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Die unzertrennlichen Brüder

ein Schwertbann und ein Geschwisterproblem
von

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Ein Grab und ein widerlicher Empfang

Wieder ist ein Kapitel fertig. Und diesmal ist es wieder etwas länger und (hoffentlich) spannender geworden. Die unzertrennlichen Brüder sind auf dem Weg ihr erstes Puzzlestück zur Lösung des Fesselbanns zu finden. Aber völlig ohne Schwierigkeiten geht das natürlich nicht ab...
 

Viel Spaß beim Lesen:
 

Die Sonne brannte heiß auf die Felswände und mageren Wiesen herunter, zwischen denen sich ein schmaler Bergpfad entlang schlängelte. Nur vereinzelte Sträucher und wenige, wettergegerbte Bäume spendeten etwas Schatten. Ein paar Eidechsen huschten über den steinigen Weg, als ein weißhaariger Hundedämon, dicht gefolgt von seinem halbdämonischen Bruder, vorüber schritt.

Obwohl ihm äußerlich nichts davon anzumerken war, brodelte es in Sesshomaru fast genauso heiß wie die Sonne. Er war ziemlich ungeduldig und folgte zügig dem sich aufwärts windenden Pfad. Das geht alles viel zu langsam, dachte er, und warf ungehalten einen kurzen Blick über die Schulter. Normalerweise wäre es für ihn kein Problem, schnell zu diesem Grab zu gelangen und diese hoffentlich hilfreiche Lanze zu holen. Doch mit seinem Halbbruder an der Leine wäre fliegen zu mühsam und kam bei dieser Entfernung auf keinen Fall in Frage. Sollte er dieses lästige Halbblut etwa noch tragen? Nein, zu so etwas würde er sich nicht herablassen. Lieber laufen.

Noch weitaus lästiger als der Halbdämon hinter ihm, erwies sich dieses Menschenmädchen Kagome. Sie folgte den beiden Brüdern in einem immer größer werdenden Abstand und kämpfte sich in der Mittagshitze immer mühseliger bergaufwärts. Sesshomaru verstand nicht, warum dieses schwache Menschenweib unbedingt mitkommen musste, sie hielt nur auf. Konnte sein Bruder denn keinen Schritt tun ohne, dass dieses Mädchen ihm nachlief? Gerade als der Dämon sich das fragte, schweiften seine Gedanken kurz zu Rin, seiner kleinen, zurückgelassenen Begleiterin, die ihn bestimmt wieder sehnsüchtig erwartete. Diesen Gedanken schob er jedoch schnell wieder beiseite, das war etwas völlig anderes. Rin war Rin, und ganz allein seine Sache. Aber diese Kagome, was ging die ihn an? Die sollte sich lieber von ihm fernhalten. Vor allem wegen dieser unheilbringenden Kette mit dem zähmenden Fluch, die Inu Yasha um den Hals trug. Diesen Fluch konnte zur Zeit auf beschämende Weise auch Sesshomaru nicht ignorieren. Sollte dieses Mädchen es nochmals wagen "Sitz" zu sagen, würden ihr sämtliche auf der Welt bekannten Torturen und Qualen harmlos erscheinen. Und diesmal würde Inu Yasha ihn nicht aufhalten!
 

Kagome dachte derweil, dass es schlimmere Qualen, als die sie gerade durchmachte, überhaupt nicht gäbe. Das war einfach alles nicht auszuhalten. Diese Hitze! Dieser blödsinnige, steinige Weg mit seinen spitzen Steinen, die eine Vorliebe dafür zeigten in ihren Schuhen zu landen. Und vor allem diese mehr als unverschämten, hündischen Dämonenbrüder, die nicht einmal daran dachten, auf sie zu warten oder mal zu rasten. Selbst Inu Yasha kam nicht auf die Idee, dass sie Hunger und Durst haben könnte oder müde war. Und dabei tat der immer so besorgt. Dieser Vollidiot! Wahrscheinlich hatte er jetzt nur die Problemlösung des fesselnden Banns mit seinem Bruder im Kopf und mehr als einen Gedanken fasste sein Hirn offenbar nicht. An diesen arroganten Sesshomaru wollte das erschöpfte Mädchen erst gar keinen Gedanken verschwenden.

Ein kristallenes Aufblitzen am Rande einer Felsspalte lenkte Kagome schließlich von ihren brütenden Gedanken ab.

"Ah, ein kleiner Quell. Klasse!"

