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This is war

von

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Vorahnung


 

“Was ist los?“ Nami stand am Fenster des Zimmers, hatte die Arme um ihren Körper geschlungen und blickte nachdenklich in die Nacht hinaus. Robin, die sich inzwischen in ihrem Bett aufgesetzt hatte sah abwartend in ihre Richtung. Es kam selten vor, dass sie Nami so nachdenklich erlebte.

„Ein Sturm zieht auf“, murmelte Nami leise und blickte weiter aus dem Fenster hinaus.

„Ein Unwetter?“

„Nein..“ Nami schüttelte den Kopf, was Robin nun durchaus verwirrte. Nami hatte ein äußerst sensibles Gespür für das Wetter, eine Gabe die sie bereits das erste Mal beeindruckt hatte, als sie es erlebt hatte. Naheliegend also, dass Nami davon hätte sprechen können. Deutlich, dass es aber um etwas anderes ging. Wenn sie darüber nachdachte, dann war es möglicherweise etwas, das auch Robin wahrnehmen konnte. Sie hatte es bereits am ersten Tag ihrer Ankunft gespürt und doch hatte sie dem ganzen keine zu große Bedeutung beigemessen. Die Stimmung in dieser Stadt war nicht mehr die selbe, wie früher.

„Etwas anderes.“ Nami sah weiter in die Dunkelheit, ehe sie schließlich spürte, wie Robin sich hinter sie stellte und die Arme um ihren Bauch schlang. Sanft drückte sie die Jüngere an sich und folgte ihrem Blick.

„Macht dir nicht so viele Sorgen, du solltest jetzt lieber wieder ins Bett gehen.“ Nami nickte leicht, sie wusste, dass Robin recht hatte, doch sie fühlte sich nicht wohl.

„Mir gefällt das alles nicht“, murmelte sie und lehnte sich etwas gegen die andere.

„Mach dir keine Sorgen, es wird nichts geschehen“, murmelte Robin leise, doch sie wussten beide, dass diese Worte in Nami’s Ohren alles andere, als überzeugend klangen. Eine Insel auf der es keinen Tag gab, eine Insel die gänzlich in Dunkelheit gehüllt war. Eine Pirateninsel. Hier überlebten nur die Stärksten.
 

„Komm, leg dich wieder hin Nami“, sprach Robin sanft und ließ von der Jüngeren ab. Sie wusste, dass sie diese nicht zwingen konnte und, dass sie letztlich wohl auch von alleine kommen würde, wenn sie wollte. Nami verharrte noch einen Moment in ihrer Position, ehe sie sich ebenfalls abwandte und Robin folgte. Sie hatte recht, Nami musste schlafen, es war schon weit nach Mitternacht und vielleicht würde die Welt morgen auch schon anders aussehen.
 

Sie hoffte es, sie hoffte es wirklich.
 

Alte Bekannte


 

einige Tage zuvor

 „Cook, zwei Mal das Tagesgericht!“


„Kommt sofort!“ Nami wandte sich wieder von dem kleinen Fenster ab, das als Durchreiche zur Küche diente, um sich wieder den Männern an der Bar zu widmen. Piraten. Versoffene, stinkende Idioten. Kaum zu glauben, dass sie das hier inzwischen ihr zu Hause nannte. Wobei, eigentlich stimmte es nicht. Eigentlich war dies hier nur Mittel zum Zweck, denn auf keiner anderen Insel konnte sie schneller an Geld heran kommen, als auf dieser. Nur ein Zwischenstopp auf ihrer Reise.


Es war früher Abend, was bedeutete, dass noch nicht zu viel los war und die wenigen Piraten, die sich hier her verirrten, weil sie vermutlich erst am heutigen Tag angekommen waren, wollten sogar etwas Essen. Es hatte sich schnell herum gesprochen, dass es bei ihr das beste Essen der Stadt gab. Etwas das Nami ihrem Koch zu verdanken hatte. Es war sicherlich ein Glücksgriff, dass er sich vor einer Weile in ihre Bar verirrt hatte und man sich auf schräge Art sympathisch gewesen war. Sanji war einfach unschlagbar auf seinem Gebiet und hatte Nami gleich mit seinem ersten Gericht überzeugt. Sie hatte ihm gleich ein Angebot gemacht und er hatte angenommen. Für Nami hatte festgestanden, dass diese Investition sich lohnen würde und damit hatte sie recht behalten.


Sie war gerade dabei ein paar Gläser abzuräumen und diese zu spülen, als sie aus dem Augenwinkel wahr nahm, wie ein neuer Gast an der Bar Platz nahm.


„Was darf es sein?“ fragte sie, ohne aufzublicken. Die meisten ihrer Gäste legten keinen Wert auf irgendwelche Höflichkeiten. Wer hier mit so etwas anfing konnte sich gleich sein Grab schaufeln. Dennoch musste sie zugeben, dass ihre Bar nicht zu den übelsten Spelunken dieser Stadt zählte. Auch das das Ergebnis harter Arbeit.


„Ein Rotwein und das Tagesgericht.“


„Cook, einmal Tagesgericht!“ rief sie Sanji zu, während sie ein Weinglas aus dem Regal holte, so wie eine Flasche ihres Rotweins, bevor sie sich umwandte und das Glas vor ihrem Gast abstellte. Erst jetzt registrierte sie wirklich, mit wem sie gesprochen hatte. Kurz machte sich ein überraschter Ausdruck auf ihrem Gesicht breit, ehe sie leicht in sich hinein grinste.


„Sie an, wen die Hölle da wieder ausgespuckt hat. Wie lange ist das jetzt her?“ Sie goss etwas Wein in das Glas, bevor sie die Flasche vor der anderen abstellte und sie eingehend musterte. Es war wirklich schon eine ganze Weile her.


„Fast ein Jahr“, bestätigte Robin und nahm ihr Glas zur Hand, um einen Schluck zu trinken. Prüfend betrachtete sie die rote Flüssigkeit und ließ sich den Schluck einen Moment auf der Zunge zergehen. Als sie das Glas wieder abgestellt hatte sah sie Nami einen Moment schweigend an. Möglicherweise hätte sie ihr doch den teureren Wein geben sollen. Aber dazu müsste Nami ihren Gästen vermutlich mehr Aufmerksamkeit schenken.


„Ich war im Rogers. Dort sagte man mir, ich würde dich hier finden. Das „Bellemere’s“, ja?“


„Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht ewig in diesem Loch arbeiten werde. Hier bin ich wenigstens mein eigener Chef.“ Sie zwinkerte Robin kurz zu, die schmunzelnd den Kopf schüttelte und sich ihrem Wein widmete, während Nami ein paar Neuankömmlinge versorgte. Es gab auf dieser Insel zwei Sorten von Menschen, jene die hier nur kurz verweilten und wieder verschwanden, sobald der Lockport einen neuen Kurs anzeigte und jene, die einfach nicht von ihr los kamen. Bei den einen war letzteres mehr, bei anderen weniger der Fall. Manche blieben hier, arbeiteten in einer Bar oder anderen Spelunke so wie Nami. Andere, zu denen Robin gehörte, verschwanden für eine Weile und ließen sich gelegentlich wieder blicken. Was genau die Menschen hier hielt war schwer zu sagen. Manche brachten es einfach nicht weiter, andere sahen es lediglich als Zwischenstopp und wieder andere fühlten sich hier wirklich wohl. Was genau davon auf Robin zutraf wusste Nami nicht. Sie kannten sich schon lange, doch nach all den Jahren war diese Frau für sie immer noch ein Rätsel insbesondere, wenn man bedachte, dass sie gerne ohne ein Wort des Abschieds verschwand. Wochen oder gar Monate blieb sie verschwunden und dann ,aus heiterem Himmel, tauchte sie einfach wieder auf.


„Lass mich raten, du brauchst mal wieder eine Unterkunft“, spekulierte Nami, als sie Robin ihren Teller vor die Nase stellte. Diese nahm die Gabel zur Hand und neigte leicht den Kopf zur Seite.


„Das, was sich dein zu Hause schimpft, kann man kaum als Unterkunft bezeichnen“, kommentierte sie das ganze schließlich und Nami verdrehte leicht die Augen. Seit den letzten drei Besuchen, die Robin dieser Insel abgestattet hatte, lief es nun schon so. Die Zeit, die sie hier war lebte sie bei Nami, die im Vergleich zu anderen immer noch halbwegs humane Preise verlangte. Die Besuche dauerten von wenigen Tagen bis zu ein paar Wochen, doch viel bekam Nami davon nie mit. Robin nutzte ihre Wohnung nur als Schlafplatz, wo sie sich tagsüber herum trieb blieb ihr Geheimnis.


„Ich wohne nicht mehr dort“, gab Nami nur zurück und ließ Robin mit ihrem Essen alleine. Allmählich füllte sich die Bar, die Piraten wurden munter. Bald würden sie die Küche schließen und Sanji würde ihr hier vorne helfen. Es war der Auftakt für eine lange Nacht. Vermutlich würden sie die letzten Kerle erst in den frühen Morgenstunden heraus schmeißen können, dann waren sie allerdings auch leichte Opfer. Vorerst schenkte sie Robin keine weitere Beachtung, das würde auch nicht nötig sein. Sie würden später noch die Gelegenheit für ein Gespräch haben, das hatte Zeit. Zwar verschwand Robin immer ohne Vorwarnung, doch niemals so schnell, das wusste sie. Davon abgesehen konnte Nami es inzwischen immer besser vorher sagen, wann es wieder so weit war. 


„Meine Wohnung ist hier über der Bar, du musst hinten rum“, klärte sie Robin später auf, als diese aufgegessen hatte und Nami ihren Teller abräumte, nachdem sie ihr nachgeschenkt hatte. Mit ernstem Blick hielt sie ihr einen Schlüssel vor die Nase.


„Ich kenne die Position jedes einzelnen Berry’s. Die selben Regeln wie immer, du kannst das unbezogene Bett nehmen.“


„Klingt wie immer verlockend.“ Nami verdrehte leicht die Augen, während Robin den Schlüssel an sich nahm und ihn einsteckte. Das Nami ihr so weit vertraute, dass sie ihr den Schlüssel gab mochte einiges heißen, doch bis sie diesen Punkt erreicht hatten war es ein langer Weg zwischen ihnen beiden gewesen. Fürs erste schenkte Nami der anderen keine weitere Beachtung. Dafür hatte sie Sanji, der eine schwäche für schöne Frauen hatte und sich diese Chance sicherlich nicht entgehen lassen würde. Sie bekam nur nebenbei mit, wie er versuchte mit Robin zu flirten, doch solange er seiner Arbeit nachkam störte Nami sich nicht weiter daran. Seine Bemühungen dürften ohnehin umsonst sein.



***



„Was für eine Nacht.“ Sanji seufzte schwer, nachdem er den letzten besoffenen Kerl aus der Bar gezerrt und zu den anderen auf die Straße gelegt hatte. Nami, die hinter ihm die Tür abschloss lächelte schwach, bevor sie sich daran machte die Taschen der Kerle zu durchsuchen.


„Ist es das nicht immer?“ fragte sie, während sie ein paar wenige Scheine zu Tage beförderte und sich diese in den Ausschnitt steckte. Sanji beobachtete sie nachdenklich und zuckte leicht mit den Schultern. 


„Vermutlich. Hast du nicht schon genug an diesen Kerlen verdient?“


„Man kann nie genug verdienen“, widersprach sie ihm und ließ von dem letzten Kerl ab, ehe sie langsam wieder an ihn heran trat. Auch Sanji gehörte zu den Menschen, die eigentlich nicht so recht hier her passen wollten. Aus einem Zwischenstopp waren Monate geworden in denen er zu einem guten Freund geworden war. Ungewöhnlich, wenn man auf dieser Insel lebte. Umso mehr wusste Nami ihn und seine Anwesenheit auch zu schätzen auch, wenn sie nicht immer einer Meinung waren. Sie hatte ihn nie gefragt woher er gekommen war oder, welches Ziel er gehabt hatte. Auch das war eine Regel der Inseln; man Stellte keine Fragen nach der Vergangenheit. Eine Regel an die Nami sich zugegeben nicht immer hielt.


„Sie ist das also.“ Etwas verwirrt durch den plötzlichen Themenwechsel sah sie Sanji an und hob fragend die Augenbrauen. 


„Wer ist was?“


„Diese exotische Schönheit, die am Abend in der Bar war.“ Robin. Eine andere Frau konnte er kaum meinen, auch wenn sich durchaus die ein oder andere in ihre Bar verirrt hatte.


„Was ist mit ihr?“


„Sie ist diejenige an die du das letzte Jahr gedacht hast.“ Nami schnaubte leicht und band sich die langen Haare zu einem Zopf zusammen.


„Ich habe an niemanden gedacht und erst recht nicht an sie.“


„Dein Blick sprach Bände.“


„Cook.. ich bin gerade wirklich nicht in der Stimmung für so etwas“, wandte sie entnervt ein.


„Stimmt, sie wartet ja oben auf dich.“ Nami versetzte ihm einen festen Schlag gegen den Hinterkopf, bevor sie sich abwandte und sich auf den Weg machte.


„Sei morgen gefälligst pünktlich, sonst streiche ich deinen Lohn für die nächsten zwei Wochen!“


„Welchen Lohn?!“ rief er ihr nach, doch da bog Nami bereits in die nächste Seitenstraße ein. Dass sie dem Gespräch mit Sanji nicht ewig würde ausweichen können war ihr bewusst, doch wenigstens für den Moment konnte sie es aufschieben. Sie schleppte sich langsam die Treppe am hinteren Teil des Gebäudes hinauf, bis sie die Tür am oberen Ende erreichte. Die Stadt lag inzwischen im Dunkeln, laut der hiesigen Definition brach nun der Tag an. Sie beförderte einen zweiten Schlüssel zu Tage und schloss die Tür auf. Die Wohnung selbst war nicht besonders groß, jedoch immer noch größer, als ihre letzte. Es gab ein winziges Bad, ein kleines Schlafzimmer und eine Küche mit Wohnbereich. Die einzelnen Zimmer waren allerdings nicht besonders groß, das größte war immer noch das Schlafzimmer in dem sie einen schwachen Lichtschein ausmachen konnte. Seufzend schloss sie die Tür hinter sich, ehe sie sich zum Schlafzimmer begab. Als sie die Tür öffnete erkannte sie Robin, die in dem zweiten Bett saß und augenscheinlich in ein Buch vertieft war.


„Du bist noch wach?“ fragte sie nach einer Weile, da Robin nicht auf ihre Anwesenheit reagierte. Nun blickte diese auf, sah Nami kurz an, wandte sich dann jedoch wieder ihrem Buch zu. 


„Wozu die zwei Betten?“ fragte sie, anstatt Nami eine Antwort zu geben. Dabei ließ sie offen, ob sie immer noch wach, oder bereits wieder aufgestanden war. Nami konnte sich bei ihr beides vorstellen. Gleichzeitig konnte sie sich nicht daran erinnern Robin jemals überhaupt schlafend gesehen zu haben.


„Ich habe alles, was in der Wohnung war übernommen.“ So war es hier üblich, zumal man ohnehin keine besseren Möbel als das bekam, was man in den Wohnungen vorfand. Letztlich spielte es keine Rolle, das einzige was zählte war, dass sie überhaupt ein Dach über dem Kopf hatte, auch wenn einen dies nicht unbedingt vor Übergriffen schützte. 
Nami setzte sich wieder in Bewegung und begab sich zu der kleinen Kommode, wo sich ihre wenigen Sachen befanden. Ohne sich Robin noch einmal zuzuwenden nahm sie sich ein paar Sachen heraus und verschwand im Badezimmer. Sie musste sich den Schmutz und Gestank der letzten Nach abwaschen, ansonsten würde sie keinen Schlaf finden. Jeden Tag war es das gleiche, sie kam müde und erledigt in ihre Wohnung und, obwohl sie sich am liebsten in ihrem Bett verkriechen würde, schleppte sie sich erst einmal ins Badezimmer. Ihre Kleidung zog sie allerdings schon vorher aus, da sie drinnen keinen Platz hatte, um sich richtig zu bewegen. Erst dann zwängte sie sich in das kleine Bad und schob sich unter die Dusche. Nebenbei glitt ihr Blick über ein paar ihrer Dinge. Sie lagen nicht mehr dort, wo sie sie zurück gelassen hatte. Gewisse Dinge gewöhnte man sich einfach an, dazu gehörte auch sich genau zu merken, wo man seine Sachen zurück ließ. Nami tat es inzwischen schon automatisch und so konnte sie sich auch denken, dass Robin vermutlich geduscht hatte. Leise seufzte sie auf und erschauderte leicht, als das kalte Wasser ihre Haut berührte. So etwas wie warmes Wasser gab es nicht, zumindest nicht, wenn man in dieser Gegend lebte. Daher verweilte Nami auch nicht lange unter der Dusche sondern verschwand, in ein Handtuch gewickelt wieder auf den Flur, wo sie sich nun richtig abtrocknete und in ihre Shorts und ein Top schlüpfte.


Mit dem Handtuch, welches sie sich um die Schultern gelegt hatte, schlenderte sie zurück ins Schlafzimmer, wo Robin immer noch unverändert in ihrem Bett saß. Nami ließ sich auf ihr eigenes Bett sinken und schlug dort ein Bein über das andere, während sie Robin beobachtete.


„Wo bist du gewesen?“ fragte sie schließlich und beobachtete, wie die andere erneut aufblickte und ihr Buch langsam zuschlug.

„Du weißt, dass ich dir keine Antwort darauf geben werde.“


„Du wirst mir wohl nie vertrauen, oder?“ Auf Robins Lippen zeigte sich ein schmales Lächeln bei diesen Worte, während sie das Buch zur Seite gab und sich auf die Seite legte, um Nami beobachten zu können.


„Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung?“ 


„Du wolltest mich umbringen“, gab Nami trocken zurück und legte sich nun ebenfalls hin. Erst jetzt spürte sie, wie erschöpft sie eigentlich war. Lange würde sie vermutlich nicht mehr wach bleiben.


„Siehst du. Ich vertraue dir mehr, als du vielleicht glaubst.“


„Manchmal bezweifle ich das allerdings“, murmelte sie und drehte sich auf den Rücken, dabei schloss sie langsam die Augen. Die Müdigkeit übernahm die Oberhand und ,da Robin dazu nun auch schwieg, gab es keinen Grund mehr für sie gegen sie anzukämpfen. Sie würde nicht mehr mitbekommen, wie Robin ihre Kräfte einsetzte, um die Decke über ihren Körper zu ziehen und das Licht auszuschalten. Nur, um sich erst dann selbst schlafen zu legen.
 

Schatten der Vergangenheit


 

Das Klappern von Geschirr holte sie langsam aus ihrem Schlaf. Brummend drehte Nami sich auf die Seite und strich sich über das Gesicht. Wie immer, wenn sie aufwachte lag das Zimmer noch im dunklen. Auf dieser Insel konnte man gänzlich jegliches Gefühl für die Zeit verlieren, wenn man sich keine Anhaltspunkte schaffte. Träge öffnete sie die Augen und späte zum Fenster. Sie kannte diese Sterne, es musste früher Nachmittag sein. Als sie zu Robins Bett sah war dieses leer. Natürlich. 
Leise fluchend setzte sie sich auf und ging zu ihrer Kommode, wo sie sich einen Kapuzenpulli herausholte, welchen sie sich überzog. Den Zopf, der sich inzwischen ohnehin fast gänzlich gelöst hatte, öffnete sie nun ganz, bevor sie sich die Kapuze überzog und anschließend langsam Richtung Küche schlenderte. Im Türrahmen blieb sie stehen und lehnte sich gegen diesen, um Robin zu beobachten, die offensichtlich erst einmal aufgeräumt hatte, ehe sie nun die Schränke durchsuchte.


„Du hast keinen Kaffee“, stellte sie fest, ohne sich zu Nami zu drehen. Diese konnte sich ein kurzes Schmunzeln nicht verkneifen. 


„Hättest du mir gesagt, dass du kommst, dann hätte ich welchen besorgt“, erwiderte sie. Sie hörte, wie Robin leise schnaufte und den Schrank schloss, den sie gerade durchsucht hatte. 


„Wo?“


„Linker Schrank, ganz oben.“ Sie sah zu, wie Robin der Beschreibung folgte und schließlich die kleine Dose fand, in der sich noch etwas Kaffeepulver befand. Eine kleine Reserve für den Notfall und, weil Nami wusste, dass Robin unausstehlich werden konnte, wenn sie keinen Kaffee bekam. Sie sah zu, wie Robin begann eine Kanne aufzugießen.


„Wann warst du das letzte Mal einkaufen?“


„Keine Ahnung.“ Sanji machte ihr meist etwas in der Bar, wenn sie sich Abends trafen. Ansonsten hatte sie entweder keine Zeit oder war einfach zu müde, um sich um solche Dinge zu kümmern. Sie ignorierte den tadelnden Blick der anderen und begab sich zu dem kleinen Tisch, um sich dort auf einen der Stühle sinken zu lassen und herzhaft zu gähnen. Sie hatte wahrlich nicht genügend Schlaf bekommen, doch irgendwie hatte sie das Problem meistens, wenn Robin mal wieder in der Stadt war. Diese Frau brachte ihren kompletten Alltag durcheinander.


„Du achtest immer weniger auf dich.“


„Ich achte hervorragend auf mich und das wüstest du, wenn du öfter hier wärst.“ Ein stiller Vorwurf. Dabei wusste Nami nicht einmal, was sie ihr genau vorwarf, immerhin war Robin ihr nicht das Geringste schuldig. Anstatt zu antworten stellte Robin eine leere Tasse vor Nami ab und platzierte eine zweite auf dem anderen Platz ihr gegenüber.


„Gibt es irgendwas, das du mir sagen möchtest?“ Nami seufzte schwer und schüttelte nur den Kopf. Nein, das wollte sie ganz sicher nicht. Letztlich war ihr das Ganze auch einfach zu anstrengend wenn man bedachte, dass sie gerade erst aufgestanden war. Ohne die andere anzusehen starrte sie einfach nur auf ihre Tasse hinunter, während Robin sich wieder entfernte und die Kanne mit dem frisch durchgelaufenen Kaffee holte, um ihnen beiden etwas einzuschenken. Erst, als sie sich gesetzt hatte blickte Nami auf und beobachtete sie einen Moment schweigend.


„Warum bist du zurück gekommen?“ Etwas, das Nami sich jedes Mal fragte, wenn Robin wieder auftauchte. Eigentlich gab es nichts, das sie an diese Insel band, zumindest aus Namis Sicht.


„Du stellst zu viele Fragen.“


„Weil du mir keine Antworten gibst.“ Auch was das anging würden sie nie auf einen Nenner kommen. Robin war einfach viel zu verschwiegen, als das Nami sich wirklich sicher sein konnte je etwas über die andere zu erfahren oder wirklich etwas über sie zu wissen.


„Glaub mir, je weniger-“


„Ich weiß, umso besser ist es für mich. Das hatten wir schon, erinnerst du dich?“ Nami nahm einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. Sie brauchte eindeutig Milch oder wenigstens Zucker darin, sonst war dieses Zeug absolut ungenießbar. Sie wusste, dass ihre Worte einen Tick zu scharf gewesen waren, doch konnte sie sich manchmal nicht zurück halten. Diese Frau kam und ging, wie es ihr gerade passte, so wie alle und langsam stieß Nami an gewisse Grenzen mit denen sie nicht so ganz fertig wurde. 


„Willst du darüber reden?“ Robins Stimme war sanft. Trotz allem wusste Robin genau, was in ihr vor ging und wenn etwas nicht stimmte. Und so wusste Nami auch, dass die andere sie nicht zu einer Antwort drängen würde, wenn sie das nicht wollte. Doch wollte sie überhaupt weiter schweigen?
Sie öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, doch ehe ein Laut ihre Lippen verlassen konnte hämmerte jemand gegen ihre Wohnungstür.


„Nami!“ brüllte eine Männerstimme, die Nami leider nur zu gut einer Person zuordnen konnte. Robin’s Blick verriet ihr, dass sie ebenfalls wusste, wer da solch ein Theater vor der Tür veranstaltete. 


„Wolltest du es nicht beenden?!“ In Robins Stimme schwang etwas mit, das Nami nicht genau definieren konnte. Ärger? Wut? Enttäuschung?


„Wollte ich auch!“ zischte sie zurück, darauf bedacht sich leise zu verhalten.
„Ich weiß, dass du da drinnen bist! Mach die verdammte Tür auf, oder ich trete sie ein!“ Sie sah zu Robin, sah, wie diese den Kopf schüttelte, doch sie ignorierte es. Nami erhob sich, löste sich unwirsch von Robin, die sie am Handgelenk gepackt hatte, um sie zurück zu halten. Es waren nur wenige Schritte bis zu ihrer Wohnungstüre, welche sie öffnete um den grünhaarigen Mann, der dort stand, wütend anzufunkeln.


„Wer ist bei dir?!“ Ohne eine Antwort abzuwarten schob er Nami unsanft zur Seite und betrat die Wohnung. Lange musste er nicht suchen, bis er Robin erkannte. Einen Moment starrten die beiden sich einfach nur an. Die Kälte die darin mitschwang war auch für Nami deutlich spürbar und wenig überraschend. Dass die beiden lediglich Verachtung füreinander übrig hatten, war immerhin kein großes Geheimnis. 


„Raus!“ fuhr Zorro Robin wütend an, woraufhin diese sich lediglich abwandte und in aller Ruhe einen Schluck aus ihrer Tasse nahm. Von ihm hatte sie sich noch nie einschüchtern oder beeindrucken lassen.


„Soweit ich weiß, ist das hier nicht deine Wohnung“, kommentierte sie seine Aufforderung lediglich. Dabei stellte sie die Tasse langsam wieder auf dem Tisch ab, um anschließend langsam mit den Fingerspitzen über den Tassenrand zu streichen.


„Pass lieber auf, dass ich dir nicht in den Arsch trete, wenn du nicht augenblicklich verschwindest!“ Zorro war leicht reizbar, zumindest in der letzten Zeit. Nami wusste es genau und Robin hatte ein besonderes Talent dafür ihn in Rage zu bringen. Doch hier und jetzt war sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, damit die beiden sich profilieren konnten. Wer war besser? Wer stärker? Es würde allen Beteiligen gut tun, wenn das alles endlich aus der Welt geschafft werden könnte. Doch ihre Wohnung war kaum der richtige Ort, um diese Fragen abschließend zu klären. Sie schob sich an Zorro vorbei und legte ihm eine Hand auf die Brust, um ihn zurück zu halten, während sie zu Robin blickte. 


„Geh einfach, okay?“ Erst jetzt wandte Robin langsam ihren Blick von Zorro ab und richtete diesen wieder auf Nami aus. Einen Moment trafen sich ihre Blicke. Ein Ausdruck, den Nami nicht deuten konnte, der undurchdringlich und doch erdrückend war. Der Moment hielt nicht lange, dann wandte Robin sich wieder ab und erhob sich schweigend. Sie würde noch die Tasse in die Spüle stellen und sich dann einfach an ihnen vorbei schieben. Nami biss die Kiefer zusammen, spürte Zorro’s schweren Atem unter ihrer Hand, sein Herz das so schnell Schlug als hätte er einen Marathon hinter sich. Die Geste schien ihn zu beruhigen und so war das einzige, das man in diesem Moment hörte, Robin die wohl ein paar Sachen zusammen suchte. Kurz darauf fiel die Haustür ins Schloss und sie waren alleine. Erst jetzt löste sie sich langsam von Zorro und brachte ein paar Schritte Abstand zwischen sich und ihn.


„Was wollte sie hier?!“


„Und was willst du hier?!“ Nami funkelte ihn wütend an, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und sich dabei gegen die Arbeitsfläche ihrer Küche lehnte. Es war gewiss nicht so, dass sie ihm Rechenschaft darüber schuldig war, wer bei ihr ein uns ausging. Selbst wenn es da mehr als diese geschäftliche Beziehung zwischen ihr und Robin geben würde. Dennoch hatte Zorro das nie verstanden, ganz gleich wie oft Nami versucht hatte es ihm klar zu machen.


„Ich hab dir gesagt, du sollst bei mir vorbei kommen, wenn ich wieder in der Stadt bin!“ Er holte aus, schlug mit der Faust auf die Arbeitsfläche neben ihr und baute sich dann wieder vor ihr auf. Dabei brachte er sein Gesicht nah an das von Nami. Seine Körpersprache zeugte von Aggression, von Wut. Darin lag eine Warnung, die sie nur zu gut kannte. Eine Erfahrung, die sie gelehrt haben sollte, wann es besser war ruhig zu bleiben und die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Doch wenn Nami eines nicht konnte, dann ihr Temperament zu zügeln.


„Ich muss arbeiten, um leben zu können! Außerdem bin ich keines von diesen Betthäschen, die springen, wenn du einmal mit den Fingern schnipst! Ich bin nicht dein Eigentun!“



***



„Nichts versüßt mir den Tag mehr, als die Gesellschaft einer solchen Schönheit genießen zu können“, säuselte Sanji und stellte eine Tasse Kaffee vor Robin ab. Diese saß seit kurzem mit ernster Miene an der Theke des Orange. Eigentlich hatte sie sich in der Stadt umsehen wollen, als sie dem blonden Koch in die Arme gelaufen war, der ihr gleich angeboten hatte ihr ein Frühstück zuzubereiten. Ein Angebot, welches sie nach kurzem zögern angenommen hatte. Der Morgen hatte bereits unschön begonnen auf nüchternen Magen weiter zu machen wäre wohl möglich nicht die beste Idee gewesen.


„Hat Namilein dich etwa schon raus geschmissen, oder wieso bist du schon auf den Beinen?“ Sanji sah sie forschend an. Er war äußerst schlecht darin seine Blicke zu verbergen. Etwas, das ihr unter anderen Umständen sicherlich Freude bereitet hätte. 


„Nicht direkt“, sprach sie knapp und nahm einen Schluck Kaffee, während Sanji sich mit den Händen auf der Arbeitsfläche abstützte. Auch sein Blick war nun wieder ernst geworden.


„Er ist bei ihr, oder?“ Ihr Schweigen schien Antwort genug zu sein, denn Robin spürte gleich, wie sich die Stimmung veränderte. Es lag ihr fern über Nami’s Privatleben mit ihm zu sprechen. Das war etwas in das sie sich nicht einmischen sollte. Aber anscheinend war er genug im Bilde, um seine eigenen Schlüsse aus der Situation zu ziehen.


„Scheiße“, fluchte er und schlug mit der Faust auf die Arbeitsfläche. Ein Ausbruch den Robin auf der einen Seite durchaus nachvollziehen konnte, immerhin konnte sie diesen Mistkerl ebenso wenig leiden. Auf der anderen Seite fragte sie sich dennoch, was ausgerechnet Sanji damit zu schaffen hatte. War es, weil er Interesse an Nami hatte? Wie viel wusste er über die Situation der beiden? Das konnte man wohl nur herausfinden, indem man Fragen stellte.


„Als ich sie das letzte Mal gesehen habe wollte sie sich von ihm trennen. Warum hat sie das nicht?“ Die Frage schien ihn ein wenig zu überraschen, dennoch wirkte es so, als würde er darüber nachdenken. Nach einer Weile seufzte Sanji schwer und steckte sich eine Zigarette in den Mund, um sie sich anzuzünden.


„Als ich sie kennen lernte hatte sie das auch noch vor. Und dann ist er wieder aufgetaucht. War schwer verletzt und ist hier an einem Abend in die Bar gestolpert. Da sie mir etwas erzählt hat wusste ich ja wer er war, wollte ihn rauswerfen. Aber sie hat mich davon abgehalten, ich solle ihr helfen ihn hoch in ihre Wohnung zu bringen. Kaum war er wieder fit ging alles wieder von vorne los.“ Kurz hielt er inne uns senkte den Blick. Vielleicht machte er sich Vorwürfe, dass er sie nicht davon hatte abhalten können. Doch konnte man das? Auch Robin hatte die Wohnung einfach verlassen, obwohl sie genau wusste, wozu dieser Kerl fähig war. Und gleichzeitig war Nami eine erwachsene Frau, eine die nicht auf den Mund gefallen war. Das sie so an ihm hing hatte nach Robin’s Auffassung nichts mit Angst zu tun.


„Keine Ahnung, warum sie den Versager nicht einfach seinem Schicksal überlassen kann. Verdient hat er es jedenfalls nicht, dass sie sich so um ihn bemüht.“ Er zuckte mit den Schultern und nahm langsam einen Zug von seiner Zigarette. Nein, Zorro war der letzte, der Nami’s Wohlwollen verdient hatte. Doch Robin war sich sicher, dass es einen Aspekt dieser Geschichte gab, den sie nicht kannten.


„Sie liebt ihn.“


„Nein.“ Als sie ihn überrascht ansah zuckte er mit den Schultern.


„Ich kenne den Blick verliebter Frauen. Sie liebt ihn nicht, da bin ich mir ziemlich sicher. Vielleicht sind es Schuldgefühle oder Pflichtbewusstsein, was sie daran festhalten lässt. Aber gewiss keine Liebe.“


„Und deswegen sollte sie sich das alles zumuten?“


„Ich weiß nichts über ihre Vergangenheit. Wer weiß, was die beiden mal miteinander zu schaffen hatten.“ Nami sprach nie über ihre Vergangenheit, das tat niemand, der hier auf dieser Insel lebte. Man vertraute niemandem auch, wenn Nami sicherlich ganz groß darin war Fragen zu stellen. Das war eine Grenze, die sie bei Robin nicht respektieren wollte und gleichzeitig hielt sie ihre eigene Umgebung schön auf Abstand. Wäre es anders könnte Robin vielleicht dazu geneigt sein ihr entgegen zu kommen, ihr ein paar Antworten auf ihre Fragen zu geben. Doch solange sie sich sicher sein konnte, dass dieses Entgegenkommen nicht erwidert werden würde, würde auch sie dieses Risiko nicht eingehen. 
Sanji rauchte seine Zigarette und würde dann in die Küche verschwinden, um ihr das versprochene Frühstück zuzubereiten. Robin hatte ihn bis zum vergangenen Abend noch nie hier auf Abyssus gesehen und fragte sich durchaus, was jemand wie er hier machte. Doch das war zweitrangig. Wichtiger war vielleicht die Frage danach was er hier in Nami’s Gegenwart erlebte, wie er SIE erlebte und was er dabei über sie wusste. Da legte es die Frage nah in welcher Beziehung die beiden zueinander standen. Doch das war wohl eine Frage, die Robin sich für einen anderen Zeitpunkt aufheben würde. Manche Fragen stellte man nicht sofort und wartete, bis das Gegenüber auch bereit war eine Antwort darauf zu geben und sich zu erklären.


„Cook!“ Wenn man vom Teufel sprach. Robin trank von ihrem Kaffee und beobachtete dabei, wie Sanji den Kopf wieder durch die Durchreiche schob, um zu sehen, was sie nun wieder wollte. Auch Robin hatte sich nun umgewandt und den Blick auf Nami gerichtet, die sich an die Theke neben sie gestellt hatte. Auch, wenn sie sicher gerne so tun würde, als sei alles normal würde sich Robin an dieser Stelle nicht davon abwimmeln lassen. Sie hob die Hand und würde sie auf die Wange der jüngeren legen, um ihr Gesicht sanft zu sich zu drehen und mit dem Daumen vorsichtig über die aufgeplatzte Lippe zu streichen. Es sollte sie schockieren, überraschen aber eigentlich tat es das nicht. Fast schon hatte sie damit gerechnet, dass etwas passieren würde.


„Es ist nichts“, sagte Nmai leise und wich ihrem Blick dabei aus. Dennoch löste sie sich nicht aus ihrem Griff was Robin als gutes Zeichen auffasste.


„Er hat dich geschlagen“, stellte sie gepresst fest und ignorierte Sanji dabei, der noch immer durch die Durchreiche blickte und ebenfalls sehr angespannt wirkte. Anscheinend konnte es warten, was auch immer Nami von ihm gewollt hatte. Und Robin? Die würde sie nicht so einfach davonkommen lassen auch, wenn sie diese Diskussion, schon viel zu oft geführt hatten.


„Sanji, machst du mir bitte etwas zu essen?“ Nami hatte den Blick von Robin abgewandt und sah jetzt eindringlich in seine Richtung ohne, dass sie auf Robins Worte einging. Er verstand, dass er an dieser Stelle nicht erwünscht war und zog sich vorerst zurück, um den beiden Frauen etwas zu Essen zu zaubern. Unterdessen strich Nami sich leicht über den Nacken. Sie wirkte unruhig und schien sich alles andere als wohl damit zu fühlen. Etwas das Robin durchaus nachvollziehen konnte aber Nami konnte kaum von ihr erwarten, dass sie das alles einfach ignorieren würde.


„Es war ein Unfall.“


„Ich dachte immer, dass du keine von diesen Frauen wärst…“


„Das bin ich auch nicht.“ Nun sah sie Robin wieder an. Wieder trafen sich ihre Blicke und sie verharrten in diesem Moment. Allerdings schaffte es Nami nicht ihrem Blick lange standzuhalten und würde sich doch wieder abwenden, den Blick auf den Tresen senken und mit einer Hand über das raue Holz streichen.


„Du verstehst das nicht.“


„Und ich gebe dir zu wenige Antworten, ja?“ In Robins Worten schwang ein Hauch von Sarkasmus mit, wobei Nami sich auf die Unterlippe biss. Sollte sie bloß nicht glauben, dass sie hier mit zweierlei Maß messen konnte. Das würde Robin ihr nicht durchgehen lassen. Besonders nicht, wenn es um jemanden wie Zorro ging, der sie offenkundig schlecht behandelte.


„Wenn er dir noch einmal zu nah kommt, dann werde ich mich nicht zurück halten.“


„Robin-“


„Nein. Wenn er dir noch einmal zu nah kommt. Dann bringe ich ihn um.“

 

Fehlendes Vertrauen


 

"Robin, komm zurück!", zischte Nami, als die andere vor ihr durch die Tür trat. Das schaffte sie durchaus auch ohne einen Schlüssel zu verwenden. Dank ihrer Kräfte konnte sie die Tür von drinnen aus öffnen und musste auf ihrem Weg nicht einmal inne halten. Das sie Nami normalerweise Immer nach einem Schlüssel fragte war vermutlich reine Höflichkeit. Etwas das sie in diesem Moment nicht mehr als nötig zu erachten schien.


Lautes Schnarchen erfüllte die Wohnung. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss, während Nami versuchte Robin zu fassen zu bekommen. Nachdem diese heraus gehört hatte, dass Zorro sich noch in ihrer Wohnung befand, war sie nicht mehr zu halten gewesen. Sie wich Nami spielerisch aus, die vergeblich versuchte nach ihr zu greifen und die Situation zu kontrollieren. Dabei verstand sie ihre Reaktion nicht, wo kam diese plötzliche Wut her? Robin ignorierte sie gänzlich und bewegte sich mit zielgerichteten Schritten in Nami’s Schlafzimmer. Dort lag Zorro, immer noch nackt, auf Nami’s Bett. Er lag auf dem Bauch, ein Arm hing aus dem Bett, die Decke war ebenfalls halb auf den Boden gerutscht. Wenn man ihn so betrachtete wirkte er ruhig, friedlich, fast schon ausgeglichen. Nami hielt einen Moment inne. Dieser Moment reichte aus, damit Robin ihre Teufelskräfte einsetzte und das Fenster öffnete. Erst, als der erste Teil von Zorro’s Sachen durch sie aus dem Fenster befördert wurde, richtete sich Nami’s Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen. 


