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My First Love

Eigentlich wollte ich niemals lieben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben. Die folgenden drei Kapitel sind eine "kurze" Zusammenfassung der ersten Staffel von Sengoku Basara. Allerdings habe ich nur die für meine Story relevanten Stellen mit reingenommen. Also wundert euch nicht, wenn ihr ein paar Ereignisse hier nicht vorfindet.
Einige Stellen habe ich außerdem umgeändert. Ihr werdet schon sehen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
In diesem Kapitel werden die Folgen 5-8 zusammengefasst. Den Vorfall im Tempel mit Matsunaga habe ich allerdings nur kurz erwähnt, weil es nicht relevant für meine Story ist. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Kyusu - eine traditionelle japanische Teekanne mit einem Seitengriff, die vorwiegend zum Aufbrühen von grünem Tee verwendet wird Komplett anzeigen

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Die Prophezeiung

Wir schreiben das Jahr 1575 der Sengoku-Periode. Diese Zeit war auch als das Reich der streitenden Reiche bekannt. Viele Fürsten kämpften in blutigen Schlachten um die Herrschaft Japans.

Von all dem bekam der kleine Junge jedoch noch nicht viel mit. Seine Eltern achteten genau darauf, dass diese grässliche Welt nicht in Kontakt mit der kindlichen Welt ihres kleinen Sprösslings kam. Immerhin war er erst fünf Jahre alt.

Andere Jungen in seinem Alter hatten durchaus schon viel durchgemacht oder wurden bereits auf ihre Rollen in dieser Zeit vorbereitet. Aber die Eltern dieses Jungen wollten ihrem Sohn seine Kindheit so lange wie möglich erhalten. Der Junge sollte später selbst entscheiden, welchen Weg er gehen wollte.

So wirkten seine braunen Kulleraugen noch sehr unbedarft und frei von jeder Angst und Sorge, als er beobachtete, wie die Kirschblüten langsam zu Boden fielen.

Der kleine Knirps liebte den Anblick von Kirschblüten, genau wie ihren Duft.

Freudig rannte der kleine Junge ins Haus.

Zu seinem Onkel.

Er war nicht wirklich sein Onkel. Vielmehr ein sehr guter Freund seines Vaters. Wenn sein Vater dringlich weg musste, kam es hin und wieder vor, dass er den Kleinen bei diesem Freund ließ. So auch heute.

Der Junge wollte, dass sein Onkel mit ihm die Kirschblüten ansah.

Strahlend öffnete der brünette Junge die Schiebetür – leider war es heute sehr windig. Im selben Moment fegte eine starke Windböe in das Zimmer und wirbelte alles darin heftig durcheinander.

Verwundert sah der Junge zu, wie ganz viele Karten durch den Raum flogen.

„Schließ die Tür, mein Junge!“, rief sein Onkel aufgeregt.

Der Junge tat, wie ihm geheißen. „Was machst du denn da, Onkel?“

Der Mann begann, die Karten einzusammeln. „Ich lege mir die Tarotkarten“, erklärte er etwas peinlich berührt.

„Was sind… Tarokarten?“

„Tarotkarten. Das ist eine Form der Zukunftsvorhersage, die man in der westlichen Welt praktiziert. Aber erzähl keinem, dass ich das mache. Mir ist das etwas unangenehm.“

Der Junge bekam beim Wort „Zukunftsvorhersage“ leuchtende Augen. „Toll~ Sagst du mir auch die Zukunft voraus?“

Der Mann musterte den Jungen überrascht, dann lächelte er. „Warum nicht? Am Besten… fangen wir mit der hier an“, sagte er dann und näherte sich dem Kind.

Erst jetzt viel dem Kleinen auf, dass sich eine Karte in seinen braunen Haaren verfangen hatte.

Der Mann zog sie heraus, sah sie an und lächelte. Dann zeigte er sie dem Kind. „Das hier ist die Karte der Liebenden“, erklärte er. „Sie prophezeit, dass die große Liebe in das Leben der Person tritt. Du wirst also deiner großen Liebe begegnen. Es könnte schon bald so weit sein.“

Der Kleine verzog das Gesicht. „Bäh! Liebe ist voll doof! Sowas brauche ich nicht!“

Mit diesen Worten machte der Knirps kehrt und flitzte davon. Dabei segelte eine weitere Karte langsam zu Boden, die offenbar in seiner Kleidung hängen geblieben war.

Neugierig hob der Mann die Karte auf und sah sie sich an. Sein Blick verfinsterte sich plötzlich.

Die Karte des Gehängten!

In Kombination mit der Karte der Liebenden bedeutete dies großes Unheil.

Die Liebe des Jungen stand unter keinem guten Stern…
 

~ to be continued ~

Die Verantwortung eines Fürsten

Wir schreiben den 2. Juni 1587 der Sengoku-Periode.

In dieser Nacht geschah etwas, das sämtliche Fürsten in Aufruhr versetzte.

Ein Mann begann seinen schrecklichen, blutigen Feldzug, mit dem er alle anderen Fürsten vernichten, ihre Ländereien verwüsten und sich ganz Japan untertan machen wollte.

Der Mond leuchtete hell am Himmel, als die Soldaten dieses Mannes die Akademie für Männer in Kubota in der Provinz Hitachi stürmten und den Ort in ein Blutbad verwandelten.

Unter ihnen wandelte eine Gestalt mit langen, weißen Haaren, die im Mondlicht schimmerten. Trotz all der Gewalt um ihn herum, blieb er äußerst gelassen… fast schon belustigt.

Sein Grinsen wurde schlagartig breiter, als das Oberhaupt der Streitkräfte von Kubota, Satake Yoshishige, sich vor ihm aufbaute, um diesem gräulichen Treiben Einhalt zu gebieten.

Der weißhaarige Mann wusste, dass Satake kein Gegner für ihn war.

Kein Grund zur Sorge also.

Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, da baumelte der leblose, blutüberströmte Körper von Satake an der Spitze seiner im Mondlicht glänzenden Sense.

Die Akademie von Kubota war damit erfolgreich eingenommen!

Ein starker Wind zog auf und trug den Leichengeruch in weite Ferne – bis zur Burg von Yonezawa in Oshu.

In der Burg selbst konnte dieser scheußliche Geruch jedoch niemandes Nase beleidigen, da Katakura Kojuro die Shoji fest zugezogen hatte.

„Der Wind hat stark zugenommen“, bemerkte er im ruhigen Tonfall.

Der Mann, zu dem er dies sagte, Fürst Date Masamune, saß in dem dunklen Zimmer und trank in aller Seelenruhe seinen Sake. Dann huschte ein breites Grinsen über sein Gesicht.

„Yeah, it is. Da zieht ein Sturm auf“, erwiderte er.
 

Bereits am nächsten Morgen ließ Date Masamune sein Pferd satteln.

Seine gesamte Armee im Schlepptau, ritt der Fürst von Oshu die Felder entlang. Dabei erspähte er von Weitem zwei Banditen, die eine wehrlose Frau überfallen wollten.

Grinsend zog er sein Schwert.

„Aus dem Weg, wertloses Pack!“, rief er ihnen laut zu, dann streckte er die beiden verdutzten Männer mit einem Schwerthieb im Vorbeireiten nieder. „Pah! Ihr habt euch mit dem Falschen angelegt.“

Date’s Männer johlten begeistert auf.

„JAAAAA!!!! HITTOOOO!!!“

„Das ist unser Boss!“

„Let’s go, Guys!!!“, rief Masamune euphorisch, steckte das Schwert weg und ritt weiter.

Einige Felder weiter erspähte der Fürst wieder jemanden – ein schiefes Lächeln legte sich diesmal auf seine Lippen. Eigentlich hatte er gehofft, ihm nicht zu begegnen und somit um eine Erklärung herum zu kommen.

Mit einer kurzen Handbewegung deutete er den Männern hinter sich an, dass sie anhalten sollten, dann brachte er sein eigenes Pferd zum stehen.

Direkt neben dem Mann, der ihn mit einem fragenden Blick bedachte: Katakura Kojuro, in seiner Feldarbeitskleidung, musterte seinen Herrn von Kopf bis Fuß und fragte dann: „Mein Fürst, warum seid Ihr so angezogen? Wohin wollt Ihr?“

„An keinen besonderen Ort“, murmelte Masamune und strich seinem Pferd über den Kopf. „Dachte nur, ich könnte ja mal einen kleinen Ausflug nach Hitachi machen.“

Kojuro glaubte, sich verhört zu haben. „Hitachi?!! Ihr habt doch sicher gehört, was dort gerade geschieht!“

„Ja… Das ist auch der Grund, warum ich dorthin will. Mir kamen noch so einige andere Gerüchte zu Ohren. Ich will nach Hitachi, um mich davon zu überzeugen, ob ein Fünkchen Wahrheit dahinter steckt. Und ob… wir mit einem Krieg rechnen müssen.“

„Es nicht nötig, dass Ihr persönlich dorthin geht!“, ereiferte sich Kojuro nervös. Wir haben Augen und Ohren überall…“

Masamune lachte laut auf. „Du kennst mich, Kojuro. Ich vertraue nur der Wahrheit, die ich mit diesem Auge sehe“, sagte er und deutete mit dem Zeigefinger auf sein gesundes linkes Auge.

„Ich wollte nur…“, murmelte Kojuro ratlos.

„Sei unbesorgt. Ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück.“

Mit diesen Worten gab Masamune seinem Pferd die Sporen und ritt weiter, dicht gefolgt von seinen jubelnden Männern.

Kojuro sah ihm geschockt nach. Seufzend zog er sich dann das weiße Tuch vom Kopf. „Wird er sich wohl jemals ändern?“
 

Die Dunkelheit war bereits über das Land hereingebrochen, als der Kolonne in Kubota ankam. Dort erwartete sie, wo auch immer sie vorbeikamen, überall nur Leichenberge und Flüsse aus Blut… Es war ein grausiger Anblick.

„Wer ist das bloß gewesen…?“, flüsterte Masamune beunruhigt.

„Hitto, wer auch immer das war, ist äußerst fähig“, warf einer seiner Männer, Bunshiro, ein. „Er hat jeden dieser Männer mit nur einem gezielten Hieb getötet!“

„Es sind so viele…“, zitterte ein anderer Soldat.

Plötzlich ertönte ganz in der Nähe ein lautes Geräusch.

Masamune zuckte überrascht zusammen. Ein solches Geräusch hatte er noch nie gehört. Und dann dieser üble Geruch – fast wie Rauch.

Ohne zu zögern schritt er in die Richtung, aus der das Geräusch kam – und dann sah er ihn. Zuerst glaubte er, einen Dämon vor sich zu haben. Der blutrote Umhang des Dämons umwehte ihn, als wäre er lebendig und verlieh ihm dadurch ein unheimliches Aussehen. Doch es war in erster Linie seine Aura, die Masamune erstarren ließ.

Diese Aura… sie wirkte einfach nicht menschlich.

Was war das nur? Das konnte doch nicht real sein… oder doch?

Völlig irritiert verharrte der Fürst von Oshu in seiner Position und starrte den Mann – oder was er auch immer war – fassungslos an. Seine Knie begannen nach und nach immer mehr zu zittern. Kalter Schweiß brach ihm auf der Stirn aus. Seine Hände… Seine Beine… Er konnte sich einfach nicht rühren! Diese Präsenz war einfach… überwältigend.

Der Mann schien Masamune nicht weiter zu beachten. Emotionslos warf er die leblose Person, die er soeben noch am Kragen gepackt in die Luft gehalten hatte, von sich.

Nun konnte Masamune auch erkennen, was er in der anderen Hand hielt: eine Pistole. So eine neumodische Waffe, die in der westlichen Welt großen Anklang fand. Nun war auch klar, was das für ein seltsames Geräusch war.

Plötzlich richteten sich die kalten, dunklen Augen des Mannes doch auf Masamune und seine Männer. Trotz dieses Aufgebotes blieb der Mann völlig ungerührt und machte keinerlei Anstalten, sie anzugreifen.

Der einäugige Drache erwachte prompt aus seiner Starre und rief: „Wer seid Ihr?!“

Der Mann musterte ihn zunächst schweigend, dann antwortete er: „Oda… Nobunaga…“

Masamune riss sein linkes Auge auf. Oda Nobunaga! Der Dämonenkönig des sechsten Himmels! Er war das also. Aber was tat Oda bloß in Hitachi? Warum hatte er die Akademie für Männer in Kubota angegriffen? Was plante dieser Mann bloß?

„Hitto!“ Bunshiro packte seinen Fürsten ängstlich am Arm. „Wir sollten besser von hier verschwinden! Mir sind furchtbare Gerüchte über Oda Nobunaga zu Ohren gekommen! Er ist keiner, mit dem man sich einfach so anlegen sollte! Bringt Euch bitte nicht in Gefahr, mein Fürst!“

Auch die anderen Soldaten mischten sich nun ein.

„Er hat recht!“

„Das ist zu gefährlich.“

„Was würde Meister Katakura sagen, wenn er hörte, dass wir nicht verhindert haben, dass Ihr Euch in Gefahr begebt?“

„Denkt bitte darüber nach, Hitto!“

Masamune biss sich auf die Unterlippe. So ungern er auch den Rückzug antrat, seine Männer hatten recht. Es wäre töricht, sich kopflos auf diesen Mann zu stürzen.

„Ich habe das Interesse verloren! Wir verschwinden!“, verkündete er laut, drehte sich auf dem Absatz um und lief zu seinem Pferd zurück. Seine Soldaten folgten ihm eiligen Schrittes.

Oda Nobunaga folgte ihnen nicht, sondern sah ihnen nur schweigend nach.
 

Schweigend ritt die Kolonne zurück nach Oshu.

Masamune’s Gemüt kochte immer noch, weil er den Rückzug antreten musste. Auf der anderen Seite waren sie ja eigentlich nur zur näheren Erkundung der Lage nach Hitachi gereist. Und dennoch… Es schmeckte Masamune gar nicht, dass er vor Oda den Schwanz einziehen musste. Er war doch kein Feigling, verdammt!

Plötzlich schlug sein Pferd aus.

Mit Mühe konnte Masamune verhindern, dass er aus dem Sattel fiel. „Ruhig!“, sagte der Fürst im beruhigenden Ton und strich seinem Hengst sanft über den Kopf. „Ruhig. Was hast du denn, Kuro-Ikazuchi?“

Das Pferd trabte unruhig von einer Seite zur anderen. Da stimmte etwas nicht!

Sofort warf Masamune prüfend einen Blick in die Umgebung, konnte aber niemanden sehen. Dennoch wusste er, dass jemand hier war. Er konnte es förmlich auf der Zunge schmecken.

„Wer ist da?!“, rief der Brünette laut in die Dunkelheit. „Ich weiß, dass du da bist! Komm gefälligst raus aus deinem Versteck!“

Ein leises Kichern drang an sein Ohr und kurz darauf trat eine hagere Gestalt mit langen, weißen Haaren aus dem Dickicht hervor. In beiden Händen hielt der Mann je eine Sense. Und in seinem Gesicht ein breites, boshaftes Grinsen.

Angewidert verzog Masamune das Gesicht. Dieser Kerl hatte etwas an sich, dass ihm überhaupt nicht gefiel. „Wer zum Teufel bist du?“, rief er der Gestalt zu. „Du bist mir im Weg. Verschwinde!“

„Oh, ich fürchte, das ist nicht möglich“, erwiderte der weißhaarige Mann mit sanfter Stimme. „Du wurdest Zeuge des ersten Feldzuges meines Herrn. Und das darf niemand. Zumindest jetzt noch nicht. Ich bedaure es zutiefst, aber ich muss dich jetzt leider töten.“

Wütend fletschte der einäugige Drache die Zähne. „WAS?!!“

Die hagere Gestalt grinste immer noch von Ohr zu Ohr.

Er schien es offenbar ernst zu meinen.

Nun grinste auch Masamune. Das war ihm nur recht. Er war ohnehin nicht besonders glücklich darüber, dass er zuvor unverrichteter Dinge abziehen musste.

Ohne zu zögern stieg er von seinem Pferd und zog sein Schwert. „Du hast Pech. Dass du mich ausgerechnet in einer ziemlich miesen Stimmung erwischt hast. Und jetzt werde ich meine schlechte Laune an dir auslassen. Männer, tretet zurück!! Diesen Kerl übernehme ich!! Mach dich bereit! Ich bin der Boss von Oshu, Date Masamune! Und ich werde dich jetzt in den Staub treten!! You see?“

Der Mann grinste immer noch. „Wie Ihr meint… einäugiger Drache. Dann zeigt mal, was Ihr könnt.“ Der Blick des Weißhaarigen veränderte sich prompt. Mit einem wahnsinnigen Ausdruck in den Augen stürmte er auf seinen Gegner zu, schwang seine Sense und schlug zu.

Masamune konnte den Angriff nur mit Mühe blocken.

Der Mann lachte wie ein Wahnsinniger und schlug mit der anderen Sense zu – diesmal traf er und schnitt dem Fürsten in die linke Schulter.

Verdammt! Der Typ war doch besser, als es Masamune angenommen hatte. Vielleicht war es doch ein Fehler, ihn herauszufordern… Aber er würde jetzt auf keinen Fall aufgeben! Er war heute schon einmal vor einem Gegner geflohen. Das passierte ihm kein zweites Mal!

Seine Männer beobachteten den Kampf mit wachsender Sorge.

„Seht euch den weißhaarigen Typen an“, murmelte Yashinao, ein Mann mit markanten Gesichtszügen und einer Elvistolle. „Er ist genauso stark wie unser Fürst…“

„Der Fürst hat zwar gesagt, dass wir uns nicht einmischen sollen, aber ich glaube kaum, dass wir überhaupt die Möglichkeit dazu hätten“, meinte Samanosuke und rückte nervös die Brille auf seiner Nase zurecht.

Vor Zorn kochend drückte Masamune, der die erste Sense immer noch blockte, den Mann kraftvoll von sich.

Der Mann sprang einen Schritt rückwärts und schlug mit der einen Sense das Schwert des Drachen aus dessen Hand. Mit der anderen Sense zielte er auf dessen Brust.

Der Drache reagierte jedoch blitzschnell, zog ein weiteres Schwert und blockte auch diesen Angriff ab. Dabei fiel er nach hinten um. Auf dem Rücken liegend gelang es ihm, dem Mann die Sense, mit der er ihn angegriffen hatte, aus der Hand zu schlagen. Dann rief er laut: „Bilde dir ja nichts ein!!“ und stieß ihm seinen rechten Fuß in den Bauch, sodass der Mann mit voller Wucht gegen einen Felsen donnerte.

Keuchend rappelte sich Masamune wieder hoch. „Wer zum Geier bist du?“, fragte er.

Der Mann saß reglos zwischen den Bruchstellen des Felsens. Dann fing er an zu kichern, was nach und nach in einem hysterischen Lachen gipfelte.

„Wer ich bin?“, sagte er dann in einem Tonfall, aufgrund dessen Masamune an dem Verstand des Mannes zweifelte. „Mein Name ist Akechi Mitsuhide… werter einäugiger Drache. Und wie ich bereits sagte… werde ich dich hier und jetzt töten! Dich und deine Männer!!“

Mit lautem Johlen stürmte Akechi plötzlich los, direkt an Masamune vorbei und griff statt ihm die Soldaten an!

Völlig überrumpelt von dieser Aktion, waren die Soldaten so überrascht, dass sie kaum ihre Waffen ziehen konnten, ehe Akechi sie angriff.

Fassungslos über diese Tat rannte der Fürst sofort zu seinen Männern, um ihnen zu helfen.

„Akechi Mitsuhide! Du verdammter Bastard, hör sofort auf damit!!“

Hämisch lachend sprang Akechi über den heranstürmenden Masamune hinweg, sodass er hinter ihm war und griff ihn mit seiner Sense an.

Der Fürst von Oshu bremste sofort, wirbelte herum und parierte den Schlag. Dann sammelte er seine Kraft in seinem Schwert und stieß seinen mächtigen „Hell Dragon“-Angriff in Richtung Akechi. Dieser Schlag zeigte endlich Wirkung: er verletzte den weißhaarigen Mann an der linken Schulter und ließ ihn stark blutend zurücktaumeln.

Dummerweise hatte auch Akechi im selben Moment einen starken Angriff gestartet, der eine tiefe Wunde in Masamune’s linke Hüfte riss. Geschockt registrierte dieser seine Verletzung. „Verdammt…“, stieß er unter Schmerzen hervor.

Akechi hingegen war eher belustigt über seine Wunde. Wie ein Irrer lachte er laut drauf los. „Wunderbar! Einfach herrlich!“, stieß er euphorisch hervor. „Mehr! Ich will mehr davon!! Dieses Gefühl! Dieser Schmerz!! Das ist so wundervoll~ Gib mir mehr! Ich will mehr!! MEHR!!!!!“

Gerade, als Akechi zu einem weiteren Schlag ausholen wollte, näherte sich ihnen ein Pferd. Kojuro war seinem Herrn nachgeritten und hatte sie endlich eingeholt.

Masamune registrierte die Ankunft seines Vasallen mit Überraschung. Er hätte nicht erwartet, dass er ihnen folgen würde.

„Kojuro? Was machst du denn hier?!“, fragte er keuchend.

Statt zu antworten, warf Kojuro einen Blick auf seinen Fürsten. Dessen schwere Verletzung machte ihn rasend vor Zorn. Sofort zückte er sein Schwert und ging auf Akechi los.

Dieser wehrte dessen wütende Schläge ab.

„Seid Ihr derjenige, der den Fürsten verletzt hat?! Wenn ja, werdet Ihr jetzt sterben!!“, rief Kojuro und griff weiter an.

Akechi wich jedoch nur lachend aus und sprang schließlich auf einen Felsen. „Mir scheint, der einäugige Drache hat Verstärkung erhalten. Na schön. Warum einigen wir uns nicht auf ein Unentschieden und das jeder seines Weges geht?“, kicherte er, dann verschwand er.

Masamune war damit jedoch überhaupt nicht einverstanden. „Hey!!“, schrie er wütend und wollte Akechi nachjagen, doch Kojuro hielt ihn zurück.

Blut spritzte zu Boden. Die Verletzung war doch schlimmer, als er dachte. Er hörte nur noch, wie die Soldaten und Kojuro seinen Namen riefen, dann wurde alles schwarz um ihn herum…

Dieser verdammte Bastard… Das werde ich dir heimzahlen, verlass dich drauf!
 

Einige Tage später in der Burg von Yonezawa in Oshu kam der einäugige Drache schließlich wieder zu sich.

Seine Wunden waren versorgt, seine Schwerter auf einer Schwerthalterung in der Nähe seines Futons aufgebahrt.

Draußen auf den Gängen stieß derweil Kojuro auf Yashinao und Samanosuke.

„Wie geht es euch beiden? Können die Männer schon wieder aufstehen?“, fragte er sogleich.

„Ja. Uns geht es gut.“

„Aber wir müssen uns bei Euch entschuldigen, Meister Katakura! Obwohl wir die ganze Zeit an Hitto’s Seite waren, konnten wir nicht verhindern, dass er verletzt wurde!“

„Wir werden unsere Strafe in Empfang nehmen, sobald wir gesund genug sind!“

Abwehrend hob Kojuro beide Hände. „Nein, schon gut. Es ist in Ordnung…“, sagte er eilig.

„Meister Katakura!!“, rief eine Frauenstimme und schon rannte eine junge Dienerin auf die drei Männer zu.

„Was gibt es, Yume? Ist Fürst Masamune endlich aufgewacht?“, fragte Kojuro sofort.

Yume blieb vor ihm stehen und nickte aufgeregt.

Kojuro verabschiedete sich von den dreien und eilte sofort zum Zimmer seines Fürsten.

Vor dem Fusuma des Zimmers ging er auf die Knie und fragte höflich: „Mein Fürst? Ich bin es, Kojuro.“

„Komm ruhig rein“, kam die Antwort von drinnen.

Kojuro folgte der Aufforderung und betrat das Zimmer. Masamune saß auf der Fensterbank, vor den geöffneten Shoji und sah hinaus.

Wieder ging Kojuro in die Knie. „Wie fühlt Ihr Euch?“

Der Fürst verzog das Gesicht. „Wie ich mich fühle?! Pah!! Ich fühle mich beschissen!! Schlimm genug, dass du mich in so einem miesen Zustand gesehen hast. Aber dass die Jungs mich ebenfalls so gesehen haben… Akechi Mitsuhide, dieser Bastard! Ich schwöre dir, beim nächsten Mal…“

„Ich bitte um Verzeihung, Fürst“, unterbrach Kojuro ihn, erhob sich, ging zu seinem Fürsten herüber und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.

Völlig verdutzt erstarrte Masamune und sah seinen besten Freund mit offenem Mund an.

Dieser fiel sofort auf die Knie und senkte sein Haupt so tief wie möglich. „Ich werde später für meinen unverzeihlichen Akt der Respektlosigkeit büßen, mein Fürst. Doch nun möchte ich, dass Ihr mir gut zuhört! Dieser Vorfall resultierte darin, dass acht unserer Männer schwer verletzt wurden. Von diesen acht Männern haben zwei gebrochene Beine und können bis heute nicht richtig laufen. Diese Wunden sind keine Wunden eines ehrenhaften Kampfes und somit werden daraus auch keine Narben, auf die man Stolz sein könnte. Eure Männer leiden unter diesen sinnlosen Wunden, weil sie loyal genug waren, um Euch erneut bei einer Eurer leichtsinnigen Launen zu unterstützen. Ich hoffe, dass Ihr so etwas Unehrenhaftes nicht noch einmal geschehen lasst. Ihr seit der Fürst über dieses Herrschaftsgebiet und als solcher… tragt Ihr auf Euren Schultern die Verantwortung über das Leben und die Ehre eines jeden Bürgers, der hier lebt. Diese Verantwortung ist euer Leben. Ich bitte Euch, mein Fürst. Ihr müsst Euer Leben aufmerksamer schützen. Dies ist der Wunsch Eures bescheidenen Dieners.“

„Kojuro…“, flüsterte Masamune.

„Nachdem ich dies nun gesagt habe… Die Hand gegen seinen Fürsten zu erheben, ist absolut unverzeihlich!“, fügte Kojuro hinzu und zog sein Schwert, lichtete seine Kleidung und richtete die Klinge gegen seine bloße Brust. „Ich, Katakura Kojuro, opfere mein Leben als Sühne für…“

„KOJURO!!!!“, brüllte Masamune, packte seinen Vasallen am Kragen und schlug ihm mit ganzer Kraft ins Gesicht.

Dieser ließ daraufhin sein Schwert fallen. Der Fürst kickte es locker von ihm weg.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff Masamune sich an seine Wunde. „Ugh… Das hat wohl meine Wunde geöffnet… Hör zu! Ich habe gehört, was du gesagt hast… AH!! Was ich versuche zu sagen ist… Ich hab einen Fehler gemacht. Jedes Mal, wenn der Blick meines linken Auges getrübt ist, erwarte ich, dass du da bist und verhinderst, dass ich blindlings in irgendwelche Fallen tappe. Du bist mein rechtes Auge! Was auch immer geschieht, ich verbiete dir, ohne meine Erlaubnis zu sterben. Got it?!!“

Kojuro wischte sich das Blut von der Nase und sagte: „Wir Ihr wünscht.“

„Kojuro…“

„Ja, mein Fürst?“

„Ich werde das Land erobern! Oda Nobunaga und sein Schoßhund Akechi waren nur der Anfang. Von hier an werden noch viele andere aus dem Dickicht geschossen kommen und versuchen, mich zu stoppen. Die Dinge werden von jetzt an sehr interessant werden.“

Von draußen drangen die lauten Rufe der Männer an sein Ohr. Sie standen unter seinem Fenster und riefen ihm zu, wie glücklich sie doch waren, dass es ihm gut ging.

Masamune’s Blick wurde ganz sanft, als er zu seinem rechten Auge sagte: „Mach dir keine Sorgen, Kojuro… Ich werde so etwas Dummes nie wieder tun. Ich werde euch alle beschützen, ich schwöre es. Deshalb… pass auf meinen Rücken auf, okay?“

„Wir Ihr wünscht!“
 

Es verging ein Monat, in dem Masamune seine Wunden heilen ließ.

In dieser Zeit fanden keinerlei Kriegsräte statt, was die Männer schon beunruhigte.

Einzig Kojuro ließ seinen Fürsten in Frieden und widmete sich wie üblich der Feldarbeit.

Dann, eines Nachmittags, erprobte Masamune nach langer Zeit seine Schwerttechniken in der Trainingshalle.

Seine Männer beobachteten ihn heimlich und waren in heller Aufregung, da ihr Fürst noch stärker geworden zu sein schien. Ihr Fürst war ja so großartig!!!

Natürlich bemerkte der Drache seine Männer.

„Hey, Guys! Ruft die anderen zusammen! Es ist Zeit für einen Kriegsrat!“, sagte er ruhig.

Die Männer johlten begeistert auf und machten sie sofort daran, alle anderen zusammen zu trommeln.

Wenig später waren alle in der Trainingshalle versammelt.

„Nun gut? Sind alle hier?“, fragte Masamune lächelnd in die Runde.

„Äh, nein Hitto. Meister Katakura ist noch nicht hier“, warf Bunshiro ein.

„Was? Wo zum Teufel steckt er?“, schimpfte Masamune, winkte aber rasch wieder ab. „Nun gut. Wir beginnen mit dem Kriegsrat. In den nächsten zwei Monaten soll sich jede Einheit gründlich vorbereiten. Sobald alle bereit sind, ziehen wir los in Richtung…“

„Oda, richtig?!!“

„Wir werden es diesem Akechi schon noch zeigen!!“

„Übertreibt es nicht!“, schimpfte der Fürst und unterband die Zwischenrufe seiner Männer. „Habe ich etwa Oda’s Namen genannt?“

Die Männer verstummten und sahen sich irritiert gegenseitig an.

„Huh?“, Yashinao kratzte sich fragend am Kopf. „Wir schnappen uns nicht Oda? Aber um wen kümmern wir uns denn dann?“

„Ganz einfach. Unser Ziel ist Kawanakajima.“

Stille.

Dann hakte Samanosuke vorsichtig nach. „Habt Ihr gerade wirklich Kawanakajima gesagt?“

„Was sagt Ihr da, Hitto?!“, rief Yashinao fassungslos. „Kawanakajima ist seit jeher der Kampfschauplatz zwischen Takeda und Kenshin!“

„Yep. Das ist der Punkt“, erwiderte Masamune gelassen.

„Wir sollen die Armeen von Takeda und Kenshin gleichzeitig angreifen?!“

„Aber warum, Hitto?!!“

„Bitte überlegt Euch das noch einmal!!“

„Wir können es uns nicht leisten, unsere Männer zu verlieren!“

„SHUT UP!!!!!“, brüllte Masamune genervt. „Niemand hat etwas davon gesagt, dass wir zwei Armeen auf einmal angreifen! Wir kümmern uns zuerst um Kenshin. Er wird sich auf Takeda und seine Soldaten konzentrieren, sodass wir ihn von hinten attackieren.“

Der Fürst verstummte kaum, da ging das Gezeter wieder von vorne los.

„Warum greifen wir nicht von vorne an?!“

„Das sieht dir gar nicht ähnlich, Hitto!!“

„Du fürchtest dich doch nicht etwa davor, Oda noch einmal gegenüberzustehen, oder?“

Gereizt zischte Masamune durch seine Zähne: „Seid doch endlich mal still und hört mir richtig zu!“

Diesmal war es jedoch Kojuro, der die Männer zum Schweigen brachte.

Energisch stieß er die Fusuma auf und brüllte laut in die Trainingshalle: „SCHWEIGT!!! IHR ALLE!!!“ Dann lief er eiligen Schrittes vor zu seinem Herrn und ging vor ihm auf die Knie. „Katakura Kojuro meldet sich zum Dienst.“

„Hey, Meister Katakura ist in Kampfkleidung gekommen“, flüsterte Bunshiro. „Er ist bereit für den Kampf.“

„Du bist anderthalb Stunden zu spät, Kojuro. Wo warst du?“, fragte Masamune, froh darüber, dass endlich Ruhe eingekehrt war.

„Mein Fürst, wie ich bereits sagte, werden wir dieses Jahr schwere Stürme zu erwarten haben. Daher habe ich unsere Ernte darauf vorbereitet.“

Masamune lachte laut auf. „Es dauert eine Weile, bis wir uns um Stürme Sorgen machen müssen.“

„Ich bin bereit, Euch in den Krieg zu folgen, mein Fürst!“, fügte Kojuro entschlossen hinzu. „Auch wenn das bedeutet, dass ich nicht zurückkehre!“

Masamune musterte Kojuro eine Weile ausdruckslos, dann lächelte er triumphierend. „Yeah. Ich bin froh, dass wenigstens einer versteht. Nun gut, fahren wir fort. Warum greifen wir nicht Oda an? Wir alle wollen uns an Oda und vor allem an Akechi rächen. Aber denkt mal kurz darüber nach. Wenn unsere gesamte Armee jetzt hinter Oda her wäre, wer würde hier zurückbleiben, um Oshu zu beschützen? Wehrlose Farmer, Frauen und Kinder. Sollte es einen Sieger in Kawanakajima geben und er sich dazu entschließen, unsere Abwesenheit zu nutzen, um in Oshu einzufallen, würde Yonezawa innerhalb von drei Tagen fallen.“

„Das… das ist wahr…“, murmelte Yashinao.

„Wenn wir Kenshin von hinten attackieren, während er sich auf seine Schlacht in Kawanakajima konzentriert, dürften wir unsere Verluste minimieren. Sobald wir Kenshin besiegt haben, kümmern wir uns um Takeda und seine Armee. Wenn wir ganz Japan erobern wollen, müssen wir früher oder später sowieso gegen die beiden antreten. Es ist nichts falsch daran, uns jetzt schon um sie zu kümmern. Also, was haltet ihr von meinem lustigen kleinen Spielplan?“

Die Männer brachen in Euphorie aus. Das war genau nach ihrem Geschmack! Ihr Boss war ja so großartig!

Masamune und Kojuro ließen die jubelnden Männer allein.

Im Gang sprach Kojuro seinen Fürsten an. „Mein Fürst, ich war sehr ergriffen von eurer Besorgnis bezüglich der normalen Bürger.“

„Was hast du denn erwartet nach deinem langatmigen Vortrag?“, kam es flapsig zurück.

Das zauberte ein Lächeln auf Kojuro’s Lippen. „Dieses Mal werde ich da sein, um Euren Rücken zu schützen.“

„Gut. Aber wir sollten uns besser beeilen.“

„Mein Fürst?“

„Wenn wir zulassen, dass dieser Krieg sich in die Länge zieht, wird der Winter über uns hereinbrechen.“ Masamune blieb stehen. Ein besorgter Blick zierte sein hübsches Gesicht. „Der Winter in Oshu ist rau und dauert viel zu lang. Ich mag die Kälte nicht. Alles wird unter einer weißen Leere eingesperrt. Die Felder frieren zu und es scheint, als wären wir vom Rest der Welt abgeschnitten. Wenn ich doch nur wärmere, fruchtbarere Länder für mein Volk sichern könnte… Müsste nie wieder jemand hungern.“

„Fürst Masamune…“

Der junge Fürst lachte leise auf. „Vielleicht versuche ich auch einfach nur, meine Handlungen zu rechtfertigen. Lass uns mit den Vorbereitungen beginnen. Ich will nicht zu spät zu meiner Verabredung mit Kenshin kommen.“

„Ja, mein Fürst.“
 

~ to be continued ~

Liebe? Kein Bedarf!

Wir schreiben den 2. Juni 1587 der Sengoku-Periode.

In dieser Nacht geschah etwas, das sämtliche Fürsten in Aufruhr versetzte.

Ein Mann begann seinen schrecklichen, blutigen Feldzug, mit dem er alle anderen Fürsten vernichten, ihre Ländereien verwüsten und sich ganz Japan untertan machen wollte.

Der Mond leuchtete hell am Himmel, als die Soldaten dieses Mannes die Höhen von Kannagawa in der Provinz Shimotsuke stürmten und den Ort in ein Blutbad verwandelten.

Unter ihnen wandelten - zur Überraschung der Soldaten von Kannagawa – ein kleiner Junge und eine schöne, dunkelhaarige Frau in einem schwarzen Kimono.

Die Gewalt um sie herum schien die Frau nicht im Geringsten zu stören. Auch der Junge wirkte relativ ungerührt.

Plötzlich stürmte ein weißer Tiger auf die Frau und den Jungen zu. Doch noch ehe das wütende Tier nahe genug herankommen konnte, um seine gefletschten Zähnen in einen von den Beiden hineinrammen zu können, spannte der Junge seinen Bogen und schoß mehrere Pfeile in den schwarz-weiß gestreiften Körper hinein. Der Tiger jaulte vor Schmerzen laut auf, fiel zur Seite und blieb reglos liegen.

Daraufhin mischte sich Utsunomiya Hirotsuna, der Kriegsherr von Kannagawa, in den Kampf ein. Wütend, dass die Eindringlinge seinen geliebten Tiger getötet hatten, schwang der Mann, der für sein Leben gern ein großer Fürst wäre, seinen Speer.

Die dunkelhaarige Frau zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sie aus zwei Halterbänden an ihren Oberschenkeln zwei Schusswaffen hervorzog und dem übermütigen Jungspund mehrere Kugeln in den Körper jagte. Dieser blieb abrupt stehen, spuckte Blut aus und fiel neben seinem Tiger zu Boden.

Kannagawa war damit erfolgreich eingenommen!

Unterdessen, in der Provinz Kai nahe Shinano, das nicht weit entfernt von Shimotsuke lag, starrte ein junger, brünetter Mann in den Himmel und fixierte den Mond, als würde dieser ihm eine schockierende Geschichte erzählen.

„General?“, fragte ein Soldat leicht beunruhigt. „Was habt Ihr?“

Der Wind fegte über die kleine Gruppe hinweg und spielte mit den langen Enden seines roten Stirnbandes und seinen zusammengebundenen, halb so langen Haaren, als der junge General leise erwiderte: „Mir scheint… als würde ein starker Wind aufziehen…“
 

Noch in derselben Nacht reiste die Truppe, die soeben noch in Kannagawa gewütet hatte, zurück in ihr Herrschaftsgebiet. Ihr Fürst, so hatten sie vor kurzem erfahren, wollte sich erst nach Shimotsuke und dann nach Hitachi aufmachen, um sich persönlich vom Erfolg ihres Feldzuges zu überzeugen. Es glich einer Feuerprobe.

Auf ihrem Rückweg passierte die Truppe auch Shinano und betrat somit das Territorium von Takeda Shingen, der allgemein als „Tiger von Kai“ bekannt und gefürchtet war. Besser, sie verweilten nicht allzu lange in diesem Gebiet.

Aus den dunklen Wipfeln der Bäume heraus wurden die Soldaten beobachtet. Die Gestalt sah zu, wie die Soldaten unter ihm vorbei ritten, dann verließ er den Schutz der dichten Blätter, um seinem Herrn Bericht zu erstatten.

Schnell und lautlos sprang er von Ast zu Ast, bis er die Burg seines Fürsten erreicht hatte.

Vor dem Zimmer seines Herrn, dessen Shoji geöffnet waren, um die milde Nachtluft hineinzulassen, blieb er schließlich stehen und ging in die Knie.

„Fürst Takeda“, sagte er.

„Was gibt es, Sasuke?“, erwiderte Takeda, ohne von seiner Lektüre aufzusehen.

Sasuke Sarutobi, der Anführer des Sanada-Ninjacorps, zog seinen Mundschutz herunter und berichtete: „Eine Gruppe von Reitern hat soeben das Territorium von Takeda betreten.“

„Lass sie“, brummte Takeda und strich sich nachdenklich über das Kinn, was allerdings seiner Lektüre galt, nicht der Nachricht des Ninja. „Wenn ich den Gerüchten glauben schenken darf, die zurzeit kursieren, dann müsste es sich dabei um einen Trupp aus Oda Nobunaga’s Armee handeln. Wir sollten nicht eingreifen. Zumindest nicht, solange wir nicht wissen, was er plant. Unnötiges Blutvergießen ist außerhalb meines Interesses. Die Welt soll mich ruhig einen schlafenden Tiger nennen, wenn es das will, aber ich werde nicht einen Schritt tun, bevor die Zeit nicht reif dafür ist. Stell sicher, dass auch Yukimura darüber Bescheid weiß.“

Kaum, dass Takeda dies sagte, zuckte Sasuke unwillkürlich zusammen, als sei ihm gerade etwas Wichtiges eingefallen, das er vergessen hatte. „Eh… Ich denke, ich sollte das besser sofort erledigen…“

„Ich hoffe, dass es dafür noch nicht zu spät ist…“, murmelte Takeda, sein gerade eben noch entspanntes Gesicht zierte nun Sorgenfalten.

Er kannte seinen jungen, etwas zu enthusiastischen Schützling nur zu gut.
 

Währenddessen ritten die Soldaten weiter durch das Gebiet von Takeda.

Als sie eine kleine Lichtung passierten, schlugen die Pferde urplötzlich aus. Einige der Reiter wurden dabei abgeworfen.

Die schöne Frau im schwarzen Kimono sah sich irritiert um, konnte aber die Quelle für diesen Vorfall nicht ausmachen.

Der kleine Junge deutete auf den Boden. „Lady Nouhime! Seht nur, dort! Da liegen überall Krähenfüße herum! Die sind bestimmt von einem Ninja!“

„Wer ist da?!“, rief plötzlich eine Stimme aus der Dunkelheit.

Kurz darauf trat ein junger Mann aus dem Dickicht hervor, überwiegend in rot gekleidet und mit zwei Speeren bewaffnet. Furchtlos trat er der Truppe entgegen. Als er Lady Nouhime und den Jungen sah, wirkte er etwas irritiert.

„Nennt mir Euren Namen!“

Nouhime lächelte heimtückisch. „Das braucht dich nicht zu interessierten, Jungchen.“

„Das sehe ich nicht so! Ihr habt das Herrschaftsgebiet des Tigers von Kai betreten! Eine Streitmacht, die bewaffnet und mitten in der Nacht hier vorbeireitet, kann nichts Gutes bedeuten! Ihr lasst mir keine andere Wahl, als Euch für Diebe oder Banditen zu halten! Also, noch einmal: Wer seid Ihr?!“

„Hey, du bist aber ganz schön vorlaut!“, maulte der Junge und zog beleidigt eine Schnute.

„Bevor du fragst, wer wir sind, solltest du dich erst einmal selbst vorstellen, junger Mann“, erwiderte Nouhime ungerührt. „Das gebietet die Höflichkeit.“

Der junge Mann zuckte überrascht zusammen. „Oh… Da habt Ihr natürlich recht…“, stammelte er peinlich berührt und verbeugte sich rasch. „Mein Name ist Sanada Genjirou Yukimura und ich bin ein General in der Armee von Takeda Shingen.“

Nouhime lachte laut auf. „So ist es schon viel besser. Nun, Sanada-kun, ich bin Lady Nouhime. Das hier ist Ranmaru. Und dies hier ist meine Eskorte.“

Yukimura hob fragend eine Augenbraue. „Was macht denn eine Frau alleine um diese Nachtzeit an einem Ort wie diesen? Sehr merkwürdig.“

„Ich bin nicht alleine“, widersprach Nouhime kichernd. „Ranmaru und die Soldaten sind doch bei mir. Aber du hast recht. Ich habe tatsächlich nicht vor, noch länger im Gebiet deines Herrn zu verweilen, Junge. Würdest du also bitte zur Seite gehen, damit ich in die sichere Obhut meines Mannes zurück reiten kann?“

Yukimura überlegte kurz. Eigentlich sprach ja nichts dagegen, dass er sie passieren ließ. Dennoch… irgendetwas war seltsam an dieser Frau und ihren Reisebegleitern. Das konnte er mit jeder Faser seines Körpers spüren.

Energisch schüttelte er seinen Kopf. „Nein! Erst werdet Ihr mir sagen, was Ihr hier wirklich wollt!“

Nouhime rollte genervt mit den Augen. Warum war dieser Bengel nur so anstrengend?

„Das sagte ich doch bereits! Ich will in meine Heimat zurück und dafür muss ich das Gebiet von Takeda passieren! Jetzt lass mich schon durch, ich bin müde!“

„Abgelehnt!“ Yukimura richtete einen seiner Speere auf Nouhime. „Wenn Ihr mir nicht freiwillig sagt, was Ihr hier wollt, werde ich eben etwas nachhelfen müssen! So ungern ich auch einer Frau drohe…“

„Du machst mich langsam echt sauer, Bengel!“, zischte Nouhime böse, zog eine Pistole aus der Halterung an ihrem rechten Bein hervor, zielte auf Yukimura und schoss – die Kugel verfehlte seinen Kopf nur knapp.

„Das war ein Warnschuss, Junge. Du hast Glück. Eigentlich bist du ganz süß, deswegen gebe ich dir eine letzte Chance, beiseite zu treten. Du hast die Wahl…“

Yukimura war bei dem Schuss zusammengezuckt und trat nun nervös von einem Fuß auf den anderen. „Frau!! In welchem Land verwendet man solche Waffen?!!“, fragte er aufgebracht.

„Falsche Antwort“, murmelte Nouhime und zielte wider rum auf Yukimura.

Doch diesmal hielt sie eine Rauchbombe davon ab, zu schießen. Schützend hielt Nouhime einen Arm vor Mund und Nase und versuchte zu erkennen, wer so dreist war, ihr dazwischen zu funken.

Als der Rauch sich etwas gelichtet hatte, stand ein Ninja vor dem jungen General.

„Sasuke?! Was tust du denn hier?!!“, rief Yukimura verwundert.

Sasuke ignorierte ihn und widmete sich stattdessen Nouhime und ihrer Entourage. „Ist das etwa die Art, wie sich ein Gast in einem fremden Reich benehmen sollte? Das reicht jetzt… findet Ihr nicht, Frau von Oda?“

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Ninja“, gab Nouhime beleidigt zurück. „Er ist doch derjenige, der mich nicht vorbeilassen will.“

„Sasuke! Stör mich nicht! Ich bin gerade dabei, diese kriminellen Subjekte zu verhören!“, schnauzte Yukimura seinen Ninja an.

