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Amalia

Auf Anhieb Freunde treffen
von

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Rivalitäten

Amalia stand vor der großen, dunklen Holztür und drückte den Klingelknopf. Sie hörte, wie jemand die Treppe hinuntergelaufen kam und im nächsten Moment öffnete sich ruckartig die Tür.

„Hallo Mali!“

„Hi Bastian“, sie umarmte den Corpsbruder ihres Bruders zur Begrüßung.

Gemeinsam gingen sie in die Küche und Amalia stellte die schwere Einkaufstasche auf einem Stuhl ab.

„Willst du was zu trinken?“, fragte Bastian.

„Eine Cola, bitte.“

„Na klar.“

Damit war er die Kellertreppe hinunter gelaufen. Gleichzeitig erschien Andre in der Küche. Er begrüßte Amalia freudig und schaute in die Tüten.

„Was gibt’s denn heute zu essen?“

„Nudelauflauf und als Nachtisch Aprikosen-Kokos-Tiramisu.“

„Hört sich echt lecker an.“

„Wie viele Leute sind denn heute eingeplant?“

Andre überschlug kurz im Kopf die Corpsbrüder und angekündigten Gäste. „Fünfzehn.“

„Kannst du dann bitte dementsprechend die Whiskey-Gläser rausgeben? Darin will ich das Tiramisu anrichten“, meinte Amalia und räumte die Einkäufe auf den großen Küchentisch.

„Kein Problem.“

„Hier, deine Cola.“ Bastian stellte die Flasche auf den Tisch. „Wie kann ich helfen?“

Während Amalia den Zwieback durchbrach und in den Gläsern verteilte, schnitten Andre und Bastian Paprika, Karotten und Zucchini. Das Schneiden der Zwiebeln schoben sie noch auf, vielleicht kam noch jemand, der diese als Strafarbeit gesehene Arbeit übernehmen konnte.

Gegen halb sieben hörte man das Drehen eines Schlüssels in der Haustür und Alexander betrat den Flur. Er hörte die Stimmen aus der Küche und sah gleich hinein.

„Hey Jungs. Hey Schwesterchen.“

„Hi Alex!“

„Du kannst hier gleich mal mithelfen“, sagte Andre und hielt ihm die Zwiebeln hin.

„Okay, ich bring nur kurz meinen Rucksack in mein Zimmer.“

Andre überließ das restliche Gemüse Bastian und schüttete die Nudeln in das bereits kochende Wasser, um dann Öl in einer großen Pfanne zu erhitzen. Alexander saß bereits an den Zwiebeln, die dann angebraten wurden. Das Hackfleisch folgte in die Pfanne. Amalia hatte den Zwieback mit Kokosmilch beträufelt und eine Creme aus Schlagsahne, griechischem Joghurt, Kokosraspeln und viel Zucker angerührt.

„Wenn das Fleisch soweit ist, gebt bitte das Gemüse dazu und lasst es kurz anschmoren“, sagte Amalia und verteilte die Creme auf die Gläser.

Als die Nudeln al dente waren, wurde das Wasser abgegossen und die Nudeln mit dem Inhalt der Pfanne gemischt. Das Ganze wurde umgerührt, in drei große Auflaufformen gefüllt und mit Käse bestreut.

„So, jetzt muss alles für eine dreiviertel Stunde in den Ofen.“

„Super.“

Die Jungs nahmen Teller und Besteck aus dem Schrank und gingen ins Wohnzimmer hinüber, in dem auch noch der Beamer und die Leinwand aufgebaut werden mussten. Amalia drapierte die Aprikosenstücke auf der Creme, streute einige Kokosraspeln darüber und stellte die Gläser in den Kühlschrank. Sie räumte den Tisch ab, wischte mit dem Lappen darüber und begann dann die benutzten Bretter, Messer und Schüsseln abzuwaschen.

„Mali, kommst du bitte mal.“

„Bin schon da“, sie trocknete sich die Hände ab und folgte Bastian.

Sie liefen die Treppe hinunter in den Keller, in dem sich auch das CC-Zimmer [1] (#_ftn1) befand. Aus dem Regal, in dem etliche Ordner standen, nahm Bastian das Gästebuch.