„Robin!“ Nami packte die andere am Arm, doch das half nichts. Sie hatte bereits ihre Kräfte eingesetzt, um einige Arme erscheinen zu lassen, die Zorro unsanft in einen Klammergriff verfrachtete. Erst jetzt wachte er auf, sah sich desorientiert um. Dennoch waren seine Reflexe gut, die eines Kämpfers. Sein Körper schaltete von seiner entspannten Haltung sofort um und begann sich gegen den Griff zu wehren in dem er sich befand. 


„Was soll das!?“ fluchte Zorro lautstark. Kalt blickte er in die Richtung der beiden Frauen und versuchte sich aus Robins Griff zu befreien, doch diese ließ einfach noch weitere Arme entstehen, die ihren Griff noch weiter festigten, so dass er sich bald nicht mehr rühren konnte. Das sie ihm überlegen war wurde hier noch einmal besonders deutlich. Nami hatte selten erlebt, wie Robin ihre Kräfte einsetzte. Das sie Zorro allerdings jederzeit umbringen könnte, daran zweifelte Nami in diesem Moment nicht. Und gleichzeitig war sie eben keine Frau, die gedankenlos handelte.


„Du wirst dich von ihr fern halten, verstanden?“ Robins Stimme war eiskalt. Nami konnte einfach nur da stehen und von einem zum anderen sehen, ohne das sie wusste, was sie machen sollte. Was könnte sie auch machen? Sie war keine Kämpferin wie die beiden.


„Fass sie noch einmal an und es wird das letzte sein, was du getan hast!“


„Wer bist du, ihre Mutter?! Halt dich raus, das geht nur Nami und mich etwas an!“ Zorro war wütend, doch wann war er das mal nicht? Robin hingegen ignorierte ihn gänzlich und ließ sich davon nicht beeindrucken. Immerhin hatte sie die Situation im Griff und Zorro? Sein Geschrei war in diesem Moment nichts weiter als leere Luft. Und so begann sie mit Hilfe ihrer Kräfte ihn in Richtung Fenster zu befördern. Seine Fluche, Beleidigungen und Drohungen ignorierte sie ohne mit der Wimper zu zucken, bevor Zorro einfach hinaus geworfen wurde. Zwar versuchte er noch sich am Fensterrahmen zu halten, vergeblich. Ein Lauter Schrei, gefolgt von einem dumpfen Aufschlag waren die Folge.


„Scheiße“, fluchte Nami, die mit wenigen Schritten am Fenster war und hinaus blickte. Unten rappelte Zorro sich fluchend wieder auf. Er wankte, musste sich abstützen. Wie tief war der Fall gewesen? Vier, fünf Meter? Es gab ein Vordach auf dem er sicherlich zuerst aufgekommen war. Vielleicht hatte er es geschafft sich abzurollen und den Sturz abzufangen. Ob er sich verletzt hatte ließ sich auf diese Distanz nicht einschätzen. Zumindest schien es nichts schweres zu sein, denn er war schon wieder dabei seine Kleidung und seine Schwerter zusammenzuraffen.


„Was soll das, willst du ihn umbringen?!“ Sie fuhr herum, denn ihm konnte sie gerade ohnehin nicht helfen. Nein, jetzt musste sie erst einmal mit Robin klären was das alles zu bedeuten hatte. Wo dieser Ausbruch auf einmal herkam. 


„Er wäre es schon, wenn ich gewollt hätte“, erwiderte Robin ausdruckslos und ging zu Nami’s Bett, um die Decke, die auf den Boden gefallen war, wieder aufzuheben und auf ihr Bett zurück zu legen. 


„Was soll das, warum mischst du dich ein?!“ fuhr Nami sie wütend an. Natürlich konnte sie sich denken, dass Robin durchaus in der Lage gewesen wäre ihn umzubringen, wenn sie es wirklich gewollt hätte. Doch darum ging es nicht. Es ging darum, dass sie sich herausnahm hier hereinzulaufen, und ihn aus dem Fenster zu befördern.


„Erzähl mir nicht, dass es dir gefällt dich so behandeln zu lassen.“


„Es ist nicht so einfach, wie du denkst“, wandte Nami ein. Natürlich gefiel es ihr nicht, doch Zorro war nicht irgendjemand, er war ihr bester Freund. Das war etwas, das niemand anderes verstehen konnte. Sie erwartete auch kein Verständnis für ihre Entscheidungen aber Respekt? Ja, das durchaus. Denn am Ende des Tages ging es niemanden hier etwas an. Es war ihr Leben. Ihre Entscheidung. 


„Wie du gesehen hast ist es das.“


„Glaubst du?! Selbst wenn er jetzt auf dich hört in spätestens zwei Wochen bist du wieder verschwunden und dann? Dann werde ich es ausbaden müssen! Du kommst her, bringst alles durcheinander und dann verschwindest du einfach wieder und ich kann sehen, wie ich klar komme!“ Während Nami’s Züge nun härter wurden und sich die Wut immer deutlicher abzeichnete wurden Robins Züge langsam ein wenig weicher. Für Robin drehte sich die Welt hier nicht weiter, während sie weg war. Die von Nami allerdings schon. Sie würde das alles abfangen müssen, sie war es die sich weiter mit Zorro und seinen Ausbrüchen herumschlagen musste, nicht Robin. Wenn sie ihr wirklich helfen wollen würde, dann würde sie das alles weiter denken und die Konsequenzen nicht außer acht lassen, die es mit sich brachte, wenn man jemanden wie Zorro blind provozierte. Immerhin war er nicht in der Lage zu unterscheiden, ob Robin ihn provozierte oder Nami. Das war für ihn alles das gleiche. In seinem Wahn glaubte er sicherlich auch, dass Nami sie auf ihn gehetzt hatte.


"Er behandelt dich wie Dreck."


"Ich weiß!" Nami wandte sich ab und knallte das Fenster wieder zu. Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass sich hier jemand stritt, doch war sie der Meinung, dass dies nicht jeder mitbekommen musste. Besonders nicht Zorro, der vermutlich noch in Hörweite war. Es musste nicht weiteres Öl ins Feuer gegossen werden, das brannte nun ohnehin schon.


"Nami.."


"Was ist nur los mit dir?!“ Berechtigte Frage. Sonst zeigte Robin sich auch eher distanziert und emotional unterkühlt. Nami würde nicht so weit gehen sie als kalt zu bezeichnen und doch würde Nami nicht behaupten, dass Emotionen zu Robin’s Stärken gehörten. Das was gerade geschehen war grenzte da schon an einen Gefühlsausbruch sondergleichen. Hinzu kam, dass es nicht das erste Mal war, dass Robin etwas von ihrer komplizierten Beziehung zu Zorro mitbekam. Bisher hatte sie zwar immer kund getan, was sie davon hielt, doch hatte sie je emotional darauf reagiert? Nein. Nicht so. 


"Ich versuche nur dir zu helfen." 


"Was bringt das, wenn du nicht da bist, wenn ich dich wirklich brauche?!" Stille trat ein. Nami’s letzte Worte schienen sich erdrückend in dem kleinen Raum auszubreiten. Robin biss sichtlich die Kiefer zusammen, während Nami sie weiter wütend anstarrte, ehe sie sich abwandte und mit einer Hand feste über das Gesicht strich. Der Nachteil an ihrem Temperament war wirklich, dass sie oft erst dann nachdachte, wenn manches schon ausgesprochen war. Nichts was ihre Lage wirklich besser machte. War es nicht auch so schon kompliziert genug?


„Vergiss es einfach“, murmelte sie schließlich und verließ das Zimmer. In der Küche nahm sie sich ein Glas Wasser und setzte sich an den Tisch. Sie trank einen Schluck und versuchte sich wieder etwas zu beruhigen, wieder runter zu kommen. Irgendwie lief das alles etwas aus dem Ruder. 


„Was ist noch passiert?“ Robins sanfte Stimme drang an ihre Ohren. Kurz schielte Nami zu ihr herüber. Sie hatten das Licht in der Wohnung nicht eingeschaltet und so konnte sie die andere nur schemenhaft erkennen. Vielleicht war es auch die Dunkelheit, die sie allmählich fertig machte. Wann hatte sie das Sonnenlicht das letzte Mal gesehen?


„Was spielt das für eine Rolle?“ fragte sie leise und wandte den Blick wieder ab. Obwohl sie Robin ohnehin nicht in die Augen sehen konnte, versuchte sie ihr weiter auszuweichen. Sie hörte Robins leise Schritte und wie sie einen Stuhl verrückte, um sich neben Nami an den Tisch setzen zu können. Dann griff sie herüber nach ihrer Hand, drückte diese sanft. Mit dem Daumen strich sie über Nami's Handrücken, wobei diese sie immer noch nicht zu ihr blickte. Es war eine irritierende Geste. Selten teilten sie wirklich Körperkontakt und wenn, dann war es sicherlich anders, ein anderes Gefühl was man damit verband.


„Jetzt bin ich hier.“


„Und du wirst wieder gehen.“ Nami seufzte leise und sah nun doch wieder zu der anderen. Sie kannte Robin inzwischen drei Jahre. Anfangs waren sie nicht miteinander aus gekommen, doch inzwischen konnte man das, was sie verband durchaus als Freundschaft bezeichnen. Eine ziemlich schräge Freundschaft in der es vermutlich ein paar zu viele Geheimnisse gab.


„Du bist sauer, weil ich so lange fort war“, stellte Robin fest, was Nami ein schweres Seufzen entlockte. Was sollte sie auch sagen? Robin war ihr zu nichts verpflichtet und selbst wenn, die See war unberechenbar. Es wäre naiv zu glauben, dass man eine Reise wirklich beeinflussen könnte.

„Ich bin sauer, weil du ohne ein Wort verschwunden bist, ohne mir zu sagen ob oder wann du wieder kommst. Kannst du dir vorstellen, dass es Menschen gibt, die sich Sorgen um dich machen?“ Stille trat ein. Die beiden Frauen blickten sich an, während Robin merklich zu zögern schien, was ihre Antwort anging. Insgeheim fragte Nami sich, ob sie gleich wieder aufstehen und gehen würde. Persönliche Gespräche dieser Art ließ sie nur ungerne zu.


„Nein, das kann ich mir nicht vorstellen“, gab sie schließlich zu. Nami brummte leise und trank noch einen Schluck. Irgendwie hatte sie sich das ja gedacht auch, wenn sie sich fragte wie es sein konnte, dass diese Intelligente Frau in mancherlei Hinsicht so unqualifiziert war.


„Manchmal frage ich mich wirklich, wofür du mich eigentlich hältst.“ Sie löste ihre Hand aus Robins und stand nun auf, um das Glas zur Spüle zu bringen. Eigentlich war das alles nur Mittel zum Zweck. Nami musste sich einfach etwas bewegen. Diese ganze Situation und, wie sich dieses Gespräch entwickelte, gefiel ihr wirklich nicht. 


„Es geht dabei nicht um dich Nami. Ich bin einfach so, die Umstände haben mich schon früh dazu gezwungen und ich kann das nicht so einfach abstellen. Es ist die einzige Möglichkeit für mich zu überleben.“ Nami stützte sich auf der Arbeitsfläche ab und senkte den Kopf. Für einen Moment schloss sie die Augen.


„Ich möchte doch nur, dass du dich verabschiedest“, murmelte sie. Es war doch eigentlich eine ganz einfache Bitte. Doch so war es immer mit Robin, bei den einfachsten Dingen stießen sie aneinander. Sie warn nicht in der Lage auf einen Nenner zu kommen. In erster Linie lag es wohl daran, dass Nami einfach nicht begreifen konnte, warum diese Dinge für Robin so kompliziert waren.


„Ich kann das nicht immer beeinflussen.“ Sie hörte, wie der Stuhl zurück geschoben wurde. Als sie sich wieder umwandte stand Robin vor ihr, sah zu ihr hinunter.


„Es tut mir leid, ich weiß, dass es für dich nicht immer einfach ist.“ Nami schwieg, während sie zusah, wie Robin ihre Hand hob und ihr eine Strähne hinters Ohr strich. Wenn sie gekonnt hätte, dann währe sie vermutlich einen Schritt zurück getreten, um wieder Abstand zwischen sich und die andere zu bringen, doch die Arbeitsfläche in ihrem Rücken hinderte sie daran. Für einen Moment sahen sie sich einfach in die Augen, so gut es bei diesen Lichtverhältnissen eben möglich war, bevor Nami dem Blick der anderen auswich und sich mit gesenktem Blick an ihr vorbei schob.


„Ich muss arbeiten“, sagte sie nur knapp, bevor sie fast schon fluchtartig den Raum verließ um sich auf den Weg in die Bar zu machen.



***



„Willst du darüber reden?“ Sanji schloss die Tür hinter sich, nachdem er den letzten Trunkenbold hinaus geworfen hatte. Zum Feierabend hatte Nami sich einen Drink eingeschenkt und hockte nun auf einem der Barhocker, während sie in die Bernsteinfarbene Flüssigkeit hinunter blickte. Gedankenverloren beobachtete sie die Lichtspiegelungen in der Flüssigkeit. Den ganzen Abend über hatte sie einfach funktioniert, gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Einen schlechten Tag konnte man sich zwischen diesen Kerlen nicht leisten. Wenn auch nur einer von denen auf die Idee kam, dass man sie auf’s Kreuz legen könnte, dann würden sie es sicherlich versuchen. Hier brachten sich manche schon wegen einer Flasche Rum um oder begannen mindestens einen Kampf.


Sie hörte, wie Sanji sein Feuerzeug aufschnappen ließ, sein Finger glitt über das kleine Rad und entzündete eine Flamme. Wenn er so weiter machte, dann würde er sicherlich einen frühen Tod sterben. Nami begriff einfach nicht, wie man so viel rauchen konnte.


„Nein. Alles bestens“, erwiderte sie ausdruckslos und nahm einen Schluck, ohne ihn anzusehen. Sie spürte seine Hand auf ihrer Schulter, als er sie sanft drückte. Auch wenn er es gut meinte würde ihr das vermutlich nicht wirklich weiterhelfen.


„Hast du mitbekommen, was man sich erzählt?“ Wechselte er schließlich das Thema. Es war vielleicht nicht weniger unangenehm und dennoch lenkte es sie wenigstens ein wenig von ihren privaten Problemen ab, die ihr etwas über den Kopf wuchsen.


„Das sich Marineschiffe auf dem Weg hier her befinden sollen?“ Sie zuckte leicht mit den Schultern und nahm noch einen Schluck, bevor sie ihn nun doch anblickte.


„Diese Insel wird von der Marine geduldet, es ist quasi ein ungeschriebenes Gesetz, dass diese Insel Immunität genießt. Warum sollte sich jetzt etwas daran geändert haben?“


„Brauchten diese Dreckskerle einen Grund?“ Nami schüttelte den Kopf. Da mochte er wirklich Recht haben. Doch niemand von ihnen wusste, ob wirklich etwas an diesen Gerüchten dran war und was genau das für sie bedeutete. Immer mal wieder sprach jemand von der Marine, sprach davon sie würden kommen. Bisher war nie etwas geschehen, doch das war wohl keine Garantie. Sie alle wussten immerhin wie unberechenbar die Marine sein konnte und das sich die Stimmung gerade in den letzten Jahren, mit den neuen Admirälen wandelte. Eine Insel voller Piraten war da vielleicht irgendwann nicht mehr das was man tolerieren wollte. 


„Wenn es wirklich stimmt, dann werden wir hier bald ein Problem bekommen“, murmelte er nachdenklich. Auch hier konnte Nami ihm nur zustimmen. Sollten die Schiffe zu spät bemerkt werden, dann würde das für die meisten hier den Untergang bedeuten. Diejenigen, die hier lebten besaßen oft kein eigenes Schiff und die Piraten, die hier ankamen ließen sich erst einmal volllaufen, so dass sie keine ernst zu nehmenden Gegner mehr waren. In einer solchen Situation wäre sich ohnehin jeder selbst der nächste. Ein gutes Ende würde es sicherlich nicht nehmen, doch Nami versuchte sich erst einmal keine Gedanken dazu zu machen. Voreilige Handlungen würden ihnen jetzt auch nicht helfen, zumal es am Ende auch eine Frage der Optionen war. Denn wenn man keine Alternativen hatte? Dann blieb einem ohnehin nichts anderes, als hier zu sein und auf das zu reagieren, was kommen würde. 


„Und wenn es nicht stimmt, dann wird alles so weiter laufen, wie bisher. So oder so wird es hier  nicht besser werden.“ In Nami’s Worten war schon eine gewisse Resignation heraus zu hören. Sanji legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie sanft zu sich, um ihr einen Kuss auf die Schläfe zu geben.


„Wie lange willst du noch hier ausharren?“


„So lange, wie es nötig ist.“ Sie hob ihr Glas und leerte es in einem Zug, bevor sie es zurück auf die Theke stellte und sich von Sanji löste, um aufzustehen.


„Gute Nacht Sanji“, sie gab ihm noch einen Kuss auf die Wange, bevor sie die Bar verließ und sich auf den Weg in ihre Wohnung machte. Sie war absolut erledigt, doch es gingen ihr viel zu viele Dinge durch den Kopf, als das sie sofort würde schlafen können. Wie jeden Abend schleppte sie sich die Treppe hinauf und betrat die Wohnung. Und wie bereits am gestrigen Morgen brannte im Schlafzimmer noch Licht. Sie musste zugeben, dass es schon etwas für sich hatte, wenn es jemanden gab, der auf einen wartete. Gleichzeitig wäre es ihr heute auch lieber gewesen, wenn Robin doch geschlafen hätte. Anstatt ins Schlafzimmer zu gehen verschwand sie direkt im Badezimmer, ihre Sachen ließ sie einfach im Flur fallen, bevor sie unter der Dusche verschwand. Sie würde sich an die kalten fliesen lehnen und das Wasser anstellen. Kälte umfing ihren Körper und Nami würde sich auf das Wasser konzentrieren, das auf ihren Körper hinunter prasselte. Sie war einfach müde. Vielleicht schaffte sie es daher nicht sich zu bewegen und würde so lange unter dem kalten Wasser stehen, bis ihr Körper begann zu zittern und ihre Zähne leicht aufeinander schlugen.


Als sie endlich fertig war schlang sie einfach ein Handtuch um ihren Körper und schlenderte ins Schlafzimmer. Wirklich abgetrocknet hatte sie sich nicht, das Wasser perlte noch von ihrer Haut, als sich durch die Tür schob und schließlich schwer seufzend auf ihr Bett sank. Auch wenn sie Robins Blick deutlich auf sich spüren konnte, sah sie nicht zu dieser sondern blickte auf ihre Füße hinunter. Wenn sie sie ignorierte würde sie vielleicht einem unangenehmen Gespräch aus dem Weg gehen können. An diesem Morgen hatte sie einfach keine Nerven für noch ein weiteres, aufreibendes Gespräch. 


„Ich gehöre zu den Revolutionären.“ Nami blickte auf. Die Überraschung war ihr wohl deutlich ins Gesicht geschrieben, im Gegensatz zu Robin, die sie völlig ausdruckslos anblickte.


„Mehr kann ich dir dazu nicht sagen, die Regierung ist verstärkt auf der Suche nach mir. Deswegen weiß ich nie, wann ich zurück komme. Und deswegen werde ich mich auch nie verabschieden, verstehst du?“  


„Wie.. hast du schon immer zu ihnen gehört?“


„Nami“, ermahnte Robin sie und sah sie nun doch etwas strenger an. Die jüngere seufzte nur leise auf und ließ sich zurück auf das Bett sinken, um sich gänzlich auf dieses zu legen. Natürlich bekam sie nur diesen Brocken vor die Füße geworfen und keine weiteren Ausführungen dazu. Auch, wenn es eine Information war, die durchaus das ein oder andere Erklärte, warf sie ebenso viele Fragen auf. Es war fast schon ein gewisser Trotz, der sie nun schweigen ließ.


„Du weißt, dass ich wegen dir hier her zurück komme?“ Keine Feststellung, sondern eine Frage. Nami schwieg weiterhin. Sie wusste nicht so recht, worauf dieses Gespräch hinaus laufen sollte. Glaubte Robin, dass diese eine Information nun alles weitere rechtfertigen würde?


„Warum solltest du das tun?“ fragte sie dann aber doch. Es war etwas, das etwas in ihr kitzelte, etwas das sie nicht ignorieren konnte. Obwohl Nami sich eigentlich vorgenommen hatte, ihr die kalte Schulter zu zeigen.


„Weißt du noch, wie wir uns kennen gelernt haben?“ Nami schielte zu Robin. Sie erinnerte sich durchaus gut an diese Begegnung auch, wenn sie vielleicht nicht die charmanteste gewesen war. Nami war damals noch nicht lange auf der Insel gewesen, hatte sich hauptsächlich als Diebin durchgeschlagen. Es war ein Schlaraffenland gewesen. All die betrunkenen Piraten, die einem wie Fliegen vor die Füße fielen. Sie hatte sich einfach nur bedienen müssen und hatte innerhalb kürzester Zeit ein kleines Kapital zusammen bekommen. Es hatte dabei geholfen übe das Elend dieser Insel hinweg zu täuschen. Eine Insel, die stets in der Dunkelheit lag, deren Straßen nach Schweiß, Alkohol und Erbrochenem rochen. Manchmal mischte sich der Geruch von Urin oder der des Todes hinzu. Anfangs noch hatte Nami nur schwer damit umgehen können doch irgendwann nahm man es kaum noch wahr. Man funktionierte einfach und konzentrierte sich ausschließlich darauf durch den Tag zu kommen und zu überleben.


Als sie Robin kennengelernt hatte war Nami wieder auf einer Tour durch die Gassen gewesen und hatte dabei in die falsche Tasche gegriffen.


„Du hast mich dummes Mädchen genannt und wolltest mich umbringen“, schloss Nami ihre Gedanken dazu dann auch ab. Ja, Robin hatte ihr damit gedroht ihr das Genick zu brechen. Etwas das Nami zu diesem Zeitpunkt nicht weiter beeindruckt hatte. Natürlich hatte sie Wiederworte geben müssen. Es lag einfach in ihrer Natur. Als ob sie dies je vergessen könnte. Und auch, wenn Robin ihr gedroht hatte sie umzubringen, hatte sie es letztlich dennoch nicht getan und sie laufen lassen.


„Wegen dieses einen Moments“, sprach Robin weiter, während sich Nami leicht über die Schläfe strich. Sie hatte Kopfschmerzen und Robin machte es nicht besser. Anstatt einfach zum Punkt zu kommen und Nami das sagte, was sie zu sagen hatte, gab sie dieser das Gefühl als würde sie einfach nur um den heißen Brei herumreden wollen. 


„Je öfter wir uns begegnet sind, umso mehr meines Vertrauens hast du gewonnen.“

„Das ist alles kein Grund, um zurück zu kommen“, wandte Nami ein, auch wenn sie wusste, dass sie von Robin keine bessere Antwort bekommen würde.


„Mehr als du glaubst.“    

 

Komplizierte Bindungen


 

„Nami? Nami!“ Eine kleine Hand wedelte vor ihrem Gesicht herum. Sie saß auf einer Bank den Kopf auf einer Hand abgestützt, ein Bein über das andere geschlagen, während sie ausdruckslos nach vorne starrte.


„Nami!“ das quengeln hörte nicht auf, bis sie zur Seite schielte und in das schmollende Gesicht blickte.


„Was?“ gab sie leicht entnervt zurück und musterte das kleine Mädchen. Das braune Haar lag in einem geflochtenen Zopf über ihrer Schulter, die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. 


„Du hörst mir gar nicht zu.“ Für eine Zwölfjährige, die in dieser Höllenstadt aufgewachsen war, strahlte sie etwas aus, das Nami kaum noch zu sehen bekam. Hoffnung.   


„Entschuldige, was sagtest du?“


„Wo warst du, du hast versprochen öfter zu kommen.“ Nami’s Blick wurde sanfter. Das hatte sie tatsächlich getan und dennoch hatte sie sich nicht daran halten können. In den letzten Tagen war viel passiert und das hier, das war einfach unter gegangen. Das traurige daran war, dass sie es auch jetzt nicht schaffte sich völlig mit ihren Gedanken von all dem zu lösen und noch immer dem vergangenen Tag nachhing. 


„Ich weiß Kleines. Es ist viel passiert.“ Die braunen Augen sahen sie aufmerksam an. Auch wenn Nami es wirklich versuchte, dieses Kind war einfach zu schlau. Sie konnte ihr nur selten etwas vor machen.


„Er soll dir nicht immer weh tun.“ Ein gewisser Trotz schwang in der Stimme mit, was Nami nun doch ein schwaches Lächeln entlockte. Gewalt war etwas, das hier zum Leben dazu gehörte, etwas das schrecklich normal war. Selbst für die allerkleinsten von ihnen. Entsprechend war es auch fast normal diese Gespräche zu führen. Gleichzeitig zeichnete Nami hier nicht unbedingt das Bild eines guten Vorbildes. 


„Lass das mal meine Sorge sein“, sprach sie ruhig und wandte den Blick wieder ab. Sie befanden sich am Stadtrand vor einem heruntergekommenen Haus in dem die meisten Fenster hell erleuchtet waren. Kinderstimmen drangen laut nach außen. 


„Wie läuft es mit dem Drachen?“


„Wir sind nicht sicher, ob sie noch lebt.“ Nami zog eine Augenbraue hoch und sah wieder zu der kleinen.


„Warum seht ihr nicht nach?“


„Weil sie nicht will, dass wir sie stören. Sie hat dieses riesige Ding neben ihrem Sessel stehen.“ Aisa machte eine Geste mit der Hand, so dass Nami verstand. Eine Waffe. Da konnte man nicht viel machen. Dies war das einzige Waisenhaus, hier brachten Frauen, die am Ende waren ihre Kinder hin. Kinder versoffener Piraten, die keine Zukunft hatten. Wenn sie alt genug waren rissen sie aus und begannen ebenfalls ein Leben in den Fußstapfen ihrer Väter oder Mütter, auch wenn sie diese nie kennen lernen würden. Seit sie auf dieser Insel war konnte Nami dies beobachten. Es war kaum möglich aus diesem Teufelskreis zu entkommen. Diese Kinder erfuhren keine Liebe, keine Zuneigung und lernten nie, was ein ein sicheres zu Hause war. Sie wuchsen mit Gewalt auf und der Regeln, das nur die stärksten überlebten. Nur diese bekamen genug von dem wenigen Essen, was in diesem Waisenhaus zur Verfügung gestellt wurde. Die anderen? Darüber konnte nur das Schicksal richten.


„Verstehe“, murmelte sie nachdenklich. Nami waren die Hände gebunden, auch wenn sie wollte, sie konnte nichts tun. Sich hier um ein Kind zu kümmern und ihm eine Zukunft zu geben war wahrlich unmöglich. Eine zu große Verantwortung für jemanden, der eigentlich noch genug andere Probleme an ihren Versen hängen hatte.


„Kann ich nicht einfach zu dir?“ Sie hatte nur darauf gewartet. Dieses Gespräch führten sie in der letzten Zeit immer öfter und Nami fiel es immer schwerer damit umzugehen. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Immerhin war es auch nicht nur eine Frage des Wollens sondern, dass bei ihr keine viel besser Umgebung für ein Kind war. 


„Du weißt, dass das nicht geht“, sprach sie leise. Sie konnte für kein Kind sorgen, zumal es auch zu gefährlich wäre. Von drinnen war lautes Geschrei zu hören, etwas zerbrach. Entweder die der Drache lebte doch noch oder die Kinder nutzten ihre Abwesenheit, um das Haus auseinander zu nehmen. Es war der letzte Ort an dem ein Kind aufwachsen sollte. 


„Ich will da nicht wieder rein.“


„Ich weiß“, murmelte sie und streckte den Arm aus. Ein paar kleine Arme schlangen sich um ihren Nacken, während Nami den kleinen Körper sanft an sich drückte. Sie verkniff sich ein leises seufzen, während sie versuchte die Fassung zu bewahren. Die Kleine war viel zu dünn, Nami konnte es deutlich unter der Kleidung spüren. 


„Weißt du was?“ fragte sie, als sie sich wieder von ihr löste und in die großen, braunen Augen blickte.


„Ich werde morgen wieder kommen und dann werde ich dir eine Überraschung mitbringen.“


„Versprochen?“


„Versprochen und nun Abmarsch und lass dich nicht unterkriegen.“ Ein Nicken, dann wandte die Kleine sich auch schon ab und begab sich wieder zurück zu dem Gebäude. Wenigstens hatte sie es geschafft kurz ein Lächeln auf diese Lippen zu zaubern und ihr einen Grund gegeben sich auf den nächsten Tag zu freuen. Zwar wusste sie noch nicht ganz, was sie ihr mitbringen sollte, doch egal, was es war, vermutlich würde sich die Kleine über alles freuen. In jedem Fall würde sie Sanji darum bitten ein schönes Essen vorzubereiten, damit sie wieder etwas mehr bekam. Aisa gehörte nicht zu den Kindern, die sich leicht unterkriegen ließen doch auch sie hatte es nicht zwischen all den anderen und älteren Kindern, die dort gewiss auch lebten. Wenn auch nicht viele, sie kam langsam in ein Alter in dem die ersten verschwanden und sich die Probleme des Drachen von alleine regelten. Die wenigsten blieben über ihr 14-Lebensjarh hinaus an diesem Ort. Und solange sie noch klein waren hatten sie auch gute Chancen sich auf ein Piratenschiff zu schleichen und von dort aus auf andere Inseln zu gelangen.


Noch eine Weile blieb sie einfach auf der Bank sitzen und ließ die Dunkelheit auf sich wirken. Besonders an Tagen wie diesen fehlte ihr das Sonnenlicht. Die warmen Sonnenstrahlen hatte sie wahrlich schon lange nicht mehr auf ihrer Haut gespürt. Oder das Gefühl Jahreszeiten zu erleben. Durchaus gab es die hier auch, es war eine Herbsinsel auf der gerade Herbst war. Doch anstatt bunter Farben gab es nur Dunkelheit. Die einzige Jahreszeit in der es etwas heller war, war der Winter. Dann wenn sich eine Schneeschicht über die Insel legte und man ein wenig mehr erkennen konnte. Dank der schrecklichen Kälte konnte man sich allerdings auch dann nicht über das wenige an Helligkeit freuen, das man geschenkt bekam.


„Kaum denke ich, ich würde dich verstehen überraschst du mich aufs Neue.“ Nami blickte über die Schulter. Robin lehnte an einem Baum in der Dunkelheit, hatte die Arme vor ihrem Körper verschränkt und blickte ebenfalls zu dem Haus, das vor ihnen lag. Sie war sich nicht sicher, wie lange die andere schon hier war, doch offenbar lange genug, um das wesentliche mitbekommen zu haben. 


„Du weißt eben weniger über mich, als du denkst“, stellte sie trocken fest und wandte den Blick wieder ab. Der gestrige Tag hatte einige Fragen aufgeworfen und Nami hatte nicht das verlangen mit Robin darüber zu sprechen. Nicht, weil sie keine Antworten wollte. In erster Line deswegen, weil sie das Gefühl hatte es würde einfach nur frustrierend enden.


„Das ist möglich.“ Nur gut, dass Robin offenbar ebenso wenig darauf aus war ein klärendes Gespräch zu führen. Es spielte ihr vermutlich ganz gut in die Karten, dass Nami nicht darauf bestand Antworten zu bekommen. Dies hatte allerdings auch zur folge, dass sich nun ein Schweigen zwischen ihnen ausbreitete, welches Nami nicht als angenehm beschreiben könnte. Im Gegenteil, Nami empfand es als äußerst bedrückend. Kein Wunder also, dass sie die erste war, die es nicht mehr aushielt. Schon immer war Robin deutlich besser darin zu schweigen und Situationen auszuhalten. Ein Talent welches Nami nicht unbedingt als attraktiv bezeichnen würde. Zumindest nicht, wenn sie selbst darin involviert war. 


Sie erhob sich, um sich wieder auf den Weg zurück in die Stadt zu machen. Dabei würdigte sie Robin keines Blickes, spürte jedoch, dass die andere ihr folgte.


„Hält sie dich auf dieser Insel?“


„Nichts hält mich an diesem Drecksloch.“ 


„Du weißt, dass du ihr nicht helfen kannst. Früher oder später wird sie sich dem Einfluss dieses Ortes nicht mehr entziehen können.“ Wer konnte das schon? Jeder passte sich irgendwie an, um zu überleben. Auch Nami hatte das getan und sie war sich sicher, dass sie nicht mehr die selbe sein würde, wenn sie irgendwann hier verschwand. So etwas hinterließ einfach Spuren auf einer Seele. Was es dann mit einer Kinderseele anrichten würde? Das war kaum zu ermessen. 


„Es ist immer wieder aufbauend mit dir zu sprechen, ehrlich“, gab Nami sarkastisch zurück und lief weiter. Robin hatte inzwischen zu ihr aufgeschlossen. Es war ihr nicht vorzuwerfen, das sie unrecht hätte. Diese Frau war einfach nur eine schreckliche Realistin. Manchmal würde Nami sie sogar als Schwarzmalerin bezeichnen. 


„Steckt mehr dahinter?“


„Was spielt das für eine Rolle? Auf dieser Insel gibt es doch ohnehin keine Hoffnung mehr.“


"Warum verschwindest du dann nicht einfach von hier? Es gibt nichts, was dich hält." Ja, so mochte es aussehen. Hier gab es nichts Gutes, nichts. Und doch blieb sie. Vielleicht müsse Robin eher die Frage stellen, warum sie hierher gekommen war. Sie müsste sie nach ihrer Vergangenheit, nicht der Gegenwart fragen. Sie hätte sie nach der Geschichte zu dem Tattoo an ihrem linken Oberarm fragen können oder danach wo sie herkam. Anstatt Fragen zu stellen, die ihr dabei helfen würden Nami als Menschen zu verstehen schienen nicht wichtig für sie zu sein. Und dabei müsste sie erst einmal das begreifen, bevor sie verstehen würde, was Nami heute antrieb. 


"Es ist kompliziert." Sie wich der Frage aus, so wie sie vielen Dingen auswich, die zwischen ihnen standen. In diesem Punkt war sie nicht einmal besser als Robin. Über die Jahre hatten sie sich einander angenähert, hatten beide angefangen etwas Vertrauen zu fassen und sich zu öffnen. Doch hatten sie wirklich die Zeit, um in diesem Tempo weiter zu machen? Wenn Robin wieder verschwand, wenn sie Monate oder vielleicht auch Jahre verschwunden blieb dann war ungewiss, ob Nami noch auf dieser Insel sein würde, wenn sie wieder zurück käme. Immerhin hatte sie trotz allem nicht vor ewig auf dieser Insel zu hocken und vielleicht war es auch besser, wenn Robin und sie sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr sahen. Wohin sollte es auch führen? Sie hatten nicht die Zeit, um auf etwas aufzubauen, lebten zwei Leben, die sich nicht miteinander vereinbaren ließen. Und gleichzeitig war man inzwischen bereits emotional so weit involviert, dass es doch einen gewissen Schmerz verursachte, wenn sie darüber nachdachte. Besonders in den letzten Tagen spürte sie, dass diese Situation keine besonders gute Richtung einschlug. Sie schwankte zwischen dem Verlangen sich Robin zu öffnen, endlich mit ihr weiter zu kommen und diese Beziehung in eine andere Richtung zu lenken. Doch mit dem Ende des ganzen vor Augen? Da versuchte Nami den letzten Rest an Distanz zu wahren und sich selbst zu schützen.


Nun liefen sie schweigend nebeneinander her und kamen dem Stadtinneren immer näher. Die Zahl der angetrunkenen Männer und leichten Mädchen nahm stetig zu und wiesen ihnen dabei unfehlbar den Weg. Und wenn man sich doch einmal nicht sicher war? Dann reichte es sicherlich, würde man seiner Nase folgen. Ihre Bar lag zwischen Zentrum und Hafen. Ein perfekter Platz, denn jeder Pirat der eine Unterkunft wollte, musste an ihrer Bar vorbei. Und für die, die keine wollten war es dennoch nicht weit genug entfernt, als das sie auf dem Weg in zu viele andere Bar’s stolpern könnten. Jedoch hatte Nami nicht vor in ihre Bar zu gehen. Sie hatte Sanji gesagt, dass er sich Hilfe suchen und den Abend alleine hinter sich bringen musste. Besonders nach dem gestrigen Tag brauchte sie eine Auszeit, was eigentlich auch Abstand von Robin bedeutete. Das diese ihr folgte und neuerdings von sich aus ihre Gesellschaft in diesem Maße suchte war etwas, das sie bei ihren Überlegungen nicht bedacht hatte. An diesem Punkt gab es nur zwei Möglichkeiten: sich dem Problem stellen oder es zu ignorieren. Bisher glaubte Nami letzteres sei der bessere Weg. 


"Du weißt von den Gerüchten.“ Robin riss sie aus ihren Gedanken. Allerdings nicht mit einem sonderlich erfreulicheren Thema. Ob es überhaupt etwas positives gab über das sie sprechen konnte? Oder hatte sie es sich diesmal zur Aufgabe gemacht Nami’s Nerven besonders auf die Probe zu stellen? 


"Ja, es sind nur Gerüchte. Es ist nicht das erste und sicher auch nicht das letzte Mal, dass so etwas die Runde macht. Irgendein Kerl hat irgendwo da draußen ein Marineschiff gesehen und nun glauben sie, dass sie herkommen. Wenn ich mich jedes Mal deswegen verrückt machen würde hätte ich schon vor langer Zeit einpacken können.“


"Was wenn es wahr ist?"


"Weißt du etwa was, das wir anderen nicht wissen?" fragend sah sie zu Robin, die jedoch weiter nach vorne Blickte und einen Moment darüber nachzudenken schien. Nach einer gefühlten Ewigkeit schüttelte sie jedoch den Kopf. Leicht zog Nami die Augenbrauen zusammen und wandte den Blick wieder ab. Es gab einfach Dinge, um die machte man sich besser keine Gedanken. Wenn es wirklich so war, dann waren sie ohnehin alle verloren. Nami hatte sich unlängst mit diesem Gedanken abgefunden und war daher der Auffassung, dass es wichtigeres in ihrem Leben gab. Entweder das Schicksal meinte es gut mit ihr und sie schaffte es von dieser Insel, bevor etwas passierte, oder sie schaffte es nicht.


"Nami!" Sie hielt inne und sah sich um, doch Robin griff nach ihrer Hand und zog sie weiter. Sie hatte Zorro nicht gesehen, aber das musste sie auch nicht. Sie hatte auch so gehört, dass die Wut des vergangenen Tages noch nicht verraucht war. Es gab den Impuls stehen zu bleiben, sich nach ihm umzusehen, doch kaum, dass sie versuchte diesem Impuls nachzugeben festigte sich Robins Griff an ihrer Hand. Sie zog Nami einfach weiter und gab ihr keine Chance sich dem zu entziehen. All das half jedoch nichts, als sich der verärgerte Schwertkämpfer ihnen in den Weg stellte. Robin war gezwungen ihre Schritte zu verlangsamen und schließlich stehen zu bleiben, was Nami das erste Mal auch die Möglichkeit dazu gab die Situation einzuordnen.


„Geh aus dem Weg!“ Es war immer wieder erstaunlich, wie schnell sich Robins Stimmung wandeln konnte, wenn es um Zorro ging. Auch dessen Züge verhärteten sich weiter, bevor er zwei seiner Schwerter zog.


