Zum Inhalt der Seite

For the World Is Hollow and I Have Touched the Sky

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Da das erste Kapitel recht kurz ist, poste ich es schon heute. Das nächste folgt dann wie angekündigt am Sonntag. :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Cullen

Die Kirche von Haven war ein willkommener Anblick.

Cullen seufzte innerlich auf, als er die runde Kuppel in der Ferne erblickte, und er musste nicht zu Cassandra hinübersehen, um zu wissen, dass er ihr ebenso erging. Sie alle waren erschöpft nach dem Kampf um den Riss und dem langen Marsch zurück nach Haven. Selbst Varric schien müde und in sich gekehrt, und es war das erste Mal, seitdem er den Zwerg kennengelernt hatte, dass Cullen ihn so wortkarg erlebte.

Ihre Truppe war stark geschrumpft, seitdem sie sich dem Riss gestellt hatten. Von den knapp vierzig Kämpfern, die sie begleitet hatten, war nur noch die Hälfte übriggeblieben, und viele von den überlebenden Männern und Frauen waren im Kampf verwundet worden.

Der einzige, der von den Ereignissen völlig unberührt schien, war der abtrünnige Magier, der zu ihnen gestoßen war, als sie seine Hilfe am meisten gebraucht hatten – Solas war sein Name, wenn Cullen sich recht erinnerte. Der Elf lief mit erhobenem Haupt neben ihnen her, den Blick auf das Dorf in der Ferne gerichtet. Cullen fragte sich, was in ihm vorging und ob es ihn beunruhigte, an der Seite von Templern zu kämpfen, die unter anderen Bedingungen Jagd auf ihn gemacht hätten, doch Solas‘ Miene war undurchdringlich.

Cullen sah wieder nach vorn und sein Blick fiel auf den Karren, der vor ihm fuhr. Auf ihm lag, auf ein provisorisches Lager aus Stroh und Fellen gebettet, eine zierliche Elfe. Es war Stunden her, seitdem sie das Bewusstsein verloren hatte, und ihrem flachen Atem und dem blassen Gesicht nach zu urteilen würde sie so bald auch nicht wieder erwachen.

Cullen starrte auf das Mal an ihrer Hand. Es glühte noch immer in einem schwachen Grün und er konnte die Adern um das Mal herum in der gleichen Farbe pulsieren sehen. Doch es leuchtete nicht mehr so hell, wie noch mehrere Stunden zuvor, und Cullen befürchtete nicht länger, dass es die Hand der jungen Frau verbrennen würde. Was auch immer das Mal war, das sie trug, es hatte sich wieder beruhigt, was vermutlich auch an der wachsenden Distanz zu dem Riss im Himmel lag, mit dem es auf seltsame Art verbunden zu sein schien.

Der Riss. Cullen musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass er noch immer da war; er war wie ein Gigant, dessen warmen Atem er im Nacken spüren konnte. Doch seine Existenz erfüllte ihn nicht länger mit Grauen und Panik, auch wenn sie ein anhaltendes Unbehagen in ihm auslöste. Aber seitdem Lavellan ihn mit dem Mal berührt hatte, war er zumindest nicht weiter gewachsen. Und in ihrer momentanen Situation war das etwas, wofür sie dankbar sein konnten.

Eine halbe Stunde später erreichten sie Haven, wo sie bereits von Leliana erwartet wurden. Nach einer kurzen Begrüßung führte sie sie durch das Dorf und erklärte ihnen, welche Häuser man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, damit sie sich ausruhen und ihre Wunden pflegen konnten.

„Wir haben auch Zelte organisieren können“, sagte sie, nachdem Cullen Lavellan in eine der Hütten getragen hatte und einen Heiler angewiesen hatte, sich um sie zu kümmern. „Für die Männer und Frauen, die nicht ganz so schwere Verletzungen davongetragen haben und kein Problem damit haben, außerhalb der Stadtmauern ihr Lager aufzuschlagen.“

„Danke.“ Cullen nickte ihr zu. Er war zu Tode erschöpft und seine Rüstung schien mit jedem Schritt schwerer zu wiegen, doch er bemühte sich, sich seine Müdigkeit nicht anmerken zu lassen. Leliana schien sie dennoch nicht zu entgehen und ihr Blick wurde weich.

