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Stichflamme

Der Aufstieg des Phönix
von

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Brennende Neuigkeiten

Mulciber sprach den Legilimens-Zauber nicht aus. Minerva wusste einfach, dass er da war. In ihrem Kopf. Ihr Herz beschleunigte seinen Schlag und für einen Moment sprangen ihre Gedanken wild durcheinander, einem Daumenkino gleich, bei dem jedes Bild ein grundlegend anderes war, ehe sie auf das Kopfsteinpflaster in der Winkelgasse zurückfanden.

Sorgsam durch die Seiten ihres geistigen Daumenkinos blätternd, ging sie den gestrigen Nachmittag erneut durch. Elladoras plötzliches Auftauchen, die Begegnung mit Rosier. Ihre Lügen und die Einladung zu der Rede Lord Voldemorts, mitsamt Flohadresse und Zungenfesselfluch.

Für ein paar Sekunden hatte Minerva das Gefühl, dass ihre Zunge anschwoll, doch nichts weiter geschah. Da waren nur ihre Gedanken und ihr Gast, der alles mit ansah. Erst als Mulciber sich aus ihren Erinnerungen löste, spürte sie das Stechen hinter den Schläfen, das seine Einmischung mit sich gebracht hatte. Er war wirklich ein beängstigend guter Legilimentiker.

Rasch schlug sie die Augen auf und suchte seinen Blick, um sich zu vergewissern, dass er nicht mehr gesehen hatte. Doch vor Überraschung verschwanden ihre Augenbrauen beinahe im Haaransatz. Sie hatte mit vielem gerechnet, nur nicht mit diesem Anblick.

Mulciber sah geradewegs durch sie, Pupillen erweitert, Lippen leicht geöffnet. Als hätte ihn der vorhin herbeigesehnte Schockzauber getroffen. Ausnahmsweise schien er derjenige zu sein, den die Legilimentik umgehauen hatte.

Verflucht, Alston Mulcibers Finger am Zauberstab zitterten!

»Alston? Hast du ... es gesehen?«

Die Augen beharrlich auf einen Punkt in weiter Ferne gerichtet, fuhr Mulciber sich durchs dunkle Haar. Im Schein der Zaubersphäre glänzten erste graue Strähnen darin. »Sie ...«

»Sie ...?«

Mulciber zuckte beim Klang ihrer Stimme zusammen. Ein paar Mal blinzelte er heftig, dann schwand das Zittern seiner Zauberstabhand, als hätte er einen Knopf umgelegt. Er sah Minerva an und räusperte sich. »Du meinst ... die Begegnung mit Rosier?«

Minerva nickte vage. Sie wollte kein Risiko eingehen, doch noch den Fluch auszulösen.

»Ja. Ich habe alles gesehen. Inklusive der Adresse.« Trotz des abwesenden Ausdrucks zog Mulciber seine Mundwinkel in die Höhe. »Verflucht clever von dir.«

Da begriff auch Elphinstone. Ein triumphierendes Lächeln trat auf seine Züge. »Dann bist du nicht ... von etwas gehindert, dein Wissen zu teilen?«

»Nein. Ich kann Archibald hier und jetzt mitteilen, dass Lord Voldemort morgen Abend eine Rede über seine Pläne für die Zukunft Großbritanniens halten wird. In einem Anwesen in Südengland. Nur für geladene Gäste, die mit einem Zungenfesselfluch belegt sind, um unerwünschte Besucher zu verhindern.«

Nun wurden Archies Augen ebenfalls groß. Er starrte Minerva an wie die achtäugige Agrippa. Endlich sank die Spitze seines Zauberstabs, den er bis eben auf Mulciber gerichtet hatte, gen Boden.

Mit einem aufgesetzten Lächeln wandte Minerva sich an Mulciber. »Du wirst Elphinstone und mir also den Rücken freihalten?«

»Sicher ... Wenn mich jemand aus diesem Hospital entlässt.«

Mulciber sah zu Elphinstone hinüber. Wieder fuhr er sich durchs Haar, immer noch ... verwundert? Betroffen? Minerva konnte nicht einschätzen, was ihm gerade durch den Kopf ging. Aber zusammen mit seinem üblichen feinen Zwirn schien Mulciber auch einen Teil seiner gewohnten Selbstsicherheit abgelegt zu haben.

Sie war noch in die Betrachtung ihres früheren Kollegen vertieft, als in der Luft vor ihr ein goldener Lichtfleck auftauchte. Einfach so, mitten im Raum zwischen ihnen. Verwundert blinzelte Minerva, doch der Fleck blieb. Er hüpfte auf und ab, wie ein Funken ... War es das grelle Licht der Zaubersphäre, das ihr Tricks spielte? Oder war sie schlicht übermüdet und sah Dinge, die gar nicht existierten? Minerva rieb sich die Augen.

Der strahlende Punkt war nach wie vor da. Nicht nur das – er wuchs rasant an. Sein Flackern wurde stärker und stärker .... bis das goldene Licht mit einem Mal ein Loch in die Luft schlug. Erschrocken stolperte Minerva rückwärts. Kaltes Metall drückte sich in ihren Rücken. Die Bahre – stumm riss sie den Mund auf, einen Warnruf auf den Lippen.

Zu spät.

