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Der Tiger im Käfig

[Yuriy x Mariah]
von

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Spannende Nervosität

Sanft bürstete sie die Haare von Mei durch, die still vor ihr auf einem Baumstamm saß. Der kleine Junge, der sie vorhin ebenso fast stürmisch umgerannt hatte, saß vor seinem Zelt und löffelte in einem der Joghurtbecher.
 

„Was magst du denn haben? Wir können sie kürzer schneiden, oder-“
 

„Kannst du mir zwei Zöpfe flechten?“, fragte sie und schaute kurz zu ihr nach hinten.
 

„Klar.“, lächelte sie und teilte ihre Haare in zwei Hälften.
 

Die Rosahaarige war gerne hier. Sie konnte einfach abschalten und sich um etwas anderes kümmern, als ständig über ihre Probleme nachzudenken. Die Kinder hier waren ihr wichtig geworden. Mei war schon seit drei Jahren obdachlos. Lian, der kleine Junge, der vor ihr den Joghurt aß, war bereits elf und schon mindestens fünf Jahre auf der Straße.

Mariah traf heute allerdings nur die beiden an. Normalerweise tummelten sich hier mehr Kinder rum.
 

„Mariah?“
 

„Mhm?“, kam es von ihr, als sie anfing die linke Haarseite zu flechten.
 

„Wo ist Rei?“
 

Sie seufzte innerlich und wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte. So viel zum Thema, ihre Probleme beiseite schieben. Früher hatte sie sich mit Rei um die Kinder gekümmert. Noch bevor sie eine Beziehung hatten. Der Zeltplatz hatte eine Verbindung mit ihm, die sie nicht immer ausblenden konnte. Immerhin... hatte Rei hier das erste Mal gesagt, das er sie liebte.
 

„Er hat nicht so viel Zeit.“, sagte sie dann leise.
 

„Hast du ihn gesehen?“
 

„Nein, Schatz.“
 

„Woher weißt du das dann?“
 

Das die Fragen von Kindern auch immer so brutal sein mussten...
 

„Ich hab es gehört. Halt mal.“, sagte sie ablenkend und gab Mei die fertigen Haare in die Hand.
 

Sie nahm ihre Tasche in die Hand und holte ein kleines Kosmetiktäschchen hervor, in dem sie einige Haarbänder eingepackt hatte. Sie nahm direkt zwei hellblaue Haarbänder heraus.
 

„Achtung.“, sagte sie und nahm ihr die linke Seite aus der Hand.
 

Sie umwickelte das Haarband um die Endung des Zopfs und legte ihr die fertige Seite nach vorne, um die Schultern. Sie nahm sich die zweite Seite vor, um diese nun zu flechten.
 

* * *
 

Immer noch hatte er die Hände in den Hosentaschen, als er den Trampelpfad entlang ging. Keine Ahnung, wie weit er noch von diesem besagten Zeltplatz entfernt war. Er hatte es auch nicht wirklich eilig. Ehrlich gesagt, wusste er nicht so richtig, wie er sie aufhalten sollte.

Er hatte vor ein paar Minuten eine Textnachricht von Hiromi auf sein Handy bekommen, dass sie sich nochmal melden würde, wann die Luft rein sein sollte. Was ihm noch weniger half, ohne eine richtige Zeitangabe.

Mittlerweile war es schon 16 Uhr und Mariah war eh schon bereits drei Stunden weg gewesen...
 

Sein Blick richtete sich nach vorne, da er etwas zwischen den Bäumen erkannte. Das sah doch schon aus, wie kleine Schlafplätze. Er wurde langsamer und schaute sich erst einmal in Ruhe um. Er blieb an einem Baum stehen, als er definitiv Kinderstimmen wahrnahm.
 

„Hahaha, schneller, schneller...“
 

Er sah sofort ihre rosa Haare und beobachtete sie aus der Entfernung. Sie hatte ein kleines Mädchen, mit zwei geflochtenen Zöpfen, an den Händen, die sie im Kreis um sich herum warf. Der Kleinen schien es zu gefallen. Und nicht nur ihr. Er hörte das Lachen der Rosahaarigen und er überlegte, ob er sie in den Tagen, in denen er nun schon hier war, sie einmal lachen gesehen hatte. Bisher hatte sie nur heute Mittag eine recht gute Laune gehabt, bevor sie ging. Die Tage davor, waren eher geprägt von genervten Blicken.
 

„Mariah! Lass uns Verstecken spielen!“, hörte er eine weitere Kinderstimme und sah einen Jungen auf sie zu rennen.
 