Nouhime schnappte erbost nach Luft. „Subjekte?!! Ich hör ja wohl nicht richtig!!“, kreischte sie wütend.

Sasuke stieß einen tiefen Seufzer aus. „Okay. Ich denke, das reicht für heute. Ich schlage vor, dass wir uns alle beruhigen und Ihr macht, dass Ihr von hier verschwindet. Das gilt auch für Euch, Meister Sanada! Fürst Takeda hat ausdrücklich befohlen, dass wir sie in Ruhe lassen sollen.“

Yukimura knurrte missmutig. Aber wenn es sein Fürst so befohlen hatte, konnte er nichts machen. Er brummte als Zeichen der Zustimmung, dann machte er auf den Absatz kehrt und verschwand wieder im Dickicht.

Sasuke seufzte abermals, dann folgte er ihm

Nouhime schnaubte immer noch erbost, steckte jedoch ihre Waffe weg und gab dann ihren Soldaten das Zeichen, das sie weiter ritten.
 

Es verging über ein Monat, seitdem Yukimura auf die Frau Odas traf.

Oda führte in der Zwischenzeit seine Feldzüge fort, vermied es aber, die Herrschaftsgebiete solch großer Fürsten wie Takeda, Kenshin, Date, Chosokabe oder Mori für sich einnehmen zu wollen. Die kleinen Reiche hingegen vielen ihm nach und nach in die Hände.

Ausgenommen Omi, Mikawa und Kaga, die sich zu einer Allianz mit Oda entschieden, um die völlige Zerstörung abzuwenden.

Diese Tatsachen beunruhigten Fürst Takeda Shingen. Die Frage, was genau Oda plante, schrie immer mehr nach einer Antwort. Es schien, als könnten sie sein stetiges Handeln nicht länger ignorieren. Doch wie könnte man diesem Mann und seinem Eroberungs- und Zerstörungsdrang bloß beikommen?

Nachdenklich saß der Tiger von Kai auf der Schwelle zum Garten und sah zu, wie sein Schützling im selbigen gerade trainierte.

Voller Elan und mit höchster Konzentration schwang der Jungspund seine Speere und attackierte die Blätter, die vom Ast abfielen und langsam gen Boden segelten. Die Blätter, kaum, dass er sie traf, fingen Feuer und fielen dann in den Teich, wo sie zischend zu einem ekligen Pamps verschrumpelten.

Sasuke, der auf einem Stein neben dem Teich hockte und seinem Meister ebenfalls beim Training zusah, nickte anerkennend mit dem Kopf. „Ernsthaft wie immer, wie ich sehe“, murmelte er und kratzte sich an der Wange, während der Speerkämpfer keuchend in die Knie ging, weil er sich wieder einmal total verausgabt hatte.

Yukimura atmete laut aus und richtete sich dann schwungvoll wieder auf. „Natürlich bin ich das!“, rief er energisch, zog sein Stirnband fest und wirbelte zu seinem Ninja herum. „Ich, Yukimura, bin bereit, alles für die Ehre meines Herrn zu riskieren! Oyakata-sama! Ich bin allzeit bereit, mich in den Kampf zu stür-“

Mit einem kraftvollen Schlag ins Gesicht brachte Takeda seinen vorlauten Schützling zum Schweigen.

„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nichts überstürzen sollst?!!“, brüllte der Fürst. „Nur ein Narr würde so kopflos losstürmen, wenn nicht klar ist, was auf ihn zukommt! Zügle dein Temperament und schalte deinen Verstand ein!“

„Ja, Oyakata-sama!“, brüllte Yukimura euphorisch zurück. „Ich habe Eure Worte in meine Seele eingebrannt! AAAAAAHHHH!!! OYAKATA-SAMAAAAAA!!!! IHR SEID SO WEISE!!!!“

„Hey, jetzt beruhig dich doch, Danna“, versuchte Sasuke seinen Elan zu bremsen.

Takeda kehrte den beiden den Rücken zu und sah nachdenklich in den Himmel.

Kenshin… Wie denkst du über die Geschehnisse der letzten Zeit?
 

Uesugi Kenshin, Takeda’s größter Rivale, residierte in diesem Moment in Kasugayama Castle in Echigo und genoss den herrlichen, sonnigen und friedlichen Tag.

Mit einer großen Schale voller Sake auf seinem Schoß und einigen Dangos auf einer braunen Keramikplatte neben sich, saß der Kriegsgott von Echigo auf der Schwelle zu seinem Garten und ließ die Natur auf sich Wirken.

Er war jedoch nicht allein: ein junger, brünetter Mann faulenzte neben ihn und knabberte summend auf einem leeren Dango-Stiel herum. Dann stieß er einen lauten, zufriedenen Seufzer aus und schwärmte: „Ah~ Echigo ist wirklich ein wunderschöner Ort! Tut mir leid, dass ich so plötzlich vorbeigekommen bin, Kenshin. Und danke, dass ich bleiben darf.“

Kenshin schloss die eisblauen Augen und lächelte sanft. „Du musst dich nicht bedanken. Es besteht kein Grund, so förmlich zu sein. Und wenn es dir hier so gut gefällt… bist du herzlich eingeladen, so lang zu bleiben, wie du möchtest.“

Der Besucher lachte. „Hört sich gut an. Vielleicht komme ich darauf zurück. Schließlich ist euer Sake köstlich und- Oh!“ Als eine blonde, körperbetont gekleidete Frau vor ihnen im Garten landete, huschte ein breites Grinsen über das Gesicht des Brünetten und er fügte mit schelmischem Unterton hinzu: „Eure Frauen sind so bezaubernd.“

Als die Blondine den Besucher erblickte, verfinsterte sich ihre Miene schlagartig. „Maeda Keiji! Was tust du denn hier?!!“

Keiji winkte ihr zum Gruß fröhlich zu. „Hallo, Miss Shinobi. Warum gesellst du dich nicht für einen Schluck Sake zu uns? In der Gegenwart schöner Frauen schmeckt es noch besser.“

„Im Leben nicht!“, fauchte die Shinobi genervt zurück. „Wann verschwindest du wieder?“

„Danke für all deine harte Arbeit, Kasuga“, mischte sich nun Kenshin mit üblich sanfter Stimme ein.

Kasuga, eben noch genervt, errötete prompt und wurde sanft wie ein Lämmchen. Schüchtern trat sie näher an ihren Herrn heran und kniete vor ihm nieder.

„Was gibt es Neues?“, erkundigte sich der Fürst.

Schnell berichtete Kasuga ihrem Herrn von den letzten Geschehnissen.

Nach ihrem Bericht nickte Kenshin verstehend und beobachtete die klare Oberfläche des Sake auf seinem Schoß, während er die Neuigkeiten reflektierte: „Ich verstehe… Azai und Mikawa sind eine Allianz mit Oda eingegangen. Das überrascht mich nicht wirklich. Takechiyo scheut wahrscheinlich die offene Konfrontation mit Oda.“

„Takechiyo? Nennt er sich nicht jetzt Tokugawa Ieyasu?“, warf Keiji kauend ein.

Kenshin lächelte ihn sanft an. „Fürwahr. Aber für mich und sicher auch für den Tiger von Kai, wird er wohl noch lange der kleine Takechiyo sein… Er mag zwar jetzt der Feudalherr von Mikawa geworden sein, aber er ist dennoch jung. Vielleicht noch zu jung… Es überrascht mich nicht, dass er eine Allianz einer Konfrontation vorzieht.“

„Ist denn aber eine Allianz nicht immer besser als eine Konfrontation?“

Ein dunkler Schatten huschte über Kenshin’s sonst so sanfte Gesichtszüge. „Nicht, wenn der Verbündete Oda Nobunaga heißt…“

Keiji richtete seinen Blick auf seine Zehen, die er nachdenklich wackeln ließ. „Dass Azai eine Allianz mit Oda einging, ist ebenso wenig überraschend. Azai Nagamasa ist schließlich mit Oda verbunden, seit er dessen jüngere Schwester geheiratet hat. Ich frage mich nur, warum er nicht sieht, was sein Schwager so treibt?“

„Sind die Maedas nicht auch auf der Seite von Oda? Ich hörte, Fürst Toshiie wurde kürzlich erst zum Lehnsherrn von Kaga ernannt“, warf Kasuga leicht verwundert ein.

Keiji verstummte. Sein Blick wurde hart. In der Tat war seine Familie Oda in der vergangenen Zeit immer wieder zu Diensten gewesen. Als Belohnung für ihre Treue, schenkte der Dämonenkönig den Maeda die Provinz Kaga. Keiji glaubte zu wissen, was seinen Onkel zu diesem Schritt bewogen hatte und er konnte so gesehen nicht wirklich Schlechtes daran finden. Was ihn viel eher daran störte war, dass sein Onkel eigentlich gar nicht der Verbündete von Oda sein wollte und stets mit der Ausführung von dessen Befehlen haderte.

Wenn er ihm doch nur irgendwie helfen könnte…

Während die beiden Männer in ihren Gedanken versunken waren, kniete Kasuga schweigend vor ihnen, auf einen neuen Befehl wartend. Dass ihre Nachrichten solch intensives Nachdenken förderte, war ihr nicht sonderlich recht. Wobei sie Keiji’s Versunkenheit nicht einmal annähernd so störte, wie die ihres geliebten Fürsten. Zugegeben, er sah wie immer anbetungswürdig aus. Dennoch wollte sie nicht, dass sich ihr Fürst wegen irgendetwas Sorgen machen müsste.

Kenshin bemerkte die besorgten Seitenblicke, die seine treue Shinobi ihm zuwarf. Prompt wurden seine ernsten Gesichtszüge wieder ganz sanft. Er stellte die Sakeschale beiseite, erhob sich, trat an die hübsche Blondine heran, kniete sich zu ihr hinunter und fasste sie sanft am Kinn an, hob es sanft hoch, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. „Du schönste meiner Klingen, ich kann dir gar nicht genug danken für deine harte Arbeit. Niemand außer dir kann mich so gut informieren“, flüsterte er zärtlich.

Kasuga lief puderrot an. „Fürst Kenshin! Ich… ich… ich bin Eures Lobes nicht würdig…“, stammelte sie verlegen und versuchte, ihr wild pochendes Herz zu beruhigen.

Kenshin quittierte ihre Schüchternheit mit einem liebvollen Lächeln.

Das war zuviel für die blonde Schönheit: sie stöhnte ekstatisch auf.

Dann erinnerte sie sich schlagartig, dass sie ja nicht allein waren und fing sich rasch wieder.

„Was ist mit dir, Keiji?“, fragte Kenshin dann. „Was hast du jetzt vor?“

Keiji überlegte kurz, wovon sein Freund sprach, führte es dann auf die Geschehnisse mit Oda zurück und kratzte sich bloß am Kopf. „Was soll ich schon groß tun? Das alles hat nichts mit mir zu tun. Und du Kenshin? Wie reagierst du auf Oda’s Feldzug?“

„Noch ist nicht die Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Unabhängig davon, was Oda als Nächstes tun wird, haben der Tiger von Kai und ich noch etwas Anderes zu klären.“

Keiji wurde hellhörig. „Oh? Hört sich nach einer Menge Spaß an!“ Freudig legte er einen Arm um den Fürsten, sehr zum Missfallen von Kasuga. „Bereitest du dich für eine Prügelei vor? Vielleicht sollte ich daran teilnehmen?“

„Es besteht kein Grund für dich, daran teilzuhaben“, warf Kenshin ein. „Diese Angelegenheit betrifft nur mich und Fürst Takeda.“

Keiji lachte. „Ich will mich auch keineswegs einmischen. Ich will nur etwas Spaß haben. Ich bin nicht gut in diesen Kriegsdingen. Aber ich liebe es, mich zu prügeln. Ich nehme an, du willst Mister Tiger in Kawanakajima kalt machen? Ich hörte, dass in seiner Armee ein starker, kleiner Kerl ist, der in roter Kleidung herumrennt und mit Speeren kämpft.“

Kenshin hatte sich inzwischen wieder hingesetzt und füllte seine mittlerweile geleerte Sakeschale auf. „Es freut mich, dich so enthusiastisch zu sehen.“

„Naja… mich mit den Kerlen zu prügeln und mit den Ladys zu vergnügen… Beides lässt meine Seele vor Freude tanzen. In beiden Fällen ist es so, wenn ich mich erst einmal auf eine Person fixiert habe, dann lässt schon allein der Gedanke an diese Person mein Herz in Flammen aufgehen. Geht es dir denn nicht auch so?“

Zunächst überrascht über diese Frage, lachte Kenshin dann leise auf. „Du hast wahrlich eine interessante Sicht der Dinge. Ich hoffe, du findest einen Weg, dich zu amüsieren.“

„Yeah! Jetzt, wo wir das geklärt haben, ist es Zeit, etwas zu essen. Man kann schließlich nicht mit leerem Magen kämpfen! Bekomme ich von dir noch einen Nachschlag von diesem fantastischen Leckereien, Missy?“, fragte Keiji und streckte Kasuga seine leere Keramikplatte entgegen.

Diese war alles andere, als erfreut. „Sehe ich für dich wie eine Geisha aus?!“, zeterte sie.

„Kasuga, holst du uns noch etwas Sake?“

„Mit Vergnügen, Fürst Kenshin~!“
 

Später am Abend saßen Kenshin und Kasuga allein in dessen Zimmer.

Kasuga hatte soeben das Abendessen serviert, doch der Fürst aß nur sporadisch davon. Er schien in Gedanken völlig woanders zu sein.

„Fürst Kenshin? Was ist mit Euch?“

„Der Augenblick der Wahrheit rückt immer näher…“, murmelte Kenshin. Er schien Kasuga nicht wirklich wahrzunehmen. „Der Tiger von Kai oder ich… Nur einer von uns kann den Sieg erringen. Unser Schicksal ist allein Bishamonten’s Wille.“

Kasuga senkte den Kopf und krallte ihre Finger in ihre Oberschenkel. Der Tiger von Kai… Immerzu dachte ihr geliebter Fürst an den Tiger von Kai. Wie eifersüchtig sie das doch machte! Was würde sie doch darum geben, wenn dieser Mann endlich aus dem Kopf – und auch aus dem Herzen – ihres Fürsten verschwinden würde. Sie verfluchte ihn innerlich.

Das leise Lachen Kenshin’s ließ sie erneut aufhorchen.

„Ich sollte mich etwas beruhigen. Wie ungebührlich von mir. Meine Seele beginnt zu tanzen…“

„Fürst Kenshin!!“, rief Kasuga laut.

Nun endlich schien Kenshin sie zu bemerken. Irritiert wandte er sich ihr zu. „Was ist in dich gefahren, Kasuga?“

„Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich Euch immer nützlich sein werde, Fürst Kenshin! Darum bitte… Ich flehe Euch an! Erlaubt mir, für immer an Eurer Seite bleiben zu dürfen!!“

Ratlos musterte der Fürst die Blondine. „Warum sagst du das so plötzlich?“ Rasch eilte er an ihre Seite und hob sanft ihr Kinn an. „Du schönste meiner Klingen… Dein Platz wird immer an meiner Seite sein.“

„Fürst Kenshin…“, flüsterte Kasuga gerührt.

Ein Soldat meldete sich zu Wort, um dem Fürsten von den Vorbereitungen für die Schlacht gegen Takeda zu berichten. Als der Soldat wieder ging und Kenshin sich wieder Kasuga widmen wollte, war die Shinobi verschwunden.
 

Kasuga hatte die Unaufmerksamkeit ihres Fürsten ausgenutzt, um sich auf den Weg zu machen. Schon seit sie damals vor drei Jahren in die Dienste von Uesugi Kenshin trat, hatte sie mit diesem Gedanken gespielt – und heute war der Moment gekommen, auf ihre Idee endlich Taten folgen zu lassen: Fürst Takeda, der Tiger von Kai, musste sterben!

In Windeseile rannte Kasuga in Richtung von Takeda’s Herrschaftsgebiet.

Fürst Kenshin… Eure liebevollen Worte sind alles, was ich brauche. Ich weiß, dass mein Fürst sich nach einer direkten Konfrontation mit Takeda sehnt. Aber… Ich kann das nicht geschehen lassen! Auch, wenn es mir nicht gefällt, der Tiger von Kai bedeutet Fürst Kenshin sehr viel. Was würde wohl geschehen, wenn die beiden sich in einem Kampf gegenüberstünden, der ihr Band zu zerreißen droht? Ich muss etwas unternehmen!

Kasuga hatte die Grenze zum Takeda-Gebiet kaum überschritten, da stolperte sie auch schon über einen versteckten Draht! Kurz darauf wurde sie von einer Explosion in die Luft geschleudert.

Die Blondine fluchte in sich hinein. Sie war mitten in eine Ninja-Grenzfalle getreten! Wie konnte sie nur so unachtsam sein? Zum Glück hatte sie sich dabei nicht verletzt.

Ein hämisches Lachen ließ sie in Kampfstellung gehen.

„Sieh an. Irgendwie hatte ich schon so das Gefühl, dass ich noch vor dem Kampf unserer Fürsten auf dich treffen würde.“

Der Rauch von der Explosion lichtete sich, sodass Kasuga endlich erkennen konnte, wer da vor ihr stand. Das Ergebnis überraschte sie nicht. Wütend zückte sie ihre Kunai. „Du…“

„Der Kampf hat offiziell noch gar nicht angefangen. Ich fürchte, ich muss deinem kleinen Plan Einhalt gebieten… Kasuga“, grinste der Ninja schelmisch und drehte spielerisch die großen Shuriken in seinen Händen.

„Sasuke Sarutobi!“, zischte Kasuga böse.

Sasuke kratzte sich verlegen an der Wange. „Hey, was sollen diese Formalitäten? Ich dachte, wir wären Freunde…“

„Sei still!“, rief Kasuga und warf ihre Kunai auf ihren Kontrahenten.

Der wich jedoch blitzschnell aus und war plötzlich hinter der Blondine.

„Ooohh~ Unheimlich“, höhnte Sasuke. „Hmm… Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage… dein Plan ist es, dir den Kopf meines Meisters zu holen, bevor er mit deinem geliebten Fürsten auf dem Schlachtfeld zusammentreffen kann, richtig? Und ich wette, dass dieser kleine Plan allein deine Idee ist. Was bist du nur für ein Ninja? Ignorierst Befehle, um deine eigenen Ziele zu verfolgen. Ich bin wirklich enttäuscht von dir…“

„Halt den Mund!!! Was weißt du denn schon davon?!“, fuhr Kasuga ihn an und griff ihn wieder an.

Sasuke fing ihre Attacke jedoch mühelos ab und schleuderte sie so kraftvoll von sich, dass die Blondine meterweit durch das Dickicht rutschte. Dabei ging eines ihrer Kunai zu Bruch.

Seufzend verschränkte Sasuke die Arme hinterm Kopf und musterte seine Kontrahentin gelangweilt. „Gib auf. Du hast keine Chance gegen mich.“

„Sei verdammt noch mal endlich still“, keuchte die Blondine und wischte sich das Blut aus dem Gesicht, das wegen der Sträucher und Äste ganz zerkratzt war. „Ich werde nicht zulassen, dass du mich aufhältst!“

Der Blick des Takeda-Ninja verhärtete sich. Langsam kam er näher. „Jetzt pass mal gut auf. Du scheinst es vielleicht vergessen zu haben. Es spielt keine Rolle, ob man Teil desselben Clans oder seit der Kindheit miteinander befreundet ist… Wenn man sich auf dem Schlachtfeld trifft, wird jeder zum Gegner. Das ist das Gesetz der Shinobi. Ich bin ein bezahlter Profi, klar? Ich werde dich auf keinen Fall durchlassen.“
 

Derweil kehrte Keiji nach einem Aufenthalt im Geisha-Haus in die Burg Kasugayama zurück. Von einem Soldaten erfuhr er, dass Kenshin ihn zu sehen wünschte.

Sofort begab er sich zu dessen Zimmer. Ohne sich irgendwie bemerkbar zu machen, öffnete Keiji die Fusuma und trat ein.

Sein Freund saß in der Mitte des Raumes und sprach ein Gebet zu Bishamonten.

„Stör ich dich gerade? Du willst mich sprechen, hat man mir gesagt“, plauderte er drauf los.

Kenshin beendete sein Gebet ungerührt. Weder die Störung, noch die Unhöflichkeit des jungen Mannes kümmerten ihn nicht sonderlich. Er war es wohl schon gewöhnt.

„In der Tat“, sagte der Mönch ruhig. „Ich hätte da eine Bitte an dich. Kasuga ist vor einer Weile verschwunden.“

„Und? Sie beschafft sicher neue Informationen.“

Kenshin schüttelte den Kopf. „Ich habe ihr keinen Auftrag dazu gegeben. Zudem ist sie einfach so losgezogen, ohne etwas zu sagen.“

Keiji strich sich nachdenklich über das Kinn. „Stimmt. Das sieht ihr gar nicht ähnlich.“

„Wenn ich bedenke, wie seltsam sie sich kurz vor ihrem Verschwinden verhalten hat… Ich befürchte, sie ist in Schwierigkeiten. Würde es dir etwas ausmachen, ins Herrschaftsgebiet des Tigers von Kai zu reiten und sie zu holen?“

Keiji riss erstaunt die Augen auf. Warum ausgerechnet dorthin? Was wollte Kasuga denn da? Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Schon klar. Der Brünette nickte. „Natürlich. Ich werde tun, was ich kann, um zu helfen.“

„Ich danke dir… Keiji.“
 

Kasuga war indes tatsächlich in Schwierigkeiten.

Sie steckte mitten in einem Kampf gegen Sasuke. Und es sah überhaupt nicht gut für sie aus. Ganz gleich, wie sehr sie sich auch anstrengte, sie war diesem Mann einfach nicht gewachsen.

Keuchend und schwer verletzt saß sie auf dem Boden, während Sasuke keinen Kratzer hatte.

„Hast du endlich genug?“, fragte er tonlos. „Wenn du aufgibst, lass ich dich gehen.“

„Verschwinde!“, rief sie keuchend zurück. „Takeda’s Kopf gehört mir!!“

„Sehnst du dich so sehr nach dem Tod?“, flüsterte Sasuke bedrohlich. „Warum hasst du meinen Fürsten so sehr, Kasuga?“

„Ich verabscheue ihn!!!“, schrie Kasuga wütend und richtete sich wieder auf. „Das Herz meines Fürsten ist völlig eingenommen von diesem verfluchten Tiger von Kai! Das allein ist schon unerträglich genug für mich… Aber ein Duell?! Das werde ich nicht erlauben!“

Sasuke lachte hämisch auf. „Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Deswegen wirst du es als Shinobi niemals zu etwas bringen. Ein Shinobi, der sich völlig von seinen Emotionen leiten lässt, wird einen sinnlosen und traurigen Tod sterben.“

Kasuga knurrte und erwiderte mit fester Stimme: „Das ist mir gleich. Ich kann nicht so sein, wie du. Ich kann keine willenlose Puppe sein, die nur agiert, wenn man an ihren Strippen zieht! Ich bin Fürst Kenshin’s Klinge! Alles, was ich tue, tue ich nur für ihn!“

„Pah! Wie naiv kann man- Hm?“

Sasuke hielt überrascht inne. Er spürte leichte Vibrationen am Boden. Fühlte sich nach einem Pferd an, das näher kam. Wer war das?
 

So schnell es sein Pferd erlaubte, ritt Keiji nach Shinano.

Er hoffte inständig, dass er Kasuga noch rechtzeitig finden würde, bevor diese unvernünftige Frau noch ihr Leben ließ.

Was sollte diese waghalsige und völlig unnötige Aktion? Auch, wenn er viel Zeit in ihrer Gegenwart verbrachte – manchmal verstand er die Frauen einfach nicht.

Natürlich hatte es mal eine Frau gegeben, die er verstand und für die er auch viel empfunden hatte. Aber jetzt… gab es sie nicht mehr.

Das war wohl der Hauptgrund, warum er sich jetzt so beeilte: nie wieder wollte er eine Frau sterben sehen. Nie wieder sollte ein Liebespaar voneinander getrennt werden.

Im tiefer drang der Brünette in das fremde Herrschaftsgebiet vor, doch bisher war weit und breit keine Kasuga zu sehen.

Plötzlich erspähte Keiji von Weitem eine Person, die mitten im Weg stand. Er war überrascht, dass die Person keinerlei Anstalten machte, aus dem Weg zu gehen, obwohl er stetig auf ihn zuritt. Wer war das und was wollte er?

Der Abstand zwischen den beiden verringerte sich und nun konnte Keiji auch erkennen, wer sich ihm so aberwitzig in den Weg stellte. Ein unwillkürliches Lächeln huschte über sein Gesicht. Diese rote Kleidung… in jeder Hand einen Speer… eine Aura wie ein junger Tiger… DAS musste er sein! Der berühmte Welpe des Tigers von Kai: Sanada Yukimura.

Wie schön, dass es ihm schon so bald vergönnt war, ihn zu treffen.

Zeit, für eine gepflegte Prügelei!

Freudig drosselte der junge Mann sein Pferd, sodass er gemächlich zu dem Krieger herantrabte.

Yukimura hob neugierig eine Augenbraue und musterte sein Gegenüber prüfend. „Wer seid Ihr? Es scheint, als wäret Ihr ein äußerst fähiger Krieger… Gehört Ihr zu Fürst Kenshin’s Leuten? Was fällt Euch ein, einfach in das Territorium meines Herrn einzudringen, noch bevor der offizielle Kampf begonnen hat?! Nennt mir Euren Namen!!“

Keiji stoppte sein Pferd und verzog nachdenklich den Mund. „Ich? Hmmm… Sagen wir, ich bin ein Freund von Kenshin. Und ich bin keineswegs hier, um dich oder sonst wen anzugreifen. Im Gegenteil: ich bin hier, um einen solchen Angriff zu verhindern. Ich suche jemanden, der… sagen wir eine Dummheit machen will und ich will sie zurückholen. Mein Name ist Maeda Keiji. Und du bist der berühmte Sanada Yukimura, richtig? Ich wollte dich schon lange mal treffen.“

Yukimura klappte die Kinnlade runter. „Maeda? Ihr seid der berühmte Vagabund des Maeda-Clans?“

„Man kennt mich unter vielen Namen.“

„Ihr wollt also einen Angriff verhindern, sagt Ihr? Wenn dem so ist, ist das nicht nötig. Wir können uns allein darum können. Verschwindet und ich verspreche, ich tue Euch nichts.“

Keiji lachte. „Oooo~ große Worte. Du siehst aus, als könntest du was aushalten. Wie wäre es mit einem kleinen Kampf? Natürlich ohne, dass einer Schaden nimmt. Obwohl ich ja nicht glaube, dass du mir Schaden könntest.“

„Wollt Ihr mich etwa beleidigen?!!!“, rief Yukimura zornig zurück.

„Wie ich erwartet hatte… Du bist echt lustig. Ich hoffe, du bist auch so stark, wie es alle sagen… Sanada Yukimura“, schmunzelte Keiji und zog das große Nodachi hinter seinem Rücken hervor. Dann sprang er von seinem Pferd herunter, holte mit dem Schwert aus und verpasste den überrumpelten Yukimura einen solch kräftigen Hieb, dass dieser von seinen Füßen flog und zu Boden fiel.

Zähneknirschend rappelte sich der Speerkämpfer auf und sah seinen Gegner fassungslos an.

Er ist unheimlich stark! Dabei hat er das Schwert noch in der Scheide… Ich muss mich konzentrieren!

„Ich bin Sanada Yukimura! Ich fordere dich heraus!“

„Leg los!“

Mit lautem Gebrüll ging Yukimura zum Angriff über. Keiji blockte ihn jedoch ganz leicht ab. Mit einem gekonnten Dreh war der Schwertkämpfer hinter ihm, schwang sein Bein nach hinten und kickte Yukimura’s Beine zur Seite, sodass dieser nach hinten stürzte. Gleichzeitig drehte er sich schnell um, holte mit seinem Nodachi aus und ließ es auf den fallenden Gegner niedersausen.

Nur in allerletzter Minute schaffte es Yukimura, seine Speere zu überkreuzen und den Schlag so zu blocken. Dann bohrte seine Speere in den Boden, schwang sich daran hoch und verpasste Keiji einen kräftigen Tritt von der Seite.

Diesen wehrte der Ältere mit dem Handgelenk hab.

Nach diesem schnellen Schlagabtausch schufen die beiden jungen Männer erst einmal Abstand zu einander.

Lachend schüttelte Keiji seine linke Hand, mit der er den Tritt abgewehrt hatte. „Meine Hand ist taub. Du bist wirklich so stark, wie alle sagen. Alles klar! Ich mag dich jetzt ganz offiziell!“

Yukimura indes war nicht einmal annähernd so fröhlich gestimmt. Keuchend blieb er in Angriffshaltung. Ich und stark? Er verwechselt da wohl was. Er schwitzt ja noch nicht mal…

„Ehrlich gesagt, solltest du das Ganze mit dem Töten noch mal überdenken“, warf Keiji dann schmunzelnd ein. „Sich zu prügeln mag Spaß machen, aber Krieg… ist einfach nur traurig. Mit deinen Fähigkeiten könntest du so viele lustige Prügeleien haben! Was für eine Verschwendung…“

Keiji hielt inne, als er das völlig irritierte Gesicht seines Gegenübers sah.

„Wovon sprecht Ihr?“, wunderte sich Yukimura. „Ich kämpfe einzig und allein für meinen Fürsten! Ich verschärfe meine Fähigkeiten nur, um ihm zu dienen!“

Keiji lächelte schief und kratzte sich am Kopf. „Ja… Das ist ja schön, aber… es gibt Wichtigeres im Leben als das, weißt du?“

„Was wisst Ihr schon von-“

„Es gibt eine menge Dinge auf dieser Welt, die dich glücklicher machen, als es Krieg je könnte! Wie rauschende Feste feiern… guten Sake trinken… etwas Leckeres essen… oder sich der Liebe hingeben.“

Yukimura klappte der Mund auf. Sein entsetztes Gesicht lief knallrot an. Sein Körper begann heftig zu zittern und er fuchtelte aufgebracht mit seinen Speeren herum, als er verlegen stammelte: „L- LIEBE?!! HABT IHR KEIN SCHAMGEFÜHL?!!! I-I-ICH WÜRDE MICH NIEMALS SOLCH… SOLCH OBZÖNEN DINGEN HINGEBEN!!!!“

Keiji lachte laut auf und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. „Aw~ Du bist ganz rot geworden! Wie süß~!! Warst du etwa noch nie verliebt? Das finde ich eine Schande.“

„ICH…“, rief Yukimura, wusste aber vor lauter Verlegenheit nicht, was er sagen sollte. „Wir sind hier mitten in einem Kampf, Sir! Das ist nicht der Ort für… für…“

„Liebe ist wundervoll!! Sie entflammt deine Brust und drückt sie fest. Sie bringt dein Herz zum rasen. Sie hält dich die ganze Nacht wach.“

„Nichts von dem, was du sagst, hört sich wundervoll an!!“, rief Yukimura verschämt. „Ich kann nicht mal ansatzweise verstehen, was der Sinn davon sein soll! Ich… ICH BRAUCHE KEINE LIEBE!!!“, schrie er dann und schlug mit seinen Speeren zu.

Keiji blockte den Angriff mühelos ab. „Sag das nicht. Du machst mich traurig“, murmelte Keiji mit traurigem Lächeln.

Dann drückte er sein Nodachi mit dem Fuß nach vorne, um ihm mehr Schwung zu geben und schleuderte Yukimura mit dem Schwert kräftig von sich. So kräftig, dass der junge General mit voller Wucht gegen einen Felsen krachte und ihn zum Zerbersten brachte.

Keiji war überrascht. „Oopsie… Ich hab da wohl etwas zu viel Schulter eingesetzt… Hey, Kumpel! Bist du okay?!“

Yukimura hustete Staub aus und schnappte keuchend nach Luft. Diese Kraft… Er kann kein Mensch sein!

„Tut mir leid deswegen! Ich hab das nicht so gemeint, ich schwöre!“

Wütend rappelte sich Yukimura wieder auf. „Was soll das heißen?! Wollt Ihr mir etwa weiß machen, dass Ihr Euch zu meinem Wohl zurückgehalten habt?! Ich bin ein ehrenhafter Krieger! Ich toleriere es nicht, dass-“

„Meister Sanada!“, ertönte es plötzlich aus der Luft und kurz darauf kam Sasuke, sich mit der Hand an den Krallen eines Adlers festhaltend, angeflogen.

„Sasuke! Ich brauche deine Hilfe nicht! Ich werde allein gegen ihn kämpfen!“

Sasuke landete neben seinem Meister. „Deswegen bin ich nicht hier, Danna. Ich fürchte, du musst deinen Kampf abbrechen.“

„Wer sagt das?!!“, herrschte Yukimura ihn an.

„Das tue ich, wenn Ihr es mir gestattet, Tigerwelpe von Kai“, meldete sich eine sanfte Stimme zu Wort. Kurz darauf kam Uesugi Kenshin auf seinem weißen Pferd angetrabt. Kasuga lag in seinen Armen.

„Ihr?!“, rief Yukimura überrascht.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung für diesen nächtlichen Aufruhr. Kasuga war… etwas übereifrig. Bitte nehmt meine Entschuldigung an. Und du Keiji… Du wolltest dich mit dem Welpen messen, doch ich denke, das genügt für heute. Kasuga ist in Sicherheit. Reiten wir also nach Echigo zurück.“

Keiji seufzte, steckte dennoch sein Nodachi weg und sattelte wieder auf. „Wie du meinst, mein Freund. Schade, dass wir hier aufhören müssen. Aber vielleicht haben wir irgendwann wieder das Vergnügen.“

Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen.

Kenshin verneigte sich leicht, dann folgte er ihm.

Yukimura stand noch eine Weile regungslos da und sah ihnen nach. Dann endlich trat auch er den Heimweg an.
 

~ to be continued ~

Schicksalhafte Begegnung

Schicksalhafte Begegnung
 

Es ist der 7. September 1587.

Der Herbst war ins Land eingezogen.

Drei Monate waren vergangen, seit Oda seine ersten Feldzüge geführt hatte. Seitdem brachte der Dämonenkönig noch einige andere Fürsten zu Fall. Kleine Reiche, scheinbar ohne große Bedeutung. Die Eroberung dessen hatte keinerlei strategischen Wert. Und dennoch wuchs mit jedem Reich, das fiel, die Sorge der übrigen Fürsten.

Das Merkwürdigste war, dass Oda die Reiche nicht einfach eroberte, sondern sie völlig zerstörte. Jeder, der nicht rechtzeitig fliehen konnte, wurde getötet. Nach seinem Feldzug blieb fast nichts mehr von dem Reich übrig. Was die Frage aufwarf, warum er sie überhaupt angriff. Ging es ihm etwa nur darum? Aber was war das für ein Fürst, der alles nur zerstörte? Was war nur sein Ziel?

Dessen ungeachtet, beschlossen Takeda und Kenshin, ihrer Rivalität ein Ende zu bereiten. Mit ihren vereinigten Streitkräften bezogen die beiden Fürsten an verschiedenen Punkten in Kawanakajima Stellung. Dort, von dem jeweils anderen unbemerkt, verharrten sie und warteten auf den geeigneten Zeitpunkt, loszuschlagen.

Die Nacht war bereits hereingebrochen, ohne, dass es zu einem Kampf gekommen war. Takeda hatte Sasuke losgeschickt, um Kenshin’s Lager ausfindig zu machen. Nun kehrte dieser zurück. Lautlos wie eine Katze landete der Ninja zwischen zwei Fackeln, die das Lager erhellten.

Takeda stand mit dem Rücken zu ihm. Ohne sich umzudrehen sagte er: „Was hast du herausgefunden, Sasuke?“

„Es ist genauso, wie Ihr vermutet habt, Oyakata-sama. Kenshin’s Truppen befinden sich oben auf der Anhöhe. Er selbst befindet sich ebenfalls dort.“

„Danke, Sasuke“, erwiderte Takeda ruhig. „Yukimura?“

„Ja, Oyakata-sama?!“, antwortete der General voller Elan.

„Ich möchte, dass du ein paar Soldaten nimmst und den Feind von hinten attackierst.“

Yukimura, der neben seinem Fürsten stand, zuckte überrascht zusammen und wandte sich Takeda zu. „Was?!! Aber Oyakata-sama! Den Feind von hinten zu attackieren sieht Euch gar nicht ähnlich!“

Takeda grinste breit. „Sieh es als Experiment. Wenn es fehlschlägt, können unsere Nachfahren von unserer Dummheit lernen.“

Yukimura schüttelte den Kopf. „Eure Rivalität mit Fürst Kenshin ist etwas Besonderes, das nur wenigen zuteil wird. Wenn Ihr zu solchen Mitteln zurückgreift, fürchte ich, dass Ihr-“

Takeda holte weit aus und schlug seinem jungen Schüler kräftig ins Gesicht.

Dieser flog prompt in den Dreck.

„Krieg ist mehr, als nur altbewährte Taktik. Man muss sich anpassen oder man ebnet den Weg zu seinem eigenen Untergang. Dieses Manöver dient einzig der Ablenkung. Du wirst Uesugi’s Truppen von hinten attackieren, um letztlich Kenshin hervorzulocken. Nennen wir es doch das »Buntspechtmanöver«. Hör zu, Yukimura! Du und ich können zusammen gar nicht scheitern!!!“

Stille.

Yukimura’s Augen weiteten sich und begannen zu leuchten. Langsam erhob er sich und ging Schritt für Schritt auf seinen Fürsten zu. „Oyakata-sama, vergebt mir! Ich war unwürdig, die wahre Bedeutung Eurer Worte zu erkennen! Ich, Yukimura, muss meinen Fehler eingestehen! Bei meinem Leben schwöre ich, dass ich diesen Auftrag ausführen werde!“, sprach er voller Ergriffenheit.

„Wohl gesprochen, Yukimura“, nickte Takeda zufrieden.

„Oyakata-sama!“

„Yukimura!“

„Oyakata-sama!!“

„Yukimura!!“

„Oyakata-sama!!!!“

“Yukimura!!!!“

„OYAKATA-SAMA!!!!“

„YUKIMURA!!!!!“

Sasuke seufzte leise. Dieses gegenseitige Anschreien war fast schon ein tägliches Ritual. Was genau das sollte, war ihm allerdings immer ein Rätsel geblieben.

Geduldig wartete der Ninja, bis die beiden Männer endlich fertig waren. Dann sah er zu, wie sein Meister sein Pferd bestieg und mit einem euphorischen Schrei davon ritt, die Soldaten folgten ihm mit Mühe.

Als sein Meister außer Hörweite war, fragte Sasuke ruhig: „Hättet Ihr ihm nicht vielleicht erzählen sollen, was der wahre Grund für diese Taktik ist?“

Takeda schüttelte den Kopf. „Als General muss Yukimura in der Lage sein, auf jede Situation sofort reagieren zu können. Dies hier… wird seine Prüfung sein.“
 

Währenddessen verbesserte Kenshin in seinem Lager auf der Anhöhe seine Schwerttechnik. Zwischen zwei Schwertschwingen spürte er die Ankunft Kasuga’s. Lächelnd steckte er sein Schwert in die Scheide und sagte: „Komm nur näher. Was hast du zu berichten?“

Kasuga, die sich hinter den Blickschutz versteckt gehalten und ihrem geliebten Fürsten beim Training beobachtet hatte, errötete leicht und trat an ihn heran.

„Herr… Fürst Takeda hat einen kleinen Trupp unter der Führung von Sanada Yukimura entsandt, um Euch von hinten zu attackieren.“

Zunächst leicht überrascht, huschte ein sanftes Lächeln über Kenshin’s Gesicht. Dieser Tiger von Kai! Was für ein interessanter Schachzug.

„Kenshin-sama?“, fragte Kasuga zögerlich.

„Ich danke dir vielmals für deine ganze, harte Arbeit“, flüsterte Kenshin, kniete sich zu der Blondine hinunter und hob sanft ihr Kinn, sodass sie ihm ins Gesicht sehen musste. „Du schönste meiner Klingen, was würde ich nur ohne dich tun?“

„Fürst Kenshin…“

Die zarte Röte in ihrem hübschen Gesicht quittierte der Fürst mit einem liebevollen Lächeln, dann richtete er sich wieder auf, zog sein Schwert und rief laut: „Männer! Wir brechen auf! Möge der Feind vor unserer Stärke und Entschlossenheit erzittern!“

Der Blickschutz, der den beiden Liebenden eben noch einen Hauch von Zweisamkeit bot, fiel von einer Sekunde auf die andere zu Boden und gab den Blick auf eine riesige Armee frei. Die Männer hoben ihre Waffen und stimmten ihm lauthals zu.
 

Von alldem nichts ahnend, ritt Date Masamune mit seiner Armee im Schlepptau weiter in Richtung Kawanakajima, um wie geplant Kenshin zuerst zu attackieren.

Kojuro hatte jedoch leise Zweifel. Zügig schloss er zu seinem Fürsten auf, bis er knapp hinter ihm ritt, und fragte dann: „Mein Fürst? Ich finde, wir sollten einen Spähtrupp vorschicken. Es könnte gut sein, dass unsere Feinde mit unserem Erscheinen rechnen und uns eine Falle stellen wollen.“

Masamune lachte laut auf. „Hah! Und wenn schon! Wir werden ja sehen, ob sie Erfolg damit haben! Lust auf ein kleines Wettrennen, Kojuro?“, gluckste er dann und erhöhte sein Tempo.

Kojuro klappte der Mund auf. Auf die kurze Fassungslosigkeit folgte jedoch ein rasches Lächeln der Resignation. Vielleicht machte er sich auch einfach zu viele Sorgen.

Doch kaum, dass ihr Trupp die Anhöhe, auf der sie Kenshin vor Kurzem ausfindig machen konnten, erreichten, kehrte Kojuro’s Sorge schlagartig zurück.

Kenshin war verschwunden; weit und breit herrschte gähnende Leere. Was ging hier nur vor? War es doch eine Falle?

„Scheint, als hätten wir sie verpasst“, murmelte Masamune.

Das Geräusch herannahender Pferde ließ ihn unwillkürlich aufhorchen. Hörte sich an, als würde da jemand kommen.

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, stürmte auch schon ein junger, brünetter Mann in roter Kleidung auf die Lichtung. Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke und für einen Moment schien die Zeit still zu stehen.

Mit einem gekonnten Sprung stieg Yukimura von seinem Pferd und näherte sich Masamune und seinen Männern. Sein Blick wanderte kurz prüfend über die Gruppe, deren Anwesenheit ihn mehr als überraschte. Immerhin kam er im festen Glauben hierher, Fürst Kenshin und seine Armee auf dieser Anhöhe anzutreffen. Aber wer war das denn jetzt?

Nachdem er die Männer flüchtig gemustert hatte, wurden Yukimura’s braune Augen wie magisch von dem Mann ganz vorne angezogen. Er konnte nicht sagen, was es war, aber irgendetwas an diesem Mann ließ ihn nicht mehr los. Wer war das?

„Ein Helm mit einer Mondsichel… nur ein Auge… und sechs Schwerter…“, murmelte Yukimura, dann ging ihm ein Licht auf. „Seid Ihr der einäugige Drache, Date Masamune?!!“

Masamune wandte sich zu Kojuro um und schmunzelte. Es amüsierte ihn jedes Mal aufs Neue, dass sein Name bereits in aller Munde war, obwohl er sich erst vor Kurzem als Herausforderer offenbart hatte.

„Was macht Ihr hier? Ich hatte eigentlich erwartet, Fürst Kenshin hier anzutreffen…“, rief Yukimura ihm verwirrt zu.

Masamune schnaubte verächtlich. „Ich muss dir darauf nicht antworten, Roter.“

„Äh… Roter?!“, fauchte der junge General erbost.

Masamune sprang lässig von Kuro-Ikazuchi runter. „Jetzt hör mir mal gut zu, Kleiner. Es hat dich nicht zu interessieren, was ich hier tue. Das ist allein meine Angelegenheit. You see?“

Yukimura schüttelte energisch den Kopf. „Mein Fürst hat mich damit beauftragt, Fürst Kenshin anzugreifen. Ich mag ihn hier nicht angetroffen haben, aber dennoch kann ich Eure Anwesenheit nicht ignorieren. Ihr wollt Fürst Takeda angreifen, sehe ich das richtig?“

Masamune grinste böse. „You`re right. Und was machst du jetzt?“

Yukimura zückte seine Speere und nahm seine Kampfhaltung ein. „Wenn Ihr meinen Fürsten bedroht, ist es meine Pflicht, Euch aufzuhalten! Ich, Sanada Genjirou Yukimura, fordere Euch zum Kampf heraus!!“

„Hah! Wie du willst!“, lachte Masamune und zog eines seiner Schwerter, nahm dann ebenfalls Kampfhaltung ein. „Dann zeig mir mal, was du so draufhast, Junge! Bring it!!“
 

Derweil standen sich Takeda und Kenshin mit ihren jeweiligen Armeen unten am Fluss gegenüber. Sie verloren keinerlei Worte, sondern sahen sich nur stumm an. Dieses Schweigen war ein Ausdruck dessen, welch tiefen Respekt die beiden Rivalen füreinander empfanden.

„So ist der Tag nun endlich gekommen, an dem wir uns gegenüberstehen, mein Freund“, sagte Takeda schließlich.

Kenshin lächelte sanft. „So scheint es. Es ist bedauerlich, dass alles heute ein Ende finden muss. Zu gern würde ich unsere Rivalität noch etwas länger genießen.“

„Ich fühle ebenso. Aber alles hat einmal ein Ende. Es war mir jedenfalls eine Ehre.“

„Die Ehre war ganz auf meiner Seite.“

Kenshin zog sein Schwert, als Zeichen, dass seine Männer sich bereitmachen sollten.

Takeda tat es ihm mit seiner großen Axt gleich.

Doch bevor sie den Befehl zum Angriff geben konnten, erschütterte eine gigantische Explosion die Gegend. Mit offenen Mündern sahen die zwei Armeen zu, wie eine riesige Lichtsäule über der Anhöhe in den Himmel stieg.