„Ich wollte nur mit Nami reden aber.. ich habe eine bessere Idee.“ Robin schob sich vor Nami und machte sich ebenfalls bereit. Es ging alles zu schnell als das sie wirklich begreifen konnte was auf einmal geschah. Gerade noch hatte sie mit Robin gesprochen und jetzt? Jetzt war es etwas völlig anderes und darüber schienen die beiden anderen sich auch einig zu sein.


„Wir sollten das endgültig klären“, bestätigte Robin und half dabei, dass der Groschen bei Nami endgültig fiel. War das ihr ernst? Wenn sie wirklich glaubten, dass Nami dabei einfach zusehen würde, dann irrten sie sich beide gewaltig! Nami schob sich an Robin vorbei, schüttelte ihre Hand ab und würde sich zwischen den beiden positionieren.


„Ihr werdet gar nichts klären!“ Eine Aussage, die allerdings auf wenig Gehör stoßen sollte. Ohne weitere Vorwarnungen setzte Zorro sich in Bewegung und rannte auf die beiden zu. Robin verlor Zeit, als sie mit ihren Kräften zunächst dafür sorgte, Nami aus dem Weg zu schaffen. Einige ihrer Hände wuchsen aus einer der Fassaden und packten Nami an den Schultern, um sie zurück zu ziehen. Sie gab nur sehr wiederwillig nach, stolperte zwangsweise rückwärts, während ihre Augen auf Robin ruhten, die sich jetzt Zorro zuwandte. Dieser holte bereits aus, als Robin die Arme hob. Vier Hände erschienen auf dem Boden und packten Zorro’s Knöchel. Zwar wurde er damit geradewegs auf den Boden befördert, doch sein Hieb verfehlte sein Ziel dennoch nicht. Robin wurde an der Schulter getroffen, wobei sie schmerzlich das Gesicht verzog und ein paar Schritte zurück stolperte. Zorro nutzte die gewonnene Zeit, um die Spitze seines Schwertes in eine von Robins Händen zu stoßen. Die Hände verschwanden zwar, doch würde Zorro dennoch einen weiteren, kleinen Erfolg verbuchen können. Robins linke Hand wies eine deutliche Wunde auf, wo er ihre andere Hand getroffen hatte.


„Hört auf!“ Nami versuchte sich aus dem Griff von Robins Händen zu befreien, die sie nun an die Fassade des Hauses drückten. Die umher stehenden waren bereits auf Abstand gegangen, da niemand den beiden Kämpfenden in die Quere kommen wollte. Da wurde lieber geschaut oder man brachte sich gleich in Sicherheit, wenn man lieber seine Ruhe wollte. Die beiden aufhalten? Nein, das würde niemand wagen, der noch bei klarem Verstand war. Wenn sich hier jemand bekämpfen wollte, dann war das seine Sache. Es wurde geduldet wie so vieles andere. 


Zorro versuchte unterdessen weiter sich aufzurappeln, doch Robins Hände hielten ihn am Boden. Dazu war einiges an Kraft nötig, denn der zornige Schwertkämpfer stemmte sich mit aller Gewalt gegen ihren Griff. Und wenn man eines nicht über Zorro behaupten konnte dann, dass er schwach wäre. Er tat seit seiner Kindheit nichts anderes als zu trainieren und zu kämpfen. Nami hatte ihn zwar auch schon in einer deutlich besseren Form erlebt, denn sein Sake-Konsum beeinträchtigen ihn sicherlich, doch wenn er funktionieren musste? Dann schaffte er es dennoch immer irgendwie. Robin ließ noch zwei weitere Hände entstehen, die ihn unter dem Kinn packten und seinen Kopf grob in den Nacken drückten und seine Wirbelsäule überdehnten. Der Schwertkämpfer gab einen knurrenden Laut von sich, als Robin mit langsamen Schritten auf ihn zu kam. Sie nahm eines seiner Schwerter und drückte die Schneide gegen seine Kehle. Ein dünner Blutrinnsal lief seinen Hals hinunter.


„Robin!“ Sie schaffte es immer noch nicht sich aus dem Griff der anderen zu befreien, die voller Verachtung zu Zorro hinunter blickte. Dass dieser offenbar geschlagen war, wollte er nicht einsehen. Noch nie war er ein guter Verlierer gewesen und diese blinde Sturheit würde ihn irgendwann sicher noch ins Grab bringen, da war Nami sich sicher. Sein Nachteil war es, dass Robin auf Distanz kämpfte und er selbst musste nah an seinen Gegner heran. Oder wenigstens in der Lage sein einen vernünftigen Angriff durchzuführen. Robin war einfach im Vorteil, zumal wohl fraglich war, ob Zorro nüchtern war oder nicht bereits zur Flasche gegriffen hatte.


„Du solltest dich nicht mit Gegnern anlegen, denen du nicht gewachsen bist“, sprach Robin kalt. Nami lief es immer kalt den Rücken hinunter, wenn sie so war. In Momenten wie diesen glaubte sie ihr, dass sie keinerlei Probleme damit hatte ein anderes Leben auszulöschen, das sie dabei absolut nichts empfand. Etwas das Zorro nicht einzuschüchtern schien, denn der fluchte noch immer wütend und versuchte sich aus dem Griff der anderen zu befreien. Erkannte er wirklich nicht in was für eine Lage er sich gebracht hatte? 


„Robin! Es reicht!“ Endlich wandte die andere sich ihr zu. Sie sah Nami einfach nur schweigend an, verharrte einfach einen Moment, ehe ihre Hände von der Jüngeren abließen. Kaum war Nami wieder frei ging sie mit schnellen Schritten auf die beiden zu, wo sie Robin das Schwert aus der Hand nahm und sie wütend anblickte.


„Lass ihn los! Sofort!“ Nun waren es die beiden Frauen, die sich mit ihren Blicken maßen. Das es Robin nicht passen mochte, was Nami von ihr forderte konnte diese sich durchaus denken. Dennoch würde sie ihrem Blick weder ausweichen, noch von ihrer Forderung abrücken. Ein Moment in dem sich niemand hörte und in dem nur Zorro zu hören war, der sich allerhand Beschimpfungen einfallen ließ. Irgendwann würde Robin aber doch von ihm ablassen und ihre Arme wieder verschwinden lassen, um den wütenden Kerl wieder frei zu geben. Dieser hustete schwer und rappelte sich langsam auf, während Nami Robin immer noch feste in die Augen blickte.


„Hast du gar keinen Stolz, dass du dich von diesem Weib bevormunden lässt?!“ spottete Zorro, als er schließlich aufgestanden war. Robin blickte über Nami’s Schulter zu ihm und sah ihn kalt an. Seine Worte veranlassten Nami dazu sich nun umzudrehen, doch anstatt ihm verbal mitzuteilen, was sie von dieser Aktion hielt, holte sie aus und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Er wusste nie wo die Grenzen waren und wann es vorbei war. Unter anderen Umständen? Robin hätte ihn ohne weiteres getötet und er benahm sich, als sei ihm das alles völlig egal. Als würde ihm sein Leben absolut nichts bedeuten.


Die Wut kochte erneut in ihm hoch, doch ehe er seine Hand gegen sie erheben konnte, reagierte Robin. Ihre Hände packten seinen Arm und verdrehten diesen so, dass er wenige Sekunden später brach. Noch während Zorro vor Schmerzen schrie sorgte sie dafür, dass er kurz darauf bewusstlos zusammen brach. Nami hatte nur da stehen und das alles mit ansehen können.


„Scheiße“, fluchte sie, doch ehe sie zu Zorro konnte, um nach ihm zu sehen hatte Robin sie bereits wieder gepackt und zog sie mit sich weiter die Straße entlang.


„Lass mich los!“ Diesmal reagierte Robin sofort. Sie blieb abrupt stehen und wandte sich zu Nami um, während ihr Blick einen nicht zu deutenden Ausdruck angenommen hatte. Sie wirkte aufgewühlt.


„Warum, damit du nach ihm sehen kannst? Damit du dich um seine Wunden kümmern kannst? Damit er dich wieder schlagen kann?!“ Nami hielt inne und biss die Kiefer feste zusammen. Robin ließ sie los und wandte sich ab. Noch nie hatte sie es erlebt, dass sie ihre Stimme erhoben hatte. Für gewöhnlich war Robin ruhig und gefasst. Doch diese Situation schien ihre Fassade mehr und mehr bröckeln zu lassen.


„Wenn es das ist, was du willst, dann geh.“ Ohne Nami noch eines weiteren Blickes zu würdigen setzte sie sich in Bewegung und würde die Straße weiter hinunter laufen, um ihren Weg fortzusetzen. Fast als sei nichts vorgefallen. Sie ließ Nami zurück, die zu Zorro blickte, der immer noch auf der Straße lag und sich nicht rührte. Was sollte sie machen? Wenn sie ihn hier liegen lassen würde, dann war er ein leichtes Opfer. Wahrscheinlich würde man ihm seine Schwerter abnehmen oder alles was er sonst noch bei sich hatte und sich zu Geld machen ließ. Und Nami wusste nur zu gut, was seine Schwerter ihm bedeuteten. Wieder wandte sie sich um und suchte mit dem Blick nach Robin, doch diese war schon längst in der Menge verschwunden. 

 

Was wir einmal waren


 

"Der einzige Grund, warum du noch frei rumläufst ist der, dass auf deinen Kopf kein Kopfgeld ausgesetzt ist."


"Und wenn schon, das macht es für mich wesentlich leichter."


"Du gehörst zu der Fischfresse. Früher oder später reicht das als Grund." Nami zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck aus ihrer Flasche. Zorro, der neben ihr auf der Reling saß musterte sie eingehend. Er mochte sicherlich recht haben mit dem was man sagte. Bisher hatte sie das Tattoo auf ihrem Arm gut verbergen können und niemand kam auf die Idee das ein Mensch zu einer Bande von Fischmenschen gehören könnte. Doch wenn Arlong weiter sein Unwesen trieb? Wenn er seinen Einfluss vielleicht auf noch weitere Inseln ausweiten würde? Ja, dann würde die Marine irgendwann nicht mehr wegsehen können. Vielleicht sollte sie darauf hoffen auch, wenn es ihre eigen Arbeit durchaus schwerer gestalten würde.


"Ich werde dir helfen", sagte er schließlich ernst. Nami sah ihn wieder an, schwieg eine ganze Weile. Vor zwei Jahren hatten sie sich kennen gelernt. Ein junger, sturer Schwertkämpfer, der einen Weg finden musste, um sich durchzuschlagen. Und eine junge Diebin, die schon von klein auf für ein ganzes Dorf einstehen musste. Etwas das auf den ersten Blick überhaupt nicht gepasst hatte, hatte sich über die Zeit als wertvolle Freundschaft herausgestellt. Nami war sich sicher, dass sie zu beginn beide nur das Mittel zum Zweck darin gesehen hatten. Sie zumindest hatte sich ihre Chancen mit einem starken Schwertkämpfer an ihrer Seite als deutlich höher ausgerechnet. Vor allem, wenn die Dinge einmal schief liefen und es hart auf hart kam. Sie mochte vielleicht nicht Hilflos sein aber leider auch keine Kämpferin.


"Du bist noch nicht so weit. Arlong würde dich in der Luft zerreißen." Er war noch nicht bereit dafür. Auch wenn er trainierte und etliche Piraten gestellt hatte, so reichte es nicht. Nami kannte ihn schon lange, sie hatte gesehen, wie er in den Jahren stärker geworden war, doch sie kannte auch Arlong. Seine Kraft war allem überlegen, dass sie kannte. Und auch, wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte, als das er ihn zur Strecke brachte, sie wusste das es keine Hoffnung gab. Noch nicht. 


"Aber ich werde bald so weit sein."


"Wenn ich das Geld zusammen habe, dann hat sich das Thema erledigt."


"Und du glaubst allen Ernstes, dass er dich so einfach gehen lässt?" Nein, das glaubte sie nicht. Sie hoffte es, was hatte sie auch sonst, als ihre Hoffnung? Aber sie glaubte auch nicht, dass Arlong so etwas wie ein Gewissen oder Ehre besaß. Sein Wort bedeutete nichts. Sie wandte den Blick ab und sah wieder hinaus aufs Meer. Irgendwann würde sie ihr Dorf retten, wann und wie war noch nicht ganz klar, doch sie würde alles tun, was dazu nötig war. Aufgeben war noch nie eine Option gewesen. 


"Nein, aber ich werde ihn auch nicht so einfach davon kommen lassen." Zorro grinste breit und nahm einen großen Schluck, ehe er ihr feste gegen die Schulter schlug. Dabei drang ein leises Lachen über seine Lippen.


"Pirat", meinte er nur, wobei er genau wusste, wie sehr sie es hasste so genannt zu werden. Schnaufend rieb sie sich über die Schulter. 


"Ich weiß gar nicht, wieso ich mich mit dir abgebe."


"Weil wir ein verdammt gutes Team sind." Sie sahen sich einen Moment schweigend an, ehe Nami einen Blick über die Schulter warf. Zugegeben so große Piratenschiffe hätte sie ohne seine Hilfe nie ausrauben können.


"Da hast du wohl recht."



***



"Was wirst du jetzt tun?" Nami zuckte mit den Schultern, während sie auf die Flasche in ihrer Hand hinunter blickte. Von draußen drangen laute Stimmen zu ihnen hinein. Das ganze Dorf feierte, es feierte seine neugewonnene Freiheit.


"Ich hatte mir etwas mehr Begeisterung für meine Taten erhofft." Seine Stimme war müde. Nami sah ihn wieder an, sein ganzer Körper war verbunden. Sie hatte ihn jahrelang trainieren sehen, in dieser Zeit hatte Arlong ihr ihr Geld genommen und sie hatte von vorne anfangen müssen. Sie hatte Menschen sterben sehen, weil sie das Geld nicht hatten aufbringen können, weil sie nicht gut genug gewesen war um sie zu befreien. Es war ein ständiger Kampf mit ihrem Gewissen gewesen. Eine Zerreißprobe. Nami hatte gelitten. Es hatte sie mental ausgelaugt und diese Müdigkeit machte sich in diesem Moment langsam bemerkbar.


"Du weißt, wie unendlich dankbar ich dir bin", sprach sie leise. Er hatte das Versprechen, welches er ihr vor Jahren gegeben hatte gehalten. Er hatte ihr geholfen diesen Albtraum endlich zu beenden. Und das, obwohl es nicht seine Verantwortung gewesen wäre. Er hatte seine eigenen Pläne zurückgestellt, weil er nicht eher hatte gehen wollen, bevor er sein Versprechen eingelöst hatte.


"Dann komm mit mir." Verwirrt sah sie ihn an, als sich ein schiefes Grinsen auf seinen Lippen breit machte. Unweigerlich fiel ihr Blick auf den Verband über seinem linken Auge. 


"Zorro ich.."


"Komm schon. Ich will nicht hier im East Blue bleiben. Ich will auf die Grand Line. Wir sind ein gutes Team und da können wir noch mehr Geld machen."


"Du willst zu Falkenauge." Ein schnauben folgte, als er den Blick abwandte. Nami musste lächeln und griff nach seiner Hand, die sie sanft drückte. Sie wusste um seinen Traum, um sein Ziel. Ein anderes Versprechen und eine andere Schuld von der er sich noch befreien musste. Er wollte der beste Schwertkämpfer werden und dazu musste er sich einem bestimmten Mann stellen.


"Ich bin noch nicht so weit." Da hatte er wohl recht. Allerdings hatte er heute auch unter Beweis gestellt, dass er viel gelernt hatte und schon wesentlich stärker geworden war. Sein Wille trieb ihn voran. Nami zweifelte nicht daran, dass er irgendwann an diesen Punkt kommen und stark genug sein würde. Es war nur eine Frage der Zeit. 


"In Ordnung", sagte sie schließlich, woraufhin er sie verwirrt ansah. 


"Erobern wir die Grand Line." Zorro’s Grinsen wurde breiter, als er die Hand ausstreckte und diese in ihren Nacken schob, um sie sanft zu sich hinunter zu ziehen und einen kurzen Kuss auf ihre Lippen zu hauchen. Nami erwiderte den Kuss, bevor sie diesen langsam löste und ihre Stirn an Zorro's lehnte. Auch auf ihren Lippen lag ein glückliches Grinsen. Was hatte er auch gedacht? Das das alles für sie nur Spaß gewesen war? Das es ihr egal sein würde, wenn er nun einfach verschwand und sie hier zurücklassen würde? Nein, so lief das einfach nicht. Dazu waren sie einander in den letzten Jahren zu nah gekommen. Zu viel hatten sie miteinander durchmachen müssen und waren durch den schlimmsten Dreck gekrochen. Nami wollte nicht, dass diese gemeinsame Reise jetzt und hier enden würde, sie wollte bei ihm bleiben und wollte endlich anfangen für sich zu leben. Jetzt konnte sie nichts mehr aufhalten.


 

Unausgesprochene Gefühle


 

„Du musst still halten!“ Nami blicke streng auf, musste jedoch feststellen, dass ihr Gegenüber den Blick abgewandt hatte. Wasser tropfte von den schwarzen Haaren hinunter auf die Tischplatte. Nami wandte sich wieder ihrer Schulter zu und vernähte diese vorsichtig weiter. Auch wenn Zorro sie nicht richtig getroffen hatte, so hatte er dennoch einen guten Treffer erzielt. Robin hatte viel Blut verloren. Umso wichtiger war es die Wunde möglichst gut und schnell zu versorgen. Nami bemühte sich daher die Stiche möglichst eng zu setzen und arbeitete konzentriert, wobei sie Robin’s Wiederwillen dennoch deutlich spüren konnte. Die andere verzog keine Miene, hatte kein Wort gesagt, seit Nami ihr hierher gefolgt war. Doch ihre Ausstrahlung machte Nami deutlich, dass sie noch wütend auf sie und die Umstände war. Man konnte immerhin nicht behaupten, dass die ganze Sache besonders glücklich verlaufen war.


„Danke“, sprach Nami schließlich leise, während sie die letzten Stiche setzte. Nun sah Robin sie doch an, wobei es diesmal Nami war, die nicht aufblickte, sondern sich gänzlich auf ihre Arbeit konzentrierte. Wenn sie nicht wollte, dass es eine hässliche Narbe gab, dann mussten die Stiche eng beieinander gesetzt werden. Zumindest das hatte sie in den Jahren gelernt in denen sie sich immer um Zorro Wunden hatte kümmern müssen.


„Ich weiß, du wolltest mir helfen und du bist nur wegen mir da hinein geraten. Also… danke, dass du mir geholfen hast.“ Nami beugte sich vor und biss den Faden durch, nachdem sie diesen verknotete hatte. Erst dann würde sie den Blick wieder heben, um Robin anzusehen, und auf deren Gesicht ein schwaches Lächeln erkennen können.


"Freu dich bloß nicht zu früh", meinte sie nur, wobei sie die Hand der anderen unsanft zu sich heran zog. Eine Geste bei der Robin doch das Gesicht schmerzlich verziehen musste. Und doch schien das Lächeln nicht so ganz aus ihrem Gesicht verschwinden zu wollen. Nami fädelte einen neuen Faden ein, bevor sie begann die zweite Wunder zu vernähen. Hier machte sie nicht ganz so sanft weiter, wie zuvor. Etwas das Robin aber nicht wirklich zu stören schien.


"Wieso bist du her gekommen?" Durchbrach diese schließlich die Stille. Nami machte unbeirrt weiter und tat fast so, als hätte sie die Worte der anderen nicht wahr genommen.


„Nami?“ hakte Robin nach, als sie nicht reagierte, doch auch jetzt antwortete Nami nicht sofort. Spielte es denn wirklich eine Rolle? Vermutlich tat es das, denn sie beide wussten, dass Nami in gewisser Weis zwischen den Stühlen stand und sie genau damit immer wieder zu kämpfen hatte. Nami hatte nie eine Entscheidung zwischen den beiden treffen wollen oder es gekonnt. Und wenn, ja dann war die Entscheidung augenscheinlich meistens zu Zorro Gunsten ausgefallen. Umso verwunderlicher mochte es nun sein, dass Nami hier saß und Robin wohl auch relativ schnell gefolgt sein musste. Etwas das wohl bedeutete, dass sie Zorro sich selbst überlassen hatte.


„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht“, sagte sie schließlich und es entsprach der Wahrheit. Zwar machte sie sich auch um Zorro Sorgen, doch sie kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass er einiges einstecken konnte und so würde er das schon irgendwie überstehen. Zumindest hatte sie ihn von der Straße weg geschafft, mehr hatte sie jedoch nicht für ihn tun können. Sie würde ihn auch nicht ewig beschützen können, wenn er so weiter machte wie bisher. 


„Ist dem so?“ der neckende Unterton in Robins Stimme war nicht zu überhören. Kurz darauf verzog sie dann doch wieder das Gesicht. Nami hatte ihr die Nadel in die Hand gerammt und drehte diese nun langsam in der Wunde.


„Du überspannst den Bogen“, gab Nami zurück und zog die Nadel wieder heraus. Trotz allem schien Robin immer noch ihren Spaß zu haben, auch wenn Nami nicht ausmachen konnte, was der Grund dafür war. Leise seufzte die junge Frau, ehe sie ihre eigentliche Arbeit fortsetzte. Wieder legt sich Schweigen über sie, wobei Nami es nicht unbedingt als unangenehm verzeichnen würde. Es trug zumindest dazu bei, dass sie ihre Arbeit recht schnell beenden konnte. Erneut beugte sie sich vor, nachdem sie den Faden verknotet hatte, und biss diesen durch. Sie würde sich zurücklehnen, um Robin einen Moment zu beobachten. Diese blickte hinunter auf ihre Hand und betrachtete Nami’s Arbeit, bevor sie sich eine dünne Jacke überstreifte.


"Du solltest den Arm nicht zu viel bewegen."


"Das ist nicht das erste Mal, dass ich verletzt bin. Ich weiß schon, was ich meinem Körper zumuten kann", erwiderte Robin mit einem leichten Schmunzeln, bevor sie sich erhob. Sie begab sich zu der kleinen Küchenzeile und würde sich daran machen etwas Kaffee aufzuschütten. Nami blickte ihr nach, ließ den Blick kurz über den schlanken Körper gleiten, richtete den Blick dann aber doch wieder aus dem Fenster. Das es Nacht war ließ sich nur daran erkennen, dass die Stadt durch die Licher der Stadt erhellt wurde. Der Abschaum der Straßen kroch aus seinen Löchern. Es war wohl gut, dass sie sich dem heute nicht weiter aussetzen musste. Robin kam wieder zurück an den Tisch und würde sich mit ihrer Tasse zu ihr setzen.


"Soll ich dich begleiten, falls er noch einmal auftaucht?“ Sie hatte vorhin erwähnt, dass sie noch einmal in die Bar musste, wenn sie etwas essen wollten. Nami kaufte selten etwas ein, versuche sich mit über die Bar zu versorgen und das klappte auch ganz gut. Heute würde sie wohl etwas für zwei holen müssen.


"Sei nicht albern", murmelte Nami und wandte sich wieder der Älteren zu, die nun einen Schluck aus ihrer Tasse trank.

"Ich lebe nun schon lange genug hier und kann gut auf mich selbst aufpassen. Sanji ist auch noch da. Ihr beide solltet heute nicht noch einmal aneinander geraten." Die bisherigen Auseinandersetzungen hatten ihr wahrlich gereicht und so war Nami vorerst darauf bedacht die beiden voneinander fern zu halten. Das es nicht von Erfolg gekrönt sein würde, das ahnte sie bereits jetzt. Zorro würde das alles einfach nicht auf sich sitzen lassen und Nami wusste auch, dass sie kämpferisch keinem der beiden etwas entgegenzusetzen hatte. Innerlich seufzte sie. Kaum zu glauben, dass es Dinge gab, die das Leben hier noch unangenehmer machten, als es ohnehin schon war.


"Ich würde schon mit ihm fertig werden."


"Das ist mir durchaus bewusst." 


"Du solltest aufhören ihn in Schutz nehmen zu wollen.“ Nami’s Augen zuckten wieder hinauf zu ihr. Was sollte sie sagen? Auch das war ein Gespräch, welches sie schon zur Genüge miteinander geführt hatten und was sie noch nie auf einen Nenner gebracht hatte.


"Und du solltest aufhören mit mir ständig einen Streit deswegen anzufangen." Robin hob eine Hand, in einer beschwichtigen Geste und wandte sich wieder ihrem Kaffee zu. Vermutlich war es für sie beide besser es nun dabei zu belassen. Der Tag hatte auch so schon genug Konflikte mit sich gebracht und man musste die Nerven nicht noch weiter ausreizen, als es ohnehin schon geschehen war.


"Ich werde mich umziehen", sagte sie schließlich und erhob sich, um in ihrem Schlafzimmer zu verschwinden, wo sie sich ein paar andere Sachen anzog. Wenn sie in der Bar war kleidete sie sich automatisch etwas aufreizender, denn die Jungs mussten schließlich bei Laune gehalten werden, damit sie ordentlich tranken und sich Nami’s Kasse füllte. So sehr es ihr auch zu wieder war, das war einfach Teil des Geschäftes, gerade auf einer Insel wie dieser. Wenn sie allerdings zu Hause war, sah es etwas anders aus. Nami zog bequeme Sachen vor, die zwar immer noch ihre Figur betonten und ihre Reize deutlich machten, doch es war letztlich ein völlig anderes Bild. Zwar würde sie nun nicht in die Bar gehen, um zu arbeiten, doch da sie dort ein gewisses Bild zu verkörpern hatte würde sie gewiss nicht in Jeans und einem weiten Pulli dort auftauchen. Gerade war sie dabei sich ihre Bluse aufzuknöpfen, als sie Schritte hinter sich hörte. Robin lehnte sich gegen den Türrahmen und beobachtete sie dabei, wie sie sich umzog. 


"Früher hatten wir mehr Zeit."


"Die Dinge ändern sich." Nami sah noch einmal in den Spiegel, dann wandte sie sich ab und kam langsam auf die andere zu. Früher, als sie noch im Rogers gearbeitet hatte, hatte sie drei Abende frei gehabt und so hatten sie auch mehr Zeit gehabt, um miteinander zu reden, wenn Robin mal wieder in der Stadt war. Durchaus ein bedeutender Unterschied. Hinzu kamen noch andere Verpflichtungen und Sorgen, die nicht einfach aufhörten zu existieren. Und wenn Robin wieder weg war? Dann musste sie dennoch weiterhin sehen, wie sie zurecht kam. Alles auf Eis zu legen wäre daher durchaus ein fataler Fehler. Sie konnte das Geschäft nicht einfach schleifen lassen. Der heutige Abend war somit eine der seltenen Ausnahmen, die Nami genießen konnte auch, wenn sie ihren kurzen Besuch dazu nutzen würde, um sicherzugehen, dass Sanji ihr keinen Idioten in die Bar geholt hatte. 


"Heute Abend haben wir die Zeit, okay?" murmelte sie leise, als sie schließlich vor Robin zum stehen kam und zu ihr hinauf blickte. Diese hob die Hand und strich Nami eine Strähne hinters Ohr, ehe sie mit dem Handrücken kurz über ihre Wange strich.

"Dann sollten wir die Zeit besser nutzen." Ein sanftes Lächeln umspielte Nami’s Lippen.


„Wenn wir allerdings etwas essen wollen werde ich runter gehen müssen, um von Sanji etwas zu bekommen“, sprach sie leise weiter, woraufhin sie ein leichtes Nicken von der Älteren erkannte. Sie sollten wirklich etwas Essen, alles andere wäre nicht gerade gesund und was sollte schon passieren, wenn sie sich kurz unten blicken ließ?


„Ich werde hier sein.“ Noch einen Moment blickten sich die beiden Frauen in die Augen, dann schob Nami sich langsam an Robin vorbei, schlüpfte in ein paar Sandalen und verließ die Wohnung. 


***



"Hab gehört unser Stinkstiefel hat eine ordentliche Abreibung bekommen", bemerkte Sanji mit einem breiten Grinsen, als Nami zu ihm hinter den Tresen trat. Sie verdrehte leicht die Augen, war es doch klar gewesen, dass sich so etwas verdammt schnell herum sprach. Und das besonders Sanji daran seine Freude hatte schien offensichtlich zu sein. 


"Ja, er wird sich sicher genau so darüber freuen, wenn er wieder aufwacht."


"Vielleicht kapiert er dann auch, dass er dich endlich in Frieden lassen soll." Nami seufzte tonlos hin sich hinein. Wenn es so wäre, dann würde sie es vielleicht begrüßen. Dennoch wusste sie um die Umstände und, dass Zorro kein Mann war, der einfach Dinge auf sich beruhen lassen konnte. Wenn sein stolz gekränkt war, dann war es äußerst schwierig mit ihm umzugehen. 


"Das alles ist-"


"Wesentlich komplizierter, als wir denken. Das weiß ich Nami", sprach Sanji, während er sich kurz  einem der Piraten zuwandte. Sie hatte dieses Gespräch schon viel zu oft mit ihm geführt und dennoch waren sie nie zu einem Ergebnis gekommen. Aus Nami’s Sicht war das auch nichts was sie mussten. Abgesehen davon, dass sie durchaus froh darüber wäre solche Gespräche nicht mehr führen zu müssen. Aus ihrer Sicht handelte es sich dabei um eine gewisse Zeitverschwendung. Und Zeit war nun einmal Geld. 


„Kannst du mir bitte zwei Tagesgerichte zum mitnehmen machen?“ fragte sie, als er fertig war, woraufhin er sie einen Moment schweigend ansah. Die unausgesprochene Frage stand sicherlich im Raum aber Nami würde ihm nicht den Gefallen tun darauf zu antworten. Sein dummes Grinsen zeigte ihr ohnehin, dass er sich die Antwort selbst denken konnte.


„Sehr gerne“, flötete er freudig und verschwand nach hinten in die Küche. 


„Was gibt es da so zu grinsen?“ rief sie ihm hinterher, bekam allerdings keine Antwort. Seufzend wandte sie sich ab und suchte eine Flasche Wein aus dem Regal, während sie aus dem Augenwinkel heraus den Jungen, den Sanji sich als Hilfe geholt hatte im Auge behielt. Zwar vertraute sie dem Koch und seinem Urteilsvermögen, doch wollte sie sich selbst ein Bild machen, wenn sie nun schon einmal hier war. Zumindest stellte er sich nicht gerade dumm an und nahm auch nicht ihre Bar auseinander, was schon einmal beruhigend war. 


Noch einen Moment verharrte sie dort, ehe sie sich kopfschüttelnd abwandte und sich nach hinten zu Sanji in die Küche begab. Es lag heute in seiner Verantwortung und sollte wiedererwartend doch etwas schief gehen, dann würde er ihr das alles eben zurück zahlen müssen. Ein Risiko, dass er nicht eingehen würde. Es war bekannt, wie Nami sein konnte, wenn es um Geld ging. Da hörte die Freundschaft in der Regel auf. Die Flasche Wein wurde auf die Arbeitsfläche gestellt, ehe Nami sich mit dem Rücken gegen diese lehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. Aufmerksam lag ihr Blick auf dem Koch, der dabei war wieder einmal eines seiner Meisterwerke zuzubereiten. Es gab vermutlich kein Gericht der Welt, dass ihm nicht gelingen würde und Nami kannte auch niemanden, der seine Gerichte achtlos stehen lassen konnte. Selbst diese stumpfsinnigen Piraten erkannten was gut war und kamen oft auch deswegen immer wieder her. Ein Alleinstellungsmerkmal was ihr durchaus half sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Da bekam man meist nur niedere Qualität und Rum. Und so war dies hier ein Ort, wo auch mal Piraten einkehrten die etwas besser gestellt waren, die mehr Geld hatten. Und das war es doch, was Nami am Ende brauchte. Sanji hatte ein unglaubliches Talent, was das anging. Ein Grund mehr, warum sie sich immer wieder fragte, wieso er sich überhaupt noch hier aufhielt und nicht längst irgendwo anders seinen eigenen Laden eröffnet hatte. Das können dazu hatte er sicherlich.


"Dir steht wohl ein gemütlicher Abend bevor", stellte er mit einem kurzen Blick über die Schulter fest. Der Anblick, den sie ihm bot war vielleicht nicht ganz das, was sie sonst tragen würde. Ja, Nami hatte auf sich geachtet als sie die Bluse angezogen hatte, doch es kam schon einmal vor, dass sie in den Sommermonaten nur in einem Bikinioberteil hier herumlief. Da war das hier schon deutlich gesitteter. Aber sie wollte eben auch keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und gleichzeitig musste niemand wissen, wie sie zu Hause herumlief.


"Hoffentlich." Nami wirkte noch nicht ganz überzeugt, wusste sie doch, dass solche Momente eher schnell vorbei waren, wenn man überhaupt einmal in ihren Genuss kam. Natürlich wollte sie nicht gleich den Teufel an die Wand malen, doch musste sie sich auch dem Umstand bewusst sein, dass dieser Abend noch eine völlig andere Wendung nehmen konnte, als sie es bisher vielleicht erwartete. Tendenziell waren solche Entwicklungen meistens auch nicht gerade als positiv einzustufen. Sie wussten es beide, weshalb es auch nicht nötig war das Gespräch in diese Richtung zu vertiefen. Das Thema, das stattdessen aufgegriffen wurde sagte Nami allerdings noch weniger zu. 


"Wirst du es ihr sagen?" Sie verzog bei der Frage leicht das Gesicht und wandte den Blick ab. Sie wusste wen und was er meinte, doch würde sie einen Teufel tun und ihm nun zugestehen, dass er mit seiner Annahme möglicherweise recht haben könnte.
"Ihr was sagen?" fragte sie daher ausweichend, wobei sie ein belustigtes Lachen des Kochs vernehmen konnte. 


"Schon gut, aber darf ich dir einen Rat geben?" Sie sah ihn wieder an, während er dabei war die Portionen sorgsam in zwei Behälter zu füllen, um sie dort noch feinsäuberlich zu garnierte und anzurichten. Das Auge aß schließlich mit und bei ihm ganz besonders. Alleine der Anblick seiner Gerichte war ein Spektakel für sich.

"Warte nicht wieder darauf, dass sie verschwindet. Du kannst nicht wissen, ob es nicht das letzte Mal war, dass sie hier aufgetaucht ist. Oder vielleicht bist du auch nicht mehr hier, wenn sie zurück kommt." Er blickte wieder auf und für einen Moment sahen sich die beiden schweigend an, dann wandte Nami den Blick ab. Sie sagte nichts dazu und Sanji vertiefte es nicht weiter. Sie kannte seine Meinung nur zu gut, doch hieß das noch lange nicht, dass sie auch auf ihn hörte. Dachte er wirklich das sei so einfach?


„Hier, euer Essen.“ Er reichte ihr die beiden Schachteln, die sie mit einem schwachen lächeln entgegen nahm, bevor sie wieder nach der Weinflasche griff, um sich auf den Weg zurück in ihre Wohnung zu machen.


„Viel Erfolg!“ rief er ihr noch nach, doch Nami ignorierte ihn einfach. Was sollte sie auch sagen? Sie wusste nicht einmal, warum er ihr das wünschte, was das bringen sollte. Sie würden sich einfach einen ruhigen Abend gönnen, mehr nicht. Sofern es überhaupt dazu kommen würde. Da schwang durchaus die Sorge mit, dass Zorro doch noch auf die Idee kam nach seiner Niederlage wieder bei ihr aufzutauchen und seinem Ärger Luft machen zu wollen. Nach einer solchen Provokation war das aus ihrer Sicht nur eine Frage der Zeit. Irgendwann würde sie das alles ausbaden müssen aber das hätte sie auch gemusst, wenn sie bei ihm geblieben wäre, um sich zu kümmern. Er sah darin keinen Unterschied mehr und das war wohl auch einer der Gründe, warum sie am Ende gegangen war und ihn zurückgelassen hatte. 


Draußen wehte ihr der kühle Wind um die Nase, ebenso wie der Lärm, der aus den Gassen und den einzelnen Bars heraus drang. Widerwärtig. Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Weg und begab sich wieder nach oben. Um es sich zu ersparen, dass sie betrunkene Kerle ansprachen und sie sich damit herumschlagen musste, war sie durch den Hinterausgang gegangen. Die enge Gasse war normalerweise kein Ort an dem sich jemand aufhielt. Zumindest nicht zu einer so frühen Stunde. Das würde erst kommen, wenn sie betrunken waren und sich verlaufen würden. Die Schritte waren beschwingt, auch wenn Nami nicht schnell lief. Sie wollte den Weg einfach nur hinter sich bringen und kämpfte gegen die innere Unruhe an, die sich in ihr ausbreitete. Und doch zögerte sie, als endlich vor ihrer Tür stand. Tief atmete sie durch, starrte auf ihre eigene Hand, die an der Türklinke ruhte und es nicht wagte diese hinunter zu drücken. Noch einmal schloss sie die Augen, atmete tief durch.


„Robin! Holst du Besteck, das Essen ist da. Ich habe auch einen Wein mitgebracht!“ rief sie, als sie schließlich in die Wohnung trat und die Tür hinter sich zustieß. Einen Moment lauschte sie, doch es blieb ruhig. Langsam begab sie sich in die Küche, wo sie alles auf dem kleinen Tisch abstellte.


„Robin?!“ Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit, ehe sie zögernd auf die Schlafzimmertür zuging. Diese war leicht angelehnt und so war sie gezwungen vor dieser erneut inne zu halten, bevor sie eine Hand ausstreckte und die Tür vorsichtig aufstieß. Als die Tür aufschwang und Nami den Blick auf das Zimmer freigab, spannte sich ihr Körper unweigerlich an. 


„Scheiße…“  

 

Ein überraschendes Angebot


 

Der Boden schien unter ihren Füßen nachzugeben, das Zimmer verschwamm vor ihren Augen. Das durfte nicht wahr sein. Wie lange war sie fort gewesen? Eine halbe Stunde? Vierzig Minuten? Es war egal, denn wenn Robin das letzte Mal weniger als fünf Minuten gereicht hatten, um sich davon zu stehlen, dann war das sicherlich mehr als genug Zeit für sie gewesen. Sie hatte sich nicht einmal beeilen müssen. Es war schon einmal passiert. Damals hatte Nami die Wohnung nur kurz verlassen, um mit ihrem Chef zu reden, der auf einmal aufgetaucht war. Als sie zurück gekommen war hatte sie zunächst nicht bemerkt, dass etwas anders war. Es hatte einen Moment gedauert, bis sie realisiert hatte, dass Robin’s Sachen verschwunden waren. Und wie so oft bedeutete es auch in diesem Fall, dass sie wieder verschwinden würde. Nami hatte sie nicht damit durchkommen lassen wollen. Sie war aus der Wohnung gestürzt und einfach losgerannt. Robin’s Vorsprung hatte nicht groß sein können. Doch, als sie am Hafen angekommen war, hatte sie einsehen müssen, dass es unmöglich war. Sie wusste nicht welches Schiff das sein würde, welches Robin nehmen würde. In all das hatte sich Wut und Verzweiflung gemischt. Nami hatte nicht klar denken können und war sicherlich eine Stunde am Hafen entlang gerannt und hatte die andere gesucht. Ohne Erfolg. Sie war einfach so aus ihrem Leben verschwunden. Als wäre sie nie da gewesen.