Das Mädchen ging zu den Felsen, kniete sich hin und schöpfte begeistert Wasser aus dem Rinnsal, das sie entdeckt hatte. Eine kleine Erfrischung war jetzt genau das richtige.

Während Kagome das Wasser aus der hohlen Hand schlürfte und ihr Gesicht mit dem kühlen Nass bespritzte, ließ sie ihre Blicke über die Felsen um und über sich wandern. Dann blieb ihr Blick an einem Stein fünf Meter über ihr hängen und entsetzt aufschreiend sprang sie zurück auf den Bergpfad.

"Kagome, was ist denn passiert?" Besorgt kam Inu Yasha zu ihr, ihm folgte missmutig sein Bruder.

Schön, dass sich mal jemand um mich kümmert, dachte Kagome sarkastisch und deutete dann zum Felsen, der sie so erschreckt hatte. "Da oben ist jemand!"

Die beiden Brüder schauten hinauf, konnten jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken.

"Da waren zwei riesige, glubschige Augen", beteuerte Kagome, die nun verdutzt einen leeren Felsen anstarrte, "ich habe es genau gesehen!"

"Äh", meinte Inu Yasha behutsam, "vielleicht brauchst du nur eine kleine Pause und..."

"Danke, so schlimm ist es auch noch nicht", sagte Kagome verärgert, "ich habe keine Wahnvorstellungen!"

Inu Yasha sah von seinem Bruder zum Felsen, schätzte die Entfernung ab und sprang mit einem Satz auf den fraglichen Stein. Er war glücklicherweise gerade noch innerhalb der Reichweite, die ihm die unsichtbare Fessel zu Sesshomaru zugestand. Interessiert schnüffelte Inu Yasha den Felsen ab.

"Hier ist nichts", erklärte er nach einer Weile, "es riecht bloß nach Wasser."

Kagome presste die Lippen aufeinander und starrte zu Boden. Sie war sich sicher, was sie gesehen hatte, doch wenn keiner der beiden Hundebrüder etwas wittern konnte?!

"Pah, Menschen", schnaubte Sesshomaru, der verächtlich dem Treiben des Halbdämonen zugesehen hatte, und drehte sich weg. Rücksichtslos ging er wieder den Bergpfad hoch, wobei er sich eindeutig zu weit von seinem Bruder entfernte. Die heftige Bewegung riss Inu Yasha von seinem Felsen. Mit einem Schrei stürzte er kopfüber hinunter und landete mit dem Gesicht voran in einem dornigen Strauch neben dem Wasserquell.

"Autsch, jetzt habe ich aber wirklich die Schnauze voll von deinem achtungslosen Hundeherrchengetue. Bleib sofort stehen, du überdimensionaler Mistkerl!"

Wutentbrannt stürzte Inu Yasha mit Dornen gespickt aus dem Gestrüpp hervor und seinem Bruder nach. Kagome wollte keinen Streit und deshalb ein "Sitz" aussprechen, zerbiss sich dieses zähmende Kommando aber gerade noch auf der Zunge. Sie hielt den aufbrausenden Halbdämonen, der dem gleichgültig abwartenden Sesshomaru in den Nacken springen wollte, stattdessen mit einer hastigen Umarmung auf.

"Inu Yasha", säuselte sie liebevoll, "vielen Dank, dass du dich so nett um mich sorgst."

Die überraschende, kleine Liebeswürdigkeit kühlte Inu Yasha blitzartig ab. Etwas verdattert bremste er ab und sah in das bemüht fröhliche und lächelnde Gesicht von Kagome.

"Äh, was...", stotterte er, "was,..., wofür bedankst..."

"Na, ich finde es schön, dass du meine Ängste ernst nimmst und vorsorglich den Felsen und alles abgesucht hast." Freundlich wandte Kagome sich ihm zu. "Komm, lass mich dir helfen und die Dornen raus ziehen."

Endgültig besänftigt und etwas belämmert aus der Wäsche schauend ließ Inu Yasha Kagome die Dornen aus seinem Gesicht zupfen.

Sesshomaru warf einen kurzen Blick auf die Szene, ließ ein undefinierbares Schnauben hören und ging weiter. Inu Yasha beachtete ihn nicht mehr. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen und einem warmen Wohlgefühl im Bauch legte er zaghaft seine Hand auf Kagomes Hüfte und trottete neben ihr Sesshomaru nach.

Keiner von den Dreien bemerkte, dass ihnen ein Paar tellergroße, wässrige Augen nachstarrte.
 

