Zum Inhalt der Seite

My First Love

Eigentlich wollte ich niemals lieben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kyusu - eine traditionelle japanische Teekanne mit einem Seitengriff, die vorwiegend zum Aufbrühen von grünem Tee verwendet wird Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Yukimura in Love

Yukimura in Love

 

„...Damit können wir zweifelsfrei bestätigen, dass sich die Armee von Nanbu Harumasa aufgelöst hat. Harumasa hatte wohl vor, von der Situation zu profitieren, indem er Fürst Takeda’s Zustand zu seinen Gunsten ausnutzen wollte. Seltsamerweise hat er sich wirklich sehr schnell wieder zurückgezogen, nachdem Akechi Mitsuhide und seine Truppen gefallen sind. Letztendlich ist es uns lediglich gelungen, die Krüge zu zerstören, sodass der rote Nebel sich auflöste und die toten Soldaten aufhörten, sich zu bewegen.“

Kasuga sah auf und bemerkte erst jetzt, dass ihr Gesprächspartner ihr gar nicht richtig zuhörte. Genervt stieß sie sich vom Baum ab, gegen den sie gerade gelehnt hatte, und baute sich wütend vor ihm auf. „Sasuke!! Hörst du mir eigentlich zu?!“

Aus seinen Gedanken gerissen, zuckte Sasuke zusammen und musterte Kasuga überrascht. „Wie? Oh, tut mir leid. Hast du etwas gesagt?“

Kasuga seufzte geräuschvoll. „Du bist mir vielleicht einer. Du bestellst mich extra hierher, um mit mir den Vorfall mit Harumasa zu besprechen und dann hörst du mir gar nicht zu!“

Sasuke kratzte sich verlegen am Kopf. „Entschuldige bitte. Es ist nur… ich mache mir Sorgen um Meister Sanada.“

Kasuga’s Gesichtszüge wurden schlagartig weicher. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass der Vorfall zwischen Yukimura und Date für viel Aufsehen in Kai gesorgt hatte. Takeda hatte nichts weiter zu diesem Vorfall gesagt, aber sein Blick hatte Bände gesprochen. Fürst Kenshin meinte, in all den Jahren, in denen die beiden sich kannten, hätte er nie solch einen Blick in den Augen des Tigers von Kai gesehen.

„Er wurde sicher hart bestraft. Immerhin hat er einen Feind geküsst“, erwiderte Kasuga nach einer Weile leise.

„Ja, das wurde er. Er darf für unbestimmte Zeit an keiner Mission mehr teilnehmen. Seine Speere wurden ihm abgenommen und es wurde ihm verboten, Fürst Date jemals wieder zu sehen. Außerdem hat Fürst Takeda nach diesem Vorfall kein einziges Wort mehr mit ihm gesprochen. Er würdigt ihm nicht einmal eines Blickes… Was mir aber solche Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass nichts davon Meister Sanada wirklich zu stören scheint.“

„Wie meinst du das?“

„Nun ja, wenn man bedenkt, wie wichtig ihm Fürst Takeda immer war und mit welchem Elan er ihm stets gedient hatte, erträgt er diese strenge Strafe doch auffällig gefasst. Er wirkt keineswegs traurig darüber, dass der Fürst nicht mehr mit ihm spricht. Er sitzt immer nur da und blickt verträumt in die Luft.“

„Glaubst du, er denkt die ganze Zeit an Fürst Date?“

„Ich bin sogar überzeugt davon, dass er das tut. Und genau das beunruhigt mich so.“

Kasuga biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Scheinbar würde das noch zu großen Problemen führen.

„Wie geht es Fürst Date eigentlich?“, fragte Sasuke dann beiläufig.

Nachdem er von Yukimura geküsst wurde, konnte Masamune nicht nach Kai zurückkehren. Da er allerdings immer noch verwundet war und es seinen Männern nicht viel besser ging, war an eine Rückkehr nach Oshu momentan nicht zu denken. Fürst Kenshin bot ihm daher an, sich in Echigo zu erholen. Seitdem waren Masamune und seine Männer Gäste im Anwesen des Kriegsgottes von Echigo.

„Er erholt sich erstaunlich gut. Er wird in Kürze die Heimreise antreten können.“

„Das ist gut. Je weiter er von Meister Sanada entfernt ist, desto besser ist es für uns alle.“

 

Sasuke und Kasuga unterhielten sich noch ein wenig, dann kehrte der Ninja nach Kai zurück. Dort erstattete er seinem Fürsten Bericht, wobei er es gründlich vermied, seinem Herrn von Masamune zu erzählen.

Nachdem dieser ihn entließ, suchte er als Nächstes Yukimura auf. Sorgenfalten schlichen sich in sein Gesicht, als er feststellen musste, dass dieser völlig melancholisch in seinem Zimmer saß und sein Essen nicht angerührt hatte.

Sasuke seufzte. „Meister Sanada… wohin soll das alles noch führen?“

„Was meinst du, Sasuke?“, flüsterte Yukimura und starrte gedankenverloren durch die offenen Shoji nach draußen in den Garten.

„Das wisst Ihr genau! Schlagt Euch diesen Mann endlich aus dem Kopf! Überlegt Euch lieber, wie Ihr Fürst Takeda’s Wohlwollen zurückgewinnen könnt.“

„Oyakata-sama’s Wut wird nicht so bald abklingen, fürchte ich. Alles, was ich tun kann, ist, meine Strafe zu akzeptieren.“

Sasuke schüttelte nur den Kopf und lies den jungen General wieder allein.

