aber ich habe auch den längeren Heimweg und die erste Stunde morgen im Kopf. :(

Vince:   Übernachte doch einfach bei mir. Bring alles mit, was du brauchst. So können wir uns sehen und du kannst länger schlafen, weil der Weg zur Uni kürzer ist.

Amalia: :)

               Bin dabei.

Vince:   :*

Amalia: Soll ich etwas zum Abendessen mitbringen?

Vince:   Wir haben heute Pizzaabend. Es müssten schon für alle möglichen Sorten die Zutaten da sein. Du bräuchtest nur etwas mitbringen, wenn du etwas ganz Exotisches essen möchtest.

Amalia: Bei Pizza bin ich nicht so wählerisch, Salami und Champignons sind super.

Vince:   Alles klar. :)

 

***

 

Das laute Dröhnen der Klingel drang durch das gesamte Haus und ließ Vincent die Bücher zuschlagen. Das musste Amalia sein. Er lief, stürmte fast die Treppe hinunter und hörte im ersten Stockwerk bereits ihre Stimme.

„Hallo.“

„Hallo Lia. Kann ich dir etwas abnehmen?“; Rene hatte sie hereingelassen.

„Oh, es wäre schön, wenn du die Flaschen nehmen könntest.“

Er nahm ihr den Stoffbeutel ab und stöhnte über die Schwere. „Hast du da auch noch Wackersteine drin?“

„Nein, nur Weinflaschen. Ich dachte, Wein zur Pizza würde ganz gut passen“, erwiderte sie und zog sich die Jacke aus.

„Hut ab, dass du die schweren Flaschen allein bis hierher getragen hast“, meinte Rene und verschwand in die Küche.

„Hallo Lia.“

„Hallo Vince.“ Wie bei allen bisherigen Treffen strahlte sie über das ganze Gesicht, als er sie in den Arm nahm und zur Begrüßung küsste.

„Kann man dir etwas zu trinken anbieten?“, Rene trat durch den Zwischengang von der Küche zurück in den Flur und bemerkte den intimen Moment zu spät. „Ich meine, bevor wir auf den Wein umsteigen.“

„Ich würde einfach ein Mineralwasser nehmen. Danke schön.“

„Kein Problem“, im nächsten Moment war Rene im Keller verschwunden.

Vincent küsste Amalia noch einmal und löste die Umarmung dann.

„Ich bringe deinen Rucksack schnell hoch“, sagte Vincent und nur einen Bruchteil einer Sekunde später Rene: „Hier, dein Wasser.“

„Wird man eigentlich immer so verhätschelt, wenn man zu euch kommt, oder nur, wenn man neu ist?“, fragte Amalia mit einem Lachen.

„Nur, wenn man neu ist“, Rene lachte mit. „In ein, zwei Wochen kannst du dir dein Getränk allein aus dem Keller holen oder hast Vince darauf trainiert.“ Schelmisch zwinkerte er ihr zu.

„Bring sie nicht auf falsche Ideen!“

Während Vincent Amalias Rucksack in sein Zimmer brachte, ging diese mit Rene in die Küche und half ihm, alle Zutaten und Küchengeräte für die Pizzazubereitung zusammenzusuchen.

„In einer Viertelstunde ist offizieller Treffpunkt für die Pizzaschlacht. Da müssten dann theoretisch auch die anderen Hausbewohner auftauchen. Wenn sie denn pünktlich sind.“

„Naja, im Notfall bekommen wir das sicher auch zu dritt hin. Und vielleicht ist es besser, wenn wir mit dem Teig bereits anfangen, die Hefe muss eine Weile Zeit zum Gehen bekommen.“

„Da hast du Recht. Hier ist das Rezept, das wir nutzen wollten“, erwiderte Rene und reichte ihr einen Internetausdruck.

Gemeinsam wogen und maßen sie die Zutaten für die gewünschte Menge an Pizzateig ab und beauftragen Vincent mit dem Schneiden des Gemüses für den Belag. Nach und nach trafen immer mehr Hausbewohner in der Küche ein und suchten sich eine Aufgabe. Die erste Weinflasche wurde geöffnet und an alle verteilt. Als der Teig ausgerollt werden konnte, wurde das Chaos in der kleinen Küche perfekt. Überall war Mehl verteilt und Tomatensoßenspritzer rundeten das Bild ab. Sie bereiteten das Backpapier mit den jeweiligen Pizzen vor und schoben die erste bereits in den vorgeheizten Ofen.

„Wer macht eigentlich sauber? Ich meine, wer nicht gekocht hat, zieht heute nicht. Wir waren alle beteiligt“, fragte Pedro, als er einen Blick in die Runde warf.

„Dann jeder ein bisschen. So geht es auch schneller.“

Und wirklich, nach zehn Minuten sah die Küche wieder aus wie zuvor. Der Tisch und die Arbeitsflächen waren abgewischt, das benutzte Geschirr abgewaschen, abgetrocknet und im Schrank verstaut.

Nach und nach wanderte Pizza um Pizza in den Ofen und wurde mit großem Appetit verspeist.

„Nun, erzähl doch mal, Lia“, fing Arnie an und Amalia sah auf. „Was hat Vincent gegen dich in der Hand, dass du deine Zeit mit ihm verbringst?“

„Hey!“, warf Vincent beleidigt ein, doch Amalia legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. „Gar nichts. Aber vermutlich seht ihr nicht, was ich sehe.“

„Und das wäre?“

„Vince‘ Humor, seine Freundlichkeit, seine Güte, seine Intelligenz, seine Hilfsbereitschaft…“

Bei ihrer Aufzählung war es still geworden in der Küche. Völlig untypisch für die Männerfreundschaft im Corps kam nun kein blöder Spruch.

„Vince, halte sie ganz doll fest. So eine Frau findest du nie wieder“, meinte Arnie und schlug seinem Corpsbruder anerkennend auf die Schulter.   

„Werde ich“, versprach Vincent und sah Amalia mit einem verliebten Blick an, den sie erwiderte.

Eine halbe Stunde später saßen die beiden nebeneinander auf der Couch und sahen nach dem Pizzagelage noch mit den anderen Hausbewohnern fern. Amalia hatte ihre Schuhe ausgezogen, ihre Beine angewinkelt auf die Couch gelegt und sich an Vincent gelehnt, der seinen Arm um sie gelegt hatte. Sanft strichen seine Finger über ihren Arm, was bei Amalia ein wohlig-warmes Gefühl verursachte.

„Das, was du vorhin über mich zu den anderen gesagt hast, war total lieb“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Sie sah zu ihm auf. „Nur die Wahrheit.“

Mit einem Lächeln nahm sie seinen Kuss auf ihre Stirn wahr und schmiegte sich dann wieder an ihn.

 

 

Kneipenabend

Die nächsten Wochen vergingen. Amalias Tage waren ausgefüllt mit den Besuchen der Vorlesungen und Seminare, dem Vor- und Nachbereiten der Themen und Laborpraktika. An den Abenden traf sie sich meis-tens mit Vincent, nahm an Veranstaltungen der Saxonen teil oder ging mit Julia zum Aerobic-Kurs.

Die Sonntage waren jedoch die schönsten Tage der Woche, denn diese verbrachte sie ausschließlich mit Vincent. Sie spazierten am Flussufer entlang und nahmen ein Picknick mit oder kehrten in eine Eisdiele ein, gingen Inline skaten oder im Park Minigolf spielen. Sie fühlte sich, als wäre sie endlich im Leben an-gekommen.

Nur am Mittwoch war sie der Tradition treu geblieben und nahm am Kinoabend bei den Montanen, dem Corps ihres Bruders teil, den sie auch kulinarisch versorgte. Es war manchmal stressig, aber Amalia war trotzdem glücklich.
 

Ein Actionfilm flackerte über die Leinwand, ein Auto flog eben krachend in die Luft. Amalia hatte in der Küche für Ordnung gesorgt und setzte sich nun auf den freien Platz neben Bastian.

„Habe ich etwas Wesentliches verpasst?“, fragte sie ihn leise.

„Eigentlich nicht. Typischer Actionfilm. Die Tochter des Typen im Unterhemd wurde entführt und nun versucht er ihre Entführer zu finden. Viele Explosionen, wenig Handlung.“

Amalia kicherte. „Alles klar. Genau euer Film.“ Sie zog ihre Schuhe aus, zog die Beine gewinkelt auf die Couch und lehnte sich an Bastians Schulter.

Die Bösewichte wurden einer nach dem anderen ausgeschaltet, viel Rauch, viel Lärm, viel Prügel, viele Explosionen, und am Ende ein glückliches Wiedersehen zwischen stark lädierten Vater und wohlbehalte-ner Tochter.

Während sich einige Gäste bereits verabschiedeten, unterhielten sich Bastian und Amalia in der Pause vor dem zweiten Film.

„Sag mal, Mali, weißt du eigentlich, dass wir nächste Woche Samstag unsere Kneipe feiern?“

„Ist das schon der 15.? Oh man, wie die Zeit vergeht. Also ja, ich weiß, dass die Kneipe ist, mir war nur nicht bewusst, dass es bereits nächste Woche ist.“

„Können wir mit dir rechnen?“, wollte Bastian nun wissen.

„Na klar.“ In Amalias Kopf begann es zu arbeiten. „Sollen wir vorher für den engen Kreis etwas kochen?“

„Das ist wirklich ein liebes Angebot, aber es soll auch für dich ein schöner Abend werden und da sollst du dir vorher nicht so einen Stress machen. Es wird in der Pause einen Fuchsen-Imbiss geben, falls wirklich jemand kein Abendessen zu sich genommen hat.“

„Okay. War nur ein Gedanke.“

„Den ich sehr zu schätzen weiß. Danke.“

„Gibt es einen Dresscode?“

„Für dich?“ Er lehnte sich ein Stück zurück und begutachtete Amalia. „Nun, ich würde sagen – sexy.“

Schockiert über so viel Chauvinismus blieb ihr zunächst der Mund offenstehen, doch dann bekam Bastian einen leichten Faustschlag gegen die Schulter. „Du spinnst wohl!“

„Eigentlich nicht. Ich möchte dich nur gern im Cocktailkleid sehen.“

Überlegend sah sie ihn an. „Hmmm. Das hier zwischen uns ist aber immer noch rein platonisch, oder? Wir sind doch nur Freunde, oder hat sich für dich etwas geändert?“

„Ach, Mali. Keine Angst. Du bist eine gute Freundin und nicht mehr. Ich will dich nur gern mal in etwas anderem sehen als Jeans und Shirt. Okay?“

„Okay.“
 

***
 

„Am Samstag kann ich leider nicht zu dir kommen. Bei meinem Bruder findet die Kneipe statt.“

„Oh, das ist schade.“

Vincent streichelte über ihre Wange, strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Die beiden lagen in Vin-cents Bett gekuschelt. „Ich finde es schon schlimm, wenn ich dich an den Mittwochen zu diesem Kino-abend gehen lassen muss. Abende ohne dich kann ich mir kaum vorstellen. Es ist irgendwie als würden wir uns schon ewig kennen, und wenn du nicht bei mir bist, fehlst du mir.“

Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, ihr Herz begann schneller zu schlagen.

„Mir geht es genauso“, antwortete sie und küsste ihn. „Aber andererseits liegt euer CC an diesem Abend, wir hätten sowieso nichts voneinander.“

„Stimmt auch wieder.“

„Warum kommst du nicht mit zu der Kneipe?“, fragte Amalia.

„Das ist keine gute Idee. Sie haben uns offiziell nicht eingeladen und ich kann nicht einfach privat hinge-hen, das wäre irgendwie nicht richtig. Ich habe zwar nichts mit dieser Fehde zu tun, aber sollte mich kolle-gial verhalten.“

„Hmm. Auch irgendwie wahr.“ Sie seufzte.

„Was sagt denn überhaupt dein Bruder dazu, dass du mit mir zusammen bist?“

„Ähm, ja, also“, druckste Amalia herum. „Naja, ich habe ihm nichts davon erzählt.“

„Nicht, dass ich bei den Saxonen bin oder nicht, dass du mit mir zusammen bist?“, hakte Vincent nach.

„Beides. Ich denke zwar, er ahnt, dass ich einen Freund habe, aber wenn er nicht fragt, muss ich ja auch nichts erzählen, oder?“

„Hmmm.“

„Bist du jetzt böse auf mich?“

„Nein. Warum sollte ich. Es wundert mich nur, denn sonst gehst du doch keinen Problemen aus dem Weg. Nicht, dass ich unsere Beziehung oder meine Corpsangehörigkeit als Problem ansehen würde.“

„Ja, ich weiß. Ich versuche, es ihm demnächst zu erzählen. Okay?“

„Okay. … Ach so, wir sind übrigens auf das Stiftungsfest der Montanen eingeladen worden – naja, wir, zwei Vertreter dürfen geschickt werden. Aber ich darf einer von ihnen sein.“

„Oh, das ist schön. Ich freue mich schon auf das Fest. Laut Alexander wird es ein richtiger Ball mit Festes-sen und Tanz. Ganz viele der alten Herren haben schon zugesagt und nehmen mit ihren Familien teil. Ich muss mich langsam auf die Suche nach einem Kleid machen.“

„Egal, was du anziehst, du wirst wunderschön aussehen.“

„Du bist so ein Schleimer“, erwiderte Amalia, freute sich aber trotzdem über das Kompliment.

