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Schnee ist auch nur kaltes Wasser

Erstes Türchen des animexx-Adventskalenders 2018 (Fanfictions)
von

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1. Dezember 2017

Wieder ist ein Jahr rum und wieder sitze ich um kurz vor drei auf dieser Parkbank. Es ist ein Zwang. Nicht mehr und nicht weniger. Den Gedanken, dass er hier plötzlich auftauchen würde, um die vereinbarte Zeit, lässt mich einfach nicht los, auch wenn ich weiß, dass es niemals passieren wird.
 

Ich seufze. Es ist schon länger her seit ich Sasori das letzte Mal im Krankenhaus besucht habe. Ich schiebe es auf. Es ist viel passiert, wodurch ich mich nun in einer erdrückenden Lage befinde. Chiyo-san war gestorben. Wir hatten damals zusammen Sasori besucht, als es passiert ist. Es war bereits spät. Ich dachte, sie sei nur eingeschlafen, wurde aber schnell eines Besseren belehrt. Altersschwäche, diagnostizierte der Arzt. Ich verstand es. Sie war schließlich schon alt, dennoch brach nun eine harte Zeit für mich an. Erneut hatte ich eine Bezugsperson verloren, noch dazu musste ich mich um die Beerdigung kümmern, außer mir gab es schließlich niemanden mehr, der diese Aufgabe sonst übernehmen könnte. Dass sie mir bereits einige Monate vorher genau erklärt hat, was zu tun wäre, wenn sie stürbe, kam mir dabei zugute. Anscheinend hatte sie so eine Vorahnung gehabt.
 

Ich habe mich dann um alles gekümmert, das war ich ihr schuldig. Dennoch war es auch sehr beschwerlich, alles zu regeln. Ich musste viel Papierkram erledigen und bestimmt 1000-mal zu den verschiedensten Ämtern rennen. Dabei habe ich auch so einiges über diese bemerkenswerte Frau herausgefunden, aber damit, dass sie mich als alleinigen Erben eingesetzt hatte, habe ich nicht gerechnet. Vielleicht ist es auch genau diese Sache, die mich von Sasori fernhält. Das und die Tatsache, dass ich nun über Sasoris Patientenverfügung verfüge. Eigentlich habe ich das sogar schon vorher. In Anbetracht ihres hohen Alters hatte Chiyo-san mich bereits einige Monate vorher eintragen lassen. Normalerweise geht sowas nicht so einfach, aber die Ärzte hatten wegen den besonderen Umständen ein Auge zugedrückt. Aber erst jetzt wo Chiyo-san gestorben ist, sind mir die Konsequenzen, die darauf folgen bewusst, geworden. Immerhin kann ich so entscheiden, ob und wann die Maschinen, die Sasori am Leben halten, ausgeschaltet werden sollen. Darüber nachdenken möchte ich aber ehrlich gesagt gar nicht. Ich will das gar nicht bestimmen können. Wie soll ich das auch können? Sasori ist schließlich mein bester Freund. Wie kann ich denn zulassen, dass er stirbt?
 

Ich seufze leise, ehe ich einen Blick auf meine Uhr wage. Noch eine Minute. Ich presse meine Lippen kurz aufeinander, schließe dann aber meine Augen, höre alleine auf das Ticken des Sekundenzeigers. Es müssen etwas 40 Sekunden vergangen sein, als ich etwas Kaltes auf meiner Wange spüre. Ohne meine Augen zu öffnen, weiß ich, was es ist. Schnee. Was denn auch sonst? Es hatte tatsächlich angefangen zu schneien, so wie es jedes Jahr um diese Uhrzeit geschneit hat. Ich muss schlucken. Tief atme ich durch, versuche mich zu beruhigen. Was muss es auch ausgerechnet schneien?
 

Die vergnügten Rufe von begeisterten Kindern dringen an mein Ohr. Sie freuen sich über den Schnee. Was sollten sie denn auch sonst tun? Ein Schnauben verlässt meine Lippen. Schnee ist doch nur kaltes Wasser. Nichts weiter. Was finden sie so toll daran? Ich versuche mich zu beruhigen. Meine Augen dabei immer noch geschlossen. Die Kinder versuche ich auszublenden.
 

Einige Zeit später, wie viel Zeit genau vergangen ist, weiß ich nicht, dringt plötzlich etwas anderes an mein Ohr. Schritte. Sie kommen direkt auf mich zu, bleiben dann vor mir stehen.

“Du bist ja mal pünktlich”, höre ich die Person vor mir sagen.

Diese Stimme. Das kann doch nicht…, denke ich geschockt und reiße meine Augen auf. Es ist tatsächlich Sasori, der da vor mir steht. Ich schlucke, bin nicht fähig irgendetwas zu sagen.

Sasori lacht. “Was ist denn mit dir los? Wir waren doch verabredet”, meint er amüsiert.

“Ja, vor fünf Jahren”, murmle ich. Endlich habe ich meine Stimme wiedergefunden.

Wieder lacht Sasori. Ich liebe sein Lachen. Sein Lachen, das er nur mir zuteil werden lässt. “Fünf Jahre? Du bist doch verrückt. Ich habe dich doch erst gestern gefragt. Außerdem, warum sollte ich erst ein Treffen mit dir in fünf Jahren organisieren, wenn ich dich auch jetzt sehen kann?” Er hält seine rechte Hand gegen seine Hüfte gestützt. Seine Augen glitzern amüsiert.

Ich bin sprachlos und verwirrt. Sein Auftauchen und das, was er gesagt hat, überfordern mich. Wie kann er überhaupt hier sein? Er liegt doch im Krankenhaus. Warum spricht er davon, dass er mich erst gestern gefragt hat? Es ist doch bereits fünf Jahre her.

Eine Stimme dringt an mein Ohr. “Hey, du”, sagt sie, doch ich ignoriere sie, viel zu sehr bin ich auf Sasori fixiert. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er tatsächlich vor mir steht.



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