Am nächsten Morgen erreichten Inu Yasha, Sesshomaru und Kagome eine blühende Hochebene, deren blumiger und saftgrüner Anblick nach dem langen Aufstieg eine wahre Wohltat war. Die Nacht hatten die Drei auf einer steinigen Plattform nahe des Bergpfads, eingeklemmt zwischen Felsen und pieksenden Sträuchern verbracht. Für Kagome, die außer Pfeilen, Bogen und ein paar Kleinigkeiten wie Taschenmesser und Streichhölzer keinerlei Ausrüstung dabei hatte, nicht gerade angenehm. Es wurde höchste Zeit, dass sie in ihre Zeit zurückkehren und ihren Rucksack auffüllen konnte. Zumindest hatte Inu Yasha ein Nagetier für das Abendessen erwischt und ihr für die Nacht das Oberteil seiner Feuerrattenkleidung überlassen. So war es erträglich gewesen und die jetzt weitaus schönere Gegend erfreute das Mädchen sehr.

"Ist es noch weit bis zum Grab?" wandte sie sich an Sesshomaru.

"Nein", erwiderte der knapp. Zu weiteren Erläuterungen ließ er sich nicht herab. Echt nervig, dachte Kagome, dieser Dämon sagt nichts, schläft nicht, isst nie was, kümmert sich um nichts und interessiert sich für nichts. Wofür lebte der überhaupt? Und die noch bessere Frage: wie hielten das bloß Jaken und Rin mit diesem Kühlschrank aus? Das musste ja ein lustiges Zusammenleben sein!

Die Hochebene mit ihren sanften Hügeln und im Wind wogenden Gräsern zog sich in die Länge. Doch die leicht verträumt wirkende Landschaft zog Kagome so in den Bann, dass ihr der Weg gar nicht lang vorkam. Nach zwei Stunden erreichte die Gruppe einen kleinen, lichten Kiefernwald am Fuße eines hoch aufragenden Steilhangs. In der Mitte des kleinen Wäldchens, am Hanggrund, lag eine ovale Freifläche mit einem steinigen, teils überwucherten Grabhügel, der übersät mit gelben Wildblumen war. Hinter dem Hügel stand ein zackiger, senkrecht stehender Fels und ein Kirschbaum, den jemand gepflanzt haben musste. Ein kleiner Bach entsprang dahinter zwischen zwei Felsen am Hanggrund und umfloss zur Hälfte den Grabhügel mit dem Kirschbaum.

Sesshomaru blieb stehen, holte die Karte, die er von Sango bekommen hatte, hervor und ließ diese mit seinen Giftkrallen verdampfen. Für Inu Yasha und Kagome war dies das Signal, dass sie wohl an ihrem Zielort angekommen waren.

Bewundernd betrachtete Kagome den Platz. Das war wirklich eine wunderschöne und würdige Ruhestätte für die beiden, unglücklichen Geschwister, die vor sechzig Jahren auf solch traurige Weise in den Tod getrieben worden waren. Hier musste also die geheimnisvolle Lanze des Lanzenlords sein. Der erste Schlüssel zur Lösung des hinterhältigen Fesselbanns, der nach den tragischen Geschwistern nun auch Sesshomaru und Inu Yasha gefangen hielt. Doch wo war das Ding? Mussten sie erst den Grabhügel aufbrechen, um an die Lanze zu kommen? Das kam Kagome wie ein Sakrileg vor.

Inu Yasha und Sesshomaru zeigten offensichtlich weniger Skrupel vor Grabräuberei. Beide näherten sich ohne Zögern dem Grab und musterten den Hügel interessiert. Doch zu weiteren Aktionen kamen sie nicht mehr.

"Iieeh", schrie Kagome plötzlich dazwischen, "was ist denn das?"

Die Halbbrüder sahen auf und blickten dann zum Steilhang hinter sich, auf den Kagome deutete.

Von den beiden Hangfelsen, denen der Bach entsprang, tropfte eine seltsame, wässrig klare, etwas zähe Masse herab. Sie plumpste stückweise in den Bach und zerfloss darin. Kurz darauf tauchte das schleimartige Zeug neben dem Kirschbaum wieder aus dem Bach heraus auf, schlabberte den Baumstamm hinauf und ließ sich dann ins Gras neben dem Grabhügel flatschen.

Inu Yasha und Sesshomaru wichen gleichzeitig ein Stück zurück und sahen gebannt auf das schleimige, halb durchsichtige Teil vor ihnen. Aus dem Bach strömten stetig immer mehr gelartige, glibberige Fladen auf die Masse im Gras zu und vereinigten sich mit ihr zu einem überdimensionalen, klaren Wackelpudding von fast drei Meter Höhe.