„Oho, jetzt wirst du also auch noch frech.“

Im nächsten Moment drückte er sie sanft auf den Rücken, hielt ihre Arme fest und beugte sich so dicht über sie, dass er sie küssen könnte, doch er küsste sie nicht. Sie hob ihren Kopf, um ihn ihrerseits zu küs-sen, doch er zog sich ein kleines Stück zurück.

„Strafe muss sein, meine Liebe.“

„Aber doch nicht über Liebesentzug, das ist verpönt“, erwiderte sie und versuchte ihre Arme aus seinem Griff zu befreien.

„Naja, aber nur so wirst du es lernen“, erwiderte Vincent ernst, lockerte jedoch seinen Griff, sodass sie sich befreien konnte.

Ihre Hände umschlangen seinen Oberkörper, zogen ihn fest an sich. Seine warme Haut traf auf ihre leicht kühle und ließ sie kurz erschaudern. Dann küsste sie ihn sanft. Doch im nächsten Moment schrie sie er-schrocken auf – Vincent hatte begonnen sie zu kitzeln.

„Du wagst es nicht!“

„Siehst du doch!“, Vincent grinste und machte weiter. Sie wand sich unter seinem Körper, versuchte seine Hände zu greifen, doch er war stärker als sie. Als beide nach Atem rangen, ließ er von ihr ab.

„Ich liebe es, mit dir zusammen zu sein. Du machst mich glücklich“, sagte Amalia, als sie wieder bei Atem war. „Ich liebe dich.“

Vincent sah sie mit einem sanften Blick an. „Ich liebe dich auch.“
 

***
 

„Einen wunderschönen guten Abend, mein liebe Mali.“

Andre hatte Amalia die Tür des Corpshauses geöffnet und half ihr aus dem Sommermantel, als Bastian ebenfalls in den Flur trat.

„Oh wow! Mali, du hast meinen Vorschlag ja tatsächlich angenommen. Du siehst atemberaubend aus“, er umarmte sie zur Begrüßung.

„Hallo Bastian. Vielen Dank für das Kompliment. Du hast ja scheinbar nicht geglaubt, dass ich gut ausse-hen kann, deshalb wollte ich es dir zeigen.“ Sie zwinkerte ihm schelmisch zu und ließ sich dann von ihm an der Hand um die eigene Achse drehen. Das rote Kleid bauschte sich in der Drehbewegung etwas auf. Es hatte einen Carmen-Ausschnitt, der durch eine Spitzenapplikation zum Hingucker wurde. Ein zweiter Hin-gucker waren die Stoffaussparungen auf Taillenhöhe. Die braunen Haare waren zu leichten Locken ge-dreht worden, die bei jedem Schritt auf den Schultern wippten.

Doch auch die jungen Herren sahen sehr ansehnlich aus in ihren Anzügen. Über dem weißen Hemd prangte das Band, das die Corpszugehörigkeit symbolisierte.

Amalia trug sich in das Gästebuch ein und las noch einmal das kleine Gedicht durch, das sie am letzten Kinoabend gemeinsam mit Bastian verfasst hatte.
 

Die Damen putzen sich so richtig raus,

denn es geht auf das Montanen-Haus.

Bei der Kneipe dürfen sie heute sein,

das finden auch die Herren fein.
 

Im Saal waren die Tische bereits umrangiert worden. Es gab lange Tafeln in der Mitte des Raumes, jeweils an der Kopfseite standen zwei Tische quer dazu. Der eine Tisch war für das Präsidium reserviert – Senior, Consenior und Subsenior – der andere Tisch für die Füchse und den Fuchsmajor, einer Art Lehrer für die Corpsbrüderanwärter.

„Ich muss heute meinen Posten wahrnehmen, weshalb ich leider nicht bei dir sitzen kann, aber du kommst ja mit allen super klar“, meinte Bastian.

„Du bist süß, Bastian“ meinte Amalia, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Wofür war der denn jetzt?“, fragte er etwas überrumpelt.

„Naja, ich finde es einfach schön, dass du mich so magst, dass du eigentlich am liebsten deine Zeit mit mir verbringen würdest wollen, aber deine Corpspflicht heute nun einmal vorgeht.“ Sie lächelte und ließ sich dann von ihm umarmen.

„Wie könnte man dich nicht mögen…“

„Oh, du hast sie nicht als Kind erlebt!“, kam Alexanders Stimme an ihr Ohr. „Sie hat mich gebissen und einen Zahn ausgeschlagen und mir jede Menge blaue Flecken verpasst. Ich habe sie zwischenzeitlich nicht gemocht.“

Amalia hatte sich aus der Umarmung gelöst und zu ihrem Bruder umgedreht. „Ist doch alles verheilt, o-der?“

„Zu deinem Glück, ja“, er streckte ihr die Zunge heraus und nahm sie dann in den Arm. „Du siehst heute wirklich besonders schön aus, Schwesterchen.“
 

Eine halbe Stunde später wurde die Kneipe eröffnet. Der Senior begrüßte die Gäste und stimmte das erste Lied an, das gemeinsam gesungen wurde. Die Textbücher lagen auf den Tischen verteilt und hatten auch schon bessere Tage gesehen, aber gerade das machte den Charme aus. Amalia sah gemeinsam mit Jan in eines der Bücher und sang voller Inbrunst mit.
 

Student sein, wenn die Humpen kreisen in lieberschloss’nem Freundesbund,

von alter Treue bei den Weisen der Väter jauchzet der junge Mund.

Student sein, wenn die Herzen freier auf der Begeist’rung Höhe steh’n.

[: Das ist des Daseins schönste Feier! Herr, lass sie nie zu Ende geh’n! :]
 

Student sein, wenn zwei Augen locken, ein süßer Mund verschwiegen küsst,

dass jählings alle Pulse stocken, als ob im Rausch man sterben müsst’. Student sein, in der Liebe Mor-gen, wenn jeder Wunsch ein frommes Fleh’n.

[: Das ist des Daseins schönste Feier! Herr, lass’ sie nie zu Ende geh’n! :]
 

Es wechselten sich nun in den nächsten zwei Stunden Reden von Vertretern der Montanen oder Gästen mit dem Gesang von Studentenliedern und Gesprächen zwischen den Gästen ab. Der ein oder andere Spruch zwischen den Beteiligten, was auch unter den Begriff Paulen fiel, war manchmal sehr zur Belustigung der Umsitzenden. Die Gespräche wurden jedoch oft durch ein lautes Silentium des Seniors zum Schweigen gebracht, wenn es zur nächsten Rede oder zum nächsten Lied kam.

Bevor der inoffizielle Teil begann, wurde durch die Füchse ein kleiner Imbiss aus belegten Brötchen und Gemüsesticks bereitgestellt. Zudem sorgten sie für den Getränkenachschub.

Der zweite Teil der Kneipe war nicht mehr ganz so seriös. Man traute sich dem Senior ins Wort zu fallen, was zu einem Bierjungen führte, oder im Lied quer zu singen und einfach einen anderen Text anzustim-men.

Im schwarzen Walfisch zu Askalon,

da trank ein Mann drei Tag',

|: bis dass er steif wie ein Besenstiel

am Marmortische lag. :|

Im schwarzen Walfisch zu Askalon,

da sprach der Wirt: "Halt an!

|: Der trinkt von meinem Dattelsaft

mehr als er zahlen kann." :|

Der jüngste der Füchse, Maximilian, hatte die ehrenvolle Aufgabe, die Damenrede des Abends zu halten. Schwungvoll wurde die Rede vom Senior angekündigt und mit viel Applaus erhob sich Maximilian von seinem Platz. Er kramte den Zettel aus der Innentasche seines Jacketts, räusperte sich und begann.

„Ich persönlich geb mich ja schon ganz gern immer wieder mal als Kavalier, Tür aufhalten, in die Jacke rein und raus helfen, in jeder Situation charmante und zuvorkommende Bemerkungen. Aber um ganz ehr-lich zu sein: In jeder Situation? Wir Männer sind doch auch nicht in jeder Lebenslage Kavaliere, manch-mal steht auch eher das Bier oder die Pokerrunde im Mittelpunkt und ein derber Spruch von CB Fischer oder unserem verehrten Senior ist besser als die schönste Frau. Zumindest für diesen kurzen Augenblick.

So sollten wir froh sein, dass unsere Damen ihre vornehme Zurückhaltung auch mal zu Gunsten eines mög-licherweise unanständigen Witzes aufgeben - sei es, dass sie darüber lachen (können) oder ihn gar selbst erzählen. Wir sollten froh sein, dass unsere Damen der Neuzeit ihre Kultiviertheit gerne auch mal außen vorlassen, einen verregneten oder zu kühlen Heimweg zumeist unbeschadet überleben und vielleicht sogar ihre Reifenpannen selbst beheben können.“ (Quelle Rede [leicht geändert]: http://www.kurtl.de/damenrede2.shtml, 01.04.2015)

Mit dem Ende der Rede brandete ein lauter und nicht enden wollender Applaus auf. Maximilian verneigte sich mehrmals und grinste bis über beide Ohren, er freute sich über die Anerkennung.

Nicht allen Füchsen und Gästen erging es so gut, der ein oder andere hatte bereits zu tief ins Glas geschaut oder war zu vielen Bierjungen aufgefordert worden. Als kurz vor Ende der Kneipe Jan zu seiner Rede vom Senior aufgefordert wurde, meinte er nur: „Eigentlich wollte ich auf meinen Leibfuchs eine Rede halten, aber der scheint schon ins Bett gegangen zu sein, deshalb schenke ich mir das jetzt.“ Er erhob sein Glas und trank einen kräftigen Schluck.

Um Mitternacht wurden alle Lichter ausgeschalten und nur die Lichter der drei Bergmannslampen, die auf dem Präsidiumstisch standen, leuchteten. Gemeinsam wurde das Steiger-Lied gesungen und am Ende des Liedes die letzten drei Lichter gelöscht, indem die Lampe mit einem kräftigen Ruck nach unten bewegt und wieder gehoben wurde. Der Senior begrüßte die Gäste mit einem lauten „Guten Morgen, Corona “, wo-raufhin mit „Guten Morgen, Senior“ von allen geantwortet wurde. Die Kneipe war damit beendet, wenn auch nicht der gemeinsame Abend.
 

***
 

„Was ist eigentlich aus deinem Verehrer geworden, Mali?“, fragte Bastian, der gemeinsam mit Andre Amalia am nächsten Mittwoch beim Kochen unterstützte.

„Du hast einen Verehrer?“, fragte Andre sofort.

Sie verdrehte die Augen und sah Bastian dann böse an.

„Ich habe keinen Verehrer.“

„Okay, ich formuliere es anders. Was ist mit dem Typen von der CampusParty geworden? Hast du ihn wie-dergesehen?“

„Ja, habe ich. Und das ist alles, was ich euch erzählen werde. Was ich privat mache, geht euch nämlich gar nichts an.“ Immer wieder hat sie die Feindseligkeit zwischen den Corps mitbekommen, weshalb sie den Montanen nicht unter die Nase reiben wollte, dass sie mit einem Saxonen zusammen war.

„Gehören wir etwa in den Teil deines Lebens, der dir nicht wichtig ist?“, wollte Andre gleich wissen.

„Uni ist ein Teil, ihr seid ein Teil und der Rest ist ein Teil“, erklärte Amalia. „Und alle Teile sind mir wich-tig, damit das klar ist.“

Eine halbe Stunde später wurde gemeinsam gegessen und der erste Film des Abends begonnen. Es handelte sich um eine Liebeskomödie, die Auswahl war eher ungewöhnlich für die Corpsbrüder, aber etwas Ab-wechslung musste sein. Im Film kam die Hauptdarstellerin gerade in den Raum, in dem sich der Mann be-fand, den sie mochte, mit dem sie sich aber verstritten hatte. Sie zog ihr Shirt vor seinen Augen aus, was die Jungs zum Grölen brachte.

„Stell dir mal vor, dass das jetzt ein Kerl macht. Stellt sich hin und zieht sein Shirt einfach aus. Das geht doch gar nicht.“

„Guckt euch Mali an, sie wird schon ganz rot bei dem Gedanken!“, feixte Jan.

Amalia versuchte die Sprüche wegzulächeln und die Jungs zu ignorieren, doch wenige Minuten später flogen aus der Dunkelheit des Raumes ein Hemd und eine Strickjacke auf sie zu.

„Ihr seid doch verrückt!“

„Die Hose gibt es aber erst um 22 Uhr.“

„Sind ja nur noch zehn Minuten“, erwiderte Amalia nach einem schnellen Blick auf die Uhr.

„Aber wie schnell der Blick auf die Uhr ging – du findest es gar nicht so schlecht.“

Alle im Raum lachten, dieses Mal nicht über Amalia, sondern über ihre Schlagfertigkeit. Zehn Minuten später landeten wirklich zwei Hosen auf ihrem Schoß. Jan und Andre kuschelten sich nun gemeinsam un-ter eine Decke, was wiederum alle zum Lachen brachte.

Stiftungsfest

Kapitel 7 - Stiftungsfest
 

Das 150. Stiftungsfest war etwas ganz Besonderes, denn zumeist konnte man nur an wenigen runden teilnehmen. Der Ball am Samstag begann um 19 Uhr und wurde in einem großen Ballsaal in der Nähe des Corpshauses veranstaltet. Neben den Aktiven, Inaktiven und Alten Herren mit Damenbegleitung waren auch Vertreter von Freundschaftscorps und ortsansässigen Verbin-dungen eingeladen.