Gut anderthalb Meter über dem Boden loderte eine Stichflamme auf, bestimmt zwanzig, dreißig Zentimeter hoch. Noch während die drei Männer auf der anderen Seite überrascht zurückwichen, verglühte das spontane Feuer wieder. Vollkommen geräuschlos fiel die Flamme in schwarze Ascheflöckchen zusammen, die gen Boden segelten.

»Was zur –« Entsetzt zog Elphinstone Archie mit sich weiter Richtung Tür. »Woher kommt das?«

Genau wie Minerva starrte er zur Decke, in die Ecken des Raumes – aber da war nichts. Nur geschlossene Kühlfächer und eine tote Mrs Winters.

Einzig Mulciber, behindert durch seinen Infusionsständer, wich nicht weiter zurück. Er beugte sich mit knackenden Knochen zum Boden hinab und hob etwas auf. Ein Wölkchen Aschenstaub stieb von dem Gegenstand auf, den er sacht schüttelte.

»Hm, interessant ... Das ist dann wohl für dich.« Ein schmallippiges Lächeln im Gesicht streckte er Minerva die offene Hand entgegen. Darin lag eine rot-goldene Feder.

»Eine Phönixfeder!«

Die Angst vor dem Feuer vergessen, stürzte Minerva sich darauf. Fawkes’ Schwanzfeder war noch warm, als sie danach griff. Fast meinte sie, den Geruch von Zitronendrops wahrzunehmen. Mit zitternder Hand drehte sie die Feder. Da stand etwas geschrieben! In hellem Funkengold glühten einige Worte in der unverkennbaren Handschrift von Albus Dumbledore auf der Innenseite der Phönixfeder.

Lestranges nahe Observationsobjekt in Derbyshire gesichtet. Dädalus Diggel benötigt sofortige Unterstützung.

Darunter eine Adresse.

»Wir müssen los!« An Mulciber vorbei rauschte Minerva zur Tür, die Feder fest in ihrer Faust umschlossen. »Es droht ein weiterer Überfall!«

Schritte folgten ihr in den Flur. Sie brauchte sich nicht umdrehen, damit sie Elphinstones Gang erkannte.

»Wo?«

»Cokeworth. Im Norden, in Derbyshire.«

Inzwischen rannte Minerva fast. Elphinstone schloss an ihre Seite auf.

»Wartet.«

Das war Mulciber. Das Quietschen seines Infusionsständers folgte ihnen, viel zu langsam, als dass er sie je einholen könnte. Minerva beschleunigte ihre Schritte und nahm die ersten Treppenstufen.

»Später, Alston, später!«

»Nein, jetzt! Ihr wollt, dass ich mich nützlich mache? Dann komme ich mit.«

Über die Schulter hinweg warf Minerva einen Blick zurück. Mulciber war auf halber Höhe des Flurs und zog sich die Infusionskanüle aus dem Arm. Hinter ihm stand Archie, die Arme verschränkt.

»Sicher, dass du nicht eher ein Hindernis bist?«, spottete er. »Immerhin trägst du noch deinen Bademantel.«

Selbst auf die Entfernung sah Minerva, wie Mulciber die Zähne zusammenpresste. Er zog den Zauberstab und verschwand in einem purpurnen Wirbel, aus dem er in nachtschwarzem Umhang wieder auftauchte. Mitsamt gestärktem Kragen und polierten Manschettenknöpfen.

»Oh Archibald ...« Mulciber schüttelte den Kopf. »Dich kann man ja so leicht täuschen. Ich bin vielleicht über vierzig, aber sicher nicht gebrechlich. Trotzdem danke für den großartigen Aufenthalt hier. Eine wunderbare Abwechslung, wenn man sich keinen Urlaub leisten kann.«

Schon tat es Minerva wieder leid, überhaupt nett zu Mulciber gewesen zu sein. Elphinstone sah das offenbar ähnlich, denn er bedachte seinen Kollegen mit einem Blick, der auch Drachen das Fürchten lehren würde, bevor er Archie ansah und entschuldigend die Schultern hob.

»Ah und Archibald – danke, dass du meine Entlassungspapiere unterschreibst!« Mulciber schenkte Archie ein dünnes Lächeln, hob die Hand und hielt auf die Treppe zu. Es hätte nur noch gefehlt, dass er eine fröhliche Melodie summte.

»Ich sag ja, du bist ein Arsch«, zischte Minerva, als er den Fuß auf die erste Stufe setzte.

»Ich weiß, ich weiß. Aber lieber ein Arsch, der euch hilft, als euer Arsch, der auf Grundeis geht.« Mit einem selbstgefälligen Lächeln sprang er an ihnen vorbei die Stufen hinauf. »Also, worauf wartet ihr?«

 

Cokeworth erwies sich als gänzlich unzauberhaftes Städtchen. Die Zahl magischer Geschäfte belief sich auf exakt zwei: Eine Apotheke und ein Krimskramsgeschäft voller verbeulter Kessel, angelaufener Messingwaagen und anderem Tand. Letzterer Laden war darüber hinaus die einzige öffentliche Flohpulveradresse im Umkreis einiger Meilen. Wenn man von dem verstaubten Kamin ausgehen konnte, lebten ohnehin kaum magisch Begabte in der Gegend.