"Wäh", wiederholte nun Inu Yasha Kagomes Frage, "was ist denn das?"

Als Antwort auf seine Frage bildeten sich in der Mitte des Gelhaufens ein Paar tellergroße Glubschaugen und an der Unterseite des Dings bildeten sich meterlange, nach allen Seiten ausstreckende Tentakel. So sah das ganze Gebilde schließlich wie eine riesige an Land geworfene Qualle aus, die höhnisch auf die Drei vor sich hinab zu starren schien.

"Oh", sagte Kagome, "das sind die gleichen komischen Augen, die ich gestern kurz an der Quelle gesehen habe.

"Was ist das", echote Inu Yasha und wich noch ein Stück zurück, "es riecht nur nach Wasser."

"Ein Dämon", antwortete Sesshomaru emotionslos, auf den das quallige Teil keinen Eindruck zu machen schien, "allerdings ein äußerst ungewöhnlicher. Er versteht es perfekt sich und seine Kraft zu tarnen. Deshalb haben wir nichts von ihm gespürt oder gewittert."

Zu Kagomes Entsetzen bildete sich nach Sesshomarus Erläuterung ein grinsendes Maul unterhalb der geleeartigen Augen des Gelmonsters und fing auch noch zu reden an:

"Na, wen haben wir denn da? Zwei Hündchen und ein Menschenmädchen. Nicht schlecht, die lange Wartezeit auf ein paar Opfer hat sich gelohnt! Damit bekomme ich jetzt eine Menge Dämonenkraft und ein leckeres Häppchen gleich mit dazu."

"Ey, du Schlabberhaufen", bemerkte Inu Yasha, "verzieh dich lieber wieder in deinen Bach oder sonst wo hin. Für so ein widerliches Matschding wie dich haben wir jetzt weder Zeit noch Interesse. Falls du auch noch auf die bescheuerte Idee kommen solltest uns vertilgen zu wollen, wirst du schnell merken, dass wir mehr als nur schwer verdaulich sind."

Das quallige Ding lachte glucksend, wobei sein ganzer Körper wackelte.

"Mutige Rede, Hundesöhnchen", sagte es dann schmatzend, "ich habe euch lange beobachtet. Und ich weiß, was ihr Grabräuber hier wollt. Euch hat ein Bann von einem der fünf Waffendämonen erwischt, nicht wahr? Jetzt wollt ihr die Lanze vom 'Lanzenlord' holen, um den Bann zu brechen. Keine Chance, andere haben ähnliches versucht und aneinander gefesselt seid ihr keine Gegner für mich. Sogar der 'Lanzenlord' selbst, der seine Waffe wieder haben wollte, konnte mir nicht gefährlich werden. Er hat übrigens ausgezeichnet geschmeckt und seine Dämonenenergie hat mich großartig gestärkt!"

"Pah", rief Inu Yasha, "bilde dir bloß nicht zuviel auf deine ollen Erfolge ein. Das beeindruckt mich überhaupt nicht. Und dass du diesen komischen 'Lanzenlord' gefressen hast, wird dir auch nix nützen. Seinen bescheuerten Bruder, den 'Schwertmeister', der uns diesen Bann verpasst hat, habe ich ganz leicht besiegt. Bis auf diesen blöden Fesselbann haben diese Dämonengeschwister eh nix drauf und du sicher auch nicht!"

Der Wackelpudding vor dem Halbdämonen lachte nur wieder spöttisch und streckte dann blitzschnell seine glibberigen Tentakel nach Inu Yasha und Sesshomaru aus. Diese wichen sofort aus und zerschlugen die nach ihnen greifenden Gelarme mit ihren Krallen. Kagome, die von dem Glibbermonster zunächst nicht weiter beachtet wurde, zog einen Pfeil aus ihrem Köcher und versteckte sich mit gespannten Bogen hinter einer Kiefer. Von dort beobachtete sie wie die zerschlagenen Tentakelteile aufeinander zuflossen, sich wieder vereinigten und erneut die beiden Brüder angriffen.

Als auch alle weiteren Krallenattacken gegen immer mehr auftauchende Tentakel erfolglos blieben, zog Sesshomaru Tokijin. Er ballte seine ganze dämonische Kraft zusammen und ließ eine gewaltige Druckwelle auf den feindlichen Dämon zu rasen. Inu Yasha schaffte es gerade noch sich im Rücken seines Bruders in Sicherheit zu bringen, da zerfetzte es den riesigen Gelhaufen auch schon in abertausend Stückchen.