Die Druckwelle, die darauf folgte, fegte den Berg hinunter zu dem Fluss, über die beiden Armeen hinweg.

Männer, die eben noch auf ihren Pferden saßen, wurden von selbigen heruntergefegt und fortgerissen. Auch Kasuga riss es von den Beinen.

Einzig Kenshin und Takeda konnten der Druckwelle standhalten. Fasziniert beobachteten sie, wie eine Lichtsäule nach der anderen gen Himmel aufstieg.

Beiden war bewusst, wer diese Säulen verursachte: in diesem Moment kämpften Takeda`s junger General Yukimura und der einäugige Drache Date Masamune oben auf der Anhöhe gegeneinander. Ihre Kraft war wirklich beachtlich. Und es sah ganz danach aus, als ob sich die beiden Kontrahenten absolut ebenbürtig waren.

Kenshin und Takeda tauschten einen kurzen Blick. Sie beide hatten es gespürt. Es sah ganz danach aus, als wäre da soeben eine neue, lebenslange Rivalität geboren worden.
 

Oben auf der Anhöhe erreichte der Kampf der beiden jungen Männer ungeahnte Dimensionen.

Date`s Männer beobachteten den Kampf mit offenen Mündern. Das war unglaublich!

„Seht mal! Der Typ in rot ist unglaublich stark!“, rief Magobei bewundernd.

„Unser Fürst musste sogar all seine Schwerter ziehen!“, erwiderte Yoshinao andächtig.

„Und dennoch kann der Typ mit unserem Fürsten mithalten! Wie kann das nur sein?!“, schrie Samanosuke fassungslos.

„Sie sind sich ebenbürtig…“, flüsterte nun auch Bunshiro.

Kojuro sagte nichts. Er stand nur mit verschränkten Armen da und beobachtete, wie sich sein Fürst und der General der Takeda-Armee einen hitzigen Kampf lieferten.

Die beiden Kontrahenten standen sich schließlich atemlos gegenüber. Der Kampf hatte jedem von ihnen Alles abverlangt, doch aufgeben war keine Option.

Kojuro seufzte innerlich. Offenbar war da einer so stur wie der andere. Hoffentlich endete das hier nicht wieder in einer Katastrophe.

Zu Kojuro’s Pech schien es aber genau darauf hinauszulaufen. Trotz das beide Männer völlig erschöpft waren, wollten sie den Kampf fortsetzen. Beide hoben ihre Waffen, bereiteten sich auf den nächsten, heftigen Schlagabtausch vor – als plötzlich jemand zwischen ihnen landete. Yukimura erkannte ihn sofort. „Sasuke! Was machst du denn hier?!“

„Es tut mir leid, dass ich schon wieder Euren Kampf unterbrechen muss, Danna. Fürst Date, ich lege Euch nahe, jetzt den Rückzug anzutreten. Mein Fürst Takeda und Fürst Kenshin sind auf den Weg hierher und dann könntet Ihr in ernsthafte Schwierigkeiten geraten“, sagte Sasuke lächelnd.

Masamune schnaubte verächtlich. „Und warum sollte ich auf das Gerede eines feindlichen Ninja hören? Du kannst mir ja viel erzählen.“

„Fürst Masamune, ich finde, wir sollten den Rat befolgen“, mischte sich nun Kojuro ein. „Ich zweifle nicht daran, dass Ihr diesen Kampf gewinnen könntet, aber bitte zieht für einen Moment in Betracht, dass der Ninja die Wahrheit spricht. Gegen Takeda und Kenshin zusammen können wir nicht viel ausrichten. Wir sollten uns erst einmal zurückziehen.“

Masamune zog einen Schmollmund. Dennoch wusste er, dass sein Vertrauter recht hatte. Zähneknirschend steckte er seine Schwerter weg. „Hey Junge! Das hier ist noch nicht vorbei! Ich komme wieder! Und dann werden wir das Ein für allemal klären!“

Mit diesen Worten stieg der Fürst auf sein Pferd und ritt mit seinen Männern davon.

Sasuke stemmte die Hände in die Hüfte und sah der Armee schmunzelnd nach. „Da habt Ihr wohl noch mal Glück gehabt, Danna“, sagte er und wandte sich dann dem Jüngeren zu. Als er dessen starren Gesichtsausdruck sah, erschrak er. „Danna? Was ist los?“

Yukimura ließ einen Speer ganz langsam fallen, dann griff er sich mit der freien, rechten Hand an die linke Brust und sank auf die Knie. Schwer atmend und mit weit aufgerissenen Augen ließ er die letzten Minuten Revue passieren.

Dieser Mann… Welch ein Ehrgeiz… Welch eine Entschlossenheit… Welch Stärke… Welch eine Erscheinung… So Jemand ist mir noch nie zuvor begegnet. Mein Herz… ist in völligem Aufruhr. Was geschieht nur mit mir? Was ist das… für ein Gefühl?

Langsam hob Yukimura seinen Kopf und sah seinem Gegner mit leuchtenden Augen nach. „Date… Masamune. Werde ich dich wohl je wieder sehen?“, flüsterte er so leise, dass ihn niemand sonst hören konnte.
 

Masamune ritt schneller als sonst vor seinen Männern her.

Der Grund war, dass er einfach mit niemandem über diesen Kampf reden wollte. Sonst würde einer von ihnen vielleicht noch bemerken, was dies in ihm ausgelöst hatte. Und er wollte dieses neue, unbekannte Gefühl so lange wie möglich genießen.

Er war in Aufruhr. Völlig euphorisch. Am Liebsten hätte er laut gejubelt, so glücklich fühlte er sich in diesem Moment.

Was war das nur für eine Begegnung? Was war nur heute mit ihm geschehen?

„Sanada Yukimura… Den Namen muss ich mir merken“, lachte er leise.
 

Yoshinao warf einen prüfenden Blick gen Himmel. Es sah verdächtig nach Regen aus.

Und gerade jetzt begann seine Schicht bei der Torwache.

Das war aber nicht der Grund, weswegen er es gerade so eilig hatte. Vor dem Schichtwechsel wollten Samanosuke und er noch etwas mit Magobei und Bunshiro besprechen.

Er musste sich beeilen! Wenn der Schichtwechsel dran war, mussten die anderen beiden ihrer anderen Aufgabe nachgehen. Jegliche Verzögerung würde Meister Katakura nicht tolerieren!

Von Weitem konnte Yoshinao schon sehen, wie Magobei und Bunshiro dicht beieinander vor dem Tor hockten und aufgeregt tuschelten.

„Hey, ihr Beiden!“, rief Samanosuke, der hinter Yoshinao herlief.

Die beiden Männer drehten sich neugierig um. Magobei kaute wieder einmal auf einem seiner zahlreichen Onigiri herum.

Der Brillenträger und die Elvistolle gesellten sich zu ihren Kollegen und knieten sich ebenso hin. Alle vier sahen besorgt aus.

„Hat sich schon irgendetwas geändert?“, fragte Yoshinao hoffnungsvoll.

Bunshiro schüttelte den Kopf. „Der Fürst ist nach wie vor unverändert. Er verbringt die ganze Zeit beim Schwerttraining. Und wenn er nicht an seinen Techniken feilt, steht er einfach nur da und starrt in den Himmel.“

Yoshinao warf einen Blick hinter seine Kameraden auf das Tor. Es war einen spaltbreit geöffnet, durch das die beiden hindurch sehen konnten. Tat man dies, konnte man Fürst Masamune beim Schwerttraining beobachten.

„Bei Meister Katakura ist es ebenso“, berichtete Samanosuke seufzend. „Er verbringt den ganzen Tag bei der Feldarbeit. Mehr als sonst. Er kehrt erst zurück, wenn die Nacht hereingebrochen ist und es Schlafenszeit ist.“

„Was geschieht hier nur?!“, rief Magobei zwischen zwei Bissen. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Unser Fürst und Meister Katakura können doch nicht beide ihren Antrieb verloren haben!!“

Mit offenen Mündern starrten ihn die anderen drei an. Es wäre schrecklich, wenn es so wäre.

Als dann plötzlich Regentropfen auf sie hinunterfielen, warfen die vier nachdenkliche Blicke gen Himmel. Was sollte nur werden?
 

Der Regen prasselte schon eine ganze Weile nieder, als Kojuro von den Feldern zurückkehrte. Dabei kam er am Trainingsplatz seines Fürsten vorbei. Er war nicht überrascht, diesen dort immer noch sein Schwert schwingen zu sehen. Er hatte es seinen Männern gegenüber nicht erwähnt, doch auch er sorgte sich um seinen Herrn. Der Grund hierfür lag für Kojuro auf der Hand: es war Odas neueste Handlung.

Vor einigen Tagen hatte Oda den Fürsten Imagawa Yoshimoto getötet – vor den Augen von Fürst Date, dem jungen General von Takeda, dessen Ninja und ihm selbst.

Seitdem war Fürst Masamune irgendwie lethargisch. Trainierte entweder wie ein Wahnsinniger oder er starrte nur Löcher in die Luft.

Anfangs hatte Kojuro mit dem Gedanken gespielt, seinem Fürsten wieder eine Moralpredigt zu halten, doch dann dachte er abermals darüber nach und entschied, dass dies nicht angebracht wäre. Er hatte ja nichts Falsches getan.

Letztendlich blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass sein Herr seine Krise von allein überwand.

Kojuro näherte sich seinem jungen Herrn, doch dieser schenkte ihm keinerlei Beachtung.

Plötzlich hielt der Brünette inne. Kojuro folgte dessen Blick und erkannte den Grund: ein Mann hatte soeben das Tor passiert. Er trug einen Papierschirm über seinen Kopf und lächelte freundlich.

„Hallo! Ihr müsst der Fürst von Oshu sein! Die netten Herren am Tor sagten mir, ich würde Euch hier finden!“ Der Mann warf einen prüfenden Blick über die recht karge Umgebung und schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Oje. Es fehlt eindeutig die Hand einer Frau. Ein paar Blumen wären nicht schlecht…“

Der Mann schob den Schirm leicht nach hinten, sodass Kojuro erkennen konnte, dass ein kleines Äffchen auf dessen Schulter saß. Es winkte dem rechten Auge des Drachen fröhlich zu.

„Wenn du hungrig bist, geh ins Teehaus“, murrte Masamune. „Wir können hier keine Straßenkünstler gebrauchen.“

„Ich bin nicht hungrig“, grinste der Mann schelmisch. „Jedenfalls nicht auf Essen. Ich hab Appetit auf die Spezialität von Oshu… den einäugigen Drachen!“

Kojuro wurde wütend. Es missfiel ihm, wie dieser Mann mit seinem Herrn redete. „Es wäre angebracht, wenn Ihr Euch erst einmal vorstellt! Immerhin befindet Ihr Euch in der Gegenwart seiner Herrlichkeit von Oshu!“

„Oh, Verzeihung! Wie unhöflich von mir! Mein Name ist Maeda Keiji. Und das hier ist mein kleiner Freund, Yumekichi.“

„Und was wollt Ihr hier?“

„Ich bin hier, weil ich Euch einen Vorschlag unterbreiten wollte. Ich will die Generäle des Ostens zu einer Allianz formieren – und Ihr sollt diese Allianz anführen!“

Masamune mustere Keiji einen Augenblick lang ausdruckslos, dann lachte er leise auf. „Unglaublich… du musst völlig verrückt sein!“

„Denkt noch einmal in Ruhe darüber nach. Wenn alle Generäle des Ostens sich zusammentun, kann selbst Oda in starke Bedrängnis geraten!“

„Ich habe aber kein Interesse daran, mich irgendjemanden unterzuordnen.“

„Das sollt Ihr doch gar nicht! Ich sagte doch, Ihr werdet die Allianz anführen! Ich kann ja verstehen, dass es Euer Ziel ist, Japan unter Eurem Banner zu vereinen. Aber wenn niemand Oda aufhält, wird es nichts mehr geben, worüber Ihr oder ein Anderer herrschen könnt! Japan muss erst gerettet werden, bevor man darum kämpfen kann!“

Masamune schwieg.

Nun ergriff Kojuro das Wort. „Mein Fürst, jetzt weiß ich wieder, vorher ich den Namen dieses Mannes kenne. Das dort ist der Vagabund der Maedas.“

„Das berühmte schwarze Schaf“, gluckste Masamune. „Das erklärt ja so einiges. Pass auf, Maeda Keiji. Ich sag es dir nur noch einmal in aller Deutlichkeit. Ich habe kein Interesse an einem Bündnis mit den anderen Generälen. Spar dir also die Mühe.“

Keiji seufzte laut auf. „Ich hab mir schon gedacht, dass Ihr eine harte Nuss seid. Aber ich bin ebenso stur. Ich finde schon einen Weg, Euch zu überzeugen.“

„So? Wie sieht dieser Weg aus? Glaubst du, du kannst mich im Kampf überzeugen?“

Wieder seufzte Keiji. „Ich bin nicht hier, um mit Euch zu kämpfen. Aber wenn Ihr Euch so nach Körperkontakt sehnt, ich hörte, dass Oshu ein schönes Rotlichtviertel besitzt.“

„SEI STILL!!“, rief Masamune wütend und ging zum Angriff über.

Schnell wie der Blitz rannte er auf Keiji zu, zog einen Bogen von rechts und holte zum Hieb aus. Keiji konnte gerade noch nach hinten ausweichen, sodass nur sein Papierschirm zerschnitten wurde.

Genervt von dem Hitzkopf nahm Keiji sein großes Nodachi und schlug nach dem Fürsten. Masamune sprang schnell nach hinten, sodass das Nodachi lautstark den Boden beschädigte. „Warum wollt Ihr unbedingt kämpfen?!“, schrie Keiji, wütend über soviel Unvernunft. „Warum ist Euch Krieg soviel lieber, als Frieden? Statt einsam auf einem Schlachtfeld zu verbluten, wollt Ihr da nicht lieber in den Armen eines geliebten Menschen sterben?!! Krieg reißt Familien auseinander! Freunde! Und auch Liebende! Wenn ich daran denke, dass Toshiie und Matsu voneinander getrennt werden, zerreißt es mir das Herz! Für Euch mag das vielleicht keine Bedeutung haben… aber für mich ist es das Wichtigste, für eine friedliche Welt zu kämpfen! Was ist mit Euch?!“

Ein gefährliches Donnergrollen war am Himmel zu hören, doch es war kein Gewitter. Es war der Zorn des Drachen. Masamune setzte zu einem gewaltigen Sprung an. Wie aus dem Nichts tauchten seine anderen fünf Schwerter auf und er ergriff sie. Dann holte er weit aus und ließ einen gewaltigen Angriff auf Keiji niedersausen. Dieser glaubte für einen Moment, den brutalen Flügelschlag eines Drachen zu erkennen. Dann traf ihn im wahrsten Sinne des Wortes der Schlag.

Als der Lichtblitz verschwand, hatten sich auch die Wolken wieder verzogen.

Keiji lag mit schmerzverzerrtem Gesicht an der Mauer gelehnt, zu seinen Füßen war eine große Schleifspur, verursacht von dem Rückstoß.

Keiji lachte zögernd. „Der hat gesessen!“

Masamune musterte ihn stumm, dann drehte er sich um und ging. „Trag deine Idee woanders vor, Maeda Keiji“, sagte er leise.

Keiji kratzte sich am Kopf. Wirklich eine harte Nuss.
 

Masamune saß angelehnt an der offenen Shoji und sah in den Garten hinaus. Er war durch die untergehende Sonne in ein schönes Orange getaucht. Das Licht reflektierte sich an den hellen, glatten Steinen und stach in den Augen.

Kojuro saß im respektvollen Abstand zu seinem Fürsten im Raum und beobachtete ihn schweigend. Dann räusperte er sich vernehmlich.

„Ich bin sehr erleichtert, mein Fürst“, sagte er lächelnd. „Nach Eurem letzten Aufeinandertreffen mit Oda hatte ich den Eindruck, dass Ihr Euren Mut verloren habt. Erst Maeda Keiji machte mir klar, dass Ihr einfach nur umsichtiger geworden seid. Ihr wollt Euch keinem unnötigen Risiko aussetzen, immerhin tragt Ihr die Verantwortung für ein ganzes Reich und dessen Bewohner auf Euren Schultern. Ich schäme mich, dass ich es nicht schon früher bemerkt habe.“

Masamune sagte nichts dazu. Er hielt es für besser, Kojuro in dem Glauben zu lassen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Wie könnte er ihm auch die Wahrheit sagen? Dass sein Zustand nichts mit Oda oder dessen Taten zu tun hatte.

Nein, jemand ganz Anderes war für seine innere Unruhe verantwortlich. Warum wusste er selbst nicht genau. Wie könnte er das dann Kojuro erklären? Wie sollte er ihm sagen, dass ein fremder Mann es geschafft hatte solch einen Eindruck bei ihm zu hinterlassen, dass er Angst hatte, ihn nie mehr vergessen zu können?

Nicht Oda war es, der ihn beim Vorfall mit Imagawa durcheinander gebracht hatte – ER war es: Sanada Yukimura, der General von Takeda. Anfänglich hatte Masamune noch geglaubt, dass bei Kawanakajima wäre eine einmalige Sache gewesen. Ein Ausbruch der Gefühle, verursacht durch dieses neuartige Gefühl, dass er noch nie bei einem Kampf empfunden hatte. Doch das erneute Treffen mit diesem besonderen Mann hatte ihn nachdenklich gemacht. Das, was er da empfand, war nicht normal, dessen war er sich sicher. Nur was war es? Egal, wie oft er darüber nachdachte, er fand einfach keine Antwort.

Aber in einem Punkt hatte Kojuro recht: auch ihm hatte Keiji die Augen geöffnet. All diese Grübelei brachte ihn nicht weiter. Oda bedrohte Japan und es war wichtig, dass diese Gefahr beseitigt wurde. Seine fremdartigen Gefühle konnten warten.

Masamune erhob sich. „Kojuro? Ich habe einen Entschluss gefasst. Irgendjemand muss Oda stoppen. Und dieser Jemand werde ich sein. Einer muss es ja tun, nicht wahr?“

Kojuro lächelte und nickte.
 

Auch für Yukimura sollte dieser Tag zukunftsweisend sein.

Sein Fürst hatte ihn am späten Abend zu sich zitiert. Yukimura war davon überzeugt, dass es um Oda ging. Noch heute dachte er an seine erste Begegnung mit diesem Mann zurück. Der Name „Dämonenkönig“ war mehr als passend. Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte er den schwer verletzten Imagawa in den Kopf geschossen und dann seine Leiche wie Müll weggeworfen.

Vor dem Zimmer seines Fürsten ging Yukimura in die Knie und bat um Einlass. Als ihm dieser gewährt wurde, öffnete er die Shoji – und stellte erstaunt fest, dass eine schöne, wenn auch äußerst freizügige Blondine im Zimmer seines Herrn saß.

Als die Frau ihn sah, verneigte sie sich höflich vor ihm und stellte sich vor: „Seid gegrüßt, Sanada Yukimura. Ich bin die Gesandte von Fürst Kenshin. Mein Name ist Kasuga.“

Yukimura lachte erfreut auf. „Du bist also Kasuga?! Freut mich, dich kennen zu lernen! Sasuke hat mir schon viel von dir erzählt!“

Kasuga sah ihn irritiert an.

Yukimura betrat den Raum und kratzte sich am Hinterkopf. „Leider ist Sasuke zurzeit nicht da. Aber sag mal, wann ist denn eigentlich eure Hochzeit?“

„Hochzeit?“, hakte Kasuga fassungslos nach.

„Ja, Sasuke und du, ihr seid doch schon lange verlobt, da wird es doch höchste Zeit, dass ihr endlich mal heiratet!“

Kasuga rang um Fassung. „Da habt Ihr etwas völlig missverstanden! Sasuke… äh, ich meine Meister Sarutobi und ich sind weder verlobt, noch werden wir heiraten!“

Bevor diese seltsame Unterhaltung noch weiterging, räusperte sich Takeda vernehmlich. „Sasuke ist in meinem Auftrag unterwegs“, erklärte der Fürst ruhig. „Er soll die anderen Generäle in meinem Namen um eine Allianz bitten.“

Yukimura bekam große Augen. „Eine Allianz, Eure Herrlichkeit? Ich verstehe nicht ganz.“

„Oda ist dabei, dieses Land zu vernichten. Ich glaube nicht einmal, dass es ihm darum geht, Japan zu beherrschen. Ich kann allerdings nicht sagen, worum es ihn wirklich geht. In dieser Zeit ist es wichtig, dass wir unsere Differenzen beilegen und unsere Kräfte vereinen. Japan muss erst vor Oda gerettet werden, bevor wir weiter darum kämpfen können.“

„Aber Eure Herrlichkeit, ich verstehe nicht, wo da der Sinn liegt“, warf Yukimura unsicher ein. „Gemessen an der Kampfkraft der Takeda-Armee, ist es nicht nötig, die Hilfe von anderen Fürsten zu erbitten!“

Takeda’s Nüstern blähten sich auf, als er sich erhob, seine Hand zur Faust ballte und dem Jungen kräftig ins Gesicht schlug. Yukimura riss es von den Füßen und er flog durch den Raum, krachte durch die Shoji und landete schließlich in einer Steinskulptur im Garten.

Kasuga klappte die Kinnlade runter. Sie hatte ja schon vom Temperament des Tigers von Kai gehört, aber es mit eigenen Augen zu sehen, war schon unglaublich.

Takeda trat nach draußen und sah seinen Schüler streng an. „Yukimura, hör mir gut zu. Vielleicht könnte die Takeda-Armee Oda allein besiegen. Aber die Verluste auf unserer Seite wären immens! Sollten wir unnötige Verluste nicht vermeiden?“

Yukimura rappelte sich auf, rannte zu seinem Fürsten und fiel zu seinen Füßen auf die Knie. „Ihr habt wie immer recht. Verzeiht mir meine unbedachte Äußerung!“

Takeda nickte und fuhr fort: „Um ehrlich zu sein, ich hatte schon früher die Idee zu einer Allianz. Doch da ich keine einzige positive Antwort erhielt, gab ich den Gedanken wieder auf. Erst ein Brief ließ mich neu hoffen. Er stammte von dem Vagabunden der Maedas.“

„Maeda Keiji?“, flüsterte Yukimura überrascht. Er erinnerte sich noch sehr gut an diesen Mann mit der unglaublichen Kampfkraft.

Kasuga, die neben den zerstörten Shoji kniete, war nicht überrascht. Vor einigen Tagen hatte Keiji ihren Fürsten aufgesucht und von seinem Plan mit der Allianz berichtet. Das war auch der Grund für ihre Anwesenheit: Kenshin hatte sie hergeschickt, um Takeda um eine Allianz zu bitten.

„In dem Brief stand, dass Maeda Keiji durch das Land zieht und die Fürsten zu einer Allianz der östlichen Reiche ermutigen will. Erst vor wenigen Stunden erreichte mich die Nachricht, dass es ihm gelungen sein soll, Date Masamune zumindest dazu zu bewegen, gegen Oda vorzugehen. Dies veranlasste mich dazu, Sasuke abermals loszuschicken, um Azai und Tokugawa erneut um ihre Unterstützung zu bitten.“ Takeda wandte sich Kasuga zu. „Kasuga war dein Name? Richte Fürst Kenshin von mir aus, dass ich mit einer Allianz einverstanden bin.“

Kasuga verbeugte sich. „Verstanden.“

„Mein Plan sieht folgendermaßen aus: mit Date als unsere Speerspitze werden Kenshin und ich auf Oda zustürmen. Ideal wäre es, wenn sich Azai und Tokugawa sich uns anschließen würden, dann könnten wir Oda einkesseln. Sollten sie das nicht tun, würden Tokugawa und Azai unseren Vormarsch stoppen.“

Kasuga’s Blick verhärtete sich augenblicklich. „Ich ziehe mich jetzt zurück“, entschuldigte sie sich und war auch schon verschwunden.

Kurz darauf erschien Sasuke im Garten. „Sasuke Sarutobi ist zurück, Herr. Oyakata-sama, ich kehre leider mit schlechten Nachrichten zurück. Es ist mir leider nicht gelungen, Azai und Tokugawa zu überzeugen.“

Takeda strich sich nachdenklich über seinen Bart. „Das habe ich befürchtet. Dann können wir nur hoffen, das zumindest der andere Teil unseres Planes funktioniert.“
 

Nach der Besprechung machten sich Sasuke und Yukimura auf den Weg in ihre Zimmer. Yukimura berichtete Sasuke von Kasuga’s Erscheinen.

„Sie war hier? Sie hätte doch wenigstens auf mich warten können“, maulte der Ninja.

„Sie hat die Geschichte ein wenig anders erzählt, als du“, bemerkte Yukimura neugierig. „Deine angebliche Verlobte verneinte eure Hochzeitspläne äußerst vehement.“

„Ach, Danna. Natürlich hat sie es abgestritten. Sie hat sich geschämt.“

„Es war ihr also peinlich? Das verstehe ich nicht.“

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Frauen sind eben schüchtern, wenn es um dieses Thema geht.“

„Frauen sind offenbar sehr kompliziert“, murmelte Yukimura.

Sasuke verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah hinauf zum hellen Vollmond. „Wie auch immer. Ich hätte sie gerne noch einmal gesehen. Vielleicht überlebe ich das hier nicht.“

„So darfst du nicht denken, Sasuke!“, ereiferte sich der junge General. „Du musst unter allen Umständen dafür sorgen, dass du deine geliebte Kasuga wieder siehst!“

Sasuke schmunzelte. Dafür, dass sein Meister nichts von Liebe hielt, zeigte er manchmal wirklich äußerst romantische Züge auf.

„Was ist mit Euch, Danna? Gibt es jemanden, den Ihr vor dem letzten Kampf noch einmal sehen wollt?“, fragte der Ninja dann.

Yukimura riss überrascht die Augen auf, dann wandte auch er seinen Blick zum Vollmond. Just fiel ihm der Fürst von Oshu ein. Wie gerne hätte er ihren Kampf fortgeführt. Noch einmal dieses unbeschreibliche Gefühl von damals empfunden. Aber das würde warten müssen, bis Oda gefallen war. Er konnte nur hoffen, dass sie beide solange überleben würden. Er wünschte es sich jedenfalls mehr als alles andere…
 

Zwei Tage später war es dann soweit: Takeda und Kenshin trafen sich mit ihren jeweiligen Armeen und beschlossen offiziell ihre Allianz. Dann ritten sie gemeinsam weiter nach Shinano, wo sie ein allerletztes Mal versuchen wollten, Tokugawa um Mithilfe zu bitten. Sollte dies wieder misslingen, würden sie gegen ihn kämpfen müssen.

Auch Masamune und seine Armee näherten sich dem Schlachtfeld in Nagashino. Maeda Keiji begleitete den Trupp, auch wenn Kojuro nicht so recht wusste, warum.

Überhaupt war er mit Keiji’s weiterem Aufenthalt nicht einverstanden. Missmutig beobachtete er, wie Keiji mit seinem Pferd zu seinem Fürsten aufschloss und ihm zurief: „Hey, Meister einäugiger Drache! Ich muss Euch was sagen!!“

„Was gibt es, Frauenheld?“, antwortete Masamune.

„Es scheint so, als hätten sich Kenshin und Takeda zu einer Allianz formiert. Offenbar wollen sie uns als Speerspitze für ihren Angriff auf Oda nutzen.“

„Das hat Kojuro schon einkalkuliert“, winkte der Fürst lässig ab. „Letztendlich ist es mir egal, wer welches Ziel verfolgt. Ich werde es sein, der sich Oda’s Kopf holt! Schade ist es aber doch… Ich hätte mir den Kampf gegen den Jungen gern bis zum Schluss aufgespart…“

Das Gemurmel des Fürsten ließ Keiji aufhorchen. Er ritt noch näher an ihn heran, sehr zum Ärger von Kojuro. „Von wem sprecht Ihr denn da? Gibt es jemanden, der Euer Interesse geweckt hat?“

„Wie kommst du darauf?“, wich Masamune ihm aus.

Keiji lächelte. „Na ja… es war Euer Blick. Und Euer Tonfall. Beides hat sich verändert, als Ihr über diesen Jungen gesprochen habt. Es war wie der Unterschied zwischen einem Krieg und einem Kampf.“

Masamune musterte ihn überrascht, dann lächelte er ergeben und ritt weiter.

Kojuro rümpfte die Nase.

Unaufhaltsam näherte sich die Date-Armee ihrem Ziel – nicht ahnend, dass Azai Nagamasa mit seinen Männer auf den Weg war, sie abzufangen…
 

~ to be continued ~

Zwischen Leben und Tod

Zwischen Leben und Tod
 

Sanada Yukimura versuchte, sein Pferd ruhig zu halten. Hono-Arashi war offenbar genauso nervös wie er. Immerhin standen sie kurz vor ihrer ersten, großen Schlacht.

Yukimura musste sich eingestehen, dass er sich nicht sicher war, ob er schon bereit war, sich einer solchen Herausforderung zu stellen.

Aber jetzt war keine Zeit für irgendwelche Selbstzweifel. Sein Herr, Fürst Kenshin und auch alle Soldaten verließen sich darauf, dass Yukimura seinem Ruf gerecht wurde und vollsten Einsatz zeigte.

„Yukimura?“

Die Stimme Takeda’s riss den jungen General aus seinen Gedanken. Neugierig sah er zu seinem Fürsten auf. Er stand, wie üblich, auf den Rücken zweier pechschwarzer Bamba-Pferde und sah unentwegt nach vorne, wo sich die feindliche Armee befand. „Ja, Eure Herrlichkeit?“

„Ich möchte, dass du mich begleitest“, sagte Takeda. Ohne seinem Schützling zu verraten, wohin, trat er kurz mit den Haken auf, sodass die Bamba-Pferde sich in Bewegung setzten. Yukimura folgte ihm. Nur zu zweit trabten die beiden Männer auf das feindliche Lager zu. Vor den Soldaten sprang Takeda ab und rief laut: „Mein Name ist Takeda Shingen! Ich bin hier, um mit Fürst Tokugawa zu sprechen!“

Die Soldaten sahen sich unsicher an. Sollten sie den Feind einfach so zu ihrem Fürsten durchlassen? Was, wenn er ihn angriff?

Takeda schien deren Gedanken zu erraten, denn er rammte seine Axt kraftvoll in den Boden, als Zeichen, dass er unbewaffnet zu ihm gehen würde. Dann wies er Yukimura an, ebenfalls seine Speere bei seinem Pferd zu lassen.

„Lasst ihn durch!“, rief eine Stimme von weiter hinten. Es war Fürst Tokugawa.

Yukimura war recht erstaunt, als er den Fürsten von Mikawa sah. Er hatte ja schon gehört, dass Tokugawa Ieyasu sehr jung war – aber so jung? Er war ja noch jünger, als er selbst. In seiner Rüstung wirkte der junge Fürst fast wie ein Kind, dass sich eine goldene Rüstung übergestreift hatte, um mit seinen Freunden Krieg zu spielen.

„Ihr müsst der junge Tiger von Kai sein“, sagte Ieyasu freundlich. „Euer Ruf eilt Euch voraus.“

Yukimura nickte höflich. „Mein Name ist Sanada Genjirou Yukimura. Es ehrt mich, Euch persönlich kennen zu lernen.“

Ieyasu reichte einem seiner Männer seinen Speer. „Was führt Euch zu mir, Tiger von Kai?“

„Ich bin hier, um dich erneut zu bitten, dich unserer Allianz anzuschließen“, erwiderte Takeda ruhig. „Takechiyo, ich weiß, dass du gezwungen warst, mit Oda ein Bündnis einzugehen, da er andernfalls dein Reich ebenso zerstört hätte, wie all die anderen. Das war damals die beste Entscheidung, die du hättest treffen können. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, gegen diesen Tyrannen aufzubegehren. Tust du das nicht, wirst du mit ihm untergehen.“

Ieyasu hatte ihm schweigend zugehört. Dann hob er langsam seinen Kopf und sagte schließlich leise: „Ich bedaure. Aber auch diese persönliche Anfrage von Euch muss ich ablehnen. Es schmerzt mich, Euch abermals zurückzuweisen, aber es geht nicht anders. Ich schwor Fürst Oda meine Treue und ich werde mein Wort auf keinen Fall brechen.“ Ieyasu streckte seine Hand nach hinten und ließ sich seinen Speer zurück in die Hand geben. Dann ging er wortlos an Takeda und Yukimura vorbei und gab seinen Männern den Befehl zum Angriff.

Takeda schloss betrübt die Augen. „Gehen wir Yukimura. Wir sind hier fertig.“

Die beiden Männer begaben sich zu ihren Pferden, nahmen ihre Waffen wieder auf, bestiegen ihre Pferde und entfernten sich ein wenig vom Lager des Feindes.

„Yukimura, du und ich werden den Feind von hinten attackieren“, erklärte Takeda.

Nun begriff Yukimura. „Eure Herrlichkeit, Ihr habt damit gerechnet, dass Fürst Ieyasu wieder ablehnen würde und wolltet deshalb, dass ich mit Euch hierher komme, damit wir den Feind von beiden Seiten angreifen können, nicht wahr?“

Takeda lächelte zur Antwort.

Gemeinsam sahen sie zu, wie Kenshin ihre Soldaten zum Angriff führte und den Kampf begonnen. Takeda strich sich nachdenklich über den Bart. „Ich vermute, dass Takechiyo auf den mächtigen Honda Tadakatsu setzt, den stärksten Krieger des Landes. Aber ob das wirklich sein einziger Trumpf ist? Ich schätze nicht. Aber vorerst können wir nur abwarten, was er plant… Komm, Yukimura! Greifen wir ein.“

Tatsächlich verfügte Tokugawa noch über einen Trumpf, der in dieser Schlacht eine große Rolle spielen sollte: sein Verbündeter Oda hatte ihm Hilfe in Form von Akebuzen-Schützen zugesichert. Sein Plan war es, die feindlichen Truppen bis zu deren Ankunft in Schach zu halten. Er sollte noch schwer enttäuscht werden…
 

Derweil näherte sich Azai Nagamasa mit seinen Männern unaufhaltsam seinem Ziel. Einem Ehrenmann wie Azai gefiel es gar nicht, dass er Date Masamune angreifen sollte. Er hatte viel Gutes von diesem Mann gehört. Vor allem, dass er alles für seine Männer tun würde. Untypisch für einen Fürsten. Aber Azai mochte Menschen wie diesen Masamune. Umso schmerzlicher war es für ihn, dass er ihn töten musste. Aber es ging nicht anders. Das Leben seiner Frau hing davon ab!

Azai konnte immer noch nicht glauben, was geschehen war. Alles fing damit an, dass ihm Gerüchte zu Ohren kamen, dass Oda seine eigenen Verbündeten, die Asakuras, angreifen wollte. Azai konnte das nicht glauben und hatte sich auf den Weg gemacht, um dies zu überprüfen. Dabei stellte sich diese Behauptung als nur allzu wahr heraus.

Azai und seine Frau Oichi, die ihn begleitet hatte, suchten daraufhin Oda auf und stellten ihn zu Rede. Oda leugnete es nicht einmal. Stattdessen verlangte er sogar von Azai, dass er den Angriff auf Asakura durchführen sollte! Würde er dies nicht tun, drohte Oda damit, Oichi zu töten! Seine eigene Schwester! Azai blieb nichts anderes übrig, als darauf einzugehen.

Akechi Mitsuhide fing ihn jedoch ab und machte ihm einen Vorschlag: wenn er Date, der Oda schon lange ein Dorn im Auge war, töten würde, wäre es gut möglich, dass sich Oda in Bezug auf Asakura noch einmal erweichen ließe. Auch Oichi wäre dann sicher wieder frei. Azai hatte nichts gegen Date und es missfiel ihm, diesen Mann Schaden zufügen zu müssen. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig.

Azai schüttelte die Gedanken ab und ritt entschieden weiter. Je mehr er nachdachte, desto weniger wollte er es tun. Und das dürfte er nicht zulassen! Er musste Oichi retten!
 

Davon nichts ahnend, ritt Masamune weiter nach Nagashino.

Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er, dass sich Kojuro immer wieder leicht zu Keiji umdrehte. Ein Lächeln huschte über seine Lippen.

„Was ist los, Kojuro? Stört dich irgendetwas an unserem Gast?“

Kojuro zuckte leicht zusammen. Offenbar war es ihm peinlich, dass sein Fürst ihn dabei gesehen hatte. „Ich… mache mir nur meine Gedanken“, gab er kleinlaut zu. „Wollt Ihr diesem Mann wirklich trauen?“

„Wieso fragst du?“

„Ich hörte, dass sein Onkel ein Verbündeter von Oda ist. Dafür erhielt er erst kürzlich die Provinz Kaga zugesprochen. Ist doch möglich, dass Keiji irgendeinen Plan verfolgt, von dem wir nichts wissen.“

„Selbst wenn, was kümmert mich das? Mich interessiert nur Oda’s Kopf. Aber wenn es dich beruhigt, dann behalte ihn ruhig weiterhin im Auge.“

Kojuro nickte, dankbar, dass ein Fürst ihn nicht für übervorsichtig hielt. Er selbst war sich ja nicht sicher, ob er nicht überreagierte. Denn eigentlich wirkte Maeda Keiji nicht wie jemand, der Böses im Sinn hatte. Aber vielleicht war das auch nur Tarnung.

Prüfend warf Kojuro wieder einen Blick nach hinten. Keiji ritt zwischen seinen Männern hinter ihm her und hielt grinsend ein Banner der Date-Armee in einer Hand. Was führte dieser Mann bloß im Schilde?

Schließlich ritt die Gruppe auf eine offene Lichtung. Ein breiter Fluss trennte diese von einer anderen Lichtung. Und dort tobte der Kampf zwischen der Takeda-Kenshin-Allianz und der Armee von Tokugawa Ieyasu.

Masamune ließ seinen Blick über die Soldaten schweifen – und fand schließlich, wonach er unterbewusst gesucht hatte. Mit seiner roten Rüstung stach Sanada Yukimura sofort aus dem Getümmel heraus. Er lieferte sich gerade einen heftigen Kampf mit Honda Tadakatsu, der berüchtigt als stärkster Krieger von Japan war. Unabhängig davon, dass es sich bei Honda „nur“ um einen Mann in einer riesigen, mechanischen Rüstung handelte. Die über zwei Meter große Erscheinung konnte nicht sprechen und kommunizierte lediglich mit mechanischen Geräuschen.

Beeindruckt sah Masamune zu, wie Yukimura Hondas Bohrlanzenangriff stoppte, was sonst wohl nur Takeda gelungen wäre. Während Yukimura dann mit dem einen Speer die Bohrlanze weiterhin abblockte, rammte er den anderen Speer Honda in die Schulter. Die Spitze brach ab und blieb in der Rüstung stecken.

Fasziniert von dem Kampf des jungen Generals, wäre Masamune um ein Haar in den Mann reingeritten, der sich vor ihn aufgebaut hatte. Zum Glück machte ihn Kojuro rechtzeitig auf ihn aufmerksam.

Neugierig musterte der einäugige Drache sein Gegenüber und pfiff dann anerkennend. „Da hat aber einer Nerven, sich mir einfach in den Weg zu stellen“, sagte er dann grinsend.

Der schwarzhaarige Mann zog sein Schwert und richtete es auf Masamune. „Ihr seid der einäugige Drache von Oshu, Date Masamune, nehme ich an? Mein Name ist Azai Nagamasa! Im Namen der Gerechtigkeit fordere ich Euch auf, Euch dem Kampf mit mir zu stellen!“

Masamune hob fragend eine Augenbraue. Was bewog einen Mann wie Azai bloß dazu, ihn zu einem Zweikampf aufzufordern? Eine leise Stimme sagte ihm, dass Oda wohl dahinter steckte. Ob er wohl auch hier war?

Diese Frage stellte sich auch Keiji. Schnell suchte er das Gebirge im Hintergrund ab – und konnte Oda und seine Leute tatsächlich oben auf einem Felsvorsprung ausfindig machen. Sofort gab er seinem Pferd die Sporen und ritt auf den Dämonenkönig zu.

Auf der anderen Seite des Flusses sah Kenshin, wie Keiji auf den Berg zuritt – und just wurde ihm klar, was dieser vorhatte. Ohne zu zögern jagte er ihm nach, um ihn zu stoppen.
 

Auf dem Felsvorsprung stand Oda und beobachtete regungslos die beiden Kämpfe, die unter seinen Füßen tobten. Auf der einen Seite Takeda und Kenshin gegen Tokugawa, auf der anderen Seite kämpften Azai und Date. Seine lästigsten Feinde waren fast alle hier. Und er könnte sie nun alle auf einmal loswerden.

Dennoch… Irgendetwas stimmte an dem Bild nicht. Seine Frau brachte es auf den Punkt.

„Tokugawa’s Männer fallen wie die Fliegen. Sie können der geballten Kampfkraft von Kenshin und Takeda nicht länger standhalten. Selbst Honda Tadakatsu kann da nicht mehr viel ändern. Wenn nicht bald die Verstärkung eintrifft, sieht es düster für ihn aus“, erklärte Nouhime besorgt.

Oda drehte seinen Kopf leicht nach links und fragte tonlos: „Mitsuhide? Wo bleiben meine Akezbuzenschützen?“

Akechi lächelte, als würde diese Frage ihn amüsieren, und antwortete ergeben: „Ich hielt es für angebrachter, die Schützen zur Verstärkung von Azai loszuschicken.“

Oichi, die weiterhin eine Geisel ihres Bruders war, zuckte erschrocken zusammen und sah nach unten. Dort kämpfte ihr Mann weiterhin gegen Date. Dieser hatte gerade alle seine Schwerter gezogen. Doch das war nicht der Grund, warum die schöne Dunkelhaarige entsetzt aufschrie. Vielmehr waren es die Schützen, die sich langsam und unbemerkt den beiden Fürsten näherten und sie mit ihren Gewehren anvisierten.

Oichi geriet in Panik. Sie wusste, wenn die Männer jetzt auf Date schießen würden, dann würde ihr Mann ebenfalls getroffen werden!

„O-Nii-sama! Bitte, du musst die Schützen zurückrufen!“, flehte sie ihren Bruder an.

Dieser starrte nur weiterhin emotionslos auf das Schlachtfeld hinunter. Dann murrte er: „Mitsuhide… diesmal bist du zu weit gegangen“, und kehrte dem Geschehen den Rücken zu. „Bitte, Bruder! Ruf die Schützen zurück!!“, rief ihm Oichi schluchzend nach, erhielt jedoch wieder kein Gehör.

Akechi beugte sich lächelnd zu der Dunkelhaarigen vor. „Werte Oichi-sama, wenn Ihr es wünscht, reite ich mit Euch hinunter. Vielleicht könnt Ihr die Schützen selbst aufhalten.“
 

Azai keuchte vor Erschöpfung.

Ihm war bewusst gewesen, dass Date zu töten kein leichtes Unterfangen werden würde, doch die Realität übertraf all seine Erwartungen. Würde es hier nicht um soviel gehen, würde er diesen Kampf in vollen Zügen genießen.

Mit letzter Kraft blockte Azai den Angriff seines Gegners mit dem Schild – der Schlag war jedoch so stark, dass der Schild brach. Seine Verteidigung war damit wohl stark geschwächt.

„Nagamasa-sama!!“, rief plötzlich eine vertraute Stimme.

Überrascht wandte sich Azai der Stimme zu und sah schockiert, wie seine Frau aufgeregt auf ihn zu rannte. Was wollte sie hier?

„Nagamasa-sama, flieh!!“, rief sie panisch. Dann stürzte sie und fiel auf die Knie.

Nun konnte Azai auch sehen, was seine Frau so in Panik versetzte. In einiger Entfernung standen Akechi und mehrere Schützen – und sie zielten in seine Richtung!

Fast wie in Zeitlupe sah Azai, wie Akechi seine Sense hob und den Schützen damit den Feuerbefehl gab. Die abgefeuerten Kugeln flogen auf ihn zu – dann spürte er diesen Schmerz in seinem Körper…

Azai wurde von den Kugeln schwer getroffen. Es glich geradezu einer Hinrichtung.

Masamune, dem die Kugeln eigentlich galten, schien vom Kugelhagel verschont zu bleiben. Einzig eine Kugel streifte seinen Helm. Geschockt stürzte Kojuro auf seinen Fürsten zu, doch dieser hob abwehrend die Hand.

Oichi stürzte sofort zu ihrem schwer verwundeten Mann, der zusammengesackt war. Vorsichtig nahm sie ihn in ihre Arme. „Nagamasa-sama?“

Langsam öffnete Azai die Augen. Als er seine Frau erkannte, flüsterte er: „Ichi… was tust du hier? Das ist ein Schlachtfeld. Das ist kein Ort für dich…“

Ein boshaftes Lachen drang an das Ohr der Beiden.

Akechi näherte sich und schien sich prächtig zu amüsieren. „Ach, Oichi-sama… obwohl Ihr Eure Euch aufgetragene Mission nicht erfüllt habt, hat Fürst Nobunaga doch noch bekommen, was er wollte. Werter Azai, Ihr müsst wissen, der Angriff auf Asakura war von langer Hand geplant. Oda wusste natürlich, dass Ihr Euch mit aller Macht dagegen stellen würdet, daher stimmte er der Vermählung mit seiner Schwester zu. Sie sollte Euch und die Generäle ablenken. Dummerweise ging der Plan nicht auf, denn Oichi musste sich ja in Euch verlieben. Die ganze Zeit hat sie Euch die Wahrheit verheimlicht. Ihren Auftrag konnte sie nicht ausführen, dennoch konnte sie Euch nicht sagen, was wirklich dahinter steckte. Letztendlich… hat sie eine noch tragischere Rolle gespielt. Wirklich amüsant…“

Azai musterte seine Frau betrübt. „Ichi… ist das wahr? Hast du… uns die ganze Zeit… belogen?“

Oichi brach in Tränen aus. „Es tut mir so leid, Nagamasa-sama. Es ist alles meine Schuld.“

Sanft strich Azai ihr über die Wange. „Meine liebe Oichi… wie sehr du doch gelitten haben musst… Bitte weine nicht… Es ist nicht deine Schuld…“ Er wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. „Alles was ich wollte… war der Gerechtigkeit dienen… Sag, Ichi… habe ich richtig gehandelt? Oder war das… falsch, was ich… getan habe?“

Oichi schüttelte schnell den Kopf. „Nein. Du hast dich nicht geirrt. Du hast dich niemals geirrt, geliebter Nagamasa.“

Azai lächelte sie schwach an, dann sank er in sich zusammen. Er starb in den Armen seiner geliebten Frau. Oichi brach in Tränen aus und drückte ihren toten Mann fest an sich.