„Nein, jetzt nicht. Ich wollte doch noch eure Wasserversorgung ansehen...“
 

„Ja, verstecken, los, los, los.“, rief das Mädchen fröhlich.
 

„Na schön. Aber nicht lange...“
 

Seine eisblauen Augen folgten ihr, als sie sich umwandte und ihre Augen mit den Händen verschloss. Die Kinder rannten in unterschiedlichen Richtungen davon und seine Beine bewegten sich fast automatisch aus der Deckung heraus. Er würde ihr jetzt erst einmal einen Schrecken versetzen.
 

Je näher er ihr kam, desto lauter konnte er hören, wie sie herunter zählte. Sie war bereits bei der Zahl fünf angekommen und er stellte sich direkt hinter sie. Er vernahm einen süßlichen Duft, der ihn ein bisschen aus dem Konzept brachte. Aber er konnte sich keine weitere Gedanken machen, da sie bei Null war und sich herumdrehte.

Er setzte sein bestes Grinsen auf und wie erwartet, erschrak sie auch nicht zu knapp. Ihr Schrei war laut und hallte mit Sicherheit noch eine Weile durch den Wald. Als sie sich beruhigt hatte, schubste sie ihn von sich.
 

„Du Idiot!“, stieß sie heraus und er konnte sich sein Lachen nicht mehr verkneifen.
 

„Wusste nicht, dass du so schreckhaft bist.“
 

„Wenn man sich so anschleicht, ist das ja auch kein Wunder! Wolltest du das ich an einem Herzinfarkt sterbe?!“, fuhr sie ihn an, „Was machst du überhaupt hier?“
 

„Mir war langweilig.“, sagte er und zuckte mit den Schultern.
 

„Ich frag dich gerne nochmal... wegen deinem Alzheimer.“, sagte sie sarkastisch, „Was machst du... hier?!“
 

„Kevin hat mir gesagt, wie ich dich finde.“, das war noch nicht einmal gelogen, „Mir war langweilig und ich dachte, ich könnte dir ein bisschen auf die Nerven gehen.“
 

Sie stöhnte genervt auf.
 

„Ist das dein ernst?“, fragte sie und schüttelte erneut den Kopf.
 

Sie wollte gerade wieder ansetzen, als plötzlich laute Hilferufe aus dem Wald hallte.

Yuriy wandte sich zu der Stimme und auch die Rosahaarige sah an ihm vorbei.
 

„Mariah... Mariah...“
 

Der Junge von vorhin kam in Windeseile angerannt und in seinem Gesicht stand die pure Panik.
 

„Lian... was-“
 

„Komm schnell... Mei.. Mei ist in den Fluss gefallen!!“
 

Mariah schoss sofort an ihm vorbei.
 

„Zeig mir wo.“
 

Der Rothaarige rannte den Zweien nach. Lian zog Mariah an die Stelle, während er ein bisschen hinten dran lief. Als er ankam sah er Mariah schon auf einen Baum gelehnt. Sie hatte eine Hand um einen Ast geklammert und versuchte an das Mädchen heranzukommen, welche im Wasser trieb und sich nur schwer an einen Stein im Fluss versuchte fest zu heben.
 

„Mariaaahh...“, weinte sie.
 

„Ich bin gleich da... halt dich fest.“
 

Yuriys Augen wanderten von Mariah zu dem kleinen Mädchen und dann wieder zur Rosahaarigen zurück. Der Ast bog sich gefährlich und er rutschte vorsichtig den Abhang hinunter. Er kam auf Mariah zu und gerade als der Ast brach, fing er sie rechtzeitig auf, bevor sie drohte ebenso in den reißenden Fluss zu fallen.
 

„Yuriy...“, keuchte sie erschrocken und fiel ihm in die Arme.
 

„Ma-mariah...“, kam es erneut panisch von Mei.
 

„Ich mach das.“, hatte er gehaucht, sie neben sich geschoben und sein T-Shirt ausgezogen, „Nimm mal.“, sagte er zu ihr und reichte ihr nicht nur sein Shirt, sondern auch sein Handy, dass er aus seiner Hose zog.
 

„Sie kann nicht schwimmen...“, hatte er sie noch gehört, als er sich dem Ufer näherte, „Sei vorsichtig... die Strömung!“
 

Er sagte darauf nichts und sprang ins Wasser. Der Fluss war tief, wie er sofort feststellte und die Strömung nicht ohne. Er hatte tatsächlich Schwierigkeiten dagegen anzukommen. Yuriy kam bei dem Stein im Wasser an, an der sich die Kleine festhielt.
 