Yukimura seufzte tonlos und betrachtete nachdenklich die Schüssel mit Reis auf dem Tablett neben sich. Der Anblick der weißen Körner ließ ihn schmunzeln. Es erinnerte ihn daran, wie er zum ersten Mal in seinem Leben versucht hatte, zu kochen…

 

Rückblick

In dieser Nacht hatte er eigentlich nur nachsehen wollen, ob Fürst Masamune friedlich schlief.

Tagsüber war sein Zustand sehr bedenklich gewesen.

Als der junge General dann schließlich erleichtert feststellte, dass der Fürst tatsächlich ganz ruhig schlief, wollte er das Zimmer eigentlich wieder verlassen – doch der Anblick des schlafenden Fürsten ließ ihn einfach nicht los. Wie gebannt stand er neben dem Futon und starrte auf den Mann zu seinen Füßen herab.

Die ebenmäßigen Gesichtszüge, als wären sie gemeißelt worden.

Das schulterlange, braune Haar, das sein perfektes Gesicht umrahmte. Auf der rechten Seite verdeckte es fast gänzlich seine Augenklappe.

Sein gesundes linkes Auge schien sich unter dem geschlossenen Lid zu bewegen – ein Zeichen dafür, dass er träumte. Die für einen Mann etwas langen Wimpern zuckten ab und zu mal.

Die weich aussehenden Lippen schienen so schön geformt zu sein…

Die Brust hob und senkte sich sanft.

Wenn man ihn so sah, mochte man gar nicht auf die Idee kommen, er sei verletzt.

Yukimura konnte seine Augen nicht von ihm losreißen. Stattdessen griff er sich mit der Hand an die linke Brust – sein Herz verkrampfte sich so merkwürdig und er verspürte dieses fremdartige Ziehen.

In ihm keimte der Wunsch auf, den Älteren durch die Haare zu fahren, doch er wagte es nicht, ihm nachzukommen. Wenn der Fürst aufwachte und ihn dabei erwischte, wie sollte er das nur erklären? Aber der Wunsch war so stark…

Er konnte einfach nicht widerstehen!

Vorsichtig kniete er sich neben den Schlafenden, streckte ganz langsam die Hand nach ihm aus und strich dem Fürsten schließlich nach einigem Zögern mit zitternden Fingern die Haare aus dem Gesicht.

„Was machst du da?“, brummte es von unten.

Yukimura erstarrte in seiner Bewegung. Als der Fürst dann noch sein Auge aufschlug, schrie der junge General stumm auf und fiel vor Schreck rückwärts auf seinen Hintern.

Masamune richtete sich seufzend auf. „Und? Was machst du?“, wiederholte er.

„Äh… äh… uhm… ääääähhhh~ Ich wollte nur sichergehen, dass Ihr kein Fieber mehr habt“, lachte Yukimura verlegen auf. Vor lauter Nervosität schwitzte er ganze Sturzbäche.

„Verstehe“, sagte Masamune nur, dann legte sich eine bedrückende Stille auf die beiden nieder.

„Geht es Euch schon etwas besser?“, erkundigte sich Yukimura schließlich.

„Ja, nur…“

„…Nur was?“

Ein lautes Knurren ertönte. Masamune errötete und legte sich eine Hand auf den Bauch. „Ich bin ziemlich hungrig…“

Yukimura verkrampfte sich schlagartig. Ihm fiel ein, dass der Fürst den ganzen Tag nichts essen konnte. Da gab es nur ein Problem.

„Uhm… Fürst Masamune, die Dienerinnen sind leider schon zu Bett gegangen… Es ist mitten in der Nacht, müsst Ihr wissen.“

„Achso… Nun gut, dann lege ich mich einfach wieder schlafen. Morgen früh bitte ich einfach Kojuro um etwas.“

Yukimura biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Erst heute Nachmittag hatte ihm Kojuro erklärt, wie wichtig es für den Fürsten war, dass er etwas as. Er musste wieder zu Kräften kommen.

Schließlich kam ihm ein Geistesblitz. „Ich könnte Euch doch etwas zu Essen machen!“

Masamune war überrascht. „Du kannst kochen?“

„Äh… ja~ Ihr müsst Euch nur etwas gedulden“, ereiferte sich Yukimura, sprang auf und stürmte hinaus.

Masamune blieb auf seinem Futon sitzen und wartete geduldig. Allerdings erwischte er sich bei dem Wunsch, einmal Mäuschen zu spielen. Zu gerne würde er Yukimura dabei beobachten, wie er kochte. Höchstwahrscheinlich konnte er gar nicht kochen und wollte ihm lediglich einen Gefallen erweisen. Und wenn er ihn jetzt dabei beobachtete, würde er vielleicht vor lauter Nervosität Fehler machen.

Es war also besser, geduldig zu warten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchte Yukimura dann mit einem reichlich vollem Tablett wieder bei ihm auf. Neben Reis mit Rettich und Möhren, befanden sich auch eine Kyusu und eine Teeschale, sowie ein kleiner, brauner Keramiktopf auf dem Tablett.

Masamune staunte nicht schlecht. Das Essen sah wirklich köstlich aus. Hatte er sich etwa geirrt? Konnte der Kleine doch kochen?

Sein Magen meldete sich wieder und er entschied, nicht länger darüber nachzudenken. Hungrig nahm er die Stäbchen und probierte vom Reis – und erstarrte.

„Schmeckt es Euch?“, fragte Yukimura sofort freudestrahlend.

Masamune suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Bedauerlicherweise sah das Essen nur köstlich aus. Der Geschmack dagegen war sehr unappetitlich.

„Uhm… könnte es sein, dass du etwas zuviel Salz hineingetan hast?“, fragte der Fürst vorsichtig, um keine Gefühle zu verletzen.

„Zuviel Salz?“, fragte Yukimura ungläubig.