Masamune beobachtete die Szene schweigend, dann hob er den kaputten Helm seines Kontrahenten auf und reichte ihn an Kojuro weiter. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit Akechi. Dessen Gelächter machte den einäugigen Drachen unheimlich wütend.

„Akechi Mitsuhide, was ist denn so lustig?!“, schrie er ihm entgegen.

Akechi kicherte. „Was so lustig ist? Es freut mich einfach… Es gibt fast nichts, dass schöner ist, als zwei Liebende voneinander zu trennen. Das einzige, was mein Herz noch mehr erfreuen würde, wäre der Anblick eines blutüberströmten Mannes, der zu meinen Füßen kniet und um sein Leben fleht. Welches ich ihm dann nur zu gerne nehmen werde. Was ist mit Euch, einäugiger Drache? Wollt Ihr mir dieses Vergnügen bereiten?“

Voller Zorn griff Masamune nach seinen sechs Schwertern. Eine laute Explosion hallte von der anderen Seite des Flusses wider.

„Honda Tadakatsu hat es erwischt!“, rief Samanosuke schockiert. „Oda’s Frau ist offenbar dabei, Tokugawa’s Männer auszulöschen!!“

Kojuro hatte genug gehört. Er stürmte zwischen seinen Herrn und Akechi, um einen Kampf zu verhindern. „Fürst Masamune, wir sollten uns zurückziehen! Mit so vielen Gewehren auf uns gerichtet, werden unsere Verluste zahlreich sein. Als Euer rechtes Auge… trage ich die Schande mit Euch.“

Masamune wusste, dass Kojuro recht hatte. Er ließ von seinen Schwerter ab und gab seinen Männern den Befehl zum Rückzug.

Akechi kicherte amüsiert, ließ die Männer aber ziehen. Am Ende blieb nur Oichi mit ihrem toten Mann im Arm zurück.
 

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Masamune und seine Männer zurück nach Oshu ritten.

Kojuro beobachtete seinen Fürsten aufmerksam. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Er war so auffallend still. Zerrte es immer noch an seinen Nerven, dass er wieder einmal um den Kampf gegen Akechi gebracht wurde? Oder war er sogar sauer auf ihn, weil er ihn bereits zum zweiten Mal aufgehalten hatte? Nein, das konnte es nicht sein. Dann hätte er es ihm schon längst mitgeteilt. Was war nur mit ihm los?

„Fürst Date!!!!“

Kojuro wandte sich um und sah Yukimura, der schnell auf sie zu ritt.

„Fürst Date!! Es ist zu weit nach Oshu! Ich habe den Auftrag erhalten, jeden Verletzten, unabhängig von seiner Herkunft, nach Kai zu bringen! Kommt mit nach Kai, Fürst Date!! Ruht Euch dort aus!!“, rief der junge General.

Kojuro schloss sofort zu seinem Fürsten auf. „Fürst Masamune! Lasst uns das Angebot annehmen. Wir haben viele Verletzte.“ Als er keine Antwort erhielt, war sich Kojuro endgültig sicher, dass etwas nicht stimmte. Vorsichtig hakte er nach: „Fürst Masamune?“

Geschockt sah Kojuro, wie sein Fürst von seinem Pferd fiel und reglos liegen blieb.

Sofort stoppten die Männer der Date-Armee.

Kojuro sprang von seinem Pferd und eilte sofort zu seinem Fürsten.

Auch Yukimura hielt an. „Fürst Date! Was ist mit Euch…?“ Die Worte blieben dem jungen Mann im Halse stecken. Beim Sturz war der Helm des Fürsten von dessen Kopf gefallen. Zum ersten Mal sah Yukimura ihn ohne seinen Helm… Er war wie gebannt von diesem Anblick. Erst, als Kojuro neben ihn auf die Knie sank, wurde sich Yukimura der Situation wieder bewusst und er schämte sich dafür, dass er das Äußere des Fürsten bewundert hatte, während dieser bewusstlos am Boden lag.

Kojuro versuchte, seinen Fürsten hochzuheben – als er dabei über seinen Bauch strich, spürte er etwas Feuchtes. Irritiert sah er seine Hand an und stellte geschockt fest, dass Blut daran klebte. Sein Fürst war verwundet! Wie konnte ihm das nur entgehen?
 

Mit vereinten Kräften brachten Kojuro und Yukimura den verletzten Masamune nach Kai, ins Anwesen von Fürst Takeda. Dort wurde er rasch verarztet.

Nachdem der Arzt die Wunde kauterisiert hatte, zog er zu den anderen Verletzten weiter.

Kojuro blieb am Krankenbett seines Fürsten. Besorgt beobachtete er den Schlaf des Jüngeren, dessen Fieber sich zum Glück wieder gesenkt hatte und der nun relativ friedlich auf dem Futon lag. Ein festlicher, rötlicher Kimono wärmte seinen Körper.

Kojuro seufzte. Wie konnte ich nur nicht bemerken, dass Ihr angeschossen wurdet? Ich hätte Euch beschützen können…

Müde rieb sich der Mann die Nasenflügel, als er plötzlich Geräusche von draußen vernahm. Er ahnte schon, wer das war. Energisch stand er auf und öffnete die Shoji. Wie von ihm vermutet, standen Yoshinao, Bunshiro, Samanosuke und Magobei vor ihm und sahen äußerst besorgt aus.

Kojuro versperrte ihnen den Blick auf den Fürsten und bellte: „Dem Fürsten geht es gut. Statt hier unnütz herumzustehen, solltet ihr den anderen Verletzten helfen! Das ist das Mindeste, das wir für Takeda tun können!“

Die Männer verstanden und eilten davon.

Gerade, als Kojuro die Shoji wieder schließen wollte, bemerkte er Takeda und Yukimura, die auf ihn zukamen. Er ließ sie ins Zimmer. Die drei Männer setzten sich um das Krankenbett des Fürsten und beobachteten ihn für einen Moment.

„Er scheint nicht mehr an der Schwelle des Todes zu sein“, bemerkte Takeda dann. „Meine Ärzte bereiten gerade einen Trank zu, der zwar nicht schmeckt… aber ihm sicher gut tun wird. Sorgt bitte dafür, dass er es trinkt.“

Kojuro nickte. „Was treibt Oda nur an? Er hat sogar seine eigenen Verbündeten angegriffen“, fragte er dann.

„Ich kann leider nur vermuten, was in seinem Kopf vor sich geht.“

„Aber wenn er alles zerstört, alles niederbrennt und jeden tötet… worüber will er denn dann herrschen?“, warf Yukimura verwirrt ein.

„Vielleicht geht es ihm gar nicht darum, über Japan zu herrschen“, antwortete Takeda betrübt. „Manche Menschen… wollen die Welt einfach nur brennen sehen.“

Die Männer schwiegen eine Weile betroffen, dann fuhr Takeda fort: „Einige Fürsten sind immer noch der Meinung, sich nicht gegen Oda auflehnen zu müssen. Sie überlassen es uns, gegen ihn vorzugehen und hoffen, dass wir uns dabei gegenseitig auslöschen. Wie auch immer, es gibt einen Mann, der seinerseits gehofft hatte, die Sache friedlich lösen zu können.“

Kojuro überlegte kurz, dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Maeda Keiji.“

„Kenshin hat mit ihm gesprochen. Mit unserer Allianz im Rücken, wollte Keiji Oda zur Aufgabe bewegen. Letztendlich war dieser Plan jedoch zum Scheitern verurteilt. Wie ich hörte, ist er jetzt unterwegs nach Seto. Er will dort versuchen, Chosokabe und Mori davon zu überzeugen, sich uns anzuschließen.“

„Das wird kein leichtes Unterfangen“, murmelte Kojuro laut. „Chosokabe und Mori sind keine Fürsten, die sich mit Anderen zu einer Allianz zusammenschließen würden. Nun, sich mit anderen zu verbünden, ist auch keine bevorzugte Methode von Fürst Masamune. Aber… Not kennt kein Gebot.“

Takeda verabschiedete sich von Kojuro und ging wieder.

Yukimura verbeugte sich respektvoll vor dem ruhenden Körper des Fürsten, dann wollte auch er gehen. Bevor er die Shoji schloss, warf er noch einmal einen intensiven Blick auf den älteren Mann. Wie er dort lag, so friedlich schlummernd… Es fiel Yukimura mehr als schwer, die Augen von ihm zu nehmen. Er hätte ewig dort stehen und ihn anschauen können…
 

Einige Tage waren ins Land gezogen und noch immer hatte sich Masamune’s Zustand nicht gebessert. Im Gegenteil: seit den frühen Morgenstunden litt er unter hohem Fieber und starken Schmerzen. Der Arzt hatte ihn zwar erneut behandelt, doch letztendlich konnte man nur abwarten, dass das Fieber wieder sank.

Da sich das bis zur Nacht noch nicht eingestellt hatte, beschloss Yukimura, nach dem Patienten zu sehen. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass Kojuro nicht mehr im Zimmer war. Warum ließ er seinen Fürsten in dieser Situation nur allein?

Der Fürst zuckte plötzlich zusammen und biss vor Schmerzen die Zähne zusammen.

Besorgt kniete sich Yukimura neben seinen Futon und befühlte seine Stirn. Er hatte wieder Fieber! Sofort griff der junge General nach dem Lappen, der in der Schale mit dem kalten Wasser lag, wrang ihn aus und wischte den Schweiß von der Stirn des Älteren.

Während er langsam das Gesicht des Fürsten abwischte, bewunderte Yukimura erneut seinen Kontrahenten. Er konnte sich gut vorstellen, dass Masamune bei den Frauen sehr gut ankam. Hatte er jemals einen Mann getroffen, dessen Gesichtszüge er so schön fand?

Fast beiläufig strich Yukimura dem bewusstlosen Fürsten immer öfter mit dem Handrücken über die Haut. Als ihm das auffiel, ließ er vor Schreck den Lappen fallen. Seine Hand zog er jedoch nicht zurück. Der noch feuchte Lappen hinterließ einen immer größer werdenden Wasserfleck auf dem weißen Futon, während Yukimura’s Hand immer noch über dem Gesicht des Fürsten schwebte. Was hatte er da gerade getan? Und warum war ihm diese sanfte Geste nicht unangenehm?

Yukimura’s braune Augen fixierten den schlafenden Mann wie gebannt, während er langsam die Hand nach dessen Gesicht ausstreckte, um es erneut zu berühren.

Doch bevor die Fingerspitzen auch nur in die Nähe der zarten Haut kamen, ertönte aus der Ferne eine laute Explosion. Yukimura zuckte erschrocken zurück. Was war das gerade für ein Knall? Und was wollte er da gerade tun?

Rasch befeuchtete er erneut den Lappen, legte ihm den Fürsten auf die Stirn und verließ dann peinlich berührt das Zimmer.
 

Als Yukimura wenig später in den Hof hinaustrat, traf er schließlich auf Kojuro. Das rechte Auge des Drachen trainierte wie verrückt seine Schwertkunst – das konnte der General daran erkennen, dass durch seine Schwerthiebe sogar ein paar Bäume und Skulpturen zu Bruch gingen.

Yukimura näherte sich ihm vorsichtig. „Meister Katakura?“

Kojuro steckte sein Schwert zurück in die Scheide. „Ich vernahm soeben einen Knall aus dem Westen“, sagte er und drehte sich zu dem Jüngeren um.

Yukimura nickte. „Ja, ich hörte ihn auch. Ich habe bereits meine Ninja-Truppe dorthin geschickt. Wir werden bald wissen, was geschehen ist.“

Kaum hatte er das gesagt, landete Sasuke neben seinem Meister – und er hielt einen verletzten Mann in seinen Armen.

Kojuro riss die Augen auf, als er den Mann erkannte. „Bunshiro!“, rief er und eilte zu seinem Soldaten. „Was ist geschehen? Wo sind die anderen?“

„Er war der Einzige, den ich gefunden habe“, erklärte Sasuke, dann zog er einen Brief aus seinen Gewändern. „Der hier lag neben ihm.“

Yukimura nahm seinem Ninja den Brief ab, entfaltete ihn und las. „Ich kann die Unterschrift nicht erkennen…“, murmelte er.

Kojuro nahm ihm den Brief ab. Sein Blick verfinsterte sich, als er die Unterschrift sah. „Matsunaga Hisahide. Dieser Mistkerl. Er fordert als Austausch für die Geiseln Masamune’s sechs Drachenschwerter und Takeda’s Rüstung, die keines Schildes bedarf! Was ist das für eine Rüstung, Sanada?“

„Die Rüstung, die keines Schildes bedarf, ist der Familienschatz der Takeda. Vor ihr wird seit jeher Kriegsrat gehalten und die Schwüre, die man vor ihr abgibt, werden niemals gebrochen. Ist jemand schwer verwundet, so wird er vor ihr gebettet, um für dessen schnelle Genesung zu bitten. Sagt, Meister Katakura, wer ist dieser Matsunaga?“

„Er hatte früher einmal gegen Oda gekämpft und ist der Einzige, der von ihm verschont wurde. Seither lebt er als Einsiedler in den Bergen. Es heißt, er würde seine Tage damit verbringen, seltene Schätze zu sammeln. Was hat er mit Masamune’s Schwertern und Takeda’s Rüstung vor? Will er damit die Wände seiner Höhle schmücken?!“

„Wir müssen jedenfalls sofort etwas unternehmen! Ich werde umgehend Oyakata-sama davon berichten und-“

„Nein!“, schrie Kojuro sofort. „Fürst Takeda hat schon soviel für uns getan. Ich kann ihn unmöglich noch mehr behelligen! Das hier ist allein unsere Angelegenheit! Auf keinen Fall werde ich diesem erpresserischen Bastard geben, was er will. Vor allem darf Fürst Masamune nichts davon erfahren. Die entführten Männer sind in der Schlacht in Nagashino gefallen, verstanden?!“

„Willst du diesen Bastard etwa gewähren lassen, Kojuro?“

Erschrocken wirbelten die drei Männer herum. Hinter ihnen, mit einem verschmitzten Lächeln, stand Fürst Masamune – in voller Rüstung! „Hey, Yukimura. Wo hast du denn mein Pferd gelassen?“, fragte er im lässigen Plauderton.

„Mein Fürst! Was habt Ihr vor?! Warum tragt Ihr Eure Rüstung?!“, fragte Kojuro aufgeregt.

Gemächlich stolzierte Masamune an seinem Vertrauten vorbei. „Was denkst du denn? Ich werde natürlich meine Männer befreien. Also… Wo steckt dieser Matsunaga-Bastard?“

„Das dürft Ihr nicht! Ihr seid doch noch immer verwundet!!“, rief Kojuro. Er hoffte, seinem Herrn diesen Wahnwitz schnellstmöglich wieder austreiben zu können. In seinem Zustand gegen einen solch gefährlichen Gegner anzutreten, wäre glatter Selbstmord!

„Ich weiß gar nicht, was du willst, Kojuro. Das klingt für mich nach einer klassischen Befreiungsaktion. Sowas mache ich doch mit Links!“

Kojuro schüttelte den Kopf. Das konnte er unmöglich zulassen! Und wenn sein Herr sich nicht mit Worten davon abbringen ließ, dann blieb ihm nur eines übrig…

Langsam ging seine linke Hand zu seiner Schwertscheide. „Als Euer rechtes Auge habe ich Euch stets den Rücken freigehalten, damit Ihr ohne Sorge voranschreiten könnt. Daher… kann ich sehen, was Ihr nicht sehen könnt. Es ist zu gefährlich für Euch, diesen Kampf zu führen. Ihr seid zu schwer verletzt! Ich kann Euch nicht gehen lassen!“

„Come with me, then!“, schlug Masamune entschlossen vor. „Halte mir den Rücken frei, so wie immer, Kojuro!“

Doch Kojuro dachte nicht im Traum daran. Niemals würde er ihn gehen lassen! Er zog sein Schwert, fest entschlossen, seinen Fürsten auch mit Gewalt von seinem Plan abzubringen, wenn dies notwendig war.

Masamune sah ein, dass sein rechtes Auge nicht mich sich reden ließ. Er lachte leise auf. „Schön, wie du willst“, knurrte der Fürst und zog eines seiner Schwerter. „Dann überzeuge mich eben auf diese Weise! Bring it on!!“

Einzig der strahlend weiße Schein des Mondlichtes erhellte den Hof von Takeda’s Anwesen, als die beiden Drachen ihre Schwerter kreuzten.

Yukimura, Sasuke und der inzwischen wieder zu sich gekommene Bunshiro sahen fassungslos zu, wie die Klingen der beiden Männer aufeinander prallten.

Sasuke schmunzelte. „Seht ihr das? Meister Katakura greift Fürst Date immer nur von der rechten Seite an. Als sein rechtes Auge kennt er die Schwächen seines Herrn ganz genau. Meister Katakura ist wirklich in jeder Situation sehr gründlich.“

Yukimura nickte zustimmend und stellte gleichzeitig mit wachsender Bewunderung fest, dass Fürst Masamune die Angriffe dennoch stets abwehren konnte – wenn auch nur mit Mühe.

Gerade, als der Brünette zum Gegenschlag ausholen wollte, hielt er plötzlich inne und griff sich mit schmerzverzerrter Miene rasch an den Bauch – offenbar schmerzte seine Wunde. Kojuro reagierte sofort, drehte sein Schwert um und rammte seinem Herrn den Schwertgriff in den Bauch.

Masamune hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. „Der hat gesessen…“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. Das letzte, was er sah, war Kojuro, wie er erneut ausholte und ihn mit seinem Schwertrücken in den Nacken schlug. Dann wurde alles schwarz…
 

Als Masamune sein Auge aufschlug, lag er wieder auf dem Futon in dem inzwischen völlig dunklen Zimmer. Kojuro war nicht da.

Mühevoll richtete sich Masamune auf, zuckte vor Schmerzen zusammen und warf dann einen Blick auf die einzige Lichtquelle im Zimmer – die Shoji waren leicht geöffnet und ließen das helle Mondlicht hinein scheinen. Doch das war nicht das Einzige, das der junge Fürst sah. Takeda saß vor seinem Zimmer und beobachtete den Mond. Er schien bemerkt zu haben, dass Masamune aufgewacht war, denn er sprach ihn an, ohne den Blick vom nächtlichen Himmel zu nehmen. „Er hat dich getroffen, ohne deine Wunde in Mitleidenschaft zu ziehen. Das ist beachtlich. Für einen Drachen gibt es wohl keinen besseren Gegner, als sein eigenes rechtes Auge.“

Masamune schnaubte erbost. „Dieser Mistkerl. Wo steckt er überhaupt?“

„Er ist mit Yukimura und Sasuke aufgebrochen, um die Geiseln zu befreien. Das wolltest du doch?“

Der junge Fürst schwieg. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sowohl seine sechs Schwerter, als auch die Rüstung, die er vorhin noch gesehen hatte, verschwunden waren. Dann war Kojuro also auf eigene Faust losgezogen. So ein unvernünftiger Idiot. Aber wahrscheinlich war er selbst auch nicht viel besser gewesen. Masamune lächelte. Sie passten offenbar sehr gut zusammen.

Einer so dickköpfig, wie der Andere…

Mit einem lauten Seufzer erhob sich Takeda. „Ruh dich lieber noch etwas aus, einäugiger Drache. Deine Zeit wird noch früh genug kommen. Die Zeit der streitenden Reiche wird ein Schauplatz für alle jungen und ambitionierten Fürsten sein.“ Dann ging er.

Masamune lachte laut auf. „Ha! Wie ich dich kenne, wirst du es dir keinesfalls nehmen lassen, trotzdem noch kräftig mitzumischen. Nicht wahr, alter Mann?“

Takeda blieb stehen und lächelte. „Selbstverständlich nicht.“
 

Takeda streckte sich genüsslich seine Glieder.

Eigentlich hatte er sich ja nur hingelegt, um sich etwas auszuruhen, aber die letzten Tage waren wohl doch anstrengender, als er erwartet hatte. Er wurde wohl wirklich langsam alt. Als er in den Hof trat, war der Morgen bereits angebrochen. Takeda mochte diesen Zeitpunkt. Wenn die Dunkelheit der Nacht verschwand und langsam dem Tag wich, die Sonne aber noch nicht am Himmel stand. Als würde man zusehen, wie die Welt ganz langsam die Augen aufschlug.

Nachdem er eine zeitlang diesen herrlichen Anblick genossen hatte, wanderten seine Gedanken zu den nächtlichen Geschehnissen. Yukimura und die anderen waren wohl noch nicht zurück. Andernfalls hätte sein quirliger Schützling ihn schon längst aus dem Schlaf gerissen. Was Masamune jetzt wohl machte? Ob er wohl in Sorge um sein rechtes Auge war? Takeda beschloss, nach seinem verletzten Gast zu sehen.

Zu seiner Überraschung lag dieser aber nicht in seinem Bett und schlief sich gesund. Stattdessen saß er in der kalten Morgenluft auf den Treppen, die zum Haupteingang des Hauses führten, und starrte das Tor an.

Takeda beobachtete ihn eine Weile verwundert, dann seufzte er. War eigentlich nicht anders zu erwarten. Ihm eine Predigt zu halten, dürfte allerdings nichts bringen. Er machte eh, was er wollte. Takeda schmunzelte. Er selbst hätte wohl kaum anders reagiert. Nun gut…

Ohne ein Wort zu verlieren, ging Takeda zu Masamune und setzte sich neben ihm auf die Treppe. So saßen sie da, sich gegenseitig anschweigend und die ganze Zeit stur auf das Tor sehend.

Nach einer halben Ewigkeit, wie es Takeda schien, blendeten ihn die ersten Sonnenstrahlen. Der imposante Mann blinzelte ein paar Mal, wandte den Blick vom Tor ab und sah hinauf zu den Baumwipfeln, durch die die Sonne schien.

Plötzlich bewegte sich Masamune neben ihn leicht. Da er sich die letzten Minuten nicht gerührt hatte, bekam er dadurch sofort Takeda’s Aufmerksamkeit. Der Fürst sah erst den jungen Mann an, dann schaute er in dessen Blickrichtung und erkannte sofort, was ihn aus der Starre geholt hatte. Endlich, nach langem Warten, kehrte Kojuro zurück – und er hatte die drei Geiseln bei sich. Ihnen folgten Yukimura und Sasuke.

Masamune erhob sich sofort und kam ihnen auf halbem Wege entgegen. Die Männer, die eben noch fröhlich und ausgelassen wirkten, erstarrten, als sie ihren Fürsten erblickten. Betretendes Schweigen legte sich über sie.

Schließlich räusperte sich Yoshinao und sagte: „Mein Fürst! Wir sind wieder da, gesund und munter!“

„Ja, und wir haben Eure Schwerter mitgebracht“, fügte Magobei hinzu und hielt besagte Schwerter präsentierend hoch.

Auch Samanosuke ergriff das Wort. „Mein Fürst, es tut mir schrecklich leid, dass wir…“

Masamune hob eine Hand, als Zeichen, dass er schweigen sollte. Dann fixierte er Kojuro mit seinem Auge. Dieser hatte seinen Kopf gesenkt und wagte es nicht, dem Jüngeren ins Gesicht zu sehen. Sicher, er hatte ihn nur angegriffen, um ihn vor einer großen Dummheit zu bewahren, aber dennoch schämte er sich dafür, erneut Hand an seinen Herrn gelegt zu haben. Darauf konnte es nur eine Antwort geben…

„Mein Fürst, für mein unverzeihliches Handeln kann es keine Entschuldigung geben. Ich, Katakura Kojuro, bin bereit, jede Strafe anzunehmen, die ihr mir geben werdet, sobald Ihr gesund genug seid, um-“

Masamune zischte wütend, dann zog er blitzschnell eines seiner Schwerter und bedrohte Kojuro damit. „Wenn du nicht sofort aufhörst, solch einen Unsinn zu reden, werde ich dich auf der Stelle töten! You see?“

Zunächst überrascht, lächelte Kojuro dann sanft. Er hatte verstanden. „Mein Fürst, bitte vergebt mir, dass ich Euch Sorgen bereitet habe.“

Masamune nickte. „Much better.“ Er steckte sein Schwert zurück in die Scheide. Kaum hatte er das getan, verlor er fast das Gleichgewicht. Kojuro konnte ihn gerade noch auffangen.

„Ihr habt Euch überanstrengt. Kommt, ich bringe Euch wieder ins Bett.“

Diesmal ohne zu murren, ließ Masamune zu, dass Kojuro seinen Arm nahm und ihn sich über die Schultern legte, um ihn zu stützen.

Bevor sie zum Haus zurückgingen, wandte sich Masamune noch Yukimura zu. „Vielen Dank für deine Hilfe“, sagte er mit einem schwachen Lächeln, dann ging er.

Yukimura sah ihm mit leuchtenden Augen nach.

Bis eben war sein Herzschlag noch ganz normal, doch nun klopfte es so heftig, als wäre er gerannt. Wie seltsam…
 

~ to be continued ~

Mit dir an meiner Seite

In den folgenden Tagen erholte sich Fürst Masamune langsam von seinen schweren Wunden. Doch während sich die Truppen der östlichen Allianz immer noch von dem letzten Gefecht erholen mussten, führte Oda Nobunaga seinen grausamen Feldzug fort. Mit einer ganzen Heerschar ging er am Strand von Satsuma an Land und streckte dort Shimazu Yoshihiro, auch bekannt als „die Bestie“, erbarmungslos nieder.

Zur gleichen Zeit tötete Mitsuhide den jungen Tokugawa Ieyasu, als Strafe dafür, dass dieser sich der östlichen Armee angeschlossen hatte.

Alle waren sich im Klaren darüber, dass Oda’s nächste Ziele wohl Kenshin oder Takeda sein würden. Und da Oda sicher wusste, dass er überlebt hatte, war auch Masamune weiterhin in Gefahr. Kojuro ließ seinen Fürsten daher keine Sekunde aus den Augen, was dieser zwar durchaus zu schätzen wusste, aber auch ziemlich nervig fand.

Doch Oda und seine Armee waren nicht die einzige Gefahr, die Kai bedrohte. Seit zwei Tagen schon regnete es unaufhörlich. Es schien fast so, als würde der Himmel die zahlreichen Opfer der scheußlichen Gräueltaten Oda Nobunaga’s beweinen. Doch dieser monsunartige Niederschlag blieb nicht ohne Folgen…

Ein aufgeregter Dorfbewohner bat um eine Audienz bei Fürst Takeda. Er berichtete, dass der Damm, den Takeda errichtet hatte, zu brechen drohte. Der Fluss in der Nähe des Dorfes drohte bei starkem Regenfall überzulaufen und das Dorf zu überfluten. Daher hatte Takeda den Bau eines Damms angeordnet. Dieser Bau hatte viel Zeit, Schweiß und harte Arbeit gekostet, doch als er fertig war, entlohnte er für all die Mühe.

Der Regenfall in den letzten zwei Tagen jedoch setzte dem Damm etwas zu sehr zu: die Balken waren morsch und brüchig. Die Männer hatten alle Mühe, den Damm zu sichern. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Konstruktion brechen würde.

Als er dies hörte, verlor Takeda keine Zeit. Sofort eilte er hinunter zum Damm. Dort versuchten die Männer aus dem Dorf bereits, den Damm so gut es ging zu sichern. Als sie ihren Fürsten oberhalb des (noch) trockenen Flussbettes sahen, atmeten sie erleichtert auf. Ihr Fürst würde sicher wissen, was zu tun war.

Takeda erreichte das Flussbett genau zur rechten Zeit: als hätte der Damm auf ihn gewartet, brachen just in diesem Augenblick mehrere Lecks auf. Die Männer schrieen verzweifelte durcheinander. Was sollten sie nur tun?

Der Tiger von Kai reagierte nicht so hilflos. Entschlossen sprang er ins Flussbett hinunter, hob zum Erstaunen seiner Männer einen großen Felsbrocken fast mühelos hoch und brüllte gegen den tosenden Wind: „Lasst Euch nicht entmutigen, Männer! Wir können das schaffen! Gemeinsam meistern wir jede Hürde!!“ Mit diesen Worten rannte der Fürst auf das größte Leck in der Mitte zu und stieß den Felsen mit aller Kraft hinein – nur ein kleiner Rinnsal an Wasser sickerte noch hindurch.

Ermutigt von den Worten ihres Lehnsherrn, schnappten sich die Männer ihr Baumaterial und versuchten mit vereinten Kräften, die übrigen Lecks zu flicken.

Takeda glaubte schon, der Lage Herr geworden zu sein, als ein boshaftes Gelächter wie von einer Hyäne durch die Luft halte. Der imposante Fürst brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer sich oberhalb des Flussbettes befand. Dort, auf einem Pferd, thronte Akechi Mitsuhide, mit seiner Sense in der Hand. Die missliche Lage, in der sich Takeda und seine Leute befanden, schien ihn sehr zu erheitern. Und irgendwie wurde Takeda das Gefühl nicht los, dass Akechi hinter dieser Sache steckte, um ihn hervorzulocken, auch, wenn er das nicht beweisen konnte.

Dieser Bastard hätte sich keinen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen können, um anzugreifen. Der Felsen, den Takeda in die Lücke gerammt hatte, hielt zwar einigermaßen fest, doch die Wassermaßen drückten stetig dagegen. Schon die kleinste Erschütterung könnte den Felsen wieder rausdrücken und dann würde das Wasser mit solchem Druck durch das Leck schießen, dass der Damm vermutlich gänzlich brechen würde.

Worauf Akechi natürlich abzielte.

Mit einem Grinsen von Ohr zu Ohr stieg Akechi von seinem Pferd, sprang hinunter ins Flussbett und kam auf den Tiger von Kai zu, seine Sense streichelnd, als handele es sich um einen kleinen Welpen und keine scharfe Klinge.

Mit knirschenden Zähnen zückte Takeda seine Axt und drehte sich langsam zu Akechi um, den Rücken an den Felsen hinter sich gedrückt.

Seine Bemühungen, den Damm zu sichern und gleichzeitig seinen Gegner abzuwehren, schienen Akechi ungemein zu amüsieren. Voller Freude stürmte er auf den Tiger von Kai zu und schlug wie verrückt mit seiner Sense auf diesen ein.

Der Fürst hatte große Mühe, die Angriffe mit seiner Axt abzuwehren, da er sich kaum bewegen konnte.

Plötzlicher vernahm Takeda eine vertraute Stimme vom oberen Rand des Flussbettes.

„Oyakata-sama, was geht hier vor sich?!!!“

Der Fürst warf einen kurzen Seitenblick nach oben und erkannte seinen Schützling Yukimura.

„Yukimura, hilf den anderen dabei, den Damm zu sichern!“, befahl er streng.

Der General trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Aber Herr-“

Der Tiger von Kai war zu angespannt, um jetzt zu diskutieren. „Tu, was ich dir sage!!“, brüllte er wütend rauf und wandte sich dabei seinem Schützling zu – dabei ließ er den Felsen, der das Loch im Damm stopfte, für einen Moment aus den Augen.

Akechi nutzte die Gunst der Stunde, holte mit seiner Sense aus und spaltete den Felsen.

Das Wasser strömte aus dem Loch und schlug gewaltige Risse in den Damm.

Takeda fluchte innerlich und versuchte, das Loch irgendwie wieder zu schließen – törichterweise drehte er Akechi dabei den Rücken zu.

Ein tödlicher Fehler.

Akechi holte erneut aus und schlug seine Sense in die linke Schulter des imposanten Fürsten.

Takeda ächzte und fiel auf die Knie.

Akechi lachte johlend auf, zog besonders kraftvoll die Sense aus der Schulter und versetzte dem Damm einen weiteren Hieb, sodass dieser endgültig brach.

Das Wasser füllte das Flussbett in Windeseile.

Völlig schockiert musste Yukimura mitansehen, wie sein Fürst von den Fluten fortgespült wurde. Als er sah, wie das Wasser sich rot verfärbte, riss ihn dieser Anblick aus der Starre und er sprang ohne zu zögern in die Fluten.

Das dreckige Wasser versperrte ihm völlig die Sicht und es war so eiskalt, dass es sich an seinem ganzen Körper wie kleine Nadelstiche anfühlte, dennoch schwamm Yukimura immer weiter, bis er schließlich auf etwas Hartes stieß.

Seinen bewusstlosen Fürsten erkennend, schnappte sich der Brünette dessen rechten Arm und versuchte, mit ihm nach oben zu schwimmen. Die Kälte raubte ihm jedoch nach und nach das Bewusstsein.

Die Schwärze drohte ihn zu übermannen, doch dann glaubte Yukimura, Masamune’s Stimme zu vernehmen. Sie kam von der Oberfläche und rief ihm zu, er solle weiterschwimmen. Das gab ihm die Kraft durchzuhalten, bis sein Kopf aus dem Wasser schnellte und seine Lungen hastig nach Luft schnappten.

Er schwamm ans Ufer und zog dann mit aller Kraft seinen Fürsten ans Ufer.

Takeda war bewusstlos, seine Lippen waren ganz blau vor Kälte und seine Wunde blutete stark.

Yukimura rief „Oyakata-sama! Oyakata-sama!!!“ und versuchte, ihn wachzurütteln, doch der sonst so starke Tiger von Kai rührte sich nicht.

Der junge General wimmerte.

Wie konnte das nur passieren? Wie konnte er das nur zulassen? Was sollte er jetzt nur tun?

Während einige Takeda-Soldaten zu ihnen rannten, standen in der Ferne Fürst Masamune und Kojuro und beobachteten die Szene schweigend.

Masamune musterte seinen jüngeren Kontrahenten ausdruckslos. Doch innerlich wühlte ihn dieser Anblick völlig auf. Yukimura wirkte so traurig und verlassen, dass der Fürst am Liebsten zu ihm gerannt wäre, um ihn ganz fest in die Arme zu nehmen.

Er wusste jedoch, dass das selbst in solch einer Situation völlig unangemessen wäre und so verharrte er schweigend neben seinem Vertrauten und litt mit dem Jüngeren mit.
 

Wenig später saßen Yukimura, Masamune und Kojuro am Krankenbett von Fürst Takeda. Seine Wunden wurden versorgt, dennoch litt der Tiger von Kai immer noch an hohem Fieber und war weiterhin ohne Bewusstsein.

Seine Männer hatten ihn vor der Rüstung, die keines Schildes bedürfte, aufgebahrt.

Mittlerweile hatte sich Sasuke zu ihnen gesellt.

Er war unterwegs gewesen, um Kenshin zu warnen. Unterwegs stieß er mit Kasuga zusammen, die ihrerseits Takeda warnen wollte. Fürst Kenshin wurde von Oda’s Frau Nouhime heimtückisch attackiert und angeschossen worden – er lag mit schweren Verletzungen im Bett.

Kojuro schüttelte fassungslos den Kopf. „Scheint so, als will dieser Mann wirklich jeden Fürsten auslöschen, der nicht nach seiner Pfeife tanzen will. Was denkt sich dieser Mann nur dabei? Wenn er alles auslöscht und jeden tötet, worüber will er dann noch herrschen?“

„Ich glaube, es geht ihm nur darum, alles zu vernichten, um es dann neu aufzubauen“, überlegte Sasuke.

„Wen interessiert’s, was dieser alte Mann vorhat?“, warf Masamune genervt ein. „Viel wichtiger ist doch, dass wir ihn aufhalten und das so schnell wie möglich!“

„Aber mein Fürst, wir sollten besser nichts überstürzen!“, widersprach Kojuro nervös. „Wir sollten erst einmal in Ruhe einen Plan zurechtlegen, wie wir Oda und seine Truppen überwältigen können!“

„Was ist los, Kojuro? Hast du plötzlich Schiss bekommen? Wir haben doch schon früher unsere Feinde auf die Art angegriffen. Die Sache ist doch die: wir müssen Oda zu Fall bringen, bevor er noch mehr Menschen tötet. Sein Feldzug muss ein Ende haben! You see?“

Kojuro seufzte. Einerseits wollte er seinen Fürsten davor bewahren, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Anderseits wusste er nur zu gut, dass sein Fürst recht hatte – was es schwieriger für ihn machte, mit ihm zu diskutieren.

Masamune lächelte triumphierend. Er wusste, dass er gewonnen hatte.

Voller Elan wandte er sich an Yukimura, der schon seit Stunden kein Wort mehr gesprochen hatte. „Wie steht es mit dir, Yukimura? Ich hatte angenommen, dass du der Erste wärst, der sich zum Kampf rüstet, nach allem, was geschehen ist.“

Yukimura kniete neben dem Futon seines Fürsten und starrte zu Boden. Sein Blick war immer noch so traurig und hilflos wie am Flussufer.

„Verzeiht… Ich kann nicht…“, murmelte er kleinlaut. „Ich möchte meinem Fürsten nicht mehr von der Seite weichen.“

Sasuke kroch zu seinem Meister vor. „Aber Danna, es gibt nichts mehr, was Ihr noch für ihn tun könntet! Wenn Oda nicht gestoppt wird, erfahren noch mehr Menschen solches Unrecht, wie Oyakata-sama. Es bringt nichts, wenn Ihr hier sitzt und Euch selbst bemitleidet!“

Gequält schloss Yukimura die Augen. „Aber… aber ich…“

Masamune beobachtete ihn nachdenklich. „Manchmal beneide ich diesen Jungen“, murmelte er, dann erhob er sich und schob schwungvoll die Shoji auf.

Die Soldaten der Takeda-Armee knieten vor dem Anwesen und beteten für die Gesundheit ihres Lehnsherrn.

Ohne sie zu beachten, schritt Masamune durch die Reihen der Soldaten hindurch.

Als sie ihn sahen, eilten die Männer der Date-Armee sofort herbei.

„Werden wir endlich in die Schlacht ziehen?!“, fragte Yoshinao freudig.

Masamune blieb stehen. „Nein, ihr werdet nicht gehen“, flüsterte er leise, dann hob er die Stimme und verkündete laut: „Hiermit löse ich die Date-Armee auf!!!“

Die Soldaten glaubten, ihren Ohren nicht zu trauen.

Was hatte ihr Fürst da gesagt?

Auch Yukimura war fassungslos. Von plötzlichen Lebensgeistern erfüllt, sprang er auf und stürmte nach draußen, auf den einäugigen Drachen zu.

„Was sagt Ihr da, Fürst Date?!“, rief er aufgebracht und baute sich vor dem Älteren auf. „Diese Männer haben stets tapfer für Euch gekämpft! Wie könnt Ihr Sie nur so einfach fallen lassen?!“

Masamune schnaubte nur verächtlich. „Na so was! Ausgerechnet du regst dich darüber auf?“ Dann trat er einen Schritt vor, schnappte sich Yukimura’s Kette und zog ihn daran ganz dicht zu sich heran. „Weißt du, ich dachte immer, diese Münzen wären als Bezahlung für die Überfahrt ins Jenseits gedacht. Aber sie sind offenbar genauso Schein, wie alles, was du von dir gibst. Du bist hier doch derjenige, der sich kampflos ergeben will! Also wag es nicht, mir Predigten zu halten, understood?!“

Masamune hatte den Jüngeren mit den letzten Worten noch ein Stückchen näher zu sich herangezogen.

Yukimura konnte – trotz der Worte, die ihn verärgerten, weil er wusste, dass sie wahr sind – nicht verhindern, dass die Nähe zu dem Älteren ihn erröten ließ.

Masamune entging dies nicht und schlagartig wurde ihm selbst klar, wie nah sie sich waren. Verlegen wandte er sich ab und stieß den Jüngeren von sich weg.

„Ich gehe allein. Keine Widerrede!“, murrte der einäugige Drache und ging zu den Ställen.

Yukimura blieb betreten zurück.

Kojuro trat nun nach draußen. „Sanada-san, ich weiß, wie Ihr Euch fühlen müsst. Aber Ihr müsst Fürst Masamune ebenfalls verstehen. Oda demütigt sämtlichen Fürsten und ihre Armeen! Wenn man ihn nicht aufhält, werden noch mehr Menschen unter diesem Tyrannen leiden. Fürst Masamune kann an diesem Punkt für Niemanden die Verantwortung übernehmen. Daher hat er sich entschlossen, allein in den Kampf zu ziehen. Und ich finde, Ihr solltet ihn begleiten.“

„Aber Fürst Takeda… ich kann ihn doch nicht allein lassen!“, beharrte Yukimura verzweifelt.

„Ihr solltet Euch etwas ansehen!“

Kojuro kehrte zurück zu Takeda’s Krankenbett und schob die Shoji in diesem Zimmer auf. Dann kniete er sich neben den Futon und flüsterte respektvoll: „Vergebt mir, Herr.“

Mit einem Ruck zog Kojuro die Decke weg – und nun konnte Yukimura sehen, worauf das rechte Auge des Drachen hinauswollte.

Takeda’s Fäuste waren geballt. Trotz seiner Verletzungen war er gewillt, nicht aufzugeben. Und wenn er könnte, würde er selbst in die Schlacht ziehen.

Yukimura verstand. Wenn sein Fürst immer noch weiterkämpfte, sollte er das auch tun!

Entschlossen schnappte sich Yukimura seine Speere und eilte Masamune hinterher.

„Fürst Masamune, lasst mich Euch begleiten! Ich werde an Eurer Seite gegen Oda kämpfen! Gemeinsam… werden wir diesen Tyrannen zu Fall bringen!“, rief er euphorisch.

Yukimura’s Entschlossenheit ließ Masamune lächeln. „Gut, darauf habe ich gewartet! Dann schärfe deine Zähne und schlag sie in Oda’s Hals!“

„Das werde ich!“

Masamune und Yukimura stiegen auf ihre Pferde und ritten gemeinsam los, zum Tempel in Honnoji, wo sie Oda ein für alle mal stellen wollten…
 

~ to be continued ~

Das eiskalte Herz

Masamune schlug langsam das gesunde, linke Auge auf.

Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, wo er war.

Er lag auf einem Futon, in dem Zimmer mit der Rüstung, die keines Schildes bedürfte. Offenbar befand er sich wieder auf Takeda’s Anwesen.

Doch wie kam er hierher?

Was war passiert?

Er konnte sich noch daran erinnern, dass er mit Yukimura zum Honnoji-Tempel geritten war, um Oda zu bekämpfen.

Doch wie ging es von da an weiter?

Masamune lag ruhig atmend auf dem Futon und starrte die Decke an. Dachte in aller Ruhe darüber nach, was als Nächstes geschah. Und so langsam kam alles wieder hoch.

Wie Yukimura und er im Tempel ankamen und keinen Oda trafen.

Dafür auf Akechi, der Oda verraten hatte und ihn beseitigen wollte. Sie kämpften gegen ihn.

Letztlich tauchte Kojuro auf und löste sie ab. Er berichtete ihnen, dass alle Armeen der attackierten Fürsten sich zusammengetan hatten und sie unterstützen wollten. Dann schickte er sie zur Burg Azuchi, wo sich Oda verbarrikadiert hatte.

Die Burg glich einer Festung und es führte kein Weg hinein.

Dann tauchten die Armeen von Chosokabe und Mori. Ersterer schoss mit seiner Superkanone große Löcher in Festungsmauer, sodass sie eindringen konnten.

Yukimura und er bahnten sich einen Weg zu Oda. Als sie ihn erreichten, erschoss dieser gerade Fürstin Oichi, seine eigene Schwester!

Masamune konnte sich noch genau daran erinnern, wie sie sich unter Tränen bei ihm bedankte, dafür, dass er um ihren verstorbenen Ehemann getrauert hatte.

Yukimura und er nahmen den Kampf gegen Oda auf, doch gegen dieses Ungeheuer konnten sie keinen Stich machen. Masamune’s Wunde war sogar wieder aufgegangen.

Er konnte sich ebenso gut daran erinnern, wie der totgeglaubte Tadakatsu Honda wieder auftauchte, um ebenfalls gegen Oda zu kämpfen und seinen toten Herrn zu rächen. Jedoch wurde er endgültig von diesem getötet.

Was dann geschah, konnte sich Masamune nicht so recht erklären. Er und Yukimura bündelten ihre Kräfte und irgendwie hatten sie Oda dann besiegen können.

Er erinnerte sich noch an den Jubel der Soldaten, dann hatte ihn der Schmerz seiner aufgegangenen Wunde ohnmächtig werden lassen.

Masamune schloss das Auge, entspannte seine Gliedmaßen und atmete erschöpft aus.

Es nervte ihn gewaltig, dass er schon wieder auf dem Krankenbett lag – das dritte Mal innerhalb von zwei Monaten!

Zum Glück war die Gefahr durch Oda endlich gebannt, sodass er wohl in nächster Zeit keine schweren Kämpfe führen müsste. Er nahm sich fest vor, die Wunde dieses Mal richtig ausheilen zu lassen, damit sie nicht noch mal aufging und ihn schon wieder auf den Futon schickte.

Der junge Fürst schlug das Auge wieder auf und sah hinüber zu den geschlossenen Shoji. Orangefarbenes Licht drang schwach durch diese hindurch, was bedeutete, dass die Sonne entweder aufging oder unterging.

Wie lange er wohl diesmal ohnmächtig war?

Sein Blick wanderte weiter über seinen Kopf zu der Rüstung. Dieses Erbstück der Familie Takeda schien tatsächlich heilende Kräfte zu besitzen – ihr Einfluss hatte ihn bereits zum zweiten Mal den Tod von der Schippe springen lassen.

Masamune lächelte unwillkürlich. Jetzt wurde er schon abergläubisch.

Der Fürst bemerkte nun auch die Schwerter, die zusammen mit seinen Kleidern und seinem Helm etwas oberhalb des Kopfendes des Futons lagen.