"Uah, bäh", stöhnte Inu Yasha, als er bemerkte, dass er und Sesshomaru ordentlich etwas von den Schleimfetzen ab bekommen hatten. Dann rief er entsetzt "Oh nein!", als er sah, dass sich der auf ihm klebende Schleim bewegte, zusammenfloss und ihn zu umwickeln begann. Auch Sesshomaru wurde von schlangenartigen Gelarmen umflossen. In der Wiese vor dem Grabhügel setzte sich währenddessen der zerschlagene Dämon wieder zu einer großen Qualle zusammen und grinste schief.

Sesshomaru setzte seine Giftklaue ein und schmorte damit die ihn umgebenden Tentakel weg. Das schien etwas zu helfen. Inu Yasha hatte dagegen nicht soviel Glück, seine Krallenattacken waren nicht schnell genug gewesen. Mehrere Tentakel hatten ihn fest umschlungen und zogen ihn zum breiten Maul des Gelhaufens.

Kagome hatte genug gesehen, sie schoss einen Pfeil ab. Der Pfeil zerstörte die Tentakel, die Inu Yasha gefesselt hielten, und löste sie vollständig auf. Doch dafür bildeten sich an einer anderen Stelle sofort neue Tentakel, die nun auf das Mädchen zu geschossen kamen. Bevor Kagome reagieren konnte, hatten die Gelarme sie schon gepackt und bewegungsunfähig gemacht. Sie verlor ihre Waffe und schrie schmerzerfüllt auf.

"Kagome!"

Inu Yasha rannte sofort los, um ihr zu helfen. Dabei vergaß er den fesselnden Effekt des Banns zu seinem Bruder, entfernte sich zu weit von Sesshomaru und stürzte zu Boden. Sesshomaru konnte sich durch einen Sprung zu Inu Yasha gerade noch vor einem Sturz abfangen. Das quallige Monster quittierte die ganze Aktion mit höhnischen Gelächter.

"Kannst du nicht einmal nachdenken und aufpassen?!" zischte der Hundedämon seinem Bruder zu.

Inu Yasha hatte jedoch nur Augen für Kagome und beachtete ihn nicht. Sofort rappelte er sich auf und stürmte den Tentakeln nach, die das hilflose Mädchen unerbittlich zum Ungeheuer zogen. Sesshomaru blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen.

Der Halbdämon riss Tessaiga mit dem daran klebenden Tensaiga hervor, glücklicherweise diesmal ohne sich zu verheddern, und schlug wie wahnsinnig mit den Schwertern und seinen Krallen auf jedes Glibberteil in Kagomes Nähe ein. Warum nur kann sich Tessaiga so nicht verwandeln, dachte er verzweifelt. Blödes festgeklebtes Tensaiga!

Die wütenden Attacken zerrissen die Hälfte seines qualligen Gegners in viele kleine Teile. Doch dieser setzte sich unbeeindruckt wieder zusammmen und umhüllte schließlich Kagome und Inu Yasha gemeinsam. Bauch an Bauch klebten sie aneinander, wurden noch fester umwickelt und schließlich zum Maul gezogen.

Sesshomaru konnte bisher sämtlichen Umschlingungsversuchen weiterer Tentakel ausweichen. Außerdem schien sein Gift gegen den glibberigen Widersacher etwas auszurichten. Von ihm weg geätzte Tentakel blieben verschwunden. Aber die Menge der Tentakel und die eingeschränkte Bewegungsfreiheit wegen seiner Fesselung an Inu Yasha machte dem Hundedämonen zunehmend Schwierigkeiten. Zudem hatte er kaum noch Zeit. Wenn Inu Yasha getötet und verschlungen werden würde, wäre es durch den Bann auch mit seinem Leben vorbei.

Es gab nur noch eine Möglichkeit.

Ein grollendes, tiefes Knurren entkam Sesshomarus Kehle. Seine Augen färbten sich blutrot und seine Pupillen verengten sich zu Schlitzen. Seine Fangzähne und Krallen wurden länger, dann verformte sich sein Gesicht und er nahm kurz eine halb kauernde Haltung an. Innerhalb der nächsten Sekunde stand dem quallenartigen Dämon ein riesiger, weißer Hund mit zornesroten Augen und einem furcht erregenden Gebiss gegenüber. Aus seinen Lefzen quoll grünlich leuchtendes Gift, das am Boden sofort dampfende Nebelschwaden bildete. Mit bösartigem Grollen stürzte sich der Hund auf den glibberigen Haufen und biss ihm genau zwischen die wässrigen Augen. Weiteres Gift strömte aus dem Hunderachen, floss auf den Boden und verteilte sich zusammen mit dem giftigen Nebel überall.