„Hey...“, sprach er sie an und sie schaute mit verheulten Augen auf, „Es wird alles gut.“, sagte er vorsichtig und erklärte ihr, dass sie sich am besten auf seinem Rücken festhalten sollte.
 

Kaum als er am Ufer wieder ankam, kletterte sie von seinem Rücken und lief auf Mariah zu, die sich um ihre Beine schlang...
 

* * *
 

Die Sonne ging bereits unter, als sie sorgsam die nassen Klamotten von Mei auf die Wäscheleine hängte, als auch Yuriys Dreiviertelhose. Sie hörte das Lagerfeuer hinter sich knistern und merkte wieder einmal seinen Blick in ihrem Rücken. Er saß hinter ihr auf einem Baumstamm. Sie sagte jedoch nichts.
 

Mariah hatte ihm eine Decke gegeben und einen Tee gemacht. Mei schlief bereits. Die ganze Aufregung hatte sie komplett ausgepowert. Lian dagegen wachte an ihrem Zelt, weil er sich Vorwürfe machte. Er hatte Mariah erzählt, dass er Mei von seinem Versteck verscheucht hatte und sie dann über den liegenden Baumstamm über den Fluss gehen wollte. Da wäre sie ausgerutscht und hinein gefallen.

Natürlich hatte sie versucht ihm die Schuld auszureden. Konnte ja keiner ahnen, dass das passieren könnte. Sie war nur froh, dass Yuriy da war. Er war einfach zur rechten Zeit, am rechten Ort gewesen. Auch wenn sie immer noch nicht verstand, wieso er überhaupt hier war.
 

„Wie lange kümmerst du dich um die beiden schon?“, hörte sie dann seine Frage und sie wandte sich um.
 

„Etwa.. drei, vier Jahre. Ich schau einmal die Woche vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.“, sagte sie ehrlich und setzte sich zu ihm und stocherte im Lagerfeuer mit einem weiteren Ast herum.
 

Plötzlich spürte sie etwas an ihren Haaren und die wandte ihren Kopf zu dem Rothaarigen.

Er hatte seinen Arm gehoben und seine Finger berührten ihre Haare. Doch schnell zog er seine Hand wieder zurück und hielt ihr ein Laubblatt vors Auge.
 

Sie stand abrupt auf und offenbar hatte sie ihn dadurch erschreckt.
 

„Ich... muss noch nach der Wasserversorgung schauen.“, sagte sie und entfernte sich von ihm.
 

Als sie an der Wassertonne ankam atmete sie tief aus. Sie hatte eben die Luft angehalten, als er ihr nahe kam. In der meisten Zeit war Yuriy mehr als unausstehlich. Er machte dumme Sprüche, war selbstverliebt und ließ keine Gelegenheit aus, um zweideutige Bemerkungen zu machen. Aber auch... machte er sie nervös.

Eigentlich hatte sie gedacht, sie könnte ihm heute komplett aus dem Weg gehen. Aber er machte ihr wie immer, einen Strich durch die Rechnung.
 

Sie schüttelte ihren Kopf und richtete ihr Augenmerk auf die Tonne. Lian hatte vorhin erwähnt, dass das der Filter nicht mehr ganz in Takt wäre, weil sie Schmutz im Trinkwasser hatten. Die Wassertonne war mit dem Fluss verbunden. Sie hoffte nur nicht, dass eines der Rohre kaputt war. Sie wollte die Abdeckung öffnen, doch sie bekam den Deckel einfach nicht ab.
 

„Wieso sagst du nicht, wenn du Hilfe brauchst?“
 

Sie drehte sich nicht herum. Was sie vielleicht doch hätte machen sollen, denn sie spürte seinen Körper direkt hinter sich. Mariah spürte seine Haut auf ihrer Schulter, da sie nur ein Tanktop trug und er offenbar ohne T-Shirt herumlief. Mit Sicherheit tat er das mit Absicht. Seine Arme hob er an ihrem Kopf vorbei und öffnete den Deckel der Tonne.

Ihr Herz schlug wie wild während dessen. Sie bekam fast Atemnot, als er den Deckel los ließ und seine Hände auf ihren Armen ablegte.

Doch er ließ sofort wieder von ihr ab und stellte sich neben sie. So konnte sie sehen, dass er zumindest wieder seine Dreiviertelhose an hatte. Er sah in die Wassertonne hinein.
 