Der Reihe nach betrachtete der Fürst seine sechs Schwerter – und stutzte plötzlich.

Verwirrt richtete sich Masamune unter mäßigen Schmerzen auf, wandte sich um und robbte etwas näher heran, um das Schwert näher zu betrachten. Um den Schwertgriff war etwas Rotes gewickelt.

Er hob das Schwert hoch und wickelte das rote Ding ab – es war ein Band.

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Es war während des Kampfes gegen Oda. Nachdem Honda gefallen war.

Von Schmerzen gepeinigt, konnte Masamune nicht einmal mehr sein Schwert festhalten.

Yukimura nahm daraufhin sein Stirnband ab und wickelte es dem Fürsten um die Hand, um so das Schwert zu befestigen.

Ein Lächeln huschte dem Brünetten über das Gesicht. Er strich sanft über das rote Band. Ohne diesen roten Hitzkopf hätte er diesen Kampf nie gewonnen. Bei der nächsten Gelegenheit würde er sich dafür bedanken. Es war schließlich kein Zeichen von Schwäche, wenn man zugab, etwas nicht alleine bewältigen zu können. Und irgendwie machte es ihm gar nichts aus, ihm gegenüber Verletzlichkeit und Schwäche zu zeigen.

Seltsam.

Bisher war Kojuro der Einzige gewesen, in dessen Gegenwart er sich so gehen ließ.

„Verzeiht bitte, Herr. Darf ich eintreten?“, ertönte plötzlich Kojuro’s Stimme von draußen.

Masamune erschrak und sah zu den Shoji. Dort erkannte er die Silhouette seines Dieners.

„Ei-einen Moment!“, rief Masamune und kroch zurück zum Futon, deckte sich zu.

Das Band versteckte er rasch im Ärmel seines Kimono-Hemdes. Er wollte nicht, dass Kojuro sah, dass er es noch hatte. Seltsamerweise fürchtete Masamune, dass er es ihm wegnehmen würde.

„Du kannst jetzt eintreten“, sagte Masamune schließlich.

Kojuro öffnete die Shoji und lächelte erleichtert. „Ich bin froh, dass Ihr wieder aufgewacht seid, mein Fürst.“

„Wie lange habe ich denn geschlafen?“

„Fast zwei Wochen. Ihr habt Euch während des Kampfes sehr verausgabt“, antwortete Kojuro. Er trat ein, schloss die Shoji hinter sich und setzte sich neben das Krankenbett seines Herrn.

Masamune stieß seufzend den Atem aus. „Zwei Wochen? Dieses Mal habe ich es wohl wirklich übertrieben, hm? Bist du wütend auf mich?“

Kojuro schüttelte den Kopf. „Nein, Herr. Ich bin sogar sehr stolz auf Euch. Ihr habt in diesem Kampf alles gegeben und Oda bezwungen. Dank Euch und Sanada-san ist Japan von einer großen Bedrohung befreit worden.“

„Ah ja. Wie geht es ihm denn?“

„Er hatte ebenfalls Verwundungen davongetragen, jedoch waren sie nicht so schwer. Er trainiert bereits wieder fleißig. Dieser Mann ist trotz seiner jungen Jahre wirklich hart im Nehmen.“

Masamune lachte leise auf. „Ja, das ist er. Wie geht es übrigens dem alten Takeda? Er liegt ja nicht mehr hier. Er wird doch wohl nicht…?“

„Fürst Takeda ist ebenfalls wieder genesen. Er ruht sich derweil in seinen Gemächern aus, da seine Verwundung nicht mehr allzu schwerwiegend ist. Wie mir zu Ohren kam, ist Fürst Kenshin ebenfalls auf den Weg der Genesung.“

„Hätte mich auch sehr gewundert, wenn die beiden sich von den paar Schrammen kleinkriegen lassen“, gluckste Masamune. Dann wurde er wieder ernst. „Kojuro, was machen wir jetzt?“

„Wie meint Ihr das, mein Fürst?“, wunderte sich Kojuro.

„Wir können Takeda doch nicht schon wieder auf der Tasche liegen… Außerdem mache ich mir Sorgen um Oshu. Wir sind jetzt schon zwei Monate weg.“

„Ich verstehe, was Ihr meint. Doch Eure Wunde ist noch nicht weit genug verheilt, dass wir aufbrechen können. Ich fürchte, Ihr müsst Euch noch ein wenig gedulden.“

Masamune nickte verstehend. Er hatte nicht wirklich vorgehabt, in seine Heimat zurückzukehren, doch das brauchte Kojuro ja nicht zu wissen. Er wollte nur sicher gehen, dass dies auch nicht nötig war. „Dann schick wenigstens einen Boten, der sich nach der Lage erkundigen soll.“

„Ist bereits geschehen. Seid Eurer Verwundung auf dem Schlachtfeld von Nagashino habe ich im regelmäßigem Abstand einen Boten ausgesandt, um mich über die Lage Oshu’s zu informieren. Ich bin Bestens im Bilde über unsere derzeitige Lage.“

Masamune lächelte. „Du erstaunst mich immer wieder. Aber eigentlich hätte ich wissen sollen, dass du stets an alles denkst. Das beruhigt mich sehr.“

„Als Euer rechtes Auge ist dies auch meine Aufgabe, mein Fürst. Ihr könnt Euch ganz und gar auf Eure Genesung konzentrieren.“

Masamune legte seine Hand auf den Ärmel, in der das Band steckte. Sah ganz so aus, als könnte er noch ein wenig mehr Zeit mit IHM verbringen…
 

„Schnell! Wir verstecken uns dort im Schuppen!“

Der Junge nahm seinen verletzten, älteren Bruder an der Hand und zog ihn zu dem kleinen Schuppen weit hinten auf dem Hof – dem einzigen Gebäude, das in dem kleinen Dorf noch nicht lichterloh brannte.

Hastig riss der Junge die Tür auf und zog seinen Bruder hinein. Keuchend und völlig verängstigt saßen die beiden Jungs auf dem kalten und feuchten Boden.

Der kleine Junge atmete vor Angst ganz hektisch und immer wieder sah er panisch zur Tür und zu den Fenstern. Er hatte solche Angst, dass diese gruselige Frau ihnen gefolgt war.

Dann sah er zu seinem großen Bruder auf, dessen Atem schwerfällig ging. Schuld daran war die Wunde an seinem rechten Oberschenkel, die er sich vor der Flucht vor der Frau und ihren seltsamen schwarzen Klauen, die aus dem Boden ragten, zugezogen hatte.

„Du, Onii-san? Was glaubst du, wo Mama und Papa sind?“, winselte der Kleine.

„Ich… weiß nicht…“

„Ob sie wohl auch in diesem schwarzen Strudel gezogen wurden? So wie die anderen Dorfbewohner?“

Der ältere Bruder antwortete nicht. Er fürchtete, dass ihre Eltern vom Strudel erfasst wurden. Sicher waren sie und die anderen Dorfbewohner mittlerweile tot. Er konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand so Etwas überleben könnte.

Der kleine Junge verstand das Schweigen seines Bruders. Er schniefte leise. „Warum tut diese Frau das? Was will sie bloß von uns?“

Ehe sein Bruder antworten konnte, tauchte plötzlich ein Kopf über ihnen auf.

Die Kinder erstarrten vor Angst.

Sie erkannten den Mann – er war in Begleitung dieser unheimlichen Frau in ihrem kleinen Dorf aufgetaucht. Er hatte seelenruhig in der Ecke gestanden und nur zugesehen, wie die Frau alle angegriffen hatte.

„Na, na, ihr kleinen Kinderchen! Wollt ihr euch hier etwa verstecken? Das bringt doch eh nichts“, gluckste der Mann hämisch. Er trug eine gruselige Maske über Mund und Nase. Sein weißes Haar verschmolz förmlich mit seiner ebenso weißen Haut.

Den Mund konnten die Kinder nicht sehen, doch sie stellten sich vor, dass er lächelte.

Was würde jetzt mit ihnen geschehen?

„Ich finde es gar nicht schön, dass ihr euch hier versteckt“, zischelte der Mann boshaft. „Dafür müsst ihr bestraft werden… dafür und für euren Verrat meines Herrn…“

Ein Schrei ertönte aus dem Schuppen, dann blieb es minutenlang ruhig.

Schließlich trat der Mann langsam aus dem Schuppen heraus.

Seine zwei Sensen schlürften über den Boden, Blut klebte an den Klingen.

Ungerührt von der Zerstörung, dass sie über das Dörfchen gebracht hatten, lief er zu seiner Begleiterin herüber.

Sie saß auf dem Boden und spielte mit einer dunklen, aus dem Boden herausragenden Klaue. Auch sie hatte keine Augen für die Verwüstung, die sie allein angerichtet hatte.

Ihr war alles egal. Für sie zählte nur, Rache zu nehmen. Rache an allen, die ihrem Bruder Leid zugefügt hatten…

Warum, wusste sie selbst nicht so genau. Der Wunsch brannte wie ein Geschwür in ihr. Zerfraß ihren Verstand… ihr Herz… ihre Seele.

Sie hatte ewig nicht geschlafen. Sie fand keinen Frieden im Schlaf. Nur Kummer und Bilder, die sie vergessen wollte.

Vielleicht würden diesen Erinnerungen ja verschwinden, wenn sie alles in Dunkelheit tauchte? Es wäre schön, wenn es so wäre… Ja, alles sollte im Nichts verschwinden… damit sie endlich schlafen konnte.

Der Mann mit der Maske war hocherfreut von diesem Anblick. Ihre Augen waren so leer und voller Leid und Schmerz.

Einfach wundervoll!!!

Er liebte diesen Anblick.

Er konnte sich gar nicht satt daran sehen.

Diese rachedürstende Frau gab ein hervorragendes Werkzeug ab. Mit ihrer Hilfe würde er alle vernichten, die es gewagt hatten, seine Pläne zu durchkreuzen.

Sein Blick fiel auf den zitternden Mann, den er in weiser Voraussicht am Leben gelassen hatte. Er brauchte ihn noch.

Sein nächstes Ziel war der Drache von Oshu…
 

Jeden Morgen um dieselbe Uhrzeit pflegte Katakura Kojuro zu den Feldern in Oshu zu gehen, um sich um die Ernte zu kümmern.

Er legte großen Wert darauf, dass sein Fürst nur gesundes und nahrhaftes Gemüse zu sich nahm, daher ließ er besondere Sorgfalt bei der Feldarbeit walten und nahm nur das Beste vom Besten mit ins Herrenhaus.

Mittlerweile war es bereits fast zwei Monate her, dass er auf dem Feld gearbeitet und die Ernte kontrolliert hatte.

Es juckte ihm förmlich in den Fingern, sich wieder persönlich an der Feldarbeit zu beteiligen. Er ließ sich zwar regelmäßig darüber berichten, wie es um die Ernte stand, doch das genügte ihm auf Dauer nicht.

Masamune hatte ihn deswegen schon aufgezogen. „Deine große Liebe ist und bleibt dein Gemüse, nicht wahr?“, hatte er gewitzelt.

Kojuro schmunzelte. So ganz unrecht hatte sein Fürst damit nicht, doch seine wahre Liebe war und blieb nur…

„Meister Katakura!“

Der Schwertkämpfer wirbelte herum und sah Bunshiro auf sich zurennen. Er wirkte ganz aufgeregt. „Was ist los?“, fragte Kojuro verwundert.

Bunshiro hielt atemlos vor seinem Vorgesetzten und keuchte: „Ihr müsst sofort mitkommen! Der Fürst will heute noch nach Oshu aufbrechen!!“

„Dafür ist er doch noch gar nicht gesund genug!“, ereiferte sich Kojuro und lief eilig zum Anwesen zurück, ohne nachzufragen, woher der plötzliche Wunsch zum Aufbruch kam.

Das rechte Auge des Drachen fand seinen Herrn im Zimmer mit der Rüstung.

Er saß – vollständig in Rüstung – vor einer Karte und grübelte.

„Warum die Eile?“, fragte Kojuro betont ruhig. Er versuchte, seine aufkeimende Wut zu unterdrücken. Warum tat sein Fürst das immer wieder? Er war noch nicht gesund und setzte sich dennoch einer solchen Gefahr aus.

Masamune sah zu ihm auf. „Ein Bote hat uns gerade erreicht. Er erzählte, dass eine Armee auf den Weg nach Oshu ist. Er war schwer verwundet und hat es gerade so noch hierher geschafft“

Überrascht riss Kojuro die Augen auf. „Was für eine Armee? Wie groß ist sie?“

„Er sagte, sie hätte eine Stärke von 20.000 Mann. Zudem soll sich ein unheimlich starker Kämpfer unter ihnen befinden… und ein Dämon.“

„Ein Dämon?“

„So beschrieb er diese Person. Sie hat alles und jeden vernichtet, der ihren Weg kreuzte. Die Kraft, deren sie sich dabei bediente, war wohl nicht menschlich.“

Kojuro kam diese Neuigkeit sehr fragwürdig vor. Noch vor wenigen Tagen kam sein Bote zurück und berichtete ihm, dass Oshu keinerlei Gefahr drohte. Könnte es wirklich sein, dass in so kurzer Zeit eine solche Bedrohung wie aus dem Nichts erschien? Möglich wäre es. Doch der erfahrene Stratege wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas hier nicht stimmte.

Doch wenn er sich irrte, könnte das katastrophale Folgen für Oshu haben.

„Mein Fürst, lasst mich mit den Männern die Lage überprüfen. Eure Wunde ist immer noch nicht genug verheilt, um eine solch anstrengende Reise oder gar einen Kampf zuzulassen! Ihr solltet hierbleiben und Euch ausruhen!“

Ruckartig ließ Masamune die Karte sinken und funkelte seinen Vertrauten zornig an. „Was war das?! Ich soll hier Däumchen drehen und seelenruhig darauf warten, bis ihr zurückkommt? Verarsch mich nicht!!“

„Mein Fürst, das hatten wir doch schon.“

„Meinst du damit, dass du mich wieder angreifst, wenn ich mich nicht füge?“, grinste Masamune schelmisch.

Kojuro sah betreten zur Seite. Er würde es nicht noch einmal wagen, seinen Fürsten anzugreifen.

Masamune seufzte. „Hör zu. Ich verspreche dir, dass ich mich auf keinen Kampf einlassen werde. Aber ich möchte mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass Oshu keinerlei Gefahr droht, sonst werde ich noch wahnsinnig! Understood?“

Kojuro nickte resigniert. Er konnte nur zu gut nachvollziehen, wie er sich fühlte – ihm selbst war auch ganz flau im Magen, wenn er an die Folgen dieser Nachricht dachte und er würde am Liebsten sofort überprüfen, ob es wahr ist oder nicht.

Doch wenn es nur eine Falschmeldung war, drängten sich ihm zwei Fragen auf: Wer ließ eine solche Falschmeldung zu ihnen bringen und was bezweckte er nur damit? Die Antwort darauf ließ Kojuro ganz angst und bange werden.

Das Beste wäre, wenn sie auf der Hut blieben…
 

Der Mann mit der Maske stand auf dem Hügel und blickte hinunter zum Tal.

Der kühle Wind wehte ihm ums Gesicht und kühlte seine Narben. Heute war einer der Tage, an denen sie besonders schmerzten und ihn lebhaft an die Hitze erinnerten. Das Feuer, in dem er eigentlich sterben sollte.

Doch er lebte noch. Und er würde sich heute dafür rächen!

An dem Mann, der ihn im Feuer verbrennen ließ.

Und an dem Mann, der all seine Pläne durchkreuzt hatte.

In wenigen Minuten würden sie an der Stelle rasten, an der er sich nun befand. Und dann würde er zuschlagen.

Der Mann lachte voller Vorfreude. Es war fast schon zu komisch, wie einfach es gewesen war, den Drachen hervorzulocken. Jetzt musste er die Falle nur noch zuschnappen lassen und dann konnte er das Drachenragout genießen!

„Meister Tenkai! Die Armee von Oshu ist bald hier!“, teilte ihm ein Soldat mit.

„Sehr schön!“, flötete Tenkai begeistert und tänzelte fast an dem Soldaten vorbei. „Sag den Männern, dass sie sich bereithalten sollen. Ich geselle mich zu unserer Prinzessin. Sonst verpasst sie noch das Bankett!“
 

„Wir rasten heute hier! Morgen reiten wir weiter!“, verkündete Kojuro laut.

Dann stieg er von seinem Pferd und half Masamune von seinem Pferd abzusteigen.

„Wir fühlt Ihr Euch?“, erkundigte sich der Ältere besorgt.

„Es geht mir gut. Die Wunde ist nicht aufgegangen“, antwortete Masamune sanft. Er war etwas müde, aber sonst ging es ihm tatsächlich gut. Ein Wunder, wenn man bedachte, wie schnell sie geritten waren.

Doch dank dem zügigen Tempo würden sie bereits in zwei Tagen da sein. Vielleicht sogar morgen Abend schon.

Die Soldaten stiegen von den Pferden ab und begannen gerade, das Lager aufzubauen, als plötzlich der Kundschafter, der die Umgebung überprüfen sollte, auf sie zustürmte.

„Hitto! Meister Katakura! Eine Katastrophe!!! Eine Armee ist auf den Weg hierher! Ihre Kampfkraft beläuft sich auf 10.000 Mann!“

Masamune erstarrte. „WAS?!!“

„Das ist noch nicht alles, fürchte ich! Die Armee, die sich Richtung Oshu bewegte, hat ihre Marschrichtung geändert und steuert ebenfalls auf uns zu! In Kürze werden beide Truppen hier eintreffen!“

Masamune biss sich auf die Unterlippe. „Verdammt! Das Ganze war also doch eine Falle! Ich hab zwar damit gerechnet, aber mit solch einer immensen Truppenstärke…“ Wütend schlug der Fürst mit der Faust auf einen Felsen.

So ein verdammter Mist! Wir könnten die 10.000 Mann-Truppe vielleicht besiegen, aber wir wären dann zu geschwächt, um die andere Armee noch bekämpfen zu können! Wir können weder vor noch zurück, aber hierbleiben ist auch keine Möglichkeit! Wir würden von beiden Armeen umzingelt werden… Was soll ich nur tun?! Was soll ich nur tun?!!!

„Fürst Masamune… bitte erlaubt mir, mich der Sache anzunehmen“, sagte Kojuro ruhig.

Masamune wirbelte zu ihm herum. „Kojuro! Hast du einen Plan?“, fragte er hoffnungsvoll.

„Ja, den habe ich.“

Kojuro schloss die Augen und sank vor seinem Fürsten auf die Knie.

Ich weiß ganz genau, wer hinter diesem Vorfall steckt. Ich kenne diese Handschrift. Doch lass dir eines gesagt sein… Ich werde niemals zulassen, dass du auch nur einen Finger an meinen Fürsten legst. Nicht, solange ich lebe…

„Mein Fürst, ich möchte, dass Ihr Eure Kleidung wechselt. Außerdem möchte ich Euch bitten, mir Euren Ersatz-Wappenrock zu leihen.“

Masamune klappte der Mund auf. „WA-“

„Entfernt alle Verzierungen von Fürst Masamune’s Pferd!“, befahl Kojuro.

„Was glaubst du, was du da tust, Kojuro?!!“, rief Masamune entsetzt. „Du kannst doch nicht…“

„Ihr werdet Euch dem Erkundungstrupp anschließen und diesen Ort verlassen. Der Feind wird nicht damit rechnen, dass Ihr Euch auf diese Art vom Schauplatz entfernt.“

Zornig packte Masamune Kojuro am Kragen. „No kidding!!! Das soll dein großer Plan sein?!!! Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich das tun würde, oder?!!“

„Wir werden Euch soviel Zeit verschaffen, wie wir können“, erwiderte Kojuro ruhig.

Masamune’s Hand, die immer noch den Kragen festhielt, begann heftig zu zittern. „Du erwartest also allen Ernstes von mir, dass ich vor dem Feind davonlaufe?“, zischte er wütend.

„Sie sind hinter Euch her, mein Fürst. Wenn Euch irgendetwas zustößt, wäre das das Ende des Hauses Date. Wir müssen das um jeden Preis verhindern.“

„So what?! Du willst also, dass ich euch alle hier sterben lasse, während ich unversehrt von hier entkomme?!!!“

„Hitto!!“

Vom Fürsten unbemerkt, hatten sich die anderen Soldaten um Kojuro herum versammelt und waren ebenfalls auf die Knie gesunken.

„Herr, bitte lasst uns das für Euch tun!“, riefen sie.

„Es ist doch nur eine Truppe von 10.000 Mann! Nichts, womit wir nicht fertig werden!!“

„Ja, Hitto. Sagt nicht, dass Ihr uns hier sterben lassen würdet!“

„Bitte, vertraut darauf, dass wir das schaffen!“

„Mein Fürst, erinnert Ihr Euch daran, was ich zu Euch sagte? Euer Leben ist unser Leben, Herr“, fügte Kojuro ernst hinzu, dann lächelte er sanft. „Bitte… Ihr müsst Euer Leben aufmerksamer schützen.“

Masamune hätte am Liebsten laut losgeschrien. Das… Das ist alles meine Schuld! Weil ich nie richtig nachdenke, bevor ich etwas handele. Ich hätte wissen müssen, dass das hier eine Falle ist! Ich… ich wollte doch alle beschützen! Das hatte ich doch geschworen!! Ja, toll machst du das, Masamune!! Wie konnte ich nur so dumm sein?!

Masamune biss sich auf die Unterlippe, bis diese blutete. Dann schrie er laut: „Hört mir zu, Männer!!! Ich erwarte jeden von euch in Oshu, wenn ihr hier fertig seid!!! Keinem Einzigen von euch ist es gestattet, sich zu verspäten!! That’s an Order!!“

Die Männer stimmten johlend zu.

Kojuro wandte sich an den Erkundungstrupp. „Bunshiro, Samanosuke, Yashinao und Magobei… Ich erwarte von euch, dass ihr den Fürsten in Sicherheit bringt.“

Die vier Männer nickten entschlossen und bestiegen ihre Pferde.

Auch Masamune stieg auf sein Pferd. Dann beugte er sich zu Kojuro hinunter. Sein Blick war streng und doch erkannte man Angst darin. „Vergiss du auch nicht, was ich zu dir sagte, klar? Was auch immer geschieht, ich verbiete dir, ohne meine Erlaubnis zu sterben!!“

Kojuro nickte. „Verstanden.“

Mit einem letzten sorgenvollen Blick auf seinen besten Freund und seine treuen Männer ritt Masamune mit den vier Soldaten vom Hügel.
 

~ to be continued ~

Sag, was du wirklich willst!

Unaufhaltsam näherte sich die Armee mit Tenkai an der Spitze dem Hügel.

Tenkai rechnete fest damit, die Date-Armee dort anzutreffen – möglicherweise mitten im Kampf mit der anderen Truppe.

Der Maskenmann lachte still in sich hinein. Er musste sich wirklich selbst auf die Schultern klopfen, für diesen genialen Einfall. Er war gespannt zu erfahren, wie Katakura Kojuro wohl auf diese Situation reagiert hatte. Das rechte Auge des Drachen war berühmt für seine ausgezeichneten Strategien, doch ob er auch mit den Auswüchsen eines Gehirns zurechtkam, dass vor Rache dürstete und der vor keinem Winkelzug zurückschreckte, um diese zu bekommen?

Kurz bevor die Armee den Hügel erreichte, rief Tenkai seinen Soldaten zu: „Zielt auf Date Masamune! Orientiert euch an dem blauen Wappenrock!!“

Die Scharfschützen zückten ihre Gewehre und legten an, bereit zu schießen.

Doch als sie den Treffpunkt erreichten, erlebte die Armee eine Überraschung: der andere Trupp von Sage und Schreibe 10.000 Mann lag bereits besiegt im Gras.

Die Date-Armee stand ihrerseits zwar erschöpft, aber immer noch kampfbereit zwischen den Leichen und wartete mit gezückten Schwertern und Waffen auf die Ankunft des Haupttrupps.

Dieser stoppte, geschockt von der Kampfkraft ihres Gegners.

Tenkai quetschte wütend den Griff seiner Sense. Verdammt sollten sie sein!

Seine Augen suchte die Menge vor sich ab – schließlich fand er den gesuchten Wappenrock.

Doch noch ehe er den Schussbefehl geben konnte, zog die Person den Wappenrock von seinem Rücken ab und drehte sich um – es war nicht Date Masamune, sondern Katakura Kojuro, der zum Vorschein kam!

„Verzeih, dass ich dich enttäusche“, rief Kojuro ihm zu. „Aber Fürst Masamune wirst du hier nicht antreffen. Du bist es nicht würdig, seine Klingen zu spüren… Akechi Mitsuhide.“

Tenkai alias Akechi lachte laut auf. „Du hast mich also erkannt? Obwohl du eigentlich unmöglich hättest wissen können, dass ich es war…“

„Die Handschrift ist unverkennbar. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, du wärest im Flammeninferno am Honnoji-Tempel umgekommen. Doch es scheint, als würden Ratten wie du niemals sterben. Aber du hast Pech gehabt. Der Fürst ist nicht hier. Dein Plan ist gescheitert.“

Akechi begann leise zu lachen, nur um in einem hysterischen Lachanfall überzugehen.

„Was ist so lustig?!!“, polterte Kojuro.

„Mein Plan ist also gescheitert?!“, stieß Akechi laut lachend hervor. „Oh, rechtes Auge des Drachen… du irrst dich leider! Ich kenne dich genau und habe bereits damit gerechnet, dass du in einer solch heiklen Lage den heißgeliebten Fürsten wegschicken würdest! Ich habe es einkalkuliert!“

Schlagartig wurde Kojuro unruhig. „WAS?!! Rede doch keinen Unsinn!!“

Akechi stieg leichtfüßig von seinem Pferd und zückte langsam seine beiden Sensen. „Es ist kein Unsinn. Während wir hier plaudern, habe ich bereits meinen Trumpf in die Richtung geschickt, in die ich vermutete, dass du deinen Fürsten dorthin reiten lassen würdest. Du weißt, von wem ich rede, oder? Die Person, die alle den DÄMON nennen…“

Kojuro fluchte innerlich. Er hätte nicht gedacht, dass Akechi so weitsichtig sein würde. Der Fürst war doch noch gar nicht in der Lage, mit einem Feind zu kämpfen. Und ausgerechnet auf diesen sogenannten Dämon würde er jetzt treffen.

Er musste seinen Herrn unbedingt warnen! Doch dazu musste er erst dieses Problem beseitigen.

Akechi lachte wieder laut los. „Du möchtest jetzt wohl am Liebsten losreiten, um den verehrten Date zu warnen, nicht wahr? Doch ich fürchte, soweit wird es nicht kommen… Schau mal nach unten! Die Leichen haben ein besonderes… Mitbringsel… unter ihren Rüstungen…“

Kojuro lief es bei diesem bösartigen Tonfall eiskalt den Rücken herunter.

Sofort kniete er sich zu der Leiche neben seinen Füßen hinunter und zog dieser die Rüstung ab. Sein Atem stockte vor Entsetzen. Der tote Soldat trug Bomben um seinen Körper!

„WEG HIER!!! SOFORT!!!“, brüllte Kojuro panisch.

Akechi lachte wie ein Verrückter und schnippte mit den Fingern.

Eine ohrenbetäubende Explosion erfüllte das Tal…

 

Von alldem nichts wissend, saß Yukimura auf einem Stein im Garten seines Fürsten und starrte zum wolkenverhangenen Himmel hinauf.

Seine Stimmung war so düster, wie der Himmel. Er war äußerst betrübt, dass Fürst Masamune fortgegangen war, ohne sich von ihm zu verabschieden.

Sicher, seine Heimat wurde bedroht, und Yukimura wäre von solch einer Aussage genauso aufgescheucht worden – doch er hätte sich wenigstens die Zeit genommen, sich bei Fürst Masamune zu verabschieden.

Schließlich stand nicht fest, ob und wann sie sich wieder sehen können.

Wo er jetzt wohl war?

Ging es ihm gut? Oder war seine Wunde wieder aufgegangen, weil er zu schnell losgerittern war? So wie damals, als sie die Burg Azuchi erreichten, in der Oda sich verschanzt hatte…

Plötzlich legte sich eine Hand auf seinen Kopf, gefolgt von einem strahlenden Gesicht.

„Hey, mein Freund! Was träumst du hier so vor dich hin?“

Yukimura sprang erschrocken auf. „Maeda Keiji!“, rief er verärgert. „Was tut Ihr denn hier?!“

Das Lächeln im Gesicht des Älteren wirkte plötzlich sehr gezwungen. „Ich fürchte, wir haben ein Problem. Ich bin hier, um die Hilfe des Tigers von Kai zu erbitten….“

Yukimura hob überrascht eine Augenbraue. „Was denn für ein Problem?“

Ehe Keiji antworten konnte, tauchte Sasuke neben Yukimura auf.

„Danna! Wir haben ein Problem! Wir müssen Oyakata-sama… Oh, Fürst Maeda, Ihr seid ja bereits eingetroffen!“

Keiji nickte. „Am Besten unterrichten wir sofort Fürst Takeda von der Situation. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.“

Umgehend brachte Sasuke Keiji zu Fürst Takeda.

Yukimura war ihnen neugierig gefolgt.

„Ich komme am Besten gleich zur Sache“, sagte sich Keiji ungewöhnlich ernst. „Heute Morgen tauchte an der Grenze von Echigo wie aus dem Nichts eine 50.000 Mann starke Armee auf. Sie hat sich dort positioniert und rührt sich seit Stunden nicht vom Fleck. Fürst Kenshin hat einen Spähtrupp ausgesandt, um die Situation auszukundschaften – sie sind nicht zurückgekommen. Jeden Soldaten, der sich in welcher Absicht auch immer ihnen nähert, wird gnadenlos getötet. Ich selbst habe mir die Lage aus der Entfernung angesehen. Ich kann nicht sagen, was, aber irgendetwas stimmte nicht mit diesen Soldaten. Sie bewegen sich in einem seltsamen, roten Nebel fort und wirken wie hypnotisiert.“

„Das klingt in der Tat äußerst merkwürdig“, grübelte Takeda und strich sich nachdenklich über den Bart. „Wo mag eine Armee solchen Ausmaßes nur so plötzlich hergekommen sein?“

„Das Problem ist, dass die Armee von Fürst Kenshin momentan nicht sehr angriffstark ist“, fuhr Keiji fort. „Einige Soldaten sind immer noch verletzt, andere zum Grenzschutz eingeteilt, die auf keinen Fall abgezogen werden können. Die Soldaten, die man für den Angriff einsetzen könnte, reichen nicht aus, um es mit dieser seltsamen Truppe aufzunehmen. Daher bittet Fürst Kenshin um Eure Unterstützung, mein Fürst.“

Takeda nickte. „Einverstanden. Eine solch gefährliche Armee könnte durchaus auch eine Bedrohung für Kai werden, wenn sie nicht umgehend ausgeschaltet wird. Unsere Reiche hat schon genug Schaden durch Oda und seine Männer genommen. Wir brauchen nicht noch eine Bedrohung, die zahlenlose Leben auslöscht.“

Keiji lächelte und verbeugte sich. „Ich danke Euch, Fürst Takeda.“

„Ob Fürst Masamune wohl auf diese Armee getroffen ist?“, überlegte Yukimura laut. Sein Gesicht zeigte echte Besorgnis.

„Ich habe keinen von seinen Männern dort gesehen“, beruhigte ihn Keiji.

„Ich habe Neuigkeiten von der Date-Armee“, mischte sich Sasuke ein. „Offenbar sind sie in Musashi in einen Hinterhalt geraten. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich zwei Armeen waren, die insgesamt 30.000 Mann stark war. Die Date-Armee wurde von ihnen eingekreist.“

Yukimura rückte geschockt näher an Sasuke heran. „Was soll das heißen? Was ist mit Fürst Masamune? Und Meister Katakura? Und… und… Meister Yashinao und den anderen?“

„Die Soldaten unter der Führung von Meister Katakura sind in einen Kampf mit der feindlichen Armee geraten… Ich weiß allerdings nicht, was aus ihnen geworden ist. Es soll aber eine Explosion gegeben haben. Fürst Date scheint ebenfalls verschwunden zu sein.“

Yukimura zitterte heftig, in seinem Blick lag die nackte Angst. „Eine Explosion…?“, hauchte er leise.

Takeda jedoch blieb davon ungerührt. „Yukimura, das Schicksal von Fürst Date ist bedauerlich, sollte dich aber nicht betrüben. Wir waren zwar Verbündete im Kampf gegen Oda, doch letztlich ist er ein Feind, der genauso wie wir die alleinige Herrschaft in diesem Land anstrebt. Sein Tod bedeutet lediglich, dass wir einen Gegner weniger haben.“

Yukimura zuckte geschockt zusammen, ob der brutalen Ehrlichkeit und Gleichgültigkeit seines Herrn. Doch er wusste genau, dass der Mann recht hatte. Und als sein Schützling und General sollte er dieselbe Einstellung vertreten.

So schluckte er den Kloß in seinem Hals herunter, senkte das Haupt und flüsterte: „Ja, Oyakata-sama…“

Keiji musterte Yukimura mitfühlend.

Takeda nickte und erhob sich. „Sasuke, Yukimura, informiert die Soldaten. Wir werden so schnell wie möglich aufbrechen!“

„Ja, Oyakata-sama!“

Yukimura erhob sich und eilte schnurstracks in sein Zimmer.

Dort, abseits aller Blicke, sank er auf die Knie und weinte leise.

 

Masamune war jedoch nicht tot. Er ritt in Begleitung seiner vier Männer immer noch in Richtung Oshu weiter.

Die Explosion in Musashi hatte sein Pferd, Kuro-Ikazuchi, extrem aufgeschreckt, sodass dieser seinen Herrn zum ersten Mal abwarf.

Sofort stürzten Yashinao und die anderen zu ihm.

„Hitto! Habt Ihr Euch verletzt?!“, fragte Magobei ängstlich.

Masamune rappelte sich langsam auf. „Verdammt!“, zischte er. Warum?! Warum kann ich nicht einmal meine eigenen Männer beschützen?!

„Hitto, lasst uns ein wenig rasten. Die Pferde brauchen Wasser.“

Der Fürst setzte sich ächzend hin. „Ja, tut das. Aber bleibt nicht zulange am Fluss, sonst entdeckt man euch noch.“

Die vier Männer nahmen die Pferde und machten sich auf den Weg zum Fluss.

Masamune blieb allein zurück.

Eine ganze Weile blieb es still. Zu still. Nicht einmal die Vögel zwitscherten. Als ob sie vor einem Raubtier geflohen wären.

Er ahnte ja nicht, wie recht er damit hatte…

Eine helle, leise Stimme drang plötzlich aus dem Dickicht neben ihm.

„Du bist also allein. Ich hatte eigentlich erwartet, dich mit deinen Männern hier anzutreffen. Aber das macht nichts. Dann töte ich eben nur dich…“

Masamune sprang auf und griff nach seinem Schwert. „Wer ist da?!!“

Die Gestalt trat langsam aus dem Dickicht vor den Fürsten. Dem klappte beim Anblick jener Person vor Erstaunen der Mund auf. Mit IHR hatte er nun wirklich nicht gerechnet!

„Die Schwester des Dämonenkönigs! Aber… du bist doch tot?“

Oichi wankte leicht auf ihn zu. Ihr Blick wirkte irgendwie abwesend. „Ich weiß nicht… ob ich lebe oder… tot bin… oder ob ich überhaupt… sterben kann… Aber das ist auch egal… Alles, was ich will ist… schlafen…“

Masamune nahm die Hand von seinem Schwert. „Was ist nur mit dir geschehen?“

Oichi’s Augen fixierten nun den Fürsten. Ihr Blick war kalt und durchbohrend. „Schweig! Drache von Oshu… Du bist der Mörder meines Bruders!!“

Entsetzt wich Masamune einige Schritte zurück.

Oichi’s Augen glühten plötzlich blutrot und eine seltsame, schwarze Masse quoll unter ihren Füßen hervor, stieg an ihr hoch und formte sich zu zwei großen Klauen.

Sie war also der Dämon, von dem der Soldat gesprochen hatte!

Oichi wankte wieder auf ihn zu.

„Einäugiger Drache… für den Mord an meinem Bruder… wirst du jetzt sterben!!“

 

Derweil positionierte sich die Armee von Takeda am vereinbarten Treffpunkt, im sicheren Abstand zu der unheimlichen Armee, die – genau wie es Keiji berichtet hatte – sich nicht vom Fleck rührte, solange sich ihr keiner näherte.

Auf der anderen Seite des Feldes verharrten Fürst Kenshin und seine Männer.

Ungeduldig stand Takeda auf seinen Bamba-Pferden und wartete den Bericht Sasuke’s ab, der mit Kasuga Erkundigungen über die seltsame Armee einholen wollte.

Weit abseits seines Herrn befand sich Yukimura und wartete auf den Angriffsbefehl. In Gedanken war er jedoch immer noch bei Masamune.

Keiji saß neben ihm auf einem Pferd und beobachtete ihn mit leichtem Ärger. Zu gerne würde er ihm die Meinung sagen, doch das würde jetzt nicht viel bringen.

Sasuke’s Rückkehr ließ alle interessiert aufhorchen.

„Oyakata-sama, ich habe wichtige Neuigkeiten für Euch!“, sagte er und kniete neben den Bamba-Pferden.

„Ich höre“, erwiderte Takeda, den Blick weiterhin stur nach vorne gerichtet.

„Kasuga und ich haben uns die Armee aus sicherer Entfernung angesehen. Der rote Nebel kam uns gleich so vertraut vor. Wenn unsere Vermutung richtig ist, dann… sind all diese Männer dort… bereits tot.“

Ein Raunen ging durch die Soldaten. Auch Yukimura und Keiji sahen überrascht auf.

Takeda wandte sich nun Sasuke zu. „Wie können sich denn Tote bewegen?“

„Es gibt nur einen Mann, der imstande ist, mithilfe von rotem Nebel Tote zu bewegen. Dieser Mann heißt Nanbu Harumasa“

Takeda hob eine Augenbraue. „Nanbu? Ich erinnere mich dunkel an diesen Namen. Die Takeda-Familie hat den Nanbu-Clan einst vernichtet, weil deren dunkle Künste eine zu große Bedrohung darstellten. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es keine Überlebenden mehr gäbe. Soweit ich mich erinnern kann, handelte es sich bei den Nanbu doch um einen Ninja-Clan?“

„Das ist richtig. Und sie haben sich in der Tat dunklen Künsten verschrieben. Sie waren Spezialisten… in Nekromantie.“

„Dann haben wir es hier offenbar wirklich mit Toten zu tun…“

„Aber Herr, wie sollen wir denn gegen Tote kämpfen?“, warf ein Soldat ängstlich ein.

„Ihre Technik mag ausgefallen und mächtig sein, hat aber ein ganz entscheidenden Schwachpunkt“, antwortete Sasuke sofort. Er kannte sich bestens mit den Techniken dieses Clans aus. „Der rote Nebel bewegt die Leichen und sorgt für ihre Unbesiegbarkeit. Der Nebel wird durch spezielle Krüge ausgestoßen, die sich zwischen den Leichen befinden.“

Sasuke deutete auf das freie Feld. Bei genauem Hinsehen erkannte man in der Tat mehrere Krüge, aus denen der rote Nebel sickerte.

„Man muss die Krüge nur zerstören, dann gibt es auch keinen Nebel mehr. Kein Nebel, keine Leichen, die sich fortbewegen können.“

Takeda nickte verstehend. „Ich danke dir, Sasuke. Das war sehr hilfreich. Kenshin dürfte mittlerweile ebenfalls im Bilde sein. Warten wir ab, was er unternehmen will.“

Yukimura war sprachlos. Leichen, die sich fortbewegten? Ein roter Nebel, der dies möglich machte? Und hinter alldem steckte ein Ninja? Wahrlich ein skurriler Fall.

Eine junge Kunoichi landete neben Yukimura’s Pferd. „Danna? Ich habe die Informationen, die Ihr gewünscht habt.“

Leise, damit sein Herr ihn nicht hören konnte, flüsterte der General leise: „Und?“

„Ich suchte die Stelle ab, an der die Explosion war, doch ich konnte niemanden finden. Die Explosion hat offenbar einen Erdrutsch verursacht. Ich bezweifle, dass es Überlebende gab. Jedoch kann ich Euch mitteilen, dass sich Fürst Date nicht unter den Opfern befand. Ich entdeckte ihn einige Cho weiter nördlich, nahe einem Fluss.“

„Dann lebt er also noch?“ Die Erleichterung in Yukimura’s Stimme war kaum zu überhören.

„Das war noch nicht alles, Danna“, fuhr das Mädchen mit ernster Stimme fort. „In diesem Augenblick befindet sich der Fürst mitten in einem Kampf.“

„Mit wem?“

„Mit Fürstin Oichi.“

„Oichi?! Aber ich dachte, sie sei verstorben?!“, mischte sich Keiji ein.

„Dies war die allgemeine Annahme, doch ich versichere Euch, dass sie lebt. Jedoch scheint es, als hätte etwas Dunkles von ihr Besitz ergriffen. Die Kräfte, die sie einsetzt, sind nicht von dieser Welt…“

„Was soll das wieder heißen?“, wunderte sich Keiji.

„Sie hat etwas Dämonisches an sich. Danna… ich fürchte, in seinem momentanen Zustand kann Fürst Date diese Auseinandersetzung gegen eine solche Macht niemals gewinnen.“

Yukimura senkte den Blick, seine Hände zerquetschten förmlich die Zügel.

Gerade war er noch so erleichtert gewesen, dass der Fürst noch lebte. Nun musste er hören, dass dieser dem Tode geweiht war.

Und weit und breit niemand, der ihn retten konnte.

„Es scheint… als wäre es aussichtslos…“, murmelte der General traurig.

„Was redest du da bloß?!!“, rief Keiji wütend. Ihm war endgültig die Hutschnur geplatzt. Wie begriffsstutzig war diese Typ eigentlich? „Was soll das heißen, es ist aussichtslos?! Wenn du nicht willst, dass man den Drachenfürsten ermordet, dann verhindere es doch! Du bist hier, weil dein Fürst es befohlen hat und du ihm gehorchen willst, dennoch kann man deutlich in deinem Gesicht herauslesen, dass du nicht hier sein willst. Warum hörst du nicht endlich auf damit, dich selbst zu belügen?! Sei doch mal ehrlich zu dir selbst und sag endlich, was du wirklich tun willst!!“

Yukimura zuckte zusammen.

Was er wirklich tun wollte?

Prompt kam ihm Fürst Masamune in den Sinn. Sein Kampfgeist. Seine Stimme. Sein Lächeln. Das Gefühl, gegen ihn zu kämpfen. Mit ihm zusammen zu kämpfen. Seine Haut zu berühren… Und welche Angst ihn befiehl, als dieser sich verletzte.

Es fiel dem jungen General wie Schuppen von den Augen.

Was er jetzt wirklich tun wollte, war…

„Fürst Maeda, in einem Haus am Rande des Dorfes in Kai befindet sich ein Mann! Wenn Ihr nachfragt, werden die Dorfbewohner sicher wissen, wer gemeint ist. Bitte holt ihn und lasst Euch dann von Kohaku zu dem Ort bringen, wo sich Fürst Masamune und Fürstin Oichi befinden!“, rief Yukimura entschlossen, dann wendete er Hono-Arashi und ritt wie der Teufel davon.

„Wartet, Danna! Wohin wollt Ihr denn?!“, rief Sasuke ihm nach, doch Yukimura hörte ihn nicht. Er dachte nur noch an Masamune.

Fürst Masamune… bitte haltet durch! Ich bin so schnell ich kann bei Euch!

 

Verdammt… Es ist so dunkel… Bin ich etwa tot? Nein! Ich darf nicht sterben… Nicht hier! Nicht so. Wenn ich hier sterbe… was wird dann mit Oshu passieren? Mit dem Land? Mit den Menschen? Meine Männer… Sie sind mir gefolgt, weil sie an mich geglaubt haben. Aber was kann ich tun?

„Wach auf.“

Masamune blinzelte, dann schlug er fast in Zeitlupe seine Augen auf.

Vor ihm stand Oichi und bedachte ihn mit einem traurigen Blick. „Du warst ohnmächtig…“

Masamune erinnerte sich dunkel. Er hatte versucht, sich gegen ihre Attacken zu wehren, doch gegen Oichi’s Kräfte war einfach kein Kraut gewachsen. Vielleicht wäre er imstande, sie zu besiegen, wenn er über seine vollen Kräfte verfügen würde, doch seine momentane Verfassung machte dies einfach nicht möglich.

Nun bemerkte Masamune auch, dass er gar nicht aus eigener Kraft stand. Die seltsamen Hände hielten ihn fest.

„Warum gibst du nicht einfach auf?“, schlug Oichi leise vor. „Es bringt doch nichts, sich zu wehren. Du hast nichts mehr, wofür es sich noch zu kämpfen lohnt.“

„Doch, das habe ich! Du bist Diejenige, für die dieser Kampf sinnlos ist. Was willst du damit erreichen?“

Oichi schaute müde zur Seite. „Ich wollte Genugtuung… doch du bist genauso einsam und leidest, wie ich. Der Verlust deiner Männer… muss dich sehr schmerzen.“

„Was zum Teufel redest du da?!“

„Die Explosion vorhin… Mitsuhide-san hat deine Männer erfolgreich beseitigt. Das kann keiner überlebt haben… Du hast deine Männer in den Tod geschickt. Das muss dich doch sehr quälen.“

Masamune wehrte sich gegen diese Vorstellung, doch eine innere Stimme sagte ihm, dass Oichi nicht log. Warum sollte sie das auch erfinden?

Im Grunde hatte er es ja schon gewusst, als er die Explosion in der Ferne hörte.

Sie waren tot. Und er hatte sie im Stich gelassen.

Masamune schloss sein Auge und biss sich auf die Unterlippe.