Minerva beschlich das Gefühl, dass immer noch Spinnweben in ihren Haaren hingen, als sie den Muggelbus zwei Stationen später in der Straße verließen, die auf Albus’ Notiz stand. Ohne bekanntes Ziel war Apparieren ausgeschlossen und sie somit auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen gewesen – ein Umstand, der sie vor Ungeduld mit dem Fuß hatte wippen lassen, bis sich endlich die Türen geöffnet und sie in die Muggelwelt entlassen hatten.

In der von Rosenbüschen gesäumten Straße sah auf den ersten Blick nichts nach der Unheil verkündenden Anwesenheit schwarzer Magie aus. Am blauen Himmel trieben Schäfchenwolken vorbei und in einem Vorgarten wässerte ein Mann seine Blumen. Aus der Ferne drang Kinderlachen heran. Wenn nicht plötzlich eine Bananenschale, die unter dem Mülleimer im Wartehäuschen lag, einem scheuen Tier gleich aufgeschreckt und auf allen vieren – sofern man hierbei davon sprechen konnte – über den Asphalt gehüpft wäre, hätte Minerva nicht angenommen, dass hier Unerhörtes vorging. So jedoch war klar, dass ihre Ankunft erwartet wurde.

Zu dritt folgten Minerva, Elphinstone und Mulciber der verzauberten Schale, die sich wie ein Krake über den Gehweg bewegte und dabei ein gutes Stück Zauberkunst offenbarte. An Wohnhäusern mit gepflegten Vorgärten vorbei eilte der Unrat die Straße hinab, bis die Umzäunung eines kleinen Parks mit Spielplatz in Sicht kam. Mit ihrem Stielende deutete die Bananenschale ein, zwei, drei Mal hintereinander auf das schmiedeeiserne Parktor.

Die fröhlichen Geräusche spielender Kinder waren jetzt ganz nah und erinnerten Minerva schmerzhaft an Hogwarts. Egal ob Muggel oder magisch begabt, in diesen Dingen waren sie alle gleich. Wenigstens bestand, solange gelacht wurde, noch die Hoffnung, dass die Lestranges nicht zugeschlagen hatten.

Minerva hielt inne. »Wir sollten nicht alle drei durch’s Tor hineinspazieren«, flüsterte sie ihren Begleitern zu. »Geht ihr nur, ich such mir einen anderen Weg.«

Elphinstone langte nach ihrem Handgelenk, doch sie bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln und entzog sich ihm. Sie wollte ihn genauso wenig zurücklassen, aber immerhin würde Mulciber bei ihm sein.

»Minerva –«

»Keine Sorge Elphinstone, ich bin vorsichtig. Ich will nur, dass sie uns diesmal nicht entwischen.«

Nonchalant hob Mulciber die Schultern. »Ich würde sagen, du beeilst dich besser.« Er warf Elphinstone einen durchdringenden Blick zu. »Bevor noch jemand etwas ... Unüberlegtes tut.«

Mehr Bestätigung brauchte Minerva nicht. Manchmal gereichte es zum Segen, dass Mulciber so direkt war.

Rasch eilte sie auf die Hecke zu und als sie sicher war, dass kein Muggel weit und breit sie beobachtete, sank sie auf vier pelzigen Pfoten dem Boden entgegen.

Mit einem Satz hüpfte sie auf die kniehohe Mauer und drückte sie an den schmiedeeisernen Zaunelementen, die daraus emporragten, vorbei. Aus Katzensicht fand sie schnell eine Stelle, an der die Hecke hinter dem Zaun licht war und genug Platz für sie bot. Geduckt schlich sie ein paar Meter durch das Gestrüpp, dem ein trockener Sommer anzumerken war.

Auf der Rasenfläche zur anderen Seite ihres Verstecks erkannte Minerva eine verwitterte alte Holzschaukel, auf der sie zwei Mädchen ausmachte, die für das kreischende Gelächter verantwortlich waren. Die beiden strampelten eifrig mit den Beinen und schienen sich in einem Wettstreit zu befinden, wer von ihnen höher schaukeln konnte.

»Guck mal wie hoch ich bin«, schrie die Rothaarige der beiden. Jauchzend streckte sie die Füße in den Himmel – und trotzdem schwang die Schaukel sie noch ein paar Zentimeter höher. Entgegen allen physikalischen Möglichkeiten.

»Ich krieg dich gleich!«, rief ihre Freundin – oder Schwester? – verbissen zurück. Doch was sie auch tat, sie flog nie so hoch. Die Bewegungen des Mädchens wurden immer ruppiger, wodurch ihr Schwung erst recht ausgebremst wurde. »Warte doch mal!«

Aber die andere wartete nicht. Stattdessen schwang sie sich ein letztes Mal höher und löste dann die Hände von den Seilen ihres Schaukelbretts. »Guck Tunia, ich kann fliegen!«

Um ein Schnurrhaar vergaß Minerva, dass sie ihre Animagusform angenommen hatte. Ein ersticktes Miauen war die Folge, als sie den »Vorsicht!«-Schrei in ihrer Kehle abwürgte.

Dafür brüllte das blonde Mädchen umso lauter. »Lily! Ich hab gesagt, du sollst das nicht mehr tun! Was, wenn du dich verletzt ...«

Die wagemutige Springerin landete allerdings wie eine Primaballerina auf ihren Zehenspitzen, die Arme in die Luft gereckt. Sie lachte und schien die Angst ihrer Begleiterin gar nicht zu bemerken.

