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Beweismittel Ag47

von

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Li


 

21. Dezember 2005

14:03 Uhr

Whitehall; Britisches Zaubereiministerium; Abteilung für Rechtsmagie

City of Westminster

London

 

 

 

Als er die Tür zum Flur der Rechtsmagie hinter sich schloss, verstummten die Weihnachtslieder mit einem leisen Klick. Statt Morgen kommt der Hippogreif begrüßte ihn das so sehnsuchtsvolle wie altbekannte Schmachten von Eason Chang. Getragen von sehnsüchtigen Violinenklängen und schwermütigem Pianogeklimper drang die Ballade aus einem der Labore und besserte Dracos Laune nur bedingt.

Draco musste den Text nicht verstehen, um zu wissen, was schmalziger Cantopop für die Abteilung der Rechtsmagie bedeutete: Der letzte, alte Vogel war in den Süden geflogen. Ein Blick auf den Wochenplan, der im Eingangsbereich hing, bestätigte seinen Verdacht.

Natürlich, drei Personen mussten fehlen. Hazel hatte die diesjährige Urlaubslotterie der Abteilung gewonnen und war mit ihren Schwestern in den wohlverdienten Skiurlaub verschwunden, Priams Ältester hatte sich in der Charmschool ausgerechnet die Drachenpocken eingefangen und die alte Cinderford … nun, sie trug den Spitznamen Aber-ich-habe-Familie-!!! nicht umsonst. Wie jedes Jahr hatte sie bei der Urlaubsverteilung auf den Weihnachtsfeiertagen gegluckt, wie ein dickes, fettes Huhn auf einem Nest voller Ostereier und wie jedes Jahr hatte sie ihren Willen bekommen, auch wenn die Kinder längst aus dem Haus waren. Wie jedes Jahr war Draco eigentlich froh, sie los zu sein.

Dennoch hätten sie zu viert sein sollen.

 

Li, Sue – F

Malfoy, Draco – S

Brown, Lazarus – F

 

Das waren nur drei.

Und tatsächlich, neben Tripe, dort wo B für Bereitschaft hätte stehen sollen, standen die drei magischen Buchstaben: Krk.

Krank.

Pünktlich wie eine Eulenexpresslieferung hatte den alten Morty auch dieses Jahr eine fürchterliche Seuche ereilt. Plumpuddingitis, vermutlich. Oder Eggnogfieber.

Draco wünschte ihm, er möge an beidem ersticken.

Im Vorbeigehen warf er einen Blick in den abteilungseigenen Teekessel, doch als ihm ausgerechnet Grüntee entgegen starrte, verwarf er sämtliche Bedürfnisse, sich eine Tasse einzugießen. Der halbe Erdbeersaft von eben hatte ihm gereicht und bei Sue wusste er nie, welche Aromen in ihrem Tee schwammen.

Bei der Labortür, an die jemand ein XXL-Poster von Leo Ku – den Draco nur erkannte, weil es drauf stand – festgehext hatte, blieb er stehen. Mit dem gebührenden Respekt, den man spätestens dann entwickelte, wenn man einmal zu oft in die Reichweite eines explosiven Testzaubertranks getreten war, stieß er die Tür auf und spähte hindurch.

„Heute ist ein Qiuyue-Tag, nehme ich an?“

Am anderen Ende des Raumes hob Sue den Kopf.

Sue, eine ehemalige Ravenclaw aus seinem Jahrgang, war vor etwa vier Jahren in den Dienst der Rechtsmagie getreten und hörte die Hälfte der Zeit vorzugsweise auf ihren chinesischen Vornamen.

Sie war damit nicht nur ähnlich eigenwillig, wie der Rest der Abteilung, sondern auch seine uneingeschränkte Lieblingskollegin – und das nicht nur, weil die Auswahl in der Rechtsmagie recht dürftig war.

Trotzdem sah sie ihn an, als würde sie ihn beim nächsten falschen Wort in einen Flubberwurm verwandeln.

„Schlimmer“, verkündete sie, während er die Ringe unter ihren Augen musterte. „Heute ist ein Holen-wir-Sue-um-halb-eins-aus-dem-Bett-und-lassen-sie-halb-Manchester-auf-die-üblichen-Pilze-testen-Tag.“

„Nicht Shoreditch? Warum Manchester?“

„Weird Sisters.“

Richtig. Das Konzert.

Leider ergab das erschreckend viel Sinn. So sehr Tori die Weird Sisters auch mochte und so gut ihre Musik auch war – irgendwer hatte bei ihren Konzerten immer illegales Zeug dabei.

„Weißt du“, fuhr sie fort, ohne, dass er etwas gesagt hätte, „dass es unter der Würde der Aurorenzentrale ist, Wachcrup für ein paar nichtsnutzige, übertrieben gehypte, nicht singen könnende Möchtegernstars zu spielen?“

„Nun…“, sagte er, „Ja?“

Hinter ihrem Labortisch schnalzte Sue mit der Zunge.

„Findet Dawlish auch. Abgesehen von unseren Pubabenden habe ich noch nie so viele Beleidigungen in Verbindungen mit dem Held der Zaubererwelt gehört, wie letzte Nacht.“

Versuchsweise öffnete er die Tür etwas weiter. Als kein Zauber in seine allgemeine Richtung flog, trat er ein.

„Er hat wirklich versucht, ein Autogramm zu bekommen, oder?“

„Nach allem, was ich aus Dawlish herausbekommen habe, war es die Idee seines Kumpels.“

„Weasley? Ich weiß, du willst es nicht hören, aber …“

„Es klingt nach ihm, ich weiß.“

Draco nickte. Einen Augenblick lang stellte er sich vor, wie Potter versuchte, sich an Fans, Managern und Kollegen, die ihre Arbeit wichtiger nahmen als er, vorbeizukommen. Mit Weasley in der Gleichung machte es mehr Sinn. Aber was erwartete er auch von einem Auror, der den Job ohne einen einzigen NEWT erhalten hatte?