„Ich würde dich bitten die Gästebuchseite für unser Pokerturnier zu gestalten.“

„Gern.“

Sie nahm das Buch, ließ sich die Stiftekiste reichen und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer. Bastian war in diesem Semester Consenior[2] (#_ftn2) , was bedeutete, dass er für das Fechten und die Veranstaltungen verantwortlich war. Die Jungs hatten Amalia bereits mehrmals um diesen Gefallen gebeten und sie erfüllte ihn gern.

Nachdem die Jungs den Beamer an den Laptop angeschlossen hatten, sahen sie sich zum Zeitvertreib Videos im Internet an, über die sie sich teilweise schlapp lachten. Amalia gestaltete die Seite des Gästebuches und ging gelegentlich in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Zwischendurch klingelte es immer mal wieder an der Tür, Corpsbrüder und Gäste betraten das Haus.

Kurz vor acht holte Amalia die erste Auflaufform aus dem Backofen, der auch ausgestellt wurde. Während man gemütlich, aber doch irgendwie zusammen gequetscht im Wohnzimmer saß, wurde gegessen und der erste Film des Abends geguckt. Es war ein Animationsfilm.

„Die Pandas sind ja geil.“

„Wie der über den Boden rollt…“

Nach dem Film brachten Amalia und Andre das Geschirr in die Küche und brachten dann das Dessert. Bastian sammelte in der Zwischenzeit das Geld für das Essen ein. So machten sie es jeden Mittwoch. Amalia rechnete den Preis pro Person anhand des Einkaufspreises aus und Bastian kassierte es von den Mitessenden. Sie mochte es nicht, Geld einsammeln zu müssen, es klang wie betteln, obwohl ihr das Geld selbstverständlich zustand.

„Hier Mali, dein Geld.“

„Danke.“

Sie schmiss das ganze Kleingeld in ihre Geldbörse und steckte sie zurück in ihre Handtasche.

„Hast du am Wochenende schon was vor?“

„Was hast du denn vor?“, erwiderte sie.

„Ich wollte einen Cocktail trinken gehen und hätte dich gern dabei.“

„Bin dabei“, sagte sie und gemeinsam gingen sie zurück in das Wohnzimmer.

 
 

***
 

 

„Was darf ich euch bringen?“

Die Bedienung war an den Tisch getreten, nachdem Amalia und Bastian bereits einige Minuten Zeit zum Auswählen bekommen hatten.

„Ich nehme einen Cuba Libre.“

„Und ich den Cocktail des Tages“, sagte Amalia.

Sie notierte es sich auf ihrem Block und ging dann zurück zum Tresen.

„War die Woche noch was Spannendes bei dir?“, wollte Bastian wissen.

„Nicht wirklich. Das Praktikum gestern hat sich ewig hingezogen, halb sieben war ich erst raus.“

„War das TC?“

„Genau, technische Chemie. Der Assistent meinte gleich beim Antestat, dass es der längste Versuch des ganzen Labors ist. Und langweilig war er auch noch. In den Wartezeiten zwischen den Proben und Umstellungen haben Julia und ich Schiffe versenken gespielt. Das hat aber Spaß gemacht.“

Beide mussten lachen.

„Können wir ja auch machen, wenn uns heute langweilig werden sollte.“

Sie bekamen ihre Cocktails serviert und prosteten sich zu.

„Gestern in der Mathevorlesung hat wieder keiner etwas verstanden. Der Prof erzählt es, schreibt alles an und wir schreiben nur ab, ohne auch nur ein Wort verstanden zu haben. Der dreht sich überhaupt nicht um und sieht deshalb nie, wenn sich jemand meldet, um eine Frage zu stellen“, erzählte Bastian.

„Bringen denn die Übungen etwas? Bei uns war das ja ähnlich.“

„Der Übungsleiter ist richtig cool. Er wiederholt es auch drei Mal, wenn man ihn danach fragt. Und mit den Hausaufgaben kann man sich schließlich auch Punkte für die Klausur erarbeiten.“

„Daran kann manchmal die bessere Note hängen.“

„Oder das Bestehen.“

 
 

***
 

 

„Vince, kommst du mit? Wir wollen in die Stadt was trinken gehen.“

Pedro hatte an die Zimmertür geklopft und dann den Kopf hinein gesteckt. Vincent saß am Schreibtisch.

„Nee.“

„Ach komm schon.“

„Ich rechne grad die Hausaufgaben. Lass mal.“

„Langweiler!“

Damit war Pedro wieder weg. Vincent tippte die Zahlenkombination erneut in den Taschenrechner und schrieb dann das Ergebnis auf den Zettel. Er hatte keine Lust, wegzugehen. Auf der letzten Feier hatte er Amalia getroffen und weil er nicht wusste, ob er sie je wiedersehen würde, wollte er lieber zuhause bleiben und arbeiten. Dann musste er nicht an sie denken. Doch er machte sich nur etwas vor.