Masamune hielt ihm die Schale mit Reis hin. „Probier doch mal.“

Reichlich verlegen öffnete der junge General seinen Mund und ließ sich vom Fürsten füttern. Doch so schön dieser Moment auch war, dass versalzende Essen machte alles wieder zunichte. Yukimura konnte sich nicht erinnern, je etwas so Scheußliches gegessen zu haben.

„Das tut mir so leid…“, murmelte der Jüngere dann kleinlaut.

Masamune warf ihm mitleidige Blicke zu, wusste er doch, dass er es nur gut gemeint hatte.

Zu seiner eigenen Überraschung as er dann einfach weiter.

Yukimura war nicht minder überrascht. „Wieso esst Ihr das?“

„Ich habe Hunger“, war die einfache Antwort. Dennoch konnte man Masamune ganz deutlich ansehen, dass ihm jeder Bissen schwer fiel.

„Äh… ich hätte hier noch etwas Tee für Euch. Der wird Euch sicher gut tun. Ich könnte Euch noch etwas Honig hineingeben.“

Der Brünette nickte.

Yukimura füllte die Teetschale und gab etwas vom Inhalt aus dem Keramiktöpfchen in die grüne Flüssigkeit. Dann reichte er die Schale an den Fürsten weiter.

Dieser nahm sofort einen kräftigen Schluck – nur um kurz darauf die Schale fallen zu lassen und zu husten und zu krächzen.

„Fürst Masamune, was ist denn mit Euch?!“, rief Yukimura entsetzt.

„…Scharf…“, keuchte der Fürst.

Der junge General verstand nicht, was das heißen sollte und warf einen verwirrten Blick in das Töpfchen. Er tunkte den kleinen Finger hinein und kostete. Es stellte sich heraus, dass es kein Honig war, sondern Sasuke’s besonders scharfe Soße.

Masamune ächzte nach Luft und fiel um.

Yukimura stürzte zu ihm. Geschockt musste er feststellen, dass dieser wieder hohes Fieber hatte. Panisch stand er auf und rannte zu den Shoji, riss sie auf und wollte hinausstürmen, um Hilfe zu holen. Doch kaum, dass er die Shoji geöffnet hatte, prallte er mit Jemandem zusammen.

Es war Kojuro.

„Meister Katakura!“, rief Yukimura erleichtert.

„Was soll dieser infernalische Krach? Ihr wisst doch, dass der Fürst Ruhe braucht“, ermahnte Kojuro ihn, dann sah er seinen Fürsten am Boden liegend. Sofort stürmte er an dem jungen General vorbei und kümmerte sich um seinen jungen Herrn.

„Was ist hier vorgefallen?!“

„Ich… ich wollte Fürst Masamune nur etwas zu Essen machen… aber ich habe wohl einen Fehler gemacht… und jetzt geht es ihm ganz schlecht“, wimmerte Yukimura.

„Hey…fang jetzt bloß nicht an, zu heulen…“, keuchte Masamune und lächelte schief. „Ist nicht weiter schlimm… geh ruhig… Kojuro… kümmert sich schon um mich…“

Yukimura nickte nur, dann verließ er die beiden.

Kojuro half seinem Herrn, sich richtig hinzulegen, dann räumte er das Geschirr weg. Ein leises Lachen drang an sein Ohr.

„Was amüsiert Euch so?“

„Wenn es mir nicht so schlecht gehen würde, wäre das hier unheimlich witzig… Ich meine, denk doch mal darüber nach!“

„Ich kann leider gar nicht darüber lachen, dass Ihr fast vergiftet wurdet.“

„Haha, du übertreibst. Aber… tu mir einen Gefallen und sei nicht wütend auf den Kleinen, ja? Er hat es nur gut gemeint.“

„Das weiß ich. Etwas Anderes hätte ich von ihm auch nicht erwartet.“

„Ach, und Kojuro… Ich habe übrigens immer noch Hunger…“

Jetzt lachte auch Kojuro. „Ich werde Euch etwas kochen.“

Rückblick Ende

 

Yukimura hatte damals noch vor dem Zimmer gestanden und gelauscht. Dass der Fürst nicht wütend auf ihn war, obwohl es ihm so schlecht ging, hatte ihm viel bedeutet.

Im Nachhinein betrachtet, verstand Yukimura nicht, warum er nicht schon früher verstanden hatte, was er für diesen Mann empfand…

„Hallihallo! Jemand zuhause?!“, rief eine vertraute Stimme und kurz darauf tauchte der Schopf von Keiji auf.

„Maeda Keiji, was macht Ihr denn hier?“, fragte Yukimura überrascht.

Der langhaarige Schönling spazierte ins Zimmer und kratzte sich am Hinterkopf. „Tja, weißt du… Ehrlich gesagt, bin ich deinetwegen hier.“

„Warum meinetwegen?“

„Ich hatte gehofft, dass ich Fürst Takeda milde stimmen könnte. Da hab ich mich gewaltig geirrt…“

Yukimura nickte lächelnd. „Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Aber ich danke Euch, dass Ihr es versucht habt. Ich… habe nicht damit gerechnet, dass Irgendjemand in dieser Angelegenheit auf meiner Seite wäre…“

Keiji schmunzelte. „Das liegt wohl daran, dass ich in dieser Angelegenheit quasi völlig neutral bin… Wie geht es dir?“

„…Ich fühle mich etwas einsam… Außer Oyakata-sama meiden mich auch viele andere. Und die, die es nicht tun, flehen mich an, dass ich meine Gefühle vergessen und um Vergebung bitten soll.“

Keiji schüttelte verständnislos den Kopf. „Deine Gefühle vergessen… Um Vergebung bitten… Wofür denn? Man kann schließlich nicht beeinflussen, in wen man sich verliebt! Diese Menschen verstehen offenbar nicht, wie es ist, jemanden zu lieben.“

„Früher verstand ich es auch nicht“, lächelte Yukimura traurig. „Jetzt aber schon. Mehr, als es mir lieb ist.“

Hilflos scharrte Keiji mit den Füßen über die Tatami-Matten.