„Ich habe außerdem einen Teil der Räumlichkeiten in der Kirche für uns beschlagnahmen können“, fuhr sie fort. „Ich denke, es wird uns allen gut tun, uns für den Rest des Abends einzurichten und eine Nacht voll Schlaf zu bekommen, bevor wir uns morgen früh in der Kirche treffen und beraten, wie es weitergeht.“

Cassandra seufzte und nickte. „Du hast vermutlich Recht. Etwas Erholung kann uns nicht schaden. –Cullen?“

Cullen sah die beiden Frauen nicht an, sondern blickte stattdessen zum Stadttor hinüber.

„Ich möchte noch einen Rundgang machen und sehen, ob es unseren Leuten gut geht und alle versorgt sind.“ Er zögerte für einen Moment. „Ich werde draußen bei den Truppen bleiben, wenn ich fertig bin. Wir haben Verwundete, die die Betten in der Kirche weitaus dringender benötigen, als ich. Es wird sich schon ein Zelt finden, in dem ich schlafen kann.“

„Cullen...“ Cassandra machte einen Schritt auf ihn zu. „Das ist nobel von dir, doch die Kirche von Haven hat bereits ein paar Schwestern geschickt, die sich um die Verletzten kümmern werden. Außerdem wurdest du ebenfalls verwundet.“

Sie deutete auf seinen Oberarm, der von der Klaue eines Dämons aufgerissen worden war, nachdem sie die Rüstung wie Papier zerfetzt hatte. Der Verband, den einer der Heiler eilig in der Hitze des Kampfes angebracht hatte, hatte sich in den letzten Stunden dunkelrot gefärbt und musste dringend gewechselt werden.

Doch Cullen spürte die Wunde kaum. Oder vielmehr – der Schmerz verblasste neben den stechenden Kopfschmerzen, die seit dem Gefecht zugenommen hatten und mittlerweile kaum noch zu ertragen waren.

„Es ist nichts“, sagte er schwach und wandte sich ab, um zu gehen. Doch schon beim ersten Schritt begann er zu taumeln.

„Cullen!“, rief Cassandra und war sofort an seiner Seite, um ihn zu stützen.

„Ich denke, das beantwortet die Frage, wo du heute Nacht schlafen wirst“, meinte Leliana trocken und hob eine schmale Augenbraue. „Lass deine Wunde behandeln und ruh dich aus. Wir sprechen uns morgen wieder.“

Sie und Cassandra tauschten einen wortlosen Blick, dann drehte sich Leliana um und folgte dem Pfad hinab ins Dorf.

„Es... es geht mir gut“, murmelte Cullen, während er schwer auf Cassandras Schulter gestützt die Kirche betrat.

Cassandra machte sich erst gar nicht die Mühe, ihm eine Antwort zu geben, sondern warf ihm nur einen kühlen Blick zu, und Cullen kapitulierte schließlich und ließ sich von ihr in eines der Zimmer führen. Mit Cassandras Hilfe legte er seine Rüstung ab und ließ sich dann auf das schmale Bett in der Ecke sinken, um für einen Moment die Augen zu schließen und sich auszuruhen, während Cassandra einen Heiler holte.

Cullen driftete an der Schwelle zum Schlaf entlang, während er auf ihre Rückkehr wartete. Die Kopfschmerzen hatten nicht weiter zugenommen, doch sie waren noch immer so unerträglich, dass er kaum klar denken konnte. Alles, was er brauchte, war ein Fingerhut voll Lyrium, und sie würden verschwinden. Es wäre so leicht... er wusste sogar, wo er selbst in seinem momentanen Zustand noch welches herbekommen würde...

Doch bevor er diesen Gedankengang weiter verfolgen konnte, drehte Cullen sich zur Seite und presste die Hand gegen seine Stirn.

Nein. Die Kopfschmerzen waren etwas, was er ertragen konnte. Ein Schluck von dem bitteren Heiltrank, den er in seinem Gepäck bei sich trug, und der Schmerz würde zu einem dumpfen Pochen abklingen.