„Mali, gib mir deinen Mantel. Ich werde ihn zur Garderobe bringen“, sagte Bastian, der ihr als Tischherr zugeteilt worden war.

Sie reichte ihm den beigen Sommermantel und sah sich dann im Foyer des Gebäudes um. Einige Kellnerinnen liefen zwischen den Gruppen umher und reichten Gläser, die mit Sekt und Oran-gensaft gefüllt waren. Amalia bemerkte die angeregten Gesprä-che zwischen den Gästen, viele hatten sich monate- oder gar jahrelang nicht gesehen. Die Aktiven liefen von einer Gruppe zur anderen, begrüßten die Alten Herren und ihre Damen, küm-merten sich noch um die letzten Fragen, die das Personal des Abends hatte.

„Wollen wir hineingehen? Langsam füllt sich der Saal“, meinte Bastian, als er von der Garderobe zurück war.

„Gern.“

Sie liefen zur großen Eingangstür des Saals, trugen sich in das Gästebuch ein und Amalia bekam als Dame eine rote Rose über-reicht. Als sie den Saal betraten, sah Amalia sich noch einmal um und entdeckte dabei Vincent, der das Foyer in diesem Mo-ment zusammen mit Rene betrat. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. Sie freute sich, dass sie den Abend mit Vincent verbrin-gen konnte, es waren nur zwei Vertreter seines Corps eingeladen worden.

Nach einer Ansprache des Seniors wurde bereits das Abendessen serviert. Im Hintergrund spielte eine Band ruhige Musik, es war eine angenehme Lautstärke, die Gespräche zuließ.

„Neulich hatten wir Gäste auf dem Haus, die uns gegenüber un-aufgeschlossen waren“, berichtete Andre, nachdem die Suppen-teller abgeräumt worden waren.

„Inwiefern?“, fragte der Alte Herr, der neben ihm saß.

„Sie meinten, unsere Farben wären rechts“, antwortete der junge Mann und gab das Gespräch wieder, indem er seine Sätze und die des Gastes in unterschiedlichen Stimmen wiederholte.
 

Gast: „Wir haben uns grad eure Internetseite angesehen und die ist ja mal voll rechts.“

Andre: „Was ist denn daran bitte rechts?“

Gast: „Schon die Farben…“

Andre: „Die Farben schwarz rot weiß wurden 1859 gewählt, da gab es noch kein zweites und kein drittes deutsches Reich.“

Gast: „Aber ihr müsst doch von den Menschen heute ausgehen und die assoziieren mit diesen Farben das schlechte.“

Andre: „Und wir sollen jetzt unsere Farben ändern, die Traditi-on haben? Es gibt Länder wie Ägypten oder den Jemen, die diese Farben in ihrer Flagge haben. Müssen die sie auch ändern?“

Gast: „Nein.“

Andre: „Na siehste.“

Gast: „Aber wenn ihr gegen den zweiten Weltkrieg seid und was da passiert ist, warum schreibt ihr das nicht auf die Internetseite?“

Andre: „Hast du einen Account bei StudiVZ oder Facebook?“

Gast: „Ja.“

Andre: „Hast du da drauf stehen, dass du den zweiten Weltkrieg scheiße fandest?“

Gast: „Nein.“

Andre: „Und warum sollen wir das dann machen?“

Gast: „Ähm, ja… Aber die Farben…“

Andre: „Ja, wir haben vorausschauend 1859 die Farben ge-wählt, weil wir wussten, dass Hitler kommt und wir ja rechts sind.“
 

„Danach wusste er dann nicht mehr, was er sagen soll.“

„Da hast du gut reagiert“, lobte der Alte Herr. „Auch zu unserer Zeit gab es immer wieder Menschen, die uns in die rechte Schiene drängen wollten. Sie verstehen nicht, dass es einen Un-terschied zwischen den Corps und den Burschenschaften gibt. Es würde ja sicherlich auch niemand auf die Idee kommen, eine Sängerschaft als rechts zu bezeichnen.“

„Leider. Und durch die Tendenzen einiger Parteien und ihrer Anhänger, die in den letzten Jahren aufgekommen sind, wird es nicht besser für uns werden. Wir werden oft zu ihnen gezählt.“

Das Gesprächsthema wechselte daraufhin zur aktuellen Politik und wurde erst durch das Servieren des Hauptganges unterbro-chen. Vor dem Dessert kam man an Amalias Tisch zu positive-ren Themen und erzählte von Reisen, die in der letzten Zeit ge-macht worden waren oder von Zielen, die man gern sehen woll-te.

Nach dem Essen wechselte die Band die Musikstücke und er-höhte auch die Lautstärke, sodass sich die Tanzfläche mit immer mehr Paaren füllte. Die Tischordnung löste sich langsam auf, Alte Herren gesellten sich an andere Tische, da dort die Corps-brüder ihrer Generation saßen oder Corpsbrüder, die dieselbe Studienrichtung hatten.
 

„Wo ist denn Mali?“, fragte Alexander. Er war an den Tisch getreten, an dem seine Schwester saß.

„Sie wurde zum Tanzen aufgefordert“, antwortete Bastian.

Alexander und Bastian sahen auf die gut besuchte Tanzfläche und entdeckten Amalia nach einiger Zeit.

„Ist das etwa Fischer?“

„Ja., ich glaube schon“, meinte Bastian.

„Wenn sie wieder hier ist, beschäftige dich bitte mit ihr. Ich will nicht, dass sie weiterhin Zeit mit Fischer verbringt.“

„Na klar.“

Alexander setzte seinen Rundgang zum nächsten Tisch fort, blickte aber noch einmal zu seiner Schwester, die glücklich lä-chelnd mit Vincent tanzte. Warum hatte Fischer ausgerechnet Amalia zum Tanzen aufgefordert? Hier waren etliche Altherren-töchter anwesend, die ebenfalls sehr attraktiv waren.

„Du siehst heute Abend wunderschön aus.“

„Danke“, sagte Amalia und lächelte ihn an.

Sie trug ein grünes, bodenlanges Kleid, das am Oberkörper eng-anliegend war und nach unten hin durch etliche Tüllschichten aufgebauscht wurde. Ihre Haare waren französisch an den Seiten geflochten und am Hinterkopf hochgesteckt, Bänder in Farben des Corps waren in die Zöpfe eingearbeitet.

„Darf ich abklatschen?“

Bastian war an die beiden herangetreten, als eine kurze Pause zwischen zwei Liedern entstand.

„Ungern“, sagte Vincent, überließ aber Bastian den nächsten Tanz.

Er ging zurück zu dem Tisch, an dem die Vertreter der ortsan-sässigen Verbindungen saßen, beobachtete seine Freundin, wie sie mit einem anderen Mann tanzte und fühlte einen Stich im Herzen. Er wollte sie nur für sich. Als die beiden eine halbe Stunde später wieder zusammen gefunden hatten und sich an der Bar unterhielten, trat Bastian erneut zu ihnen.

„Mali, Alex sucht dich, kommst du bitte mit.“

Amalia sah Bastian an, dann mit einem entschuldigenden Blick Vincent. „Entschuldige. Wenn mein Bruder ruft, möchte ich wohl folgen.“

Nachdem sie einige Meter neben Bastian hergelaufen war, fragte sie: „Sag mal, soll ich den heutigen Abend allein mit dir ver-bringen?“

„Nein.“ Bastian stellte sich unwissend an, wobei er doch genau wusste, warum sie ihn das fragte.

„Und warum tauchst du dauernd auf? Wenn ich tanze, klatschst du ab. Wenn ich mich unterhalte, holst du mich weg“, erwiderte Amalia.

„Ach, das bildest du dir ein.“

„Ich mag dich, Bastian, aber ich würde dich trotzdem bitten, mich heute nicht mehr zu stören.“

Als sie bei Alexander angekommen waren, wirkte dieser erst etwas überrumpelt, fing sich aber schnell, nachdem Bastian ihm nonverbal zu verstehen gegeben hatte, dass sie bei Vincent ge-wesen war.

„Ach Schwesterchen, ich wollte gern auch mal mit dir tanzen.“

„Dann lass uns das lieber schnell hinter uns bringen, damit mei-ne Füße nicht so sehr leiden müssen.“

„Das war gemein. Warum bist du immer so gemein zu mir?“

„Weil du es verdient hast“, antwortete Amalia grinsend und leg-te dann ihre Hand in seine Hand.
 

Glück auf, Glück auf!

Der Steiger kommt,

|: und er hat sein helles Licht bei der Nacht, :|

|: schon angezünd't. :|
 

Hat's angezünd't!

Es wirft seinen Schein,

|: und damit so fahren wir - bei der Nacht, :|

|: ins Bergwerk ein. :|
 

Ins Bergwerk ein,

wo die Bergleut sein,

|: die da graben ja das Silber und das Gold - bei der Nacht, :|

|: aus Felsenstein. :|
 

Der eine gräbt das Silber,

der andre gräbt das Gold.

|: Doch dem schwarzbraunen Mägdelein - bei der Nacht, :|

|: dem sein sie hold. :|
 

Ade, ade, ade, ade!

Herzliebste mein!

|: Und da drunten in dem tiefen, finstern Schacht - bei der Nacht, :|

|: da denk ich dein. :|
 

Und kehr ich heim,

zur liebsten mein,

|: dann erschallet des Bergmanns Gruß - bei der Nacht, :|

|: Glück auf! Glück auf! :|
 

„Guten Morgen, Corona!“

„Guten Morgen, Senior!“, rief der gesamte Saal Andre entgegen, der als aktueller Senior auf der Bühne stand.

Wenige Minuten später begann die Band wieder zu spielen und das Fest ging weiter. Die Tanzfläche füllte sich langsam wieder und die Gespräche flammten erneut auf. Amalia stand an einem der großen Fenster, sah in die Nacht hinaus.

„Hey Süße“, sagte eine ihr vertraute Stimme und zwei Arme schlossen sich um ihren Körper.

„Hey...“

Sie schmiegte sich an seinen Körper und sah zu dem Himmels-körper hinauf, der mit seinem Licht die dunkle Nacht erhellte. Vincent küsste ihr Haar, lehnte seinen Kopf an ihren und genoss den Moment allein mit seiner Freundin.
 

„Was willst du von meiner Schwester?“

„Amalia?“

„Ja, Amalia. Was willst du von ihr?“

„Ich bin mit ihr zusammen“, antwortete Vincent wahrheitsge-mäß.

„Lüg doch nicht!“

„Es ist die Wahrheit. Amalia und ich sind seit drei Monaten ein Paar.“

„Lass die Finger von ihr!“

„Du spinnst doch!“

„Lass die Finger von ihr und verschwinde sofort! Ich will dich hier heute Abend nicht mehr sehen!“, erwiderte Alexander und deutete auf den Ausgang.

Vincent sah ihn böse an, doch um ihn nicht noch weiter aufzure-gen und aus Respekt vor der Veranstaltung verließ er den Saal. Rene, der in der Nähe des Ausgangs stand, folgte ihm.

„Was ist denn los?“

„Reinbacher hat mich rausgeworfen.“

„Warum?“

„Er will, dass ich mich von Lia fernhalte.“

„Ist er an ihr interessiert?“

„Er ist ihr Bruder.“
 

„Wo bist du denn?“

Amalia hatte bei Vincent angerufen, nachdem sie den ganzen Saal nach ihm abgesucht hatte. Er hätte ihr doch bescheid ge-sagt, wenn er gegangen wäre?

„Rene und ich sind schon los.“

„Aber warum?“

„Dein Bruder hat mich rausgeworfen. … Wusste er denn immer noch nicht, dass wir zusammen sind?“

„Nein. Ich konnte es ihm nicht erzählen.“

„Er will, dass wir uns nicht wiedersehen.“

„Was? … Aber genau deshalb habe ich es ihm nicht erzählt. Es tut mir leid.“

„Lass uns morgen darüber reden.“

„Okay.“

Vincent hatte aufgelegt.

„Verdammt…“, dachte sie und stopfte das Handy wütend in ihre Tasche. Was hat sich Alexander nur dabei gedacht? Mit schnel-len Schritten durchschritt sie den Saal in Richtung Garderobe. Sie holte ihren Mantel ab und lief dann Richtung Ausgang.

„Mali!“

Sie lief ohne zu reagieren weiter, auch wenn sie Alexander ge-hört hatte.

„Mali, warte!“

Sie reagierte immer noch nicht auf das Rufen. Als Alexander sie eingeholt hatte, hielt er sie an der Schulter fest.

„Was soll das? Du hast mein Rufen doch gehört.“

Sie blickte ihn finster an.

„Was mischst du dich in mein Leben ein?“

„Was?“

„Ich kann ja wohl zusammen sein, mit wem ich will!“, erwiderte sie und lief weiter.

„Fischer ist nicht gut für dich.“

„Das muss ich doch wohl selbst entscheiden!“

„Mali, bitte lass uns darüber reden“, sagte Alexander.

„Warum sollte ich jetzt mit dir reden? Du hast ja auch nicht mit Vincent geredet, sondern ihn einfach rausgeworfen.“

„Es tut mir leid. Ich habe überreagiert.“ Amalia blieb stehen, sah ihren Bruder jedoch nicht an. „Warum bist du mit ihm zusam-men?“

„Weil ich ihn liebe.“

„Ach Mali… Warum denn ausgerechnet einen Saxonen?“

„Das ist doch vollkommen egal. Es geht um den Menschen! … Du verstehst es einfach nicht.“

Sie sah ihren Bruder an und schüttelte verständnislos den Kopf, dann kehrte sie ihm den Rücken zu und lief weiter. Alexander ging zurück in den Ballsaal und ärgerte sich, über sich selbst, über Amalias Reaktion und vor allem über Vincent.