„Weißt du, letztendlich sollte nur eines für dich wichtig sein: das, was du empfindest. Ich war auch einmal verliebt. Oh, ich habe sie sehr geliebt, es ihr aber nie gesagt, weil sie schon einen anderen hatte. Dieser Andere war mein Freund und ich schwieg, um ihre Beziehung und unsere Freundschaft nicht zu gefährden. Bis heute konnte ich nicht aufhören mich zu fragen, was wohl wäre, wenn. Wenn ich ihr meine Gefühle trotzdem gestanden hätte. Wenn sie dasselbe für mich empfunden hätte. Das quält mich bis heute. Vielleicht ist es unvernünftig von mir, dass zu sagen, aber… Du solltest ihm deine Gefühle gestehen. Und sollte es so sein, dass er nicht das Gleiche für dich empfindet, kannst du wenigstens leichter damit abschließen und vielleicht wirklich eines Tages darüber hinwegkommen.“

„Und wenn er… mich auch lieben sollte? Was sollen wir dann tun?“

„Nun in dem Fall… solltet ihr beide ernsthaft darüber nachdenken, was Euch wichtiger ist. Eines kann ich dir versichern. Für die Liebe zu kämpfen ist niemals falsch.“

Yukimura nickte. „Ich werde darüber nachdenken.“

„Gut. Ich würde dir ja noch gerne etwas Gesellschaft leisten, aber es Zeit für mich aufzubrechen. Begleitest du mich noch zu den Ställen?“

„Sicher“, sagte Yukimura, dankbar, dass er endlich mal wieder einen Grund hatte, aufzustehen und sich zu bewegen.

Die beiden Männer begaben sich zu den Ställen. Keiji stieg auf sein Pferd, verabschiedete sich von Yukimura und ritt davon.

Der junge General sah ihm nach, bis er völlig verschwunden war. Dann wandte er sich um und entdeckte im Stall sein treues Pferd, Hono-Arashi.

Yukimura streichelte ihm sanft über die Stirn. „Na, mein Junge? Du bist auch traurig, nicht wahr?“

Das Pferd scharrte mit den Hufen, als wäre es empört.

Yukimura schmunzelte. „Tu doch nicht so. Wir wissen doch beide, wie gut du dich mit Kuro-Ikazuchi verstanden hast…“

 

Rückblick

„Haltet Ihr das wirklich für richtig, jetzt schon aufzustehen?“

Yukimura folgte Masamune und sah sich immer wieder sichtlich nervös um, als erwarte er, dass jeden Moment Kojuro auftauchen und sie beide zur Schnecke machen würde.

Masamune hingegen schritt schnurstracks in Richtung der Ställe. „Ich bin jetzt schon seit Monaten nicht mehr geritten. Kuro-Ikazuchi langweilt sich bestimmt zu Tode. Ich will nur nachsehen, wie es ihm geht, dann lege ich mich wieder hin, versprochen.“

Der Fürst betrat die Ställe.

Glücklicherweise war niemand dort, der sie dort hätte erwischen können.

Masamune fand sein Pferd schnell – doch was er da sah, ließ ihn so plötzlich anhalten, dass Yukimura gegen seinen Rücken prallte.

„Äh… was ist denn geschehen, Fürst Masamune?“

„Was tust du denn da?!“

„Was meint Ihr? Ich tue doch gar nichts…“

„Nicht du! Er!“

Yukimura sah an dem Fürsten vorbei zu dem Pferd.

Der schwarze Hengst war nicht allein in seiner Box. Zu Yukimura’s Überraschung leistete Hono-Arashi ihm Gesellschaft. Der braune Araber-Hengst schmiegte seinen Kopf zärtlich gegen Kuro-Ikazuchi, dem das sichtlich zu gefallen schien.

Yukimura errötete. Er wusste nicht genau warum, aber dieser Anblick war ihm irgendwie peinlich.

„Ist das zu glauben? Da schmust er doch tatsächlich mit deinem Pferd herum!“, rief Masamune fassungslos, ohne dabei verärgert zu klingen.

„Äh… ja… entschuldigt bitte.“

„Warum entschuldigst du dich denn? Hast du ihn etwa dazu angestiftet?“

„Nein! Natürlich nicht!“

Masamune lachte auf. „Hey, entspann dich, Kleiner! Das ist doch alles nicht so schlimm. Irgendwie sind die beiden doch auch ganz niedlich, oder?“

Yukimura lief prompt noch röter an. Hastig suchte er nach Worten, doch ihm fiel einfach nichts ein. Peinlich berührt verließ er den Stall.

„Hey, was hast du denn auf einmal?!“, rief Masamune ihm noch nach, doch Yukimura hörte ihn nicht mehr…

Rückblick Ende

 

Yukimura lachte leise auf.

Was Fürst Masamune wohl in diesem Moment gedacht hatte? Sicher hatte er ihn für verrückt gehalten.

Vielleicht stimmte das sogar. Denn jetzt sagte ihm eine innere Stimme, dass dieser Vorfall ein Zeichen dafür war, dass sie beide zusammengehörten.

Keiji könnte recht haben. Egal, wie Fürst Masamune darauf reagieren würde, er sollte ihm gestehen, was er empfand. Denn so, wie es jetzt war, konnte es nicht bleiben.