„Scheiße!“ fluchend strich sie sich feste durch die Haare, wusste nicht, was sie nun tun sollte. Die Tränen, die ihr aus Wut in die Augen stiegen versuchte sie dennoch vehement zu unterdrücken. Nicht einfach, wenn die Wunde, um die es hierbei ging, doch so groß war. Warum tat sie ihr das an?

„So eine verfluchte Scheiße!“ es musste raus. Es ging einfach nicht anders. Hatte sie das letzte Jahr damit verbracht die Wut zu verarbeiten, so konnte sie nun wieder von vorne beginnen, musste sich erneut damit auseinander setzen und wofür? Damit es beim nächsten Mal wieder so war? Sofern es denn überhaupt ein nächstes Mal gab.

„Ist alles in Ordnung?“ Die sanfte Stimme hinter ihr traf sie wie ein Schlag. Nami fuhr herum und starrte die Ältere an, die sichtlich verwirrt hinter ihr stand und ganz offenbar nicht verstand, was der Grund für Nami’s Wutausbruch war. Nami schluckte hart, starrte Robin einfach nur an, die sie etwas besorgt musterte.

„Ich..“ Nami brach ab. Für einen Moment fehlten ihr einfach nur die Worte, selbst die Wut, die sie bis vor wenigen Sekunden noch verspürt hatte schien sich völlig aufgelöst zu haben. „Ich habe mir nur den Fuß gestoßen“, Nami deutete unbeholfen auf den Türrahmen, wobei die Ältere eine Augenbraue hochzog und sich dann mit einem seufzen abwandte und sich wieder in die Küche begab.

„Dein Temperament ist immer wieder bemerkenswert“, stellte sie dabei fest, wobei Nami leise in sich hinein seufzte und ihr schließlich folgte. Sie steigerte sich da wirklich zu sehr in etwas hinein. Robin war gerade einmal zwei Tage hier und aus Erfahrung wusste sie eigentlich, dass ihre Aufenthalte mindestens auf eine Woche begrenzt waren. Also kein Grund, um sich Sorgen zu machen, dass sie in der nächsten Zeit verschwinden würde. Doch war dies wirklich eine Garantie? Sicherlich nicht, doch diese Gedanken sollte sie erst einmal auf sich beruhen lassen. In der Küche holte sie das Besteck, während Robin das Essen auf dem Tisch anrichtete und den Wein in zwei Gläser füllte, die sie zuvor geholt hatte. Da alles schnell angerichtet war setzten sich die beiden Frauen an den Tisch und begannen schweigend zu Essen. Nami hing in ihren Gedanken immer noch den vorangegangenen Ereignissen nach, stocherte etwas in ihrem Essen herum und bemerkte somit auch nicht, dass Robin sie aus dem Augenwinkel heraus beobachtete. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis die Stille durchbrochen wurde, Nami hatte in etwa die Hälfte ihres Tellers geleert und war bei ihrem zweiten Glas Wein.

"Du dachtest ich sei gegangen." Keine Frage und als Nami nun zu der anderen blickte sah diese sie durchdringend an. Was sollte sie dazu sagen? Eigentlich wollte sie es nicht zugeben, denn Nami war klar, dass ihr Ausbruch für sich sprach. Sie seufzte in sich hinein und wandte sich wieder ihrem Essen zu in dem sie nun wirklich nur noch herum stocherte.

"Du hast nicht geantwortet", antwortete sie lediglich, doch dies sollte wohl auch alles sagen, was Robin wissen wollte. Nami wollte das alles zwar nicht weiter vertiefen, doch nach einem solchen Ausbruch? Sie musste davon ausgehen, dass Robin das wieder einmal anders sehen würde.

"Nami.. du weißt, dass ich so schnell nicht wieder verschwinden werde."

"Woher sollte ich das wissen?" Sie blickte wieder auf, sah Robin direkt an und glaubte für einen kurzen Moment einen traurigen Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen zu können.

"Ich würde nicht her kommen, wenn ich nur ein paar wenige Tage zur Verfügung hätte." Es hörte sich ehrlich an, auch logisch, vermutlich würde die Reise hier her länger dauern, als der Aufenthalt. Je nachdem, von wo sie kam und doch; Nami konnte das nicht so einfach hinnehmen. Sicherlich log Robin in dieser Hinsicht nicht und doch musste sie zugeben, dass es hier wohl ihre schlechten Erfahrungen waren, die aus ihr sprachen. Tonlos seufzte sie in sich hinein, schwieg zu den Worten der anderen. Nach allem wusste sie nicht, was sie noch sagen sollte. Es war schon immer ein Problem zwischen ihnen gewesen und würde auch immer eines sein, da sich an den Umständen wohl kaum etwas ändern würde. Sie konnte sich noch sehr gut an das erste Mal erinnern, das erste Mal als es ihr wirklich weh getan hatte. Bei diesem einen Besuch hatte sie es irgendwie geschafft zu verdrängen, dass die andere wieder gehen würde. Und diesen Fehler würde sie so leicht nicht wieder machen. Das dies dazu führte, dass Nami sich nicht einfach fallen lassen konnte, das sie nie wirklich entspannt war und unterschwellig zu viele Vorwürfe in den Raum stellte, das war ihr nicht immer bewusst. Jetzt? Durchaus.

Eine Hand, die sich auf ihre legte riss sie aus ihren Gedanken. Schlanke Finger verschränkten sich in den Ihrigen, während sich ihre Blicke trafen. Eine ganze Weile saßen sie schweigend da, schienen in den Augen der anderen lesen zu wollen, nach Antworten zu suchen auf Fragen die sie einander vermutlich nie stellen würden. Es gab Dinge, über die sie nie sprechen würden, das wussten sie beide. Es war schwer sich das einzugestehen, schmerzhaft. Und doch die bittere Realität in der sie lebten. Doch ebenso kannten sie beide auch den Grund dafür, sie führten beide ihr Leben, das sie beide nicht so einfach aufgeben konnten und in das sie der jeweils anderen kaum Einblicke gewährten. Tief atmete Nami durch und war diejenige, die den Blickkontakt abbrach, auf ihrer beider Hände blickte und sich fragte wieso eine solch einfache Berührung doch so viel auslösen konnte. Dafür hatte Robin jedoch schon immer ein gewisses Talent besessen. Die einfachsten Berührungen hatten Nami schon des Öfteren aus dem Konzept gebracht und dabei schien es meist so, als seien diese Berührungen völlig belanglos und natürlich. Vielleicht waren sie das auch, manchmal war sie sich da wirklich nicht so sicher, jedoch würde auch das nichts daran ändern, wie sie dabei empfand.

"Was ist los?" Robins sanfte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Langsam blickte sie wieder auf, zuckte kaum merklich mit den Schultern. Erwartete sie darauf wirklich eine Antwort? Nami hatte nicht vor Robin zu sagen, wie es in ihr aussah, nicht in dieser Hinsicht. Es würde alles nur unnötig kompliziert machen und Komplikationen waren nicht gerade das, was sie gebrauchen konnte. Da gab es genügend andere Dinge in ihrem Leben, die sie auf trab hielten.

"Ich bin einfach etwas durch den Wind. Es ist nichts weiter", wich sie dem ganzen aus und zog schließlich ihre Hand zurück. Langsam erhob sie sich und brachte die Teller weg. Sie musste sich einfach bewegen, brauchte etwas Abstand. Robin gewährte ihr diesen Freiraum und blieb einfach abwartend sitzen. Sie kannte sie wohl lange genug, um zu wissen, dass es nichts brachte, wenn sie nachfragte und Nami von alleine zu ihr kommen und reden musste. Die junge Frau stützte sich auf der Arbeitsfläche ab und sah einen Moment auf das schmutzige Geschirr hinunter.

"Wenn ich könnte, ich würde sie da heraus holen", sprach sie schließlich leise, wohl wissend, das Robin sie dennoch hören würde. Hinter sich vernahm sie eine Bewegung, doch sie stand nicht auf, die erwarteten Schritte blieben aus. Vermutlich hatte sie sich nur eine andere, bequemere Position ausgesucht.

"Die Kleine von heute Morgen?" Nami nickte stumm, löste sich aus ihrer Position und stellte alles in die Spüle, um etwas Wasser darüber laufen zu lassen.

"Was hast du mit ihr zu tun?" Sicherlich war es nicht grade an der Tagesordnung, dass die Bewohner dieser Insel Kontakt zu diesen Kindern hatten. Kinder waren hier den meisten ein Klotz am Bein, man war froh, wenn man sie abschieben konnte und vergas dabei schon einmal gerne und leicht die Tatsache, dass man vielleicht selbst eine so schreckliche Kindheit gehabt hatte. Das sie alle einmal selbst von dem Wunsch getrieben worden waren ein besseres Leben zu haben, geliebt zu werden. Doch die Menschen hier waren nicht so, es gab hier nichts was man mit einer Familie vergleichen konnte.

"Ich habe sie in der Bar gefunden, kurz nachdem ich sie übernommen hatte. Sie hat die Vorratskammer geplündert, war verletzt. Ich habe mich um sie gekümmert aber.. die Alte verdient an den Kindern, also sorgt sie auch dafür, dass sie wieder eingefangen werden, wenn sie davon laufen. Dagegen.. konnte ich nichts machen." Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie in die Bar gekommen waren. Keine Ahnung, wer ihnen den Tip gegeben hatte, doch da man für solche Tips durchaus Geld bekam war es wohl nicht weiter verwunderlich, dass man sie gefunden hatte. Sie hatten die ganze Bar verwüstet, Nami hatte alles wieder neu aufbauen müssen. Doch es ließ sie nicht wieder los. Die Schreie der Kleinen. Nach ihr, nach Hilfe.

"Ich bin noch einmal hin, um nach ihr zu sehen und irgendwie.. naja seit dem gehe ich regelmäßig hin, bringe ihr etwas zu Essen, achte auf sie, so gut ich kann." Alles konnte sie nicht verhindern, aber sie konnte zumindest dafür sorgen, dass sie die Hoffnung nicht verlor. Warum genau sie dies tat wusste sie nicht, vielleicht lag es an ihrer eigenen Vergangenheit. In gewisser Weise erkannte sie sich selbst in diesem Mädchen, was vielleicht ein Fehler war. Es nahm sie zu sehr mit.

"Sie hat dich gern", stellte Robin nachdenklich fest, wobei Nami sich nun abwandte und sich mit dem Rücken gegen die Arbeitsfläche lehnte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch.

"Und ich kann sie nicht da raus holen." Die Blicke der beiden Frauen trafen sich. Es war nun einmal eine Tatsache, dass sie das nicht konnte, wie sollte sie auch für ein Kind sorgen? Das ging einfach nicht. Sie sah zu, wie Robin nach ihrem Weinglas griff und einen Schluck trank. Während sie dies tat setzte Nami selbst sich in Bewegung und kam wieder zu ihr an den Tisch, nahm ihr eigenes Glas zur Hand und trank ebenfalls einen Schluck. Kam nun die Reue, dass sie dieses Gespräch angefangen hatte? Vielleicht. Es fiel Nami schwer über sich zu sprechen, besonders mit Robin. Sich noch verletzlicher zu machen war etwas das Mut erforderte. Aber hatte sie den?

"Was noch?" Robin beließ es dankenswerter Weise dabei, doch sie wusste auch, dass dies wohl nicht das einzige war, das die junge Frau belastete. Unschlüssig zuckte sie mit den Schultern, wandte dem Tisch den Rücken zu und rutschte schließlich auf diesen herauf, um sich zu setzen und ein Bein über das andere zu schlagen.

"Du weißt von Zorro und ansonsten gibt es nicht viel."

"Waren da noch andere?" Die Frage überraschte sie etwas und sie sah zu der anderen hinunter, die nur leicht den Kopf zur Seite neigte. Es war eigentlich ein offenes Geheimnis, dass Nami dann und wann das Bett mit Männern teilte, nicht besonders oft, aber es kam vor. Als sie noch mit Zorro zusammen gewesen war, war es anders gewesen. Auch dass sie ihn in ihr Bett ließ kam an seinen guten Tagen vor, wobei diese durchaus zu einer waren Rarität geworden waren.

"Vielleicht einer, ich bin nicht sicher. Wenn ja lebt er zumindest nicht mehr, Zorro kann sich immer weniger beherrschen", sagte sie schließlich etwas nachdenklich und wandte den Blick ab. "Und die Gerüchte über die Marine." Zorro und seine Eskapaden waren nun wirklich nicht das, worüber sie in diesem Moment sprechen wollte. Es löste gleichzeitig auch ein schlechtes Gewissen gegenüber Robin aus und das, obwohl sie ihr nun wirklich keine Rechenschaft schuldig war. Da schob sie lieber ein anderes Thema in den Vordergrund, auch wenn sie in den letzten Stunden eher weniger die Gelegenheit gehabt hatte darüber nachzudenken. Die Gerüchte waren vorhanden und immer wenn es so war machte sie sich unweigerlich Sorgen. Und nun, da sie wusste, welche Verbindungen Robin hatte hoffte sie in gewisser Weise auch darauf etwas mehr von ihr erfahren zu können. Fragend sah sie Robin an, die ihrem Blick einen Moment auswich. Es musste einfach etwas geben, irgendwas. Sie schien darüber nachzudenken, was sie nun sagen sollte und Nami gewährte ihr diesen Moment, auch wenn es schwer fiel die wachsende Ungeduld zurück zu kämpfen. Robin brauchte in vielen Dingen ebenso viel Zeit wie Nami es tat und sie zu drängen würde keinen Erfolg bringen.

"Wie gesagt, ich weiß auch nicht viel über diese Gerüchte. Auf meinem Weg hier her habe ich meine Beziehungen spielen lassen und mich etwas umgehört aber.. viel habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Das die Insel der Regierung ein gewisser Dorn im Auge ist, ist schon seit längerem bekannt. Zumindest scheinen um die Insel herum mehr Marineschiffe stationiert zu sein. Es kann durchaus auch sein, dass sie es nicht auf die ganze Insel abgesehen haben sondern nur auf bestimmte Banden, die sich hier aufhalten könnten oder es tun." Sie wirkte nachdenklich, fast schon ein wenig besorgt. Nami empfand diese Worte auch nicht als besonders erbaulich, denn wenn um die Insel herum die Marine aktiver wurde, dann würde sich das auch auf ihr Leben hier auswirken.

"Und du bist trotzdem gekommen? Wäre es nicht sicherer dich von der Insel fern zu halten?"

"Mir ist das Risiko bewusst und ich bin bereit es einzugehen." Klare Worte, die ohne ein Zögern ausgesprochen wurden. Nami nickte nur und dachte einen Moment über die ganze Situation nach. Man merkte es. Die Stimmen in der Stadt nahmen diesen Ton an, den Ton, den man hörte kurz bevor die Welt zusammen brach. Keiner von ihnen konnte es wissen und doch war es da. Wen es am Ende treffen würde war vielleicht nicht wichtig. Auch nicht, ob die Marine auf die Insel kommen oder die Schiffe auf See abfangen würde. Ihr eingreifen würde so oder so Folgen haben und das Leben auf dieser Insel beeinflussen, so wie nachhaltig verändern.

"Außerdem kann ich so sicher gehen, dass du nicht in Schwierigkeiten gerätst", setzte Robin noch nach, wobei Nami leicht die Braue hob und ihre Freundin einen Moment musterte. Dann legte sich doch ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen.

"Ich kann sehr gut auf mich aufpassen, weißt du?"

"Auch wenn die Marine zu einem großen Schlag ausholt?" Nami zuckte mit den Schultern. Das Problem war nicht die Marine, das Problem war von der Insel herunter zu kommen. Man brauchte ein Boot und selbst wenn man dieses hatte war das noch keine Garantie dafür, dass man weit kam. Oder man versuchte sich so durch zu schlagen und auf der Insel ein sicheres Versteck zu finden. Letztlich wusste sie nicht, was sie tun würde, wenn es so weit kommen sollte. Für so etwas konnte man keinen Plan entwickeln.

"Wen sollten sie hier vermuten?" fragte sie stattdessen, ohne weiter auf die Frage einzugehen. Robin nahm noch einen Schluck ihres Weins, zuckte dann mit den Schultern.

"Blackbeard. Feuerfaust. Strohhut. Es gibt genügend, die sich in den hiesigen Gewässern herum treiben und die man auf den Inseln in der Umgebung gesichtet hat. Eine neue Ära bricht an, der Umbruch ist deutlich spürbar." Sie wirkte durchaus besorgt und das gefiel Nami nicht, zumal sie sich nicht daran erinnern konnte, wann sie Robin jemals besorgt erlebt hatte.

"Du solltest von hier verschwinden." Tonlos seufzte Nami in sich hinein, hob ihr Glas und leerte es in einem Zug. Wenn es doch nur so einfach wäre. Und was sollte sie dann machen? Wo sollte sie hin? Und mit was?

"Robin.."

"Komm mit mir." Nami hatte gerade zu ihrer üblichen Antwort im Bezug auf dieses Thema ansetzen wollen, als die andere sie unterbrochen hatte. Überrascht sah sie Robin an, die ernst zu ihr hinauf blickte.

"Was?" Sie konnte es nicht wirklich glauben. Nie, in all der Zeit, hatten sie dieses Thema auch nur ansatzweise in diese Richtung gelenkt. Umso überraschender waren nun die Worte der anderen. Zum einen verspürte Nami eine gewisse Freude darüber, zum anderen wusste sie aber auch, dass es dennoch nicht einfach werden würde und Robins Ziele keine waren, die in ihren Interessen lagen.

"Komm mit mir, wenn ich die Insel wieder verlasse, ich kann dich hier sicher weg bringen und du kannst irgendwo anders von vorne anfangen, bevor hier etwas passiert."

"Wo anders kann mir genau so etwas passieren, wie hier", wandte sie ein. Robin seufzte tonlos auf und erhob sich langsam. Nun war sie diejenige, die zu Nami hinunter blicken musste.

"Versprich mir, dass du wenigstens darüber nachdenkst." Sie kannte Nami lange genug, um zu wissen, dass sie ihr keine Entscheidung aufzwingen konnte und so erhielt die Jüngere lediglich ein Angebot. Nami nahm sich vor das ganze wirklich ernsthaft zu betrachten, auch wenn ihr Bauch ihr bereits eine Antwort zuflüsterte. Denn auch wenn sie es nun nicht aussprach, es ging hierbei nicht nur um sie. Sie konnte nicht einfach so verschwinden, das würde sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können.

"In Ordnung, ich werde darüber nachdenken", stimmte sie dann noch zu, da Robin sie ohne diese Zustimmung sicherlich nicht davon kommen ließ. Sie sah zu, wie die Ältere leicht nickte und sich dann abwandte, um die letzten Sachen wieder weg zu räumen. Dabei verfielen sie beide wieder in Schweigen, als müssten sie die vergangenen Minuten sacken lassen. Es war viel gesagt worden, ein paar Dinge, die man verarbeiten musste, ein paar die bekannt waren und viel zu viel war wiederum nicht ausgesprochen worden. Keine Situation, die sonderlich neu für die junge Frau war, war es doch schon das ein oder andere Mal vorgekommen, dass es ähnliche Abende gegeben hatte. Und meist hatten sie alle gleich geendet.

"Wir sollten langsam ins Bett gehen. Du bekommst sonst auch schon zu wenig Schlaf." Damit hatte sie nicht einmal Unrecht. Schlaf war immer ein schwieriges Thema. Sie ging in den frühen Morgenstunden zu Bett und schlief, wenn es ein guter Tag war, bis zum späten Mittag. Einen guten Schlaf hatte sie noch nie wirklich gehabt, Albträume und eine innere Anspannung sorgten stets dafür, dass sie kaum ruhig schlafen konnte. Die einzigen Nächte, in denen es halbwegs in Ordnung war, waren jene in denen sie mit Robin das Zimmer teilte. Jene waren allerdings eine wahre Seltenheit in ihrem Leben. Also nickte sie nur und rutschte von dem Tisch hinunter, um sich mit Robin in das Schlafzimmer zu begeben. Das Gespräch war beendet und, bis sie eingeschlafen war, hätte Nami sicherlich noch genug Zeit, um zu bereuen, dass sie ihren Mut wieder nicht gefunden hatte.

***

"Was ist los?" Meistens wälzte sie sich einfach ein, zwei Stunden in ihrem Bett herum, konnte dann aber irgendwann einschlafen. Heute war einer dieser Tage an denen es nichts half. Ob und wann Robin eingeschlafen war hatte sie nicht sagen können und als sie nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch nicht geschlafen hatte war sie aufgestanden. Ein bisschen Bewegung, irgendetwas machen. Sie war an das Fenster in dem kleinen Raum heran getreten, hatte die Arme um den Körper geschlungen und blickte nachdenklich hinaus. Draußen war die Nacht noch lange nicht vorbei, zahlreiche betrunkene Piraten torkelten durch die Straßen, entweder auf der Suche nach etwas zu trinken oder Streit. Meist jedoch beides.

Hinter sich vernahm sie leise Geräusche, eine Bewegung. Vermutlich hatte Robin sich nun aufgesetzt. Es war nicht ihre Absicht gewesen die andere zu wecken, wenn es das gewesen wäre, dann hätte sie es direkt getan, sie wusste, dass sie das konnte. Es war schon das ein oder andere Mal vorgekommen und Robin hatte ebenso erlebt, wie sie schreiend aus einem Albtraum aufgewacht war, wie sie es mit angesehen hatte, wie die andere sich unruhig hin und her wälzte.

"Ein Sturm zieht auf", murmelte sie leise, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. Je länger sie sich damit auseinander setzte umso deutlicher wurde es spürbar. Auch wenn man die Menschen dort unten beobachtete. Irgendwas war einfach anders, als sonst.

"Ein Unwetter?" Robin wusste um ihre Fähigkeit das Wetter zu spüren. Jede noch so kleine Veränderung des Luftdrucks wahrnehmen zu können, doch das war es nicht, was sie an diesem Abend meinte.

"Nein". Eine knappe Antwort, mehr nicht. Nach allem, was sie jedoch an diesem Abend besprochen hatten dürfte das jedoch auch Antwort genug sein. "Etwas anderes", fügte sie dennoch hinzu, während sie erneut Geräusche hinter sich vernahm. Leise Schritte. Dann spürte sie einen Körper hinter sich und zwei Arme, die sich um ihren Bauch schlangen, ehe sie sanft an Robin gedrückt wurde. Ohne Zögern gab sie dem nach, lehnte sich etwas gegen die andere, während sie spürte, wie sie den Kopf an Nami’s lehnte und ebenfalls hinaus blickte.

"Mach dir nicht so viele Sorgen, du solltest jetzt lieber wieder ins Bett gehen." Sie nickte leicht. Natürlich hatte Robin recht, doch das hatte beim ersten Mal auch nicht funktioniert und so, wie sie sich momentan fühlte wusste sie, dass sie in der nächsten Stunde auch keinen Schlaf finden würde.

"Mir gefällt das alles nicht", murmelte sie leise und lehnte ihren Kopf etwas mehr gegen den der anderen. Für einen Moment schloss sie die Augen, während sie den Worten der anderen lauschte.

"Macht dir keine Sorgen, es wird nichts geschehen.“ Sie wussten wohl beide, dass es so einfach nicht war, doch vermutlich war es normal, dass man in solchen Situationen dennoch versuchte das ganze positiv zu sehen. Doch wenn das alles wahr war, dann überlebten nur die Stärksten. Sie durften sich nun keine Schwächen erlauben.

"Komm, leg dich wieder hin Nami", sprach Robin sanft, bevor Nami spürte, wie sie wieder von ihr abließ. Nami öffnete wieder die Augen, lauschte, wie Robin sich wieder zu ihrem Bett begab. Noch einen Moment verharrte sie in ihrer Position, dann wandte sie sich ab und folgte Robin. Sie hatte Recht, sie sollte endlich schlafen, zumindest musste sie es versuchen. Vielleicht würde die Welt morgen zumindest ein bisschen anders aussehen. Sie hoffte es, sie hoffte es wirklich.


 

Ein Versprechen


 

"Irgendwie siehst du nicht so aus, wie ich es erwartet habe", bemerkte Sanji nachdenklich und zog langsam an seiner Kippe. Sie saß an einem der Tische ihrer Bar und sah die Bücher durch. Auch wenn das hier eine Pirateninsel war, ein Loch voller Abschaum, führte sie über ihre Einnahmen, so wie Ausgaben genau Buch. Was das Geld betraf war sie sehr penibel, achtete auf jeden einzelnen Berry und drehte diese, wenn es nötig war, auch drei Mal herum. Sobald auch nur ein einzelner Berry fehlte wusste sie es und eigentlich war dies eine Tätigkeit, die ihr leicht von der Hand ging, für die sie oft nicht viel Zeit aufbringen musste. Doch heute? Heute war es anders.

Ihre Stirn lag in Falten, die Miene war ernst, während ihr Blick über die Zahlen glitt und sie versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie eigentlich tun sollte. Stattdessen drifteten ihre Gedanken immer wieder in andere Richtungen, Richtungen in denen sie wirklich nichts zu suchen hatten. Zumindest nicht in diesem Moment. Die Gerüchte um die Marine, Aisa, die sie heute noch besuchen musste, Robin. Das war alles zu viel auf einmal.

"Wie sollte ich deiner Meinung nach aussehen?" fragte sie etwas abwesend und griff blind nach ihrer Tasse Kaffee, die sie langsam an die Lippen führte. Dabei wendete sie den Blick nicht von ihren Aufzeichnungen ab. Ihr Frühstück. Natürlich hätte sie etwas in ihrer Wohnung essen können, ein gemütliches Frühstück mit Robin. Doch genau diese Vorstellung hatte sie irgendwie abgeschreckt, sie hatte raus gemusst. Angetrieben von der Hoffnung den Kopf frei zu bekommen, wenn sie etwas arbeiten würde. Das Gegenteil war der Fall und nun war sie hier nicht einmal alleine, wie sie gehofft hatte. Sie hatte nicht erwartet, dass Sanji so früh schon hier sein würde. Angeblich wollte er lediglich ein paar neue Rezepte ausprobieren, auf deren Idee er heute Nacht gekommen war. Doch anstatt dies zu tun war er nun hier, beobachtete sie und, als sei das nicht schon störend genug, musste er auch noch versuchen ihre Probleme zu lösen.

"Wie eine glückliche, befriedigte Frau. Und anstatt oben zu sein und den Tag zu genießen sitzt du hier unten, arbeitest und das auch noch recht schlecht." Während sie die Tasse wieder weg stellte hob sie langsam den Blick und sah ihren Kollegen ausdruckslos an. Wenn er es noch darauf anlegen wollte, dass sie ihn feuerte, dann war er sicherlich auf einem guten Weg dorthin.

"Du bildest dir zu viel ein." Wann verstand er endlich, dass sie nicht darüber reden wollte? Das es nichts brachte, wenn er versuchte auf sie einzureden. Das es ganz allein ihre Sache war, was sie daraus machte?

"Ich hoffe, dass du es dir selbst wenigstens schon eingestanden hast, wenn du schon weiterhin versuchst die Menschen in deiner Umgebung anzulügen."

"Sanji.. es ist nichts zwischen ihr und mir und da wird auch nie etwas sein. Selbst wenn ich Gefühle hätte, das würde nichts ändern."

"Woher willst du das wissen, wenn du es erst gar nicht versuchst?" Sie seufzte schwer in sich hinein. Irgendwie drehten sie sich einfach nur im Kreis. Die Gespräche begannen immer gleich, sie beide gaben eine geraume Zahl an immer gleich bleibenden Argumenten von sich und am Ende kamen sie doch zu keinem Ergebnis. Man sollte meinen er würde es irgendwann leid werden, doch er bemühte sich nach wie vor. Sie wusste es zu schätzen, wusste dadurch, dass sie in ihm einen wirklichen Freund gefunden hatte. Etwas das keine Selbstverständlichkeit war und gerade hier manchmal über Leben und Tod entscheiden konnte. Sich darauf einlassen und ihm entgegenkommen, konnte Nami dennoch nicht.

"Sanji, bitte." Sie wollte nicht darüber reden, wirklich nicht. Dazu war ihr am gestrigen Abend viel zu deutlich etwas klar geworden. Als Robin ihr Angeboten hatte mit ihr zu kommen. Etwas brannte in ihr. Ein Wunsch, der ihr zwar irgendwie bewusst gewesen war, doch den sie mit seiner Deutlichkeit erst gestern begriffen hatte. Sich selbst das ganze einzugestehen war eine Sache, dies anzunehmen und zu akzeptieren eine andere. Es anderen gegenüber auch noch zuzugeben, davon brauchte man erst gar nicht anzufangen. Das alles würde Zeit brauchen, ein Prozess, einer für den sie bisher nicht ausreichend Zeit gehabt hatte.

"Schon gut, aber sag am Ende nicht ich hätte es dir nicht gesagt." Er hatte seine Kippe zu Ende geraucht, drückte diese in einen der Aschenbecher, ehe er den letzten Rauch aus seiner Lunge bließ. Ohne ein weiteres Wort setzte er sich in Bewegung und begab sich in die Küche. Nami ließ ihn und wartete noch, bis er gegangen war, erst dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Vermutlich würde das noch eine ganz schöne Quälerei werden, wenn sie sich den Berg an Rechnungen ansah. Wucherpreise für einen gerade mal erträglichen Schnaps, wie sie fand, doch wenn die Piraten hier voll genug waren scherten sie sich ohnehin nicht mehr um den Geschmack. Sie als Diebin verdiente hier ohnehin mehr als der Durchschnitt, daher konnte sie es sich auch leisten. Und wenn es einmal anders war? Dann wusste sie durchaus, wie sie den Schnaps strecken konnte. War der Pegel hoch genug bemerkte niemand den unterschied.

Ihre Bar, die sie sich so mühsam erarbeitet hatte war nur ein Grund, warum sie nicht einfach hier weg wollte, einer von vielen. Denn auch, wenn das hier ein absolut dreckiges Loch war, das schlimmste was man sich vorstellen konnte, so war es in den letzten Jahren auf irgendeine komische Art ihre Heimat geworden. Nicht so, dass sie sich hier nieder lassen konnte, aber sie spürte auch, dass es noch nicht an der Zeit war zu gehen. Noch musste sie bleiben, auch wenn das möglicherweise eine schlechte Idee war.

Sie schwankte zwischen Konzentration und Ablenkung. Gelegentlich schaffte sie es sich etwas länger auf ihre Arbeit zu konzentrieren, dann schweiften ihre Gedanken allerdings wieder ab und drehten sich erneut im Kreis. Es war wahrlich zum aus der Haut zu fahren. Und selbst Nami musste irgendwann einsehen, dass sie so nicht weiter kam. Sie gab auf und packte ihre Sachen zusammen, um sie in die kleine Kammer zu bringen, die sich ihr Büro schimpfte. Hier war es zwingend nötig Ordnung zu halten, sonst würde sie spätestens nach einem Tag nichts mehr wieder finden. Also legte sie die Sachen zunächst auf der kleinen Ablage, ehe sie begann die Unterlagen wieder an ihren Platz in dem Regal zu schieben. Irgendwann würde sie mehr Platz brauchen, wobei sie wetten könnte, dass sie die einzige auf dieser Insel war, die so gut Buch führte. Zugegeben, vielleicht übertrieb sie es ein wenig, doch man konnte eben nicht immer aus seiner Haut. Kopfschüttelnd wandte sie sich ab, wollte wieder den Raum verlassen, als sie einen erstickten Schrei von sich gab und zurück stolperte. Der Schreck war ihr in alle Glieder gefahren, während eine Hand nun auf ihrer Brust lag und sie den eigenen Herzschlag spüren konnte, der sich um einiges beschleunigt hatte.

"Entschuldige, ich hatte nicht vor dich zu erschrecken."

"Aber sonst geht es dir noch gut, ja?!" fuhr sie Robin an, die im Türrahmen stand und sie ehrlich überrascht anblickte. Fast schon unschuldig, so wie sie Nami eben immer anschaute, wenn sie diese mal wieder fast zu Tode erschreckt hatte. Und das nur, weil sie es sich einfach nicht abgewöhnen wollte sich ihr auf diese Weise zu nähern. Schon hunderte Male hatte Nami ihr gesagt sie solle das lassen und wie oft hatte sie sich nicht daran gehalten? Wenn es nur das wäre, bereits einige Male war etwas dabei zu Bruch gegangen, weil sie es hatte fallen lassen. Das sie zu schreckhaft war würde sie dabei nicht gelten lassen. Robin war eine Meisterin darin sich lautlos zu bewegen wenn sie es wollte. Nur, dass hier absolut kein Grund dazu bestand. Zu Beginn hatte sie sich vielleicht noch eingeredet, sie wäre einfach nur unaufmerksam, Robin würde sie auf dem falschen Fuß erwischen. Allerdings konnte das weder die Erklärung, noch die Entschuldigung für alles sein. Und schließlich hatte Nami sich davon verabschiedet, dass sie mit schuld an dieser Sache hatte. Es wäre einfacher, würde Robin sich wie ein normaler Mensch bewegen, aber konnte sie ihr das wirklich vorwerfen? Immerhin war sie nicht die einzige, die nicht aus ihrer Haut konnte.

"Was willst du hier?" fragte sie dann, als von Robin keine Antwort kam. Auch das war nicht ungewöhnlich, denn auch in dieser Hinsicht kannte Robin sie gut genug, als das sie wusste, dass Nami eigentlich keine Antwort auf ihre Frage haben wollte. Denn egal, was Robin dazu auch sagen würde, sie würde es nicht als Entschuldigung akzeptieren.

“Ich muss arbeiten", setzte die Jüngere noch nach, trat der anderen nun entgegen und wollte sich eigentlich an ihr vorbei schieben, doch irgendwie schaffte es die Ältere sich breiter zu machen, als sie tatsächlich war. Entnervt blickte Nami zu ihr auf, zog jedoch die Brauen zusammen, als sie die ernste Miene ihres Gegenübers bemerkte. Robin sah sie weiterhin schweigend an, schien nicht recht zu wissen, was sie sagen sollte.

"Robin?" Die Angesprochene senkte den Kopf leicht, biss die Kiefer etwas zusammen. Noch einmal atmete sie tief durch, ehe sie Nami wieder direkt ansah.

"Ich wollte sicher gehen, dass bei dir alles in Ordnung ist."

"Was sollte nicht in Ordnung sein?"

"Nichts. Gib einfach auf dich acht, während ich weg bin." Damit beugte Robin sich vor, hauchte der anderen einen sachten Kuss auf die Wange, bevor sie sich abwandte und auf den Weg hinaus machte. Für einen Moment stand sie da, ließ die Situation auf sich wirken, bevor wieder Bewegung in ihren Körper kam. Nami trat vor und blickte hinaus in den Gang, um Robin mit dem Blick folgen zu können.

"Wo willst du hin?!" rief sie Robin noch nach, erhielt jedoch keine Antwort. Seufzend verschränkte Nami die Arme vor der Brust und lehnte sich nun ihrerseits gegen den Türrahmen, während sie ihr nachsah. Es beschlich sie das dumpfe Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie brauchte nicht Robins Antwort, um das zu wissen. Doch, dass sie sich bei ihr abmeldete? Das war durchaus neu und alleine deswegen etwas, das einen misstrauisch machen sollte. Selbst wenn sie sich auf der Insel befand konnte es schon einmal vorkommen, dass man sie einen oder gar zwei Tage nicht zu Gesicht bekam. Es kam zwar selten vor, dass Robin das tat und doch lag auch das im Rahmen der Möglichkeiten und wäre nichts was Nami überrascht hätte. Wenn dem so war, dann verabschiedete sie sich in der Regel nicht von Nami, sie ging einfach. Und das war letztlich ihr gutes Recht, grundsätzlich war sie Nami keine Rechenschaft über etwas schuldig, obgleich diese das in manchen Punkten vielleicht anders sehen würde. Kam es vor, dass sie verschwand, ließ sie ihre Sachen in Nami’s Wohnung. Das einzige Zeichen dafür, dass sie noch auf der Insel war und wenigstens eine Sache, auf die sie sich verlassen konnte. Was sie in dieser Zeit tat, das wusste sie nicht, Robin redete nicht darüber, so wie sie über die meisten Dinge kein Wort verlor und Nami hatte nie nachgefragt. Es konnte nichts Gutes sein, nicht auf einer Insel voller Piraten und Abschaum. Und mehr musste Nami auch nicht wissen.

Kopfschüttelnd wandte sie sich ab und begab sich in die Küche, wo Sanji endlich das machte, wozu er eigentlich hergekommen war und seine neuen Rezepte in die Tat umsetzte.

"Sie ist schon wieder weg?" fragend hob er eine Braue und sah Nami einen Moment an. Natürlich hatte er mitbekommen, dass Robin hier gewesen war, in dieser Hinsicht schien er neugieriger zu sein, als es gut für ihn war. Sehr zu Nami’s Leidwesen.

"Sie hat noch was vor", erwiderte sie nur knapp und begann ein paar Kleinigkeiten an Essen zusammen zu suchen und diese ordentlich zusammen zu packen. Sie hatte versprochen, dass sie heute nochmal zum Waisenhaus kommen würde und das sollte sie besser einhalten. Die Kinder dort bekamen schwerlich eine anständige Mahlzeit. Meistens hatten sie Glück, wenn überhaupt etwas auf den Tisch kam und sich irgendjemand darum gekümmert hatte. Eine Arbeit die zumeist an den Ältesten hängen blieb, sofern sie denn ein Interesse daran hatte sich auch um andere zu kümmern und nicht nur um sich selbst. Ein ordentliches Stück Brot würde da wohl wie ein Schatz gehandelt werden.

Während sie ihre Sachen packte spürte sie Sanji’s Blick in ihrem Nacken. Etwas von dem sie sich jedoch nicht weiter beirren ließ. Manchmal war Ignoranz der einzige Weg durch so eine Situation und Sanji war klug genug das alles nicht weiter zu kommentieren und ihre Geduld auf die Probe zu stellen. Sie wollte nicht wissen, was er von der Situation hielt, wollte nicht noch öfter hören, dass da etwas sein könnte. Es wäre ihr nicht recht, wenn es so wäre, zumindest versuchte Nami sich dies einzureden. Wie so vieles.

"Wir sehen uns später", verabschiedete sie sich nur knapp, als sie endlich alles beisammen hatte. Sie musste hier raus, diese Stimmung war unerträglich. Wobei das weniger an Sanji, sondern an Nami selbst lag.

"Pass auf dich auf." Das würde sie, wie auch nicht? Hier gab es nicht, das ihr Angst machte, nichts mit dem sie nicht klar gekommen wäre. Was sollte ihr hier schon geschehen? Auf dieser Insel gab es nichts schlimmeres als den Tod und den fürchtete Nami nicht. Zumal die letzten Jahre sie viel gelehrt hatten und sie durchaus in der Lage war mit den verschiedensten Piraten klar zu kommen. Teufelskräfte, das war etwas bei dem sie an ihre Grenzen stoßen konnte, doch Nami war keine Kämpferin. In erster Linie war sie nie das Ziel der Piraten. Höchstens derer, die versuchten sie ins Bett zu bekommen. Das allerdings war auch nur wieder ein Thema für sich. Und wenn sie so darüber nachdachte, dann war die Insel durchaus sicherer als manch anderer Ort. Weniger gefährlich als so manches, was dort draußen auf den Meeren lauerte.

