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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Leises Wispern in den Blättern kann auch einen Sturm ankündigen

58) Leises Wispern in den Blättern kann auch einen Sturm ankündigen
 

Erleichtert holte Sam Luft, als er aus der Dusche stieg. Er war den Geruch von verbranntem Stoff los, der ihm, seit sie vor ein paar Stunden die Kleidung, die sie bei Kate trugen und das Stroh auf diese Weise entsorgt hatten, anhing. Auch das Bad und ihr Zimmer rochen schon weniger streng. Endlich konnte er ebenfalls ins Bett und schlafen. Nichts wünschte er sich jetzt mehr.

Er rubbelte sich die Haare so gut es ging trocken. Zum Föhnen hatte er absolut keine Lust mehr, zog sich an und ging ins Zimmer.

Deans Decke lag mehr auf dem Boden als auf ihm. Er hatte also wieder nicht ruhig schlafen können!

Wie konnte er ihm nur helfen?

Sam ließ sich auf der Kante seines Bettes nieder und schaute zu seinem Bruder.

Dean war wach und starrte mit glasig glänzenden Augen ins Nichts.

„Was ist nur mit dir?“, fragte Sam leise und hockte sich vor ihn. Eine Weile musterte er ihn schweigend.

Natürlich bekam er keine Antwort, also stand er auf, nahm die Decke und breitete sie über seinen Bruder. Er zog sie glatt. Plötzlich schloss sich Deans Hand um seine und er sah sich dunklen, fragend blickenden Augen gegenüber, die ihn fest fokussierten.

„Ich will nicht … Ich …“, stammelte der ältere Winchester kaum verständlich.

„Soll ich mich zu dir legen?“ Es zerriss Sam fast das Herz, Dean sah so verletzlich aus. Es war einfach nicht richtig. Egal wie alt er war, Dean würde für ihn wohl immer der große, starke Bruder sein. Auch wenn das eigentlich falsch war. Vielleicht sollte er sich mal von dieser Vorstellung verabschieden? Irgendwann einmal?

Wortlos rutschte der ältere Winchester zur Seite und machte seinem Bruder Platz, drehte ihm aber den Rücken zu.

Schnell kam der der Einladung nach, bevor sich sein Bruder anders entschied.

„Was quält dich so?“, fragte er und rutsche an seinen Großen heran. Doch obwohl Dean die Nähe suchte, war er nicht bereit zu reden. Noch nicht.

Langsam driftete Sam in Morpheus Arme.
 

Die beruhigende Wärme, die von seinem kleinen Bruder ausging und der noch immer beträchtlich hohe Alkoholspiegel in seinem Blut senkten seine Hemmschwelle auf ein Minimum. Die Bilder, die noch immer durch seinen Kopf rasten, fraßen ihn auf. Er konnte nicht mehr. Kaum hörbar und immer wieder stockend begann er, mehr zu sich selbst, zu sprechen.

„Mom! Ich sehe Mom immer wieder an der Decke hängen. Sie schreit. Sie bettelt um Hilfe und John steht da und lacht. Immer und immer wieder lacht er nur und erklärt, dass er jetzt endlich frei ist und sich eine neue Familie suchen kann. Und ich bin viel zu klein um ihr zu helfen, viel zu schwach.“

Der Jüngere schluckte. Er hatte geahnt, dass Dean sich mit seinen Minderwertigkeitskomplexen, dem kaum vorhandenen Selbstwertgefühl und dem alles beherrschenden Drang es Dad Recht zu machen, für ein Lob das wohl selten bis nie kam, herumschlug.

„Das hat er nie getan“, überlegte Sam etwas verspätet.

„Nein, aber das spielt keine Rolle. Ich träume immer wieder davon.“ Diese Begegnung mit Adam hatte die gut verschlossenen Gefühle hervor gewühlt und die drohten ihn jetzt zu erschlagen. Egal wie viel er trank.

Sams Gedanken rasten. Hatten diese Träume noch andere Ursachen?

„Hast du Mom gesehen? Damals in meinem Zimmer?“, fragte er leise und versuchte sich noch etwas Zeit zu verschaffen.