Da gab es nur ein Problem: wie sollte er nur mit dem Fürsten sprechen können? Er dürfte die Burg ja nicht mehr verlassen.

„Danna? Was macht Ihr hier?“

Während Yukimura seinen Gedanken verfallen war, hatte Sasuke den Stall betreten.

Verwundert, seinen Meister hier vorzufinden, trat der Ninja näher. Seinem Meister kam dabei eine Idee. Vielleicht bot sich hier eine Möglichkeit zur Flucht?

„Ich wollte nur nach Hono-Arashi sehen. Wir sind ja schon lange nicht mehr geritten. Er langweilt sich bestimmt“, sagte Yukimura und bemühte sich, dabei traurig zu wirken.

Sasuke warf ihm mitleidige Blicke zu. „Ja, wahrscheinlich. Aber es ist Euch momentan nicht gestattet, irgendwohin zu reiten. Das wisst Ihr doch.“

„Ich weiß. Weil die Gefahr besteht, dass ich Fürst Masamune aufsuchen würde. Aber im Moment sehne ich mich eher nach einer schönen Tasse Oolong-Tee und ein paar köstliche Dangos in meinem Lieblings-Teehaus. Das würde mich ein wenig aufheitern…“

Sasuke überlegte. Er würde seinen Meister schon gerne aufheitern. Und ein kleiner Besuch im Teehaus dürfte doch kein Problem darstellen. „Gut, hört zu. Oyakata-sama wird bald zu einem Treffen aufbrechen. Ich werde dafür sorgen, dass ich für Eure Wache eingeteilt werde. Sobald sie weit genug weg sind, können wir aufbrechen. Ihr müsst mir aber versprechen, dass wir uns sofort auf den Rückweg machen, sobald Ihr ausgetrunken habt. Ich weiß nicht, wie lange der Fürst fort sein wird.“

Yukimura nickte dankbar lächelnd. „Ich verspreche es. Vielen Dank, Sasuke.“

Der junge General und sein Ninja verabredeten sich für später, dann verließ der Jüngere den Stall. Insgeheim hatte er Schuldgefühle, weil er seinen treuen Diener belogen hatte und plante, wie er unbemerkt entkommen konnte.

Aber das Herz forderte nun einmal sein recht und er musste diese Sache einfach klären, um endlich wieder normal weiterleben zu können.

Denn eigentlich glaubte Yukimura fest daran, dass Masamune ihm eine klare Abfuhr erteilen würde. Doch er musste es aus dessen Mund hören, um sein Herz ebenfalls davon zu überzeugen.

Während er die Vorbereitungen für später traf, weckte der Gedanke an das Teehaus erneut Erinnerungen an Masamune…

 

Rückblick

Auch an diesem Tag war Fürst Takeda in wichtigen Angelegenheiten unterwegs. Kojuro und ein paar seiner Männer hatten ihn begleitet, um sich so für dessen Gastfreundschaft erkenntlich zu zeigen.

Fürst Masamune wollte diese Gelegenheit wahrnehmen und zu einem kleinen Ausritt aufbrechen.

Nachdem er erfolglos versucht hatte, ihn davon abzuhalten, begleitete Yukimura ihn. Zumindest war es ihm gelungen, den Fürsten zu einem Besuch im Teehaus zu überreden. Dieses lag nicht allzu weit entfernt.

Der Ritt zum Teehaus verlief ohne Zwischenfälle, was den jungen General sehr erleichterte.

Hungrig bestellte er einen Dango-Spieß nach dem anderen.

Masamune hingegen begnügte sich mit einer Tasse Tee.

Der Tag war herrlich mild und auf der Straße vor dem Teehaus herrschte reges Treiben. Das Teehaus selbst war gut besucht, dennoch konnte man in Ruhe seinen Tee trinken und den Tag genießen.

Masamune mochte diesen Ort sehr. In Oshu gab es auch Teehäuser, doch in keinem davon herrschte eine solch angenehme Atmosphäre, wie in diesem hier.

Das Einzige, was ihn vielleicht störte, waren die permanenten Seitenblicke, die Yukimura ihm immer wieder zuwarf.

„Habe ich etwas im Gesicht?“, fragte der Fürst schließlich.

Yukimura zuckte zusammen. „Was?“

„Du starrst mich die ganze Zeit an. Das stört mich ein wenig.“

„Oh… ich… es tut mir leid…“

„Was ist eigentlich los mit dir? Seit ich zu Gast bei euch bin, beobachte ich dich immer wieder dabei, wie du mich so anstarrst.“

Peinlich berührt, weil er erwischt wurde, spielte Yukimura mit seinem letzten Dango-Spieß. Schließlich fasste er Mut und fragte: „Fürst Masamune… kann es sein, dass wir uns kennen?“

„… Natürlich kennen wir uns. Ich bin der Typ, gegen den du in Kawanakajima angetreten bist“, antwortete Masamune trocken.

„Nein, so meinte ich das nicht!!! Ich meine… Kann es sein, dass wir uns schon früher einmal begegnet sind?“

„Wie kommst du darauf?“

„Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll… Seit ich Euch zum ersten Mal ohne Euren Helm sah, werde ich das Gefühl nicht los, dass ich Euch kenne. Das wir uns… schon früher einmal begegnet sind… Aber ich kann mich einfach nicht daran erinnern, wo und wann…“

Masamune überlegte, schüttelte aber dann den Kopf. „Tut mir leid, du kommst mir gar nicht bekannt vor.“

„Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein…“

„Ja, vielleicht“, sagte Masamune desinteressiert, schnappte sich Yukimura’s Handgelenk und zog mit den Zähnen den obersten Dango vom Spieß. „Lecker“, meinte er kauend.