Die Liste

Am Sonntagmorgen sollte die Totenehrung stattfinden. Im Kneipsaal wurde zunächst gefrühstückt und um zehn Uhr gingen die aktiven Corpsbrüder und die Alten Herren in den Garten, um den toten Corpsbrüdern am Gedenkstein die Ehre zu erweisen. Danach fand man sich erneut im Haus zusammen, um sich nach einem Glas Sekt langsam zu verabschieden.

„Wo ist denn Mali? Ich dachte, sie kommt heute auch zum Früh-stück“, wollte Bastian wissen.

„Keine Ahnung. Vielleicht wollte sie ausschlafen“, antwortete Ale-xander, wusste aber ganz genau, dass sie wegen ihm nicht gekommen war.

Gegen 14 Uhr waren die letzten Gäste gegangen und die Hausbewoh-ner ließen alles stehen und liegen und gingen erst einmal schlafen. Es war eine kurze Nacht gewesen.

Erst am Abend begann sich auf dem Haus wieder etwas zu regen. Alexander hatte sich zwar hingelegt, schlief aber nur kurz. Ihm mach-te der Streit mit Amalia zu schaffen. Wie hatte sie Fischer kennen gelernt? Und wie konnte sie ihn lieben? Sollte er weiterhin versuchen, sie vor ihm zu beschützen oder doch lieber die Finger davon lassen? Nein, er würde seine Schwester nicht einem Saxonen überlassen.

Er hatte sich eine Pizza in den Ofen geschoben und den Geschirrspü-ler ausgeräumt. Für das benutzte Geschirr, das noch in der Küche und im Kneipsaal stand, brauchten sie vermutlich noch drei Waschgänge. Er räumte die Teller auf einen Stapel zusammen, nachdem Eierscha-len und Krümel im Mülleimer gelandet waren, stellte die Tassen inei-nander und das Besteck landete in einer Schale.

„Du hast ja schon fast Ordnung gemacht“, Andre war noch schlaf-trunken in die Küche getreten.

„Wenn du mir hilfst, die Stühle in den Keller zu schaffen, bekommst du was von meiner Pizza ab.“

„Na dann.“

Mit wenigen Handgriffen sah das Haus langsam wieder
 

***
 

„Was war das gestern für ein Müll von deinem Bruder?“

„Was hat er denn zu dir gesagt?“

Amalia hatte sich mit Vincent im Eiscafé am Flussufer getroffen. Es war gut besucht von Einheimischen und Touristen, die den sonnigen Tag bei einem leckeren Eis mit guter Aussicht genossen.

„Er wollte wissen, was ich von dir will und konnte dann nicht glau-ben, dass wir zusammen sind. Und dann meinte er, dass ich die Fin-ger von dir lassen soll. Als nächstes hat er mich von der Feier verab-schiedet, er möchte mich an diesem Abend nicht mehr sehen.“

„Alex kann ein Arsch sein. Das tut mir leid, dass der Abend so für Rene und dich ende musste. Das hätte nicht sein müssen, wenn ich nicht so feige gewesen wäre und es ihm früher erzählt hätte.“

„Und warum hast du es nicht getan?“, hakte Vincent nach.

„Weil ich genau wusste, dass er so reagieren würde, wie er jetzt rea-giert hat. Ich wusste, dass ihm die Corpsehre wichtiger sein wird, als meine Gefühle für dich. Wärst du nicht bei den Saxonen, dann hätten wir kein Problem. Aber weil euer Corps sich bei den Montanen dane-ben benommen hat, kann er entsprechend auch dich nicht leiden. Oder hast du persönlich auch zu seiner Meinung beigetragen?“

„Nicht, dass ich wüsste. Ich war halt an den Abenden mit dabei.“

„Ich habe Angst, dass das Ganze ausartet. Dass Alex bei seinen Leu-ten weiter Stimmung gegen euch macht und ihr euch am Ende gar nicht mehr vertragen werdet.“

„Ich hoffe auch, dass er zur Vernunft kommt und einsieht, dass es um dich geht und nicht um ihn oder das Corps.“

„Wie ist Rene drauf? Also, nimmt er den Rauswurf übel?“, wollte Amalia wissen.

„Ich denke es eigentlich nicht. Wir haben aber auch noch nicht weiter darüber gesprochen. Er wollte nur wissen, warum Alex uns hat gehen lassen.“

„Wie konnte es nur soweit kommen? Ich fühle mich so schlecht mit der Situation, weil ich das Gefühl habe, ich bin schuld an allem.“ Amalia schüttelte den Kopf und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen, ihre Stimme klang dabei weinerlich.

„Lia, du kannst nichts dafür. Wirklich nicht, hörst du?“, sagte Vin-cent eindringlich, zog ihre Hände sanft beiseite und nahm ihren Kopf in seine Hände, sodass sie ihn ansehen musste. „Du bist nicht daran schuld!“

Mit tränennassem Blick sah sie ihn an und flüsterte: „Verstanden.“

Sie bestellten sich jeweils einen Eisbecher und versuchten, den gestri-gen Abend, zumindest sein Ende, aus ihren Köpfen zu verbannen, um die gemeinsame Zeit genießen zu können.
 

***
 

„Mein Bruder ist so ein Idiot“, fing Amalia in der kurzen Trinkpause des Aerobic-Kurses an.

„Was hat er angestellt?“, fragte Julia nach und nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche.

„Er hat am Wochenende mitbekommen, dass ich mit Vincent zu-sammen bin und hat es mir quasi verboten.“

„Wir sind doch nicht mehr im 18. Jahrhundert!“

„Du sagst es. Deshalb ist er ja ein Idiot.“

„Und warum will er nicht, dass du mit Vincent zusammen bist?“, hakte Julia nach.

„Du weißt ja, dass beide - Vince und Alex – in einem Corps aktiv sind.“ Julia nickte zur Bestätigung. „Es sind zwei verschiedene Corps und aus Gründen, die nur Männer verstehen, sind sie sich nicht ganz grün.“

„Und was machst du jetzt?“

„Ich habe Alex meine Meinung gesagt und ignoriere ihn erst einmal.“

„Wenn er seinen Fehler einsieht, wird er sich schon wieder melden“, meinte Julia und stellte die Flasche ab. Im nächsten Moment setzte die Aerobic-Musik wieder ein und die Mädels begaben sich zurück in ihren Platz für das Training.
 

***
 

Doch weder Julia noch Vincent hatten recht mit ihrer Einschätzung, Alexander meldete sich nicht bei seiner Schwester. Und hier zeigte sich ihre Verwandtschaft – auch Amalia blieb stur und meldete sich nicht bei ihm. Sie hatte bereits den zweiten Kinoabend verpasst, als Bastian bei ihr anrief.

„Mali, du kommst gar nicht mehr zu uns. Wir vermissen dich.“

Bastians Stimme zu hören freute sie, er war ein guter Freund gewor-den in den letzten zwei Jahren.

„Ihr vermisst doch bloß das Essen, das ich für euch koche“, erwiderte Amalia, woraufhin beide lachen mussten.

„Nee, jetzt mal ehrlich. Warum kommst du nicht mehr?“

„Ich habe zu viel zu tun…“

„Mali, ich kenne deinen Stundenplan, du hast ihn mir selber gegeben und du hast nicht zu viel zu tun.“

Sie seufzte.

„Ich habe mich mit Alex gestritten.“

„Wegen Fischer?“

„Ja, wegen Vincent.“

„Willst du darüber reden? Bei einem Cocktail heute Abend?“

Amalia zögerte kurz, doch dann sagte sie zu. Vielleicht konnte Basti-an ihren Bruder davon überzeugen, dass sie ihr eigenes Leben hatte.

„Treffen wir uns um halb neun im Shakers.“

„Okay.“
 

„Schön, dass wir uns sehen. Du hast mir wirklich gefehlt“, begrüßte Bastian Amalia und umarmte sie.

„Mir hat das Quatschen mit dir auch gefehlt.“

Sie suchten sich einen freien Tisch, was zu dieser Uhrzeit schon lang-sam schwierig wurde, fanden jedoch noch einen im hinteren Teil der Bar.

„Fischer“, Bastian sah ihren Blick und korrigierte sich. „Vincent ist also dein geheimnisvoller Verehrer von der CampusParty?“

„Ja, ist er. Und bevor du jetzt etwas sagst - wir sind seit drei Monaten ein Paar und ich bin glücklich mit ihm.“

Bastian hob verteidigend die Hände.

„Ich wollte doch gar nichts sagen. Ich bin nur neugierig. Warum hast du mir nichts erzählt?“

„Ich weiß auch nicht. Es ist halt irgendwie so, dass ihr das Corps doch nicht ausblenden könnt. Es ist ein Teil eures Lebens und Vince ist eben im falschen“, sie setzte das Wort mit Zeige- und Mittelfingern in Anführungszeichen, „Corps. Ich dachte, du… ihr werdet es nicht gut heißen und mir ausreden. Und bei Alex hatte ich recht damit.“

„Er hat mir nicht viel erzählt. Er meinte nur, dass er zum Stifi erfah-ren hat, dass du mit Vincent zusammen bist und er ihn deshalb raus-geworfen hat.“

„Ja, ist halt blöd gelaufen. Ich hätte es Alex schon vorab erzählen müssen. Aber dass er sich gleich aufführt wie ein Despot, damit habe ich nicht gerechnet. Er will mir verbieten, dass ich Vince sehe. Da kann er doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich mich bei ihm melde, oder?“

Bastian sah sie mit einem zerknirschten Blick an. „Da hast du wohl recht. So hat er mir das natürlich nicht erzählt. Ach man, alles nicht so einfach mit euch. Konntest du dir nicht einen anderen Freund suchen?“

„Fang du jetzt nicht auch noch so an!“, Amalia verpasste ihm mit der Faust einen Schlag an die Schulter.

„Schon gut, schon gut. War doch nicht ernst gemeint.“

„Ich weiß einfach nicht, wie ich das Problem lösen soll. Ich liebe Vince, aber ich liebe auch meinen Bruder und ich finde es doof, dass wir uns nicht mehr sehen, aber wenn er meiner Beziehung so feindse-lig gegenübersteht, dann brauche ich auch nicht zu euch zu kom-men.“

„Ich werde nochmal mit ihm reden. Vielleicht solltet ihr euch einfach außerhalb des Hauses auf einen Kaffee oder so treffen und du erzählst Alex das so, wie du es mir erzählt hast.“

„Das wäre echt lieb von dir.“

„Kein Ding.“ Bastian winkte ab. „So, und jetzt berichte mal, was in letzter Zeit so bei dir los war.“

Die beiden quatschten noch gute zwei Stunden miteinander, kamen von einem Thema zum nächsten und hatten die Zeit völlig aus den Augen verloren.

„Langsam wird es Zeit, dass wir nach Hause kommen“, meinte Basti-an nach einem Blick auf die Uhr.

„Ach ja, du musst ja morgen zeitig raus. Es tut mir leid, dass es jetzt doch so ein langer Abend wurde.“

„Das ist überhaupt nicht schlimm. Ich wollte mich ja mit dir treffen.“

Sie bezahlten ihre Drinks und verließen dann das Lokal in Richtung Straßenbahnhaltestelle.

„Hey Lia!“

Amalia drehte sich herum und sah zwei Corpsbrüder von Vincent vor sich stehen.

„Rene, Pedro, hallo!“, sagte sie überrascht, Bastian nickte ihnen nur zu.

„Warum bist du mit einem Montanen unterwegs?“, wollte Rene wis-sen und sah Bastian mit einem abwertenden Blick an.

„Bastian ist ein Freund“, antwortete Amalia. „Wir waren Cocktails trinken.“

„Er ist Montane und alle Montanen sind scheiße.“

„Entschuldigt bitte, ich steh direkt neben euch und ihr beleidigt mich?“, fragte Bastian.

„Du fühlst dich angegriffen? Ganz schön dünnhäutig, der Junge“, meinte Pedro.

„Sagen die, die austeilen müssen, um sich gut zu fühlen.“

„Männer, es reicht! Ihr seid hier privat unterwegs – könnt ihr euch nicht einfach ignorieren und die Corpsangelegenheiten Corpsangele-genheiten sein lassen?“ Amalia klang wütend. Es reichte ihr, dass sich ihre Freunde gegenseitig beleidigten und schlecht machen, nur weil sich irgendwann mal irgendjemand auf einer Kneipe danebenbenom-men hatte.

„Sorry, Lia. Hab einen schönen Abend“, erwiderte Rene etwas klein-laut, funkelte Bastian aber noch einmal böse an, bevor Pedro und er weiterliefen.
 

***
 

„Was ist denn los? Du bist heute so still“, fragte Amalia und strich mit der Hand durch Vincents Haar.

„Es ist nichts.“

„Ach komm, wenn du sagst, dass nichts ist, dann ist auf alle Fälle etwas. Erzählst du es mir?“

Sie sah ihn mit ihren großen Augen an.

„Die Montanen haben uns eine Liste geschickt, mit fünf Paukanten drauf.“

„Habt ihr sie schon wieder irgendwie beleidigt? Oder warum?“

„Wegen dir.“

„Was? Wegen mir? Wie soll ich das denn verstehen?“, fragte Amalia verständnislos.