 
 

***
 

 

„Wir reden die ganze Zeit von der Uni, dabei haben wir Wochenende“, meinte Bastian.

Inzwischen waren sie beim dritten Cocktail angelangt.

„Dann erzähl mal was anderes.“

„Warst du nicht am Dienstag auf der CampusParty? Die Mädels hatten dich doch überredet, oder?“

„Sie wollten unbedingt, dass ich mitkomme und dann sind sie einfach verschwunden.“

„Wie verschwunden?“

„Ich stand an der Bar, um mir was zu trinken zu holen und als ich an die Stelle zurückkam, an der wir vorher zusammen gestanden hatten, waren sie nicht mehr da. Ich bin eine Weile herumgelaufen, um sie zu suchen, konnte sie aber nicht finden…“

„Und dann bist du zeitig nach Hause gegangen“, vermutete Bastian.

„Nein.“

„Nicht?“, er war überrascht.

„Ich habe mir einen Platz gesucht und mich hingesetzt.“ 

„Und dann bist du nach Hause, als dein Getränk leer war.“

„Auch nicht.“

„Mali, du überraschst mich.“

„Na ja, ich muss wohl so gelangweilt ausgesehen haben, dass sich ein Junge zu mir gesetzt hat. Wir haben uns den restlichen Abend unterhalten.“

„Interessant. Unsere kleine Mali hat einen Verehrer“, grinste Bastian.

„So würde ich das jetzt nicht sagen.“

Er zog sie noch eine ganze Weile damit auf, wusste er doch, dass ihre letzte Beziehung schon einige Zeit zurück lag und sie sich nach Liebe sehnte.

„Wirst du ihn wiedersehen?“

„Ich hoffe. Nächste Woche…“ Bastian stöhnte genervt auf, weshalb Amalia ihren Satz nicht beendete. „Was ist denn los?“

„Es sind eben welche von den Saxonen reingekommen. Die Typen kann ich ja gar nicht ab.“

Sie drehte sich um und sah, wie sich Arnie, Rene und ein Junge, den sie nicht kannte, an einen Tisch am anderen Ende der Bar setzten. Es waren die Jungen, die mit Vincent befreundet waren, die mit ihr gefrühstückt hatten.

„Was hast du denn gegen sie?“

„Auf unserer letzten Kneipe haben die sich daneben benommen, nicht nur gepault[3] (#_ftn3) , sondern richtig gepöbelt, gepapstet[4] (#_ftn4) und so.“

„Aber es sind doch sicher nur einzelne Personen gewesen, in einem eventuell angetrunkenen Zustand…“

„Möglich, aber es kann trotzdem nicht geduldet werden. Wir meiden sie seitdem soweit es geht“, meinte Bastian. „Aber egal. Du wolltest noch was von deinem Verehrer erzählen.“

„Er ist nicht mein Verehrer!“

„Nun erzähl schon.“

„Nächste Woche findet eine Party statt, auf der wir uns vielleicht wiedersehen.“

Wohlwissend verschwieg Amalia, dass Vincent bei Saxonia aktiv war und die Party auf dem Corpshaus stattfand. Kurz nach Mitternacht bezahlten die beiden und verließen die Bar, wobei sie am Tisch vorbeiliefen, an dem Arnie und Rene saßen. 

„Welche Bahn wollen wir nehmen? Die 3 oder die 9?“

„Mal sehen, welche eher kommt.“

Sie mussten nur etwa zehn Minuten warten, bis die Straßenbahn die Haltestelle erreichte. Bastian begleitete Amalia noch bis zur Haustür, verabschiedete sich mit einer Umarmung und machte sich dann selbst auf den Heimweg.

 
 

***
 

 

„Vince, weißt du, wen wir gestern getroffen haben?“

„Nein.“

Solche Ratespiele nervten ihn. Woher soll ich bitte wissen, wen du gestern in dieser großen Stadt getroffen hattest?

„Die Kleine, die am Dienstag bei dir übernachtet hat.“

„Amalia?“

„Wenn sie so heißt.“

„Mhm.“

„Wir waren im Shakers und irgendwann lief sie mit einem Typen an unserem Tisch vorbei“, erzählte Arnie.