Kojuro… seine Männer… hatten ihn fortgeschickt, weil sie wollten, dass er lebte. Um ihretwillen und für die Zukunft von Oshu musste er leben. Doch wie sollte es weitergehen? Ohne Kojuro und all seine tapferen Männer? War er überhaupt imstande, das Land ohne Hilfe zu führen? Er konnte ja nicht einmal seine Männer beschützen! Nur, weil er so überstürzt aufbrechen wollte, waren sie in diese Zwangslage geraten. War so jemand ein guter Führer?

Oichi trat an den Drachenfürsten heran und streichelte sanft seine Wange. „Wir haben beide viel Trauer durchlebt. Möchtest du nicht auch schlafen? Wir könnten doch zusammen in der Dunkelheit verschwinden.“

Kaum hatte sie das vorgeschlagen, tat sich unter ihrer beider Füße ein schwarzes Loch auf. Langsam versanken beide in dem schwarzen Nichts.

Masamune erschrak leicht, doch irgendwie fehlte ihm der Wille, sich zu wehren.

„Ja, so ist es gut. Wehr dich nicht, lass es einfach geschehen…“, flüsterte Oichi und legte ihre Arme um ihn, als wolle sie ihn trösten.

Der Fürst wollte sich gerade in sein Schicksal ergeben, als eine Stimme erklang.

„Flammenspeer!“

Der Fürst riss das Auge auf – er sah gerade noch, wie ein euphorischer Yukimura heranstürmte und seine Speere auf sie richtete.

Oichi kreischte geschockt und die dunkle Maße zog sie aus der Schusslinie.

Der Flammenangriff traf die dunklen Hände, die Masamune festhielten und befreite ihn.

Der Fürst fiel auf die Knie. Überrascht sah er auf.

Yukimura atmete schwer, er schwitzte, aber dennoch wirkte er erleichtert.

„Ich habe es geschafft…“, keuchte er und lächelte den Älteren an. „Ich bin noch rechtzeitig gekommen…“

„Du! Wie konntest du mich nur so erschrecken?“, flüsterte Oichi entrüstet, die sich langsam aus der schwarzen Maße wieder erhob. Als sich Yukimura ihr zuwandte, riss sie überrascht die Augen auf. „Ich kenne dich… In jener Nacht… warst du auch da… Du bist der Andere.“

„Fürstin Oichi, bitte hört mich an!“, rief Yukimura und senkte seine Speere. „Ich weiß nicht, was Euch dazu bewogen hat, das hier zu tun, aber ich bin davon überzeugt, dass Ihr nicht aus freiem Willen so handelt. Ich bitte Euch inständig, hört auf damit!! Ich will Euch nicht verletzen.“

Oichi’s Miene verfinsterte sich. „Du willst mich nicht verletzen?“, wiederholte sie kühl. Ihre Augen glühten rot auf und die Finsternis um sie herum verstärkte sich. „Du bist der Mörder meines Bruders… Du solltest darum betteln, dass ich dich nicht verletze.“

Yukimura erhob seine Speere, bereit, die mögliche Attacke abzuwehren.

„Ichi!! Tu das nicht!!“

Oichi zuckte zusammen. Sie kannte die Stimme. Langsam wandte sie sich der Stimme zu. Auch Yukimura und Masamune sahen hin.

Keiji half gerade einem Mann aus dem Sattel.

Masamune war überrascht, denn er erkannte den Mann sofort: es war der – angeblich – verstorbene Azai Nagamasa! „Wa- Was ist denn hier los?!“, entfuhr es ihm verblüfft.

„Als der Kampf in Nagashino vorbei war, haben unsere Soldaten alle Überlebenden nach Kai gebracht. Die Toten haben wir auch mitgenommen, um sie später beerdigen zu können. Dabei stellten wir zu unserer Überraschung fest, dass Fürst Azai noch am Leben war. Sein Atem war allerdings so schwach, dass wir es fast nicht gemerkt hätten“, erklärte Yukimura. „Wir brachten ihn dann uns Haus unserer Arztes, der am Rand des Dorfes lebt, der auch Euch und Fürst Takeda behandelt hat. Dieser Arzt ist wahrlich ein Wundermann. Es ist ihm tatsächlich gelungen, die schweren Wunden Azai’s zu heilen, sodass er überlebt hat!“

Mit Keiji’s Hilfe näherte sich Azai langsam den Dreien.

Yukimura verbeugte sich, als sich ihre Blicke trafen. „Fürst Azai, bitte verzeiht, dass ich Euch aus Eurem Krankenbett holen lassen, aber wie Ihr sehen könnt, ist es sehr dringend!“

„Schon gut“, stieß Nagamasa mit schmerzverzerrter Miene hervor. „Ich bin Euch zu Dank verpflichtet. Ihr habt mich gerettet…“

Oichi sank auf die Knie. Erst langsam begann sie zu begreifen, dass dies keine Illusion oder dergleichen war. „Du lebst… Du lebst tatsächlich… Mein geliebter Nagamasa…“

„Ichi…“

Azai streckte seine Hand nach ihr aus und wollte sich von seiner Stütze lösen. Doch dann schrie Oichi plötzlich auf. Die Dunkelheit loderte auf, wie ein schwarzes Feuer.

Vorsorglich zog Keiji Azai wieder zurück.

 „Was ist mit dir, Ichi?!!“, rief Azai und versuchte, sich vom Griff Keiji’s zu lösen und zu seiner Frau zu stürmen.

Auch Yukimura hob einen Speer, um Azai zurückzuhalten. „Tretet zurück, Fürst Azai! Eure Frau ist besessen!!“

„Besessen?!“

„Ja. Und ich denke, ich weiß von wem.“ Yukimura schwang seine Speere und machte sich bereit zum Angriff. „Ich werde sie jetzt davon befreien!“

„Nein! Das darfst du nicht!“

„Seit unbesorgt, Fürst Azai! Ich schwöre Euch, dass ich Eurer Frau kein Haar krümmen werde! Vertraut mir!!“

Yukimura konzentrierte all seine Energie auf den nächsten Angriff. Er dürfte sich keinen Fehler erlauben, sonst würde er Oichi doch noch verletzen.

Seine Energie strömte aus seinem Körper hoch wie eine rote Flamme. Dann stürmte er mit einem kräftigen Sprung nach vorne. „Lasst endlich ab von ihr!“, rief er, dann schlug er mit seinen Speeren zu. „Hibashiri!!!!“

Ein Stoß fuhr durch Oichi’s Körper und setzte sie in Flammen – so schien es. Doch bei genauerem Hinsehen brannte die Dunkelheit um sie herum, nicht sie selbst. Ihre Schreie wurden immer tiefer, bis es sich anhörte, als würden zwei Stimmen erklingen. Die Dunkelheit verformte sich abermals und nun glaubte Masamune, die Silhouette eines Mannes zu erkennen – und irgendwie kam sie ihm seltsam vertraut vor.

Yukimura, der nach seinem Angriff nun hinter Oichi stand, rief mit finsterer Miene: „Oda Nobunaga, lasst endlich ab von Eurer Schwester!! Hört auf, sie für Eure Rache zu benutzen!“

Die roten Flammen verstärkten sich, als würden sie auf das Wort Yukimura’s hören, und nach und nach verschwand die Dunkelheit.

Völlig erschöpft sank Oichi zu Boden.

Azai riss sich von Keiji los und lief so schnell es ihm möglich war zu seiner Frau. Vorsichtig hob er ihren Kopf und flüsterte besorgt: „Ichi! Ichi!! Bitte öffne die Augen! Geht es dir gut?! Rede mit mir, Ichi!!“

Oichi schlug langsam die Augen auf. Als sie ihren Ehemann erkannte, strahlte sie ihn überglücklich an. „Nagamasa… Du bist es wirklich.“

Azai lächelte ebenfalls, dann drückte er seine Frau fest an sich.

Keiji beobachtete die beiden aus einiger Entfernung. Insgeheim beneidete er sie. Auch er kannte das Gefühl, jemanden zu lieben, doch seine Liebe hatte kein glückliches Ende genommen.

Masamune hingegen saß immer noch auf dem Boden und regte sich nicht.

Sofort eilte Yukimura zu ihm und kniete sich zu ihm hinunter. „Fürst Date! Ist alles in Ordnung? Ist Eure Wunde wieder aufgegangen?“, fragte er besorgt.

„Sie sind tot… Alle tot…“, murmelte Masamune geistesabwesend. „Ich habe sie in den tot geschickt! Sie alle!“

Yukimura ließ seine Speere fallen und packte den Fürsten an der Schulter. „Was redet Ihr denn da?! Fürst Date, kommt zu Euch! Ich glaube nicht, dass Eure Männer tot sind! Mein Ninjacorps hat keine Leichen finden können!“

Masamune schüttelte heftig den Kopf. „Sie sind tot, das weiß ich! Solch eine Explosion kann keiner überleben!!“, schrie er Yukimura panisch an, dann raufte er sich die Haare, Tränen stiegen ihm ins Auge. „Ich hab sie umgebracht! Das ist alles meine Schuld!! Ich wollte sie doch beschützen!! Ich…“

Yukimura biss sich auf die Unterlippe. Es schmerzte ihn, den Fürsten so zu sehen. Bevor er begriff, was er da tat, zog er den Älteren in seine Arme. „So dürft Ihr nicht über Euch reden! Für mich… seit Ihr der wundervollste Mann der Welt!“

Masamune erstarrte in der unverhofften Umarmung. „Yukimura…“, murmelte er.

Der junge General löste sich ein wenig aus der Umarmung und sah ihn mit schimmernden Augen an. „Ich hatte solche Angst, dass ich Euch nie wieder sehen werden…“, flüsterte er sehnsüchtig, dann zog er ihn fest an sich und küsste ihn.

Was er nicht sehen konnte, waren die ganzen unverhofften Zuschauer, die die Beiden hatten.

Nicht nur Keiji, dem die Kinnlade herunterklappte. Oichi, die überrascht eine Hand vor den Mund schlug und Azai, der seinen Augen kaum traute.

Nein, in einiger Entfernung beobachteten sie Fürst Takeda und seine Männer, Fürst Kenshin, sowie Kasuga und Sasuke.

Von der Flussseite her hatten sich auch die totgeglaubten Soldaten genähert.

Kojuro ließ bei diesem Anblick sein Schwert ins Gras fallen.

Der Moment schien sich ewig hinzuziehen, bis Bunshiro ein schockiertes „Hitto!!“ entwich.

Sofort löste sich Masamune und sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Als er Kojuro und die anderen erblickte, sprang er erleichtert auf und rannte auf sie zu.

Ohne sich um die anderen zu scheren, fiel er seinem treuen Vasallen in die Arme. „Gott sei Dank… Ich dachte, die Explosion hätte Euch getötet…“, murmelte Masamune erleichtert.

„Nein…“, stammelte Kojuro etwas verlegen und wusste nicht recht, wohin mit seinen Händen. „Zum Glück waren unsere Gegner nicht halb so clever, wie sie selbst glaubten. Sie haben die Bomben nicht richtig verkabelt, dadurch gingen sie nicht hoch.“

Masamune sah überrascht auf. „Und woher kam die Explosion?“

Kojuro lachte laut auf. „Wir hatten gerade die andere Armee auch noch besiegt, da trat dieser Dummkopf Akechi auf eine der Bomben, wahrscheinlich aus Wut darüber, dass sie nicht funktionierten. Dabei scheint er sie wohl irgendwie funktionstüchtig gemacht zu haben, jedenfalls ging sie plötzlich hoch. Diesmal ist Akechi endgültig tot.“

Masamune nickte erleichtert, dann bemerkte er die Lage, in der er sich befand und löste sich rasch von Kojuro. Dann räusperte er sich vernehmlich. „Ich… bin froh, dass es euch allen gut geht.“

„Klar, Hitto. Wir haben es doch versprochen!“

Nun brach freudige Stimmung unter den Date-Soldaten aus. Bunshiro und die anderen drei entschuldigten sich, dass sie den Fürsten solange allein gelassen hatten, doch sie waren unterwegs auf die anderen gestoßen und hatten sie dann zu der Lichtung gelotst, auf der Masamune gerade war.

Aus der Entfernung heraus beobachtete Yukimura sie lächelnd, dann endlich bemerkte er seinen Fürsten in der Ferne. Dessen Blick war ruhig und gelassen, doch der junge General kannte seinen Herrn gut genug, um zu wissen, dass dieser vor Wut kochte.

Diesmal war er wirklich zu weit gegangen…

 

~ Owari ~

Yukimura in Love

Yukimura in Love

 

„...Damit können wir zweifelsfrei bestätigen, dass sich die Armee von Nanbu Harumasa aufgelöst hat. Harumasa hatte wohl vor, von der Situation zu profitieren, indem er Fürst Takeda’s Zustand zu seinen Gunsten ausnutzen wollte. Seltsamerweise hat er sich wirklich sehr schnell wieder zurückgezogen, nachdem Akechi Mitsuhide und seine Truppen gefallen sind. Letztendlich ist es uns lediglich gelungen, die Krüge zu zerstören, sodass der rote Nebel sich auflöste und die toten Soldaten aufhörten, sich zu bewegen.“

Kasuga sah auf und bemerkte erst jetzt, dass ihr Gesprächspartner ihr gar nicht richtig zuhörte. Genervt stieß sie sich vom Baum ab, gegen den sie gerade gelehnt hatte, und baute sich wütend vor ihm auf. „Sasuke!! Hörst du mir eigentlich zu?!“

Aus seinen Gedanken gerissen, zuckte Sasuke zusammen und musterte Kasuga überrascht. „Wie? Oh, tut mir leid. Hast du etwas gesagt?“

Kasuga seufzte geräuschvoll. „Du bist mir vielleicht einer. Du bestellst mich extra hierher, um mit mir den Vorfall mit Harumasa zu besprechen und dann hörst du mir gar nicht zu!“

Sasuke kratzte sich verlegen am Kopf. „Entschuldige bitte. Es ist nur… ich mache mir Sorgen um Meister Sanada.“

Kasuga’s Gesichtszüge wurden schlagartig weicher. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass der Vorfall zwischen Yukimura und Date für viel Aufsehen in Kai gesorgt hatte. Takeda hatte nichts weiter zu diesem Vorfall gesagt, aber sein Blick hatte Bände gesprochen. Fürst Kenshin meinte, in all den Jahren, in denen die beiden sich kannten, hätte er nie solch einen Blick in den Augen des Tigers von Kai gesehen.

„Er wurde sicher hart bestraft. Immerhin hat er einen Feind geküsst“, erwiderte Kasuga nach einer Weile leise.

„Ja, das wurde er. Er darf für unbestimmte Zeit an keiner Mission mehr teilnehmen. Seine Speere wurden ihm abgenommen und es wurde ihm verboten, Fürst Date jemals wieder zu sehen. Außerdem hat Fürst Takeda nach diesem Vorfall kein einziges Wort mehr mit ihm gesprochen. Er würdigt ihm nicht einmal eines Blickes… Was mir aber solche Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass nichts davon Meister Sanada wirklich zu stören scheint.“

„Wie meinst du das?“

„Nun ja, wenn man bedenkt, wie wichtig ihm Fürst Takeda immer war und mit welchem Elan er ihm stets gedient hatte, erträgt er diese strenge Strafe doch auffällig gefasst. Er wirkt keineswegs traurig darüber, dass der Fürst nicht mehr mit ihm spricht. Er sitzt immer nur da und blickt verträumt in die Luft.“

„Glaubst du, er denkt die ganze Zeit an Fürst Date?“

„Ich bin sogar überzeugt davon, dass er das tut. Und genau das beunruhigt mich so.“

Kasuga biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Scheinbar würde das noch zu großen Problemen führen.

„Wie geht es Fürst Date eigentlich?“, fragte Sasuke dann beiläufig.

Nachdem er von Yukimura geküsst wurde, konnte Masamune nicht nach Kai zurückkehren. Da er allerdings immer noch verwundet war und es seinen Männern nicht viel besser ging, war an eine Rückkehr nach Oshu momentan nicht zu denken. Fürst Kenshin bot ihm daher an, sich in Echigo zu erholen. Seitdem waren Masamune und seine Männer Gäste im Anwesen des Kriegsgottes von Echigo.

„Er erholt sich erstaunlich gut. Er wird in Kürze die Heimreise antreten können.“

„Das ist gut. Je weiter er von Meister Sanada entfernt ist, desto besser ist es für uns alle.“

 

Sasuke und Kasuga unterhielten sich noch ein wenig, dann kehrte der Ninja nach Kai zurück. Dort erstattete er seinem Fürsten Bericht, wobei er es gründlich vermied, seinem Herrn von Masamune zu erzählen.

Nachdem dieser ihn entließ, suchte er als Nächstes Yukimura auf. Sorgenfalten schlichen sich in sein Gesicht, als er feststellen musste, dass dieser völlig melancholisch in seinem Zimmer saß und sein Essen nicht angerührt hatte.

Sasuke seufzte. „Meister Sanada… wohin soll das alles noch führen?“

„Was meinst du, Sasuke?“, flüsterte Yukimura und starrte gedankenverloren durch die offenen Shoji nach draußen in den Garten.

„Das wisst Ihr genau! Schlagt Euch diesen Mann endlich aus dem Kopf! Überlegt Euch lieber, wie Ihr Fürst Takeda’s Wohlwollen zurückgewinnen könnt.“

„Oyakata-sama’s Wut wird nicht so bald abklingen, fürchte ich. Alles, was ich tun kann, ist, meine Strafe zu akzeptieren.“

Sasuke schüttelte nur den Kopf und lies den jungen General wieder allein.

Yukimura seufzte tonlos und betrachtete nachdenklich die Schüssel mit Reis auf dem Tablett neben sich. Der Anblick der weißen Körner ließ ihn schmunzeln. Es erinnerte ihn daran, wie er zum ersten Mal in seinem Leben versucht hatte, zu kochen…

 

Rückblick

In dieser Nacht hatte er eigentlich nur nachsehen wollen, ob Fürst Masamune friedlich schlief.

Tagsüber war sein Zustand sehr bedenklich gewesen.

Als der junge General dann schließlich erleichtert feststellte, dass der Fürst tatsächlich ganz ruhig schlief, wollte er das Zimmer eigentlich wieder verlassen – doch der Anblick des schlafenden Fürsten ließ ihn einfach nicht los. Wie gebannt stand er neben dem Futon und starrte auf den Mann zu seinen Füßen herab.

Die ebenmäßigen Gesichtszüge, als wären sie gemeißelt worden.

Das schulterlange, braune Haar, das sein perfektes Gesicht umrahmte. Auf der rechten Seite verdeckte es fast gänzlich seine Augenklappe.

Sein gesundes linkes Auge schien sich unter dem geschlossenen Lid zu bewegen – ein Zeichen dafür, dass er träumte. Die für einen Mann etwas langen Wimpern zuckten ab und zu mal.

Die weich aussehenden Lippen schienen so schön geformt zu sein…

Die Brust hob und senkte sich sanft.

Wenn man ihn so sah, mochte man gar nicht auf die Idee kommen, er sei verletzt.

Yukimura konnte seine Augen nicht von ihm losreißen. Stattdessen griff er sich mit der Hand an die linke Brust – sein Herz verkrampfte sich so merkwürdig und er verspürte dieses fremdartige Ziehen.

In ihm keimte der Wunsch auf, den Älteren durch die Haare zu fahren, doch er wagte es nicht, ihm nachzukommen. Wenn der Fürst aufwachte und ihn dabei erwischte, wie sollte er das nur erklären? Aber der Wunsch war so stark…

Er konnte einfach nicht widerstehen!

Vorsichtig kniete er sich neben den Schlafenden, streckte ganz langsam die Hand nach ihm aus und strich dem Fürsten schließlich nach einigem Zögern mit zitternden Fingern die Haare aus dem Gesicht.

„Was machst du da?“, brummte es von unten.

Yukimura erstarrte in seiner Bewegung. Als der Fürst dann noch sein Auge aufschlug, schrie der junge General stumm auf und fiel vor Schreck rückwärts auf seinen Hintern.

Masamune richtete sich seufzend auf. „Und? Was machst du?“, wiederholte er.

„Äh… äh… uhm… ääääähhhh~ Ich wollte nur sichergehen, dass Ihr kein Fieber mehr habt“, lachte Yukimura verlegen auf. Vor lauter Nervosität schwitzte er ganze Sturzbäche.

„Verstehe“, sagte Masamune nur, dann legte sich eine bedrückende Stille auf die beiden nieder.

„Geht es Euch schon etwas besser?“, erkundigte sich Yukimura schließlich.

„Ja, nur…“

„…Nur was?“

Ein lautes Knurren ertönte. Masamune errötete und legte sich eine Hand auf den Bauch. „Ich bin ziemlich hungrig…“

Yukimura verkrampfte sich schlagartig. Ihm fiel ein, dass der Fürst den ganzen Tag nichts essen konnte. Da gab es nur ein Problem.

„Uhm… Fürst Masamune, die Dienerinnen sind leider schon zu Bett gegangen… Es ist mitten in der Nacht, müsst Ihr wissen.“

„Achso… Nun gut, dann lege ich mich einfach wieder schlafen. Morgen früh bitte ich einfach Kojuro um etwas.“

Yukimura biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Erst heute Nachmittag hatte ihm Kojuro erklärt, wie wichtig es für den Fürsten war, dass er etwas as. Er musste wieder zu Kräften kommen.

Schließlich kam ihm ein Geistesblitz. „Ich könnte Euch doch etwas zu Essen machen!“

Masamune war überrascht. „Du kannst kochen?“

„Äh… ja~ Ihr müsst Euch nur etwas gedulden“, ereiferte sich Yukimura, sprang auf und stürmte hinaus.

Masamune blieb auf seinem Futon sitzen und wartete geduldig. Allerdings erwischte er sich bei dem Wunsch, einmal Mäuschen zu spielen. Zu gerne würde er Yukimura dabei beobachten, wie er kochte. Höchstwahrscheinlich konnte er gar nicht kochen und wollte ihm lediglich einen Gefallen erweisen. Und wenn er ihn jetzt dabei beobachtete, würde er vielleicht vor lauter Nervosität Fehler machen.

Es war also besser, geduldig zu warten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchte Yukimura dann mit einem reichlich vollem Tablett wieder bei ihm auf. Neben Reis mit Rettich und Möhren, befanden sich auch eine Kyusu und eine Teeschale, sowie ein kleiner, brauner Keramiktopf auf dem Tablett.

Masamune staunte nicht schlecht. Das Essen sah wirklich köstlich aus. Hatte er sich etwa geirrt? Konnte der Kleine doch kochen?

Sein Magen meldete sich wieder und er entschied, nicht länger darüber nachzudenken. Hungrig nahm er die Stäbchen und probierte vom Reis – und erstarrte.

„Schmeckt es Euch?“, fragte Yukimura sofort freudestrahlend.

Masamune suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Bedauerlicherweise sah das Essen nur köstlich aus. Der Geschmack dagegen war sehr unappetitlich.

„Uhm… könnte es sein, dass du etwas zuviel Salz hineingetan hast?“, fragte der Fürst vorsichtig, um keine Gefühle zu verletzen.

„Zuviel Salz?“, fragte Yukimura ungläubig.

Masamune hielt ihm die Schale mit Reis hin. „Probier doch mal.“

Reichlich verlegen öffnete der junge General seinen Mund und ließ sich vom Fürsten füttern. Doch so schön dieser Moment auch war, dass versalzende Essen machte alles wieder zunichte. Yukimura konnte sich nicht erinnern, je etwas so Scheußliches gegessen zu haben.

„Das tut mir so leid…“, murmelte der Jüngere dann kleinlaut.

Masamune warf ihm mitleidige Blicke zu, wusste er doch, dass er es nur gut gemeint hatte.

Zu seiner eigenen Überraschung as er dann einfach weiter.

Yukimura war nicht minder überrascht. „Wieso esst Ihr das?“

„Ich habe Hunger“, war die einfache Antwort. Dennoch konnte man Masamune ganz deutlich ansehen, dass ihm jeder Bissen schwer fiel.

„Äh… ich hätte hier noch etwas Tee für Euch. Der wird Euch sicher gut tun. Ich könnte Euch noch etwas Honig hineingeben.“

Der Brünette nickte.

Yukimura füllte die Teetschale und gab etwas vom Inhalt aus dem Keramiktöpfchen in die grüne Flüssigkeit. Dann reichte er die Schale an den Fürsten weiter.

Dieser nahm sofort einen kräftigen Schluck – nur um kurz darauf die Schale fallen zu lassen und zu husten und zu krächzen.

„Fürst Masamune, was ist denn mit Euch?!“, rief Yukimura entsetzt.

„…Scharf…“, keuchte der Fürst.

Der junge General verstand nicht, was das heißen sollte und warf einen verwirrten Blick in das Töpfchen. Er tunkte den kleinen Finger hinein und kostete. Es stellte sich heraus, dass es kein Honig war, sondern Sasuke’s besonders scharfe Soße.

Masamune ächzte nach Luft und fiel um.

Yukimura stürzte zu ihm. Geschockt musste er feststellen, dass dieser wieder hohes Fieber hatte. Panisch stand er auf und rannte zu den Shoji, riss sie auf und wollte hinausstürmen, um Hilfe zu holen. Doch kaum, dass er die Shoji geöffnet hatte, prallte er mit Jemandem zusammen.

Es war Kojuro.

„Meister Katakura!“, rief Yukimura erleichtert.

„Was soll dieser infernalische Krach? Ihr wisst doch, dass der Fürst Ruhe braucht“, ermahnte Kojuro ihn, dann sah er seinen Fürsten am Boden liegend. Sofort stürmte er an dem jungen General vorbei und kümmerte sich um seinen jungen Herrn.

„Was ist hier vorgefallen?!“

„Ich… ich wollte Fürst Masamune nur etwas zu Essen machen… aber ich habe wohl einen Fehler gemacht… und jetzt geht es ihm ganz schlecht“, wimmerte Yukimura.

„Hey…fang jetzt bloß nicht an, zu heulen…“, keuchte Masamune und lächelte schief. „Ist nicht weiter schlimm… geh ruhig… Kojuro… kümmert sich schon um mich…“

Yukimura nickte nur, dann verließ er die beiden.

Kojuro half seinem Herrn, sich richtig hinzulegen, dann räumte er das Geschirr weg. Ein leises Lachen drang an sein Ohr.

„Was amüsiert Euch so?“

„Wenn es mir nicht so schlecht gehen würde, wäre das hier unheimlich witzig… Ich meine, denk doch mal darüber nach!“

„Ich kann leider gar nicht darüber lachen, dass Ihr fast vergiftet wurdet.“

„Haha, du übertreibst. Aber… tu mir einen Gefallen und sei nicht wütend auf den Kleinen, ja? Er hat es nur gut gemeint.“

„Das weiß ich. Etwas Anderes hätte ich von ihm auch nicht erwartet.“

„Ach, und Kojuro… Ich habe übrigens immer noch Hunger…“

Jetzt lachte auch Kojuro. „Ich werde Euch etwas kochen.“

Rückblick Ende

 

Yukimura hatte damals noch vor dem Zimmer gestanden und gelauscht. Dass der Fürst nicht wütend auf ihn war, obwohl es ihm so schlecht ging, hatte ihm viel bedeutet.

Im Nachhinein betrachtet, verstand Yukimura nicht, warum er nicht schon früher verstanden hatte, was er für diesen Mann empfand…

„Hallihallo! Jemand zuhause?!“, rief eine vertraute Stimme und kurz darauf tauchte der Schopf von Keiji auf.

„Maeda Keiji, was macht Ihr denn hier?“, fragte Yukimura überrascht.

Der langhaarige Schönling spazierte ins Zimmer und kratzte sich am Hinterkopf. „Tja, weißt du… Ehrlich gesagt, bin ich deinetwegen hier.“

„Warum meinetwegen?“

„Ich hatte gehofft, dass ich Fürst Takeda milde stimmen könnte. Da hab ich mich gewaltig geirrt…“

Yukimura nickte lächelnd. „Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Aber ich danke Euch, dass Ihr es versucht habt. Ich… habe nicht damit gerechnet, dass Irgendjemand in dieser Angelegenheit auf meiner Seite wäre…“

Keiji schmunzelte. „Das liegt wohl daran, dass ich in dieser Angelegenheit quasi völlig neutral bin… Wie geht es dir?“

„…Ich fühle mich etwas einsam… Außer Oyakata-sama meiden mich auch viele andere. Und die, die es nicht tun, flehen mich an, dass ich meine Gefühle vergessen und um Vergebung bitten soll.“

Keiji schüttelte verständnislos den Kopf. „Deine Gefühle vergessen… Um Vergebung bitten… Wofür denn? Man kann schließlich nicht beeinflussen, in wen man sich verliebt! Diese Menschen verstehen offenbar nicht, wie es ist, jemanden zu lieben.“

„Früher verstand ich es auch nicht“, lächelte Yukimura traurig. „Jetzt aber schon. Mehr, als es mir lieb ist.“

Hilflos scharrte Keiji mit den Füßen über die Tatami-Matten.

„Weißt du, letztendlich sollte nur eines für dich wichtig sein: das, was du empfindest. Ich war auch einmal verliebt. Oh, ich habe sie sehr geliebt, es ihr aber nie gesagt, weil sie schon einen anderen hatte. Dieser Andere war mein Freund und ich schwieg, um ihre Beziehung und unsere Freundschaft nicht zu gefährden. Bis heute konnte ich nicht aufhören mich zu fragen, was wohl wäre, wenn. Wenn ich ihr meine Gefühle trotzdem gestanden hätte. Wenn sie dasselbe für mich empfunden hätte. Das quält mich bis heute. Vielleicht ist es unvernünftig von mir, dass zu sagen, aber… Du solltest ihm deine Gefühle gestehen. Und sollte es so sein, dass er nicht das Gleiche für dich empfindet, kannst du wenigstens leichter damit abschließen und vielleicht wirklich eines Tages darüber hinwegkommen.“

„Und wenn er… mich auch lieben sollte? Was sollen wir dann tun?“

„Nun in dem Fall… solltet ihr beide ernsthaft darüber nachdenken, was Euch wichtiger ist. Eines kann ich dir versichern. Für die Liebe zu kämpfen ist niemals falsch.“

Yukimura nickte. „Ich werde darüber nachdenken.“

„Gut. Ich würde dir ja noch gerne etwas Gesellschaft leisten, aber es Zeit für mich aufzubrechen. Begleitest du mich noch zu den Ställen?“

„Sicher“, sagte Yukimura, dankbar, dass er endlich mal wieder einen Grund hatte, aufzustehen und sich zu bewegen.

Die beiden Männer begaben sich zu den Ställen. Keiji stieg auf sein Pferd, verabschiedete sich von Yukimura und ritt davon.

Der junge General sah ihm nach, bis er völlig verschwunden war. Dann wandte er sich um und entdeckte im Stall sein treues Pferd, Hono-Arashi.

Yukimura streichelte ihm sanft über die Stirn. „Na, mein Junge? Du bist auch traurig, nicht wahr?“

Das Pferd scharrte mit den Hufen, als wäre es empört.

Yukimura schmunzelte. „Tu doch nicht so. Wir wissen doch beide, wie gut du dich mit Kuro-Ikazuchi verstanden hast…“

 

Rückblick

„Haltet Ihr das wirklich für richtig, jetzt schon aufzustehen?“

Yukimura folgte Masamune und sah sich immer wieder sichtlich nervös um, als erwarte er, dass jeden Moment Kojuro auftauchen und sie beide zur Schnecke machen würde.

Masamune hingegen schritt schnurstracks in Richtung der Ställe. „Ich bin jetzt schon seit Monaten nicht mehr geritten. Kuro-Ikazuchi langweilt sich bestimmt zu Tode. Ich will nur nachsehen, wie es ihm geht, dann lege ich mich wieder hin, versprochen.“

Der Fürst betrat die Ställe.

Glücklicherweise war niemand dort, der sie dort hätte erwischen können.

Masamune fand sein Pferd schnell – doch was er da sah, ließ ihn so plötzlich anhalten, dass Yukimura gegen seinen Rücken prallte.

„Äh… was ist denn geschehen, Fürst Masamune?“

„Was tust du denn da?!“

„Was meint Ihr? Ich tue doch gar nichts…“

„Nicht du! Er!“

Yukimura sah an dem Fürsten vorbei zu dem Pferd.

Der schwarze Hengst war nicht allein in seiner Box. Zu Yukimura’s Überraschung leistete Hono-Arashi ihm Gesellschaft. Der braune Araber-Hengst schmiegte seinen Kopf zärtlich gegen Kuro-Ikazuchi, dem das sichtlich zu gefallen schien.

Yukimura errötete. Er wusste nicht genau warum, aber dieser Anblick war ihm irgendwie peinlich.

„Ist das zu glauben? Da schmust er doch tatsächlich mit deinem Pferd herum!“, rief Masamune fassungslos, ohne dabei verärgert zu klingen.

„Äh… ja… entschuldigt bitte.“

„Warum entschuldigst du dich denn? Hast du ihn etwa dazu angestiftet?“

„Nein! Natürlich nicht!“

Masamune lachte auf. „Hey, entspann dich, Kleiner! Das ist doch alles nicht so schlimm. Irgendwie sind die beiden doch auch ganz niedlich, oder?“

Yukimura lief prompt noch röter an. Hastig suchte er nach Worten, doch ihm fiel einfach nichts ein. Peinlich berührt verließ er den Stall.

„Hey, was hast du denn auf einmal?!“, rief Masamune ihm noch nach, doch Yukimura hörte ihn nicht mehr…

Rückblick Ende

 

Yukimura lachte leise auf.

Was Fürst Masamune wohl in diesem Moment gedacht hatte? Sicher hatte er ihn für verrückt gehalten.

Vielleicht stimmte das sogar. Denn jetzt sagte ihm eine innere Stimme, dass dieser Vorfall ein Zeichen dafür war, dass sie beide zusammengehörten.

Keiji könnte recht haben. Egal, wie Fürst Masamune darauf reagieren würde, er sollte ihm gestehen, was er empfand. Denn so, wie es jetzt war, konnte es nicht bleiben.

Da gab es nur ein Problem: wie sollte er nur mit dem Fürsten sprechen können? Er dürfte die Burg ja nicht mehr verlassen.

„Danna? Was macht Ihr hier?“

Während Yukimura seinen Gedanken verfallen war, hatte Sasuke den Stall betreten.

Verwundert, seinen Meister hier vorzufinden, trat der Ninja näher. Seinem Meister kam dabei eine Idee. Vielleicht bot sich hier eine Möglichkeit zur Flucht?

„Ich wollte nur nach Hono-Arashi sehen. Wir sind ja schon lange nicht mehr geritten. Er langweilt sich bestimmt“, sagte Yukimura und bemühte sich, dabei traurig zu wirken.

Sasuke warf ihm mitleidige Blicke zu. „Ja, wahrscheinlich. Aber es ist Euch momentan nicht gestattet, irgendwohin zu reiten. Das wisst Ihr doch.“

„Ich weiß. Weil die Gefahr besteht, dass ich Fürst Masamune aufsuchen würde. Aber im Moment sehne ich mich eher nach einer schönen Tasse Oolong-Tee und ein paar köstliche Dangos in meinem Lieblings-Teehaus. Das würde mich ein wenig aufheitern…“

Sasuke überlegte. Er würde seinen Meister schon gerne aufheitern. Und ein kleiner Besuch im Teehaus dürfte doch kein Problem darstellen. „Gut, hört zu. Oyakata-sama wird bald zu einem Treffen aufbrechen. Ich werde dafür sorgen, dass ich für Eure Wache eingeteilt werde. Sobald sie weit genug weg sind, können wir aufbrechen. Ihr müsst mir aber versprechen, dass wir uns sofort auf den Rückweg machen, sobald Ihr ausgetrunken habt. Ich weiß nicht, wie lange der Fürst fort sein wird.“

Yukimura nickte dankbar lächelnd. „Ich verspreche es. Vielen Dank, Sasuke.“

Der junge General und sein Ninja verabredeten sich für später, dann verließ der Jüngere den Stall. Insgeheim hatte er Schuldgefühle, weil er seinen treuen Diener belogen hatte und plante, wie er unbemerkt entkommen konnte.

Aber das Herz forderte nun einmal sein recht und er musste diese Sache einfach klären, um endlich wieder normal weiterleben zu können.

Denn eigentlich glaubte Yukimura fest daran, dass Masamune ihm eine klare Abfuhr erteilen würde. Doch er musste es aus dessen Mund hören, um sein Herz ebenfalls davon zu überzeugen.

Während er die Vorbereitungen für später traf, weckte der Gedanke an das Teehaus erneut Erinnerungen an Masamune…

 

Rückblick

Auch an diesem Tag war Fürst Takeda in wichtigen Angelegenheiten unterwegs. Kojuro und ein paar seiner Männer hatten ihn begleitet, um sich so für dessen Gastfreundschaft erkenntlich zu zeigen.

Fürst Masamune wollte diese Gelegenheit wahrnehmen und zu einem kleinen Ausritt aufbrechen.

Nachdem er erfolglos versucht hatte, ihn davon abzuhalten, begleitete Yukimura ihn. Zumindest war es ihm gelungen, den Fürsten zu einem Besuch im Teehaus zu überreden. Dieses lag nicht allzu weit entfernt.

Der Ritt zum Teehaus verlief ohne Zwischenfälle, was den jungen General sehr erleichterte.

Hungrig bestellte er einen Dango-Spieß nach dem anderen.

Masamune hingegen begnügte sich mit einer Tasse Tee.

Der Tag war herrlich mild und auf der Straße vor dem Teehaus herrschte reges Treiben. Das Teehaus selbst war gut besucht, dennoch konnte man in Ruhe seinen Tee trinken und den Tag genießen.

Masamune mochte diesen Ort sehr. In Oshu gab es auch Teehäuser, doch in keinem davon herrschte eine solch angenehme Atmosphäre, wie in diesem hier.

Das Einzige, was ihn vielleicht störte, waren die permanenten Seitenblicke, die Yukimura ihm immer wieder zuwarf.

„Habe ich etwas im Gesicht?“, fragte der Fürst schließlich.

Yukimura zuckte zusammen. „Was?“

„Du starrst mich die ganze Zeit an. Das stört mich ein wenig.“

„Oh… ich… es tut mir leid…“

„Was ist eigentlich los mit dir? Seit ich zu Gast bei euch bin, beobachte ich dich immer wieder dabei, wie du mich so anstarrst.“

Peinlich berührt, weil er erwischt wurde, spielte Yukimura mit seinem letzten Dango-Spieß. Schließlich fasste er Mut und fragte: „Fürst Masamune… kann es sein, dass wir uns kennen?“

„… Natürlich kennen wir uns. Ich bin der Typ, gegen den du in Kawanakajima angetreten bist“, antwortete Masamune trocken.

„Nein, so meinte ich das nicht!!! Ich meine… Kann es sein, dass wir uns schon früher einmal begegnet sind?“

„Wie kommst du darauf?“

„Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll… Seit ich Euch zum ersten Mal ohne Euren Helm sah, werde ich das Gefühl nicht los, dass ich Euch kenne. Das wir uns… schon früher einmal begegnet sind… Aber ich kann mich einfach nicht daran erinnern, wo und wann…“

Masamune überlegte, schüttelte aber dann den Kopf. „Tut mir leid, du kommst mir gar nicht bekannt vor.“

„Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein…“

„Ja, vielleicht“, sagte Masamune desinteressiert, schnappte sich Yukimura’s Handgelenk und zog mit den Zähnen den obersten Dango vom Spieß. „Lecker“, meinte er kauend.

Yukimura starrte den Fürsten mit offenem Mund an, völlig verblüfft von dem dreisten Mundraub.

„Was schaust du so? Ich wollte nur wissen, warum du soviel davon isst. Stört dich das?“

„Oh… Nein, nein! …Ich hatte ja schon reichlich davon…“, lächelte Yukimura gequält. Er versuchte, möglichst gelassen zu klingen, aber es störte ihn dennoch. Wie ein trauriger kleiner Hundewelpe starrte er auf den Spieß, an dem nur noch zwei Dangos waren.

Dieser Anblick war zuviel für Masamune. Er lachte laut los.

Yukimura zog beleidigt eine Schnute. Was war denn daran so lustig?

Rückblick Ende

 

Gedankenverloren strich Yukimura mit dem Daumen über den kleinen, braunen Beutel in seiner Hand. Manchmal erweckte das Verhalten des Fürsten in ihm den Eindruck, dass er etwas für ihn empfand. Aber das könnte genauso gut Einbildung gewesen sein.

Er musste ihn einfach sehen und mit ihm sprechen – auch, wenn er dafür einen guten Freund hintergehen musste…

 

„Hat Euch das Abendessen gemundet?“

Masamune nahm einen Schluck vom Sake und nickte. „Es war wirklich köstlich. Eure Shinobi kann ganz wunderbar kochen.“

„Es freut mich, dass es Euch geschmeckt hat“, antwortete Kasuga ungerührt und räumte das Geschirr ab.

Fürst Kenshin, dem Masamune beim Abendessen Gesellschaft geleistet hatte, betrachtete Kasuga liebevoll lächelnd. „In der Tat. Kasuga ist in jeder Hinsicht eine wahre Göttin. Sie ist ebenso mit zahlreichen Talenten gesegnet, wie mit Schönheit.“

Die Blondine errötete bis unter die Haarspitzen. „Ah… Fürst Kenshin, bitte sagt das nicht!“

„Aus mir spricht die Wahrheit, die in meinem Herzen innewohnt. Du schönste meiner Klingen, keines meiner Worte vermag deinen Liebreiz zu beschreiben.“

Seine süßlichen Worte und sein verführerischer Tonfall waren zuviel für Kasuga. Sie stöhnte laut auf. Dann fiel ihr jedoch wieder ein, dass Masamune ebenfalls anwesend war. Hochrot wie eine Tomate, schnappte sich Kasuga das schmutzige Geschirr und verließ so schnell sie konnte das Zimmer.

Masamune schmunzelte und leerte seine Sakeschale.

„Wir leben in einer Zeit, in der nicht jede Liebe ausgelebt werden darf“, meinte Kenshin plötzlich sehr ernst. „Manche Beziehungen sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“

„… Dann waren das ernst gemeinte Worte von Euch?“

„Was ich empfinde, ist letztlich ohne jede Bedeutung. Ich entschied mich vor langer Zeit für den Weg des Mönchs und diesen Weg zu verlassen, würde meinen inneren Tod bedeuten.“

Masamune überlegte. „Ich weiß nicht, was ich empfinde. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht. Für mich war er nur… Ja, was eigentlich?“

„Du solltest einmal darüber nachsinnen, junger Drache. Der kleine Tigerwelpe hat dir ohne Worte zu verstehen gegeben, dass er Gefühle für dich hegt und du solltest ihm eine Antwort geben. Andernfalls könnte er sich in seinen romantischen Gefühle verirren.“

Masamune nickte verstehend. „Ihr habt recht. Und ich möchte Euch noch einmal danken, dass Ihr mich bei Euch aufgenommen habt. Es wäre mir nicht möglich gewesen, noch einen Tag bei Takeda zu bleiben, wo ich Yukimura ständig über den Weg laufe.“

„Du bist mir willkommen. Bis deine Verletzungen geheilt sind… und dein Herz.“

Masamune verabschiedete sich von dem Fürsten und zog sich in sein Zimmer zurück.

Er hatte den Fürsten belogen. Er hatte sehr wohl schon darüber nachgedacht. Im Grunde tat er seit diesem Kuss nichts anderes mehr. Doch sein Verstand kam ihm immer wieder in die Quere, indem er ihn daran erinnerte, dass er als Fürst von Oshu große Verantwortung trug und eine Liebschaft mit einem feindlichen General eine große Dummheit wäre.

Doch diese Frage allein mit Vernunft beantworten zu wollen, brachte ihn nicht weiter. Letztlich konnte nur sein Herz eine eindeutige Antwort geben. Und dieses hatte ihm schon einmal seltsame Signale gesendet…

 

Rückblick

Es war ein sehr stürmischer Tag gewesen.

Die Heilung seiner Wunden zog sich weiter hin und dauerte für seinen Geschmack einfach zu lange. Er musste sich bewegen und ein einfacher Spaziergang genügte ihm nicht mehr.

So nutzte er die Abwesenheit Kojuro’s aus und ritt am Nachmittag in einen abgelegenen Wald. Auf einer kleinen Lichtung begann er nach langer Zeit wieder mit dem Schwerttraining. Die lange Ruhezeit machte sich rasch bemerkbar. Schneller als sonst geriet er außer Atem; jeder weitere Hieb kostete ihm mehr Kraft, als er es gewohnt war.

Wütend, dass sein Körper seinem Willen nicht folgen wollte, verausgabte sich der Fürst völlig. Schwer atmend und von Schweiß durchnässt, bemerkte er gar nicht, wie sich jemand ihm näherte.

„Fürst Masamune, was tut Ihr hier?!“

Der Brünette zuckte erschrocken zusammen und wirbelte herum.

Yukimura stand hinter ihm und starrte ihn halb geschockt, halb verärgert an.

„Du bist es nur… Wie hast du mich gefunden?“

„Hono-Arashi hat mich hergeführt. Offenbar konnte er spüren, wo sich Euer Pferd befindet“, antwortete Yukimura. „Fürst Masamune, was macht Ihr denn hier? Ihr wisst doch, dass Ihr noch nicht gesund genug seid, um…“

„Ach, halt deinen Mund! Ich habe es satt, dass mich jeder wie ein rohes Ei behandelt! Ich halte dieses ständige Herumgesitze nicht aus! Ich will mich bewegen, trainieren! Ich bin schon von ein paar Hieben außer Atem!“

„Ich kann Euch ja verstehen. Aber das zeigt doch, dass Euer Körper noch nicht bereit ist für solch körperliche Anstrengungen! Ich bitte Euch, lasst uns zurückreiten! Der Himmel wirkt, als würde jeden Moment ein Unwetter aufziehen.“

Masamune sah zum Himmel hinauf. Er war so in sein Training vertieft gewesen, dass ihm gar nicht aufgefallen war, wie sehr sich der Himmel verdunkelt hatte. Der Wind war ebenfalls stark aufgefrischt. Es schien wirklich jeden Moment ungemütlich zu werden.