„Wir haben deine Ehre beschmutzt… und Rene und Pedro haben einen von ihnen persönlich beleidigt.“

„Das kann doch nicht Alex‘ Ernst sein!“

„Wie du siehst“, meinte Vincent trocken.

„Und Bastian wollte eigentlich mit ihm reden, jetzt liefert er einen Grund für die Liste. Das werdet ihr doch nicht annehmen?“

„Wenn wir es nicht machen, machen wir uns zum Gespött.“

„Vince…“

„Wir müssen.“

„Ich werde mit Alex reden, er soll die Liste zurückziehen“, sagte sie bestimmt.
 

Gleich am nächsten Tag machte Amalia sich von der Uni aus auf den Weg zu ihrem Bruder. Es waren schon drei Wochen vergangen seit sie das letzte Mal diesen Weg entlang gelaufen war. Lange drückte sie auf den Klingelknopf und die Tür wurde auch wenige Sekunden spä-ter aufgerissen.

„Mali!“

„Wo ist Alex?“, fragte sie.

Ihre Stimme klang sehr wütend, weshalb Andre gar nicht weiter auf eine Begrüßung hoffte.

„In seinem Zimmer, glaube ich.“

Sie lief an ihm vorbei, die Treppe hinauf. Ohne zu klopfen, riss sie die Zimmertür ihres Bruders auf.

„Was? … Mali, was machst du denn hier?“

„Hast du sie noch alle? Denkst du manchmal auch nach?“

„Ganz ruhig. Worum geht es überhaupt?“

„Worum es geht?“, ihre Stimme überschlug sich fast. „Wer hat denn die Liste veranlasst?“

„Darum geht es also…“

„Ja, darum geht es. Wie kommst du auf eine so bescheuerte Idee?“

„Ich fand es angebracht und die anderen auch, sonst würden sich nicht noch vier andere rausstellen“, meinte Alexander.

„Ich will, dass du die Liste zurückziehst.“

„Das kannst du vergessen.“

„Alex!“

„Nein.“

„Meinst du, dass ich mit Vincent Schluss machen werde, wenn ihr das Ganze gewinnen solltet?“

„Gewinner ist sowieso keiner.“

„Jetzt komm mir doch nicht mit Wortklaubereien“, erwiderte Amalia. „Du verstehst einfach nicht, dass es mir um die Person geht und nicht die Angehörigkeit zu einer Verbindung. Wärst du glücklich, wenn er nicht in einem Corps wäre?“

„Vermutlich…“, gab Alexander zu.

„Du bist ein Vollidiot. … Bitte nimm die Liste zurück.“

„Wenn wir sie jetzt zurückziehen, stehen wir als Feiglinge da.“

„Und wenn sie nicht annehmen, werden sie verspottet. Ihr und eure verdammte Ehre! … Tu es doch bitte für mich.“

„Ich kann nicht.“

Ohne ein weiteres Wort verließ Amalia das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.

„Mali, du hier? Was für eine Überraschung!“ Bastian kam ihr im Flur entgegen.

„Lass mich bloß in Ruhe!“

„Was habe ich dir denn getan?“, fragte er verwundert.

„Dein Name steht auf der Liste, die du mit verursacht hast. … Wenn ihr das durchzieht, werde ich das Haus nie wieder betreten.“

„Mali…“ Doch sie war schon aus dem Haus.
 

Den Abend verbrachte Amalia bei Vincent. Sie haben zunächst mit den anderen zusammen Abendbrot gegessen und waren jetzt in Vincents Zimmer. Im Fernsehen lief eine Krimiserie.

„Vincent, bitte nehmt die Liste nicht an. Das ist doch totaler Irrsinn“, sagte Amalia in einer Werbepause.

Das Thema ging ihr einfach nicht aus dem Kopf.

„Lia, es geht nicht. Wenn es nur um mich ginge, würde ich es sofort absagen, aber da es eine PP ist, betrifft es das ganze Corps. Wir müs-sen es durchziehen“, meinte Vincent.

Sie atmete tief ein und wieder aus.

„Gut, dann werde ich mit den anderen reden.“

„Das wird nichts bringen. Wir haben auf dem letzten CC beschlossen, dass wir annehmen. Es gab keine Gegenstimmen. … Lia, es geht hier um dich. Wir mögen dich alle, ich liebe dich und wir wollen es uns nicht gefallen lassen, dass sie dich für sich beanspruchen.“

„Ihr wusstet schon länger davon und du hast mir nichts gesagt?“

„Ja.“

„Darf ich nicht selbst entscheiden? Bin ich kein eigenständiges We-sen? Kann ich nur euch oder ihnen gehören, aber nicht mir selbst?“

„Doch.“

Sie richtete sich auf und griff nach ihrem Rucksack.

„Wo willst du hin?“

„Ich halte es für besser, wenn ich zuhause schlafe. … Wenn ihr das durchzieht, dann werde ich das Haus nie wieder betreten. “

„Lia, bitte.“

„Gute Nacht.“

Sie verließ das Zimmer, doch Vincent folgte ihr nicht. Es hatte ja doch keinen Sinn.
 


 

Anmerkung: PP ist eine Abkürzung für Pro-Partia-Suite (lat. pro partia = für das Vater-land) und steht für mehrere, aufeinander folgende Mensuren zu verschärf-ten Bedingungen zwischen Mitgliedern zweier Studentenverbindungen. Die Bezeichnung stammt aus dem 18. Jahrhundert, als es nur Landmann-schaften gab und noch keine Corps. Wurde eine Landsmannschaft belei-digt, so wurde auch ihr Land beleidigt, woraufhin die Mensur folgte. Die Corps übernahmen das Prinzip und sahen als „Patria“ ihren eigenen Bund.

Parallelen

„Du glaubst nicht, wie bescheuert Männer sein können“, fing Amalia das Gespräch mit Julia an. Diese grinste bereits, denn Amalias Män-nergeschichten aus den Corpshäusern amüsierten sie jedes Mal aufs Neue.

„Was haben sie nun schon wieder angestellt?“

„Die Montanen haben den Saxonen eine Liste geschickt, weil sie meine Ehre verteidigen wollen.“

„Was bedeutet das – eine Liste?“

„Es ist quasi eine Herausforderung – es stehen etliche Corpsbrüder auf dieser Liste, die fechten wollen gegen die Saxonen. Nimmt man diese Herausforderung nicht an, gilt man als feige. Vincents Corps hat das also nicht auf sich sitzen lassen und angenommen. Wenn man es zusammenfasst, duellieren die sich um mich. Argh!“

„Eigentlich ist es ja niedlich. Ich meine, sie mögen dich alle“, erwi-derte Julia.

„Wenn ich nicht so wütend wäre, könnte ich mich vielleicht auch etwas darüber freuen. Ich habe mit meinem Bruder gesprochen und auch mit Vince – keine Seite will sich die Blöße geben.“

„Oh man, wie bist du nur da reingeraten?“

„Wenn ich das nur wüsste…“

Die Musik setzte ein und damit begaben sich die beiden Frauen auf ihre Plätze, um dem Aerobic-Kurs zu beginnen.
 

***
 

„Bastian, können wir mal reden?“, Alexander steckte seinen Kopf durch den Türspalt zu Bastians Zimmer.

„Ja, klar. Komm rein.“

Alexander betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich, während Bastian einen Stuhl für seinen Corpsbruder an seinen Schreibtisch zog.

„Ich weiß nicht, ob wir richtig gehandelt haben in der Sache mit den Saxonen. Mali war heute verdammt wütend.“

„Oh ja, sie kam mir im Flur entgegen. Wie eine Furie. So habe ich sie noch nie erlebt“, bestätigte Bastian. „Und sie meinte, sie kommt nicht mehr her, wenn wir die PP durchziehen.“

„Ach scheiße. Ich habe es voll versaut. Aber als du mir erzählt hast, dass die beiden Typen dich einfach so beleidigt haben, wollte ich nicht mehr stillhalten, sondern endlich handeln. Weil mich das mit Fischer auch so ankotzt“, meinte Alexander.

„Aber magst du Fischer an sich nicht oder magst du sein Corps nicht? Mali hat diese Frage neulich aufgeworfen.“

„Tja, wenn ich das wüsste. Vielleicht beides ein bisschen. Aber ande-rerseits kenne ich ihn auch nicht wirklich. Ich bin die Sache wohl völlig falsch angegangen.“

„Mach dir keine Vorwürfe. Fehler passieren jedem mal“, versuchte Bastian ihn aufzubauen.

„Und wie können wir meinen, … unseren Fehler korrigieren? Ich suche schon die letzten Stunden nach einer Lösung, die uns alle Ge-sicht wahrend aus der Sache herausbringt, aber mir fällt nichts ein.“

„Hmm… ich werde auch darüber nachdenken.“

„Danke“, sagte Alexander und seufzte.
 

***
 

Die nächsten Tage vergingen und alle stürzten sich auf die Aufgaben, die für die Universität anstanden. Vincent erledigte seine Mathema-tikaufgaben gewissenhafter als sonst und fertigte Lernkarten für die Wirtschaftsvorlesung an. Alexander schrieb an seiner Hausarbeit und begann ebenso für die Klausuren zu lernen, die bald beginnen wür-den. Und auch Amalia versuchte sich mit Lernen abzulenken, doch eines der letzten Praktika stand noch an, das sie gemeinsam mit Julia vorbereiten wollte. Die beiden Frauen saßen bei Julia in der Wohnung, jeder vor seinem Teil der Vorüberlegung.

„Mali, was ist los mit dir? Du bist gar nicht bei der Sache.“, wollte Julia wissen, als Amalia die einfachsten Reaktionsgleichungen nicht aufstellen konnte.

„Ich habe seit einer Woche nichts von Vince gehört. Ich fühle mich so… so verloren. Keine Ahnung.“

Amalia war den Tränen nahe, als sie Julia ihr Herz ausschüttete, wo-raufhin ihre Freundin sie erst einmal in den Arm nahm und zur Be-ruhigung streichelte.

„Das wird schon wieder. Denkst du nicht?“

„Ich weiß es nicht. Ich habe zwar gesagt, dass ich das Corpshaus nicht mehr betrete, wenn sie die Sache mit der Liste durchziehen, aber das sollte doch nicht das Ende unserer Beziehung sein.“

„Hast du ihm denn geschrieben?“

„Nein“, antwortete Amalia und schnaubte sich aus.

„Warum nicht?“

„Erst dachte ich, Funkstille wäre in Ordnung. Vince würde sich schon melden, wenn er mit seinen Corpsbrüdern gesprochen hat. Und jetzt ist es irgendwie komisch. Ich habe Angst mich zu melden, weil ich Angst vor der Antwort habe. Ich will nicht, dass Schluss zwischen uns ist.“

„Ach Mali, es ist bestimmt nicht Schluss zwischen euch. Ihr seid nur irgendwie in die Mühlen geraten zwischen dem Konflikt der beiden Verbindungen.“

„Ich weiß nicht, was ich machen soll“, sagte sie und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Das kann ich dir leider auch nicht sagen, aber ich denke, dass Kom-munikation der beste Weg ist.“

„Ach, das ist doch alles Mist…“

„Kopf hoch! Das wird schon wieder!“ Julia lächelte ihre Freundin zuversichtlich an. „Und jetzt lenken wir dich ab mit der Vorbereitung des wunderbaren Praktikumsversuchs!“

Der Sarkasmus in Julias Stimme beim Thema Praktikum brachte Amalia schon wieder zum Schmunzeln. „Na dann. Sagen wir diesem Problem erst einmal den Kampf an.“
 

***
 

„Hey Alex, kommst du mit in die Stadt? Wir wollen durch die Bars und Clubs ziehen“, fragte Andre.

„Eigentlich habe ich keine Lust“, erwiderte Alexander. Er fühlte sich immer noch schlecht wegen der Situation mit seiner Schwester und hatte kein Verlangen nach Party.

„Na los, dann kommst du auf andere Gedanken. Bastian und Jan sind auch dabei.“

„Hmm, na gut. Mit Band oder ohne?“

„Wir dachten, mit.“

„Okay. Ich gehe mich schnell umziehen.“

„Alles klar. In einer Viertelstunde ist Abmarsch“, sagte Andre noch, während Alexander bereits das Wohnzimmer verließ.
 

Wie angekündigt ging es fünfzehn Minuten später los Richtung Bus-haltestelle. Die vier jungen Männer trugen dunkle Jeans und Hemden, über der Brust verlief das Band in Corpsfarben.

„Wo geht es zuerst hin?“

„Wie wäre es mit dem Shakers? Ein, zwei Cocktails bevor es zu die-sem neuen Club geht?“, schlug Jan vor.

„Klingt gut.“ Alle nickten zustimmend, als der Bus an die Haltestelle fuhr.

„Habt ihr in den Semesterferien schon was vor?“, wollte Andre von seinen Freunden wissen.

„Lass uns doch erstmal die Klausurphase hinter uns bringen.“

„Oh man, darauf habe ich absolut keine Lust. Das Haus wird wieder im Chaos versinken, weil keiner die Zeit hat, aufzuräumen.“

„Aber irgendwie ist es ja auch schon Tradition, dass wir alle zusam-men im Kneipsaal an der langen Tafel sitzen und über unseren Skrip-ten hocken.“

„Dieses Semester müssen wir darauf achten, besser zu lüften. Das war so stickig, wenn man neu in den Raum kam, um nicht zu sagen, es stank.“

Der Bus brachte sie schnell in die Innenstadt und damit zur ge-wünschten Bar. Als sie an einem Tisch Platz genommen und die Be-stellung aufgegeben hatten, kam Bastian zurück auf Andres Frage aus dem Bus.