Blumen und Gräser knickten ein, verwelkten und verschwanden. Die Nadeln der Kiefern sowie die Blätter von Büschen und vom Kirschbaum fielen ab, das Holz verätzte und verkohlte. Selbst die Erde und Steine begannen zu schmelzen und nahmen eine schwärzliche Farbe an.

Das gelartige Quallenmonster, genauso wie Inu Yasha und Kagome, waren binnen kürzester Zeit von giftiger Säure und Nebel komplett umhüllt. Dazwischen wütete der weiße Hund und zerbiss oder zertrat jede gelartige Substanz, die er finden konnte mit seinem todbringenden Maul und Pfoten.
 

Kagome erwachte zitternd aus einer kurzen Ohnmacht und kämpfte mit einem Brechreiz. Sie bemerkte, dass sie bäuchlings auf Inu Yasha lag, der ebenfalls in die Bewusstlosigkeit abgedämmert war. Das kalte Eisen von Tessaiga und Tensaiga drückte gegen ihre Schenkel.

Was war geschehen?

Das Mädchen konnte sich nur noch an das riesige, schlabbernde Maul des quallenartigen Dämons, das sie und Inu Yasha verschlingen wollte, erinnern. Dann war da noch ein anderes, großes Maul mit glänzend weißen, scharfen Zähnen gewesen. Und ätzendes Gift. Sesshomaru!

Kagome rollte von Inu Yasha herunter und setzte sich auf. Der plötzliche Gedanke daran, dass sie die letzte Zeit auf engste Tuchfühlung mit dem Halbdämonen gewesen war, ließ sie leicht erröten. Dann sah sie sich um.

Der Anblick, der sich ihr bot, war erschreckend. Von dem Wäldchen waren nur noch verkohlte Baumstümpfe übrig geblieben, sonstige Pflanzen waren völlig verschwunden und die Erde ähnelte einem schwarzen, frisch gepflügten Acker. Im gegenüberliegenden Felsenhang hatte sich eine Höhlung gefressen und der Bach war weg, als hätte es ihn nie gegeben. Allerdings war auch der Wackelpudding-Dämon verschwunden.

Kagomes Blick fiel auf Sesshomaru. Der Hundedämon hatte wieder seine menschliche Gestalt angenommen und suchte stirnrunzelnd in der Erde herum, an deren Stelle zuvor ein Grabhügel gewesen war.

"Puh, ist mir schlecht!" Benommen richtete sich nun auch Inu Yasha auf, sah sich ebenfalls um und schüttelte sich dann.

"Du hättest uns wenigstens warnen können", beschwerte er sich bei seinem Bruder.

"Wozu", sagte Sesshomaru kühl, "euch beide haben doch die beiden Schwerter geschützt."

Kagome sah zu Tessaiga und Tensaiga in Inu Yashas Schoß. Vielleicht war es nur Einbildung, doch beide Schwerter schienen leicht zu schimmern, Tessaiga gelblich und Tensaiga bläulich. So ganz nutzlos waren sie in ihrem verklebten Zustand wohl doch nicht.

"Woher wusstest du, dass der Schutz der Schwerter noch funktioniert", begehrte Inu Yasha auf, "Tessaiga kann sich zur Zeit nicht verwandeln. Es wäre möglich gewesen, dass die Schwerter auch keinen Schutz mehr bieten!"

Sesshomaru zuckte kurz mit den Schultern: "Ich wusste es nicht. Aber Tessaigas Schutzsiegel gegen Dämonen funktioniert ja auch noch, also standen die Chancen nicht schlecht, dass euch die Schwerter schützen würden. Ansonsten wären wir eben jetzt alle tot."

Inu Yasha starrte seinen Bruder mit halb offenen Mund an. Er fragte sich, ob er ihm nun für die Lebensrettung danken oder für seine Unverfrorenheit und Kaltblütigkeit umbringen sollte. Bevor er jedoch zu einem Entschluss kommen konnte, packte ihn ein heftiger, würgender Hustenanfall. Offenbar hatte er zuviel von Sesshomarus giftigen Nebel eingeatmet. Hastig sprang er auf, ging etwas beiseite und übergab sich.