Yukimura starrte den Fürsten mit offenem Mund an, völlig verblüfft von dem dreisten Mundraub.

„Was schaust du so? Ich wollte nur wissen, warum du soviel davon isst. Stört dich das?“

„Oh… Nein, nein! …Ich hatte ja schon reichlich davon…“, lächelte Yukimura gequält. Er versuchte, möglichst gelassen zu klingen, aber es störte ihn dennoch. Wie ein trauriger kleiner Hundewelpe starrte er auf den Spieß, an dem nur noch zwei Dangos waren.

Dieser Anblick war zuviel für Masamune. Er lachte laut los.

Yukimura zog beleidigt eine Schnute. Was war denn daran so lustig?

Rückblick Ende

 

Gedankenverloren strich Yukimura mit dem Daumen über den kleinen, braunen Beutel in seiner Hand. Manchmal erweckte das Verhalten des Fürsten in ihm den Eindruck, dass er etwas für ihn empfand. Aber das könnte genauso gut Einbildung gewesen sein.

Er musste ihn einfach sehen und mit ihm sprechen – auch, wenn er dafür einen guten Freund hintergehen musste…

 

„Hat Euch das Abendessen gemundet?“

Masamune nahm einen Schluck vom Sake und nickte. „Es war wirklich köstlich. Eure Shinobi kann ganz wunderbar kochen.“

„Es freut mich, dass es Euch geschmeckt hat“, antwortete Kasuga ungerührt und räumte das Geschirr ab.

Fürst Kenshin, dem Masamune beim Abendessen Gesellschaft geleistet hatte, betrachtete Kasuga liebevoll lächelnd. „In der Tat. Kasuga ist in jeder Hinsicht eine wahre Göttin. Sie ist ebenso mit zahlreichen Talenten gesegnet, wie mit Schönheit.“

Die Blondine errötete bis unter die Haarspitzen. „Ah… Fürst Kenshin, bitte sagt das nicht!“

„Aus mir spricht die Wahrheit, die in meinem Herzen innewohnt. Du schönste meiner Klingen, keines meiner Worte vermag deinen Liebreiz zu beschreiben.“

Seine süßlichen Worte und sein verführerischer Tonfall waren zuviel für Kasuga. Sie stöhnte laut auf. Dann fiel ihr jedoch wieder ein, dass Masamune ebenfalls anwesend war. Hochrot wie eine Tomate, schnappte sich Kasuga das schmutzige Geschirr und verließ so schnell sie konnte das Zimmer.

Masamune schmunzelte und leerte seine Sakeschale.

„Wir leben in einer Zeit, in der nicht jede Liebe ausgelebt werden darf“, meinte Kenshin plötzlich sehr ernst. „Manche Beziehungen sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“

„… Dann waren das ernst gemeinte Worte von Euch?“

„Was ich empfinde, ist letztlich ohne jede Bedeutung. Ich entschied mich vor langer Zeit für den Weg des Mönchs und diesen Weg zu verlassen, würde meinen inneren Tod bedeuten.“

Masamune überlegte. „Ich weiß nicht, was ich empfinde. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht. Für mich war er nur… Ja, was eigentlich?“

„Du solltest einmal darüber nachsinnen, junger Drache. Der kleine Tigerwelpe hat dir ohne Worte zu verstehen gegeben, dass er Gefühle für dich hegt und du solltest ihm eine Antwort geben. Andernfalls könnte er sich in seinen romantischen Gefühle verirren.“

Masamune nickte verstehend. „Ihr habt recht. Und ich möchte Euch noch einmal danken, dass Ihr mich bei Euch aufgenommen habt. Es wäre mir nicht möglich gewesen, noch einen Tag bei Takeda zu bleiben, wo ich Yukimura ständig über den Weg laufe.“

„Du bist mir willkommen. Bis deine Verletzungen geheilt sind… und dein Herz.“

Masamune verabschiedete sich von dem Fürsten und zog sich in sein Zimmer zurück.

Er hatte den Fürsten belogen. Er hatte sehr wohl schon darüber nachgedacht. Im Grunde tat er seit diesem Kuss nichts anderes mehr. Doch sein Verstand kam ihm immer wieder in die Quere, indem er ihn daran erinnerte, dass er als Fürst von Oshu große Verantwortung trug und eine Liebschaft mit einem feindlichen General eine große Dummheit wäre.

Doch diese Frage allein mit Vernunft beantworten zu wollen, brachte ihn nicht weiter. Letztlich konnte nur sein Herz eine eindeutige Antwort geben. Und dieses hatte ihm schon einmal seltsame Signale gesendet…

 

Rückblick

Es war ein sehr stürmischer Tag gewesen.

Die Heilung seiner Wunden zog sich weiter hin und dauerte für seinen Geschmack einfach zu lange. Er musste sich bewegen und ein einfacher Spaziergang genügte ihm nicht mehr.

So nutzte er die Abwesenheit Kojuro’s aus und ritt am Nachmittag in einen abgelegenen Wald. Auf einer kleinen Lichtung begann er nach langer Zeit wieder mit dem Schwerttraining. Die lange Ruhezeit machte sich rasch bemerkbar. Schneller als sonst geriet er außer Atem; jeder weitere Hieb kostete ihm mehr Kraft, als er es gewohnt war.

Wütend, dass sein Körper seinem Willen nicht folgen wollte, verausgabte sich der Fürst völlig. Schwer atmend und von Schweiß durchnässt, bemerkte er gar nicht, wie sich jemand ihm näherte.

„Fürst Masamune, was tut Ihr hier?!“

Der Brünette zuckte erschrocken zusammen und wirbelte herum.