Wenn Minerva vorher noch Zweifel gehabt hätte, dass hier Magie am Werk war, wurden diese nun durch das sachte Flackern einer gelblichen Aura verdrängt. Das Mädchen – Lily – war das muggelstämmige Kind, das Dädalus Diggel bewacht hatte. Von ihm selber fehlte indes jede Spur. Genauso wenig konnte Minerva ein Anzeichen für die Anwesenheit der Lestranges erhaschen.

Trockenes Gras pikste in ihre Pfoten, als sie aus dem Schutz der Hecke in Richtung Schaukel huschte. An einer Reihe kümmerlicher Büsche hielt sie schnuppernd inne. Wie eine gewöhnliche Hauskatze gab sie vor, auf der Jagd nach einer Maus zu sein, während sie in Wirklichkeit die Augen über alle Winkel des Parks gleiten ließ.

Da, am Stamm einer dicken Eiche, lehnte jemand! Die Ohren gespitzt, pirschte Minerva näher. Doch sie wurde enttäuscht – es war nur ein Junge, der im Schatten des Baumes stand und eindeutig zu den Mädchen hinübersah. In die Gestalt eines gerade mal Zehnjährigen in verwaschenen Klamotten würden sich wohl weder Bellatrix noch Rodolphus verwandeln. Oder?

Misstrauisch legte Minerva den Kopf schief. Warum allerdings sollte der Junge so verstohlen zu den Mädchen, die sich inzwischen lauthals zankten, hinübersehen? Das war nicht unbedingt das gewöhnliche Verhalten in diesem Alter.

Ganz in ihre Überlegungen vertieft, wurde Minerva vom heimlichen Beobachter erspäht. Ein schüchternes Lächeln schlich sich auf seine Züge und der Junge beugte sich hinunter, eine Hand in ihre Richtung ausgestreckt.

Oh wie sie es hasste! In ihrer Animagusform mit wenig geistreichen Lockrufen bedacht oder gar gestreichelt zu werden, war Minerva zuwider. Doch einen besseren Vorwand, sich dem merkwürdigen Kind zu nähern, gab es nicht. Misstrauisch hielt sie auf die zaghaft vorgestreckten Finger zu und gab sich ihrerseits ganz wie eine scheue Katze. Die Schnurrhaare voraus, wittere sie.

Ein feines Kitzeln der Magie ging von dem Jungen aus. Genauso unbeholfen wie bei dem rothaarigen Mädchen. Höchstens eine Spur ausgeprägter ... akzeptierter. Zudem roch er kein wenig nach Verlies, Feuer oder Zaubertranksubstanzen. Obwohl ... ein bisschen Diptam vielleicht. Ja, ihm haftete der Geruch magischer Wundheilsalbe an. Abgesehen davon war er tatsächlich nur ein Kind, so fern Minerva das beurteilen konnte. Ein weiteres, magiebegabtes Kind.

Mit einem Lächeln streichelte der kleine Zauberer über ihr dichtes Nackenfell und unwillkürlich stellten die Haare sich auf, doch Minerva hielt der Tarnung zuliebe still.

»Wo kommst du denn her?«, murmelte der Junge halblaut. »Dich hab ich hier noch nie gesehen. Bist du vielleicht die neue Katze der Castlemans? Du hast gar kein Halsband ...« Während er sprach, huschten seine Augen immer wieder zwischen Minerva und den beiden Mädchen hin und her.

Sie folgte seinem Blick und erkannte weiter hinten Elphinstone und Mulciber, die durch das Tor den Park betraten. Schon an der Körperhaltung konnte sie erkennen, dass beide Männer sich gestritten hatten.

Ein Zucken der Finger in ihrem Nackenfell schreckte Minerva aus ihrer Beobachtung auf. Vorwurfsvoll maunzend wandte sie sich zurück zu dem Jungen.

»Oh ...«, hauchte dieser, »entschuldige, ich würde dich gerne besser kennenlernen, aber – ich muss los. Das verstehst du nicht, aber diese Männer sind böse

Minerva stockte. Was hatte er da gesagt? Ein furchtbarer Verdacht beschlich sie.

Der Junge war bereits einige Schritte über den Rasen in Richtung eines zweiten Ein- und Ausgangs verschwunden, als Minerva sich berappelte und ihm folgte. Der Vollständigkeit halber ließ sie ein anklagendes Maunzen hören, das nach weiteren Streicheleinheiten zu verlangen schien. Extra laut, damit Elphinstone und Mulciber hoffentlich mitbekamen, wohin sie verschwand.

Sie erntete einen mitleidigen Blick von ihrem neugewonnen Freund. »Na schön, du kannst mitkommen. Aber nur, bis ich nach Hause muss. Mein Vater ... mag keine Katzen. Oder überhaupt Tiere.«

Auf den Fersen des Jungen folgte Minerva ihm auf eine andere Straße, die nicht weniger normal aussah als die Erste. Weit musste sie dem kleinen Zauberer nicht folgen, bis er vor einem Kiosk an der nächsten Straßenecke hielt. Schon durch die Glasscheiben erkannte Minerva einen Schemen, der ihr nur allzu vertraut war.