„Sag mal, Andre, warum hast du vorhin nach den Semesterferien gefragt?“

„Naja, ich habe überlegt, ob wir nicht eine Tour zu den DFB-Pokal-Spielen machen könnten. Im August startet die erste Runde und wir könnten eine Art Rundfahrt zu den diversen Spielen machen. Viel-leicht irgendwo bei den Freundschaftscorps übernachten und am nächsten Tag zum nächsten Stadion fahren.“

„Das ist ja eine coole Idee“, meinte Jan.

„Danke“, erwiderte Andre und deutete eine Verbeugung an.

„Weißt du denn, welche Partien anstehen?“

„Ich habe sie mir schon angesehen, aber nicht gemerkt. Doch dieses Problem lässt sich ja schnell lösen“, meinte Andre und zog sein Smartphone aus der Hosentasche.

Schnell waren die Spiele der ersten Runde mit Terminen und Uhrzei-ten gefunden. Die vier Köpfen beugten sich über den kleinen Bild-schirm und versuchten einen Blick darauf zu werfen.

„Naja, das würde doch hier passen. Am 14. August spielt nachmittags erst der FC Chemnitz gegen St. Pauli und am Abend können wir Erz-gebirge Aue gegen Gladbach schauen, das ist ja nur ein Katzen-sprung“, sagte Bastian, der mit Andre den besten Blick auf die Spiele hatte.

„Am Tag davor könnte man mit Jahn Regensburg gegen Bielefeld starten. Dann geht es nach Sachsen und von dort aus am dritten Tag nach Berlin zu Berlin Ankaraspor gegen Mainz.“

„Sind bis jetzt ja noch nicht so die großen Namen unter den Clubs“, sagte Jan und nahm einen Schluck von seinem Drink.

„Das könnte dann am vierten Spieltag kommen – Bayern gegen TSV Germania Windeck.“

„Ja, das klingt doch nach einem Plan. Ab wann gibt es die Karten?“, wollte Alexander wissen.

„Einen Moment“, meinte Andre und durchsuchte die Internetseite nach dem Termin. „Ah hier, in drei Wochen.“

„Alles klar. Dann versuchen wir mal Tickets zu bekommen.“

Sie stießen auf ihren Plan an und machten sich kurze Zeit später auf den Weg zu einem Club, der erst vor drei Monaten eröffnet worden war. Er war in dieser Zeit bestens besucht worden und hatte sich ei-nen guten Ruf unter den Studenten erarbeitet. Die Security am Ein-gang sah die Gruppe in Couleurs [Anmerkung: In Couleurs unterwegs sein bedeutet, dass man das Farbenband in der Öf-fentlichkeit über der Brust trägt. Bei Veranstaltungen auf dem Corpshaus ist das Tragen selbstverständlich.] zwar etwas misstrauisch an, ließ sie aber ohne ein Wort passieren.

Nachdem sich die Vier mit einem Bier versorgt hatten, standen sie zunächst an einem Stehtisch am Rand der Tanzfläche und betrachte-ten das Clubgeschehen. Die Tanzfläche war gut besucht, ebenso wie die Bar. Auch die Sitzecken waren bereits belegt mit Partygästen, die sich aufgehübscht hatten und den Abend genossen.

„Die Kleine da drüben schaut so verführerisch zu mir herüber. Ich glaube, ich geh mal zu ihr“, meinte Jan und lief mit seiner Bierflasche in der Hand zu der jungen Frau hinüber.

Bastian, Andre und Alexander sahen ihm hinterher und feixten über ihren Corpsbruder.

„Hoffentlich versaut er es nicht.“

„Die Hoffnung stirbt wohl zuletzt. Bis jetzt hat er doch alles in den Sand gefahren“, erwiderte Bastian.

„Sei doch nicht so pessimistisch und drücke ihm die Daumen.“

„Dann drücke ich ihm halt die Daumen.“

Im Laufe der Zeit löste sich die Gruppe auf. Andre war zum Rauchen nach draußen gegangen und wollte auf dem Rückweg Nachschub an der vollen Bar holen, während Bastian eine Kommilitonin getroffen hatte, die mit ihm die Tanzfläche gestürmt hatte.

Alexander nahm den letzten Schluck aus seinem Bier, als er ange-sprochen wurde.

„Was ist das für eine Schärpe, die du trägst?“

Der junge Mann tippte auf das Band auf Alexanders Brust, er hatte dem Alkohol bereits gut zugesprochen. Hinter ihm standen scheinbar seine Freunde.

„Das ist ein Band. Es trägt die Farben des Corps, in dem ich aktiv bin.“

„Was ist ein Corps?“

„Eine Studentenverbindung.“

„Was? Du bist in einer Studentenverbindung? Verpiss dich, du rechte Sau!“, pöbelte einer der hinteren Männer Alexander an.

„Hau ab und lass dich hier nicht mehr sehen!“, schloss sich ein zwei-ter an.

„Entschuldigt bitte, aber ich glaube, ihr versteht etwas falsch. Ich bin kein Burschenschafter, sondern ein Corpsstudent. Ich habe mit einer rechten Gesinnung nichts zu tun“, erwiderte Alexander.

„Du kannst uns ja viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Mach, dass du hier wegkommst.“

„Ich glaube nicht, dass ihr mir etwas zu sagen habt. Wenn ich hier meine Zeit verbringen möchte, dann werde ich mich davon nicht abhalten lassen.“

Alexander blieb selbstbewusst, doch ganz wohl fühlte er sich in dieser Situation nicht. Fünf junge Männer standen ihm gegenüber und sa-hen ihn nun hasserfüllt an. Seine Corpsbrüder waren weit und breit nicht zu sehen, auf Unterstützung konnte er nicht zählen.

„Große Klappe hat der also auch noch.“

„Wir wollen dich hier nicht mehr sehen!“

Als Alexander immer noch keine Anstalten machte zu gehen, stieß einer der Männer mit beiden Händen grob gegen seine Brust. Alexan-der kam ins Straucheln, weil er damit nicht gerechnet hatte, stürzte jedoch nicht.

„Spinnst du?!“

Ein weiterer Stoß, dieses Mal gegen den Rücken, folgte, wodurch Alexander gegen einen der fünf fiel. Der stieß ihn gleich wieder von sich. Es kam zu einem Gerangel, bei dem Alexander viele Stöße und Boxhiebe in die Magengegend einstecken musste. Er versuchte aus dem Kreis herauszukommen und dabei keine Gewalt anzuwenden, es war jedoch nicht möglich. Sie hatten ihn eingekesselt und ließen nicht mehr von ihm ab. Der Alkohol, den die Männer bereits konsu-miert hatten, ließ sie übermütig werden.

„Ich habe euch nichts getan! Lasst mich gefälligst in Ruhe!“

Doch seine Worte wurden ignoriert. Und als er den ersten Schlag im Gesicht spürte, schlug er zurück. Dies stachelte die Gruppe nur noch mehr an. Alexander versuchte sich zu wehren und gleichzeitig, den Schlägen auszuweichen, was ihm nicht besonders gut gelang.

„Fünf gegen einen ist ganz schön feige!“, sagte eine Stimme und einer wurde am Shirt aus der Gruppe herausgezerrt.

„Was willst du denn?“

„Für ein ausgeglicheneres Verhältnis sorgen!“, antwortete Vincent und zog einen weiteren Angreifer von Alexander weg. Mit einem Ellbogencheck hielt er ihn sich weiterhin vom Leib.

Alexander bekam etwas Aufwind und Rücken an Rücken mit Vincent versuchte er, die Männer so gewaltfrei wie möglich von sich fern zu halten. Der ein oder andere Schlag musste von beiden eingesteckt werden, doch dann tauchte die Security auf und trennte die Gruppe von Alexander und Vincent.

„Alles okay bei euch? Sollen wir die Polizei rufen?“, fragte ein Mann des Sicherheitspersonals.

„Lass mal gut sein. Die paar Schläge können wir schon ab“, antworte-te Alexander mit einem Blick auf Vincent, der nur nickte.

„Alles klar.“

Während das Personal die angetrunkene Gruppe nach draußen beglei-tete, liefen die beiden Corpsstudenten schweigend zu einem der ande-ren Ausgänge. Als sie an der frischen Luft standen, nahm Alexander das Gespräch auf.

„Danke, Fischer. Du hättest keine Schläge für mich kassieren müs-sen.“

„Ich weiß. Aber ich konnte dich auch nicht einfach allein lassen. Ich meine, auch wenn wir in unterschiedlichen Corps aktiv sind, sind wir doch irgendwo Corpsbrüder und müssen zusammenhalten.“

„Da hast du wohl recht. Danke!“ Alexander hielt ihm die Hand hin und Vincent griff gern nach ihr. „Du bist doch nicht so verkehrt wie ich dachte. Entschuldige, dass ich dich auf unserem Stifi so blöd angemacht habe.“

„Schon vergessen“, meinte Vincent und winkte ab. „Sag mal, wann hast du Amalia das letzte Mal gesehen?“

„Als sie mich gebeten hat, die Liste zurückzuziehen. Das ist letzte Woche gewesen“, antwortete Alexander.

„Ja, da habe ich sie auch das letzte Mal gesehen. Sie war wütend, weil wir die Liste angenommen haben und hat sich mit mir deswegen ge-stritten. Ich habe mich nicht getraut, mich wieder bei ihr zu melden, weil ich Angst habe, dass sie nicht mehr mit mir zusammen sein will.“ Vincent hatte das Gefühl, ehrlich gegenüber Alexander sein zu können, ohne dass sich dieser über ihn lustig machen würde.

„Okay, das ist blöd gelaufen. Wir haben Mali weh getan. Sie ist un-glücklich, du bist unglücklich und auch ich fühle mich schlecht mit der Situation. Sie will nicht mehr zu uns kommen, wenn wir das durchziehen.“

„Mhm. Das hat sie mir auch gesagt.“

„Dann lassen wir es“, meinte Alexander daraufhin.

„Was meinst du?“

„Wir lassen die PP. Ich war ein Dummkopf, es überhaupt ins Rollen zu bringen. Die ganze letzte Woche zerbreche ich mir bereits den Kopf, wie ich es absagen kann ohne Gesichtsverlust.“

„Aber jetzt ist doch alles schon organisiert. Räumlichkeiten, Paukärzte…“, Vincent wusste nicht so recht, was er von dem Angebot halten sollte.

„Wie viele von euch brauchen denn noch Pflichtpartien?“, fragte Ale-xander daraufhin.

Vincent überlegte kurz und sagte dann: „Drei.“

„Bei uns müssten es auch drei Mann sein. Lass uns einen normalen Mensurtag daraus machen. Dann haben wir die PP nicht durchgezo-gen und Amalia ist glücklich.“

„Bekommst du das auf eurem CC durch?“

„Wenn ich ihnen die Situation erkläre, bestimmt.“ Alexander klang zuversichtlich.

„Und wie bringen wir das Amalia bei?“

Alexanders Blick ging zur Armbanduhr, es war erst kurz vor Mitter-nacht. „Ob sie noch wach ist?“, überlegte er.

„Ich glaube, sie hatte letzte Woche davon gesprochen, dass sie heute diesen Koch- und Filmabend in der WG machen wollen. Sie ist bestimmt noch wach.“
 

Es klingelte Sturm an der Haustür und Amalia und ihre Mitbewohne-rinnen sahen sich an.

„Wer wird das denn um diese Uhrzeit noch sein?“

„Keine Ahnung. Ich geh mal nachsehen. Scheint ja wichtig zu sein“, meinte Amalia und stand auf. Nachdem sie durch den Türspion ihren Bruder gesehen hatte, öffnete sie ruckartig die Tür.

„Alex, was ist denn passiert?“, fragte sie bestürzt. Das Gesicht ihres Bruders sah lädiert aus und war stellenweise geschwollen.

„Mir geht es gut. Keine Sorge.“ Alexander ging einen Schritt nach links und Vincent trat an seine Seite.

„Vince!“ Seine Lippe war aufgeplatzt, das heruntergelaufene Blut war inzwischen angetrocknet. Amalia schlug entsetzt die Hände vor Nase und Mund. „Habt ihr euch etwa gegenseitig verprügelt?“, brachte sie hervor und Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihren Bruder und ihren Freund verletzt zu sehen, war zu viel für sie.

„Lia, wein doch nicht. Uns geht es gut. Es sieht viel schlimmer aus als es ist“, Vincent nahm sie in den Arm und streichelte ihr beruhi-gend über den Rücken.

Über seine Schulter hinweg sah sie Alexander zuversichtlich lächeln. „Vincent hat mir aus einer Schlägerei herausgeholfen“, sagte er. „Ei-ne Gruppe Betrunkener hatte mich in die Mangel genommen und er hat sich an meine Seite gestellt. Wir haben versucht, gewaltfrei zu bleiben, weshalb wir leider den einen oder anderen Schlag kassiert haben, bis uns die Security zu Hilfe kam.“

„In was seid ihr da nur hineingeraten?“

„Wir erzählen dir alles drinnen“, meinte Vincent und löste die Um-armung.

„Okay. Kommt rein.“

Sie betraten die Wohnung und gingen in Amalias Zimmer, während sie selbst aus dem Tiefkühlschrank Kühlpads holte. Alexander musste sein Gesicht unbedingt kühlen, damit die Schwellungen nicht schlimmer wurden.