***

"Nami!" Lächelnd schob sie sich aus den Schatten des Baumes und ging über die unebene Wiese, während eine kleine Gestalt auf sie zu gerannt kam. Lediglich das Licht der Laternen machte den strahlenden Ausdruck auf ihrem Gesicht sichtbar. Zugegeben, irgendwie hatte sie Angst vor dem Tag an dem sie her kommen würde und der Ausdruck nicht mehr auf diesem Gesicht aufleuchten würde. Vermutlich würde dieser Tag schneller kommen, als sie es ahnte, denn das er kommen würde, das stand fast schon außer Frage.

"Ich hab dir was mitgebracht", entgegnete sie zur Begrüßung und hielt die Tüte mit Sanji’s Essen hoch. Falls es möglich war wurde das Grinsen auf dem Gesicht der Kleinen noch breiter. Sie wusste genau was sich dort drin befand. Immer wenn Nami etwas bei sich hatte, dann war es Essen. Manchmal auch Kleidung, etwas das sie brauchte aber in erster Linie hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht sie mit Essen zu versorgen so gut sie konnte. Zwar machte sich Nami manchmal auch Sorgen darum, dass die anderen Kinder das nicht gutheißen würden, das sie es Aisa irgendwann spüren lassen würden aber was wäre die Alternative? Wegsehen? Das konnte Nami nicht. Schlimm genug, dass die Menschen, die sich eigentlich kümmern sollten, es nicht taten.

Die Tüte wurde ihr aus den Händen gerissen und Aisa ließ sich zufrieden direkt an Ort und Stelle auf den Boden sinken, um sofort den Inhalt unter die Lupe nehmen zu können. Was das anging konnte sie einfach keine Geduld aufbringen, das würde sie wohl nie schaffen und Nami würde nie versuchen sie eines Besseren zu belehren. Stattdessen ließ sie sich bei ihr auf dem Boden nieder, saß im Schneidersitz da und beobachtete einfach nur, wie Sanji’s Essen ausgepackt und verspeist wurde. Auch wenn das Licht nicht besonders viel her gab, so konnte Nami doch die große Zufriedenheit erkennen mit der das Essen vernichtet wurde. Sie wollte diesen Moment nicht zerstören und an sich war es ohnehin ein Ritual geworden, dass sie die Kleine erst einmal in aller Ruhe essen ließ. Wobei Ruhe durchaus relativ war, denn es war durchaus nicht so, dass Aisa ihr Essen genießen würde. Viel mehr schlang sie es hinunter, als hätte sie Angst es könne ihr wieder weggenommen werden, wenn sie nicht schnell genug war. Dieses Kind hatte nie gelernt, was es bedeutete genug zu Essen zu haben oder wie es war eine Mahlzeit zu genießen. Es war sicherlich gut, dass sie Sanji nie das ganze Ausmaß dessen, was sie hier vorfand erklärt hatte, da sie genau wusste, wie er auf ein solch sensibles Thema reagierte. Es reichte schon, dass er sich ihretwegen zu viele Sorgen machte, da kümmerte sie sich um dieses Problem lieber selbst. Es hätte ohnehin bedeutet ihn zu sehr in ihr Leben mit einzubinden und das war auch etwas, das Nami lieber vermied. Schlimm genug, dass Robin hiervon erfahren hatte, gerade die Person, die sie am meisten von sich hatte fern halten wollen.

"Wer war die Frau Gestern?" Aisa riss sie aus ihren Gedanken und so blickte Nami wieder fragend zu der Kleinen. Das meiste der Mahlzeit war bereits verschwunden und der erste Heißhunger wohl ausreichend gestillt, so dass sie nun wohl bereit war mit Nami zu sprechen. Das dabei ausgerechnet Robin zum Thema werden sollte war nichts, was Nami recht wäre. Allerdings hatte sie nicht vor sich von diesen Gedanken etwas anmerken zu lassen, das war nichts, das man mit einem Kind besprechen sollte.

"Eine alte Freundin, sie ist nicht oft auf der Insel", erklärte sie daher nur. Mehr gab es nicht zu sagen, zumindest nicht ihr gegenüber. Es beschrieb Robin ohnehin am besten, doch an dem Blick, den man ihr zuwarf konnte Nami erkennen, dass es nicht wirklich zufriedenstellend war, was sie gesagt hatte. Manchmal konnte dieses Kind wirklich anstrengend sein, ebenso wie Robin.

"Was?" Nami hasste es mit einem solch erwartungsvollen Blick bedacht zu werden, aber anscheinend schien Aisa davon nur wenig beeindruckt zu sein. Sie aß auf und verschränkte im Anschluss die Arme vor der Brust, blickte zu Nami auf, als sei es völlig klar, was das Problem an dem Gesagten war. Sicherlich war dem auch so, aber das bedeutete noch lange nicht, dass Nami das auch zugestehen musste. Besonders nicht, wenn das eigentlich nicht das Thema war, welches sie in diesem Moment vertiefen wollte.

"Du hast noch nie jemanden mit hier her gebracht." Tief atmete Nami durch und strich sich über den Nasenrücken.

"Ich habe sie nicht mit her gebracht, sie ist mir nach gegangen, ohne dass ich es bemerkt habe. Sie ist einfach eine Bekannte, die es nicht lassen kann ihre Nase in meine Angelegenheiten zu stecken." Ein gewisser Ärger kam bei diesen Gedanken auf, obgleich Nami auch wusste, dass es dennoch ein gewisser Balsam für ihre Seele war, immerhin war es auch Ausdruck ihrer Wertschätzung, die sie anders nicht richtig darbieten konnte, wie es manchmal schien. Daher versuchte sie manche ihrer komischen Angewohnheiten nicht ganz so eng zu sehen.

"Hast du sie gern?"

"Sicher habe ich sie gerne, wie gesagt, sie ist eine Freundin." Sie hatten zwar auch ihre Schwierigkeiten miteinander, doch alles in allem wollte Nami die andere nicht mehr missen und wäre froh darum, wenn sie sich öfter blicken lassen würde. Da sie allerdings nun wusste, womit Robin sich befasste, wenn sie nicht auf der Insel war, wusste Nami auch, dass sie froh sein konnte die andere überhaupt noch zu Gesicht zu bekommen. Durchaus drängte sich hier die Frage auf, wie viel sie eigentlich wirklich über Robin wusste und was sie ihr ansonsten noch verschwiegen hatte.

"Du hast aber noch nie von ihr gesprochen. Über Freunde redet man doch, so wie über Sanji. Über Zorro sprichst du auch." Sogar über Zorro hatte sie gesprochen, das wusste Nami. Zwar nicht viel, weil es in der letzten Zeit wahrlich nichts zu erzählen gab, was für die Ohren eines Kindes bestimmt gewesen wäre, und doch hatte sie ihn erwähnt. Wenn man es so betrachtete, dann war es durchaus komisch und wurde der ganzen Situation und auch Robin nicht gerecht.

"Sie war schon sehr lange nicht mehr hier. Ich habe einfach nicht an sie gedacht." Stimmen tat das so zwar nicht, doch wie sollte man der Kleinen das erklären? Manche Dinge konnte sie mit ihr nicht besprechen so gerne sie dieses Kind auch hatte. Wenigstens schien diese Antwort zunächst akzeptiert zu werden und Aisa wandte sich wieder ihrem Essen zu. Nami betrachtete sie schweigend und spürte irgendwann doch, wie sich ein sanftes Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete. In Momenten wie diesen schien die Welt in Ordnung zu sein. Frei von Sorgen und Ängsten, die einen belastete und Nachts nicht schlafen ließen. Wenn sie könnte würde sie Momente wie diesen festhalten und nie wieder loslassen, sich daran klammern und einfach darin verweilen. Dennoch schlichen sich immer wieder diese Gedanken mit hinein, nahmen dem Moment seine Leichtigkeit. Und sicher war es so, dass Nami Aisa dahingehend beneidete. Sie konnte hier ganz Kind sein, abschalten und einfach genießen. Ihre Sorgen loslassen und ganz in diesem Moment sein. Nami konnte am Ende nur hoffen, dass sie sich diese Fähigkeit noch so lange wie möglich bewahren würde.

Wie lange würde es dauern, bis diese Insel sie verschlingen würde? Das Lächeln auf ihren Lippen verblasste langsam. Immerhin war da auch noch dieses Gefühl, dass sie seit der letzten Nacht hatte und welches einfach nicht verschwinden wollte.

"Warum kann ich nicht mit dir kommen?" Der Themenwechsel riss sie aus ihren Gedanken. Immer wieder diese Frage und die Tatsache, dass Aisa ihr diese Frage inzwischen fast jedes Mal stellte, wenn sie sich sahen bereitete ihr durchaus Sorgen. Es sprach sehr dafür, dass die Lage immer unerträglicher für sie wurde und Nami würde ihr wahrlich mehr als gerne helfen, doch leider war das alles andere als einfach. Sie konnte sie nicht einfach mitnehmen, das konnte nicht funktionieren.

"Aisa.. wir haben das doch schon besprochen", entgegnete sie ruhig. was sollte sie auch noch dazu sagen? Immer wieder hatten sie das ganze besprochen, immer wieder war es das gleiche gewesen. Natürlich wusste sie, wie sehr sich die Kleine das wünschte, doch wie wusste auch um den Ärger den es ihnen einbringen würde. Hinzu kam, dass sie für sie beide aufkommen musste, sie hatte keine Zeit um sich um sie zu kümmern und das würde ihr ebenso wenig bekommen wie das hier. Ganz abgesehen davon hatte Nami schlichtweg Angst zu versagen und sich nicht gut genug zu kümmern. Das sie sie am Ende doch nur enttäuschen würde.

"Ich weiß", drang es zerknirscht über die Lippen der Kleinen. Nami wusste, dass sie ihr so keine Freude machen konnte, doch sie wollte sie auch nicht enttäuschen und wenn sie dem Wunsch nun nachkam und es schief gehen würde, dann würde dies Zweifels ohne geschehen. Enttäuschte Hoffnungen gab es auf dieser Insel genug und sie wollte nicht noch eine hinzu fügen.

"Hey, ich weiß du willst hier weg, ich verstehe das. Doch noch kann ich dich nicht hier weg holen, aber eines kann ich dir versprechen, sobald ich kann werde ich es tun, damit wir beide ein besseres Leben haben. In Ordnung?" Nami meinte es durchaus ernst, wenn sie so weit war und alles beisammen hatte, dann würde sie versuchen sie beide hier heraus zu bringen. Wann das allerdings war, das konnte sie nicht sagen, so etwas ließ sich nicht planen, besonders nicht auf dieser Insel. Und so bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie zu spät kommen könnte. Dieses Risiko war ihr durchaus bewusst aber Nami musste es eingehen und konnte nur hoffen, dass Aisa sich den Fängen der Insel noch ein wenig länger verwehren und nicht in diesen Abgrund hineinstürzen würde.

Aisa wusste, dass es nicht so einfach war, sie wusste das Nami dieses Versprechen nicht so schnell einlösen würde. Vermutlich konnte sie es in Nami’s Augen sehen, wobei diese hoffte, dass es nicht so war. So oder so nickte die Kleine nur und schien es ernst einmal dabei zu belassen. Solche Themen drückten die Stimmung und das war nie ihre Absicht gewesen. Eigentlich hatte sie ihr nur eine Freude machen wollten, damit sie wenigstens heute etwas Richtiges in den Magen bekam und sich für ein paar Minuten daran erfreuen konnte. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich, klopfte da ganz leicht gegen ihren Hinterkopf als wolle es sie daran erinnern, dass das nun einmal dazugehörte. Wenn sie hierher kam, wenn sie dieses Band zu der Kleinen aufrecht erhielt, dann konnte Nami nicht glauben, dass eine warme Mahlzeit alles aufwiegen würde. Sie sollte es besser wissen und sich darüber im klaren sein, dass sie gleichzeitig auf Hoffnungen schürte. Sie übernahm bereits jetzt eine Verantwortung, der sie sich irgendwann stellen musste.

"Ich mache dir einen Vorschlag", begann sie schließlich und sicherte sich somit wieder die Aufmerksamkeit der Kleinen. Diese blickte etwas skeptisch zu ihr auf, musterte Nami forschend, welche sie schwach anlächelte.

"Ich kann dich zwar nicht hier heraus holen, aber.. was hältst du davon, wenn wir einen kleinen Ausflug machen? Wir machen uns einen schönen Tag, gehen an den Strand, schön essen mit allem, was dazu gehört. Wie findest du das?" Sie würde sich einen Tag frei nehmen können, so dass sie ihr wenigstens einen Tag schenken konnte an dem sie hier heraus kam. Natürlich könnte Aisa immer wieder abhauen, doch die Kinder wurden immer wieder eingefangen und bei den Strafen die sie zu erwarten hatten ließen die meisten diese Versuche bald bleiben. Wenn man es aber richtig anstellte, dann wäre es sicherlich möglich einen Tag zu verschwinden, ohne das es der Alten auffallen würde.

"Und ich darf mir aussuchen, was wir machen?" So einfach konnte man ein Kind glücklich machen. Nami schmunzelte leicht in sich hinein, nickte dann aber. Wenn das alles war, was nötig war um wieder ein Lächeln in dieses Gesicht zu zaubern, dann würde sie ihr einen Tag jeden Wunsch erfüllen den sie hatte. Oder es zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen.

"Versprochen. Du darfst dir aussuchen, was wir machen." Aisa jubelte begeistert, rappelte sich auf und fiel Nami fröhlich um den Hals. Das war es wahrlich wert. Sie wollte sie glücklich sehen und irgendwann, wenn sie alle bereit dazu waren und vielleicht auch endlich verschwinden konnten, dann konnte man vielleicht daran denken, dass sie so etwas wie eine Familie sein konnten. Das allerdings waren Dinge, Träume und Wünsche, die noch weit in der Zukunft lagen..


 

Neue Konflikte


 

"Nami!"

Unverkennbar. Sanji hob den Blick von dem Schneidebrett auf dem er dabei gewesen war das Gemüse für eines der heutigen Gerichte klein zu schneiden. Seine Chefin und Freundin war noch nicht lange weg und um diese Zeit verirrte sich normalerweise niemand in die Bar. Die Piraten hatten so früh wahrlich noch andere Sorgen, als Nahrungsaufnahme und das nächste Bier. Aber bei dem Ankömmling handelte es sich ohnehin nicht um irgendeinen Piraten und abgesehen von der unverkennbar, verärgerten Stimme war es auch der übliche Lärm, der momentan im Schankraum veranstaltet wurde, welcher Sanji nur zu einem Schluss kommen ließ. Sah man davon einmal ab war es letztlich wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Zorro hier auftauchte und wenn Sanji ehrlich war, dann hatte er schon wesentlich früher mit dem anderen gerechnet. Zunächst war er sicherlich in Nami’s Wohnung gewesen und nicht fündig geworden, so dass er sich wohl dazu entschieden hatte seine Suche hier fortzusetzen. Wo sollte sich die junge Frau auch sonst herum treiben? Seit Sanji hier war übernahm er die Verhandlungen mit Händlern und die Einkäufe, die für den jeweiligen Tag zu erledigen waren, so dass dieser große Teil der zu erledigenden Arbeit für Nami wegfiel. War sie früher also auch oft am Hafen gewesen, so vermutete Sanji, dass man sie dort inzwischen nur noch selten antreffen konnte. Was hätte sie auch für einen Grund sich dort hin zu begeben? Höchstens den, dass sie sich als Diebin betätigen wollte, allerdings gab es da auch einfachere Wege als sich auf Piratenschiffe zu schleichen, die noch bewacht wurden. Dieser Teil war allerdings reine Spekulation und das einzige, was Sanji wirklich über Nami’s Leben außerhalb dieser Bar wusste war, dass sie sich immer wieder im Waisenhaus blicken ließ. Das war eine beständige Konstante geworden, im Gegensatz zu Zorro und Robin, die zwar auch immer wieder eine Rolle spielten, der jungen Frau aber nicht unbedingt gut taten. Zorro, weil er sie schlug und einfach nur schlecht behandelte und Robin, weil sie offensichtlich das Herz der jungen Frau für sich hatte gewinnen können und diese sich wohl auf Gefühle eingelassen hatte, die so keine Zukunft hatten. Zumindest dann nicht, wenn die beiden es nicht endlich schaffen würden darüber zu sprechen und Nami sich weiterhin als unbelehrbar in dieser Sache zeigen würde.

"NAMI!" Langsam wandte er den Blick wieder ab, ohne auf das Gebrüll des anderen zu reagieren. Im besten Fall würde dieser einsehen, dass Nami nicht hier war und wieder verschwinden und wenn dem nicht so war, dann konnte Sanji immer noch handeln. Bis dahin lauschte er lediglich dem Radau und der wütenden Stimme des anderen, während er sich weiter um das Gemüse kümmerte. Die Arbeit musste auch getan werden und er hatte wirklich keine Zeit sich mit Zorro herum zu schlagen, der ohnehin nicht zuhören würde. Die beiden waren schon einmal aneinander geraten und das war alles andere als angenehm gewesen. Gewiss scheute Sanji einen Kampf nicht, wenn es darauf ankam, aber so etwas sollten sie wahrlich nicht in dieser Bar austragen, es sei denn sie wollten Nami’s Existenz zerstören. Sie hatte wahrlich zu hart hierfür gearbeitet, als das er das so einfach zulassen würde. Die Voraussetzung war allerdings, dass Zorro dabei mitspielte. Tat er natürlich nicht. Sanji konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals an andere und nicht an seinen eigenen Vorteil gedacht hätte. Gerade wenn es um Nami ging schien Zorro keinerlei Weitblick und Empathie zu besitzen. Für ihn schien sie so etwas wie sein Eigentum zu sein auf das er irgendeinen Anspruch hatte.

"Wo ist sie?!" Die Tür zur Küche wurde mit zu viel Wucht aufgeschlagen, knallte gegen die Wand und hinterließ dort sichtbare Spuren, ehe sie Zorro ein Stück weit wieder entgegen kam, ehe dieser sie wieder abfing und erneut zurück stieß. Mit energischen Schritten kam er auf Sanji zu, der versuchte nicht weiter auf den wütenden Kerl zu achten. Nur nicht provozieren lassen.

"Sie sagte sie müsse noch etwas erledigen", entgegnete er in Ruhe und gab das Gemüse zunächst in eine Schüssel. Erst dann sah er ausdruckslos zu Zorro herüber, der ihn wütend anfunkelte und sichtlich mit sich kämpfen musste, um die Beherrschung nicht endgültig zu verlieren. Immerhin hatte er noch nicht das bekommen, was er haben wollte.

"Wo ist sie Koch?! Bei ihr?!" Tief atmete er durch. Robin. Zorro sah diese Frau als offene Bedrohung an, obgleich unklar war was genau sie für ihn bedrohte. Seine nicht vorhandene Beziehung zu Nami? Seinen Stolz? Mit beidem könnte er vermutlich nicht falsch liegen. Die Gerüchte des Aufeinandertreffen der beiden hatten sich bereits verbreitet. Inzwischen wusste sicher die ganze Insel, dass Zorro erstklassig vorgeführt worden und dann von Nami stehen gelassen worden war. Für eine Frau. Seinem Ego mochte das einen ziemlichen Schlag versetzt haben. Nami begann sich von ihm abzusenden und würde dies hoffentlich für immer tun, wenn sie Robin nur eine wirkliche Chance geben würde.

"Wenn es so wäre, dann würde ich es dir sicherlich nicht sagen. Und wenn nicht, dann geht es dich ebenso wenig etwas an." Nur über seine Leiche würde er dem anderen etwas sagen. Solange er es konnte würde er ihn von Nami fern halten, auch wenn diese nicht wollte, dass er sich einmischte. Das hier war seine Küche und hier konnte er tun und lassen, was immer er wollte und wenn dieser Halbaffe ihm nun falsch kam, dann würde er ihm deutlich die Meinung sagen.

"Jetzt pass mal auf!" Zorro trat an Sanji heran und packte diesen feste am Kragen, zog ihn zu sich herüber und sah ihn kalt an. "Du wirst mir jetzt sofort sagen, wo die kleine Schlampe steckt, oder ich werde dir jeden Knochen einzeln brechen, ist das klar?!" Sanji’s Blick verhärtete sich, wurde ebenfalls kälter. Er war nicht wirklich scharf darauf sich nun hier auf einen Kampf einzulassen, doch schien es nicht so als könnte man mit diesem Kerl noch in irgendeiner Weise ruhig reden. Jedes Wort würde er als Provokation sehen und so glaubte Sanji auch, dass er seine Drohung wahr machen würde. Wieder einmal fragte er sich, was Nami je an diesem Kerl gefunden hatte, wieso sie sich auf ihn eingelassen hatte und warum um alles in der Welt sie nun nicht mehr von ihm los kam. Soweit er das beurteilen konnte hatte der Kerl nicht eine einzige positive Eigenschaft, nichts was es rechtfertigte, dass sie ihn immer und immer wieder in Schutz nahm. Die einzige Erklärung dafür war, dass die beiden eine gemeinsame Vergangenheit hatten und diese musste es wahrlich in sich haben. Manche Ereignisse schafften es ein Band zu schmieden, welches kaum wieder zu trennen war, welches für immer Bestand hatte. In diesem Fall musste es ebenso sein, obgleich dieses Band Nami schier in ihr verderben reißen würde, wenn sie es nicht schaffte sich bald davon zu lösen.

"Du hast sie nicht verdient", entglitt es Sanji, ohne das er die Drohung oder die Frage des anderen weiter beachtete. Er würde ihm ganz sicher nicht helfen, nur über seine Leiche. "Und wenn du Nami kennen würdest, dann müsstest du nicht hier stehen und mich fragen, wo sie steckt. Du wüsstest es. Und du wüsstest auch, dass es besser für sie wäre, wenn du versoffener Versager sie endlich in Ruhe lassen würdest!" Nichts anderes war Zorro in seinen Augen, jemand der sein Leben verwirkt hatte. Auch wenn er früher ein Talent besessen haben mochte, heute war nicht mehr viel übrig, er schaffte es nur noch genug zu verdienen, um über die Runden zu kommen, das war dann aber auch schon alles. Eine Schande, denn nach allem was Sanji wusste hatte dieser Idiot wirklich Talent. Und so ging er damit um. Da drängte sich auch hier wieder die Frage auf, was mit ihm geschehen war, dass er so abrutschte. Was das anging war er sich nicht einmal sicher, ob Nami wusste, warum er so geworden war und wenn sie es wusste, dann würde sie zum einen nie ein Wort darüber verlieren, zum anderen gab es ihr offenbar nur noch mehr Grund weiter an ihm festzuhalten. So oder so man drehte sich im Kreis.

"Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt! Ich kenne sie und ich kann mit ihr tun und lassen, was immer ich will, kapiert!?" Das schlimme war, dass Zorro genau das wirklich zu glauben schien. Er glaubte er habe jedes Recht Nami so zu behandeln, wie es ihm gefiel. Dabei lag nicht ein Funken an Wertschätzung in seinen Handlungen, obgleich Nami immer wieder vor ihm stand, alles tat, um ihn zu schützen. Zumindest bis jetzt.

"Und Schlagen gehört ganz offensichtlich dazu was? Hast du eigentlich gar keinen Funken Ehre im Leib?!" Eine Frau zu schlagen, das war einfach das letzte in Sanji’s Augen. Eigentlich hätte er alleine dafür ein paar Schläge verdient, aber noch hielt der Koch sich zurück, beschränkte sich lediglich darauf die Hand des anderen grob von seinem Kragen zu lösen und ihn zurück zu stoßen. Wenn er wirklich glaubte, dass er mit seinem Verhalten durchkommen würde, dann irrte er sich.

"Das Weib hat es nicht anders verdient, also halt dich raus!" Als ob das ein Argument gewesen wäre. Sanji schnaubte schwer. Zorro sah seine Fehler nicht und er verstand auch nicht, worin das Problem bestand. Wollte es nicht verstehen. Kein Bedauern oder Reue war in seinem Gesicht zu erkennen, es ließ ihn völlig kalt.

"Wenn es dir nur darum geht, dann könntest du jede andere Frau auf dieser verdammten Insel zusammen schlagen, warum ausgerechnet sie?! Ich sage dir, lass sie endlich zufrieden!" Irgendwo in seinem Inneren musste noch etwas sein, dass ihn an Nami band, was auch immer das sein musste. So oder so war es nicht stark genug, um ihn daran zu hindern sie zu verletzen, aber es reichte, damit er sich weigerte sich einfach jemand anderem zuzuwenden. Nichts, das man verstehen musste oder konnte und Sanji war es leid sich in dieser Hinsicht Mühe zu geben. Er wollte einfach nur seine Freundin schützen und genau das würde er auch tun, ob dieser das nun recht war oder nicht. Es konnte so nicht weitergehen und wenn sich niemand einmischte, dann würde dieser Kerl Nami früher oder später ins Grab bringen.

"Und wenn nicht? Was willst du dann tun Koch, mich vergiften?!" purer Hohn lag in seiner Stimme, während er Sanji abfällig musterte. Hochmut kam vor dem Fall und so ließ Sanji sich nicht auf diese Provokation ein. Er wusste, dass er es mit ihm aufnehmen konnte. Wäre Zorro in Form, dann wäre es vielleicht ein hartes Stück Arbeit geworden, so aber glaubte er durchaus, dass sich die Sache vergleichsweise einfach regeln ließ. Immer wieder musste er Kerle wie ihn aus der Bar schmeißen, weil sie Ärger machten, er wusste also worauf es ankam und was er zu tun hatte. Zorro würde sich sicherlich mehr wehren und er dürfte auch stärker sein, als die meisten anderen, aber das war es dann auch schon. Zumindest schreckte Sanji nicht vor einer Auseinandersetzung zurück.

"Lass es lieber nicht darauf ankommen", warnte er nur ruhig. Er hatte es nun wirklich nicht nötig sich zu rechtfertigen, das hatte man nur, wenn man nicht auf sich selbst vertraute. Zorro lachte auf und schüttelte den Kopf. Er nahm ihn nicht ernst, kein bisschen. Aber was nahm dieser Kerl schon noch ernst?

"Ich denke du solltest nun endlich wieder verschwinden. Du verschwendest meine Zeit." Es reichte Sanji nun wirklich, doch Zorro machte noch keine wirklichen Anstalten zu gehen. Immerhin hatte er immer noch keine Ahnung, wo Nami steckte und auch sonst schien das alles eine eher unbefriedigende Situation für ihn zu sein. Doch konnte man es einem Kerl, der die Unzufriedenheit in Person zu sein schien, überhaupt jemals recht machen? Das war eher zu bezweifeln.

"Du meine auch. Also helfen wir uns gegenseitig. Du sagst mir, wo sie steckt und ich werde verschwinden." Damit wäre allen geholfen, aber Nami würde einer weiteren Auseinandersetzung mit ihm in die Arme laufen und so, wie die letzten Tage verlaufen waren konnte das nur böse enden.

"Wie kommst du darauf, dass ich es wüsste? Ich bin nicht ihr Aufpasser, bei dem sie sich immer an und abmeldet, sobald sie kommt oder geht. Du wirst sie schon alleine finden müssen Marimo." Dass er das könnte, das bezweifelte Sanji wirklich und doch war es ihm lieber der andere wäre endlich verschwunden und nicht mehr hier, wenn Nami endlich zurückkam. Aber das war so lange eher unwahrscheinlich, so lange Zorro nicht auf die Idee kam hier sitzen zu bleiben und einfach zu warten, was sicherlich auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Dann allerdings würde Sanji wirklich handgreiflich werden müssen, um den anderen nach draußen zu befördern.

"Muss ich das?" Zorro hob eine Braue und sah sich um, schnaufte dann leise und wandte sich ab, verließ tatsächlich die Küche. Für einen kurzen Moment verspürte Sanji so etwas wie Erleichterung, freute sich fast schon über die fast schon einfache Wendung der Ereignisse, mit der er schon nicht mehr gerechnet hatte. Dann allerdings wurde das Hochgefühl zerstört, als er hörte, wie der andere einen Stuhl verschob. Letztlich konnte das nur bedeuten, dass er es sich drüben gemütlich gemacht hatte und dort auf Nami warten wollte. Entnervt massierte Sanji sich die Stirn und schloss einen Moment die Augen. Da blieb ihm nun wohl keine andere Wahl, als andere Seiten aufzuziehen und das möglichst schnell bevor seine Nami zwangsweise auf ihren Ex treffen und der Tag somit nur noch schlimmer werden würde. Die Küchenutensilien wurden bei Seite geschoben, die Hände abgewischt und schon verließ der Koch mit energischen Schritten die Küche. Im Schankraum fand er, wie zu erwarten gewesen war, Zorro vor, der es sich an einem der Tische bequem gemacht hatte. Die Füße hoch gelegt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt saß er da, das Auge geschlossen. Natürlich schlief er nicht, dessen war Sanji sich bewusst, auch wenn es so wirken mochte.

„Bring mir eine Flasche Sake Koch, wenn du schon mal da bist“, kam es dann auch prompt und Sanji ballte die Hände zu Fäusten. Er hasste diesen Kerl einfach nur und nun war es endlich an der Zeit das auch deutlich zu machen, wenn er es anders nicht verstehen wollte.

„Einen scheiß werde ich tun!“ Sanji setzte sich in Bewegung und schritt auf Zorro zu, der nun wieder zu ihm sah, die Augenbrauen zusammen gezogen. Sicherlich war ihm klar, dass nun etwas folgen würde, auch wenn er sich nicht rührte, noch nicht. Und somit überließ er Sanji den ersten Zug, der ihn mit einem festen Tritt, in den er all seine Wut legte, quer durch den Raum beförderte. Tische und Stühle fielen um und Zorro kam bei der Wand zum liegen. Fluchend setzte er sich auf, funkelte den Koch kalt an. Dieser stand weiter neben dem Tisch, an dem Zorro zuvor noch gesessen hatte und hielt die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ich denke, wir sollten das sofort klären“, Kam es von Zorro, als dieser nach zwei seiner Schwerter Griff und diese zog, um sie gen Sanji zu richten. Er war bereit zu kämpfen, auch wenn er durch seinen letzten Kampf gegen Robin noch nicht auf der Höhe war und sein Arm immer noch gebrochen schein. Warum zum Teufel sich dieser sture Idiot sich dennoch so etwas aussetzte und nicht auf ein Schwer verzichtete verstand Sanji zwar nicht, aber es war ihm auch egal. Deutlich konnte er das Zittern von Zorro’s Arm erkennen. Er würde in diesem Kampf keine fünf Minuten durch halten.

„Das denke ich auch.“

***

Sie fühlte sich ein wenig leichter. Nami konnte kaum behaupten das sich ihre Probleme gelöst hatten und das würden sie auch nicht so schnell. Doch ein Lächeln auf das Gesicht dieser Kleinen zu zaubern war durchaus etwas, das einen etwas Glück spüren ließ. Es war ein kleiner Vorgeschmack auf das, was man vielleicht haben könnte. Zumindest dann, wenn man ein anderes Leben führen würde. So leicht sie sich daher auch fühlte, so nachdenklich machte sie die ganze Situation auch. Das sie Aisa’s Leben nicht verändern konnte war Nami durchaus bewusst. Es war vielleicht sogar schädlich, dass sie dennoch immer wieder zurück kam und das ganze zum Teil zu ihrer Verantwortung machte. Warum sie es dennoch tat? Nami wusste es durchaus. Sie wusste selbst nicht wer ihre leiblichen Eltern waren und hätte sicherlich auch in einem solchen Heim enden können, wenn ihre Mutter nicht gewesen wäre. Eine Marinesoldatin die sie und ihre Schwester bei sich aufgenommen hatte. Auch mit ihrer Schwester war sie nicht verwandt, doch all das spielte keine Rolle. Sie waren eine Familie gewesen und ihre Mutter hatte alles für sie gegeben. Zuletzt ihr Leben. Als Kind verstand man vieles vielleicht nicht, vielleicht sehnte man sich danach seine Wurzeln zu kennen und vielleicht konnte man alles andere nicht anerkennen. Da gab es eine leere, etwas das nicht so einfach gefüllt werden konnte und letztlich auch nichts mit der Person zu tun hatte, die sich für einen aufopferte. Nami hatte Fehler gemacht, sie hatte als Kind schreckliche Dinge gesagt ohne zu sehen was für eine wunderbare und liebende Familie sie eigentlich hatte. Sie könnte es bereuen, sie könnte sich Vorwürfe machen aber all das würde nichts ändern. Und es hatte sie zu der Frau gemacht, die sie heute war. Sie hatte eine Familie, eine die sie niemals vergessen würde und zumindest ihre Schwester lebte noch auf ihrer Heimatinsel. Sie vermisste sie, würde irgendwann sicher zu ihr zurückkehren. Gleichzeitig war Nami aber ein Mensch, der die Freiheit brauchte. Sie musste die Welt sehen und ja, sie hatte früher auch einmal Träume gehabt. Ihre eigene Weltkarte. Der große Traum, der sie in die Welt hinausgezogen hatte und dem sie hinterhergejagt war. Sie hatten den Eastblue bereits, Nami hatte etliche Karten gezeichnet, die Inseln vermessen und Daten gesammelt. Die Grand Line. Auch hier hatte sie weiter gemacht, hatte an ihrem Traum gearbeitet und gemeinsam mit Zorro eine Partnerschaft geführt, die ihr vieles ermöglicht hatte. Er hatte sie beschützt, hatte ihr geholfen alle Inseln zu sehen, die sie sehen wollte, war ihr Fels gewesen. Bis zu diesem einen, verhängnisvollen Tag an dem sich ihre ganze Welt verändert hatte.

Aisa erinnerte Nami an sich selbst. Sie wusste das sie ihre eigene Geschichte mit der Kleinen verband und sich vielleicht erhoffte ihr den Weg für ein besseres Leben zu ebnen. Ihre Mutter war der Grund warum Nami war, wie sie nun einmal war. Sie hatte alles was sie wusste und konnte von ihr gelernt. In erster Linie was es bedeutete zu lieben und was es bewirken konnte eine Familie zu haben. Etwas das sie gerne weitergeben würde und dennoch sah Nami sich immer wider damit konfrontiert, dass sie scheitern würde. Denn das, was ihre Mutter einst getan hatte, was sie ihr und ihrer Schwester ermöglicht hatte, das konnte Nami nicht. Oder war sie schlichtweg zu feige? War sie nicht bereit dazu? Sie sagte, dass sie nicht das Geld hätte, dass sie nicht gut genug für Aisa sorgen könne. Geld hatte ihre Mutter nie abgehalten. Sie hatten nie viel besessen und hatten sich vieles nicht leisten können. Dennoch hatte sie jeden Tag hart gearbeitet und sogar zwei kleine Mädchen groß gezogen. Es ging nicht um das Geld. Es ging um die anderen Probleme ihres Lebens, die Nami nicht einfach in den Griff bekam. Wie sollte sie ein Kind großziehen, wenn da der gewalttätige Freund ständig vor der Tür stand? Wie sollte sie Aisa in die Augen blicken und ihr klar machen, dass sie schlichtweg zu schwach und nicht in der Lage war diese Beziehung endgültig zu beenden, ihn aus ihrem Leben verschwinden zu lassen?

Am Ende des Tages war es Scham die Nami daran hinderte wirklich für die Kleine da zu sein und in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten. Diese würde es nicht verstehen. Ob sie enttäuscht wäre zu sehen, was aus ihrer Tochter geworden war? Vermutlich.

All das waren Dinge, die Nami am Ende des Tages doch mit sich selbst ausmachen musste. Sie sprach nicht darüber. Erst recht nicht darüber was es war, das sie an Zorro band. Es war eine Sache für sich, eine ganz eigene Geschichte und ja, sie hatte noch die Hoffnung darauf, dass irgendwo tief in ihm, noch der Kerl war in den sie sich einst verliebt hatte.

Bis dieser Kerl wieder auftauchte war es allerdings besser dem ganzen aus dem Weg zu gehen. Nami hatte in den letzten Tagen genug dafür getan, um ihn zu provozieren und wütend zu machen. Das Robin da war machte das alles nur noch schlimmer und sie rechnete fest damit, dass er bald schon wieder bei ihr auftauchen würde. Etwas auf das sie sich mental vorbereiten musste, wenn sie sie zumindest die Distanz zu ihm wahren wollte. Nein, sie wollte sich nicht wieder auf ihn einlassen. Sie wollte den Freund zurück, den sie einmal gehabt hatte. Ihre Gefühle zu ihm waren nicht mehr die gleichen und das war in Ordnung.

Zumindest für Nami. Denn da gab es durchaus eine Person, der Nami gerne näher kommen würde. Das zuzulassen war allerdings etwas, zu dem sie noch nicht bereit war. Auch hier spielte die Scham sicherlich eine Rolle aber auch Angst.

„Ah, Nami! Deine Bestellung ist angekommen! Bauchst du noch etwas?“ Nami hatte den winzigen Laden betreten. Er war unauffällig und vermutlich konnte man sich fragen wie er sich überhaupt über Wasser halten konnte aber es funktionierte. Sie hoffte das es so bleiben würde, denn Nami war gerne hier. Die Regale und Fächer waren bis oben hin gefüllt, verschiedene Sorten an Papieren, Notizbüchern und anderen Dingen stapelten sich hier übereinander. Auf den ersten Blick könnte man es als ungeordnet und chaotisch beschreiben. Inzwischen wusste sie allerdings, dass es anders war. Der alte Mann, dem dieser Laden gehörte, wusste ganz genau wo jedes einzelne Stück lag, wenn er es brauchte.

„Neue Tinte, wenn sie die passende da haben.“

„Sicher, warte einen Moment.“ Er kam hinter dem Tresen hervor, war sicher zwei Köpfe kleiner als Nami aber ließ sich davon nicht beirren, als er mit einem Hilfsmittel aus einem der oberen Fächer eine Pappschachtel herausholte.

„Ich bin froh, dass noch jemand gute Qualität zu schätzen weiß. Hier, schau dir das an..“ Er lief wieder zurück und Nami würde ihm folgen, um dann beim Tresen stehen zu bleiben und dabei zuzusehen, wie er ein, in Leder gebundenes Buch, herausholte. Damit sie es besser betrachten konnte schob er es zu ihr herüber. Nami strich kurz über den Einband, dann würde sie das Buch aufschlagen und die Bindung begutachten. Ja, das war durchaus schön geworden. Auch, wenn sie nicht mehr segelte und keine neuen Daten für ihren Traum erheben konnte, um weitere Karten zu zeichnen, so hatte sie immer noch das was sie bereits gesammelt hatte. Und da sie die Karten nicht einfach so lose herumliegen lassen wollte, hatte sie begonnen sie zu ordnen und dann binden zu lassen. Bücher ließen sich leichter lagern und waren weniger empfindlich. Dies hier war das letzte in einer Reihe an fertigen Karten, die sie gezeichnet hatte. Nami hatte noch ein paar Notizen und Daten die sie bisher noch nicht aufgezeichnet hatte, doch dazu fehlte ihr oft die nötige Zeit und Ruhe. Es gab also noch nicht genug neue Karten für ein weiteres Buch aber es war ein Anfang gemacht.

„Sehr schön, vielen dank für die gute Arbeit.“ Das war durchaus etwas das sie zu schätzen wusste. Er konnte also alles wieder einpacken und würde ihr dann auch eine Tüte mit allem herüber schieben, ehe er es abrechnen würde. Es waren am Ende die Kleinigkeiten in ihrem Leben die noch nicht davon zeugten, dass sie aufgegeben hatte oder, dass sie hier an diesem Ort eingehen wollte. Nami hielt durchaus an manchen Dingen fest so gut sie es eben konnte.