„Ich …“ Wieder rief er sich die Nacht in Erinnerung. Hatte er sie gesehen? Eigentlich war das unmöglich und doch fragte er sich das immer wieder. „Ich habe Jess gesehen.“

Sam verstand, dass das mehr als genug war.

„Du denkst, Dad hat Mom verraten?“

„Ich weiß, dass er das nicht hat, aber es fühlt sich so an.“

„Und jetzt gibst du Adam die Schuld?“

„Nein. Adam ist der Unschuldigste von allen“, krächzte Dean.

„Aber …“

„Ich weiß es nicht. John … Ich … Ich träume immer wieder, dass er mich an die Hölle verkauft. Für ein glückliches Leben mit Kate und Adam und er sagt immer wieder, dass er das tut, weil ich versagt habe.“

„Du hast nicht versagt!“, sagt Sam leise aber bestimmt.

„Er sagt, dass es meine Schuld wäre.“

„Es ist nicht deine Schuld. Ich wurde mit Dämonenblut verseucht. Es müsste meine Schuld sein!“

„Du warst sechs Monate!“

„Und du vier Jahre! Was soll ein Vierjähriger für Schuld auf sich geladen haben, um so bestraft zu werden?“

„Ich weiß es nicht.“

„Aber es fühlt sich so an?“

Dean nickte und Sam legte ihm seine Hand auf die Schulter. „Es ist nie deine Schuld gewesen. Du hast von uns allen am Wenigsten falsch gemacht.“

„Und warum hat er mich dann immer so angesehen?“

„Ich weiß es nicht, Dean. Aber es tut mir leid.“

„Er hat gesagt, dass er nur wegen mir bei Mom geblieben ist!“

„Wann?“, wollte der jüngere Winchester erschrocken wissen. Hatte der das wirklich gesagt? Wie konnte er so etwas vor einem Kind sagen? Und wenn er es auch so gemeint hatte, warum hatte er sie nach Moms Tod dann nicht weggegeben?

„Sie haben sich oft gestritten. Nachts, wenn ich eigentlich schlafen sollte. Manchmal hab ich mich dann auf die Treppe gesetzt und gewartet. Irgendwann knallte die Haustür und ich bin in mein Zimmer geschlichen und hab gewartet.“

„Worauf?“ Sam hatte eine dieser Nächte erst vor Kurzem miterlebt, als er in Deans Träumen auf die Gelegenheit gewartet hatte, seinen Bruder aus den Fängen des Totengräbers zu befreien. Aber er wollte, dass Dean weiter sprach und hoffte dass er seinem Großen so helfen konnte.

„Bis Mom ins Bett gegangen ist. Dann bin ich zu ihr und hab behauptet, dass ich was Schlechtes geträumt hätte. Sie hat die Decke hochgehalten und ich bin zu ihr ins Bett und hab mich ganz fest an sie gedrückt. Hab ihr gesagt, dass ich sie liebe und dass alles wieder gut wird.“

Sam versuchte die Tränen wegzublinzeln, die ihm gerade in die Augen traten. Wie schon vor wenigen Wochen fragte er sich, wie lange Dean schon versuchte Dads Fehler wieder gutzumachen.

„Es wurde besser als du im Anmarsch warst, bis kurz nach deiner Geburt. Dann war John weg. Irgendwann war er wieder da und kurz darauf war Mom tot. Verbrannt von einem Dämon.“

Wieder und wieder strich Sam seinem Bruder über die Schulter. Was sollte er auch sonst tun? Er würde Dean gerne in den Arm nehmen, doch das würde der wohl nicht zulassen. Leider. Trotzdem tat es ihm weh, wie sehr sich sein Großer mit dieser Situation quälte.

Wie tief musste sich das in seine Seele gefressen haben? Wie sehr hatte er unter Moms Verlust gelitten? Wie sehr schmerzte diese Wunde jetzt noch? Aber das Schlimmste für ihn war, dass er nichts tun konnte, um seinem Großen diese Last abzunehmen.

„Warum sagst du John?“, fragte er, einfach um die drückende Stille zu zerreißen.