„Amalia, was ist denn los?“, ihre Mitbewohnerin war aus ihrem Zimmer, in dem sie die DVDs schauten, in die Küche gekommen.

„Vince und Alex sind in eine Schlägerei geraten. Ich weiß auch noch nicht mehr. Schaut ruhig ohne mich weiter.“

„Okay. Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid.“

„Danke“, erwiderte Amalia lächelnd und lief dann zu ihrem Zimmer.

Die beiden Männer sahen schrecklich aus. Die Gesichter waren ver-letzt, die Hemden völlig zerknittert durch das Gerangel und teilweise mit Blut bespritzt. Amalia reichte ihrem Bruder das Kühlpad, das er sich sofort an die Wange hielt.

„Ach Jungs, was ist denn nur passiert?“ Sie setzte sich neben Vincent auf ihr Bett und sah abwechselnd von ihm zu ihrem Bruder, der auf dem Schreibtischstuhl saß.

„Ich war mit den Jungs in Couleurs zur Kneipentour“, begann Ale-xander. „In dem letzten Club waren die anderen nicht mehr bei mir, zur Toilette, draußen rauchen, an der Bar…. ich weiß nicht, wo sie waren. Ich stand da also allein herum und plötzlich quatschen mich diese Typen an. Sie meinten, ich wäre rechts und solle verschwinden. Ich wollte mit ihnen in Ruhe reden, doch sie waren betrunken und ließen nicht mit sich reden, sondern schlugen gleich zu“, Alexander griff an seinen Rumpf und verzog schmerzverzerrt das Gesicht.

„Musst du nicht vielleicht ins Krankenhaus?“

„Ich glaube nicht, dass das nötig ist. Ein paar Tage Ruhe, dann geht das schon wieder.“

Amalia vertraute nicht auf diese Aussage, ließ sich aber nicht weiter anmerken, dass sie sich um Alexander sorgte. „Und was hattest du in diesem Club zu suchen?“, wandte sie sich stattdessen an Vincent.

„Rene hat seine mündliche Prüfung bestanden und uns auf ein Bier eingeladen. Er wollte unbedingt in diesen Club, weil er meint, dort sind die hübschesten Mädchen. Als ich gesehen habe, dass Alex in Bedrängnis geriet, bin ich ihm zur Hilfe geeilt. Naja, eine besonders gute Hilfe war ich natürlich nicht.“

„Es hat gereicht. Danke nochmal.“

„Sagt mal, ihr seid so nett zueinander. Habe ich da was verpasst?“

„Ach ja, weshalb wir eigentlich da sind – wir blasen die PP ab. Es wird ein normaler Mensurtag. Die anderen Corpsbrüder wissen zwar noch nichts davon, aber wir werden es ihnen schon erklären.“

„Ist das euer Ernst?“

„Ja“, antwortete Alexander. „Wir haben nur unsere Interessen im Kopf gehabt und dich damit unglücklich gemacht. Das tut mir leid.“

„Mir tut es auch leid. Du solltest mir wichtiger als das Corps sein und ab jetzt werde ich mich daran halten. Wenn du denn noch mit mir zusammen sein willst“, meinte Vincent etwas zerknirscht.

„Ob ich noch mit dir zusammen sein will? Natürlich! Ich hatte die letzten Tage Angst, dass du mich nicht mehr willst“, gab Amalia zu.

„Ihr seid mir schon ein paar Flitzpiepen“, warf Alexander ein. „Da harrt ihr so lange ohne einander aus und seid in Angst, dass eure Be-ziehung vorbei ist, dabei hättet ihr nur miteinander sprechen müs-sen.“

„Das sagt der Richtige! Du hättest ja auch einfach mit mir sprechen können“, erwiderte Amalia. „Dann wäre das hier alles gar nicht so weit gekommen.“

Die Absurdität der Parallelen musste Vincent plötzlich lachen und die Geschwister stimmten mit ein, auch wenn Alexander schnell wieder aufhörte, weil ihm das Gesicht zu sehr schmerzte.

„Lasst uns einfach neu anfangen und uns versprechen, offen über alles zu sprechen.“

Alexander hielt ihnen seine Faust hin und sie stießen mit ihren Fäus-ten dagegen.

„Einverstanden.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Falls sich jetzt jemand über das bereits etwas ältere Lied von Enrique Iglesias gewundert hat - der Anfang der Geschichte ist schon vor einer ganzen Weile geschrieben worden. ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (24)

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Von:  Atina
2019-11-03T21:06:59+00:00 03.11.2019 22:06
Danke für deinen Kommentar und die konstruktive Kritik.... Über das Fußballgespräch hatten wir ja schon mal gesprochen, vielleicht fällt mir noch etwas anderes ein.

Nachdem ich deinen Kommi gelesen hatte, habe ich heute meine Heimfahrt genutzt und über die Thematik "konkreter Konflikt" nachgedacht. Mir ist etwas eingefallen, was man so grob nehmen könnte, wodurch nicht ganz soooo viele Veränderungen in der kompletten Story nötig wären. Nur das Ende wäre ganz anders, was aber sicher nicht schlimm wäre, weil es mir selbst nicht ganz zusagte. Ich war aber erstmal froh, dass ich eins gefunden hatte. ;)
Ich werde meine Freundin noch einmal zu dem möglichen Konflikt begfragen, vielleicht hat sie noch bessere Erinnerungen an die Zeit im Dunstkreis des Corps als ich. ^^

Alles in allem bin ich auch erstmal froh, dass ich die Geschichte nach extrem langer Zeit "fertig" habe, aber das heißt ja nicht, dass es die endgültige Version sein muss. ;) Danke für deine Hilfe!
Von:  CaveJohnson
2019-11-02T19:23:54+00:00 02.11.2019 20:23
Besser spät als nie, werde ich jetzt mal auch noch etwas zum letzten Kapitel schreiben.

Dieses ganze Fußballgelaber finde ich krass irrelevant, und das nicht nur, weil ich wenig Interesse für Fußball übrig habe. Das wirkt einfach so kurz vorm Ende ein wenig fehl am Platz, aus meiner Sicht.
Der Teil mit den Anfeindungen gepaart mit der Schlägerei fügt sich ziemlich gut ein, gefällt mir recht gut, da es irgendwie auch mal eine andere Seite ist. Habe ich ja auch in vorherigen Kapiteln schon erwähnt.

Die Versöhnung und die ganze Auflösung kann man zwar irgendwie schon so machen, aber ich empfinde das Ganze dann doch als ein wenig sehr simpel.
Gerade jetzt im Rückblick wird dieser komplette Konflikt zwischen den beiden Corps leider nicht wirklich ausgebaut. Da hätte ich halt gerne irgendeinen Grund, vielleicht irgendein bestimmtes Ereignis gehabt.

Trotzdem fand ich die Geschichte im Großen und Ganzen von der Thematik her schon ganz interessant, auch wenn ich mir sicher bin, dass das auch noch mehr hergegeben hätte.

Oh, und ich will auch zum Abschluss noch mal sagen, dass Bastian der interessanteste Charakter bleibt, und selbst wenn es nicht beabsichtigt war, gefällt mir die Ambiguität in der Relation zwischen ihm und Amalia, was ja auch nicht aufgelöst wird.

Schlussendlich ist das Schönste aber auch eigentlich, dass die Geschichte nach solch langer Zeit doch noch fertig geworden ist. ;)

Viele Grüße
CJ
Von:  CaveJohnson
2019-10-11T15:27:50+00:00 11.10.2019 17:27
So, jetzt ist der Konflikt also in vollem Gange.

Ich hätte es ja spannender gefunden, wenn Vincent doch etwas mit der Rivalität der beiden Corps zu tun gehabt hätte, das hätte dem Ganzen aus meiner Sicht mehr Würze gegeben, und einen zusätzlichen Konflikt.

Bei mir entsteht auch irgendwie der Eindruck, dass du da eine leichte Tendenz zu dem Corps von Vincent hineinschreibst. So als wären Alexander und Co. die Hauptaggressoren, was ich allerdings nicht ganz nachvollziehen kann.
Man bekommt halt doch recht wenig Einblick in die Gründe für diese irrationale Rivalität, weshalb mir das dann ein wenig stärker auffällt.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du dieses Kapitel noch einmal mehr hättest redigieren sollen, da waren schon noch einige kleine Fehlerchen drin. ;)

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
11.10.2019 19:58
Ähm ja, vielleicht sollte man das Problem noch weiter erklären, aber andererseits reichte es manchmal schon, wenn sich ein Mitglied des anderen Corps auf deiner Veranstaltung übergeben musste.... Ist alles nicht so einfach zu erklären, so ganz bin ich damals selbst nicht dahintergestiegen.

Oh nein, der Fehlerteufel war da?!? Manchmal übersieht man es einfach... wenn ich heute meine Bachelorarbeit lese, da kommt mir auch das Grauen. ^^
Aber die Korrektur ist in Arbeit. Ein Deutschlehrer sitzt über meinen Texten und verbraucht sicherlich den einen oder anderen Rotstift. ;)
Antwort von:  CaveJohnson
11.10.2019 22:05
Am Besten wäre es, wenn du selber über deinen Texten säßest. ;)
Antwort von:  Atina
12.10.2019 08:27
Die ganze Woche mache ich nichts anderes als an einer Geschichte zu arbeiten.... :(
Antwort von:  CaveJohnson
12.10.2019 16:12
Ich hoffe doch mal, aus deiner eigenen Volition heraus. ;)
Antwort von:  Atina
12.10.2019 17:46
Sitzt du eigentlich zuhause und freust dich über das Bild, dass ich nach dem Kommentar erstmal nachschlagen muss, was die Fremdwörter darin heißen? ^^
Ja, natürlich schreibe ich, weil ich im Flow bin. Jetzt fehlen wieder mal nur ein paar Zwischenszenen....
Antwort von:  CaveJohnson
12.10.2019 19:59
So lernt man doch immerzu etwas Neues. ;P
Von:  CaveJohnson
2019-10-08T17:31:04+00:00 08.10.2019 19:31
Ah, hier kommt es dann ja endlich mal zum erwarteten Konflikt, wurde ja auch mal Zeit.^^

Ich finde es ganz interessant, dass so am Rande das Thema der rechten Gesinnung mancher Verbindungen zur Sprache kommt, auch wenn meines Wissens sowohl Corps als auch Burschenschaften sich mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, rechte Klientel anzuziehen.
Auch klingt es so, als wäre ausnahmslos jede Burschenschaft rechtsextrem, was ich anzweifle, auch wenn sich im Allgemeinen Burschenschaften wohl schon noch ein ganzes Stück mehr im rechten Flügel bewegen. Hach ja, pikantes Thema.^^
Mir gefällt aber die Parallele zum aktuellen Geschehen, da heutzutage ja auch vorschnell Leute diffamatorisch in bestimmte Schubladen gesteckt werden.
Übrigens habe ich nach kurzer Recherche herausgefunden, dass die Farbkombination Schwarz-Weiß-Rot 1866 geschaffen wurde.^^

Verhält sich ansonsten auch ähnlich wie im Kapitel zuvor, die lokale Atmosphäre wird ganz gut herübergebracht, und auch hier kann man sich die Äußerlichkeiten der Charaktere gut vorstellen, gerade Amalia muss wirklich eine sehr attraktive Dame sein. ;)
Leider kann ich nicht das Gleiche über ihre Verhaltensweise sagen, zumindest stellenweise.
Fand ihre Reaktion gegenüber Bastian nämlich nicht wirklich geboten, da sein Verhalten nicht so extrem wirkte. Einem Freund sagen, dass er sich bitte für den Abend fernhalten solle, finde ich eher unverschämt.

Sehr verwirrend finde ich folgendes Segment:

Wenige Minuten später begann die Band wieder zu spielen und das Fest ging weiter. Die Tanzfläche füllte sich langsam wieder und die Gespräche flammten erneut auf. Amalia stand an einem der großen Fenster, sah in die Nacht hinaus.
„Hey Süße“, sagte eine ihr vertraute Stimme und zwei Arme schlossen sich um ihren Körper.„Hey...“
Sie schmiegte sich an seinen Körper und sah zu dem Himmels-körper hinauf, der mit seinem Licht die dunkle Nacht erhellte. Vincent küsste ihr Haar, lehnte seinen Kopf an ihren und genoss den Moment allein mit seiner Freundin.
„Was willst du von meiner Schwester?“
„Amalia?“
„Ja, Amalia. Was willst du von ihr?“
„Ich bin mit ihr zusammen“, antwortete Vincent wahrheitsge-mäß.
„Lüg doch nicht!“
„Es ist die Wahrheit. Amalia und ich sind seit drei Monaten ein Paar.“
„Lass die Finger von ihr!“
„Du spinnst doch!“
„Lass die Finger von ihr und verschwinde sofort! Ich will dich hier heute Abend nicht mehr sehen!“, erwiderte Alexander und deutete auf den Ausgang.
Aus meiner Sicht taucht der Alexander dort ein wenig sehr plötzlich auf, beim ersten Mal lesen, dachte ich fast, dass da etwas fehlt. Kann aber auch sein, dass es nur mir so geht...^^

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
08.10.2019 21:13
Jetzt überprüfst du meine Texte auch noch auf Fakten? Man, was soll ich dazu noch sagen? ^^ Aber ich habe die Jahreszahl ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern von meinem Vorbild-Corps entnommen: Das Corps Teutonia Dresden wurde am 18. November 1859 zunächst als Landsmannschaft in Dresden gegründet. Die Farben von Teutonia Dresden, Schwarz-Rot-Weiß (von unten gelesen), und der Zirkel werden bis heute geführt. .... Du siehst also, die Reihenfolge ist entscheidend. ;)

Das Gespräch dazu wollte ich eigentlich auf einer Party in real stattfinden lassen, aber in den Caipi-Abend wollte ich es nicht auch noch quetschen, deshalb habe ich mich für diese Variante entschieden.