„Komm bald wieder!“ Sie lächelte ihn an, nahm ihre Sachen und würde das Geschäft dann wieder verlassen. Ein Blick auf die Uhr machte ohnehin deutlich, dass es vielleicht an der Zeit war wieder zurück in ihre Bar zu gehen. Robin hatte bereits angekündigt, dass sie eine Weile nicht da sein würde was für Nami bedeutete, dass es keinen Grund gab, nicht zu arbeiten. Würde ihr vielleicht auch helfen den Kopf etwas frei zu bekommen und dann saß sie wenigstens nicht in ihrer Wohnung und wartete darauf, dass Zorro doch noch auf die Idee kam bei ihr vorbei zu kommen. Sobald er erfahren würde, dass Robin nicht da war, würde er das ohnehin tun. Für Nami waren all diese Muster inzwischen keine wirkliche Überraschung mehr und sie nahm sie schlichtweg an wie sie kamen. Es war am Ende auch einfacher, als wenn sie versuchen würde sich wirklich dagegen zu wehren.

Und so schlug sie den Weg in Richtung ihrer Bar ein. Die ersten Piraten tummelten sich schon wieder auf den Straßen und das Tagesgeschäft würde bald losgehen. Vielleicht konnte man gleich ein paar von Sanji’s neuen Gerichten auf die Karte schreiben und die Leute damit locken. Ein paar gesalzene Preise und Nami’s Laune würde sich gleich wieder ein wenig heben, sobald die Umsätze stimmten.

Innerlich war sie bereits dabei sich ein paar gute Preise zu überlegen und wie man die rechtfertigen konnte, als ein lauter Knall sie aus ihren Gedanken riss und für einen Moment dazu zwang inne zu halten. Nami sah sich um, als ihr bereits die ersten schreienden Frauen entgegen kamen und vermutlich versuchten der Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Was sollte es auch sonst sein? Irgendwelche Piraten die ihre Probleme wieder lieber mit den Fäusten anstatt mit Worten klären wollten. Vermutlich hätte auch Nami einen Bogen darum gemacht, wenn der Lärm nicht ohnehin aus der Richtung ihrer Bar kommen würde.

Mit schnellen Schritten setzte sie sich wieder in Bewegung, lief die Straße weiter hinunter und bog dann in eine Seitenstraße ein. Noch einmal links abbiegen und dann blickte sie bereits die Straße hinunter in der sich ihre Bar befand. Nicht weit von ihr entfernt tat sich ihr eine Szene auf, die Nami erst einmal begreifen und einordnen musste. Zorro stand auf der Straße, zwei einer Schwerter hatte er gezogen und die Rauchwolke, die sich langsam legte kam direkt aus ihrer Bar. Dort, wo sich vorher noch ein Fenster neben ihrer Tür befunden hatte, klaffte nun ein riesiges Loch. Glas und zersplittertes Holz lagen auf dem Boden verteilt, während sich Sanji zwischen den Trümmern aufrichtete und sich den Staub von seinem Hemd klopfte. Ein Moment in dem sich die beiden anfunkelten und dann wieder in Bewegung setzten. Sanji, der auf Zorro zu rannte, der wiederum seine Schwerter zu einer Seite führte, um ausholen zu können. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis die Beiden wieder aufeinander trafen. Weiteres Glas splitterte.

Nami ließ die Tasche fallen und rannte los. „Hört auf!“ Rief sie ihnen entgegen, als die zwei bereits zu ihrem nächsten Schlagabtausch ansetzen und vergessen zu haben schienen, wo sie sich eigentlich befanden.

„Hört verdammt nochmal auf damit!“
 

Die Zeit läuft


 

Er war zu spät. Sie mochte es nicht, wenn man sie warten ließ. Es war nicht professionell und in der gegenwärtigen Situation schlichtweg auch nicht angebracht. Sie war nicht unvorbereitet, hatte bereits einige Informationen gesammelt und sich einen Überblick über die Lage verschafft, daher war sie auch entgegen ihrer Befehle hier her gekommen. Man hatte sie mehr als deutlich gewarnt und ihr zu verstehen gegeben, dass sie mit keiner Hilfe zu rechnen hatte, wenn sie sich trotz dessen dazu entschied diese Insel zu betreten. Es gab andere Schlachten, die geschlagen werden mussten und man konnte sich nicht in jede stürzen. Unnötig zu sagen, dass es nur einen Grund gab, warum Robin hier her gekommen war. Entgegen jeder Vernunft, obgleich sie wusste, dass die Gerüchte stimmten und die Marine auf dem Weg hier her war. Sicherlich hatte sie lange darüber nachgedacht Nami den Grund ihres Kommens zu nennen, sie direkt vor der drohenden Gefahr zu warnen, doch kannte sie die Jüngere inzwischen gut genug, um sich darüber im Klaren zu sein, dass sie selbst dann nicht so einfach gehen würde. Sie hatte gewusst, dass es etwas gab, das Nami an diese Insel band, obgleich sie diese hasste. Was es gewesen war, darüber war sie sich allerdings nie wirklich im Klaren gewesen. Zunächst hatte sie an Zorro gedacht dann, bei ihrer Ankunft vor ein paar Tagen hatte sie geglaubt Sanji könnte dieser Grund sein, auch wenn das nicht zu der Vergangenheit gepasst hatte. Schließlich hatte sie von der Kleinen erfahren, von dem Kind. Selbst mit dieser Erkenntnis hätte man sagen können, dass es das klügste gewesen wäre die Situation offen zu legen und Nami die Chance zu geben für sich zu entscheiden. Doch Robin glaubte nicht daran, dass Nami diese Informationen einfach für sich behalten hätte. Sie hätte versucht die Menschen, die ihr nahe standen zu retten, was eine Kettenreaktion ausgelöst hätte. Im besten Fall. Im schlimmsten Fall hätte man ihr nicht geglaubt und Nami hätte Zeit vergeudet, Zeit die sie möglicherweise nicht mehr hatten.

So oder so war sie die ganze Sache falsch angegangen, wie sie nun fürchtete, doch Robin musste zugeben, dass zwischenmenschliches nie eine besondere Stärke von ihr gewesen war. Gefühle zu verbergen, in dieser Hinsicht zu lügen, erschien ihr oftmals einfacher, als die Wahrheit zu sagen. Nun stand sie vor dem Problem, dass es weitaus weniger einfach war Nami von der Insel zu bekommen, als sie es erwartet hatte und sie nicht sicher sagen konnte, wie viel Zeit ihnen noch blieb.

Genau das galt es so schnell wie möglich heraus zu finden, um weitere Schritte einleiten zu können. Sie war es gewohnt in schwierige, kaum lösbare Situationen zu geraten und dann schnell handeln zu müssen, darauf war sie trainiert worden. Würde es dabei also nur um sie gehen, dann würde Robin sich keine Sorgen machen. Sie wäre in der Lage einen Plan auszuarbeiten und mit dieser Situation fertig zu werden. In diesem Fall ging es aber nicht nur um sie, es ging um Nami und ein Kind. Beide waren solche Situationen nicht gewöhnt und gerade das Kind bildete ein immenses Risiko. Es gab zu viele unbekannte Variablen in der ganzen Angelegenheit, so dass sie zunächst versuchen musste diese irgendwie, egal wie, aus dem Weg zu räumen und zu einer Ausgangslage zu kommen mit der sie halbwegs sicher arbeiten konnte. Wie genau das aussehen sollte, wusste sie bisher allerdings auch noch nicht. Zwar gab es da einen Weg, doch der würde Nami sicherlich nicht gefallen und sie würde da auch nicht so einfach mitmachen.

Das Knacken eines Zweiges riss sie aus ihren Gedanken. Dennoch wandte sie sich nicht um. Dank ihrer Kräfte wusste sie auch so, wer sich ihr näherte und das sie sich kaum Sorgen machen musste. Zumal es auf dieser Insel ohnehin kaum Personen gab, die ihr überhaupt gefährlich werden könnten. Für manch einen mochte es vielleicht arrogant klingen, doch Robin wusste schlichtweg wozu sie fähig war, wenn es sein musste. Nicht umsonst war ein beträchtliches Kopfheld auf sie ausgesetzt worden und nicht umsonst stand sie in der Rangordnung der Revolutionäre derart weit oben. Ein Fakt der für Robin selbst vollkommen unerheblich war. Am Ende des Tages hatte sie ihre eigenen Ziele, die sie verfolgte. Doch es erleichterte ihr ihre Suche, gab ihr einen gewissen Schutz und sie bekam viele Informationen, die sie alleine nicht bekommen hätte, zumindest nicht so schnell. Es war also nicht falsch sich einer Gruppe anzuschließen solange sie der eigenen Sache dienlich waren. Dennoch, Robin war dort niemandem verpflichtet, niemandem war sie Rechenschaft schuldig. Wenn es also nötig war, dann könnte sie der ganzen Sache jederzeit den Rücken zukehren. Das war das wichtigste, zumindest für sie, unabhängig zu bleiben. Zumal sie davon ausging, dass Dragon und seine engsten Vertrauten dieses Spiel ebenfalls beherrschten und sich ebenfalls zurückziehen würden sobald ihnen etwas nicht mehr in die eigenen Karten spielte. Man könnte das alles daher als Zweckgemeinschaft beschreiben. Es funktionierte solange alles zu etwas dienlich war.

"Du bist spät", war das einzige, was von ihr kam, während der Mann aus den Schatten der Bäume an sie heran trat. Sie hatten sich bei den Klippen im Osten der Insel eingefunden. Hier gab es nichts, keine Wohnhäuser, keine brauchbaren Ressourcen, die für die Bewohner der Insel interessant wären. Nur die Steinklippen und ein paar alte Bäume. Das Rauschen der Wellen würde ihre Worte übertönen, so dass es unmöglich wäre sie zu belauschen. Selbst dann, wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, ihnen auf dem beschwerlichen Weg aus der Stadt heraus zu folgen. Unter anderen Umständen wäre es ein friedlicher Ort gewesen von dem aus man das Meer gut überblicken konnte. Und doch war es eine trügerische Stille. Die Insel war ein, von Schrecken durchzogener, Ort. Ein Umstand der sich nur verschärfen würde, sollte sich die Marine weiter der Insel nähern und es wirklich in betracht ziehen einen Angriff durchzuführen.

"Ich sollte gar nicht hier sein", wandte er ein, als er neben sie trat. Robin versah ihn mit einem Seitenblick, ehe sie wieder gen Horizont blickte, wo sich das Licht des Tages abzeichnete. Gewiss hatte er recht. Wenn man ihn hier fand, dann würde das einige Probleme mit sich bringen, die nicht nur schwere Folgen für sie haben könnten. Er war Marinesoldat, gab seit geraumer Zeit allerdings immer wieder Informationen an die Revolutionäre weiter, die diese für ihre Operationen nutzen konnten. Diesmal allerdings behelligte sie ihn ohne die Erlaubnis ihres Anführers und trotz des Wissens, dass sie auch ihren Informanten mit ihrem Handeln in deutliche Gefahr bringen konnte. Wissentlich riskierte sie somit auch das scheitern anderer Operationen, für die sie jemanden wie ihn brauchen würden. Es war ihr egal.

"Machen dich all die Piraten nervös?" Sie wusste, dass er so oder so auf dieser Insel gewesen war, er gehörte zu jenem Aufklärungstrupp, der die Marine über das treiben der Piraten informieren sollte. Entsprechend war er gekleidet und fügte sich in das Bild dieser Insel ein. Niemand würde ihn je als Soldaten erkennen. Viel mehr wirkte er wie ein Landstreicher, jemand von dem absolut keine Bedrohung ausging. Unwichtig und leicht zu übersehen, wenn man nur Augen für die nächste Frau oder den nächsten Krug Bier hatte. Allerdings, und das wusste sie auch, hätte er schon vor Tagen wieder abreisen sollen. Sie hatte ihn dennoch kontaktiert und ihn gebeten sich zu treffen. Zunächst war sie sich nicht sicher gewesen, ob er dem nachkommen würde ohne einen klaren Auftrag ihres Anführers bekommen zu haben, doch anscheinend stand Robin in der Rangordnung für ihn hoch genug, als das er keine Fragen gestellt hatte. Er war geblieben, trotz des Risikos.

"Nein, etwas anderes. Und das sollte dich auch nervös machen. Ich werde dir sagen, was ich weiß, weil ich mir von Dragon nicht vorwerfen lassen will ich hätte eine seiner besten in ihren Tod laufen lassen, aber dann werde ich von dieser Insel verschwinden. Und du solltest das auch tun, egal ob du das getan hast wofür du her gekommen bist oder nicht." Erst jetzt wandte sie den Blick vom Horizont ab und blickte ihn direkt an. Ihr Blick war ausdruckslos, auch wenn es in ihrem inneren arbeitete. Sie konnte nicht gehen, noch nicht, nicht ohne sie.

"Ich habe ohnehin nie verstanden, was dich an dieser Insel so angezogen hat, eigentlich sollte man froh sein, wenn diese Insel voller Abschaum endlich im Meer verschwindet." In gewisser Weise hatte er Recht. Es gab genügend Piraten, die man besser ausschaltete, anstatt sie am Leben zu lassen. Doch es oblag nicht ihr darüber zu urteilen und sie verspürte auch nicht das Verlangen danach. Sie war nie wegen der Insel gekommen, nur dieses eine Mal. Danach hatte es immer einen anderen Grund gegeben, einen Grund von dessen Existenz niemand wissen durfte. Robin selbst hatte viel zu spät verstanden, warum sie immer wieder hergekommen war. Wer dachte schon über so etwas nach? Gefühle waren in ihrer Welt ohnehin nur etwas, das einen umbringen konnte. Wüsste jemand von all dem, Robin war sich sicher, dass man Jagd auf Nami machen würde, um über sie an Robin selbst heran zu kommen. Sie, die keine Schwachpunkte hatte würde sich an dieser Stelle sicherlich etwas gewaltiges leisten.

Wann ihr klar geworden war, dass sie dabei war einen Fehler zu begehen? Sicherlich zu spät. Robin erinnerte sich an einen Abend im Roger’s. Sie hatte in einer Ecke gesessen und das Geschehen beobachtet, wie so oft. Während Nami dabei war zu arbeiten. Allerdings hatte das wenig damit zu tun gehabt Getränke zu verteilen. Viel eher war es darum gegangen zu flirten, dafür zu sorgen, dass ihr Gegenüber unaufmerksam wurde. Es war kaum zu sehen gewesen, wenn man nicht darauf achtete. Der kleine Wildfang hatte flinke Finger bewiesen und scheffelte an solchen Abend sicherlich einiges an Geld. Sie wusste wie sie durch kam auch ohne besondere Kräfte. Wusste sich zu verteidigen und mit Piraten umzugehen. Das war meistens wichtiger als alles andere. Nami war eine Institution auch, wenn Robin sich fragte wozu sie all das Geld brauchte. Sicherlich floss nicht alles davon in ihre Wohnung. Damals war es ein winziges Zimmer gewesen in dem auch Robin untergekommen war. Eine Fügung, die sie beide dazu brachte mehr Zeit miteinander zu verbringen. Sie hatte warten müssen, bis Nami mit der Arbeit fertig war, dann verschwanden sie. An diesem Abend war Nami leicht angetrunken gewesen aber sicherlich nicht zu betrunken, um nicht mehr zu wissen was sie tat. Als ein Kerl sie angesprochen hatte, wollte das sie mit ihm ging hatte sie Robin zu sich gezogen, die auf sie gewartet hatte. Sie sei bereits in bester Gesellschaft hatte sie ihm berichtet. Er hatte ihr nicht glauben wollen und so hatte Nami sie kurzerhand geküsst. Einfach so. Dann waren sie hinauf gegangen und Nami hatte so getan als sei nichts geschehen, hatte sich benommen wie immer und dem ganzen keine Beachtung mehr geschenkt. Sie hatte sehr gut geschlafen, das hatte Robin die ganze Nacht beobachten können, während sie selbst wachgelegen und einfach nicht gewusst hatte was sie tun sollte. Nein, diese eine Geste war nicht spurlos an ihr vorbei gegangen. Und auch, wenn es für Nami keine Bedeutung haben mochte, wenn sie es vermutlich vergessen hatte, Robin hatte es nicht. Sie konnte es nicht vergessen und war seither immer sehr bewusst auf diese Insel zurück gekommen. Sie hatte überlegt Nami darauf anzusprechen, doch wozu? Für sie war vieles einfach nur ein Spiel, ein Mittel zum Zweck. Sicherlich auch dieser Moment, der völlig bedeutungslos einfach weggewischt werden konnte. Eine Handbewegung. Nein, das alles war für sie nicht wichtig, Robin war sich dessen sehr sicher. Und wieso sollte sie sich angreifbar machen? Das war einfach nicht ihre Art. Sie wusste wann es sinnlos war eine Schlacht zu schlagen und diese gehörte eindeutig dazu. Dennoch bedeutete das nicht, dass sie sich einfach von Nami abwenden und sie ihrem Schicksal überlassen konnte.

"Das muss dich nicht kümmern." Er zuckte mit den Schultern. Sicherlich war es ihm augenscheinlich egal, auch wenn Robin sich sicher war, dass er den eigentlichen Grund gerne gewusst hätte. Ein Auftrag von dem er nichts wusste? Etwas anderes? Ein Liebhaber vielleicht? Die menschliche Neugierde war schrecklich berechenbar und schrecklich nervtötend. Manch einer wäre sicher besser damit beraten seine neugierige Nase nicht zu sehr in die Angelegenheiten anderer zu stecken, es könnte einen den Kopf kosten. Allerdings war das nicht der Grund, wegen dem sie ihn für einen windigen Charakter hielt. Es war ein Bauchgefühl, vielleicht auch seine schmierige Art, die sie auf der Hut sein ließen. Gerne arbeitete sie nicht mit ihm zusammen, doch zu oft war es leider eine dringende Notwendigkeit, der sie nicht entgehen konnte.

"Wie auch immer. Es ist deine Sache, nur sag am Ende nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Aus der Nummer wirst selbst du nicht so einfach heraus kommen, das sollte dir wohl klar sein." Natürlich war es das, nur war sie bisher nie vom schlimmsten Fall ausgegangen. Nun aber stand sie davor und musste sich etwas einfallen lassen und das schnell. Dies würde sicherlich keine ihrer leichteren Aufgaben werden, doch man wuchs bekanntlich an seinen Aufgaben.

"Wie viel Zeit bleibt uns noch?" Sie musste sich etwas einfallen lassen und dafür hatte sie offenbar nicht mehr viel Zeit. Bisweilen sah es so aus, als würde ihr keine andere Wahl bleiben, als Nami die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit, wenn sie wollte, dass die Jüngere nicht nur die Dringlichkeit des ganzen verstand, sondern dem auch nachkam. Die Alternative wäre sicherlich sie zu betäuben und einfach zu entführen. Allerdings war Robin klug genug, um zu wissen, dass das nur zu anderen Problemen führen würde. Durchaus welche die ihr Angst machten und sie deswegen nicht das tat, was vielleicht nötig gewesen wäre.

"Wenige Tage, wenn wir Glück haben. Vermutlich weniger." Keine guten Nachrichten. Sie hatte zwar erwartet, dass er ihr nichts Positives sagen würde, doch mit etwas derartigem hatte sie nicht gerechnet. Falls Robin einen Zeitplan gehabt hatte wurde er in diesem Moment gänzlich über den Haufen geworfen und sie musste einsehen, dass sie das alles ganz anders angehen musste.

"Das letzte Mal hast du von Wochen gesprochen." Ihre Stimme nahm eine gewisse Schärfe an. In dieser Hinsicht verstand sie wirklich keinen Spaß. Tage bedeuteten, dass sie kaum noch Zeit hatten und das nun jede Sekunde entscheidend war. Sie waren in der Nähe, vielleicht schon näher als man ahnte und warteten nur den richtigen Moment für ihr Einschreiten ab. Wenn sie die Insel beobachteten, dann war nicht gewährleistet, dass man sie so einfach verlassen konnte und an ihnen vorbei kam. Mit viel Pech würde man ihnen genau in die Arme segeln auch, wenn Robin zumindest eine Vorstellung davon hatte von welcher Seite aus sie auf die Insel gelangen würden. Vorstellungen und Vermutungen würden sie allerdings kaum weiterbringen. Nicht gerade ein Fundament, welches dazu bestimmt war Leben zu retten und Sicherheit zu bieten.

"Sie haben falsche Informationen gestreut. Nur die wenigsten wussten von dem genauen Zeitpunkt, den sie erst in der letzten Nacht bekannt gegeben haben. Da warten etliche Schiffe auf ihre Befehle. Schon einmal von einem Buster Call gehört? Die schicken ihre stärksten Leute, Vizeadmiräle. Das hier wird vielleicht eine Nummer kleiner aber das Ziel ist klar. Die wollen diese Insel und die Piraten die sich hier befinden dem Erdboden gleich machen. Diese Piraten, die Mannschaften werden zu mächtig, jemand muss dem einen Riegel vorschieben und dafür werden sie die Vizeadmiräle schicken. Die werden nicht zulassen, das auch nur einer dieser Piraten diese Insel lebend verlässt. Anstatt dich also mit der Schuldfrage zu befassen, solltest du lieber verschwinden. Ich werde es zumindest tun, das hätte ich schon längst tun sollen!" Und ehe sie noch etwas erwidern konnte hatte er sich abgewandt und machte sich wieder auf den Weg. Feigling. Robin hielt ihn nicht auf, er würde ihr nicht mehr sagen können als das, was er getan hatte und selbst wenn es noch etwas gegeben hätte, in diesem Moment würde es ihr nicht helfen. Das entscheidende war, dass etliche Marine Schiffe auf dem Weg hier her waren. Das diese Insel dem Untergang geweiht war und man niemanden entkommen lassen wollte. Es war mehr als eine klare Ansage, mehr als nur eine Drohung. Denn ja, Robin wusste was ein Buster Call war. Sie hatte die Macht und welche Schneise der Vernichtung es hinter sich herziehen konnte. Die Piraten würden sich alle angegriffen fühlen, sie würden nicht verstehen welcher Übermacht sie gegenüber standen. Sie würden versuchen ihren Rückzugsort zu verteidigen. Ganz gleich welche Probleme sie untereinander haben mochten. Sobald es einen gemeinsamen Feind gab waren all diese Dinge nicht mehr wichtig. Hinzu kam, dass sich derzeit keine unwichtigen oder schwachen Piraten hier befanden. Alleine Blackbeard wäre es wert eine eigene Mission deswegen auszurufen und zu versuchen ihm endlich das Handwerk zu legen. Sicherlich war er vielen ein Dorn im Auge, nicht nur der Regierung und die Macht die er anzusammeln schien wuchs zu einem unguten Ausmaß heran. Auch die Revolutionäre hätten Gründe, um diesen Mann fallen zu sehen aber sich deswegen einmischen? Sollte die Marine ihre Ressourcen daran verschwenden. Vielleicht hatte man Glück und das Problem regelte sich von alleine. Robin für ihren Teil bezweifelte es, denn sollte der Angriff wirklich mit dieser Heftigkeit durchgeführt werden, dann hätte auch Blackbeard kein Interesse daran diese Insel zu schützen. Er würde seine eigene Haut retten, die Marine zu seinem Spielball machen und alles was ihm dabei im Weg stand vernichten. Die Insel würde brennen, da war Robin sich sehr sicher, niemand würde es aufhalten können.

Robin hatte keine Zeit zu verlieren. Nicht um ihrer selbst willen. Sie könnte jederzeit auf ihr Schiff und von der Insel verschwinden. Es lag nicht in dem allgemeinen Hafen, der sicherlich eines der ersten Ziele sein würde. Es lag in einer Bucht außerhalb. Geschützt und bereit zum Ablegen über eine Route die sie nicht in die Arme der Marine führen würde. Dennoch war es ein Weg den man erst einmal zurücklegen musste und sie wäre nicht alleine. Zudem war Nami sicher nicht in der Stimmung alles einfach stehen und liegen zu lassen, egoistisch zu handeln. Es gab ein Kind, ein Leben das sie sich hier aufgebaut hatte. Ja, Robin wusste was sie von ihr verlangen würde, vielleicht würde Nami sie dafür hassen und wütend sein. Doch auf das alles konnte sie in diesem Moment keine Rücksicht nehmen. Wenige Tage. Und das sollte man nicht bis zur letzten Sekunde ausnutzen. Je eher sie hier verschwanden umso besser wäre es. Hinzu kam, dass Robin erst einmal zurück in die Stadt kommen musste. Es würde sie mindestens einen halben Tag kosten, wenn sie keine Pausen machte und sich keine Zeit nehmen würde zu schlafen. Und so tat sie etwas, das sie schon lange nicht mehr getan hatte. Sie rannte, rannte um das Leben des einzigen Menschen, der ihr auf dieser Welt noch etwas bedeutete.
 

Am Scheideweg


 

„Ich habe dir oft genug gesagt, du sollst mir sagen wo du bist und dich nicht mit dieser Schlampe herumtreiben! Wo warst du?!“

„Beruhig dich endlich! Siehst du nicht was du angerichtet hast?!“ Die beiden hatten nicht aufgehört sich anzuschreien, seit sie dazugekommen war. Das einzige was sich verändert hatte, war der Umstand, dass sie nicht mehr kämpften. Nami hatte sie beide angeschrieen und es war kurz Ruhe eingekehrt. Doch dann hatten sie begonnen sich zu rechtfertigen, die Schuld dem jeweils anderen zu geben. Oder wie Zorro, sie für das alles verantwortlich zu machen. Ungeachtet dessen, dass Nami in den Trümmern ihrer Existenz stand. Anders war es wohl kaum zu sagen. Abgesehen von dem riesigen Loch in der Fassade hatten die beiden auch vor der Inneneinrichtung keinen Halt gemacht. Zersplittertes Glas und Holztrümmer verteilten sich über den Boden. Gerade einmal ein Stuhl stand noch in einer Ecke. Vielleicht könnte man den Tisch noch benutzen, wenn man ihn wieder aufstellen würde. Und das waren nur die Schäden, die Nami auf den ersten Blick identifizieren konnte. Gut möglich, dass es noch weitere gab, das die Bar mehr abbekommen hatte als man glaubte. So oder so müsste sie den Laden erst einmal dicht machen. Sie müsste die Renovierung bezahlen und gute Handwerker waren knapp. Es gab nur einen auf der Insel, dem sie das anvertrauen würde aber der hatte sicher genug mit den Schiffen der Piraten zu tun. Nami müsste ihm eine ordentliche Summe bieten, damit er sie dem Ganzen vorziehen würde. Selbst, wenn ihr dies gelingen würde, dann würde es sicher dauern, bis sie die Bar wieder öffnen und damit Geld verdienen konnte. Ihre Kunden würden sich nach anderen Möglichkeiten umsehen und man musste nicht glauben, dass Piraten besonders treue Seelen waren. Sie gingen dorthin wohin es ihnen passte und wenn etwas geschlossen wurde, dann suchten sie sich eben etwas anderes. Nami hatte somit keine Garantie dafür, dass die Geschäfte wieder gut laufen würden, sobald sie den Laden wieder eröffnen würde. Vielleicht hätten in der Zwischenzeit schon zwei andere Bar’s geöffnet, die dann zu der neuen Anlaufstelle geworden waren.

„Hör zu, wenn ich mit dir rede!“ Nami wurde an der Schulter gepackt und grob zurück gezogen. Noch in der Bewegung holte sie aus, nutzte den Schwung, um ihm mit der flachen Hand eine Ohrfeige zu geben. Erst jetzt schien langsam Stille einzukehren. Zorro blickte sie perplex und etwas überfordert an. Nami hatte nie die Hand gegen ihn erhoben, niemals. Rangeleien, ein Schlag gegen den Hinterkopf. Ja, solche Dinge hatte es sicherlich zwischen ihnen gegeben, doch so etwas? Nein. Nein, das hatte sie nie getan und scheinbar wusste er nicht damit umzugehen.

„Nein! Du hörst mir zu!“ Schrie sie ihn an. Was glaubte er eigentlich wer er war, dass er jetzt, nach allem was er getan hatte, überhaupt noch Forderungen stellen konnte? „Ich lasse mich von dir anschreien, lasse mir sagen wen ich zu sehen habe, du glaubst ich sei dir etwas schuldig, während du dich über die halbe Insel vögelst! Nach allem was ich für dich getan habe! Ich habe es hingenommen, aber jetzt reicht es!“ Ja, das war der Tropfen der wohl alles zum Überlaufen brachte. Nami hatte viel ertragen, sicherlich zu viel in den vergangenen Jahren. Ihr war all das schmerzlich bewusst und dennoch hatte sie es getan. Die Gründe spielten vielleicht auch keine wirkliche Rolle, denn was konnte schon wichtiger sein, als die Liebe zu sich selbst? Was war es wert, dass man sich von einem anderen Menschen so behandeln ließ?

„Und weil dir das alles noch nicht reicht kommst du hier her und zerstörst meinen Laden!“

„Verdammt, der Koch-“

„Nein! Du! Du kannst es nicht lassen! Es geht dich nichts an wo ich bin und mit wem ich meine Zeit verbringe! Absolut gar nichts! Du hast nicht das Recht mir auch noch meine Zukunft kaputt zu machen! Mach mit deiner was du willst, sauf dich kaputt, aber lass mich mein Leben leben!“ Das war wohl das mindeste, was sie verlangen konnte. Nami würde ihn nicht einfach links liegen lassen. Sie standen sich nahe und er war ihr nicht egal. Sie würde ihm helfen, würde alles tun was nötig war, wenn er sie nur lassen würde. Und vor allem, wenn er aufhören würde sich selbst in seinem Selbstmitleid zu ertränken. Doch anstatt zu kämpfen, es wenigstens zu versuchen hatte er einfach aufgegeben und zog sie mit sich immer tiefer in den Abgrund.

„Denkst du ich will ewig auf dieser Insel bleiben und hier verrecken?!“

„Verdammt red vernünftig mit mir! Du hast mich zu respektieren und das was ich sage!“


„Einen scheiß muss ich!“ Dachte er das wirklich? Glaubte er wirklich, dass er sie so dazu bringen würde in irgendeiner Form auf ihn zuzugehen? Zumal es durchaus nicht so war, als ob noch viel übrig wäre, was Nami respektieren konnte.

„Ich sehe nichts was ich respektieren kann! Du zerstörst meinen Laden, mein Leben, nicht einmal Arlong hat mich so beschissen behandelt wie du!“ Und der war sicher auch kein Kind von Traurigkeit gewesen. Nami hatte sicher einige Prügel kassiert, während sie bei ihm aufgewachsen war. Besonders dann, wenn sie nicht getan hatte was er verlangte. Sie war in einer kalten, lieblosen Umgebung aufgewachsen, in Einsamkeit. In dem Glauben ihr ganzes Dorf, all die Menschen die ihr etwas bedeuteten, würden sie hassen. Sie hatte die Last von etlichen Leben auf ihre Schultern genommen. Dennoch, Arlong hatte sie nie angerührt, er hatte sie nicht missbraucht und er hatte ihre Arbeit geschätzt. Sicherlich nichts auf das sie stolz sein konnte, doch es zeigte das wenigstens irgendetwas von ihr einen Wert gehabt hatte. Nie hätte er zugelassen, dass etwas an die wertvollen Karten kam, die sie für ihn gezeichnet hatte. Sie waren wichtig und wertvoll für ihn gewesen. Wohingegen Zorro nicht einmal vor dem halt machte, was sie sich mit harter Arbeit aufgebaut hatte. Stattdessen kam er her und zerstörte all das mit einem einzigen Wimpernschlag ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie Nami in Zukunft klarkommen sollte. Denn Hilfe brauchte sie von ihm dahingehend sicherlich keine zu erwarten. Weder finanziell noch mit einer helfenden Hand beim Aufbau.

Zorro blickte sie schweigend an, sagte nichts. Falls ihn der Vergleich mit Arlong getroffen hatte, dann hatte es wenigstens seinen Zweck erfüllt. Wenn jemand wusste wie sehr Nami damals gelitten hatte dann er. Er hatte ihr Leid über Jahre verfolgt, nachdem sie sich als Teenager kennengelernt hatten, hatte versucht sie aus diesem Albtraum zu befreien. Er hatte es geschafft und gleichzeitig hatte er sie einige Jahre später in einen neuen Albtraum hineingestoßen. Ob er verstehen würde wie tief die Wunden waren, die er bei ihr hinterlassen hatte? Noch immer fraglich aus ihrer Sicht und Nami glaubte auch nicht mehr daran, dass er wirklich noch einmal zu sich kommen könnte. Sie hatte alles gegeben, alles was sie hatte, doch es schien einfach nicht zu reichen.

„Du hast alles zerstört was ich hatte, bist du jetzt endlich zufrieden!? Es gibt nichts mehr was ich noch habe, du hast alles bekommen! Und jetzt verschwinde endlich!“

„Nami..“

„Geh! Lass mich endlich zufrieden!“ Sie blickte ihm in die Augen. Nami hatte sie immer gemocht, dieses kühle Grau was früher dennoch so viel Wärme ausgestrahlt hatte. Treue, liebevolle Augen. Zumindest ihr gegenüber war das einmal so gewesen. All das gehörte schon längst der Vergangenheit an und auch jetzt konnte Nami nur diese Härte in seinen Augen erkennen, die eigentlich kaum zu ihm passen wollte. Zorro war nicht so ein Mensch, war er nie gewesen. Früher nicht.

„Du hast gehört was sie gesagt hat. Bewegt dich endlich.“ Es war Sanji, der sich nun einmischte und Zorro am Kragen packte. Dieser würdigte den Koch keines Blickes, sah Nami weiterhin in die Augen, welche nur entschlossen zu ihm aufblickte. Jedes einzelne Wort hatte sie ernst gemeint und wenn er darauf wartete, dass sie etwas zurück nahm, dann würde er vergeblich warten. Sie nahm ihn nicht in Schutz wie sonst, diesmal nicht.

Und so würde Zorro sich auch von Sanji aus dem Raum herauszerren und nach draußen schubsen lassen. Nami konnte beobachten, wie er seine Kleidung zurecht zog, sich schüttelte und sich dann in Bewegung setzte. Sanji würde dort stehen bleiben und ihm nachsehen. Vermutlich wollte er sichergehen, dass Zorro nicht wieder zurück kam und doch noch ausrasten, das ganze schlimmer machen würde. Zeit in der Nami sich längst wieder abgewandt hatte.

Tief atmete sie durch, rieb sich angestrengt über das Gesicht. Verdammt. Verdammt! Sie hob den Blick, hatte die Hände über Nase und Mund liegen, während sie sich weiter umsah und versuchte zu verarbeiten was sie vor sich hatte. Sie würde Entscheidungen treffen müssen und zwar schnell, einige. Die wichtigste davon wäre sicherlich, ob sie die Kraft aufbringen wollte, diese Bar wieder nutzbar zu machen oder nicht. Denn davon würden ihre weiteren Schritte abhängen.

„Es tut mir leid.. ich hätte ihn gleich rauswerfen sollen, als er ankam.“

„Denkst du wirklich, das hätte etwas geändert?“ fragte sie nur leise. Sanji war wieder zurück gekommen und trat nun neben sie. Das er sich schuldig fühlte konnte man ihm ansehen, das musste er nicht aussprechen. Sie könnte auch auf ihn wütend sein, warum er sich auf einen Kampf eingelassen und mitgemacht hatte. Zeitgleich wusste Nami aber auch, dass das nichts bringen würde und nicht richtig wäre. Zorro war derjenige, der immer wieder in ihr Leben eindrang und das Chaos mit sich brachte. So lange hatte sie ihn verteidigt, sie war müde. Nein, Nami wollte und konnte diesmal nicht damit weitermachen. Es war ein Schritt zu weit gewesen. Besonders nach allem was er sich in den letzten Tagen geleistet hatte. Als würde er mit aller Macht verhindern wollen, dass sie glücklich wurde. So, als dürfte sie ihr Leben nicht leben, solange er dazu auch nicht in der Lage war. Natürlich war es nicht fair. Sie wusste um seinen Schmerz, wusste darum was ihn umtrieb und die Dämonen, die ihn quälten. Doch Nami war dem nicht verpflichtet und sie musste sich dem auch nicht anpassen. Unglücklich sein, damit er sein Leben besser ertragen konnte? Nein. Diesen Weg würde sie nicht einschlagen, auch nicht für ihn. So viel sollte an dieser Stelle gesagt sein und sie hoffte, dass die Botschaft angekommen war. Ehrlicherweise musste sie aber auch sagen, dass sie glaubte, dass es nur so lange hielt, bis er die nächste Flasche mit Sake in die Hände bekommen würde. Und dann würde sie sich sicher wieder damit herumschlagen müssen.

„Wo sollen wir anfangen?“ Fragte Sanji nur und ging ein paar Schritte durch den Raum. „Wenn wir das alles wegräumen, dann können wir an der Bar noch ein paar Sachen ausschenken, es gibt sicher irgendwo noch Gläser und“, er hielt inne als er sah, wie Nami den Kopf schüttelte. Das alles war auch keine Lösung. Vieles was aus Glas bestanden hatte war kaputt gegangen, sie würde nur wenige Piraten bewirten können und dann war ihr noch immer nicht geholfen.

„Wir müssen dieses Loch irgendwie schließen. Ich habe keine Lust das alles hier bewachen zu müssen.“ Am Ende würden diese Idioten glauben, dass sie sich an dem Alkohol einfach so bedienen konnten. Hier oben war zwar kaum eine Flasche ganz geblieben und hatte sich nicht auf dem Boden verteilt, doch Nami hatte einen Keller. Dort lagerten ihre Vorräte und die wollte sie sicherlich nicht auch noch verlieren.

„Geh zu Franky, sag ihm er soll mir dringend jemanden herschicken, der das ganze hier schließt. Ich werde morgen mit ihm sprechen und sehen was er mir für ein Angebot machen kann.“ Das war erst einmal alles was sie tun konnte. Um dieses Loch provisorisch zu schließen bräuchte sie keinen Experten. Nur einen Kerl mit Werkzeug und Holzplanken. Da würde er sicher jemanden für abstellen können und Nami würde vielleicht etwas extra zahlen müssen. Doch dann war wenigstens das erledigt und in der Zeit müsste sie sehen, wie sie das hier wieder in Ordnung bekommen würde.

„Er wird den Preis hoch drücken.“

„Das kann ich gerade nicht ändern.. er soll einfach jemanden schicken, um alles andere kümmere ich mich morgen.“ Normalerweise würde sie solche Verhandlungen selbst führen und sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Doch Nami spürte, dass sie keine Nerven dazu hatte. Vermutlich würde sie ausrasten und am Ende gar keine Hilfe von dem Zimmermann bekommen. Er hatte genug Aufträge, Kunden die sich nicht mit ihm stritten. Franky konnte es sich leisten sich seine Kundschaft auszusuchen und Nami gehörte sicher zu der schwierigeren Sorte. Besser also Sanji würde das für sie übernehmen und sich zumindest für heute darum kümmern.

Wenigstens würde er es dabei belassen und sich dann auf den Weg machen. Nami sah ihm einen Moment schweigend nach, dann rieb sie sich wieder angestrengt über ihr Gesicht. Verflucht. Sie war wütend, doch in erster Linie spürte sie nur Resignation. Sie hatte so viel Arbeit in diese Bar gesteckt und nun sollte sie wieder von vorn anfangen? Das würde sie einen guten Teil ihrer Ersparnisse kosten und sie müsste wieder von vorne anfangen. Man müsste sich an dieser Stelle also durchaus fragen, ob sich das alles wirklich lohnen würde und, ob es nicht an der Zeit war ihre Lage zu überdenken.