„Weil ich in ihm keinen Vater mehr sehen kann. Nicht mehr. Ich meine, ich hab ihn verehrt. Ich habe ihn geliebt. Ich hätte alles für ihn getan. Aber inzwischen ist mir klar geworden, er ist nur ein Mensch. Er hat Fehler gemacht und er war dir nie ein Vater.“

„Deswegen musst du dich aber nicht von ihm lossagen!“

„Nach Moms … Er war mir noch weniger Vater als dir.“

Sam schwieg.

„Dad ist mit Mom gestorben“, sagte Dean leise.

„Du vermisst sie?“

„Ja“ Deans Antwort ging in dem leisen Schniefen fast unter und ließ vollkommen offen oder er damit nur Mom meinte oder die Eltern, die er einmal gehabt hatte.

„Es tut mir so leid!“, murmelte Sam tonlos und zog die Decke etwas höher über Deans Schulter.
 

Lange lag Sam noch wach und dachte über das nach, was er eben erfahren hatte.

Er fügte es zu dem hinzu, was er schon wusste und wollte es ganz tief in sich verwahren, da, wo er auch Deans Erzählungen von den schönen Tagen mit Mom und Dad hütete, wie einen Schatz. Auch wenn es dieses Mal keine schönen Erinnerungen waren, halfen sie ihm doch Dean zu verstehen und sie gehörten zu ihrer Vergangenheit!

So ein Geschenk würde er nur selten bekommen.

Wie sollte er jetzt mit Dean umgehen? Er konnte das doch nicht so einfach totschweigen! Aber genau darauf würde es wohl hinauslaufen. Sie würden wahrscheinlich nie wieder darüber reden.
 

Energisches Klopfen riss ihn aus dem Schlaf.

So langsam wuchs sich das zur Manie aus! Warum konnten die nie warten, bis sie von selbst aufstanden? Travis, Bobby und jetzt? Bestimmt Adam. Er atmete tief durch. Der Junge konnte ja nicht wissen, was er in der Nacht noch alles getrieben hatte.

Sein Blick fiel auf den Rücken seines Bruders. Schlagartig erinnerte er sich an das Gespräch, dass sie geführt hatten. So offen war Dean noch nie gewesen. Andererseits hatte ihn aber wohl auch noch nichts etwas so sehr aus der Bahn geworfen. Was war da noch, was ihm auf der Seele lastete? Was war mit diesem Alistair, das Dean so unbedingt hatte loswerden wollen?

Wieder klopfte es.

Sam gab ein unwirsches Knurren von sich und rutschte aus dem Bett.

Vorsichtig deckte er seinen Bruder richtig zu und schlurfte dann zur Tür.

„Ich wollte gerade den Schlüsseldienst rufen!“, maulte Adam statt einer Begrüßung und drängte sich ins Zimmer, um die vollbeladenen Tabletts abstellen zu können. Sofort rümpfte er die Nase.

„Hab ich mich in der Tür geirrt oder seid ihr in einen Schnapsladen gezogen?“, fragte er angewidert.

„Ich konnte nicht sofort schlafen und wollte etwas aufräumen. Dabei ist mir der Alkohol runter gefallen, den wir zur Desinfektion von Wunden immer dabei haben.“ Sam schloss die Tür und drehte sich zu seinem Halbbruder um. Dabei streifte sein Blick Dean. Er sah sich intensiv blickenden grünen Augen gegenüber. Sein Bruder war wach. Wie lange schon?

„Ihr desinfiziert …? Warum geht ihr nicht zu einem Arzt?“ Unglaube sprach aus Adams Stimme.

„Weil das, was wir tun zwar getan werden muss, aber selten bis nie bezahlt wird. Wir können uns schlichtweg keinen Arzt leisten!“, erwiderte er unwirsch und ging vor Deans Bett in die Hocke.

„Hey“, sagte er leise und sah sich einem Blick gegenüber, den er noch nie bei ihm gesehen hatte und der ihm irgendwie Angst machen. Deans Augen waren intensiv fragend auf ihn gerichtet und gingen gleichzeitig vollkommen leer durch ihn hindurch. Trauer und eine erschreckende Leere hatten sich in ihnen eingenistet.