Ähm ja, mir ist irgendwie nicht noch mehr eingefallen, was Bastian noch tun könnte, um Amalia zu ärgern. Aber vielleicht könnte ich ihre Wortwahl etwas abschwächen. Sie soll ja eigentlich auch keine Zicke sein.

Ähm, bei deiner angeführten Szene ist eigentlich ein Cut/ ein Absatz dazwischen. Wird vielleicht hier nicht ganz klar. Vielleicht baue ich noch einen Einführungstext ein. So wie "Später am Abend unterhielt sich Amalia mit den Töchtern einiger Alter Herren, die in ihrem Alter waren, während Vincent immer noch am Fenster stand und an seinem Bier nippte."

Vielen vielen Dank für deine Anmerkungen!
Antwort von:  CaveJohnson
09.10.2019 00:55
Naja, du bist ja diejenige, die hier immer versucht es möglichst wahrheitsgetreu zu gestalten, und dann spiele ich da gerne mit. ;)
Aber in diesem Fall konnte ich natürlich nicht genau wissen, auf welches Datum du dich dort beziehst.

Finde ja auch, dass Bastians Verhalten mit am Interessantesten ist. Man weiß nicht so genau, was seine Intentionen sind. Im vorherigen Kapitel sagte er ihr noch, dass er nichts von ihr will, und es wurde auch so beschrieben, dass man ihm das glauben kann. Und dann kommt halt wieder besagte Stelle.
Bis zum Ende der Geschichte kann man das ja auch nicht wirklich durchschauen.
Das macht ihn zwar auch zum spannendsten Charakter der Geschichte, aber vielleicht sollte es doch einen Ticken transparenter sein, gerade aufgrund dieser Stelle.
Antwort von:  Atina
09.10.2019 09:29
Sein Corpsbruder und Freund hat ihn um einen Gefallen gebeten, er selbst mag die Montanen auch nicht, also möchte er auch nicht, dass Amalia Zeit mit Vince verbringt. Das ist eigentlich seine Intention. Aber wird wohl nicht klar genug....
Antwort von:  Atina
09.10.2019 09:31
Ich bin btw gespannt, ob die die Fakten auch in meiner neuen Geschichte überprüfen wirst - da geht es um Chemie. :D
Antwort von:  CaveJohnson
09.10.2019 15:29
Achso, ich dachte, da wäre noch mehr.
Waren diese Andeutungen trotzdem beabsichtigt, oder nicht?

Naja, also ich erwarte ja schon, dass du dort selber die Fakten kennst, und ich da nichts überprüfen muss.^^
Antwort von:  Atina
09.10.2019 18:02
Nein, die Andeutungen waren nicht beabsichtigt. Also Bastian ist wirklich nur ein Freund.
Antwort von:  CaveJohnson
09.10.2019 18:55
Achso, es wirkte nämlich echt so, gerade wegen der Nachfrage Amalias bezüglich ihrer Beziehung im vorherigen Kapitel.
Von:  CaveJohnson
2019-10-07T14:42:53+00:00 07.10.2019 16:42
Gefällt mir wieder mal, wie anschaulich das ganze Geschehen beschrieben ist, besonders bei den Äußerlichkeiten ist das sehr detailliert.
Nette Idee mit diesem Lied und der recycelten Rede.^^ Zu diesem kleinen Gedicht sage ich aber mal nicht viel, das Metrum ist schon sehr komisch.^^
Das Ende des Kapitels empfinde ich als ein wenig merkwürdig gewählt, aber okay.^^

Verstehe aber wirklich nicht, warum da überall solche Trennstriche sind...

Ich möchte auch noch mal sagen, dass ich vermutlich doch ein wenig zu hart zur »Pizzaszene« des letzten Kapitels war. Der Gedanke dahinter ist schon richtig, aber ich fand es nur ein wenig sehr ausschweifend.^^

Viele Grüße
CJ

Antwort von:  Atina
07.10.2019 16:55
Hihi. Wir fanden das Gedicht damals ausreichend. Und die Corpsbrüder waren jetzt auch nicht unbedingt Poeten, dass es sie gestört hätte. ;)

Kann sein, dass diese Trennstriche dadurch kommen, dass ich im Worddokument die automatische Silbentrennung drin habe und das hier nicht funktioniert....

Danke für den Kommentar. :)
Antwort von:  CaveJohnson
07.10.2019 17:54
Da fällt mir aber noch ein, wo ich nachhaken wollte.^^

„Gibt es einen Dresscode?“
„Für dich?“ Er lehnte sich ein Stück zurück und begutachtete Amalia. „Nun, ich würde sagen – sexy.“
Schockiert über so viel Chauvinismus blieb ihr zunächst der Mund offenstehen, doch dann bekam Bastian einen leichten Faustschlag gegen die Schulter. „Du spinnst wohl!“

Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, inwiefern das als Chauvinismus zu titulieren ist.^^
Antwort von:  Atina
07.10.2019 18:32
Bei der Bezeichnung war ich mir selbst etwas unsicher. An sich ist es ja auch mit Sexismus oder Machoismus gleichzusetzen, weshalb ich es doch dabei belassen habe. Ist schon ganz schön anmaßend die Bemerkung. "Elegant" hätte als Antwort ja auch gereicht.
Antwort von:  CaveJohnson
07.10.2019 18:41
Also in dieser Situation würde ich es nicht mal wirklich als anmaßend bezeichnen, wird ja aus meiner Sicht nicht auf ihr Äußeres reduziert, oder so.
Die Beiden kennen sich ja auch schon gut, von daher.
Antwort von:  Atina
07.10.2019 19:25
Hmmm. Also würdest du es abwandeln in so etwas wie "Im ersten Moment schockiert über die Aussage blieb ihr zunächst der Mund offen stehen...."?
Antwort von:  CaveJohnson
07.10.2019 19:36
Naja, vielleicht auch ein wenig verlegen. Sie wirkt ja so, als hätte sie nicht mit solch einer Antwort gerechnet.
Antwort von:  Atina
07.10.2019 20:09
So, im Original etwas abgewandelt. Ich war ja selbst nicht ganz zufrieden mit der Wortwahl - also danke. :)
Antwort von:  CaveJohnson
07.10.2019 20:19
Ist halt die Frage, wie ihr Charakter denn letztendlich ist. Allgemein würde ich sie ja eher als zaghaft einschätzen, obwohl sie dann schließlich auch Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen zeigt.
Von:  CaveJohnson
2019-08-07T19:26:54+00:00 07.08.2019 21:26
Ach nett, ein neues Kapitel.
Wie du schon sagst, das ist ja wirklich schon eine ganze Weile her, weshalb ich dementsprechend auch ein wenig eingerostet bin, was den Plot angeht.

Bin ja gespannt, ob und wann es noch zu einem Konflikt kommt. Ich erinnere mich zwar dunkel daran, dass da bereits zuvor etwas angedeutet wurde, aber bis jetzt gab es ja eigentlich noch keine wirklichen Schwierigkeiten.

Das ist zweifelsohne schon mal wieder super be- und geschrieben, allerdings hätte man vermutlich auch einige weniger essenzielle Sachen aussparen können. Man sagt ja nicht umsonst ,,so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. ;)

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
08.08.2019 22:05
Danke für den Kommentar. :)

Was sind denn weniger essentielle Sachen? Ich denke mir nämlich eher manchmal, dass ich das ein oder andere zu stark verkürze.
Antwort von:  CaveJohnson
08.08.2019 22:29
Nun, eben die etwas profaneren Dinge, in diesem Fall beispielsweise die »Pizzaszene«. Ich denke wir alle wissen, wie man eine Pizza macht, und können uns das dementsprechend vorstellen.^^
Es tut jetzt natürlich nicht weh oder so, aber wenn man manche Dinge abkürzt, kann man den Fokus auf etwas Wichtigeres legen.
Von:  CaveJohnson
2017-04-27T16:34:52+00:00 27.04.2017 18:34
Und da bin ich schon beim vorerst letzten Kapitel, huh?
Schade eigentlich, weil mir die Geschichte eigentlich richtig gut gefällt...

Ich werde erstmal auf das Kapitel an sich eingehen.
Der Titel ist mal wieder etwas... unkreativ?^^ Da könnte man auf jeden Fall was besseres finden. ;)
Ich meine, natürlich geht's um den Abend, aber trotzdem...
Ansonsten gefällt es mir aber sehr gut, zwischendurch ,,zieht" es sich vielleicht ein wenig, aber ansonsten sehr schön geschrieben.
Besonders am Ende, ist die Beschreibung wieder wirklich gelungen, da bekommt man ja fast Gänsehaut.
Da hast du auf jeden Fall ein Talent für, wenn ich das mal so sagen darf. ;)

Angesichts der Tatsache, dass es ja erst vier Kapitel sind, kann ich noch nicht sooo viel sagen.
Sagte ja schon vorher, dass mir die gesamte Thematik eigentlich ganz gut gefällt, vor allem, weil ich eben nicht sehr viel Ahnung davon hab.^^
Ich wäre jedenfalls an einer Weiterführung interessiert, selbstverständlich stehe ich dir da auch gerne zur Seite. :D
Hätte auch einige Ideen, aber du hast ja sicher auch irgendwelche Pläne gemacht, also möchte ich da jetzt nicht zuviel reinpfuschen.^^
Das muss auf jeden Fall weitergehen!

Viele Grüße
CJ

Von:  CaveJohnson
2017-04-26T18:05:18+00:00 26.04.2017 20:05
Und weiter geht's! Dann kann wenigstens niemand behaupten, ich würde meine Versprechen nicht halten.^^
Jetzt wird's ja auch endlich mal ein bisschen spannender, es entstehen mal Konflikte.
Ich hab zwar nicht den blassesten Schimmer, was eigentlich hinter dieser ganzen Corps-Sache steckt, aber egal. xD
Glücklicherweise gibt's ja die, ähm... interessanten Fußnoten, die helfen ein wenig, denke ich.^^
Und natürlich wird schon wieder die Chemie erwähnt, wie schön. :P
Wie dem auch sei, ich bin gespannt, wie's weitergeht. ;)

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
26.04.2017 22:04
Hihi. Was soll ich sagen - mit Chemie kenne ich mich halt aus. ;)
Antwort von:  CaveJohnson
27.04.2017 06:27
Na sicher doch.^^
Leider nicht genug, um mir bei meinem Experiment zu helfen... :/
Antwort von:  Atina
27.04.2017 13:59
Hey Hey Hey. Da, wo vermutlich das Problem liegt, setzt Technik und Physik ein. :P
Antwort von:  CaveJohnson
27.04.2017 19:16
Ich weiß, ich weiß.^^
Und beim fehlenden Interesse, hm...?^^
Von:  CaveJohnson
2017-04-25T15:45:22+00:00 25.04.2017 17:45
So, dann möchte ich mal mit Kapitel 2 weitermachen.^^
Auch wenn ich gar nicht weiß, was ich hier so groß zu sagen könnte...
Mir fällt auf jeden Fall erstmal auf, dass der Titel immerhin schon mal besser ist, als der erste. :P Ich weiß ja, dass das nicht so deine Stärke ist. ;) Ist ja jetzt auch eher nebensächlich, schätze ich.
Außerdem gefällt es mir, dass es so viele Charaktere gibt, das macht es abwechslungsreicher, vorausgesetzt, man kann sie von der Persönlichkeit her unterscheiden.^^
Mehr fällt mir jetzt auch nicht ein, ich weiß nicht, was es noch zu bemerken gäbe. xD

Viele Grüße
CJ
Von:  CaveJohnson
2017-04-24T16:54:08+00:00 24.04.2017 18:54
Wie verlangt, werde ich jetzt mal zu jedem Kapitel einen Kommentar verfassen. ;)
Jeden Tag ein Kommentar, ich denke, das ist eine ganz gute Idee.^^
Erstmal möchte ich sagen, dass mir die Thematik der Geschichte sehr gefällt, hab schließlich absolut keinen Plan davon und bin gespannt, was ich nebenbei erfahren kann.
Gefällt mir auch schon sehr gut, mit den Erklärungen zu den Begriffen, sonst wäre das auch echt schwierig.^^
Also kann ich nur sagen, als Anfang ist das schon ziemlich gelungen, bin aufs Weitere gespannt. ;)

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
24.04.2017 21:26
Es freut mich ja, aber dafür haben wir den Vortrag verschoben? ^^
Antwort von:  CaveJohnson
24.04.2017 21:35
Darf ich etwa überhaupt keine Freizeit haben?^^
Antwort von:  Atina
25.04.2017 19:37
Nee. :P

Spaß beiseite - klang vielleicht bissl böser als beabsichtigt. Sorry. ;)
Antwort von:  CaveJohnson
25.04.2017 19:53
Ah, mir macht das nichts mehr aus...
Bin das doch schon gewohnt. :P
Außerdem teile ich auch oft genug aus, wie könnte ich da böse sein. ;)


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