„Der Filter hat Löcher. Hast du ein neues?“
 

„Ehm... ja.“, stotterte sie kurz, „Ich hol' es.“, sagte sie dann schnell und ging rüber zu einem kleinen überdachten Häuschen.
 

Als sie zurückkam mit einem neuen Filter, übergab sie ihm diesen und er warf das alte heraus und legte das neue hinein. Sie beobachtete ihn dabei. Dabei sah sie unzählige Narben auf seinem Rücken und fragte sich, wie er sich diese zugezogen hatte.
 

„Sollte wieder funktionieren.“, sagte er dann und schloss den Deckel.
 

Er drehte sich zu ihr herum und kam auf sie zu.
 

„Hast du noch irgendwelche Reparaturen?“
 

„Nein.“, sagte sie schnell, setzte jedoch noch ein, „Danke.“, hinten dran.
 

Er blieb vor ihr stehen und eigentlich hätte sie sich einfach umdrehen und zurück zum Lagerfeuer gehen sollen. Es war schon spät und sie hätte schon längst den Rückweg zu den Bungalows antreten sollen. Doch seine Nähe ließ sie erstarren. Er sagte nichts, aber sie sah wie seine eisblauen Augen erst in ihre sahen, bevor sein Blick auf ihre Lippen sich senkten. Sie spürte förmlich die Spannung, doch bevor irgendetwas passieren konnte, hörte sie plötzlich ein Telefon klingeln.
 

Sofort schritt er an ihr vorbei und ließ sie stehen. Mariah sah ihm nach und erkannte, wie er an sein Handy ging.
 

„Ja? Sorry, hab nicht drauf geachtet... ja. Mhm... bin unterwegs.“
 

Yuriy drehte sich wieder zu ihr um, doch sie mied seinen Blick sofort und ging zurück zum Lagerfeuer. Sie räumte ihre Sachen zusammen und verstaute diese in ihrer Tasche. Sie wollte das eben nur schnell vergessen. Beinahe hätte sie vielleicht einen Fehler gemacht.
 

Der Rothaarige kam in ihr Blickfeld, doch sie ignorierte ihn weiterhin.
 

„Hiromi hat gerade angerufen... ehm sie... machte sich Sorgen um dich, weil du schon so lange weg warst...“, hörte sie ihn sagen, „Ich würde gehen, wenn du noch hier-“
 

„Nein. Ich packe gerade zusammen.“
 

Das war das Letzte, was sie zu ihm sagte. Die ganze Zeit über hatte sie ihm keinen weiteren Augenblick geschenkt. Sie verabschiedete sich von Lian und sagte ihm, wenn irgendetwas wäre, dass er ruhig zu ihr kommen könnte. Lian nickte eifrig, umarmte sie noch einmal, bevor sie den Rückweg antrat. Sie hörte allerdings noch wie Lian seine Worte an den Rothaarigen richtete.
 

„Wie heißt du eigentlich?“
 

„Yuriy.“
 

„Danke, dass du Mei gerettet hast.“
 

„Kein Ding, Sportsfreund.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Da bin ich wieder =) Sorry für die kleine Verschnaufspause.
Ich hoffe, ich konnte euch mit dem Verlauf ein bisschen zufrieden stellen :D
- Da hat es wohl schön "geknistert" ;)
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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Zara_
2023-03-25T12:27:16+00:00 25.03.2023 13:27
„Er setzte sein bestes Grinsen auf “ da musste ich so lachen xD kann mir das bildlich vorstellen. An ihrer Stelle würde ich mir auch verfolgt vorkommen. Was ja nicht ganz falsch ist.
Hmm da knistert es also langsam^^

Ich schreibe schon etwas länger an einem „Drehbuch“ (allerdings BryanXMariah) und sehe immer wieder gewisse Ähnlichkeiten zu deiner Story xD besonders das mit den Narben auf dem Rücken. Ich glaube das ergibt sich durch deren Vergangenheit aber trotzdem immer wieder lustig wenn ich mir denke: Hey so ähnlich ist es bei mir auch xDD
Antwort von: KatieBell
27.03.2023 06:24
Wollen wir aber auch mal festhalten: "Narben sind schon bisschen sexy..." auch wenn sie meistens eine düstere Vergangenheit haben. Sie machen leider auch den Menschen aus, je nach dem was ihm widerfahren ist und erklärt auch wie sich die Charakterzüge im Laufe der Zeit entwickelt haben. Spannendes Thema... könnt ich ewig drüber schreiben :D
Antwort von:  _Zara_
27.03.2023 20:49
Ja auf jeden Fall! Gibt auf jeden Fall interessanten Gesprächsstoff :)


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