Bellatrix Lestrange stand vor dem Zeitschriftenregal und blätterte mit angewiderter Miene in einem selbsternannten ‚Frauenmagazin‘. Hinter ihr lauerte Rodolphus, der seinen Zauberstab einem käsebleichen Dädalus Diggel – gut zu erkennen an dem ausgefallenen Spitzhut – ins Rückgrat bohrte. Über der Ladentheke lag vornübergebeugt ein Muggel. Ob bewusstlos oder tot war schwer zu sagen.

Bestürzt sah Minerva von unten zu ihrem Begleiter hoch. Der Junge hatte seine Hände zu festentschlossenen Fäusten geballt. Wusste er, was er da tat? Nein, unmöglich, beschloss sie. Kein Zehnjähriger würde wissentlich die Lestranges unterstützen.

Sie schlich um den Ständer eines Korbs mit Sonderangeboten herum und versteckte sich vor den Blicken der beiden Entführer. Derweil öffnete der Junge die Glastür, sodass ein Glöckchen bimmelte.

»Da sind noch mehr Männer gekommen, wie ihr gesagt habt«, wisperte er aufgeregt. »Schnell, sonst tun sie –«

»Keine Sorge.« Bellatrix lächelte regelrecht sanftmütig. »Wir beschützen deine Freundin. Überlass das uns, du warst heldenhaft genug.«

Ein magieerfülltes Knistern folgte auf ihre Worte – dann stürzte der Junge direkt vor Minervas Augen gen Boden. Reglos.

Im Bruchteil einer Sekunde traf Minerva eine Entscheidung. Noch während sie sich zurückverwandelte, sprang sie aus ihrem Versteck hervor. Einen Arm streckte sie nach dem Jungen aus, mit dem anderen riss sie ihren Zauberstab aus dem Umhang.

»Das reicht!«

Ihr Entwaffnungszauber traf Rodolphus mitten auf die Stirn, direkt über Dädalus Diggels’ Hutspitze. Grunzend stolperte Rodolphus in das Regal hinter ihm und ging in einem Regen aus Scherben und Marmelade zu Boden.

Bellatrix hob den Zauberstabarm, ihre Augen wild aufgerissen, da hatte Dädalus bereits den Stab ihres Ehemannes aufgefangen und setzte ihr mit einem Schockzauber nach. Fluchend sprang Bellatrix beiseite. Den Blick löste sie trotzdem nicht von Minerva.

»Du!«, fauchte sie wie eine Harpyie. »Von allen Freunden Dumbledores habe ich dich am wenigsten erwartet. Die Animagusform kommt wohl mit sieben Leben, was? Nun, dann werde ich sie dir alle nehmen, eins nach dem anderen!«

Ein grüner Lichtblitz jagte nur Millimeter über Minerva hinweg und sorgte dafür, dass ihre Haare sich elektrisch aufluden. Erst da begriff sie, welchen Fehler sie gemacht hatte. Doch für Reue war keine Zeit.

Schützend warf sie sich über den geschockten Jungen und nahm Bellatrix erneut ins Visier. »Ich enttäusche ungern, aber ich gebe nicht auf, solange ich eine Rechnung offen habe!«

»Hahaha!« Bellatrix’ schwenkte den Zauberstab wie einen Taktstock durch die Luft, zu ihrer ganz eigenen Melodie des Chaos. »Oh meine Liebe, haben wir nicht alle offene Rechnungen? Und für dich und deine muggelliebenden Freunde ist jetzt Zeit, meinen Preis zu bezahlen!«

Ihre beiden nächsten Flüche trafen in der Luft aufeinander. Es knallte, dann regnete ein Funkenschauer in dem kleinen Kiosk nieder. Einen Augenblick sah Minerva nichts außer Sternen, inmitten derer Dädalus Merlins Unterhosen verwünschte. Schließlich hörte sie ein Klatschen von Haut auf Haut. Rodolphus stieß einen heiseren Fluch aus, Bellatrix knurrte und Dädalus keuchte.

»Minerva!«

Mulciber. Im Laufschritt eilte er die Straße hinab auf sie zu, den Zauberstab gezogen. Er atmete schwer, einen dünnen Schweißfilm auf der Stirn.

Mit dem Kinn voran wies Minerva auf den Laden, in dem Rodolphus Dädalus mit bloßer Körpergewalt zu Boden rang. Gleichzeitig mühte sie sich, den Jungen aus der Schusslinie zu ziehen.

Ein verzerrtes Lächeln glitt über Mulcibers Züge, als er Bellatrix und ihren Mann erspähte. »Incar-«

Bellatrix schmetterte seinen Fesselzauber ab. »Beschützt etwa niemand die Gören? Was für eine Schande, dabei lagen sie unserem kleinen Freund hier doch so am Herzen ... zumindest die eine.«

Ein Knurren brach zeitgleich mit einem weiteren Zauber aus Mulciber hervor und Bellatrix sprang kichernd zur Seite. Der rote Lichtblitz versengte stattdessen ein Plakat, das für diverse Eissorten warb.

Minerva nutzte die Ablenkung und zielte auf Bellatrix’ Füße. Die Marmelade aus den zerbrochenen Gläsern am Boden verwandelte sich in Kleber, der die Schnürstiefel ihrer Gegnerin an Ort und Stelle fesselte. Das stellte Bellatrix selber fest, als sie Mulcibers nächstem Fluch nicht erneut ausweichen konnte. Gerade rechtzeitig schuf sie einen Schutzschild – der Sekunden später wie eine Seifenblase unter Mulcibers und Minervas kombinierten Zaubern platzte.