Sue indes seufzte schwer.

„Jedenfalls – irgendwann wurde es Dawlish zu langweilig und er hat angefangen, einfach jeden festzunehmen, der auch nur nach einer Überdosis Alihotsywurzeln aussah. Und das ist das Ergebnis!“

Als würde es alles erklären, breitete sie die Arme über dem Labortisch aus. Neugierig blickte er zu den Phiolen, die vor ihr standen – Bluttests. Unmengen davon.

Ja – das sagte alles. Oder zumindest genug, um zu wissen, dass ihr Tag genauso beschissen war, wie seiner.

„Ich schwöre dir“, murrte sie und wedelte mit einer der Phiolen vor seiner Nase herum, „nichts ist besser, als mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen und auf die Frage 'Und was ist mit Tripe?' mit 'zu viel Gänsebraten' abgespeist zu werden. Seit um Drei mache ich nichts anderes mehr, als das hier!“

Mit mehr Schwung, als unbedingt nötig gewesen wäre, kippte Sue die Testlösung in eine der Phiolen. Die beiden Flüssigkeiten reagierten mit genauso viel Schwung: Es blubberte, es schäumte, chinesische Schimpfworte, deren Bedeutung Draco nicht kennen wollte, fielen, dann sprangen sie beide.

Rosa Schaum ergoss sich über den Tisch und ätzte sich ins Holz.

Positiv, eindeutig.

Erst, als er sich sicher war, dass das Zeug nicht bis zu seinen teuren Drachenlederschuhen blubbern würde, sah Draco auf.

„Alles in Ordnung?“

Sue schüttelte die rechte Hand. Rosa Schaum spritzt in alle Richtungen davon.

„Nein! Ich hasse das!“

Noch während sie wieder zurück ins Gossenchinesisch verfiel, riss sie mit der unverletzten Hand die Tür der Notfallapotheke auf. Gegengifte, Diptam, ein Bezoar – alles, was Sue gerade nicht brauchte – landeten auf dem nächstbesten Tisch. Das Wenigste davon sanft.

Gerne hätte Draco ihr seine Hilfe angeboten, doch er wusste es besser, als sich jetzt zwischen seine Kollegin und ihre Laune zu werfen. Er war ja kein Gryffindor. Trotzdem beobachtete er sie mit gerunzelter Stirn, bis sie fand, was sie suchte. Ein Korken flog unzeremoniell in Richtung Mülleimer, dann hörte er das Gluckern des Heiltranks.

Einen Moment warteten sie beide.

„Ich hasse das“, verkündete Sue schließlich.

Während sie erneut den Apothekenschrank durchsuchte – sorgfältiger, dieses Mal und ohne die nicht benötigten Inhalte zu werfen – griff er nach seinem Zauberstab. Einen zielgerichteten Schlenker später verschwand die immer noch blubbernde Brühe ins Nichts – oder vielleicht auf Dawlish's Schreibtisch, er zielte da nicht so genau.

„Dann mach Pause“, antwortete Draco ihr, während er sich über den Tisch beugte, um den Schaden zu begutachten. „Die Tests laufen dir nicht weg.“

Sich eine Bandage um die Hand wickelnd, folgte Sue ihm zum Labortisch. Sie lachte bitter.

„Du weißt, dass das Problem ist, oder?“

Draco prustete.

„Du könntest Brown fragen, oder?“

Das waren die falschen Worte.

„Der spielt mit deiner Leiche!“

Sue schlug mit beiden Händen auf den Tisch, nur darauf bedacht, nicht das verätzte Holz zu berühren. Phiolen klirrten, dann fluchte sie lautstark.

„Verdammte Drachenmist! Ich versteh es echt nicht.“ Sie wedelte mit der verletzten Hand, so, als könne das den Schmerz lindern. „Warum kriegst du die Leichen? Warum kann ich nicht die Leichen kriegen?“

„Weil Dawlish schneller war, als Abercrombie“, antwortete er und griff nach einer der Phiolen auf dem Tisch, bevor das flatternde Ende der Bandage sie erwischen konnte. „Und du willst meine Leiche nicht. Niemand will meine Leiche. Sie stinkt nach Nifflerkacke. Alles aus dem Caves stinkt nach Nifflerkacke.“

„Ach, das riecht hier so?“

„Ha ha ha, Sue. Ha. Ha. Also, welcher Sisters-Fan kriegt heute keinen Positiven Pilztest?“

Routiniert griff er nach einer der Fläschchen mit Testlösung. Sue beäugte ihn argwöhnisch.

„Hätte ich mir das etwa aufschreiben sollen?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Delacroix_
2017-02-19T19:42:33+00:00 19.02.2017 20:42
Okay, Pilstests klingen auch nicht unbedingt verlockend, vor allem dann nicht, wenn Harry Potter da zur Hälfte mit drin steckt. Wobei die Geschichte von ihm und Ron auf dem Konzert sicherlich auch ganz interessant wäre. Könnte man doch sicher drüber lachen, oder?^^
Antwort von: Arcturus
19.02.2017 21:18
Nicht Harry und Ron. Harry und Dawlish. |D
Und ob ich das wirklich schreiben möchte - Dawlish sagt ja: Nochmal macht er das nicht.
Aber, wenns hilft: Morgan hat im Nachgang noch Autogramme verteilt, so, an fast alle. Er sitzt ja an der Quelle.


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