Nami begann die Trümmer ein wenig auf Seite zu räumen, damit man sich wenigstens wieder in dem Raum bewegen konnte. Dabei kam ihr das Angebot von Robin in den Sinn. Sie solle mit ihr kommen. Das hatte die andere zumindest gesagt und Nami hatte es einfach abgetan. Nun fragte sie sich was genau das bedeutete. Mit zu den Revolutionären? Hatte Robin auf irgendeiner Insel ein Haus in dem sie lebte? Wollte sie Nami nur auf irgendeine andere Insel bringen von der sie glaubte, dass sie besser geeignet war? All diese Dinge waren unklar. Aber für Nami hatte sich die Frage auch nicht gestellt, so dass sie die genauen Bedingungen nicht hinterfragt hatte. Nun allerdings hatten sich die Umstände deutlich verändert und eine wichtige Säule war weggebrochen. Sie könnte auch sagen, dass sie den Laden verkaufen und dann wieder irgendwo anders arbeiten würde. Es war jedoch klar, dass sie niemals einen fairen Lohn für ihre Arbeit erhalten würde und ein solcher Weg am Ende absolut nichts brachte. Genau deswegen hatte sie sich ja dazu entschieden diese Bar zu kaufen und hier ihr eigenes Geschäft aufzubauen. Um weiter zu kommen. Wie dieser Trümmerhaufen sie jetzt allerdings noch irgendwo hinbringen sollte sah Nami durchaus nicht. Es war ihr Bestreben immer das beste aus einer Situation zu machen, was bedeutete das zu tun was ihr den meisten Profit einbringen würde. Was genau das in diesem Fall war wusste sie allerdings noch nicht. Aufbauen? Verkaufen?

Bevor sie eine Entscheidung traf würde sie weiter aufräumen. Die großen Stücke wurden in eine Ecke geworfen, Stühle und Tische die vielleicht noch zu retten waren kamen in eine andere. Sanji würde eine Weile unterwegs sein, bis er am Hafen ankam und das alles mit Franky geklärt hatte. Der würde ihn sicher nicht bevorzugt behandeln und so hatte Nami ausreichend Zeit für sich. Sie tat das, was sie tun konnte und würde sich irgendwann einen Besen nehmen um zumindest grob die kleineren Trümmer und Splitter weg zu kehren.

Irgendwann würde Sanji wieder dazukommen, mit zwei Jungs, die grimmig drein blickten und sich dann gleich an die Arbeit machten. Sie sagten nichts und auch Nami überließ es Sanji ihnen zu erklären was genau von ihnen verlangt wurde und ein bisschen Druck zu machen. Niemand sprach es aus, doch bis zum Abend wollte man wieder etwas Ordnung in diese ganze Sache gebracht haben.

***

„Hier.“ Sanji reichte ihr ein Weinglas, das Nami dankend annahm. Es hatte Stunden gedauert, bis sie fertig geworden waren. Inzwischen war es Nacht, draußen grölten Piraten, einige hämmerten missgestimmt an die verschlossene Tür und drehten dann doch wieder ab. Das Loch in der Wand war verschlossen, die Trümmer sortiert und der Boden wieder frei geräumt. Nun hockte Nami auf einem Stuhl, Sanji auf einer alten Kiste, die dem ganzen nicht zum Opfer gefallen waren und ließen das alles auf sich wirken.

Sanji setzte sich neben sie und stützte die Ellen auf den Knien ab, während er sein Glas zwischen den Fingern drehte. Sie selbst lehnte sich zurück, hatte ein Bein über das andere geschlagen und nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas. Es ging nicht um Genuss, lediglich darum den Kopf ein bisschen frei zu bekommen.

Anschließend fiel ihr Blick auf die Tasche, die bei der Tür stand. Ihre Einkäufe, die Sanji wohl irgendwann draußen eingesammelt und hierher gebracht hatte. Es wunderte Nami nicht, dass die Tasche nicht einfach gestohlen worden war. Papier und ein Buch waren kaum das, was die Menschen hier interessierte. Vermutlich hatten die meisten es eher als Abfall deklariert und solange es kein Alkohol oder etwas war, das man verkaufen konnte, hatte niemand hier Verwendung für solche Dinge. Ihr Glück wenn man so wollte. Doch auch das war sicher etwas das sie nachdenklich stimmte. Denn noch immer gab es da diesen Wunsch, diesen Traum, den sie eigentlich verfolgen wollte. Sie hatte es nicht getan, weil sie hier auf dieser Insel gestrandet war. Nun musste sie sich die Frage stellen, ob es nicht doch an der Zeit war das alles wieder aufzunehmen.

„Robin hat mich gefragt, ob ich mit ihr kommen will“, wandte sie irgendwann leise ein. Gut, genau genommen war es weniger eine Frage, als eine Bitte gewesen. Doch das war nun Haarspalterei. Der wichtige Punkt in dieser Sache war wohl, dass die andere ihr eine Möglichkeit geboten hatte, die Nami an diesem Morgen noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Jetzt aber bewegte Nami die Option in ihren Gedanken und versuchte abzuwägen, ob das wirklich eine kluge Idee war.

„Was lässt dich zögern?“ Fragte Sanji dann nur und hob selbst das Glas an die Lippen. Er würde den Kopf in den Nacken legen, um den ganzen Inhalt auf einen Schlag zu trinken und das Glas anschließend neben sich auf den Boden zu stellen.

„Ich weiß nicht wie genau sie sich das vorstellt. Außerdem will ich nicht abhängig von jemand anderem sein.“

„Wenn du mich fragst ist das besser als die Möglichkeit hier in diesem Drecksloch zu bleiben.“ Sanji hatte da durchaus eine klare Meinung zu und Nami könnte ihm nicht einmal widersprechen. Es war ja durchaus nicht so, dass sie wegen der Schönheit der Insel blieb. Sie könnte auf anhieb etliche Gründe aufzählen, warum es besser war hier zu verschwinden und doch fiel es ihr nicht ganz leicht.

„Wenn es etwas gibt das dich noch hier hält, dann solltest du mit Robin sprechen. Sie wirkt mir nicht wie eine Frau mit der man keine Lösung finden könnte.“ Da mochte er nicht unrecht haben. Robin war durchaus ein vernünftiger Mensch und vielleicht würde sie auch verstehen warum Nami Aisa so wichtig war, warum sie nicht einfach verschwinden und die Kleine hier zurücklassen konnte. Auf der anderen Seite fragte Nami sich, ob es Robin nicht eher abschrecken würde. Was wenn sie ihr Angebot wieder zurückziehen würde? Dann müsste sie wohl hier weiter machen, so wie sie es bisher getan hatte. Wenn man es einmal so betrachtet, dann hatte sie eigentlich nichts zu verlieren.

„Vielleicht will ich nur nicht, dass sie ihr Angebot doch wieder zurückzieht.“ Sie konnte nicht leugnen, dass die Frage etwas in ihr ausgelöst hatte. Ja, Nami hatte sich darüber gefreut und hatte es auch als Zeichen gewertet, dass diese ganze Sache Robin durchaus wichtig war. Wie genau, das mochte sie nicht beurteilen. Robin war immerhin nicht gerade ein offenes Buch, wenn es um ihre Gefühle und ihre Gedankenwelt ging. Alles was Nami sich dazu denken konnte wäre also reine Spekulation. Vielleicht hatte sie deswegen auch Sorge, dass Robin das Angebot doch nicht ganz ernst gemeint haben könnte. Oder, dass sie Nami lediglich auf irgendeiner anderen Insel, die sie als besser erachtete, absetzen und dann verschwinden würde. Und wenn Nami ihr dann auch noch erzählte, dass sie ein Kind mitnehmen wollte? Nein, sie konnte sich nicht vorstellen, dass Robin das wirklich gut finden würde.

„Wenn sie das tut war sie ohnehin nicht die richtige und du solltest froh sein, dass sie nicht in deinem Leben bleibt. Oder du wirst überrascht. Weißt du, nicht jeder ist so wie Zorro..“

„Es geht dabei nicht um ihn.“ Nicht wirklich zumindest. Nami hatte die beiden nie miteinander verglichen. Denn abgesehen von ihrer Inkompetenz über Gefühle zu sprechen hatten die beiden absolut nichts gemeinsam. Doch wenn man einmal Nami’s eigene Gefühle außen vor ließ, dann wusste sie am Ende noch immer nicht wie genau Robin dazu stand und was ihre Gefühle dazu waren. Vielleicht sah sie das alles einfach nur als einen Freundschaftsdienst.

„Gut.. du brauchst Klarheit, um diese Entscheidung zu treffen? Dann hör endlich auf mich und rede mit ihr. Leg deine Karten auf den Tisch und zeig ihr was du hast. Oder lass es endlich auf sich beruhen, mach hier weiter und vergiss sie. Aber hör auf dich so zu quälen..“ Das brachte einfach nichts und am Ende hatte er vielleicht doch recht. Vielleicht brauchte Nami einen klaren Abschluss für sich und wenn sie hier blieb um weiter zu machen, dann war Zorro wohl nicht der einzige, der aus ihrem Leben verschwinden sollte. Robin hatte ihr nie geschadet und doch schmerzte sie die Bindung zu ihr. Eben, weil sie eine unklare war und Nami nicht wusste woran sie bei dieser Frau war.

„Da gibt es nicht viel auf den Tisch zu legen. Ich will nur nicht das sie.. ich will mir nur keine Hoffnungen auf ein besseres Leben machen, das ist alles.“ Und doch war es so viel mehr als das. Ein besseres Leben bedeutete nicht nur ein Leben ohne Angst, ohne Missbrauch an einem schönen Ort und Sonnenlicht. Ein Teil von ihr wusste das durchaus, doch sie wollte diese Gedanken nicht zulassen. Wie groß wäre der Schmerz, wenn sie enttäuscht werden würde?

„Du musst mir nicht sagen wie es ist und vor mir musst du dich auch nicht rechtfertigen.“ Sanji erhob sich langsam und zog sich eine Zigarette heraus, um sie sich zwischen die Lippen zu stecken und dann anzuzünden. „Aber du solltest endlich aufhören dich selbst zu belügen, bevor es zu spät ist.“ Und damit würde er sich dann auch auf den Weg machen und Nami alleine in ihrer zerstörten Bar zurücklassen. Es war auch für ihn ein langer Tag gewesen und sie hatte ihm schon vor einer Weile gesagt, dass er nach Hause gehen sollte, um sich auszuruhen. Es war also nicht so, dass es besonders überraschend war. Vielleicht spürte er auch, dass sie manches mit sich selbst ausmachen musste und diese ganze Angelegenheit schwer auszuhalten war. Unrecht hatte er immerhin nicht. Die Gerüchte, die sich veränderte Stimmung, Nami konnte es auch spüren. Es lag etwas in der Luft, das alles andere als gut war.

Sie führte ihr eigenes Glas an die Lippen und würde es leeren, bevor auch sie sich erhob und das Glas auf die Theke stellte. Egal wie sie es drehte und wendete, sie musste dringend eine Entscheidung treffen und das bevor Robin wieder zurück war, obgleich sie nicht wusste, wie sie das anstellen sollte. Und so griff sie noch einmal nach der Weinflasche, um ihr Glas wieder zu füllen und es wieder anzusetzen. Alkohol war gewiss keine Lösung, doch vielleicht würde es ihr helfen ihre Gedanken endlich leiser werden zu lassen, damit sie endlich versuchen konnte auf das zu hören, was ihr Gefühl ihr sagte und die Vergangenheit ruhen zu lassen.
 

Der Anfang vom Ende


 

Einige Jahre zuvor.

„Du weißt schon, was die Gerüchte über sie sagen, oder?“

„Und wenn schon.. wir haben alle unsere Vergangenheit“, wandte Zorro nur verstimmt ein und ließ den Blick missmutig durch den Raum wandern. Es war gewiss nicht Nami’s Bestreben ihn zu ärgern. Auf der anderen Seite hatte sie ihren Freund schon lange nicht mehr so gesehen. Ein schönes Bild und eigentlich würde sie ihm auch wünschen, dass er an jemanden geriet, der ihm gut tat. Seit sie den East Blue verlassen hatten war viel Zeit vergangen. Zeit in der sie beide gereift waren, stärker wurden und sich auch ihre Beziehung verändert hatte. Nami liebte ihn, ja. Sie standen sich nah und doch war die Liebesbeziehung zwischen ihnen schon eine geraume Zeit kein Thema mehr. Einen bestimmten Grund dafür gab es eigentlich nicht, es hatte sich schlichtweg anders zwischen ihnen entwickelt. Eine Sache die an ihrer Vertrautheit und Freundschaft jedoch nichts geändert hatte.

„Ja, aber nicht jeder von uns hat mal zur Marine gehört“; gab sie zu bedenken und hob die Brauen. Zorro verzog das Gesicht und steckte die Nase lieber wieder in seinen Becher mit Sake. Es war gewiss nicht so, dass sie ihm diese Sache schlecht reden wollte, doch was sollte man erwarten? Seit einer Weile hockten sie nun auf Abyssus, hatten sich die Insel als ihren Ausgangspunkt für weitere Schritte ausgewählt. Es war ein großer Umschlagplatz für Piraten, ein ständiges kommen und gehen. Aber eben auch ein guter Fluss von Informationen, die man sich zu nutze machen konnte, wenn man wusste wie. Geplant war, dass sie sich hier eine Unterkunft suchten und dort ein Lager aufschlugen. Mit den Informationen, die sie bekamen konnten sie dann losziehen, Schätze suchen, Piraten jagen oder was auch immer sich ihnen anbieten würde. Zorro hatte zwar kein Problem damit Piraten für ihr Kopfgeld auszuliefern aber auch da suchte man sich nicht jeden heraus und es war auch nicht ihre Haupteinnahmequelle.

„Wenn sie nicht mehr zu denen gehört ist doch alles gut.“

„Und wenn doch? Wenn sie nur so tut als sei sie ausgestiegen und eigentlich nur Informationen für die sammelt?“ Immerhin hockte sie auch auf einer Insel voller Piraten. Eine Insel, die zwar Tabu für die Marine war, doch das war eher ein ungeschriebenes Gesetzt als das es wirklich eine Grundlage hatte. Nami wusste noch nicht was genau sie davon halten sollte, doch für ihre nächsten Schritte war das hier sicherlich ein guter Ort. Sie würden es versuchen und dann sehen wohin ihre Reise sie führen würde. Bisher war das noch immer die beste Entscheidung gewesen.

„Weißt du was..?“ Sie schielte zu Zorro, der seinen Becher geleert hatte und nun aufstand. „Ich mach mir jetzt eine gute Zeit, solltest du auch mal wieder versuchen.“ Sie hob nur die Brauen und würde ihm nachsehen, als er sich durch die anderen Piraten schob, bis hin zur Bar, wo er neben der dunkelhaarigen stehen bleib. Sie konnte beobachten, wie er sie ansprach, wie ihre Hand nervös zu ihrem Schwert zuckte und dort hängen blieb. Die Nervosität der Frau war wirklich kaum auszuhalten aber verständlich. Wenn die Piraten hier wirklich glaubten, dass sie einmal zur Marine gehört hatte, dann hatte sie zum einen einen schlechten Stand, zum anderen blieb die Frage, warum sie sich ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hatte. Angeblich war sie recht oft hier, auch wenn niemand wusste was genau sie machte. Zumal sie angeblich auch nicht irgendeine einfache Marinesoldatin gewesen sein sollte, sondern Käpt’n. Vielleicht sollte Nami angesichts ihrer eigenen Familie ein wenig versöhnlicher gestimmt sein, doch sie fand durchaus, dass an der Sache irgendetwas stank. Mehr als ihre Zweifel aussprechen konnte sie jedoch nicht tun. Zorro war ein erwachsener Mann und konnte selbst entscheiden was er tun oder lassen wollte. Dennoch fand sie es irritierend, dass er ausgerechnet an dieser Frau, die so viel Nervosität und Unsicherheit ausstrahlte, gefallen gefunden hatte. Nami und sie hatten wenig gemein, Zorro könnte auf dieser Insel sicherlich genug andere Frauen haben, wenn er es wollen würde. Und doch hatte er sich ausgerechnet für diese entschieden. Nami verstand es nicht aber am Ende ging es sie wirklich nichts an und das musste sie so hinnehmen.

Sie würde austrinken und sich dann ebenfalls erheben, um sich auf den Heimweg zu machen. Genug für heute. Lust auf Männerfang zu gehen hatte sie auch nicht. Das diente bei ihr ohnehin nur einem Zweck und zwar dem Diebstahl und Erhalt von Informationen. Da sie aber nicht die einzige war, die in diesem Team arbeitete, konnte Zorro sich ruhig auch einmal anstrengen und sie sah es gewiss nicht als ihre Verantwortung sich immer um alles zu kümmern. Das gute war wohl, dass sie keinen Zeitdruck hatten. Nami regelte die Finanzen und solange sie das tat und sie ein Schiff hatten war alles in Ordnung. Mehr brauchten sie wirklich nicht. Es war zwar nur ein kleines Schiff, doch da sie keine Crew hatten und nur zu zweit unterwegs waren, war das auch völlig ausreichend. Dann und wann nahmen sie mal jemanden mit, wenn es sich lohnte, doch auch das kam selten vor. Aktuell war ihr Schiff in der hiesigen Werft. Sie hatten beschlossen es reparieren zu lassen und hatten den Zimmermann gebeten sich zu überlegen, wie man es schneller machen konnte. Das würde sie vielleicht eine Stange Geld kosten, doch die Investition würde sich sicher lohnen.

Solange sie nicht auf ihr Schiff konnten waren sie in einem billigen Hotel untergekommen. Das Zimmer war winzig aber wo sie Geld sparen konnten würden sie das tun. Würde Nami Zorro die Finanzen überlassen, dann wären sie sicherlich bald pleite. Er konnte schlichtweg nicht mit Geld umgehen und sein Orientierungssinn war eine Katastrophe. Sie fragte sich schon jetzt, ob er überhaupt den Weg zum Hotel finden würde und dabei lag dieses nur zwei Minuten von der Bar entfernt. Dennoch, das war vielleicht auch der Grund, warum sie als Team so gut funktionierten. Sie ergänzten sich perfekt. Ying und Yang würde manch einer wohl sagen. Er ruhig, sie aufbrausend. Er der starke Kerl, sie die überlegte Strategin die auf Vorsicht bedacht war. Es fand sich einfach und Nami hatte ihre Entscheidung nie bereut mit ihm gegangen zu sein. Zorro war vielleicht ein Chaot und sie mochte es für keine gute Idee halten, dass er es bei dieser Frau versuchen wollte, doch er hatte sie noch nie in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Und so würde sie ihm auch in dieser Sache vertrauen. Vielleicht würde sie ihn auch einfach abblitzen lassen und dann war die Sache ohnehin gegessen. Nami hatte nicht vor etwas größeres daraus zu machen als das, was es am Ende war.

Im Hotel würde sie sich erst einmal den Gestank von der Haut waschen. Nami konnte nicht beschreiben woran es lag doch diese Insel fühlte sich dreckig an. Vielleicht lag es an den Piraten, deren Gestank oder dem Umstand das es hier immer dunkel war. Am Ende war sie immer froh, wenn sie am Abend unter eine Dusche steigen konnte, obgleich es nur kaltes Wasser gab. Sicherlich kein Pluspunkt. Nur einer von vielen anderen Punkten, warum sie auf dieser Insel sicherlich nicht sesshaft werden wollte. Es war ein Mittel zum Zweck, nichts weiter. Entsprechend würde sie sich am nächsten Tag auch darum kümmern, dass sie neue Informationen bekamen. Sobald ihr Schiff wieder seetauglich war, würde sie von hier verschwinden und sich den nächsten Schatz suchen. Man könnte es fast schon als Sucht bezeichnen, doch für Nami gab es kaum etwas das sie mehr reizte. Die Informationen zu suchen, sich ein Bild von der Situation erstellen, eine Insel finden, die man neu kennenlernen konnte. Natürlich eine, die sie vermessen und ihrem Fundus an Daten hinzufügen würde, doch das war nur der positive Nebeneffekt ihrer Reisen. Das Gefühl den richtigen Ort gefunden zu haben und einen Schatz zu heben, mit viel Glück einen besonders wertvollen, das war schon etwas das man mit kaum einem anderen Gefühl vergleichen konnte. Und wenn sie damit ihr Geld verdienen und dafür die Welt sehen konnten? Dann war es aus ihrer Sicht einfach das perfekte Leben.

Für heute allerdings war es genug. Sie hatte eine Ahnung davon bekommen wo sie sich umhören musste und das war ein erster wichtiger Schritt. Und so würde sie sich ins Bett legen, um für sich den Tag zu beenden und zu versuchen ein wenig Schlaf zu finden. Bei dem Lärm, der von draußen zu ihr hinauf drang nicht zwingend einfach aber auch nicht unmöglich. Nami würde bald schlafen und erst wieder aufwachen, als sie in den frühen Morgenstunden leise Geräusche vernahm. Draußen wurde es langsam ruhiger, der Tag würde bald sicher anbrechen auch, wenn man das nur an der Lautstärke der Insel merken konnte und nie daran, wie hell es war.

Schwere Schritte, das rascheln von Kleidung und dann würde sich die Matratze senken. Nami spürte, wie er sich unter die Decke schob und einen Arm um sie legte, um sie an sich heran zu ziehen.

„Du stinkst“, nuschelte sie verschlafen, was Zorro nur brummen ließ. Ja, er stank nach Rauch und Alkohol. Vermutlich hatte er noch weiter getrunken. Ob alleine oder in Begleitung war da erst einmal egal. Zumindest was Nami’s Nase betraf. Gestank war Gestank, ganz gleich woher er kam. Sie wusste aber auch, dass sie ihn nun nicht mehr dazu bewegen konnte duschen zu gehen und so sparte sie sich die Energie lieber.

„Warst du erfolgreich..?“ Fragte sie aber doch leise, während sie die Augen geschlossen hielt und lieber versuchte sich wieder zu entspannen. Wenn sie noch ein paar Stunden Schlaf bekommen könnte würde ihr das durchaus sehr helfen.

„Sie ist schüchtern, will erst essen gehen oder so was.. du musst ein gutes Lokal finden.“ Natürlich musste sie das. Zorro hatte keine Ahnung von diesen Dingen, es war ihm am Ende des Tages auch egal woher sein essen kam. Es sollte satt machen und nicht völlig beschissen schmecken. Das waren dann aber auch seine einzigen Ansprüche daran. Bei Nami sah das schon etwas anders aus und so lag es für ihn wohl nahe, dass sie sich darum kümmern sollte, wenn er eine Frau rumgekommen wollte.

„Du bist ein Idiot“, brummte sie dazu nur.

„Warum?“


„Triffst eine Frau und willst mit ihr ausgehen, aber kommst am Ende doch in mein Bett.“ Ganz so war es nun nicht. Dieses Zimmer hatte nur ein Bett und sie hatten sich für die günstigste Möglichkeit entschieden. Warum auch nicht? Sie beide hatten sich sehr lange das Bett auch auf andere Weise geteilt, sie wussten wie der jeweils andere nackt aussah, kannten die Marotten in und auswendig. Es gab schlichtweg keine Überraschungen was das alles anging und war eine rein pragmatische Entscheidung gewesen.

„Bild dir nichts ein Geizhals“; brummte Zorro nur verstimmt, was Nami doch lächeln ließ, ehe sie sich wieder entspannte und einschlafen würde. Nein, sie bildete sich nichts ein und sicher hatte sie auch kein Problem mit dieser Entwicklung. Sollte er ruhig machen, solange es ihm gut tun würde.

***

„Home sweet home“, meinte Zorro grinsend und hielt ihr das Fernglas hin. Nami brummte nur und würde es nicht annehmen. Sie konnte die dunkle Wolke am Horizont auch so erkennen und war wenig angetan davon. Da hielt sie ihre Nase lieber in die Sonne solange sie es noch konnte. Diese ständige Dunkelheit machte sie einfach nur krank. Bald ein Jahr war die Insel nun schon immer wieder ihre Anlaufstelle, doch Nami konnte und wollte sich nicht daran gewöhnen dort zu sein. Sie hasste es.

„Wenn Franky die Schäden behoben hat sollten wir uns Gedanken darum machen, wie es weiter geht“, wandte sie nur ein. Zorro schielte zu ihr hinunter. Den prüfenden Blick konnte sie deutlich spüren aber es war ihr egal. Nur, weil er diese Insel toll fand und seine Freundin da herumlief, bedeutete das wirklich nicht, dass Nami diesen Zustand nun als gegeben anerkennen musste. Ja, sie hatten sich darauf geeinigt eine Weile von hier aus zu arbeiten und sicherlich lohnte es sich auch. Alleine auf dieser Reise hatten sie einen großen Gewinn gemacht, den sie gut veräußern konnten. Kurz hatten sie sogar mit dem Gedanken gespielt sich ein größeres Schiff zu kaufen nur dann würden sie wirklich eine Crew brauchen. Schnell war aber klar gewesen, dass sie beide lieber alleine arbeiteten und Zorro’s Vorschlag Tashigi zu fragen war von Nami bewusst ignoriert worden.

„Solange wir keinen besseren Plan haben finde ich es gut wie es ist. Wir machen gute Gewinne. Hab überlegt mir von meinem Anteil ein eigenes Zimmer zu nehmen, dann hast du endlich deine Ruhe.“


„Du meinst ein eigenes Zimmer für dich oder für euch?“ Berechtigte Frage. Sie hatten ein Zimmer mit einem guten Vermieter gefunden. Allerdings war es nicht besonders groß gewesen und Tashigi hatte durchaus auch klar gemacht, dass sie die Wohnsituation nicht besonders einladend fand. Nami konnte es verstehen, obgleich zwischen Zorro und ihr absolut nichts lief. Und doch schien sich bei den beiden eine Art Beziehung entwickelt zu haben. Nur, dass Tashigi da nicht mit dem nötigen Selbstbewusstsein hinein ging sondern, dass Nami’s Anwesenheit sie verunsicherte. Gut, vielleicht provozierte Nami es manchmal auch ein bisschen aber wenn man ihr so eine Vorlage gab, was sollte sie machen?

„Weiß noch nicht, hab sie noch nicht gefragt, wie sie das finden würde.“ Nami schielte zu ihrem Freund hinauf. Sie konnte durchaus nicht benennen was es war, doch diese Frau hatte ihn ziemlich am Wickel. Nicht, dass Nami das als etwas negatives erachten würde, sie schien eine vernünftige Frau zu sein, trotz der Gerüchte. Doch war es seltsam Zorro so zu erleben. War er bei ihr damals auch so gewesen? Nein, das war anders gewesen, Nami war sich sicher.

„Aber du willst mit ihr zusammen ziehen?“ Nur, damit sie das richtig verstand. Zorro schwieg eisern und hob lieber wieder das Fernglas an die Augen, als könne er nicht erwarten, dass sie der Insel endlich näher kamen. So belustigend sie das alles fand, so befremdlich war es eben auch den großen, mürrischen Kerl so aus dem Häuschen zu erleben. Für seine Verhältnisse zumindest. Nicht, dass Zorro je viele Emotionen zeigte wenn es um dies Dinge ging, doch Nami kannte ihn lange genug, als das sie die Zeichen zu deuten wusste. Doch, dass das alles keine einfache Affäre war, das hatte sie sehr schnell festgestellt. Was genau er an ihr fand hatte sie allerdings bis heute nicht verstanden nur, dass sie ihn an jemanden erinnerte. Nami hatte dabei sofort an seine Kindheitsfreundin gedacht, von der er einmal gesprochen hatte, aber alleine das reichte wohl nicht, um das zu erklären. Oder doch?

„Wirst du ihr dann auch sagen, dass du in sie verliebt bist?“

„Scheiße, ich bin nicht verliebt!“ Fuhr er sie an. Nami hob eine Braue und seufzte dann nur, als sie sich abwandte und wieder zurück zum Steuer ging.

„Sie gehört nicht zu den Frauen, die dir davonlaufen, wenn du es ihnen sagst, glaub mir. Ich wundere mich nur.“ So konnte man es vielleicht eher sagen. Denn das Tashigi ihn wirklich deswegen abservieren würde? Das konnte sie sich nach all dem wirklich nicht vorstellen. Vermutlich würde es ihr nur mehr Sicherheit mit ihm geben. Immerhin wusste man bei einem Piraten, einem Rumtreiber, nie so ganz was er machte, wenn er auf See war. Sicherlich war es nicht einfach für ihn ihr diese Sicherheit zu geben, sofern sie diese denn forderte. Nami wusste nicht viel über die Beziehung der beiden nur, dass er sich immer sehr darauf freute sie zu sehen und sie ihm gut tat.

„Worüber?“

„Das es tatsächlich eine Frau gibt, die dich so glücklich machen kann und mit der du dir vielleicht auch etwas ruhigeres vorstellen kannst. Ich hab nicht erwartet, dass ich das je erleben würde.“

„Eifersüchtig, dass ich das mit dir nicht wollte?“ Nami lachte leise und schielte ihn an. Er meinte es nicht böse, denn sicherlich lag in seinem Blick auch eine gewisse Sorge. Es war besser geworden doch gerade zu Beginn des ganzen hatte er sie immer wieder gefragt, ob das alles wirklich in Ordnung für sie war. Ob sie sich wohl damit fühlte oder nicht. Er hatte sich viele Gedanken um sie gemacht, hatte sie nie verletzen wollen und das rechnete Nami ihm durchaus auch an.

„Quatsch.“ Sie lachte leise und lehnte sich auf das Steuer, während sie ihren Freund beobachtete. „Wir hatten beide keine einfache Zeit, haben Ablenkung beieinander gesucht. Du wirst für mich immer mehr sein, als ein einfacher Freund aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen mit dir irgendwann ein niedliches Haus und Kinder zu haben.“ Ganz sicher nicht! Das war wirklich nicht das Ziel in ihrem Leben. Sie wollte die Welt sehen. Wie lange sie das mit Zorro noch konnte war sicher die Frage, wenn das mit Tashigi nun ernster werden würde aber auch dann würde man eine Lösung finden. Nami wollte ihn glücklich sehen und sie hatte sich am Ende des Tages doch immer irgendwie durchgeschlagen.

„Ich will keine Kinder.“


„Noch nicht.“ Sie grinste ihn an. Ach, er war ein verliebter Idiot, das konnte man ihm deutlich ansehen. Es hatte ihn schwer erwischt und aus Nami’s Sicht war es nur eine Frage der Zeit, bis er sie fragen würde das alles anders zu machen oder zu beenden. Sie machte sich natürlich ihre Gedanken, versuchte sich innerlich darauf einzustellen auch, wenn man das alles nicht wirklich planen konnte.

„Ich habe sie sehr gerne. Und das wird nichts zwischen uns ändern oder an unseren Plänen, dafür werden wir Lösungen finden.“

„Zorro, ich habe keine Angst davor, dass du mich irgendwann einfach stehen lässt oder wir nicht mehr miteinander reden, weil du nur noch Augen für eine Frau hast.“

„Nein, aber ich kenne dich. Du denkst du müsstest dich immer alleine durchschlagen, das du niemanden brauchst. Ich will nur sagen, dass ich da bin, immer. Und vielleicht, dass ich mir wünschen würde, dass du auch mal jemanden an dich heran lässt.“ War immerhin der Grund, warum das zwischen Zorro und ihr so gut funktioniert hatte. Es hatte da immer diesen letzten, emotionalen Abstand gegeben und damit fühlte Nami sich eigentlich ziemlich wohl. Es war sicher und man konnte nicht verletzt werden.

„Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, das es da jemanden gibt, der es wert wäre“, wandte sie ein. Wie sollte man denn auch so jemanden kennenlernen? Auf einer Insel voller versoffener und schmieriger Piraten wohl kaum. Von denen taugte nicht einmal einer für ein vernünftiges Gespräch. Nami hatte es durchaus versucht aber wirklich etwas dabei herausgekommen war nichts.

„Wart’s ab, irgendwann steht jemand vor dir und du würdest besser daran tun nicht so eine beschissene Zicke zu sein!“


„Jaja. Schön das du neuerdings der Experte in Sachen Liebe bist. Sieh lieber zu, dass wir mehr Wind in die Segel bekommen, ich will endlich ankommen!“ Sie hatte wirklich nicht vor sich ausgerechnet von ihm beraten zu lassen. Bis vor kurzem hatte er selbst das alles noch als schwachsinnig abgestempelt, da musste man nun nicht glauben, dass er auf einmal die Weisheit mit Löffeln gefressen hatte. Nami zumindest tat das nicht. Ja, er mochte Glück gehabt haben, hatte eine Frau getroffen, die ihm offensichtlich gut tat. Doch wie oft passierte das schon? Nami war bisher auch gut ohne diesen ganzen Schnickschnack ausgekommen, da würde sie nun nichts dran ändern.
 

"Liebst du sie?"


 

Was zum Teufel war geschehen? Sie war kaum einen Tag weg gewesen und schon hatte sie das Gefühl, dass die Dinge bereits außer Kontrolle gerieten. Ein Gefühl, welches Robin nicht leiden konnte. Gleichzeitig war sie sich fast sicher, dass es sich hierbei einzig und allein um ihre Einbildung handelte. Denn egal was geschehen war, es konnte nichts mit der Marine zu tun haben. Glaubte sie ihrem Informanten, dann hatte sie noch ein paar Tage Zeit, um ihre Angelegenheiten zu regeln und von der Insel herunter zu kommen, bevor etwas geschah. Ein machbares Unterfangen. Eigentlich. Doch was wusste sie schon? Sie verließ sich auf die Informationen eines Mannes der vielleicht irgendwie in Dragon’s Schuld stand. Doch konnte sie sich dessen sicher sein? Was, wenn auch diese Information nicht stimmte. Sei es, weil er log oder die Marine wieder falsche Informationen hatte durchsickern lassen. Es hinterließ ein ungutes Gefühl, obgleich sie zugeben musste, dass dieses kaum etwas damit zu tun haben konnte, dass das „Belmeers’s“ geschlossen war.

Sie hatte erwartet Nami um diese Zeit dort zu finden, es war mitten in der Nacht. Doch statt einer vollen, lauten Bar hatte sie nur einen verriegelten, zerstörten Raum vorgefunden. Da waren Schäden in der Wand, die provisorisch geschlossen worden waren und ein Blick durch die Fenster hatte ihr gezeigt, dass kaum noch etwas von der Einrichtung vorhanden war. Zwar hatte sie nicht viel erkennen können durch das mangelnde Licht, doch auch nach Einsatz ihrer Kräfte war klar gewesen, dass Nami sich nicht spontan dazu entschieden hatte zu renovieren.

Jetzt stand sie in der Bar, zumindest eine ihrer Doppelgängerinnen, und sah sich um. Robin selbst stand in einer Seitengasse und behielt ihre Umgebung genau im Auge. Die Piraten waren mit sich beschäftigt und so sollte sie ausreichend Zeit haben, um sich einen Überblick zu verschaffen, bevor sie hinauf zu Nami’s Wohnung gehen würde. Dort würde sie hoffentlich mehr Glück haben.

Nun versuchte sie sich umzusehen. Auf den ersten Blick konnte sie vor allem den Gestank nach Alkohol wahrnehmen, der wohl von den zerstörten Flaschen herrührte. Die Trümmer gaben zunächst wenige Hinweise darauf was genau geschehen war und so lief sie langsam weiter und sah sich genauer um. Vielleicht wäre das alles auch unerheblich und sie sollte keine Zeit damit verschwenden. Auf der anderen Seite wusste sie noch nicht, ob Nami wirklich oben war und die Grenze, dort ihre Kräfte einzusetzen, würde sie nicht überschreiten. Hinzu kam, dass sie anzweifeln würde, dass Nami ihr wirklich die Wahrheit sagen würde, würde sie sie nach der Bar fragen. Und egal wie wichtig oder unwichtig das alles vielleicht sein mochte, Informationen konnten manchmal einen großen Unterschied machen. Deswegen würde sie sich nun diese Zeit nehmen auch, wenn es für sie selbst durchaus eine Herausforderung war sich daran zu halten und nicht loszugehen, um die Jüngeren zu suchen.

Robin ging weiter durch den Raum, sah sich genau um. Es dauerte etwas, bis sie einen Hinweis gefunden hatte, vielleicht den einzigen. Sie hockte sich neben die Trümmer und strich mit der Hand über das, was einmal ein Tisch gewesen war. Jetzt war es nur noch ein halber Tisch und der Grund dafür war eine saubere Schnittkante, die das Holz gespalten hatte. Es gab wahrlich nicht viel was so etwas verursachen könnte und auf dieser Insel auch nur eine Person, der daran gelegen war auf diese Weise Ärger zu verbreiten.

Missbilligend zog Robin die Brauen zusammen, dann löste sich ihre Doppelgängerin auf. Sie hatte genug gesehen, um sich ihren Teil denken zu können. Ob das alles der Wahrheit entsprach oder nicht war einmal dahingestellt. Es war vielleicht auch nicht wichtig. Doch meistens, wenn es um Nami ging, dann lag sie mit ihren Vermutungen ziemlich richtig. Was Zorro nun allerdings dazu verleitet hatte auch in ihrer Bar zu wüten war vielleicht eine Sache für sich. Blieb zu hoffen, dass es lediglich die Einrichtung war, die etwas abbekommen hatte.

Robin stieß sich von der Wand ab, an der sie zuvor noch gelehnt hatte, und machte sich auf den Weg. Durchaus ein Glück, dass Nami es vermied weit weg von ihrer Arbeitsstelle zu wohnen. Es ging die Seitengasse entlang hinter das Gebäude, damit sie dort die Treppe hinaufsteigen konnte. Wenn sie nicht in der Bar war, wo sollte sie sonst sein? Es war also die nächste Anlaufstelle, die sie prüfen wollte.

Oben angekommen würde sie dann auch in ihre Tasche greifen. Immerhin hatte sie einen Schlüssel, der es ihr erlaubte immer wieder hierher zu kommen. Es war ein Vertrauensvorschuss, Robin wusste darum was es Nami bedeutete ihren privaten Raum zu teilen. Es hatte sie durchaus gewundert, als die andere ihr den Schlüssel das erste Mal vor die Nase gehalten hatte. Eine nicht einzuordnende Geste und auch heute fühlte es sich noch immer etwas komisch an diesen Raum zu betreten. Immerhin war Robin hier nur ein Gast für kurze Zeit. Das es sich dennoch gut anfühlte konnte sie nicht leugnen.

„Sie ist nicht hier.“ Robin hielt inne. Gerade hatte sie den Schlüssel in das Schloss gesteckt, als die Stimme sie dazu zwang ihre Bewegung zu unterbrechen. Sie war nicht hier? Mit ausdrucksloser Miene drehte sie dann doch auch den Kopf und sah sich um. Der Blick ging ein Stück weiter hinauf, wo Zorro auf einem der anderen Dächer hockte und zu ihr hinüber blickte. Das er in seiner Hand eine Flasche hielt wunderte sie nicht wirklich. Zwar war seine Sprache noch nicht verwaschen aber das musste nichts heißen. Ihre Erfahrung sagte ihr, dass Zorro einiges trinken konnte und man es ihm dennoch nur bedingt anmerkte. Vielleicht gab es sogar nie einen Moment in dem er völlig nüchtern war.