Trotzdem lachte Bellatrix wieder. »Ach, ich genieße dieses Tänzchen wirklich – zu schade, dass wir längst haben, was wir brauchen.« Urplötzlich zog sie drei längliche Glasphiolen voller roter Flüssigkeit aus ihrer Tasche und wackelte damit zwischen den Fingern.

Minerva keuchte. »Wie –«

»Ach, sie waren sehr zuvorkommend, die Kleinen. Es hat nur einen Verwechslungszauber gebraucht, damit der Junge die Schwestern hergeführt hat und alle drei ihre Ärmelchen freiwillig hochgekrempelt haben.« Bellatrix zwinkerte und wehrte Mulcibers nächsten Angriff auf die Phiolen mit einer schneidenden Bewegung ab. »Vielleicht tröstet es dich ja, dass du uns wirklich eine große Hilfe warst, sodass wir nicht länger auf die Begleitung unserer Spender angewiesen si-«

»Incendio!«, bellte Minerva dazwischen. Sie hatte genug gehört. Dieses Mal würden die Lestranges ihre gerechte Strafe erhalten!

Mit einem Knistern fraßen sich Flammen aus der klebrigen Marmelade am Boden empor und schlossen Bellatrix ein. Doch anstatt in Panik zu verfallen, kicherte sie. Als wäre das Feuer nur ein angenehmes Kitzeln.

»So nachtragend ...« Mit einem Zungenschnalzen schüttelte Bellatrix den Kopf. »Nun, dank deines Freundes haben wir jedenfalls genug Erkenntnisse gesammelt. Es ist alles bereit, um die wirklich wichtigen Leute schon bald von unserem Fluch zu überzeugen. Und das ist so viel wichtiger, als du oder dieser Kampf ... Bedauere.«

Mit einem kleinen Knicks packte Bellatrix Rodolphus an der Schulter, zerrte ihn über die Flammen hinweg von Dädalus und gemeinsam verschwanden sie in einem Knall, der auf der menschenleeren Straße widerhallte. Nur ihr schwarzes Paar Stiefel blieb in der brennenden Marmeladenkleberpfütze zurück.

Angewidert von ihrer eigenen Magie, löschte Minerva den Brandzauber mit einer harschen Bewegung, bevor sie auf dem Bordstein zusammensank.

»Trollkacke!« Mulciber trat gegen einen der Verkaufsständer vor der Kiosktür und fluchte noch heftiger, als er feststellte, dass der Ständer mit Beton beschwert war.

Im Kiosk rappelte Dädalus Diggel sich derweil vom Boden auf.

»Die Kinder!«, rief er aus, doch Mulciber schüttelte sofort den Kopf.

»Denen passiert schon nichts. Urquart ist bei ihnen geblieben. Wollte wohl nicht den strahlenden Ritter für Minerva spielen. Angeblich liegt es an seinem neuen Zauberstab.«

»Ah ... in Ordnung. Schätze ich.« Dädalus sah verwirrt zu Minerva, ehe er mit einem Seufzen seinen verknitterten Spitzhut hochhob, der ihm im Kampf vom Kopf gefallen war. Marmelade klebte an dem purpurnen Samt. »Es tut mir leid ...«, murmelte er geknickt in Minervas Richtung. »Ich konnte sie alleine nicht aufhalten. Ich meine – ich hab sie gesehen und wusste, dass ich besser Alarm schlage. Aber kaum hatte ich diese Phönixfeder verbrannt, die Albus mir für den Notfall gegeben hat, da haben sie mich überwältigt. Zum Glück habe ich vorher die Bananenschale verzaubert ...«

Noch einmal stieß Dädalus einen tiefen Seufzer aus, ehe er nach seinem Zauberstab suchte. Mulciber drängte sich an ihm vorbei in den Laden, wobei er fast auf seine Finger trat. Ohne mit der Wimper zu zucken, stupste er den Kioskinhaber mit seiner Stabspitze an.

»Was ist mit dem Jungen?«, richtete Minerva sich an Dädalus. »Haben die Lestranges ihm noch irgendetwas getan ...«

Rasch schüttelte der kleine Zauberer den Kopf. »Nein, nein. Sie sind im Park über ihn gestolpert. Offenbar haben sie ihm erzählt, dass sie von der Aurorenzentrale sind und danach war es wohl ein leichtes, ihm einen Verwechslungszauber aufzuhalsen. So habe ich das jedenfalls ihren Gesprächen entnommen.« Ein Schlürfen kam von Dädalus’ Zauberstab, mit dem er die Marmeladenspritzer von seinem Hut entfernte. »Der Junge hat die Mädchen zu den beiden gebracht, nachdem sie mich überwältigt hatten, und zack, haben sie ihr Blut genommen. Oh, ich konnte nichts tun! Sie haben die Armen benutzt wie billiges Werkzeug ...«

Mulciber schnaubte abfällig. »Kinder benutzen, viel tiefer kann man auch nicht sinken.«

Da gab Minerva ihm sogar recht. »Aber weshalb sind sie nicht geflohen, wenn sie längst das Blut hatten? Warum haben sie es riskiert, von uns aufgegriffen zu werden? Das ...«

»... ist unfassbar dumm«, ergänzte Mulciber ihre Worte. »Oder arrogant.«

»Nun ... ja.« Dädalus knetete die Krempe seines Spitzhutes. »Liegt das nicht eng beieinander? Ich fürchte jedenfalls, ihr habt ihnen genau gegeben, was sie wollten. Herausfinden, wen ich alarmiert habe. Den Feind begreifen, so hat es die Verrückte formuliert.«

Betroffen sah Minerva auf ihre Hände hinab. Warum nur hatte sie sich derart hinreißen lassen? Dabei hatte sie sich über den blinden Mut der Gryffindors immer erhaben gefühlt ...

