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A Place to Belong

von

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7

Jeder ist sich selbst der Nächste.

 

Es war die erste große Lektion, die er vom Leben mitnahm. Mitten in den Trümmern seiner Heimat, umgeben von Gesichtern, die nach dem verheerenden Angriff plötzlich fremd geworden waren.

Der freundliche Nachbar aus dem Haus gegenüber grüßte nicht mehr beim Vorbeigehen oder steckte ihm ein klebriges Bonbon zu, sondern lief gebückt durch die schmutzigen Straßen, wich jedem Gruß aus.

Sah weg, wenn der kleine Junge mit den zerschlissenen Kleidern näherkam, in der Hoffnung auf irgendetwas – einen Platz zum Schlafen, eine Kleinigkeit zu Essen, ein Wort des Trosts.

 

Wie die Leben der Opfer, die der letzte große Angriff gefordert hatte, war auch die Menschlichkeit an diesem Ort verloren gegangen.

 

Er war alleine.

Fand Stofffetzen in den Trümmern, um sich zu wärmen, wenn er sich nachts im Schatten eines halb zerstörten Hauses zur Ruhe legte.

Das Essen, so lernte er schnell, musste er sich verdienen. Niemand hatte mehr etwas zu verschenken, doch es gab so viele Arbeiten zu tun, dass jede helfende Hand Willkommen war – und jeder Arbeiter willig, selbst für eine Kante trockenes Brot zu schuften bis zum Einbruch der Abenddämmerung.

 

Niemand lachte.

 

Es war ein trostloser Anblick. Selbst, als die Trümmer beseitigt wurden und die Schäden behoben, blieb die Stimmung gedrückt. Das Leben, obwohl es immer mehr so tat, als wäre es alltäglich, kehrte nicht wieder zur Normalität zurück.

Kein freundlicher Gruß auf der Straße. Keine augenzwinkernd zugesteckte Süßigkeit für die Kinder, die in Fetzen und Schuhen, von denen sich schon die Sohlen lösten, durch die Stadt zogen. Arbeiten verrichteten, für die sie zu jung waren. Bettelten. Manche stahlen.

Manchmal stahl er auch. Es war einfacher, als sich abzurackern für eine magere Mahlzeit. Es war lukrativer.

Es war nicht fair, doch viel Wahl blieb ihm manchmal nicht.

 

Hoffnungslosigkeit – das Wort hörte er einmal, als er das Gespräch von ein paar Erwachsenen belauschte.

 

Plötzlich hatte der Ausdruck auf den Gesichtern der Menschen einen Namen. Die Stille in der Luft. Die schwere Stimmung, die auf die Brust drückte, bis das Atmen schwer wurde.

 

Doch anders als die Monster, die in der eigenen Fantasie manchmal entstanden, deren Schrecken verloren ging, wenn man ihrem Ursprung erst auf den Grund ging, wurde Hoffnungslosigkeit nur noch schrecklicher, wenn man sie erst verstand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lost_Time
2019-08-27T15:09:54+00:00 27.08.2019 17:09
Die drückende Atmosphäre kommt gut rüber besonders durch diese kurzen Sätze. Die längeren geben dem Leser einen Funken Lebendigkeit wieder, durch die weiteren kurzen Sätze wird diese jedoch wieder getrübt. Man bekommt beschrieben, wie es dort aussieht hat jedoch noch genug Freiraum sich selbst noch etwas dazu zu denken. Bei mir legte sich sofort ein grauer Schleier über das vorgestellte Bild. Ich hatte dann immer so einen schwarz-weiß Film oder alte schwarz-weiß Fotoaufnahmen vor Augen. Es macht etwas depressiv das Ende von Kapitel 1 bzgl. Hoffnungslosigkeit. Es gibt einen geschmeidigen Übergang von Kapitel 1 zu 2, was mir sehr gut gefallen hat. Nur die Kapiteltitel sind für mich zumindest nicht zu verstehen. XD Wüsste gerne was da für ein tieferer Sinn hinter steckt. XD


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