Yukimura stand hinter ihm und starrte ihn halb geschockt, halb verärgert an.

„Du bist es nur… Wie hast du mich gefunden?“

„Hono-Arashi hat mich hergeführt. Offenbar konnte er spüren, wo sich Euer Pferd befindet“, antwortete Yukimura. „Fürst Masamune, was macht Ihr denn hier? Ihr wisst doch, dass Ihr noch nicht gesund genug seid, um…“

„Ach, halt deinen Mund! Ich habe es satt, dass mich jeder wie ein rohes Ei behandelt! Ich halte dieses ständige Herumgesitze nicht aus! Ich will mich bewegen, trainieren! Ich bin schon von ein paar Hieben außer Atem!“

„Ich kann Euch ja verstehen. Aber das zeigt doch, dass Euer Körper noch nicht bereit ist für solch körperliche Anstrengungen! Ich bitte Euch, lasst uns zurückreiten! Der Himmel wirkt, als würde jeden Moment ein Unwetter aufziehen.“

Masamune sah zum Himmel hinauf. Er war so in sein Training vertieft gewesen, dass ihm gar nicht aufgefallen war, wie sehr sich der Himmel verdunkelt hatte. Der Wind war ebenfalls stark aufgefrischt. Es schien wirklich jeden Moment ungemütlich zu werden.

Doch der starrköpfige Fürst dachte gar nicht daran, jetzt umzukehren. Dorthin, wo jeder so tat, als wäre er eine zerbrechliche Porzellanpuppe. Wo er nichts allein machen dürfte und man ihn ständig überwachte.

„Ich gehe nirgendwohin! Ich werde jetzt trainieren, hast du verstanden?! Reite doch alleine zurück, wenn dich das Wetter so beunruhigt!“

Unter Yukimura’s fassungslosen Blicken fuhr der Fürst mit seinem Training fort. Wie konnte man nur derartig verbohrt sein?

Der junge General überlegte fieberhaft, wie er den Fürsten nur zur Umkehr bewegen konnte.

Währenddessen verschlechterte sich das Wetter zusehends.

Regen prasselte mittlerweile wie eine Flut nieder, Blitze zuckten am Himmel, lautes Donnergrollen rollte über ihre Köpfe hinweg.

„Fürst Masamune, ich bitte Euch nochmals: lasst uns umkehren!! Das Unwetter ist gleich über uns!“

„Nein, wie oft noch?! Geh doch allein, wenn du solche Angst vor ein bisschen Regen hast!“

Plötzlich schlug im Baum direkt neben Masamune ein Blitz ein. Die Männer zuckten erschrocken zusammen, die Pferde bäumten sich verängstigt auf. Der Baumstamm fing Feuer und fiel mit einem ächzenden Geräusch um – mitten auf den Fürsten!

„Fürst Masamune!“, schrie Yukimura und riss den Fürsten von den Füßen. Gerade noch rechtzeitig, um nicht vom Baum erschlagen zu werden.

Yukimura rappelte sich auf, zog den Fürsten auf die Füße und schnappte sich die Zügel der beiden Pferde und verließ so schnell wie möglich die Lichtung. Ohne ein Wort zerrte er den Fürsten hinter sich her, bis sie eine große Höhle entdeckten. Sofort lief Yukimura hinein und band die beiden Pferde an einen kleinen Ast, der aus den Felsen wuchs.

„Setzt Euch!“, sagte der junge General ungewohnt barsch und machte sich daran, auf dem Boden herumliegende Äste aufzusammeln, um damit ein Feuer zu machen.

Masamune folgte stumm der Anweisung und wartete, bis das Feuer brannte und sie wärmte.

Yukimura setzte sich mit großem Abstand ebenfalls auf den Boden und stierte ins Feuer.

„Wie lange werden wir hier wohl noch sitzen?“, fragte Masamune nach einer Weile.

„Das weiß ich nicht“, knurrte Yukimura verärgert. Er stand auf, ging zu seinem Pferd, durchwühlte die Satteltasche und nahm zwei Decken raus. Eine warf er dem Fürsten zu. „Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr jetzt schweigen würdet.“

Der Fürst begriff, dass er den Jüngeren verärgert hatte. „Es tut mir leid“, flüsterte er, dann legte er sich hin und deckte sich zu.

 

Als Masamune aufwachte, hatte sich das Unwetter wieder verzogen. Müde rieb er sich die Augen, dann krabbelte er zu Yukimura herüber, der immer noch zu schlafen schien.

„Yukimura. Wach auf, das Unwetter ist vorbei! …Yukimura?“

Beunruhigt stellte der Fürst fest, dass der junge Mann unter der warmen Decke zitterte und schwer atmete. Ein Griff an die Stirn verriet ihm, dass er Fieber hatte.

„Yukimura, was ist mit dir?!“

„Argh… mein Bein… dieser Schmerz…“

Sofort warf Masamune die Decke beiseite und entdeckte den Ursprung von Yukimura’s Schmerzen: sein linker Knöchel war beängstigend angeschwollen und seltsam verfärbt. Masamune war sofort klar, dass er sich den Fuß verletzt haben musste, als er ihn vor dem herabstürzenden Baum gerettet hatte.

Und das alles nur, weil er sich geweigert hatte, mit ihm zurückzureiten…

Sofort sprang Masamune auf und rannte aus der Höhle. Körperlich war er nicht imstande, Yukimura alleine auf das Pferd zu hieven und mit ihm zur Burg zu reiten. Er musste Hilfe holen!