Doch der starrköpfige Fürst dachte gar nicht daran, jetzt umzukehren. Dorthin, wo jeder so tat, als wäre er eine zerbrechliche Porzellanpuppe. Wo er nichts allein machen dürfte und man ihn ständig überwachte.

„Ich gehe nirgendwohin! Ich werde jetzt trainieren, hast du verstanden?! Reite doch alleine zurück, wenn dich das Wetter so beunruhigt!“

Unter Yukimura’s fassungslosen Blicken fuhr der Fürst mit seinem Training fort. Wie konnte man nur derartig verbohrt sein?

Der junge General überlegte fieberhaft, wie er den Fürsten nur zur Umkehr bewegen konnte.

Währenddessen verschlechterte sich das Wetter zusehends.

Regen prasselte mittlerweile wie eine Flut nieder, Blitze zuckten am Himmel, lautes Donnergrollen rollte über ihre Köpfe hinweg.

„Fürst Masamune, ich bitte Euch nochmals: lasst uns umkehren!! Das Unwetter ist gleich über uns!“

„Nein, wie oft noch?! Geh doch allein, wenn du solche Angst vor ein bisschen Regen hast!“

Plötzlich schlug im Baum direkt neben Masamune ein Blitz ein. Die Männer zuckten erschrocken zusammen, die Pferde bäumten sich verängstigt auf. Der Baumstamm fing Feuer und fiel mit einem ächzenden Geräusch um – mitten auf den Fürsten!

„Fürst Masamune!“, schrie Yukimura und riss den Fürsten von den Füßen. Gerade noch rechtzeitig, um nicht vom Baum erschlagen zu werden.

Yukimura rappelte sich auf, zog den Fürsten auf die Füße und schnappte sich die Zügel der beiden Pferde und verließ so schnell wie möglich die Lichtung. Ohne ein Wort zerrte er den Fürsten hinter sich her, bis sie eine große Höhle entdeckten. Sofort lief Yukimura hinein und band die beiden Pferde an einen kleinen Ast, der aus den Felsen wuchs.

„Setzt Euch!“, sagte der junge General ungewohnt barsch und machte sich daran, auf dem Boden herumliegende Äste aufzusammeln, um damit ein Feuer zu machen.

Masamune folgte stumm der Anweisung und wartete, bis das Feuer brannte und sie wärmte.

Yukimura setzte sich mit großem Abstand ebenfalls auf den Boden und stierte ins Feuer.

„Wie lange werden wir hier wohl noch sitzen?“, fragte Masamune nach einer Weile.

„Das weiß ich nicht“, knurrte Yukimura verärgert. Er stand auf, ging zu seinem Pferd, durchwühlte die Satteltasche und nahm zwei Decken raus. Eine warf er dem Fürsten zu. „Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr jetzt schweigen würdet.“

Der Fürst begriff, dass er den Jüngeren verärgert hatte. „Es tut mir leid“, flüsterte er, dann legte er sich hin und deckte sich zu.

 

Als Masamune aufwachte, hatte sich das Unwetter wieder verzogen. Müde rieb er sich die Augen, dann krabbelte er zu Yukimura herüber, der immer noch zu schlafen schien.

„Yukimura. Wach auf, das Unwetter ist vorbei! …Yukimura?“

Beunruhigt stellte der Fürst fest, dass der junge Mann unter der warmen Decke zitterte und schwer atmete. Ein Griff an die Stirn verriet ihm, dass er Fieber hatte.

„Yukimura, was ist mit dir?!“

„Argh… mein Bein… dieser Schmerz…“

Sofort warf Masamune die Decke beiseite und entdeckte den Ursprung von Yukimura’s Schmerzen: sein linker Knöchel war beängstigend angeschwollen und seltsam verfärbt. Masamune war sofort klar, dass er sich den Fuß verletzt haben musste, als er ihn vor dem herabstürzenden Baum gerettet hatte.

Und das alles nur, weil er sich geweigert hatte, mit ihm zurückzureiten…

Sofort sprang Masamune auf und rannte aus der Höhle. Körperlich war er nicht imstande, Yukimura alleine auf das Pferd zu hieven und mit ihm zur Burg zu reiten. Er musste Hilfe holen!

Glücklicherweise kam ihm der Zufall zu Hilfe. Kaum hatte er die Höhle verlassen, hörte er eine vertraute Stimme rufen: „Fürst Masamune, wo seid Ihr?!“

Masamune erkannte die Stimme sofort. „Kojuro!! Kojuro, ich bin hier!“

Wenig später bog das rechte Auge des Drachen in den Weg zur Höhle ein und ritt auf seinen Herrn zu. „Fürst Masamune, wo seid Ihr denn gewesen?! Ich war so in Sorge!“, fragte Kojuro sofort und stieg vom Pferd ab.

„Das ist jetzt nicht wichtig. Du musst sofort mitkommen! Yukimura ist verletzt und wir müssen ihn so schnell wie möglich zurückbringen!“

Zu zweit gelang es den beiden Männern, Yukimura auf sein Pferd zu setzen. Gemeinsam ritten sie dann zurück zur Burg.

 

„Sanada-san hat sich zum Glück nur den Knöchel verstaucht. Ein, zwei Tage Ruhe und es wird ihm wieder besser gehen“, berichtete Kojuro seinem Herrn.

Dieser hatte sich in Yukimura’s Zimmer begeben, nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, und saß nun neben dessen Futon.

„Das sind gute Neuigkeiten“, flüsterte Masamune sichtlich erleichtert. „Kojuro, mir tut das alles so furchtbar leid…“

„Wenn Ihr Euer Handeln wirklich bedauert, dann solltet Ihr Euch zukünftig den Anweisungen des Arztes gemessen verhalten. Das bedeutet: keine heimlichen Spaziergänge mehr!“

Masamune nickte ergeben und lächelte dann schief. „Ich werde mich wohl niemals ändern, was?“

„Wollen wir hoffen, dass es nicht so sein wird“, lächelte Kojuro zurück und ließ seinen Herrn dann allein mit dem Patienten.

Der Fürst widmete sich dann dem schlafenden Yukimura. Sein Fieber war inzwischen gesunken und sein Knöchel verbunden und gekühlt.

„Du hast es auch nicht leicht mit mir, hm?“, murmelte Masamune, legte sich neben Yukimura auf den Fußboden und stützte seinen Kopf mit der rechten Hand ab. „Das Einzige, was mir in letzter Zeit problemlos zu gelingen scheint, ist dir Sorgen zu bereiten. Aber ich verspreche, dass ich dir keine Ärger mehr machen werde. Ach und… vielen Dank, dass du immer da bist, um mich zu retten…“

Vorsichtig beugte er sich über den Jüngeren und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn.

Rückblick Ende

 

Masamune saß angelehnt an den geöffneten Shoji auf dem Boden und starrte hinauf zum Mond. Sein Zimmer war vollkommen dunkel und wurde nur vom einfallenden Mondlicht erhellt. Der Fürst mochte die Einsamkeit und die Dunkelheit. Es half ihm, nachzudenken.

Der Kuss auf die Stirn war lediglich ein Ausdruck der Zuneigung. Er mochte ihn, daran bestand keinerlei Zweifel. Aber Liebe? Wohl eher nicht.

Masamune seufzte tief. Das er überhaupt über solche Dinge nachdenken musste…

„Warum musstest du mich küssen, du kleiner Blödmann?“, murmelte er.

„Genau kann ich Euch das nicht beantworten. Ich habe nicht darüber nachgedacht.“

Der Fürst setzte sich erschrocken auf und sah sich suchend im Garten um. Hatte er jetzt schon Halluzinationen?

„Yukimura?“, fragte er unsicher in die Dunkelheit hinein.

Yukimura trat aus dem Schatten in den Lichtkegel des Mondes und lächelte sanft. „Schön, Euch zu sehen, Fürst Masamune.“

„Wo kommst du denn her?! Ich dachte, du wurdest… unter Hausarrest gestellt?!“

„Ich… habe einen kleinen Trick angewandt. Ich habe Sasuke dazu überredet, mit mir ins Teehaus zu gehen. Da hab ich… ihm ein kleines Schlafmittel in den Tee getan…“

Masamune stöhnte auf. „Yukimura, was denkst du dir bloß? Wenn der alte Takeda das herausfindet, bist du geliefert! Und wozu? Was erhoffst du dir davon? Ich mag dich, du bist ein lieber Kerl. Aber ich… liebe dich nicht.“

„Seid Ihr Euch da sicher?“

„Ich… bin mir sicher.“

„Das klang aber nicht sehr überzeugend.“

„Nobushige bitte, lass mich in Ruhe!“

„…Wie habt Ihr mich genannt?“

„Entschuldige, das ist mir so rausgerutscht. Ich weiß auch nicht, warum ich dich gerade so genannt habe…“

Yukimura starrte den Fürsten mit offenem Mund an.

„Was hast du, Yukimura?“

„Ich weiß es jetzt… Ich weiß jetzt, woher ich Euch kenne…“

 

~ to be continued ~

Als wir uns trafen

Der kleine Junge betrachtete die vielen Stände mit großen Augen.

Es war das erste Mal, dass er einen Jahrmarkt besuchte. Seine Eltern hatten es ihm ausnahmsweise gestattet.

Seine Mutter war ebenfalls hier und beobachtete ihren kleinen Sohn lächelnd.

Sein Vater begleitete seinen Freund. Irgendein Erwachsenengespräch mit dem Mann, der über dieses Land regierte.

Dem Jungen konnte das egal sein. Er wollte sich lieber hier amüsieren.

In der Ferne erkannte der kleine Junge einen Stand mit Holzkreiseln und begann, zu strahlen. Das war sein Lieblingsspielzeug.

„Mama, darf ich mit den Holzkreiseln spielen?“, fragte er aufgeregt.

Die hübsche Frau nickte. „Aber lauf nicht zu weit weg, hörst du, Schatz?“

Der Kleine nickte und eilte zu dem Holzkreisel-Stand. Dort hockten auch schon viele andere Kinder und spielten oder sahen sich die verschiedenen Kreisel an. Der Junge gesellte sich zu ihnen und sah ihnen eine Weile zu.

Plötzlich prallte einer der Kreisel gegen seinen Fuß und kullerte davon. Der Junge eilte ihm nach. Der Kreisel stoppte vor den Füßen eines kleinen Jungen mit kinnlangen, braunen Haaren. Er stand weit abseits von den anderen und beobachtete die spielenden Kinder. Irgendwie wirkte er so traurig und verloren.

„Willst du nicht mitspielen?“, fragte der Junge ihn ganz unverblümt und hob den Kreisel auf.

Überrascht, dass man ihn anspricht, stotterte der Junge: „Äh… darf ich das denn?“

„Natürlich! Komm, wir spielen zusammen!“, ereiferte sich der Junge, schnappte die Hand des Brünetten und zog ihn mit sich. „Ich bin übrigens Nobushige. Und wer bist du?“

„Bontenmaru…“

„Schön, Bontenmaru, dann lass uns spielen!“

Die beiden fast gleichgroßen Kinder hockten sich vor dem Stand und spielten mit den Kreiseln.

„Sag mal, wo sind eigentlich deine Eltern?“, fragte Nobushige plötzlich.

„W-wieso fragst du?“, stotterte Bontenmaru nervös.

„Naja, meine Mama sitzt da hinten, mein Papa ist bei einem Gespräch. Du bist doch nicht alleine hier, oder?“

Bontenmaru sah traurig auf den Boden, wo sich der Holzkreisel drehte. „Nein… Mein Papa ist auch in einem Gespräch. Ich bin mit meiner Mama und meinem kleinen Bruder hier, aber… sie sind ohne mich zurück zur Burg.“

„Wieso denn das?“

„Mein Bruder ist noch sehr klein, also wollte sie ihn ins Bett bringen. Außerdem hatte sie keine Lust, über den Jahrmarkt zu gehen…“

„Und dann lässt sie dich alleine hier? Die ist ja komisch.“

„Sie mag mich nicht.“

„Aber sie ist doch deine Mama.“

„Mama ist nicht nur zu mir so. Meinen Papa mag sie auch nicht. Ich bin ihm sehr ähnlich, wahrscheinlich… mag sie mich deswegen nicht.“

„Deine Mama ist blöd. Dich nicht zu mögen, nur weil sie deinen Papa nicht mag.“

Bontenmaru schniefte.

Nobushige umarmte ihn sofort. „Sei nicht traurig! Ich bin jetzt da! Wir spielen zusammen und dann gucken wir uns den ganzen Jahrmarkt an, ja?“

Bontenmaru wusste nicht genau wieso, aber irgendwie hatte dieser seltsame Junge etwas Beruhigendes an sich. Er wischte sich die Tränen weg, nickte und spielte weiter.

 

Bontenmaru war in seinem Leben nicht vielen anderen Kindern begegnet. Aber er war sich sicher, solch einen verrückten Jungen hatte er noch nie gesehen.

Nobushige schleifte ihn von Stand zu Stand und ging so vertraut mit ihm um, als wären sie schon lange die besten Freunde. Und so verrückt das alles auch war, da sie sich immerhin gar nicht kannten, so schön war es auch. Bontenmaru fühlte sich in der Gegenwart dieses Jungen pudelwohl und amüsierte sich so gut, wie schon lange nicht mehr.

Ohne jede Gegenwehr ließ er sich von dem Jüngeren hinterherziehen, ganz gespannt, was dieser sich als Nächstes einfallen ließ.

„Ich hab Hunger, du auch?“, fragte Nobushige plötzlich und zog seinen neuen Freund, wie schon so oft an diesem Abend, zu seiner Mutter.

„Mama, dürfen Bontenmaru und ich uns Süßigkeiten kaufen?“

Akihime, Nobushige’s Mutter, rümpfte ihr feines Näschen. „Du hast doch heute schon zu Abend gegessen! Du kriegst nur wieder Bauchschmerzen, wenn du so spät noch was Süßes isst!“, schimpfte sie.

„Och, Mama!“

Bontenmaru hatte das Gefühl, seinem neuen Freund beistehen zu müssen. „Bitte erlauben Sie es uns, Fräulein Sanada! Ich möchte so gerne Süßigkeiten probieren! Meine Mama erlaubt mir das nie…“, bettelte er und setzte die Miene eines traurigen Kindes auf.

Das verfehlte seine Wirkung nicht. Akihime bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. „Ach, du Armer! Wenn das so ist, dürft ihr euch was holen. Aber dafür müsst ihr mir bei dem Goldfisch-Stand einen Fisch angeln! Ich wollte schon immer einen Goldfisch haben!“

„Du kriegst den Größten, den sie da haben!“, jubelte Nobushige mit leuchtenden Augen und rannte mit Bontenmaru davon.

An einem Süßwarenstand deckten die beiden Jungs sich mit verschiedenen Mochis und Dangos ein, dann gingen sie schlemmend zum Goldfisch-Stand.

Plötzlich wirkte Nobushige etwas geknickt.

„Was hast du denn?“, wunderte sich Bontenmaru.

„…uh… ich hab Mama versprochen, ihr einen Fisch zu fangen, aber… ich kann das gar nicht… Ich erwische nie einen Fisch, nicht mal einen kleinen…“

Bontenmaru kicherte und drückte ihm dann seinen Mochi in die Hand. „Hier, halt mal! Ich fang den Fisch für dich!“

Der Brünette ließ sich einen Kescher aushändigen, dann hockte er sich neben das Becken und beobachtete konzentriert die Fische darin.

Nobushige hockte sich neben ihn und musterte den älteren Jungen gründlich. „Du hast sehr hübsche Augen. Sie erinnern mich an den Himmel, kurz, bevor es regnet, aber trotzdem hübsch.“

„Du bist ganz schön direkt, dafür, dass wir uns nicht kennen.“

„Was soll das heißen, wir kennen uns nicht?!“, erboste sich Nobushige. „Du bist Bontenmaru und du bist mein Freund!“

„Das ist aber nicht sehr viel, was du von mir weißt.“

„Was muss ich denn sonst noch wissen?“

„Zum Beispiel, dass ich älter bin, als du. Ich bin neun, du bist sechs.“

„…Dafür bist du aber kaum größer als ich.“

„Was soll das denn heißen?! Willst du etwa frech werden?!“

Statt einer Antwort umarmte Nobushige ihn nur und rief fröhlich: „Nein, niemals! Fang mir meinen Fisch, Bonten-chan!“

Bontenmaru errötete und schüttelte sein Anhängsel peinlich berührt ab. Dann krempelte er die Ärmel seines Yukata hoch. „Gut, dann pass mal auf!“

Mit seinen grauen Augen fixierte er einen großen Fisch, hob den Kescher in Position und schlug dann so schnell zu, dass Nobushige der Bewegung kaum folgen konnte. Wenige Sekunden später zappelte der Fisch auf den Lotusblättern im Bambuskörbchen herum.

Nobushige’s braune Augen leuchteten vor Begeisterung hell auf. „Du hast ihn ja schon! Das ist unglaublich!!“, jubelte er, packte seinen neuen Freund bei den Schultern und hopste freudig auf und ab.

Bontenmaru krümmte sich unter der Last ein wenig zusammen und murrte: „Ja, schon gut! Jetzt bring ihn deiner Mutter!“

„Jaha~!!!“, flötete der Kleine und nahm dem Älteren das Körbchen ab. Damit lief er zum Verkäufer und ließ sich Wasser hineinfüllen. Vorsichtig stülpte Nobushige den Deckel auf das Bambuskörbchen und rannte dann zu seiner Mutter.

Lächeln beobachtete Bontenmaru, wie Nobushige’s Mutter den Fisch freudig entgegennahm, ihren Sohn drückte und küsste und das Körbchen dann behutsam in ihre Knotentasche packte.

Weil die beiden sich noch ein wenig unterhielten, widmete Bontenmaru seine Aufmerksamkeit wieder den Ständen. Etwas weiter abseits entdeckte er dann etwas, was ihn ganz und gar in den Bann zog.

An diesem Stand verlieh ein Mann Bambusstöcke. Die Kinder konnten dann damit gegeneinander kämpfen, ohne sich zu verletzen. Gerade lieferten sich zwei offensichtlich professionelle Schwertkämpfer eine kleine Showeinlage, um den richtigen Umgang mit den Stöcken zu demonstrieren.

Bontenmaru stellte sich zu den anderen Kindern und sah begeistert zu. Er selbst wurde bereits ab und zu im Schwertkampf unterrichtet und ihm wurde eine Begabung im Umgang mit dem Bo attestiert. Jede Wette, dass er jedes dieser Kinder mit Leichtigkeit schlagen könnte. Vielleicht sogar die beiden Männer?

Der Brünette war so fasziniert von dem Showkampf, dass er gar nicht bemerkte, wie sich Nobushige zu ihm gesellte – oder wie dieser beim Blick auf die kämpfenden Männer missbilligend das Gesicht verzog. Doch noch mehr ärgerte es ihn, dass der Ältere ihn völlig ignorierte.

„Ich weiß wirklich nicht, was du daran findest“, maulte Nobushige und nahm sich einen Bambusstock, inspizierte ihn Nase rümpfend. „Mit ollen Stöcken aufeinander einschlagen… total doof.“

Bontenmaru zuckte leicht zusammen. „Sie bekämpfen sich nur mit Stöcken, um Verletzungen zu vermeiden. Normalerweise nimmt man richtige Schwerter“, erklärte er bemüht freundlich.

„Das ist genauso doof“, schimpfte Nobushige entschieden. „Und dann tänzeln sie immer so komisch herum…“ Bewusst albern begann der Kleine, von einem Fuß auf den anderen zu treten, als müsse er auf die Toilette, fuchtelte dabei mit dem Stock hin und her und gab dabei Laute von sich, wie ein quiekendes Schweinchen. Dann lachte er, als habe er einen besonders lustigen Witz gemacht.

Bontenmaru hingegen fand dies ganz und gar nicht komisch. Er hatte Nobushige sehr gern, aber diese Verspottung von Etwas, das ihm so wichtig war, konnte er ihm nicht durchgehen lassen. Das verletzte ihn in seiner Ehre! Wütend nahm er sich einen Bambusstock und verpasste Nobushige einen gut platzierten Hieb auf den Hinterkopf.

„Autsch! Das tut weh! Was soll das?!“, rief Nobushige und hielt sich den Kopf.

„Die Kunst des Schwertkampfes ist etwas sehr Ehrenhaftes! Wage es ja nie wieder, darüber zu lästern, verstanden?!“, schimpfte Bontenmaru empört und drohte dem Kleinen mit dem Bambusstock.

„Deswegen brauchst du mich doch nicht zu hauen!!“, rief Nobushige wütend und fuchtelte mit seinem Bambusstock herum – leider war er dabei etwas zu unvorsichtig und traf den Älteren am linken Oberarm.

Nobushige schluckte nervös. „Oh-oh…“

„Au! Du spinnst wohl!!“, fluchte Bontenmaru zornig und hob seinen Bambusstock.

Reflexartig wich Nobushige dem Hieb aus und rannte panisch davon.

„Bleib sofort stehen und akzeptiere deine Strafe!“, rief ihm Bontenmaru nach und rannte ihm hinterher. Schnell hatte er ihn eingeholt und gab ihm mit dem Stock einen Klaps auf die Schulter.

Daraufhin wirbelte Nobushige beim Rennen halb zu ihm um und schwang seinen etwas kleineren Bambusstock. Die beiden Stöcke schlugen laut klappernd immer wieder gegeneinander. Der Ärger war jedoch seltsamerweise verflogen. Stattdessen lachten die beiden Jungs laut, während sie sich jagten. Um nicht von den herumwirbelnden Stöcken getroffen zu werden, wichen die anderen Festbesucher den Kindern aus, sahen ihnen kopfschüttelnd nach. So bahnten sie sich einen Weg durch die Menge, bis sie an den Rand des Festplatzes kamen. Eine Seite war von einem Wald geschützt.

Die Dämmerung setzte bereits ein und verlieh dem Wald eine unheimliche Aura.

Doch unmittelbar davor war lag eine Lichtung, auf der das letzte Sonnenlicht noch mit feinen Staubkörnern und Pollen spielte.

Hier holte Bontenmaru Nobushige endgültig ein.

„So! Jetzt sag noch mal, dass Schwertkampf doof ist! Wenn du dich traust…“, funkelte Bontenmaru den Jüngeren kampflustig an, dann hob er seinen Bambusstock und tippte damit das von Nobushige an.

Als wüsste der Jüngere ganz genau, was er tun musste, setzte er direkt zum Hieb – von unten.

Bontenmaru hatte das bei seinem allerersten Training auch so gemacht und dann gelernt, dass man es nur richtig lernte, wenn man auf Brusthöhe kämpfte. Aber Nobushige war noch jung und würde erst in ein paar Jahren den Weg der Samurai, den Bushido, beschreiten – wenn überhaupt. Also ließ er sich darauf ein und die beiden Jungs schlugen immer im Wechsel links und rechts auf den Bambusstock des anderen ein.

Schließlich trafen die Bambusstöcke auf Brusthöhe der beiden Jungs aufeinander.

Bontenmaru lächelte. Jetzt war er in seinem Element. Mit einer schnellen Bewegung ließ er seinen Bambusstock darüber hinweg- und sofort nach unten gleiten. Mit einem Ruck zog er es an sich heran und klemmte Nobushige’s Bambusstock unter seinen Arm. Der Jüngere stolperte vor Schreck vorwärts und direkt gegen den Älteren.

Erschrocken sah Nobushige zu ihm auf.

„Hah! Sieht ganz so aus, als hätte ich gewonnen!“, flötete Bontenmaru fröhlich.

Nobushige zog beleidigt einen Schmollmund. „Schwertkampf ist trotzdem doof… Ich werde niemals mit einem Schwert kämpfen, so!“

„Du solltest aber auf jeden Fall das Kämpfen lernen! Du wirst bestimmt mal ein guter Krieger“, beschwor ihn Bontenmaru im ernsten Tonfall.

Nobushige überlegte kurz, dann leuchteten seine Augen auf. „Dann könnten wir wieder gegeneinander kämpfen…“

„Bestimmt.“

„Und dann besiege ich dich!“

„Hihi… vielleicht.“

Bontenmaru musterte den Jüngeren. Nobushige war wirklich süß. So süß, dass er sich plötzlich vorbeugte und dem Jüngeren vorsichtig einen Kuss auf die Lippen gab.

Zunächst verdutzt, ließ sich Nobushige dieses süße Gefühl gern gefallen.

„Bontenmaru!“, rief plötzlich eine tiefe Männerstimme.

Der Junge trat erschrocken zurück und sah seinen Vater auf die Lichtung laufen.

„Äh… Papa, was machst du denn hier?!“, fragte der Junge vorsichtig.

„Deine Mutter sagte, sie hätte dich ganz alleine hier gelassen, daher kam ich her, um dich zu holen… Bontenmaru, was hast du nur getan?!“

„Ich… ich wollte… das war nur…“

Terumune schüttelte nur den Kopf. Dann packte er das Handgelenk seines Sohnes und zog ihn mit sich.  „Du wirst diesen Jungen nie mehr wieder sehen, hast du gehört?!“

Nobushige wollte seinem neuen Freund folgen, doch seine Mutter tauchte plötzlich auf der Lichtung auf und schimpfte ihn aus, weil er einfach weggelaufen war. Dann nahm sie ihn mit nach Hause.

 

11 Jahre waren seither ins Land gezogen. In all der Zeit hatten die beiden Jungen sich nicht mehr gesehen. Viel war seitdem geschehen – so viel, dass sie sich gar nicht wieder erkannt hatten. Zumindest nicht mit den Augen oder dem Verstand.

„Sieht so aus, als wären wir jetzt quitt…“, wagte es Yukimura dann zu sagen.

Masamune zuckte leicht zusammen und sah ihn nur fragend an.

„Damals hast du mich geküsst und jetzt habe ich dich geküsst“, half er ihm auf die Sprünge.

Masamune lachte leise auf. „Du bist mir vielleicht einer. Jeden anderen Mann hätten diese Worte verärgert, you know?“

Yukimura erwiderte das mit einem leichten Schmunzeln. „Ich denke, ich kenne dich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass du mir das nicht übel nehmen würdest.“

„Und dann bist du plötzlich so unförmlich…“

„Jetzt, wo ich weiß, dass wir eine gemeinsame Geschichte haben, glaubte ich, darauf verzichten zu können.“

Plötzlich erstarb das Lächeln in Masamune’s Gesicht. „Du solltest dir nicht zuviel darauf einbilden, Junge. Was damals auf dem Jahrmarkt in Niigata geschehen ist, war die Geschichte von Nobushige und Bontenmaru. Masamune und Yukimura führen andere Leben als diese beiden Kinder und demzufolge haben sie auch eine andere gemeinsame Geschichte. Ich denke nicht, dass sich diese beiden Geschichten jetzt zusammenfügen können.“

„Können sie es nicht oder willst du nur nicht, dass das passiert?“

„…Sowohl als auch.“

„Wovor fürchtest du dich?“

„Wie kommst du darauf, ich würde dich bloß aus Angst zurückweisen?“ Langsam wurde Masamune wütend. „Was lässt dich denken, dass ich dasselbe empfinde, wie du?! Bloß, weil ich dich vor elf Jahren geküsst habe?! Du bist ganz schön selbstgefällig, Kleiner.“

Yukimura sah betreten zu Boden. „Es geht nicht um das, was vor elf Jahren geschehen ist… sondern um die letzten Wochen und Monate. Obwohl wir uns nicht wieder erkannt haben, kannst du nicht leugnen, dass da irgendetwas zwischen uns ist – von dem ersten Moment an, als wir uns sahen. Und wir beide wissen, es ist keine Rivalität.“

Masamune schwieg. Er konnte dem Jüngeren darauf nichts erwidern. Er hatte recht damit, dass es keine Rivalität war. Aber was war es denn dann? Liebe? Unmöglich.

Yukimura lächelte verschmitzt. Er fühlte sich durch das Schweigen des Älteren bestätigt. Langsam trat er näher an ihn heran.

Als Masamune ihn bemerkte, spannte er seine Gliedmaßen an. „Was hast du jetzt vor?“

„Gar nichts. Es würde nichts bringen, jetzt etwas zu unternehmen. Deine Liebe hat jetzt noch gar nicht angefangen.“

„…Wie meinst du das?“

„Ich habe in den letzten Tagen so einiges über die Liebe gelernt. Zum Beispiel, dass sie erst beginnt, wenn man sich seiner Gefühle bewusst wird. Und du weißt nicht, dass du mich liebst. Noch nicht. Aber eines Tages wirst du es begreifen. Und wenn das passiert, wirst du es sein, der etwas unternimmt, um bei mir zu sein. Du wirst es sehen…“

Völlig fassungslos über soviel Optimismus starrte Masamune mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen Yukimura nach.

Der stieg auf sein Pferd, schenkte dem Fürsten ein siegessicheres Lächeln und ritt in die Nacht hinaus.

 

~ to be continued ~

Willst du?

Masamune traute seinen Augen nicht. Das hier konnte doch unmöglich wirklich passieren!

Er hatte doch behauptet, nichts zu unternehmen, bis er sich seiner Gefühle für ihn bewusst geworden war!

Was machte er dann hier?

Beinahe hilflos musste der Fürst mitansehen, wie Sanada Yukimura, der Mann, der behauptet hatte, ihn zu lieben, einen Date-Soldaten nach dem anderen mit seinen Speeren niederschlug und sich so Stück für Stück seinen Weg zu dem Fürsten bahnte.

Der Brünette bemerkte in seinem leicht nebulösen Zustand, wie Kojuro neben ihm sein Schwert zog und ihm zurief, er solle sich in Sicherheit bringen. Seine Wunden waren zwar größtenteils verheilt, aber um es mit einem Gegner wie Yukimura aufzunehmen, war er längst nicht fit genug. Außerdem hatte der Arzt ihm klargemacht, dass er dieses Mal seine Wunden gänzlich verheilen lassen musste, sonst würde dies langfristige Folgen für ihn haben.

Mit zitternden Knien wich Masamune zurück und flüchtete sich in die Burg.

Das war ein Alptraum!

Was wollte Yukimura nur hier? Wollte er ihn entführen? Ihn dazu zwingen, ihn zu lieben? Das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen. Er wollte es nicht glauben. Yukimura hatte ein gutes Herz. Und so ungelegen ihm diese Gefühle auch kamen, so hegte er keinerlei Zweifel daran, dass der junge General ihn aufrichtig liebte.

Wie kam es also, dass ihm die Knie so zitterten? Wovor floh er eigentlich wirklich?

Die Shoji hinter seinem Rücken öffneten sich beinahe lautlos.

Langsam drehte sich Masamune um – er war nicht sonderlich überrascht, Yukimura zu sehen. Irgendwie hatte er schon geahnt, dass der Kleine Kojuro überwältigen konnte, wenn ihm auch nicht ganz klar war, wie. Aber das tat im Moment auch nichts zur Sache.

Minutenlang herrschte eisernes Schweigen zwischen den beiden jungen Männern.

Äußerlich die Ruhe selbst, aber innerlich kurz vor dem Durchdrehen, verschränkte der Fürst seine Arme und fragte so ruhig wie möglich: „Und was hast du jetzt vor?“

„Ich habe gesiegt“, antwortete Yukimura kühl. „Deine Armee ist geschlagen, durch meine Hand. Somit steht es mir auch zu, meine entsprechende Belohnung dafür zu erhalten.“

„Und wie sieht diese Belohnung wohl aus?“

Yukimura schenkte ihm ein charmantes Lächeln, das Masamune für einen Moment erschaudern ließ. „Es gibt nur eines, das ich will: dich.“

„Wovon redest du?“

„Ich habe deine Burg erobert. Demnach musst du dich mir unterwerfen“, erwiderte Yukimura verwundert.

„Das kannst du doch unmöglich ernst meinen!“

„Ich meine immer ernst, was ich sage.“

„Oh Gott, wie furchtbar“, stöhnte der Fürst genervt.

Yukimura kam näher – für Masamune’s Geschmack viel zu nahe. „Und jetzt… werde ich dich küssen“, fügte der junge General entschlossen hinzu.

„Das wirst du auf gar keinen Fall tun!“

„Doch, ich denke schon.“

„Wenn du das wagst, töte ich dich!“

Yukimura gluckste und fasste dem Fürsten sanft unters Kinn. „Nein, wirst du nicht.“

Dann beugte er sich vor, um seinen Worten Taten folgen zu lassen…

 

„Mein Fürst!“

Masamune erschrak und ließ prompt den Wasserbottich fallen.

Seine rechte Hand, Kojuro, trat neben ihn und starrte stirnrunzelnd hinunter auf die Felder. „Mein Fürst, ich war angenehm überrascht, als Ihr sagtet, Ihr wollet bei der Ernte helfen, auch wenn ich nicht ganz verstand, warum. Allerdings… wenn Ihr weiterhin vorhabt, die noch sehr jungen Setzlinge zu ertränken, würde ich es vorziehen, wenn Ihr Euch wieder Eurem Training widmen würdet.“

„Verzeih… ich war in Gedanken…“

„Fehlt Euch etwas, mein Fürst?“

„Ich bin nicht sicher.“

„Geht es immer noch um Sanada-san?“

Masamune lächelte ergeben. Seinem Vertrauten konnte er einfach nichts vormachen. „Ich weiß einfach nicht damit umzugehen, Kojuro. Probleme, die ich mit Körperkraft und dem Schwert erledigen kann, gehen mir leicht von der Hand. Aber Emotionen? Liebesdinge? Ich hatte immer gehofft, mich damit niemals beschäftigen zu müssen.“

„Nun, Herr, wenn ich eines gelernt habe, dann dass das Leben oft keine Rücksicht auf unsere Pläne und Wünsche nimmt. Und ein Liebesgeständnis zu hören, kann jederzeit geschehen. Meist sogar dann, wenn man es am Wenigsten erwartet.“

„Oder es am Wenigsten gebrauchen kann.“

„Wohl wahr…“

„Du hast nicht zufällig einen Rat für mich? Ich bräuchte ihn mehr denn je.“

„Bedaure, mein Fürst. Ich verfüge über keinerlei Erfahrungen in Liebesdingen.“

„Right! Das Einzige, was du liebst, ist dein Gemüse“, lachte Masamune und drückte Kojuro die Schöpfkelle in die Hand. „Ich denke, du hast recht. Ich sollte dir die Feldarbeit überlassen. So durcheinander, wie ich momentan bin, mache ich nur mehr kaputt, als dass ich dir hilfreich wäre. See you later.“

Kojuro sah ihm seufzend nach.

Wenn es doch nur etwas gäbe, womit er seinem Herrn helfen könnte.

 

Kaum, dass Masamune wieder allein war, verschwand das kleine Lächeln in seinem Gesicht.

Es war einfach zum Verrücktwerden!

Es gab soviel wichtigere Dinge, über die er sich momentan Gedanken machen sollte. Und trotzdem ging ihm die ganze Zeit nur Yukimura und dessen Liebesgeständnis durch den Kopf. Der Fürst war völlig davon überzeugt, dass er nicht dasselbe fühlte, wie er. Dennoch verspürte er das Bedürfnis, auf das Geständnis zu reagieren – auch wenn ihm nicht ganz klar war, warum es ihm so wichtig war, den Jungen zu schonen. Nur wie könnte er das erreichen? War es denn nicht immer schmerzhaft, abgewiesen zu werden?

Besonders schwierig war, dass Yukimura es hartnäckig ignorierte, wenn Masamune versuchte, ihn abzuweisen. Als würde er geradezu verlangen, eine schmerzhafte Abfuhr zu erhalten. Er konnte doch nicht wirklich glauben, dass sie beide zusammenkamen?

 

Es war bereits später Abend, als Kojuro endlich von der Feldarbeit zurückkam. Für gewöhnlich brauchte er nicht solange, um die Arbeit zu erledigen, doch die Sorge um seinen Herrn spukte ihm ständig im Kopf herum.

Und er hatte einen Entschluss gefasst. Ob das seinem Herrn helfen würde, wusste er nicht. Aber vielleicht erfreute es ihn?

Natürlich war es ihm kurzzeitig in den Sinn gekommen, dass es alles zerstören könnte. Doch nach allem, was sie gemeinsam erlebt hatten… wie sie miteinander umgingen… warum sollte er es nicht riskieren?

Durch Befragung seiner Männer erfuhr er schnell, dass der Fürst sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte, seit die beiden sich in den Morgenstunden voneinander verabschiedeten.

Fürst Masamune saß auf dem Boden und starrte durch die geöffneten Shoji hinaus in den dunklen Garten.

Kojuro fiel zuallererst auf, dass der junge Mann sein Abendessen kaum angerührt hatte. Es missfiel ihm, dass er nicht genug aß.

„Warum esst Ihr nicht? Trifft es heute nicht Euren Geschmack?“

„Ich habe einfach keinen Appetit“, erwiderte Masamune tonlos, ohne seinen Getreuen auch nur anzusehen.

„Ihr habt allerdings schon seit Tagen nicht viel gegessen. Was ist los mit Euch?“

„Was meinst du damit?“

„Es heißt, wenn man unter Liebeskummer zu leiden hat, mindert das den Appetit.“

Jetzt sah Masamune ihn doch an. In Kojuro’s Stimme schwang eine menge Ärger mit, was ihn äußerst überraschte. „Du denkst, ich leide an Liebeskummer?“

„Ist es denn so?“

„Nein! Ich habe keinen Liebeskummer! Warum fragst du mich so etwas?!“

Kojuro schloss die Augen und schwieg für einen Moment. Dann setzte er sich ebenfalls auf den Boden. „Vielleicht versuche ich mir damit zu erklären, warum Euch Sanada-sans Geständnis so beschäftigt.“

Masamune senkte betroffen den Blick. „Das wüsste ich doch auch gern. Glaub mir. Vielleicht, weil er so ein lieber Kerl ist und ich ihm nicht wehtun will.“

Kojuro nickte. „Sanada-san hat viel für uns getan, besonders für Euch. Auch ich möchte nicht, dass ihm geschadet wird.“ Plötzlich packte Kojuro Masamune’s Hand und drückte sie viel zu fest. „Aber wenn Ihr nichts für ihn empfindet, müsst Ihr ihm das unbedingt klarmachen!! Sonst verrennt er sich nur noch mehr in seiner Wahnvorstellung! Bitte, mein Fürst!!!“

Kojuro’s energischer Tonfall erschreckte den Fürsten. „Ja… ich habe es ihm doch schon klargemacht… aber er hat mir nicht geglaubt.“

„Dann müsst Ihr eben noch beharrlicher darauf bestehen!!“

„Kojuro, du zerdrückst meine Hand!! Was ist denn nur mit dir?!!“

„Wenn Ihr wirklich nichts für Sanada-san empfindet, solltet Ihr alles daran setzen, ihn davon zu überzeugen! Rücksicht auf ihn zu nehmen ist zwar eine edle Haltung von Euch, aber in diesem Fall einfach nicht angemessen! Bedenkt doch, was das für alle bedeuten würde! Das müsst Ihr doch auch so sehen! Oder seit Ihr etwa doch in ihn verliebt?!!“

„NEIN!!“ Masamune versuchte, sich dem festen Griff zu entziehen. Doch Kojuro ließ ihn einfach nicht los, drückte nur noch fester zu. „Was hast du denn auf einmal?“, wimmerte der Fürst.

Kojuro hatte sich mittlerweile völlig in Rage geredet. Ohne darüber nachzudenken, sagte er mit fester Stimme: „Sanada-san ist Eurer Liebe doch gar nicht würdig! Wenn sie jemand verdient hat, dann ich!“

Masamune erstarrte. „Was sagst du?“

„Ich sage, ich liebe Euch! Wenn Ihr Euer Herz schon an jemanden verschenkt, warum dann nicht an mich?!“

„Das kann nicht dein ernst sein!“, rief Masamune fassungslos. „Was ist nur hier los? Zuerst Yukimura und jetzt auch noch du. Warum buhlt ihr beide nur um mich? Ich bin doch ein Mann!“

„Das spielt für mich keine Rolle! Ihr seid so warmherzig! So stark! So wunderschön! Es ist mir absolut ernst damit! Wenn ich könnte, würde ich Euch heiraten!“

Masamune wurde schwindelig. Am Liebsten hätte er sich auf der Stelle von hier fort

teleportiert oder etwas in der Art. Einfach nur, um dieser wahnsinnig unangenehmen Situation entfliehen zu können. Er hatte doch noch nicht einmal Yukimura’s Geständnis halbwegs verdaut – und jetzt bekam er sogar noch ein zweites?

„Mein Fürst, bitte sagt etwas!“, bat Kojuro dann auch noch plötzlich.

„Ich… Was soll ich sagen? Du und ich heiraten? Das wäre doch verrückt, ich meine…“

„Warum verrückt?! Ich liebe Euch wirklich! Bitte glaubt mir doch!“

Kojuro war fest entschlossen, seinen Herrn von der Aufrichtigkeit seiner Gefühle zu überzeugen. Mit einem kräftigen Ruck zog er den Jüngeren in seine Arme und beugte sich vor, um ihn zu küssen.

Masamune riss geschockt sein gesundes Auge auf – dann schlug er Kojuro ins Gesicht.

„Hör sofort auf damit!!“, rief er völlig aufgelöst, dann riss er sich von ihm los und flüchtete sich rasch in den Garten.

Kojuro blieb allein zurück.

Auf allen Vieren kniete er auf den Tatami-Matten, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. Er hatte seinem Herrn mit seinem Liebesgeständnis doch eine Freude bereiten wollen! Ihn von seinen trüben Gedanken abbringen und vielleicht ihrer Zukunft eine neue Richtung geben wollen. Wie konnte es nur dermaßen ausarten?

Warum hatte er ihn nur so angeschrieen?

Und was sollte das mit, er wäre seiner Liebe würdiger als Sanada-san?

Was war nur in ihn gefahren?

 

Masamune hatte Schutz in der Dunkelheit des Gartens gesucht.

Als er sich sicher sein konnte, dass Kojuro ihm nicht folgte, blieb er stehen und atmete erleichtert aus. Doch die Panik, die in ihm aufgestiegen war, ließ sich nicht so leicht wieder vertreiben. Das Kojuro ebenfalls in ihn verliebt war, war ihm nie aufgefallen. Genauso wenig, wie ihm Yukimura’s Gefühle bewusst waren. Wie konnte er nur so blind sein?

Wie sollte es denn jetzt weitergehen?

Was, wenn ihre Beziehung jetzt unwiderruflich anders war?

Wenn sie nicht mehr normal miteinander umgehen konnten?

Wenn Kojuro weiterhin darauf pochte, dass er seine Liebe erhören und sie heiraten sollten?

Und was würde Yukimura wohl dazu sagen?

„Ich hätte nicht gedacht, dass es noch jemanden gäbe, der dir verfallen ist“, murmelte plötzlich eine Stimme.

Masamune wirbelte herum und stellte mit Überraschung fest, dass Yukimura direkt neben ihm stand. Wie lange stand er dort schon? Und warum war ihm nicht aufgefallen, dass er da war?

Yukimura wandte sich ihm zu und lächelte traurig. „Aber eigentlich hätte ich es wissen müssen. Du bist ein ganz besonderer Mann. Sich nicht in dich zu verlieben, ist praktisch unmöglich. Hehe… zumindest empfinde ich das so.“

Betreten sah Masamune zu Boden. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll… Es tut mir leid.“

„Warum entschuldigst du dich denn?“, fragte Yukimura verwundert.

„Dass du das mitanhören musstest. Das war doch sicher nicht leicht für dich.“

Zunächst verwundert, lächelte der junge General sanft und nahm den Älteren liebevoll in den Arm. „Dein bester Freund macht dir quasi einen Heiratsantrag und du sorgst dich um mich? Du bist wirklich süß…“

Diesmal wehrte sich Masamune nicht gegen die Umarmung. Sie war ihm auch keinesfalls unangenehm, im Gegenteil: er suchte mit seinen Lippen die von Yukimura und küsste ihn sehnsüchtig…

„Hey, einäugiger Drache! Warum stehst du hier mitten in der Nacht hier draußen und träumst vor dich hin?“

Masamune erschrak und sah in das verwunderte Gesicht von Maeda Keiji.

„Wo kommst du denn so plötzlich her?“

„Ich wollte dich besuchen, um zu sehen, wie es dir so geht und da sah ich dich hier stehen, mit einem ganz verliebten Blick.“

„?!“

„Hm? Was hast du?“

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Masamune durch Keiji hindurch. Und endlich begriff er.

Langsam sank der Fürst zu Boden.

Schlimmer hätte es gar nicht kommen können…

 

~ to be continued ~

Masamune in Love

„Sieh dir mal den da drüben an!“

„Hm?... Oh, der ist aber süß! Den möchte ich am liebsten Wickeln!“

„Ja, nicht wahr?!“

„Ich wette, er ist der romantische Typ, was meinst du?“

„Hm~ Könnte schon sein… Vielleicht irren wir uns aber auch und er ist eher der leidenschaftliche Nehmertyp.“

„Meinst du? Er sieht doch so unschuldig aus…“

„Du weißt doch, wie es heißt: Stille Wasser sind tief.“

Yukimura nahm einen kräftigen Schluck von seinem Tee und schlang dann ein paar Dangos herunter. Kaum merklich rümpfte er dabei die Nase.

Eigentlich wollte er heute nur einen schönen Nachmittag in seinem Lieblingsteehaus verbringen. Und nun musste er sich solches Gerede anhören. Ob die beiden wohl wissen, dass sie jeder hören konnte? Was für ein armer Tropf, den sie da anhimmelten.

„Hallo, Romeo!!“, rief plötzlich jemand laut und kurz darauf tauchte Keiji’s grinsendes Gesicht vor ihm auf.

Yukimura erschrak und spuckte dem Schönling den Tee ins Gesicht.

Keiji verzog das Gesicht. „Bäh~“

„Bitte verzeiht, Maeda-san. Aber Ihr seid selbst schuld. Warum erschreckt Ihr mich auch so? Und wer ist überhaupt dieser ominöse Romeo?“

Keiji nahm sich Yukimura’s Serviette und setzte sich neben diesen, während er sich das Gesicht abwischte. „Wenn ich dieses komische Buch richtig verstanden hab, dann ein Typ, dem die Frauenherzen zufliegen. Allerdings bezweifle ich, dass es ein Kompliment ist, wenn man in Frauen den Wunsch hervorruft, von ihnen gewickelt zu werden.“

Yukimura musterte ihn ein paar Sekunden fragend, dann begriff er. Er drehte sich zu den Frauen um und sah zu ihnen rüber. Hatten sie etwa von ihm gesprochen? Muss wohl, denn sie erröteten prompt und kicherten hinter vorgehaltenen Händen.