„Aha. Und warum erzählst du mir das?“

„Ich dachte, du willst vielleicht wissen, dass du nicht der einzige bist.“

„Nur weil ich einen Abend mit ihr verbracht habe, heißt das doch nicht, dass ich einen Anspruch auf sie habe. Ich weiß ja noch nicht mal, ob ich sie überhaupt wiedersehen werde“, erwiderte Vincent.

„Okay.“

Er tat so, als wäre es ihm egal, doch ihm hatte es gefallen, seine Zeit mit Amalia zu verbringen. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass sie nicht oft ausging, aber anscheinend hatte er sich geirrt. Er wollte sie wiedersehen, er musste sie wiedersehen.

 
 

***
 

 

Amalia war bereits um acht Uhr in der Früh aufgestanden. Sie hatte gefrühstückt, Cornflakes mit Milch und Obst, dann hatte sie begonnen das aktuelle Protokoll zu tippen. Die Aufgabenstellung und Durchführung hatte sie bereits erledigt, jetzt kam der aufwendige Teil – Ergebnisse und Fehlerbetrachtung.

… Wie bereits erwähnt wird der Anteil der Isomere im Reaktionsgemisch mit steigender Temperatur auch immer größer. Je höher die Temperatur wird, desto mehr wird dehydriert und Benzol entsteht. …

Immer wieder unterbrach sie das Schreiben. Sie konnte sich nicht richtig konzentrieren, dachte an Vincent und an den gestrigen Abend.

Es sind eben welche von den Saxonen reingekommen. Die Typen kann ich ja gar nicht ab.

Konnte sie da überhaupt mit einem Saxonen anbändeln? Wäre es so etwas wie Verrat? Nein, warum auch? Sie war ja nicht aktiv, sondern nur die Schwester eines Aktiven. Sie wollte Vincent gern wieder treffen. Er gefiel ihr. Sie würde auf jeden Fall zu diesem Caipi-Abend gehen, das nahm sie sich fest vor, egal was an Arbeit anstand.

… Mit steigender Temperatur sinkt aber auch der Anteil an Spaltgasen. Es wird also bei höheren Temperaturen eher dehydriert als dass C-C-Bindungen gespalten werden. …
 

[1] (#_ftnref1) Als CC-Zimmer bezeichnet man das Büro des Corps. Hier werden zum Beispiel die Ordner mit CC-Protokollen und eingehender Post aufbewahrt.

[2] (#_ftnref2) Als Consenior bezeichnet man eine Person aus dem Kreise der gewählten Verantwortlichen des Semesters. Die anderen beiden Vorsitzenden nennt man Senior (trägt Verantwortung für alles, leitet Sitzungen) und Subsenior (schreibt Protokolle bei Sitzungen, verwaltet die Post).

[3] (#_ftnref3) Gepault bedeutet so viel wie Sprüche klopfen.

[4] (#_ftnref4) Gepapstet ist eine Umschreibung für „sich übergeben“.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  CaveJohnson
2017-04-26T18:05:18+00:00 26.04.2017 20:05
Und weiter geht's! Dann kann wenigstens niemand behaupten, ich würde meine Versprechen nicht halten.^^
Jetzt wird's ja auch endlich mal ein bisschen spannender, es entstehen mal Konflikte.
Ich hab zwar nicht den blassesten Schimmer, was eigentlich hinter dieser ganzen Corps-Sache steckt, aber egal. xD
Glücklicherweise gibt's ja die, ähm... interessanten Fußnoten, die helfen ein wenig, denke ich.^^
Und natürlich wird schon wieder die Chemie erwähnt, wie schön. :P
Wie dem auch sei, ich bin gespannt, wie's weitergeht. ;)

Viele Grüße
CJ
Antwort von:  Atina
26.04.2017 22:04
Hihi. Was soll ich sagen - mit Chemie kenne ich mich halt aus. ;)
Antwort von:  CaveJohnson
27.04.2017 06:27
Na sicher doch.^^
Leider nicht genug, um mir bei meinem Experiment zu helfen... :/
Antwort von:  Atina
27.04.2017 13:59
Hey Hey Hey. Da, wo vermutlich das Problem liegt, setzt Technik und Physik ein. :P
Antwort von:  CaveJohnson
27.04.2017 19:16
Ich weiß, ich weiß.^^
Und beim fehlenden Interesse, hm...?^^


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