Glücklicherweise kam ihm der Zufall zu Hilfe. Kaum hatte er die Höhle verlassen, hörte er eine vertraute Stimme rufen: „Fürst Masamune, wo seid Ihr?!“

Masamune erkannte die Stimme sofort. „Kojuro!! Kojuro, ich bin hier!“

Wenig später bog das rechte Auge des Drachen in den Weg zur Höhle ein und ritt auf seinen Herrn zu. „Fürst Masamune, wo seid Ihr denn gewesen?! Ich war so in Sorge!“, fragte Kojuro sofort und stieg vom Pferd ab.

„Das ist jetzt nicht wichtig. Du musst sofort mitkommen! Yukimura ist verletzt und wir müssen ihn so schnell wie möglich zurückbringen!“

Zu zweit gelang es den beiden Männern, Yukimura auf sein Pferd zu setzen. Gemeinsam ritten sie dann zurück zur Burg.

 

„Sanada-san hat sich zum Glück nur den Knöchel verstaucht. Ein, zwei Tage Ruhe und es wird ihm wieder besser gehen“, berichtete Kojuro seinem Herrn.

Dieser hatte sich in Yukimura’s Zimmer begeben, nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, und saß nun neben dessen Futon.

„Das sind gute Neuigkeiten“, flüsterte Masamune sichtlich erleichtert. „Kojuro, mir tut das alles so furchtbar leid…“

„Wenn Ihr Euer Handeln wirklich bedauert, dann solltet Ihr Euch zukünftig den Anweisungen des Arztes gemessen verhalten. Das bedeutet: keine heimlichen Spaziergänge mehr!“

Masamune nickte ergeben und lächelte dann schief. „Ich werde mich wohl niemals ändern, was?“

„Wollen wir hoffen, dass es nicht so sein wird“, lächelte Kojuro zurück und ließ seinen Herrn dann allein mit dem Patienten.

Der Fürst widmete sich dann dem schlafenden Yukimura. Sein Fieber war inzwischen gesunken und sein Knöchel verbunden und gekühlt.

„Du hast es auch nicht leicht mit mir, hm?“, murmelte Masamune, legte sich neben Yukimura auf den Fußboden und stützte seinen Kopf mit der rechten Hand ab. „Das Einzige, was mir in letzter Zeit problemlos zu gelingen scheint, ist dir Sorgen zu bereiten. Aber ich verspreche, dass ich dir keine Ärger mehr machen werde. Ach und… vielen Dank, dass du immer da bist, um mich zu retten…“

Vorsichtig beugte er sich über den Jüngeren und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn.

Rückblick Ende

 

Masamune saß angelehnt an den geöffneten Shoji auf dem Boden und starrte hinauf zum Mond. Sein Zimmer war vollkommen dunkel und wurde nur vom einfallenden Mondlicht erhellt. Der Fürst mochte die Einsamkeit und die Dunkelheit. Es half ihm, nachzudenken.

Der Kuss auf die Stirn war lediglich ein Ausdruck der Zuneigung. Er mochte ihn, daran bestand keinerlei Zweifel. Aber Liebe? Wohl eher nicht.

Masamune seufzte tief. Das er überhaupt über solche Dinge nachdenken musste…

„Warum musstest du mich küssen, du kleiner Blödmann?“, murmelte er.

„Genau kann ich Euch das nicht beantworten. Ich habe nicht darüber nachgedacht.“

Der Fürst setzte sich erschrocken auf und sah sich suchend im Garten um. Hatte er jetzt schon Halluzinationen?

„Yukimura?“, fragte er unsicher in die Dunkelheit hinein.

Yukimura trat aus dem Schatten in den Lichtkegel des Mondes und lächelte sanft. „Schön, Euch zu sehen, Fürst Masamune.“

„Wo kommst du denn her?! Ich dachte, du wurdest… unter Hausarrest gestellt?!“

„Ich… habe einen kleinen Trick angewandt. Ich habe Sasuke dazu überredet, mit mir ins Teehaus zu gehen. Da hab ich… ihm ein kleines Schlafmittel in den Tee getan…“

Masamune stöhnte auf. „Yukimura, was denkst du dir bloß? Wenn der alte Takeda das herausfindet, bist du geliefert! Und wozu? Was erhoffst du dir davon? Ich mag dich, du bist ein lieber Kerl. Aber ich… liebe dich nicht.“

„Seid Ihr Euch da sicher?“

„Ich… bin mir sicher.“

„Das klang aber nicht sehr überzeugend.“

„Nobushige bitte, lass mich in Ruhe!“

„…Wie habt Ihr mich genannt?“

„Entschuldige, das ist mir so rausgerutscht. Ich weiß auch nicht, warum ich dich gerade so genannt habe…“

Yukimura starrte den Fürsten mit offenem Mund an.

„Was hast du, Yukimura?“

„Ich weiß es jetzt… Ich weiß jetzt, woher ich Euch kenne…“

 

~ to be continued ~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Eigentlich sollte das hier nur ein kurzes Kapitel werden - wie kommt es da bloß, dass ich schon wieder so lange herumgeschwafelt habe???
Egal, das nächste Kapitel beschreibt, woher sich Yukimura und Masamune kennen, es wird also ein einziger Rückblick werden. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Rajani
2015-09-02T21:10:57+00:00 02.09.2015 23:10
Egal wie lang es geworden ist, es ist einfach zuckersüß... jeder Rückblick ist herrlich. Yukimura ist einfach total niedlich. Und die Szene mit den Pferden ist echt genial, das ist ein eindeutiges Zeichen ;)
Ich finde es übrigens gut, dass jetzt auch endlich Masamunes Gefühle ein wenig aufgerollt werden. Er ist übrigens auch echt süß, vor allem der Satz "Du hast es aber auch nicht immer leicht mit mir." XD herrlich


Zurück