Doch den Alpträumen konnte er nicht entgehen, sie verfolgten ihn jede Nacht. Ein Schaudern ergriff ihn, während er sich fragte, womit ihn seine inneren Dämonen dieses Mal quälen würden...

„Cullen?“ Er zuckte zusammen, als sich eine kühle Hand auf seine Schulter legte. Er hatte nicht gehört, wie Cassandra den Raum betreten hatte.

„Der Heiler wartet draußen“, sagte sie leise. Sie zögerte, als sie den gequälten Ausdruck auf seinem Gesicht sah.

„Gibt es etwas, was ich wissen sollte, abgesehen von der Wunde?“, fragte sie dann. Sie überlegte kurz, und fuhr dann fort: „Was machen die Kopfschmerzen?“

Cullen hätte fast gelächelt. Manchmal war es fast unheimlich, wie gut sie ihn mittlerweile kannte.

„Präsent“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „aber erträglich.“

Eine Lüge. Doch alles andere hätte Cassandra nur unnötig Sorgen gemacht.

Und sie schien ihm zu glauben, denn nun spielte ein schwaches Lächeln um ihre Lippen.

„Gut“, erwiderte sie. Dann sah sie sich um und ihr Blick fiel auf sein Gepäck. „Brauchst du etwas? Du hattest doch noch ein paar Heiltränke bei dir, oder...?“

Für einen Moment überlegte Cullen, ihr zu sagen, dass er keine weitere Hilfe benötigte. Doch das wäre dumm gewesen. Er war müde und er hatte Schmerzen und es bestand kein Grund sich mehr zuzumuten, als nötig war.

„Vorderste Tasche ganz rechts“, sagte er. „Die Flasche ist halb leer, doch es sollte reichen.“

Cassandra nickte und holte die kleine Flasche aus seinem Gepäck. Er warf ihr einen dankbaren Blick zu, bevor er mit den Zähnen den Korken aus der Flasche zog und ihren Inhalt ohne Zögern trank.

Die Wirkung setzte sofort ein und sowohl die Kopfschmerzen, als auch die Schmerzen in seinem Arm und seinen Gelenken ließen augenblicklich etwas nach.

„Danke“, sagte er und schloss mit einem Seufzen die Augen.

„Jederzeit“, erwiderte Cassandra und drückte kurz seine Hand, bevor sie sich erhob und den Raum verließ.

Der Heiler trat ein, um die Wunde an seinem Arm zu behandeln, doch er hörte seine Worte nicht mehr. Noch bevor der andere den Verband um seinen Oberarm entfernt hatte, war Cullen schon eingeschlafen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Schneesturm
2016-10-31T20:31:06+00:00 31.10.2016 21:31
Cullen ist auch eher so der stille Beobachter :D
Seinen inneren Konflikt der Lyriumabhänigkeit hast du gut beschrieben. Auch Cassandra sieht man nun in einem anderen Licht, so fürsorglich kennt man sie ja gar nicht, sonst ist sie ja immer die schreiende Powerfrau, die sich nichts gefallen lässt. Bei den beiden hat man auch sofort das Gefühl, dass alles was sie verbindet rein freundschaftlich ist. Auch gut finde ich, dass man aus einer anderen Sicht in die Geschichte hinein katapultiert wird.
Antwort von: Morwen
02.11.2016 20:31
Ich liebe Cassandra. ♥
Seitdem ihre Obsession für Varrics Romanzen rauskam, war mir klar, dass unter der harten Schale ein weicher Kern steckt. Und da Cullen ihr offenbar genug vertraut, um sie darum zu bitten, seinen Lyriumkonsum zu überwachen, habe ich seitdem den Headcanon, dass die zwei sich auch auf freundschaftlicher Ebene sehr nahe stehen.
Ich mag den Gedanken, dass es innerhalb der Inquisition jemanden gibt, der Cullen - der sonst ja eher ein Einzelgänger ist - hilft und für ihn da ist, wann immer er Zweifel hat oder es ihm schlecht geht. :)

Vielen Dank!


Zurück