»Oh, wie ich diese Gören hasse!« Verwünschungen ausstoßend, drängte Mulciber sich erneut an Dädalus vorbei und bespritzte dessen frischgesäuberten Hut wieder mit Marmelade. Minervas vorwurfsvollen Blick ignorierte er, als er sich zu ihr und dem Jungen kniete.

»Wir sollten –«, hob sie an, da richtete er den Zauberstab bereits auf die Schläfe des Kindes.

»Obliviate.«

»Mulciber!«

»Was, Minerva?«

»Du kannst doch nicht einfach seine Erinnerungen löschen! Er ist ein Zauberer! Wir sollten mit ihm reden, sehen was er uns erzählt –«

»Oh, glaub mir, es ist besser, wenn er einfach vergisst«, brummte Mulciber unwirsch. »Genauso wie der Muggel da drin. Dann ist das hier nie geschehen, verstanden? Wir können keine Fragen des Ministeriums gebrauchen, warum wir hier eigenmächtig handeln. Sonst kommt man noch auf die Idee, uns in eine Zelle zu stecken.«

Die Hände zu Fäusten geballt ließ Minerva zu, dass Mulciber ihr den reglosen Jungen entzog und ihn zu dem Muggel in den Laden trug, wo er ihn auf einem Stuhl neben dem Tresen absetzte. Anschließend machte er sich gemeinsam mit Dädalus daran, die Verwüstungsspuren von Flüchen und Zaubern zu tilgen.

Minerva schloss sich ihnen an, doch ihre Lippen blieben zu einem harten Strich gepresst. Nicht nur hatte sie den Lestranges verraten, dass sie keinesfalls tot war, die beiden waren erneut entkommen. Und obwohl sie dieses Mal keine Kinder entführt hatten, setzten sie ihre Fluchexperimente fort.

 

Den Rest des Tages saß Minerva starr wie eine Statue auf der Vorgartenmauer des Muggelhaushaltes, in dem Lily Evans zuhause war. Sie sah zu, wie die Familie einen gemütlichen Abend mit Brettspielen verbrachte, der nur dann und wann von einem Streit über unfaires Würfelglück unterbrochen wurde. Es ging den Kindern zweifelsohne gut – sie hatten nicht einmal Wunden von der Begegnung mit den Lestranges davongetragen – und dennoch traute Minerva der Ruhe nicht.

Sie rechnete ständig mit dem erneuten Auftauchen Bellatrix’, mit einem Todesfluch aus dem Gebüsch oder einer Explosion in dem Einfamilienhaus vor ihr. Jede Minute, dachte sie und wartete, die Muskeln zum Sprung bereit. Vergebens.

Die Lichter im Haus waren längst aus, als Elphinstone erschien, sich neben ihr auf der Mauer niederließ und herzhaft gähnte. »Ich weiß, du willst es nicht hören, aber wir sollten gehen. Morgen Abend ist die Veranstaltung von Riddle und seinen selbsternannten Rittern. Es nützt uns nichts, müde und abgeschlagen zu sein.«

Einen Moment lang sah Minerva Elphinstone starr aus ihren Katzenaugen an, dann nahm sie mit einem Seufzen wieder ihre richtige Gestalt an. »Sie kommen nicht zurück, oder?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein. Sie werden längst in einem anderen Labor stehen und ihren hässlichen Fluch neu winden. Wenn sie wirklich auf Riddles Veranstaltung damit auftauchen wollen, werden sie heute alle Hände voll zu tun haben.« Einen Moment hielt er inne, dann zog er zwei kleine Phiolen aus der Innentasche seines Umhangs. »Mulciber und ich haben ein paar Muggelhaare und Vielsafttrank für morgen besorgt –«

»Vielsafttrank?«, fiel sie ihm ins Wort. »Aber der ist illegal – außer ihr habt ihn bei der Aufsicht beantragt ...«

»Richtig und – nein. Wir haben keinen Antrag gestellt.«

Minerva hob die Augenbrauen, öffnete den Mund, doch Elphinstone schüttelte nur den Kopf. Er ließ die Schultern hängen und sie traute sich nicht, die Frage zu stellen.