„Bist ja ganz schön beliebt. Aber was tust du denn hier draußen?“

„Ja… Oyakata-sama hat es mir gestattet“, erwiderte Yukimura zögerlich, immer noch verwirrt von seiner Wirkung auf Frauen. „In den letzten Wochen habe ich stets getan, was er verlangt hat. Schließlich habe ich dadurch etwas von seinem Vertrauen zurück gewonnen, denke ich.“

„Dann hast du aber Glück gehabt, dass dein Ninja nichts von deinem kleinen Ausflug erzählt hat. Sonst wäre es wohl anders gelaufen.“

Yukimura sah ihn überrascht an „Ihr wisst davon?! Woher?!“

„Der Drachenfürst hat mir davon erzählt“, erklärte Keiji ruhig und bediente sich ungeniert an den Dangos des jungen Generals.

„Ihr habt ihn also getroffen.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.

„Ja. Vor Kurzem erst. Es überrascht mich, dass du seitdem die Füße stillhältst. Date meinte, du wärest sehr entschlossen gewesen.“

„Ich habe geschworen, dass ich es ihm überlasse werde, den nächsten Schritt zu unternehmen“, murmelte Yukimura leise.

„Das wird er aber nicht tun, fürchte ich. Weil er es gar nicht kann. Er ist innerlich hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen für dich und seiner Verpflichtung Oshu gegenüber.“

„Dann ist er sich seiner Gefühle also endlich bewusst geworden.“

„Nicht, dass er sich darüber freut. Er steht seit Tagen nicht mehr aus dem Bett auf und isst kaum noch.“

Yukimura senkte den Kopf. Schuldgefühle überkamen ihn. Er war so darauf fixiert gewesen, dass Masamune sich zu seinen Gefühlen bekennen sollte, dass er die Menschen von Oshu darüber völlig vergaß. Wie schändlich von ihm…

Keiji seufzte und regte den Kopf gen Himmel.

„Er braucht dich. Er denkt jede Sekunde nur noch an dich. Doch von sich aus würde er das niemals zugeben. Dafür fühlt er sich seinen Leuten viel zu sehr verpflichtet.“

„Und was soll ich Eurer Meinung nach jetzt tun?“

Keiji verschlang die letzten Dangos, trank den Tee aus und sagte dann ernst: „Wenn ich dir einen Rat geben darf… Du solltest von hier verschwinden. Irgendwohin, wo dich niemand kennt und dich niemand vermuten würde. Und… nimm den Drachenfürsten mit dir.“

Den jungen General klappte die Kinnlade runter. Was sagte er da?

Keiji stand auf, regte sich genüsslich und starrte verträumt in die Ferne. „Es sei denn natürlich, dir fällt noch etwas Besseres ein. Die Liebe findet schließlich immer einen Weg.“

Dann ließ er den nachdenklichen Yukimura allein.

 

„Will er immer noch nichts essen?“

Kojuro seufzte schwer, als ihm die Dienerin mit dem nicht angerührten Abendessen für den Fürsten entgegenkam.

Sie nickte. „Er war heute auch noch kein einziges Mal draußen. Sein Zustand ist wirklich beunruhigend. Die Männer machen sich auch schon große Sorgen und sehen jeden Tag nach ihm. Doch nicht einmal das scheint ihn zu erfreuen. Meister Katakura… was soll nur werden, wenn er sich nicht bald erholt?“

„Ich wage kaum, mir die Folgen auszumalen.“

„Könnt Ihr denn nicht das Wort an ihn richten? Sicher würde er auf Euch hören…“

Kojuro wich ihrem flehenden Blick peinlich berührt aus. Seit dem Geständnis wagte er es nicht mehr, dem Fürsten unter die Augen zu treten – zumindest nicht allein. Zum Glück hatte der Fürst niemandem von dem peinlichen Zwischenfall erzählt. Aber das hätte er ihm auch nicht zugetraut.

Rasch schüttelte der strenge Mann den Kopf. „Ich fürchte, dass selbst ich hier nichts ausrichten kann. Alles, was wir tun können, ist zu hoffen, dass er sich bald erholen wird.“

Die Dienerin nickte verstehend, sichtlich enttäuscht, dass der Mann, in den sie all ihre Hoffnungen gesetzt hatte, auch nichts auszurichten vermag. Dann huschte sie an ihm vorbei.

Kojuro sah ihr entschuldigend nach, dann wandte er seinen Blick zum Zimmer seines Herrn.

Gab es denn wirklich gar nichts, was er für ihn tun konnte? Oder war er wirklich dazu verdammt, mit seinen Bemühungen alles zu verschlimmern?

 

Der Drachenfürst wusste nicht mehr wie lange er die Decke über seinem Bett schon anstarrte. Durch die Erkenntnis, wirklich in Yukimura verliebt zu sein, hatte er den Boden unter den Füßen verloren und lag nur noch im Bett. Sein Zeitgefühl war völlig durcheinander geraten. Der Anblick der Decke wurde für ihn mehr und mehr unerträglich.

Doch jedes Mal, wenn er sich aufraffen und sein Bett und sein Zimmer verlassen wollte, schien sich alles um ihn herum zu drehen. Selbst die so schön bemalten Fusuma wirkten plötzlich bedrohlich auf ihn. Sein Herz begann vor Angst zu rasen.

So legte er sich schnell wieder hin und fixierte abermals die Decke – als wäre er dessen Gefangener. Unfähig, sich seine Freiheit zurückzuerkämpfen.

Masamune hatte sich tatsächlich schon öfter über sein Ableben Gedanken gemacht: als er als Kind sein rechtes Augen durch eine Pockeninfektion verlor. Als er in jungen Jahren dem riesigen Eber gegenübertrat und seine Fähigkeiten völlig überschätzte. Als er seinen entführten Vater befreien wollte und dabei gefangen genommen und gefesselt in den See geworfen wurde. Als er Oshu vereinigte und dabei über die Hälfte seiner Männer verlor und sich den Arm brach. Als auf ihn geschossen wurde. Der Kampf gegen Oda. Oder die Auseinandersetzung mit Oichi.

Ja, er hatte den Tod schon oft ins Auge gesehen. Und war ihm jedes Mal entronnen. Doch trotz seiner Tapferkeit hatte er sich jedes Mal gefragt, was wohl passierte, wenn es doch dazu kam. Wie würde er wohl aus dem Leben scheiden? Und was wartete auf ihn, wenn alles zu Ende ging? Gab es noch etwas auf der anderen Seite oder war da einfach nichts?

Doch ganz gleich, welche Visionen er von seinem Ableben auch hatte, nie vermochte er sich zu erträumen, dass er wie eine Jammergestalt in seinem Bett verenden würde, weil er an Liebeskummer litt.

Was für ein jämmerliches Ende für einen ehrenhaften Samuraifürsten!

Der Einzige, der seinen Zustand ändern könnte, war der, der seinen Liebeskummer verursachte: Yukimura.

Doch wie sollte er das eigentlich anstellen? Yukimura war ein feindlicher General. Wie sollte eine solche Beziehung denn funktionieren?

„Junge, was hast du mir nur angetan?“, seufzte Masamune laut und schlug beide Hände über seinen Kopf zusammen.

„… Ist es so furchtbar für dich, dass ich dich liebe?“

Der Fürst ließ seine Arme langsam von seinem Kopf gleiten und auf den Futon knallen. Dann wandte er den Kopf in Richtung der Stimme. Im Schein der Kerze erkannte er Yukimura. Reglos musterte er den Jüngeren, dann richtete er den Blick wieder gen Decke.

„Great! Jetzt halluziniere ich schon!“

„Du weißt schon, dass ich wirklich hier bin?“, erkundigte sich Yukimura, etwas irritiert über diese seltsame Begrüßung nach so langer Zeit.

Masamune schloss sein Auge und seufzte entnervt. „Ja, sicher. Wie sollst du denn hier rein gekommen sein, ohne, dass dich jemand sieht? Bist du jetzt neuerdings ein Ninja?!“

Zunächst erstaunt, kam der junge General näher, kniete sich neben den Fürsten und kniff ihn beherzt in die Wange.

Der Fürst schrie laut und setzte sich ruckartig kerzengerade auf.

„WAS SOLL DAS?!!!“, schimpfte er und hielt sich die schmerzende Wange – im selben Moment wurde ihm jedoch klar, dass Yukimura tatsächlich neben ihm saß. Schlagartig errötete er und wich seinen freundlichen, braunen Augen aus.

„Wa-was machst du denn hier?“, fragte er nervös.

Yukimura rückte etwas näher heran. „Mir ist zugetragen worden, dass du krank bist. Da wollte ich nach dir sehen. Ist das… falsch?“

„Nein… eigentlich ist das sehr lieb. Aber deine Anwesenheit hier gießt nur Öl ins Feuer. Ich weiß wirklich nicht, ob das so eine gute Idee ist. Außerdem… wolltest du nicht warten, bis ich eine Entscheidung getroffen habe?“

„Ja, wollte ich… Masamune, ich… ich habe noch einmal über alles nachgedacht und… ich habe mich sehr egoistisch verhalten. Dir zu sagen, dass ich dich liebe und gleichzeitig dir den nächsten Schritt zu überlassen… Nicht einmal habe ich daran gedacht, vor welchen Problemen ich dich damit stelle. Und das du ganz allein eine Lösung für diese Probleme finden musst. Das war… feige und egoistisch von mir. Verzeih mir.“

Yukimura hob seinen Kopf und erkannte, dass Masamune sich ihm endlich zugewandt hatte.

„Ich bin jetzt nicht nur hier, um nach dir zu sehen und mich zu entschuldigen. Auf dem Weg hierher ist mir eine Lösung eingefallen. Sie ist nicht perfekt, aber… in unserem Fall gäbe es eine solche auch nicht. Unser hauptsächliches Problem ist, dass du der Fürst von Oshu bist und ich als General in der Armee von Fürst Takeda diene, was uns eigentlich zu Feinden macht. Daher habe ich beschlossen, dass ich Fürst Takeda den Rücken zukehren und von jetzt an dir dienen werde.“

Masamune traf der Schlag. Wie vom Donner gerührt starrte er Yukimura an, als säße er einem völlig Verrückten gegenüber. Schließlich schnappte er nach Luft und stammelte: „Was… Was redest du denn da?! Hast du den Verstand verloren?!!“

„Nein, denk mal darüber nach! Wenn ich dir diene, sind wir keine Feinde mehr! Außerdem können wir uns dann sehen, wann immer wir das wollen! Unsere Liebe ist dadurch zwar immer noch etwas kompliziert, aber nicht mehr aussichtslos, verstehst du?“

Der Fürst lachte unsicher auf. „Aber… du hast doch dem alten Mann Takeda die Treue geschworen… und du hast ihm immer mit soviel Hingabe gedient… Willst du das alles aufgeben? Wir können doch gar nicht heiraten!“

„Ist mir egal!“

„Kinder hättest du auch nie welche!“

„Ich muss auch keine haben.“

„Aber ich werde eines Tages heiraten und Kinder haben müssen!“

„Wenn ich weiß, dass du mich liebst, dann stört mich das nicht.“

„Wir werden uns immer nur heimlich lieben können…“

„Besser heimlich, als gar nicht.“

Masamune’s Herz raste vor Aufregung. Passierte das hier wirklich? Tat sich hier wirklich eine Möglichkeit für sie beide auf, doch noch zusammen sein zu können?

„Takeda wird nicht begeistert davon sein…“

Yukimura kratzte sich verlegen an der Wange. „Yeah… könnte sein, dass du dann sein neuer Erzfeind wirst… aber früher oder später werdet ihr ohnehin gegeneinander kämpfen müssen. Und vergiss nicht: ich bin von jetzt an… an deiner Seite. Und beim Training könnte ich dein Partner sein! Dann können wir so oft gegeneinander kämpfen, wie wir wollen, ohne, dass jemand von uns gezwungen wäre, den anderen eines Tages töten zu müssen.“

Das genügte Masamune.

Völlig überwältigt fiel er dem Jüngeren um den Hals und küsste ihn leidenschaftlich.

 

Als der Morgen hereinbrach, war Yukimura gerade dabei, sein Pferd zu satteln.

Fürst Masamune stand neben ihn und sah ihm leicht besorgt dabei zu.

„Willst du wirklich jetzt schon losreiten? Warum hast du es denn so eilig damit?“

„Wir beide haben schon zuviel Zeit verschwendet, findest du nicht? Je eher wir zusammen sein können, desto besser.“

„Kannst du ihm nicht einfach einen Brief schreiben? Oder ich tue es, wenn du das angemessener findest.“

Yukimura lachte. „Jetzt redest du aber Unsinn! Solche Angelegenheiten muss man immer persönlich erledigen! Mach dir keine Sorgen. Er ist zwar oft sehr streng, aber er wird mich schon nicht umbringen.“

„Ich wünschte, ich könnte da so sicher sein, wie du“, murmelte Masamune nachdenklich.

Yukimura gab ihm einen Kuss. „Ich bin bald wieder zurück. Du wirst sehen, es wird sich alles zum Guten wenden.“

„Du wirst nirgendwohin gehen!“

Erschrocken fuhren die beiden herum. Es war noch so früh am Morgen, dass sie nicht damit gerechnet hatten, jemandem zu begegnen.

Dennoch tauchte Kojuro vor ihnen auf – mit einem gefesselten Sasuke.

Yukimura staunte nicht schlecht. „Sasuke? Was tust du denn hier?“

Sasuke spuckte etwas Blut aus, dann keuchte er: „Bitte entschuldigt, Danna. Ich war unvorsichtig. Wir sind uns oben auf den Feldern begegnet und…“

„Er weigerte sich vehement mir zu verraten, was er hier zu suchen hatte, also bin ich etwas nachdrücklicher geworden. Dabei fiel ihm dieser Brief aus den Taschen“, unterbrach Kojuro ihn und entfaltete den Brief. Dann las er ihn laut vor:

 

Mein verehrter Oyakata-sama,

mein bisheriges Verhalten muss auf Euch sehr befremdlich und unloyal wirken.

Doch wisset, dass ich einen Plan verfolge,

der schon bald seinen krönenden Abschluss finden wird.

Ich lasse Euch diesen Brief schicken, damit Ihr die Männer darauf vorbereitet, in Oshu einzufallen.

Sobald ich bei Euch bin, werde ich das weitere Vorgehen erläutern.

In zwei Tagen werde ich Euch Fürst Date’s Kopf präsentieren können.

 

In tiefer Loyalität

Sanada Genjirou Yukimura

 

Geschockt wich Masamune von seinem Liebsten zurück. Fassungslos starrte er Yukimura an, dessen Blick sich schlagartig verfinsterte…

 

~ to be continued ~

In deinen Armen

In einer Zeit, in der ein ganzes Land sich im Umbruch befand, wurde jede Neuigkeit und sei sie noch so klein, in der Sekunde eines Wimpernschlages in Umlauf gebracht.

So dauerte es nicht lange, bis ganz Japan von dem Vorfall in Oshu erfuhr: Sanada Yukimura hatte versucht, Fürst Date Masamune zu hintergehen und zu ermorden, indem er ihm Liebe vorgaukelte – und war kläglich gescheitert.

Während die meisten Fürsten auf diese Neuigkeit entweder mit Gleichmut oder Hohn reagierten, gab es auch solche, die kaum glauben konnten, was sie da hörten.

Am meisten geschockt war Shingen Takeda.

„Ich hätte nie gedacht, dass Yukimura dazu fähig wäre.“ Takeda, diesmal gänzlich ohne Rüstung, fuhr sich mit der Hand erschöpft über die Glatze. Im Kerzenlicht wirkte sein Gesicht urplötzlich gealtert. „Was ist nur in diesen Jungen gefahren?“

Sasuke kniete vor ihm und wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Allein ihm verdankte es der Ninja, dass er Kojuro’s Schwert entronnen war. Ihm jetzt Rede und Antwort stehen zu müssen, beschämte ihn. „Meister Sanada… wollte Euch unbedingt persönlich Date’s Kopf bringen, allerdings war er davon überzeugt, es mit Kampfkraft allein nicht schaffen zu können. Daher… hat er diesen völlig irrsinnigen Plan entsinnt, um Date zu bezwingen. Ich habe versucht, ihn davon abzubringen, doch nachdem er Euch verärgert hatte, war er mehr denn je davon überzeugt, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Sein einziger Gedanke war es, Euch seine Loyalität zu beweisen.“

Takeda schüttelte traurig den Kopf. „Welch ein Irrsinn… Wissen wir denn schon, wohin Yukimura verschwunden ist?“

„Leider nicht, Oyakata-sama. Ich vermute, dass er weiterhin sein Ziel verfolgt und nach einer geeigneten Gelegenheit sucht, um Date zu töten.“

Takeda nickte verstehend und bedeutete dann dem Ninja, ihn allein zu lassen.

 

Auch Kenshin war zutiefst bestürzt. Doch längst nicht so sehr wie Keiji.

Wie ein Tiger lief er im Garten auf und ab und versuchte, sich diese ungeheuerliche Nachricht zu erklären.

„Du meine Güte, jetzt setzt dich doch endlich hin, Maeda Keiji! Du machst mich ganz nervös mit deinem herumgelaufe!“

„Ich kann einfach nicht glauben, dass der Kleine so etwas tun würde! Er wirkte so aufrichtig, als er von seinen Gefühlen gesprochen hatte! Das kann doch unmöglich gelogen gewesen sein! Das glaube ich einfach nicht!!“

„Ich kann dich ja verstehen, aber… du solltest trotzdem hier nicht so herumschreien! Du bist immerhin bei Fürst Kenshin zu Gast!“

Kenshin hob beschwichtigend die Hand. „Schon gut, Kasuga. Ich kann deinen Zorn nur allzu gut verstehen, mein Freund. Doch es scheint so, als würde der kleine Welpe über eine dunkle Seite verfügen, die keiner bislang kannte. Nicht einmal der Tiger von Kai, wie mir scheint.“

Keiji schüttelte vehement den Kopf. „Nein. Nein! Das glaube ich nicht! Da steckt etwas anderes dahinter und ich werde nicht eher Ruhe geben, bis ich weiß, was!!“

 

Oichi bereitete gerade ein kleines Picknick für sich und ihren Mann vor, als die Nachricht in Azai eintraf. Sie eilte sofort hinaus in den Garten, um ihrem Mann davon zu berichten. Nagamasa war noch nicht gesund genug, um weite Ausflüge zu machen – die Reise nach Azai war anstrengend genug für ihn gewesen.

Nagamasa war ehrlich überrascht, dass zu hören. „Der Kuss zwischen den beiden wirkte so aufrichtig… Ich kann gar nicht glauben, dass Sanada-san nur gelogen haben soll.“

„Ich bin mir absolut sicher, dass es nicht wahr ist“, erwiderte Oichi sanft, während sie ihrem Mann Tee eingoss. „Sanada-san liebt den einäugigen Drachen genauso sehr, wie ich Euch liebe, mein liebster Nagamasa-sama.“

Nagamasa errötete stark und trank vor Verlegenheit den Tee in einem Zug aus. Dann hustete und prustete er, weil er sich den Mund verbrannt hatte.

 

„Wir müssen etwas unternehmen! … Es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis Sanada uns angreift! … Fürst Masamune, Ihr seid in großer Gefahr! ... Mein Fürst, hört Ihr nicht?!“

Masamune, der gerade sein Schwert pflegte, seufzte genervt auf. „Ich höre dich laut und deutlich, Bunshiro.“

„Habt Ihr auch verstanden, was ich gesagt habe?!“

„Of course! Ich bin doch nicht blöd!“

„Warum suchen wir dann nicht nach Sanada? Wir könnten uns in Gruppen aufteilen und die Umgebung durchsuchen und…“

„Jetzt mach dich nicht lächerlich. Hier wird niemand nach ihm suchen!“

„Oh, Ihr habt völlig recht! Während wir nach ihm suchen, könnte er hier auftauchen und wer sollte ihn dann aufhalten? Besser, wir verstärken bereiten uns auf den Angriff vor.“

Wieder seufzte Masamune. „Ja, macht das.“

Bunshiro verneigte sich, dann eilte er hinaus, um die Anweisung den anderen mitzuteilen.

Kojuro, der schweigend zugehört hatte, musterte Masamune eine Weile, wie dieser weiterhin sein Schwert pflegte, als gäbe es jetzt nichts Wichtigeres. Schließlich räusperte er sich vernehmlich. „Mein Fürst, mir scheint, dass Ihr Zweifel an Sanada-san’s Absichten hegt.“

Masamune hielt inne und starrte ausdruckslos in die Leere. „Ich weiß gar nicht, was ich noch denken soll, Kojuro. Ich habe in letzter Zeit soviel gegrübelt… ich habe eigentlich gar keine Kraft mehr dafür. Mein Kopf sagt, ich sollte die gleiche Besorgnis hegen, wie die anderen. Aber mein Herz schreit die ganze Zeit, dass das eine Lüge ist und ihm vertrauen soll. Sag mir, Kojuro, auf wen soll ich denn jetzt hören?“

Kojuro senkte nachdenklich den Blick. „Ich fürchte, ich kann Euch darauf nicht antworten, mein Fürst. Alles, was ich Euch versichern kann ist, dass ich Euch unter Einsatz meines Lebens beschützen werde, sollte Sanada-san tatsächlich versuchen, Euch anzugreifen!“

Masamune lächelte matt. „Ich danke dir… auch wenn ich hoffe, dass es nicht dazu kommt.“

„Das hoffe ich auch“, versicherte Kojuro, doch Masamune hatte das seltsame Gefühl, dass es nicht ernst gemeint war.

Wenn es so war, dann verwunderte es Masamune nicht. Er hatte schließlich nicht vergessen, was sein Vertrauter ihm gesagt hatte. Daher war der Fürst sogar davon überzeugt, dass Kojuro nur allzu gern glauben wollte, dass Yukimura hinter seinem Kopf her war.

Masamune betrachtete das Ganze etwas nüchterner. Er konnte es nicht an einem bestimmten Punkt festmachen, aber irgendetwas an der ganzen Sache kam ihm seltsam vor.

Yukimura hatte zwar zugegeben, dass dies seine Handschrift war, leugnete aber vehement, es geschrieben zu haben. Natürlich glaubte Kojuro ihm nicht, sodass der junge General es vorzog, sein Heil in der Flucht zu suchen.

Kojuro und die Männer sahen darin ein zweifelsfreies Schuldeingeständnis, allerdings konnte Masamune das nicht glauben. Wenn Yukimura wirklich vorgehabt hätte, ihn zu töten, hätte die Vergangenheit so viele Möglichkeiten dazu geboten. Warum ihm also die große Liebe vorheucheln und abwarten, bis er die Gefühle erwiderte, obwohl er doch für mehrere Monate schwer verletzt das Bett hütete, ja sogar mehrere Tage bewusstlos war?!

Das ergab einfach keinen Sinn!

Hoffentlich würde Yukimura bald auftauchen, dann konnten sie das Rätsel gemeinsam lösen.

Sein Wunsch erfüllte sich schneller, als es der Fürst erwartet hatte.

Plötzlich stürmte Bunshiro aufgeregt das Zimmer des Fürsten und verkündete aufgeregt: „Hitto, Sanada-san wurde am Tor gesichtet… und es scheint, als habe er wirklich vor, uns anzugreifen!!“

Kojuro’s Stirnfalte zog sich auf eine Ich-wusste-es-doch-Art kraus, verkündete entschlossen: „Mein Fürst, ich werde mich persönlich um ihn kümmern! Bitte wartet hier!“, verbeugte sich dann respektvoll, erhob sich und rannte mit Bunshiro von dannen.

Masamune sah ihm kurz nach, dann sah er auf die blitzende Klinge auf seinem Schoß – auf das Gesicht, das sich darin spiegelte. Trotz allem Vertrauen, dass er seinem Geliebten entgegenbrachte, wirkte es angespannt, traurig und auch ein wenig verängstigt.

Und da war diese kleine, nervige Stimme, die ihm sagte, dass – anders als in seinem Traum – Yukimura diesmal nicht gekommen war, um sein Herz zu stehlen.

 

Währenddessen trafen Kojuro und Bunshiro vorn beim Haupttor ein.

Die anderen Männer der Date-Armee standen dort bereits in Position und starrten mit angespannter Miene und erhobenen Klingen auf den Eindringling.

Mittlerweile hatte es stark zu regnen begonnen.

Yukimura schien das jedoch nicht zu kümmern. Mit beiden Speeren bewaffnet, hielt er die Augen geschlossen, als würde er meditieren.

„Was willst du hier, Sanada?!“, rief Kojuro ihm zu, die Hand am Schwertgriff.

Langsam öffnete Yukimura die Augen und sagte kühl: „Ich bin wegen Masamune hier.“

Kojuro’s Nackenhaaren stellten sich auf. „Das werde ich nicht zulassen“, knurrte er.

Yukimura’s Blick wurde eiskalt und er fixierte Kojuro, als sei er das Ziel. „Dann muss ich dich eben beiseite räumen.“ Dann hob er seine Speere und stürmte pfeilschnell auf Kojuro zu.

 

In seinem Zimmer konnte Masamune die Kampfgeräusche vernehmen.

Es war ihm gar nicht recht, dass es nun zum Kampf kam, aber wenn Yukimura nun wirklich gekommen war, um ihn zu töten, mussten sie ihn ja aufhalten.

Und wenn sie es wieder erwarten nicht schafften… musste er selbst Yukimura töten.

Ob er das konnte?

Er musste.

Dieses Land und seine Menschen brauchten ihn. Er konnte es sich nicht leisten, zu sterben, bevor er deren Zukunft gesichert hatte.

Und Yukimura wusste das auch.

Diese Nacht würde also die Entscheidung bringen – der alles endende Kampf, nach dem sich Masamune so freudig ersehnt hatte, als er noch nichts von seinen Gefühlen ahnte. Jetzt könnte er gut darauf verzichten.

Das Geschrei draußen verstummte schlagartig.

Masamune rührte sich nicht, sondern wartete ruhig ab, was als Nächstes geschah.

Die Fusuma öffneten sich und Yukimura trat ein.

„Du hast es also geschafft, Kojuro zu besiegen.“

Yukimura lächelte überlegen. „Überrascht Euch das, Fürst Date?“

„Nicht wirklich. Niemand weiß besser, als ich, wie stark du bist. Und was machst du jetzt?“

„Das solltet Ihr doch schon wissen. Ich werde Euch töten und meinem Fürsten Euren Kopf überreichen, als Zeichen, dass ich für ihn Oshu erobert habe. Ihr werdet Euch doch nicht wehren, oder?“

Masamune riss überrascht sein Auge auf. Dann grinste er breit. „So ist das also. Und du glaubst wirklich, dass du damit durchkommen würdest? Dass ich das einfach zulasse?“

Jetzt wirkte Yukimura überrascht. „Ihr wollt doch nicht gegen mich kämpfen?“

„Doch, dass muss ich sogar! Ich trage die Verantwortung für Oshu und seine Bewohner. Ich kann es mir nicht leisten, zu sterben. Und Yukimura weiß das auch!“

Im Bruchteil einer Sekunde sprang Masamune auf und stieß sein Schwert in die Brust seines Feindes.

Dieser röchelte, spuckte Blut aus und starrte fassungslos auf die Wunde. „Wieso… habt Ihr…?“

„Wie gesagt, Yukimura kennt die Lage, in der ich bin. Sie war einer der Gründe, warum unsere Beziehung so kompliziert war. Und deswegen hätte er auch fest damit gerechnet, dass ich gegen ihn kämpfe und hätte sich nicht auf irgendeine Gefühlsduselei verlassen! Wenn du ihn schon kopierst, hättest du das schon richtig machen müssen… Ninja.“

Ein Knall ertönte und eine Rauchwolke verhüllte den Blick auf Yukimura. Als er verschwunden war, stand plötzlich Sasuke vor ihm.

Ungerührt zog Masamune sein Schwert aus dem Körper, sodass der Ninja zu Boden fiel.

„Ich hätte nicht gedacht… dass Ihr mich durchschauen würdet. Scheint als hätte ich… Euch unterschätzt… Ich habe geglaubt, dass Ihr Meister Sanada… einfach nicht genug vertrauen würdet…“

Der Fürst schritt zu dessen Kopf und hielt ihm die Spitze seiner Klinge vor das Gesicht. „Du sagst mir jetzt besser, was hier vor sich geht, wenn du leben willst.“

Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Offenbar schien er zu überlegen, ob er jetzt wirklich reden sollte. Schließlich lächelte er ergeben.

„Gut… Euer Pflichtgefühl ist ohnehin stärker, als Eure Liebe zu Meister Sanada…“

Dann erklärte Sasuke ihm alles… die ganze Wahrheit, die hinter diesen Geschehnissen steckte.

Masamune traute seinen Ohren kaum. Von Zorn übermannt, holte er mit dem Schwert aus und stieß die Spitze tief in den Hals des Ninja.

Dieser röchelte, griff mit beiden Händen nach der Klinge und versuchte verzweifelt, sie herauszuziehen. Das gelang ihm jedoch nicht, er schnitt sich lediglich in die Handflächen. Nach quälend langen Sekunden sanken seine Arme zu Boden – Sasuke war tot.

Masamune’s Atmung beruhigte sich langsam. Er zog die Klinge heraus und torkelte in Zeitlupe aus seinem Zimmer in den Garten, eine Blutspur hinter sich herziehend.

„Masamune!“, rief jemand.

Der Fürst hob den Kopf und sah Yukimura auf sich zu rennen. Als dieser das Blut bemerkte, packte er den Älteren geschockt an den Schultern. „Was ist passiert?! Bist du verletzt?!“

Masamune schüttelte den Kopf. „Nein, ist alles gut…“ Er ließ das Schwert fallen und umarmte Yukimura fest. „Jetzt ist alles gut.“

Vorsichtig erwiderte der junge General die Umarmung. „Masamune, ich… wegen dem Brief…“

„Schon gut. Ich weiß, dass du den nicht geschrieben hast. Das würdest du nicht tun. Und wenn du es gewollt hättest, hättest du mehr als genug Gelegenheiten gehabt.“

Yukimura lächelte liebevoll. „Masamune, ich danke dir…“

Er beugte sich vor, um seinen Liebsten zu küssen – als sich plötzlich eine Klinge durch seinen Brustkorb bohrte.

Geschockt sah Yukimura hinunter auf seine Wunde, dann fiel er auf die Knie. Masamune fing ihn gerade noch auf, bevor er auf dem Boden aufschlug.

Nach der Ursache suchend, erblickte Masamune Kojuro, der gefühllos auf sein Opfer herabblickte.

„Kojuro! Was tust du denn da?!“, schrie ihn Masamune an.

„Ich wollte Euch nur das Leben retten, mein Fürst. Sanada-san ist immerhin hier, um Euch zu ermorden!“

„Rede doch keinen Unsinn!“ Wutentbrannt richtete sich Masamune ein wenig auf, Yukimura immer noch fest im Arm haltend. „Der Ninja hat mir alles erzählt. Er hat Yukimura’s Handschrift gefälscht und dann diese alberne Scharade aufgeführt, um uns auseinander zu bringen.“

„Welch ein teuflischer Plan“, sagte Kojuro in sichtlich gespielter Überraschung.

„Ach, hör schon auf, Kojuro. Ich weiß, dass du dir diesen Plan ausgedacht hast. Der Ninja und du, ihr wolltet uns unbedingt auseinanderbringen. Du wolltest mich doch für dich allein haben und Sasuke war Yukimura’s Verhalten ein Dorn im Auge.“

„Ich… wusste es…“, keuchte Yukimura schwer atmend. „Gleich… als ich den Brief… in meiner Handschrift sah… wusste ich, dass Sasuke… damit zu tun hat… Aber dass Ihr… auch mit drinhängt… Meister Katakura…“

„Das ist eine Lüge! Ich würde doch niemals eine Intrige spinnen und Unschuldige mit meinem Schwert niederstrecken!“

„Aber genau das tust du gerade!“, beharrte Masamune zornig. „Und verschone mich bitte mit deiner Heuchelei!“

„Ich bin kein Heuchler! Das alles habe ich doch nur getan, weil ich Euch liebe! Aber Ihr habt Euch nur für diesen Mann interessiert, mit dem Ihr nie glücklich werden könntet! Ich allein bin Derjenige, der Euch glücklich machen kann! Warum versteht Ihr das nicht?!“

„Du bist wahnsinnig!“, murmelte Masamune verbittert.

„Wie könnt Ihr so etwas sagen? Lasst diesen Mann und kommt mit mir!“

Kojuro packte den Fürsten am Arm und wollte ihn zu sich hochziehen.

Yukimura jedoch ließ das nicht geschehen – mit letzter Kraft hob er seinen Speer und bohrte ihn direkt in Kojuro’s Herz.

„Ihr werdet… Masamune nie wieder anfassen!“, keuchte er, dann sank seine Hand erschöpft zu Boden.

Kojuro stürzte zu Boden, doch Masamune kümmerte sich nicht weiter darum.

„Vergib mir, Masamune… dass ich Katakura getötet habe… aber ich wollte Euch nur beschützen… Er hatte diese Intrige gesponnen… wer weiß, was ihm sonst noch einfällt, um Eure Liebe zu gewinnen?“, flüsterte Yukimura.

„Nein, du musst dich nicht entschuldigen. Ich… hab Sasuke getötet…“

„Wenn es so ist, dann musste es wohl so sein… Mein Plan hat wohl letztlich doch nicht funktioniert… Wir haben uns unsere Zukunft so rosig vorgestellt… aber es sollte wohl einfach nicht sein…“

„Sieht ganz so aus. Aber du hast mir was gegeben, von dem ich dachte, dass ich es nie kennen lernen würde. Etwas, dass ganz wenige Menschen auf der Welt erfahren dürfen. Das werde ich nie vergessen.“

Yukimura lächelte schwach. „Dasselbe könnte ich dir auch sagen. Ich dachte immer, Liebe wäre nichts für mich… dass ich keine Liebe brauche. Jetzt weiß ich, dass ich ohne nicht mehr leben könnte. Wenn ich also nicht mit dir zusammen sein kann… ist das hier die beste Alternative.“

„Ich glaube, du fängst schon an, wirres Zeug zu reden“, lächelte Masamune sanft zurück und gab seinem Liebsten einen Kuss auf den Mund. „Schlaf schön, mein Schatz.“

„Ich liebe dich.“

Mit diesen letzten Worten schloss Yukimura seine Augen und verstarb in seinen Armen.

Masamune’s Lächeln erstarb schlagartig. Langsam schaute er sich um, auf die zwei leblosen Leichen im Garten und den toten Sasuke in seinem Zimmer und schüttelte den Kopf.

Was für ein Wahnsinn!

Dann fiel sein Blick wieder auf Yukimura in seinen Armen und er brach weinend auf ihm zusammen.

 

Masamune stand auf dem Hügel, wo Kojuro früher seinen eigenen Garten pflegte.

Dort hatte der Fürst seinen Liebsten Yukimura und auch Kojuro beerdigen lassen. So konnte Yukimura stets bei ihm sein und nachdem sein Zorn verraucht war, hegte er großes Mitgefühl für seinen besten Freund.

Nachdem die öffentliche Trauerfeier, an der alle Menschen von Oshu teilgenommen hatten, stand Masamune allein vor den Gräbern der beiden Männer und beobachtete traurig die Namen, während er überlegte, an welchem Punkt alles anfing, schiefzulaufen. Und was er hätte tun können, um es zu verhindern.

Letztlich kam er jedoch zu Besinnung. Das alles war eben Schicksal und er musste nun lernen, ohne seinen besten Freund und seine große Liebe zu leben.

Sein Volk in eine glorreiche Zukunft zu führen. Beide hatten auf ihre Art dabei geholfen, ihm das zu ermöglichen.

Masamune holte tief Luft und schaute schließlich voller Optimismus auf sein Land.

Er war sich sicher, er würde es schaffen.

 

~ Ende ~

My first Love

„Date Masamune war ein Samuraifürst, der in Japan während der Sengoku-Periode über Sendai in der Region Tohoku herrschte. Er war ein hervorragender Schwertkämpfer und Taktiker. Geboren 1567 in Yonezawa, wurde er bereits mit 18 Jahren der Daimyo der Provinz Oshu, heiratete er Megohime Kiyoaki und bekam mit ihr zehn Söhne und vier Töchter. Des Weiteren…“

Der junge Mann rümpfte die Nase und wandte sich von der Gruppe ab. Dieser Schulausflug ins Museum war wirklich langweilig.

Dieser Mann, der sein Namensgeber war, war wirklich interessant, doch die Museumsführerin schien gar nichts über ihn zu wissen – zumindest nichts, was der Wahrheit entsprach.

Der Fürst Masamune, auf dessen Statue er nun blickte, war nie verheiratet. Auch wenn er nicht sagen konnte, woher er das wusste.

Langsam umkreiste er die Statue des berühmten Samuraifürsten und musterte ihn eindringlich. Auf halbem Weg stieß er jedoch mit Jemandem zusammen.

„Oh, entschuldige, ich…“

Masamune blieben die Worte im Halse stecken, als er dem jungen Mann in die Augen sah.

„Schon gut, ich… ist nichts passiert“, sagte er beschwichtigend und lächelte sanft.

„Ähm… ich heiße Masamune Date.“

„Oh! Wie dieser berühmte Samuraifürst! Ist ja cool! Ich habe übrigens auch einen berühmten Namen! Ich heiße Yukimura. Yukimura Sanada.“

Masamune lächelte sanft. „Freut mich… Ähm, das klingt jetzt merkwürdig, aber…hast du Lust… einen Kaffee trinken zu gehen?

Yukimura lächelte verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. „Das fände ich toll, ja…“

„Gut, dann gehen wir. Ich habe eh genug von dieser schlecht recherchierten Geschichtsstunde.“

Yukimura nickte, schnappte sich seine Tasche und verließ dann mit angenehmen Bekanntschaft das Museum.

 

~ Ende ~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Date Masamune soll ja im Jahr 1567 geboren worden sein. Da Yukimura drei Jahre jünger ist, als Masamune, muss er 1570 geboren worden sein.
Daher spielt das hier im Jahre 1575. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kuro-Ikazuchi - bedeutet soviel wie "schwarzer Donner". Der Name stammt aus dem Kojiki, das die Mythologie und Frühgeschichte Japans vom mythischen Zeitalter der Götter bis zur Zeit der Kaiserin Suiko beschreibt. In dieser Schrift ist die Rede von acht Donnergöttern, die in der Unterwelt aus der Urmutter Izanami no mikoto entstehen. Kuro-Ikazuchi ist der Donnergott, der aus ihrem Bauch entstand.
Ich fand diesen Namen recht passend für Masa's Pferd, da es ja schwarz ist und Masa's Element der Donner ist. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hono-Arashi - Der Name für Yuki's Pferd setzt sich aus den japanischen Wörtern für "Flamme" (Hono) und "Sturm" (Arashi) zusammen. Also heißt es "Flammensturm". Ich hoffe, ich habe das richtig übersetzt...

Bamba-Pferd - Über diese Rasse wurde in einer Doku über Hokkaido berichtet. Diese Pferde sind kräftiger als normale Pferde und haben dickere Beine. Allerdings sind sie auch langsamer. In Hokkaido werden sie von den Bauern für die Feldarbeit genutzt. Es finden sogar regelmäßig Rennen nur mit Bamba-Pferden statt.
Leider habe ich nicht mehr Infos, weil ich seltsamerweise nirgendwo welche über diese Rasse finde... -.- Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Folge 11 & 12 werden im nächsten Kapitel nur als Rückblende behandelt, weil ich mich außerstande sehe, zu beschreiben, was da geschehen ist... Folge 13 hat für meine Story keine Relevanz. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, es gefällt euch, wie ich das mit Oichi enden ließ. Sie tat mir so leid und daher wollte ich die Gelegenheit nutzen und ihr ein Happy End geben.
Das mit der Explosion hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet, schließlich sollte ja keiner umkommen. Dann kam mir diese spontane Idee, die das Problem ganz gut gelöst hat, wie ich finde. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Eigentlich sollte das hier nur ein kurzes Kapitel werden - wie kommt es da bloß, dass ich schon wieder so lange herumgeschwafelt habe???
Egal, das nächste Kapitel beschreibt, woher sich Yukimura und Masamune kennen, es wird also ein einziger Rückblick werden. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bontenmaru und Nobushige waren die Namen, die Masamune und Yukimura vor ihrem Genpuku trugen.
Das Genpuku war ein altes traditionelles Ritual, bei der Jungen zwischen 15 und 18 Jahren die Kindheit hinter sich ließen und Erwachsene werden. Als Zeichen für den Wechsel vom Jungen zum Mann legt dieser seinen Geburtsnamen ab und nimmt einen neuen an. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (18)
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Von:  Rajani
2016-03-11T20:05:16+00:00 11.03.2016 21:05
Ha, das ist ja cool :D also ich muss ich ehrlich sagen, an so etwas habe ich auch schon gedacht, aber dann wieder verworfen ;) süüüüß aber du weißt schon, dass das einen weiteren Teil impliziert XD ich bin ja mal darauf gespannt :D
Antwort von:  Tamanna
11.03.2016 21:11
Eher nicht. Dieses Ende hab ich gewählt, weil es in der Zeit, in der sie lebten, keine gemeinsame Zukunft geben konnte, trotz aller Bemühungen.
Daher hab ich sie "reinkarnariert", um ihnen wenigstens in unserer Zeit sowas wie ein Happy End zu ermöglichen.
Von:  Rajani
2016-03-11T19:38:38+00:00 11.03.2016 20:38
T_T auweia... die Tränen kommen... Aber ja du hast Recht, man merkt, dass du schon woanders warst ;) du hast ein paar Wörter vergessen XD aber egal, auch wenn es jetzt plötzlich rasend schnell ging und das Ende sehr überraschend war, ist es doch gut geworden. In der Tat nicht deine Beste, aber gut :)
Von:  Rajani
2016-03-11T19:21:49+00:00 11.03.2016 20:21
WHAT?? Das ist doch eine Falle, lass mich raten, Sasuke ist in Yukimura verliebt??? Und deshalb hat er diesen Brief geschrieben und sich auch nach Oshu geschlichen und sich extra erwischen lassen??? Ich wette drauf
Von:  Rajani
2016-03-11T19:04:46+00:00 11.03.2016 20:04
Oh oh... der Arme Masa... Erst Yuki, dann Kojuro... Und dann auch noch Tagträume und Wunschvorstellungen... Oje oje. Aber gut, es ist mir gar nicht aufgefallen, dass die beiden Tagträume waren, wobei ich am Anfang tatsächlich dachte, dass es das nicht ist. Mal sehen, wie es weiter geht :D
Antwort von:  Tamanna
11.03.2016 20:49
Man sollte ja auch nicht merken, dass es ein Tagtraum und so ist ;)
Von:  Rajani
2016-03-11T18:51:15+00:00 11.03.2016 19:51
süüüß :D Ich erkenne da was wieder, aber du hast perfekt deine Note drübergeschoben :D gefällt mir, wobei ich sagen muss, dass ich nicht weiß, ob Yukimura solche Worte wählen würde, wie er sie Schluss sagt. Obwohl es einfach passend ist und er hat ja Recht, Liebe beginnt, wenn man sich dessen bewusst wird, davor ist es eben ein eigenartiges Gefühl ^^
Von:  Rajani
2015-09-02T21:10:57+00:00 02.09.2015 23:10
Egal wie lang es geworden ist, es ist einfach zuckersüß... jeder Rückblick ist herrlich. Yukimura ist einfach total niedlich. Und die Szene mit den Pferden ist echt genial, das ist ein eindeutiges Zeichen ;)
Ich finde es übrigens gut, dass jetzt auch endlich Masamunes Gefühle ein wenig aufgerollt werden. Er ist übrigens auch echt süß, vor allem der Satz "Du hast es aber auch nicht immer leicht mit mir." XD herrlich
Von:  Rajani
2015-06-19T21:16:52+00:00 19.06.2015 23:16
Sollte ich heiliges Kanonenrohr sagen...? Es ist Bombe (Vorsicht, Wortspiel XD)!!! Ich bin begeistert, es ist super! Mehr, mehr MEEEEHR ^^
Du hast es so einfach aber so unglaublich, so unsagbar schön geschrieben, wie Yukimura - völlig ohne nachzudenken - Masamune einfach küsst! Das vermittelt wirklich für diesen einen Augenblick eine kleine Ewigkeit :D eine zauberhafte romantische Blase... die nur leider in dem Augenblick zerplatzt als klar wird, wie wütend Takeda sein wird. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen :D
Von:  Rajani
2015-05-28T19:38:18+00:00 28.05.2015 21:38
wie süß, Masamune mal sentimental wegen Yukimuras rotem Band :D wie niedlich. Aber eines verwirrt mich jetzt etwas, da ich ja immer noch nicht dazu gekommen bin die 2. Staffel zu sehen: Ist die Sache mit dem Überfall und Kojuros List auch in der Serie passiert oder gehört das schon zu deiner Feder?
Antwort von:  Tamanna
05.06.2015 21:05
Das mit dem Überfall und der List stammt aus meiner Feder, ja :)
Ab jetzt ist alles meine Idee und stammt nicht mehr von der Serie.
Von:  Rajani
2015-05-21T18:05:22+00:00 21.05.2015 20:05
Im Großen und Ganzen kenne ich es ja, aber vor dem Hintergrund, dass es hier um die Liebe geht ^^ liest es sich doch gaaaaaanz anders :) hihi
Von:  Rajani
2014-10-10T18:54:18+00:00 10.10.2014 20:54
ooooohhhh, das ist perfekt, bis auf zwei Szenen kenne ich die Geschehnisse ja, aber diese zwei Szenen sind perfekt eingefügt :D super, ich bin gespannt, wie es weiter geht :D


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