Kagome hatte weitaus weniger Gift abgekriegt, weil sie dicht gegen Inu Yashas Feuerrattengewand gepresst worden war. Taktvoll sah sie am kotzenden Halbdämonen vorbei und näherte sich Sesshomaru, der wieder in der Erde kramte und dabei einzelne, teils schwärzliche Knochen ausgrub. Das mussten die Gebeine der armen, toten Geschwister sein.

Kurz darauf zog Sesshomaru einen länglichen, in der Sonne aufblitzenden Gegenstand zwischen den Knochen und der Erde hervor. Kagome stockte der Atem. Der Dämon hielt einen etwa zwei Meter langen, schmalen Speer aus puren Gold mit weißlich glänzender Spitze in der Hand. Die gesuchte Lanze!

"Huh", sagte Sesshomaru etwas verächtlich und wog die Waffe in seiner Hand, "viel zu weiches Metall für eine Waffe. Wie unsinnig, aber so ist sie wenigstens nicht geschmolzen!"

Mit einer abschätzigen Geste warf er Inu Yasha die Lanze zu und hätte den grünlich im Gesicht aussehenden Halbdämonen dabei fast aufgespießt.

"He, was soll das", schimpfte Inu Yasha, "soll etwa ich das schwere Ding die ganze Zeit schleppen?"

Keine Antwort. Sesshomaru drehte sich wortlos um und machte sich auf den Rückweg. Fluchend nahm Inu Yasha die goldene Lanze und folgte ihm.

Kagome betrachtete noch einmal traurig die zerstörte Umgebung. Ohne Sesshomarus radikales Eingreifen wäre die Begegnung mit dem widerlichen Glibbermonster schlecht für sie alle ausgegangen, aber es tat ihr leid die zuvor so idyllische Grabstätte derartig entweiht zu sehen.

"Inu Yasha, warte!

Die beiden Brüder drehten sich zu ihr um.

"Bitte", meinte Kagome, "wir sollten zumindest den Grabhügel wieder herrichten und die Knochen nicht so frei herum liegen lassen."

"Keh, albernes Menschengetue..." spuckte Sesshomaru verächtlich aus.

Seine Respektlosigkeit erboste Kagome. "Ihr verdankt den Toten immerhin das erste Puzzlestück für die Auflösung eures Banns. Das seid ihr ihnen schuldig!"

"Was ist ein Puzzlestück?" fragte Inu Yasha interessiert, Sesshomaru wirkte genervt.

"Ach, vergiss es" sagte Kagome. Sie hatte keine Lust zu erklären, was ein Puzzle ist. Sollten die zwei Idioten doch machen, was sie wollten. Sorgfältig begann sie die freigelegten Knochen zusammen zu tragen und einzugraben. Inu Yasha sah ihr eine Weile nachdenklich zu, dann half er ihr bei der Errichtung eines neuen Grabhügels.
 

Sesshomaru hinderte die beiden nicht an ihrem Tun, er sah nur untätig und missmutig zu. Was für ein Aufwand für zwei verblichene Tote! Doch zumindest hatte sich der Aufwand gelohnt. Hoffentlich erwies sich die erbeutete Lanze wirklich als nützlich und hoffentlich waren die restlichen vier Waffen auch schnell zu beschaffen. Es war höchste Zeit das lästige Halbblut und seinen noch lästigeren Anhang los zu werden!

Zum Glück konnte Sesshomaru nicht ahnen wie lästig die ganze Angelegenheit erst noch werden sollte.
 

_ _ _ _ _

So, damit wäre ein weiteres Kapitel geschafft. Die erste Hürde haben unsere "Unzertrennlichen" doch ganz gut genommen... Ich hoffe, ich habe euch diesmal wieder spannende Action bieten können.

Welche Gefahren wohl noch auf die beiden Brüder lauern?

Haben Sango und Miroku auch Erfolg gehabt?

Wie lange halten es die beiden aneinander Gefesselten wohl noch gemeinsam aus?
 

Bleibt mir treu und schenkt mir ein paar Kommentare, ich schreibe fleißig weiter.

Fortsetzung folgt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von: abgemeldet
2006-02-10T12:34:30+00:00 10.02.2006 13:34
Wieder ein sehr schönes Kapitel. Den Kampf fand ich wirklich sehr gut beschrieben. Aber auch den Rest, Umgebungsbeschreibung und wie die Charaktere miteinander agieren, sehr gut gelungen.