„Du hast an sie gedacht?“, stellte er leise fest und ließ wieder offen, wen er jetzt wirklich meinte.

Natürlich bekam er keine Antwort. Keine gesprochene, doch Deans Augen wurden noch ein bisschen trauriger, wenn das denn noch ging. Sanft legte er ihm die Hand auf die Schulter.

„Hast du Hunger?“

Nur langsam kehrte Deans Blick ins hier und jetzt zurück.

„Willst du mit uns Essen oder soll ich dir was ans Bett bringen?“ Sam Stimme blieb fast ein Flüstern.

Ihre Augen trafen sich. Er verstand, erhob sich und trat zurück.

Dean schob die Decke von sich und setzte sich mühsam auf. Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht und stemmte sich dann in die Höhe.

Besorgt schaute Sam ihm dabei zu. Immer bereit sofort zuzugreifen, sollten seine Kräfte versagen, hielt er sich jedoch zurück. Trotzdem konnte er die Sorgen, die er sich um den älteren Bruder machte, nicht ganz verdrängen. Hatte die letzte Nacht ihn so viel Kraft gekostet? Hatte er überhaupt schon genügend Kraft gehabt oder ihnen wieder einmal, den starken Dean Winchester vorgespielt? Er würde weiter ein wachsames Auge auf seinen Bruder haben müssen.

Schwankend machte sich Dean auf den Weg ins Bad, der ihm noch nie so weit vorgekommen war. Er fühlte Sam hinter sich und er war ihm dankbar dafür, dass er da war und ihm trotzdem die Illusion ließ, stark genug zu sein.

„Was ist mit ihm?“, wollte Adam wissen, kaum dass sich die Tür geschlossen hatte.

„Ich denke, er hat uns gestern verarscht. Er hat sich mal wieder stärker gegeben als er war. Selbst mich täuscht er damit wieder und wieder.“

Adam überlegte kurz und deckte den Tisch fertig. Wie viele Facetten hatte die Beziehung seiner Brüder? Wie wenig wusste er doch über sie und ihr Leben?
 

Als Dean das Bad wieder verließ, sah er nicht viel besser aus. Seine Haut war noch immer grau und die Ringe unter den Augen tief und schwarz. Sam war sofort wieder an seiner Seite und begleitete ihn zum Tisch. Die Blicke der Brüder kreuzten sich und Adam konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass die beiden miteinander sprachen.

Sam schob seinem Bruder eine Tasse mit heißem schwarzen Kaffee hin und begann ein Sandwich zu schmieren, das er dann ebenfalls vor Dean stellte.

„Ich kann das schon selbst“, erklärte der leise, war aber irgendwie auch froh, es nicht tun zu müssen.

„Ich weiß. Aber du brauchst im Moment jede Kalorien, die du kriegen kannst und wenn du weniger verbrauchst ...“

„Kann ich dich in ein paar Wochen nochmal daran erinnern?“

„Vergiss es. Wenn du nicht bald wieder fit bist, bringe ich dich eigenhändig in eine Klinik, wo du zwangsernährt wirst!“

„Und das mir!“, schmollte Dean.

„Also tu, was du am Liebsten tust!“, forderte Sam gutmütig und schob ihm den Teller hin.

„Sex mit heißen vollbusigen Blondinen?“

„Nein! Essen!“, maulte Sam und verdrehte gespielt genervt die Augen.

Der ältere Winchester grinste breit und zwinkerte Adam zu.

Adams verwirrter Blick sprach Bände und brachte seine Brüder zum Grinsen.

„Tut mir leid, aber das kann dir keiner erklären“, sagte Sam leise. Diese Vertrautheit, diese Sprüche waren mit den Jahren entstanden und gewachsen, das war nichts, was er ihm in fünf Minuten verständlich machen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vanilein
2014-05-13T17:50:50+00:00 13.05.2014 19:50
<3 diese zwei ich liebe die beiden so sehr (Dean natürlich am meisten ;-) ) und ich finde es so süß wie die 2 miteinander umgehen
So herzlich auf ihre ganz eigene Art

Und Ich danke dir wirklich sehr und von herzen für die Fortsetzung :D
Danke danke danke *verbeug*


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