»Ich möchte dir wirklich nicht sagen müssen, woher wir den Trank haben, aber ich bin nicht stolz darauf«, erklärte er leise und trotzdem mit fester Stimme. »Jedenfalls haben wir ihn und bei Merlin, wir werden ihn nutzen. Du weißt genau wie ich, dass es ebenso viele gute Gründe für eine Regel gibt, wie dafür, diese zu brechen. Recht ist schließlich nicht Moral.«

Sie hätte entgegnen können, dass das nicht alle so sahen, verdrängte die Grundsatzdiskussion allerdings zugunsten des konkreten Problems. »Aber warum ausgerechnet Vielsafttrank? Bisher haben unsere Verwandlungen uns doch gute Dienste geleistet.«

»Nun, mit Vielsafttrank sind wir auf der sicheren Seite, falls es Zauberdetektoren oder gar Banne gibt. Darauf werden sie nicht anschlagen, auf gewisse Verwandlungszauber hingegen schon. Und wir können es uns nicht leisten, dass wir im schlimmsten Fall unser Gesicht verlieren – bildlich gesprochen.«

Damit hatte Elphinstone recht. Dennoch konnte Minerva nicht von ihren Bedenken lassen. »Aber was ist mit Rosier? Er wird sich nicht erinnern, diese Version von uns eingeladen zu haben. Ist das nicht ebenso riskant?«

»Ich baue darauf, dass Gideon sich nicht im Detail an sämtliche Hexen und Zauberer erinnert, die er eingeladen hat. Da werden vermutlich mehr Menschen sein, als uns lieb ist.« Seufzend sah Elphinstone auf die Phiolen mit den Muggelhaaren in seinen Händen hinab. »Solange wir wie respektable Reinblüter aussehen, gehen wir hoffentlich in der Menge unter und können uns ungestört umsehen.«

Minerva schlang die Arme um den Unterleib. Ohne ihr wärmendes Katzenfell fror sie. Vielleicht war es aber auch nur die Kälte im Inneren. »Und was, wenn die Lestranges uns durchschauen? Sie wissen dank mir immerhin, dass wir nicht tot sind, sondern ihnen weiter auf den Fersen.«

»Ich weiß, Min, aber weshalb sollten sie? Wir haben eine Einladung, neue Zauberstäbe ... ich wüsste nicht, weshalb irgendwer bei dieser Tarnung Verdacht schöpfen sollte.«

Seufzend sah Minerva auf zum Himmel, an dem die Sterne funkelten. Einerseits hätte sie sofort die Augen schließen und einschlafen können, andererseits wollte sie sich keinen Zentimeter von dieser kalten Mauer fortbewegen. Am allerliebsten aber wollte sie Elphinstone Glauben schenken.

Er blickte sie ernst an. »Wir schaffen das schon, Min. Erstmal müssen wir ja nur Informationen sammeln. Rein und wieder raus, mehr nicht.«

»Und wenn die Lestranges ihren Fluch all den Fanatikern vorführen wollen? Das kann ich nicht zulassen!«

»Ich weiß.« Mit einem tiefen Seufzen schob Elphinstone ihr eine Haarsträhne hinters Ohr, die ihre Augen verdeckt hatte. »Wenn die Situation es zulässt, werden wir einschreiten. Immerhin haben wir dank Archie die Beweise auf unserer Seite. Ich habe nur eine Bedingung.«

»Die da wäre?«

»Du wirst nicht dein eigenes Leben dafür gefährden, sie aufzuhalten.«

Minerva ertrug den eindringlichen Blick, mit dem Elphinstone sie bedachte, kaum. »Regel Nummer vier«, murmelte sie an ihre Schuhspitzen gerichtet. »Rückzug vor Stolz. Ich weiß.« Damit hatte immerhin alles angefangen, bei ihrem ersten Kampf gegen Bellatrix im Ministerium. Da hatte sie dem Grundsatz noch folgen können.

Zu ihrer Überraschung schüttelte Elphinstone jedoch den Kopf. »Daran habe ich ehrlich gesagt nicht gedacht. Ich will dich einfach nicht verlieren. Purer Egoismus.«

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Es brauchte nur eine Sekunde, um es wieder in den Takt zu bringen, doch der Stolperer hallte auch danach in Minerva fort. Sie vergrub die Finger fester in ihrem Umhang. »Dann muss dasselbe für dich gelten.«

Elphinstone saß einen Augenblick reglos da, ehe er ihre Hand ergriff und einen Kuss auf die Fingerknöchel hauchte. »Das ist wohl nur fair.«

Daran anschließend stand er auf und vertrieb Minervas Gedanken darüber, dass dieser Moment in all seiner Imperfektion doch die perfekte Vorlage war.

»Na komm, lass uns nach Hause gehen«, bat er. »Albus hat Emmeline Vance Bescheid gegeben. Sie wird heute Nacht hier Wache halten, für den Fall der Fälle.« Er zog sacht an ihrer Hand. »Bitte, Min.«

Ein kleines Lächeln auf den Lippen, ließ Minerva sich von Elphinstone hochziehen und forttragen, an den – äußerst perfekten – Loch Ness.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe eine kleine Sidestory/Vorgeschichte zu dieser Geschichte hochgeladen – in „Reverti“ gibt es einen Einblick in Minervas letztes Treffen mit Dougal und, sobald ich den zweiten Teil des Twoshots hochlade, auch in ihr erstes Treffen mit einem gewissen Pflanzenliebhaber. Wer allerdings den Inhalt des Pottermore-Artikels zu Minerva noch nicht kennt, sollte mit dem Lesen noch warten, denn in dieser Hinsicht enthält die Geschichte einen kleinen Spoiler.
Ich würde mich freuen, wenn ihr auch dort vorbeischaut! Komplett anzeigen

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