Bye
Von:  Mondvogel
2005-08-10T07:36:41+00:00 10.08.2005 09:36
*räusper*
Also diesen glibbrigen Dämon hast du ja super beschrieben, Kompliment. Ganz zu schweigen vom Kampf. Der war erste Sahne!
Diese FF ist einfach was tolles!!
Was soll ich denn sonst noch großes sagen? Ich glaube ich werde mich mal all meinen Vorgängern anschließen^^
Von: abgemeldet
2005-07-26T11:24:54+00:00 26.07.2005 13:24
Wie witzig, Sesshoumaru mit einem Kühlschrank zu vergleichen *lol*
Du hast echt supergeniale Ideen
und du kannst die Umgebung sehr detailliert beschreiben *nick nick*
Jetzt endlich habe sie eine der Waffen und wie üblich darf Inuyasha alles tragen *lach* und wird fast noch von seinem überaus liebenswerten Bruder aufgespießt, das nenn ich Bruderliebe *kicher* Also da kommt noch viel Freude auf, nicht für die Beteiligten sondern für uns Leser *gg*
Super Chapter
dat Lina
Von: abgemeldet
2005-04-27T15:16:27+00:00 27.04.2005 17:16
*Grins* Deine FF gefällt mir irgendwie immer mehr. Hoffe das es bald weiter geht, es scheint noch interessanter zu werden ;)
Gruß,
Jin-Jin
Von:  Xell
2005-04-26T20:58:22+00:00 26.04.2005 22:58
Wie geil! XD Sess und Inu die "unzertrennlichen" Brüder! XD Die Idee ist klasse! Besonders der Kampf im Bach hat mir gefallen. Zuerst dachte ich dass die zwei nackt wären... O_O Und Mirokus Ausrede dass sie nur baden fand ich ebenfalls witzig. ^^ Alles in einem einfach genial! *in die Liste meiner Lieblings-FFs setz*
Weiter schreiben!
Von:  Sesshoumaru-sama
2005-04-26T10:46:11+00:00 26.04.2005 12:46
Wieso muß immer ich unter solchen Situationen am meisten leiden und man wird noch dumm angemacht, wenn man wieder mal die Lage rettet. Das bißchen Gift wird schon nicht sooo schlimm sein *fg*

Bin mal gespannt wie es weiter geht. Inuyasha könnte mal etwas höflicher sein ;)...

Sesshoumaru-sama, Lord of the Western Lands
GVD
Von: abgemeldet
2005-04-21T21:11:20+00:00 21.04.2005 23:11
Hi!

Gefällt mir echt super! Das Verhalten und alles passt perfekt, macht echt Spaß deine geschichte zu lesen! Sehr spannend und lustig. Danke! Freue mich auf weitere Teile.
Von: abgemeldet
2005-04-21T19:46:25+00:00 21.04.2005 21:46
Also, ich muss sagen, es wird von Kapitel zu Kapitel besser, vor allem Kagomes Gedanken gegenüber Sesshomaru fand ich echt gelungen, der Vergleich mit einem Kühlschrank hat mich erstmal vor Lachen geschüttelt. Humor kommt bei Deiner FF wirklich nicht zu kurz und er ist auch jedes Mal perfekt gewählt. Was die Beschreibung der Landschaften betrifft, kann ich den anderen nur Recht geben, hast Du super beschrieben.
Also, lass uns weiter teilhaben an Deiner tollen FF!

See ya
Mariko
Von: abgemeldet
2005-04-21T16:20:48+00:00 21.04.2005 18:20
Sesshomaru tut mir immer mehr leid. ^^
Als ich von den Augen gelesen hab hab ich wieder an Gollum gedacht - aber das war sofort vorbei als der glibrige Damon auftauchte. Ubrigens war der Kampf sehr, sehr gut beschrieben. Auch die landschaften, wie meine ehrenwerte Vorgangerin Hotnepeith schon bemerkt hat. *sich verbeug*

Ich bin schon gespannt, was sie in den nachsten Kapis erwartet.

Bye
Von:  Haniel
2005-04-21T13:28:57+00:00 21.04.2005 15:28
an so einem ort möchte ich auch mal begraben werden *träum*, ber erst in 100 Jahren *gg*. deine ideen gefallen mir auch sehr, und deine beschreibung von der grabstätte war genial. aber ich glaube sess und inu sterben eher an denn bann, als durch einen gegner, wenn sie sich weiterhin so gut 'leiden' können *gg*


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