„Wo ist sie?“ Wenn nicht hier, wo war sie dann? Das war die entscheidende Frage. Ob sie sich dabei von Zorro allerdings Hilfe oder Antworten erwarten konnte war durchaus fraglich. Zumal sie sich sicher war, dass er etwas mit all dem zu tun hatte und wenn dem so war? Dann hatte Nami vermutlich allen Grund, um ihm aus dem Weg zu gehen.

Zorro zuckte mit den Schultern und setzte die Flasche wieder an, um daraus zu trinken. Dabei wandte er den Blick ab. Robin würde noch einen Moment warten, doch als nichts weiter kam, würde sie die Tür öffnen und in die Wohnung gehen. Vielleicht war Nami nicht hier, doch es könnte sein, dass sie hier einen Hinweis finden würde, wo die andere sich aufhielt. Oder zumindest etwas das ihr half. Auf der anderen Seite konnte es auch sein, dass Nami bald von alleine zurück kommen würde, es war immerhin schon spät und sie neigte für gewöhnlich nicht dazu sich zu lange herum zu treiben. So sehr sie also das alles auflösen und die andere von dieser Insel wegbringen wollte, es gab keinen Grund die Dinge zu übereilen. Ihre Emotionen durften ihr nun nicht im Weg stehen und Robin müsste das alles etwas rationaler angehen. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe war durchaus etwas neues für sie und zeigte sich in einem deutlichen Gefühl des Missfallens.

„Sag mir, was du von ihr willst?“ Das Zorro nicht auf seinem Platz geblieben war, war durchaus nicht unbemerkt geblieben. Robin wandte ihm dennoch den Rücken zu und lief weiter in die kleine Wohnung hinein. Sie hatte ihn im Blick und würde er versuchen sie anzugreifen, dann würde er nicht weit kommen. Er war schlichtweg kein Gegner, um den sie sich ernsthafte Sorgen machte.

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Durchaus nicht. Ihre Beziehung zu Nami ging lediglich sie beide etwas an und wenn man bedachte, in welcher Beziehung er zu ihr stand, dann war er durchaus der letzte mit dem sie dieses Thema aufwerfen wollte.

„Es geht mich verdammt viel an! Sie ist-“

„Nicht dein Eigentum.“ Unterbrach Robin ihn ruhig und würde sich nun doch wieder zu ihm drehen. Sie standen in dem kleinen Flur, der in diesem Moment sicherlich ziemlich beklemmend wirken konnte. An dieser Stelle schenkten sie sich wohl beide recht wenig. „Ich weiß nicht, warum sie an dir festhält. Ich kann sie leider von nichts anderem überzeugen. Doch sollte dir klar sein, dass Nami eine freie Frau ist, die nicht an dich gebunden ist. Es ist einzig ihre Entscheidung, wie sie ihr Leben verbringen will und mit wem. Was sie und ich miteinander haben, das geht dich demnach absolut nichts an.“ Er war der letzte vor dem sie sich rechtfertigen musste und es wäre sicherlich besser, wenn er so schnell wie möglich aus Nami’s Leben verschwinden würde. Robin würde diesen Punkt gerne beschleunigen und vielleicht würden die Umstände ihr nun in die Karten spielen. Sie war sich sicher, dass Nami lediglich etwas Abstand brauchte, damit sie sich aus dieser toxischen Beziehung würde lösen können. Das sie es bereuen würde? Nein, das glaubte Robin durchaus nicht. Vielleicht würde sie lediglich erkennen, wie schlimm es wirklich gewesen war.

„Du hast doch keine Ahnung. Tauchst hier ein paar mal auf und denkst du würdest wissen was zwischen uns ist.“

„Ich weiß genug.“ Mehr als sie wissen musste. Zu viel hatte sie gesehen. Die Tränen, aufgeplatzte Lippen, Hämatome. Die Liste war lang und sie war sich sicher, dass das lediglich die Spitze des Eisberges war. Dennoch waren ihr die Hände gebunden. Nami zwang sie dazu einfach zuzusehen und das alles als gegeben zu akzeptieren. Sie ahnte sicherlich nicht, was es Robin kostete und was es für sie bedeutete all das stillschweigend zu ertragen. Jedoch wäre es falsch Nami einen Vorwurf zu machen. Sie war das Opfer in dieser Sache und ihr Täter kam immer wieder mit allem davon.

„Würde sie dir etwas bedeuten, dann würdest du sie besser behandeln.“ War sicherlich noch eine harmlose Formulierung für das alles aber am Ende war es wohl das, was dabei am Ende des ganzen stand. Er behandelte sie nicht wie jemanden, der einem wichtig war auch, wenn das in seiner Welt vielleicht anders sein mochte. Richtig war es in jedem Fall nicht.

Zorro sah zu ihr hinunter, sein Blick war abwertend. Sofern man das in dem kaum vorhandenen Licht erkennen konnte. Durch die Tür und die Fenster fiel Licht von den Straßenlaternen hinein, doch lag das meiste im dunkeln. Viel mehr musste Robin seine Gesichtszüge erahnen, die sich wohl eher verhärtet zeigen würden. Das allerdings war nicht das merkwürdige an dieser Situation. Es war die Ruhe. Normalerweise waren sie nicht in der Lage zwei normale Sätze miteinander zu wechseln, bevor es laut wurde oder gleich ein Kampf angezettelt wurde. Robin wusste, das ihr Interesse heute nicht daran lag zu kämpfen. Sie musste ihre Kräfte schonen, abgesehen davon, dass Zorro nicht die Priorität für sie war. Das war einzig und alleine Nami, solange sich die Situation weiter zuspitzen würde. Ein Kampf wäre daher reine Zeit- und Energieverschwendung. Die Frage war also, was seine Beweggründe waren.

„Ja, vielleicht“, brummte er schließlich und drehte den Kopf. Es war schwer zu sagen wohin sein Blick ging, das war nicht zu erkennen. Robin konnte lediglich erahnen, dass er den Blick von ihr abgewandt hatte.

„Aber woher weiß ich, dass du es besser machen wirst?“

„Was?“

„Du bläst dich hier auf, glaubst du könntest über mich urteilen und es besser machen aber.. du bist ebenso wenig für sie da. Bist weg. Vielleicht bin ich ein beschissener Freund aber ich bin nicht blind. Du verletzt sie auch. Und da soll ich mir ausgerechnet von dir sagen lassen das ich mich von ihr Fernhalten sollte?“ Wieder drehte er den Kopf. Vermutlich sah er sie wieder direkt an, während Robin die Kiefer zusammen biss. Zugeben wusste sie nicht wie es Nami erging, wenn sie nicht auf der Insel war. Erst bei diesem Besuch hatte diese durchscheinen lassen, dass sie es nicht gut fand, dass Robin so unbeständig war. Dabei war sie bisher immer davon ausgegangen, dass es sie nicht weiter stören würde. Möglicherweise ein Fehler und dennoch kein Vergleich. Nicht zu dem, was Zorro tat.

„Ich will nicht, dass du ihr falsche Versprechungen machst und sie dann sitzen lässt.“ Was sollte das werden? Spielte er sich nun als ihr Beschützer und Samariter auf? Robin wusste nicht wie genau sie das alles einordnen sollte, sie wusste nicht was seine Intentionen in dieser Sache sein könnten. Vielleicht spielte es auch keine Rolle und sie sollte ihn einfach reden lassen. Er würde immerhin bald nicht mehr ihr Problem sein.

„Ich mache ihr keine falschen Versprechungen. Du solltest nicht von dir auf andere schließen.“ Gewiss musste sie sich nicht vor ihm rechtfertigen. Was wusste er denn schon? Gut möglich, dass sie ihre Absichten in der Vergangenheit nicht ganz deutlich gemacht hatte, doch das hatte lediglich daran gelegen, dass Nami sie nie so gesehen hatte. Die Freundschaft zwischen ihnen war nie mehr als das gewesen und Robin hatte nicht noch ein Mensch sein wollen, der Nami’s Grenzen ungefragt überschritt. Auch, weil sie eben nur so selten hierher kam, weil sie nicht immer für sie da sein konnte. Das ließ ihr Leben schlichtweg nicht zu und lag nicht einmal an dieser Insel. Selbst wenn Nami wo anders leben würde müsste Robin immer wieder weg, es sei denn sie würde sich bewusst für etwas anderes entscheiden. Doch damit würde sie ihre eigenen Ziele zurücklassen und aufgeben. Sicher ein Punkt den man abwägen musste. Bisher allerdings hatte das nicht zur Debatte gestanden. Dazu hatte es keinen Grund gegeben.

„Ist mir egal was du sagst oder denkst, ich glaube dir nicht. Also sieh das als Warnung. Wenn ich erlebe, dass du sie verarschst, dann bringe ich dich um.“ Zorro war ihr noch einmal näher gekommen, baute sich drohend vor ihr auf, als würde das einen Unterschied machen. Es tangierte sie nicht weiter und so stand Robin schweigend und regungslos da und blickte unverwandt zurück.

„Denkst du wirklich deine Drohungen würden mich beeindrucken?“ So oft wie sie bisher aneinander geraten waren sollte er es besser wissen. Ihm sollte klar sein, dass Robin vor keiner Konfrontation zurückschrecken würde und, in erster Linie, sie auch nicht verlieren würde. Nicht gegen jemanden wie ihn, der seine Kraft und sein vermeintliches Talent so mit Füßen trat.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet“, wandte er dann nur ein, anstatt auf ihre Worte einzugehen. „Woher weiß ich, dass du es besser machen wirst?“ Robin wusste nicht, welche Antwort er sich erwartete oder, warum diese Frage wichtig war. Ganz zu schweigen davon, dass er der letzte Mensch wäre, mit dem sie ein ehrliches Gespräch über ihre Beziehung zu Nami führen wollen würde. Unweigerlich fragte sie sich, woher der Drang kam das zu wissen, das alles zu hinterfragen und sich in etwas einzumischen, was ihn absolut nichts anging.

„Auch, wenn du es dir nicht vorstellen kannst, es gibt Menschen denen ist sie nicht egal. Menschen denen sie etwas bedeutet und denen es wichtig ist, dass es ihr gut geht.“ So konnte man es wohl sagen. Es schien außerhalb seines Denkens zu liegen und vermutlich glaubte er auch nicht, dass Nami etwas anderes verdient hatte als das.

„Liebst du sie?“ Die Frage kam so unvermittelt wie überraschend, so dass Robin die Brauen hob und ihn verwirrt ansah. Nur für einen kurzen Moment, dann hatte sie sich wieder gefangen und ihre Miene würde ausdruckslos werden. Etwas das bei dem wenigen Licht ohnehin nicht ins Gewicht fallen dürfte.

„Meine Gefühle zu ihr sind völlig unerheblich für dich oder diese Situation. Und wenn es dich so sehr interessiert, wie es ihr geht, dann solltest du lieber darüber nachdenken endlich aus ihrem Leben zu verschwinden und zwar für immer.“ Damit würde er endlich etwas tun, dass dieser Situation zuträglich wäre. Wobei Robin nicht davon ausging, dass er diesen Punkt wirklich verstehen würde. Es war all die Jahre nicht in seinem Kopf angekommen, warum also heute?

Zorro starrte sie schweigend an, sie konnte seine Anspannung, die aufkeimende Wut förmlich spüren und rechnete sicherlich damit, dass er jeden Moment die Beherrschung verlieren würde. Doch es geschah nichts. Er blickte sie lediglich an, bis er sich wieder abwandte und die Wohnung dann wieder verlassen würde, ohne ein weiteres Wort dazu verloren zu haben. Laut fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und dann stand sie alleine da.

Tief würde sie durchatmend und sich kopfschüttelnd abwenden. Was war das gewesen? Sicher war es anders als sonst verlaufen aber glaubte er sich das wirklich? Seit sie Nami kannte wusste sie auch um die toxische Beziehung zu Zorro und seither hatte sie noch nie erlebt, dass er sie gut behandelt oder sich darum geschert hatte wie es ihr ging. Nun ausgerechnet von ihm bedroht zu werden, dass sie es war die Nami gut behandeln sollte hatte schon etwas abstruses an sich. Vielleicht glaubte er, in seiner Welt, durchaus, dass er für sie nur das beste wollte, dass er sich zu kümmern hatte und es ihm wichtig war wie es ihr ging. Die Realität sah allerdings ganz anders aus und war wohl kaum damit zu vergleichen.

Robin schüttelte für sich den Kopf und wandte sich ab, um weiter zum Schlafzimmer zu gehen. Besser sie machte sich keine allzu großen Gedanken um diese Sache. Es würde nichts bringen. Vielleicht war dies einer der seltenen, hellen Momente in seinem Leben gewesen, einer der nüchternen oder wie auch immer man es bezeichnen sollte. Es zu verstehen wäre dennoch müßig und nicht das, was sie beabsichtigte.

Das Licht wurde eingeschaltet und sie würde den Blick schweifen lassen. Wobei alles so wirkte wie sie es zurückgelassen hatte. Vermutlich war Nami seit dem Morgen nicht mehr in ihrer Wohnung gewesen und damit auch nicht nach dem Vorfall in ihrer Bar. Ein Verdacht der sich bestätigte, als sie durch den Rest der Wohnung ging und auch hier das Licht einschalten würde. Keine Veränderung. Ob das ein gutes Zeichen war? Oder war sie verletzt worden und deswegen nicht wieder nach Hause gekommen?

Robin stand unschlüssig in dem Durchgang zur Küche und versuchte abzuwägen welches Vorgehen nun das klügste wäre. Zorro hatte nicht so gewirkt als sei etwas schlimmeres geschehen, wobei das sicher im Auge des Betrachters lag. Doch hätte er es ihr wirklich verheimlicht, wenn ihr etwas geschehen wäre? Eine Frage, die sich Robin nicht pauschal beantworten konnte. Und so hatte sie nun zwei Möglichkeiten. Entweder sie würde hier bleiben und darauf warten, dass Nami wieder nach Hause kommen würde oder, sie würde sich auf den Weg machen und den einzigen Arzt aufsuchen, den es auf dieser Insel gab. Vielleicht war das auch die einzig logische Erklärung, warum Nami verschwunden und nicht hier war. Würde sie sich ansonsten einfach so auf der Insel herumtreiben nach so einem Vorfall?

Robin seufzte und hob die Hand, um sich die Nasenwurzel zu massieren. Liebst du sie? Die Frage hallte dumpf in ihrem Kopf wieder, als könne die Antwort darauf ihr sagen was nun zu tun sei. Etwas das sicher kaum der Wahrheit entsprach. Denn die Antwort wäre von Emotionen geleitet und hätte sicherlich nichts mit einer vernünftigen und logischen Entscheidung zu tun. Sich in dieser Sache von Emotionen leiten zu lassen wäre sicherlich ein Fehler. Und so wandte sich Robin der Kaffeemaschine zu und würde sich daran machen eine Kanne aufzubrühen. Das würde vielleicht ihre Nerven beruhigen und sie ablenken. Egal was sie nun aus einem Impuls heraus tun wollte oder nicht, es wäre nicht durchdacht. Undurchdachte Entscheidungen bargen Risiken und Risiken konnten einen in einer Lage wie dieser das Leben kosten. Wenn Robin sie wirklich beide retten wollte, dann müsste sie das alles anders angehen.
 

Gedanken an eine bessere Zukunft


 

Es war schwer auf einer Insel wie dieser einen ruhigen Ort zu finden, wenn man den Kopf freibekommen und nachdenken wollte. Am Ende hatte man lediglich zwei Möglichkeiten. Entweder man verschwand aus der Stadt und musste einen längeren Weg durch unbeleuchtetes Dickicht auf sich nehmen oder, man fand eine Bar die heruntergekommen genug war, dass selbst die Piraten dort nicht ihre Zeit verbringen wollten. Nami hatte sich für letzteres entschieden. Die Bar in der sie nun saß war winzig, kaum genug Platz um zwei Crew’s zu bewirten. Der Eingang lag versteckt in einer Seitengasse, das Schild war von außen so abgenutzt, dass man den Namen der Bar schon nicht mehr erkennen konnte. Fremde wussten nicht wie die Bar hieß, würden sie vermutlich übersehen und gar nicht erst hineingehen. Nami hatte sie selbst nur durch einen Zufall gefunden, als sie irgendwann nach einem Job gesucht hatte. Secret Treasure. Ein Geheimtip, wenn man so wollte. Denn auch die Inneneinrichtung der Bar, die abgenutzten Möbel und der Staub, der sich auf manchen Flaschen sammelte, waren kaum besonders einladend.

Neben ihr hockte nur ein anderer Mann an der Bar und ließ sich von der Frau dahinter immer wieder einen neuen Drink vor die Nase schieben. Nami hielt sich an ihrem Drink fest, seit sie hier angekommen war und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Gar nicht so einfach aber genau deswegen hatte sie raus gemusst, hatte sich etwas Abstand zu der Bar und ihrem zu Hause verschaffen müssen. Abgesehen davon, dass sie hier auch niemand einfach so finden würde.

Sie führte das Glas an ihre Lippen und trank dann noch einen Schluck, um die brennende Flüssigkeit über ihre Zunge rollen zu lassen. Es lag ihr fern sich zu betrinken. Nami hatte genügend Erfahrung mit Alkoholmissbrauch gemacht, hatte es jeden Tag in ihrer eigenen Bar gesehen und wusste was die Folgen waren. Das hielt sie davon ab, zumal auch das ihre Probleme nicht lösen würde. Es war lediglich das Bedürfnis gewesen in Ruhe bei einem guten Drink über alles nachzudenken was geschehen war. Da war Robin, die eine unbeständige Konstante in ihrem Leben war, die sie darum gebeten hatte mit ihr zu kommen. Etwas das Nami nicht einschätzen konnte. Robin öffnete sich, schien mit anderen Intentionen hierher gekommen zu sein, doch konnte Nami nicht greifen was genau das bedeutete. Sie wusste nicht welche Erwartungen dahinter lagen. Vielleicht auch keine. Robin war ein Mensch, den man nicht greifen konnte und deren wahre Gedanken immer ein absolutes Rätsel blieben. Zumindest was Nami anging und sie versuchte durchaus sich Mühe damit zu geben. Ein Umstand, der ihr diese Entscheidung erschwerte und für den es am Ende nur eine Lösung gab; sie würde mit Robin noch einmal genauer darüber sprechen müssen. Vor einigen Stunden war diese Möglichkeit für sie absolut nicht in Frage gekommen, doch nun hatten sich die Umstände verändert. Ihre Lebensgrundlage war weg und diese wieder aufzubauen empfand sie doch als eher fragwürdigen Kraftakt. Eine Anstellung in irgendeiner Bar in der sie dann für einen Hungerlohn unter schlechten Bedingungen arbeiten würde war ebenfalls keine denkbare Option. Die naheliegende Lösung war also, dass sie die Insel verlassen musste. Vielleicht wäre es gut das alles als Neuanfang zu sehen. Zwar bereitete ihr die Situation mit Zorro noch leichte Bauchschmerzen und doch war es diesmal anders gewesen. Nie, egal was geschehen war, hatte Nami ihm gesagt, dass er verschwinden und nie wieder zurückkommen sollte. Sie hatte es einfach nicht gekonnt. Und auch jetzt hatte sie nicht das Gefühl ihm einfach den Rücken zukehren zu können. Auf der anderen Seite fragte sie sich, was sie noch tun sollte. Nach all der Zeit und allem was sie getan hatte, um ihm zu helfen gab es nichts mehr in dem sie eine Lösung sah.

Zeitgleich war er aber eine Konstante in ihrem Leben. Sie hatten eine Vergangenheit und noch immer hing Nami daran. Sich für Robin zu entscheiden würde bedeuten das alles endgültig hinter sich zu lassen und ihn unwiederbringlich aus ihrem Leben zu streichen. Etwas das Angst machen konnte. Ebenso wie die Frage, ob Robin es wirklich ernst meinte und wie so ein neues Leben aussehen sollte.

Ein für und wieder, was Nami nicht genau greifen oder bestimmen konnte. Fühlte sie sich wirklich wohl mit all dem? Nein. Und doch könnte man bei so vielen Dingen einfach nur Kopfschmerzen bekommen. Ja, sie war geneigt dazu Robin’s Angebot anzunehmen oder es sich wenigstens genauer anzuhören. Doch selbst wenn es nicht so schwierig gewesen wäre sich zwischen zwei Menschen zu entscheiden, zwischen der eigenen Vergangenheit und einer Möglichen Zukunft, dann war da noch immer Aisa. War Nami einmal ehrlich zu sich selbst, dann war sie der Hauptgrund ihres Zögerns. Und genau der Aspekt für den sie eine Lösung finden musste. Unter normalen Umständen könnte sie einfach eine Tasche mit ihren Sachen packen, vielleicht zwei Taschen, und dann gehen. Es wäre sogar besser, wenn sie es tun würde ohne noch einmal zurück zu blicken und sich dazu verleiten zu lassen ihre Meinung doch noch einmal zu verändern. Doch die Umstände waren keine normalen.

Brummend rieb sie sich über das Gesicht, führte das Glas noch einmal an ihre Lippen. Was Robin wohl dazu sagen würde, wenn sie ein Kind mitnehmen wollte? Und wie genau sollte ein Leben mit einem Kind schon aussehen? Nami’s Traum war es nie gewesen irgendwo sesshaft zu werden und eine kleine Familie zu haben. Sie sah sich selbst durchaus nicht als Mutter. So gut das alles auch gemeint sein mochte, doch diese Rolle war ganz sicher nicht für sie gemacht worden. Sie wollte die Welt sehen und ihre Freiheit genießen. Doch war das am Ende nicht purer Egoismus? Sollte sie sich nicht lieber der Herausforderung stellen und diese für sich annehmen? Eine Frage über die man sicherlich lang und breit diskutieren könnte.

Noch ein Schluck, dann war das Glas war geleert. Nami dachte einen Moment darüber nach, ob sie sich ein weiteres bestellen sollte, doch es war sicherlich besser sich auf den Weg nach Hause zu machen. Die Nacht war weit vorangeschritten und am nächsten Tag warteten einige Aufgaben auf sie, die sie dringend zu bewältigen hatte. Zwar gingen einige der Aufgaben auch mit Entscheidungen einher, zu denen sich Nami noch nicht völlig durchgerungen hatte und doch schien eine gewisse Richtung langsam klarer zu werden. So oder so musste sie Sanji zustimmen; sie musste zunächst mit Robin reden. Das alleine könnte etwas mehr Klarheit in alles bringen und nur auf dieser Basis könnte sie am Ende eine Entscheidung treffen.

Noch vor wenigen Stunden hatte sie sich erleichtert gefühlt. Davon war inzwischen nichts mehr übrig und Nami empfand nur noch eine erdrückende Schwere von der sie nicht wusste wie sie mit ihr umgehen sollte. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich endlich hinlegen und schlafen sollte. Kopfschmerzen machten sich bereits jetzt bemerkbar. 
Ohne Umwege würde Nami sich auf den Weg nach Hause machen und sich auch nicht weiter von ihrem Weg abbringen lassen. Es war zumindest nicht weit und Nami wusste wie sie sich zwischen den Piraten zu bewegen hatte, um ihnen ausweichen zu können. Dennoch machte sich wie immer eine gewisse Anspannung in ihrem Körper breit. Gefasst darauf doch eine Hand von ihrem Körper schlagen oder jemanden anschreien zu müssen. Grenzüberschreitungen waren leider an der Tagesordnung und die Abwehr dessen ein alltägliches Geschäft.

Sie würde sich erst wieder entspannen als sie vor ihrer Tür stand und den Schlüssel in ihr Schloss stecken würde. Ein Schritt, dann war sie in ihrer Wohnung und konnte die Tür hinter sich ins Schloss fallen lassen. Ein Hauch von Sicherheit in dieser schwierigen Umgebung, die dafür bekannt war Tod und Unglück zu verbreiten.

Nami atmete tief durch und lehnte sich mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür, während sie ihre Umgebung auf sich wirken ließ. Ruhe. Als würde man den Kopf unter Wasser stecken und die ganze Außenwelt ausblenden. Kaffee. Vertraut und das Gefühl von Wärme. Nur, dass da eigentlich kein Geruch nach Kaffee sein sollte.

Langsam hob sie den Blick und betrachtete die Dunkelheit ihrer Wohnung, spürte in das alles hinein. Die Tür war verschlossen gewesen und es gab nur eine Person, die einen Schlüssel besaß. Doch, war sie nicht am vergangenen Morgen verschwunden und hatte davon gesprochen einige Tage weg zu sein? Zumal es auch nicht so wirkte, als würde sich gerade jemand in der Wohnung befinden. Doch vielleicht sah Nami auch schon Gespenster. Wunschdenken.

Kopfschüttelnd würde sie sich von der Tür abstoßen und dann das Licht einschalten. Es würde alles so viel leichter machen, wenn sie jetzt mit Robin sprechen könnte, um ihre Gedanken zu ordnen. Vielleicht wäre es aber auch ein Fehler und der Abstand würde Nami dabei helfen ihre Gedanken zu ordnen und wieder etwas nüchterner auf ihre Situation zu blicken. So ganz sicher war Nami sich nicht, doch das musste sie auch nicht. Am Ende des Tages musste sie die Situation nehmen wie sie kam und ihre möglichen Gedanken zu all dem würden keinen Unterschied machen. Abgesehen davon, dass sie sich selbst in den Wahnsinn treiben würde.

Ihr Weg führte sie weiter bis in die Küche. Doch entgegen der Erwartung verflog die Einbildung nicht, im Gegenteil. Der Geruch nach Kaffee wurde stärker und, als sie das Licht in der Küche einschaltete erkannte Nami auch, warum. Auf dem Küchentisch stand eine Tasse, daneben eine Kanne. Beim hochheben wurde deutlich, dass sie noch nicht ganz leer war.

„Robin?!“ Rief sie in die Wohnung und wandte sich um. Das alles wirkte so, als sei sie gerade noch hier gewesen. Doch warum? Zum einen hatte Nami damit gerechnet die andere für die nächsten Tage nicht zu sehen. Zum anderen war es noch nie vorgekommen, dass Robin einfach ihre Sachen stehen ließ. Sie war ein ordentlicher Mensch und wenn Nami es nicht gewusst hätte, dann hätte man oftmals denken können sie würde ihre Zeit nicht hier verbringen. Im Hinblick auf ihre Tätigkeit mochte sie es vielleicht auch nicht Spuren zu hinterlassen. Sie funktionierte immer nach den gleichen Mustern, es gab davon keine Abweichungen. Umso auffälliger war es einfach, wenn Robin doch einmal aus der Rolle fiel und da konnte eine benutzte Tasse schon einmal etwas großes sein.

Nami griff nach der Tasse. Noch warm. Sie konnte wirklich noch nicht lange weg sein, doch wohin war sie um diese Zeit gegangen? Und das so plötzlich, dass sie keine Zeit mehr gehabt hatte aufzuräumen und ihren Kaffee leer zu trinken. Denn da war durchaus noch etwas in ihrer Tasse.

Neben dem Umstand der Ordnung und der Verschwiegenheit gab es eigentlich nur eine Sache, die man wirklich über Robin wissen musste; sie liebte Kaffee. Gute Qualität und ihre Tasse ruhig zu trinken war durchaus ein heiliges Ritual. Nichts brachte sie dabei für gewöhnlich aus der Ruhe. Nami würde fast behaupten, dass Robin selbst dann noch in Ruhe ihre Tasse Kaffee trinken würde, wenn neben ihr die Welt unterginge. Nur ging gerade die Welt nicht unter und Robin hatte dennoch alles einfach stehen und liegen gelassen, um diesen Moment zu unterbrechen.

Es kam keine Antwort und Nami stellte die Tasse wieder auf den Tisch, bevor sie sich auf den Weg machte und das Licht im Rest der Wohnung einschaltete. Weit musste sie dabei ohnehin nicht gehen und so hatte sie sich auch schnell einen Überblick verschafft. Die Wohnung war leer, das Bett von Robin unberührt. Fast machte es den Eindruck, als sei sie nur für eine Tasse Kaffee hier gewesen und dann wieder verschwunden. Doch all das störte Nami. Es passte einfach nicht zusammen. Und so stand sie doch einen Moment ratlos in der Tür zu ihrem Schlafzimmer und schien nicht recht zu wissen, was sie von dieser Situation halten sollte. Da Robin allerdings nicht hier war und Nami keine Ahnung hatte, wo die andere um diese Zeit sein könnte, konnte sie schlichtweg auch nichts tun. Das einzig gute daran war wohl, dass es bedeutete, dass Robin früher zurück war als erwartet und Nami nicht mehr lange auf ein klärendes Gespräch warten müsste.

Und genau an diesem Gedanken versuchte sie sich festzuhalten und das positive zu sehen. Nami entschied sich also dem ganzen keine zu große Bedeutung beizumessen und suchte sich einfach ein paar Schlafsachen heraus mit denen sie dann im Badezimmer verschwinden und sich den Dreck des Tages vom Körper waschen konnte. Das war zumindest ihr eigenes, heiliges Ritual. Selten konnte sie wirklich schlafen ohne sich das alles zuvor kam Körper gewaschen zu haben, ganz gleich wie unangenehm und kalt das Wasser auch sein mochte. Es war einfach eine Notwendigkeit, um sich besser zu fühlen und mit dem Tag abzuschließen. Ein wichtiger Punkt, gerade auch heute. Nami hatte das Gefühl dieser Tag wäre endlich gewesen. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich derart viel verändert, dass sie es kaum richtig greifen und begreifen konnte. Sie brauchte wirklich dringend Schlaf.

Und so würde Nami sich auch ohne Umschweife gleich auf den Weg machen, damit sie sich nach dem Duschen ins Bett legen konnte. Vielleicht könnte sie nicht gleich einschlafen, vielleicht würden sich ihre Gedanken noch einen Moment drehen, doch am Ende war sie einfach erschöpft und der Körper würde sich seine wohl verdiente Pause einfordern.

***

Nami schreckte hoch. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, der Körper war angespannt. Was war das gewesen? Wieso war es so hell? Schwer zu sagen, wie lange sie geschlafen hatte. Gefühlt waren es sicher nur wenige Minuten gewesen, vermutlich konnte man aber von wenigen Stunden sprechen. Das was sie aus dem Schlaf gerissen hatte war ein lauter Knall gewesen. Eine Erschütterung. Oder hatte sie sich das alles nur eingebildet? Träume die sich anfühlten, als seien sie real war durchaus kein fremdes Phänomen für Nami. Manchmal, wenn sie von ihrer Familie träumte, wenn sich Albträume hinzu mischten, dann träumte sie von dem Moment, als ihre Mutter starb. Sie sah ihr Lächeln, hörte ihre Worte und den Schuss, der selbst nach dem Aufwachen noch unangenehm in ihren Ohren dröhnte. Hatte sie einen Albtraum gehabt?

Doch das erklärte nicht das merkwürdige Licht, welches von draußen hereinfiel. Es dürfte nicht so hell sein, so rot. Nami raffte sich auf, schob sich aus dem Bett und wollte gerade ein paar Schritte laufen, als es einen weiteren Knall gab. Gefolgt von einem weiteren Grolle und einer Erschütterung im Boden. Sie stolperte und fiel auf die Knie, da sie noch keinen richtigen Halt gefunden hatte. Es war keine Einbildung. Das war verdammt real, womit auch immer sie es hier zu tun hatte!

Nami raffte sich wieder auf und lief zum Fenster, blickte hinaus. Viel konnte sie nicht erkennen. Irgendwo stieg Rauch auf und der Himmel begann sich rot zu färben. Feuer? Warum? Vielleicht ein Unfall, jemand der eine Zigarette falsch weggeworfen hatte oder-

Da wurden ihre Gedanken vom nächsten Grollen und der darauf folgenden Erschütterung unterbrochen. Nein, das war keine einfache Auseinandersetzung. Kein Unfall. Das waren Kanonenschüsse! Ein Geräusch, das jeder Pirat, jeder der zur See fuhr kannte. Auch Nami wusste darum. Doch es hier zu hören auf dieser Insel? Das war etwas das nicht zusammenpasste. Jetzt allerdings, wo es zu Nami durchsickerte, was es war, wo der Himmel sich immer weiter verfärbte und es immer lauter dort draußen wurde war das auch nicht so wichtig. Die Gründe spielten keine Rolle, alles was zählte war, dass die Abstände zwischen den Schüssen immer kürzer wurden.

Sie wandte sich ab, der Körper reagierte noch bevor der Kopf einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihre Beine trugen sie zu ihrem Schrank, Nami griff blind hinein und zog sich einen Pulli heraus. Etwas fiel auf den Boden, doch sie achtete nicht darauf. Noch ein Griff hinein und sie zog einen Gürtel heraus. Den einen Gurt befestigte sie an ihrer Hüfte, den zweiten, kleineren Gurt, schob sie um ihren Oberschenkel, um das Holster an ihrer linken Seite zu befestigen. Es war selten, dass sie sich bewaffnete wenn sie über die Insel lief und in Anbetracht dessen wo sie lebte, konnte man das hier auch kaum als wirkliche Bewaffnung bezeichnen. Nami hatte keinen Sinn für Schusswaffen oder Schwerter, Teufelskräfte hatte sie nicht. Wenn Nami eine Waffe benutzte, dann waren es entweder die Waffen einer Frau - was oftmals ausreichend war - oder sie benutzte ihren Bo. Ein Kampfstab aus Holz, der aus drei Teilen bestand, die sie im Zweifel mit einer schnellen Bewegung zusammensetzen konnte. Mit gezielten Schlägen und der nötigen Kraft war es damit durchaus Möglich einen Gegner außer Gefecht zu setzen. Und wenn es dazu nicht reichte dann wenigstens dazu sich Zeit zu verschaffen und sich eine Möglichkeit zur Flucht zu erkaufen. Und wenn Nami eines konnte, dann war es sich davonmachen und sich aus gefährlichen Situationen herauswinden. Sie war eine Diebin, da legte man es grundsätzlich nie auf eine Konfrontation an.

Nachdem sie sich diese wenigen Gegenstände aus dem Schrank genommen hatte, rannte Nami aus dem Schlafzimmer und stolperte in den Flur hinein. Dort würde sie nach ihren Sandalen greifen und diese anziehen. Wie viel Zeit mochte sie auf diesem Weg verloren haben, bis sie endlich die Tür aufriss und hinaus auf den obersten Treppenabsatz lief? Das Grollen war fast unerträglich laut, die Schüsse fielen in immer kürzeren Abständen. Nami roch Rauch, Feuer. Der Himmel und die Wolken über der Stadt hatten sich innerhalb von wenigen Minuten rot verfärbt und tauchten alles in ein rötlich, orangenes Licht. Nami hörte Schreie, laute Rufe, eine weitere Erschütterung. Für einen Moment hielt sie sich am Geländer fest, musste abwarten, bis sich die Erde wieder etwas beruhigt hatte. Erst dann konnte sie die Treppe hinunterlaufen, durch die Gasse und auf die Straße hinaus. Menschen kamen ihr entgegen, Piraten die in unterschiedliche Richtungen strebten. Die einen Auf dem Weg zum Hafen, wo alle Schiffe vor Anger lagen. Dort wo der einzige Weg war, um die Insel zu verlassen und wo sie gleichzeitig den Angreifern vermutlich genau in die Arme laufen würden. Ob sie kämpfen oder fliegen wollten war dabei unklar.

Andere strebten in die andere Richtung. Weg vom Hafen, weg von dem Angriff. Flucht. Eine weitere Erschütterung, ein mächtiger Schwarzer Schatten der gen Himmel aufstieg. Blackbeard. Fluchend wandte Nami sich ab. Sie hatte keine Zeit dafür und letztlich war das alles auch sicher nicht ihr Kampf. Das einzige, um das sie sich nun wirkliche Gedanken machen sollte war, wie sie hier lebend weg kam!
 

Wettlauf gegen die Zeit


 

Schmerzlich zuckte sie zusammen und verzog das Gesicht. Die Hände, die sie zuvor hatte wachsen lassen, um einen herabstürzenden Balken abzufangen, verschwanden. Das glühende Holz fiel auf den Boden und Robin raffte sich auf. Sie hatte keine Zeit, um sich um ihre schmerzende Hand zu kümmern. Das sie sich verbrannt hatte war ein unausweichlicher Fakt und ein notwendiges Übel gewesen. Alternativ hätte sie wohl der Balken erwischt und dann hätte ihre Situation noch übler ausgesehen. Dennoch war es etwas, das sie im folgenden behindern würde. Blieb zu hoffen, dass sich weitere Verletzungen in Grenzen halten würden. Doch wenn sie sich das alles so ansah?

Robin war von dem Angriff überrascht worden wie sie alle. Viele Piraten waren betrunken irgendwo eingeschlafen oder waren auf ihre Schiffe zurückgekehrt. Die wenigsten waren wach und ansprechbar gewesen, geschweige denn in einem Zustand der sie kampftauglich machte. Sicherlich ein taktisch kluger Zeitpunkt der für diesen Angriff gewählt worden war. Man gab den Piraten kaum eine Chance und schaffte sich viele alleine schon deswegen vom Hals, während sie von dem Kanonenhagel erschlagen wurden. Nichts anderes war es. Ein feiger Angriff auf schlafende menschen. Piraten hin oder her, das spielte für Robin keine Rolle. Immerhin waren es nicht nur Piraten, die auf dieser Insel waren. Ja, sie sammelten sich hier, doch hier leben? Das taten sie nicht. Es waren Zivilisten, die hier ihr Heim gefunden hatten und all das am laufen hielten. Die Piraten versorgten und bewirteten. Zivilisten wie Nami, die mit diesem Kampf absolut nichts zu tun hatten.

Robin hatte es in deren Wohnung nicht ausgehalten, sie hatte sie einfach suchen müssen. Einige Bar’s waren das Ziel gewesen in erster Linie aber der Arzt der Insel. Vergeblich. Nach einer längeren Unterhaltung und einer Diskussion darüber über wen man denn eigentlich sprach und es zu einer kleineren Verwechslung gekommen war, hatte sich schließlich herausgestellt, dass Nami nicht dort gewesen war. Ein Weg der sie also nicht weiter gebracht hatte und, abgesehen davon das es Robin viel Zeit gekostet hatte, hatte sie noch immer keine Ahnung wo sich der Wildfang herumtrieb. Etwas das in diesem Moment ihre größte Sorge war, denn sie auf einer Insel zu finden, die im Chaos versank war durchaus eine andere Herausforderung. Robin könnte ihre Kräfte einsetzen, doch was brachte es ihr, wenn sie keinen sicheren Ort für ihren Körper hatte? Gerade könnte sie es sich nicht leisten im hier und jetzt unaufmerksam zu sein. Und das sorgte wiederum dafür, dass sie Nami anders finden musste. Sicherlich wäre auch sie von so einem Angriff überrascht worden, wenn sie noch draußen unterwegs gewesen war, doch wo würde sie jetzt hingehen?

Ein erster Impuls wäre es sicherlich wieder zu Nami nach Hause zu laufen und zu sehen, ob sie inzwischen dort war. Würde sie versuchen etwas von ihren Habseligkeiten zu holen? Etwas zu retten was vielleicht gar nicht mehr zu retten war? Viele Menschen würden wohl diesen Impuls haben, um sich an Materielles zu klammern. Aus dem Impuls heraus ohne gewisse Dinge nicht leben zu können, ungeachtet dessen, ob sie damit das eigene Leben in Gefahr brachten. Ein Phänomen, welches Robin nicht unbekannt war. Sie selbst handelte anders. Wenn man bereits einmal alles verloren hatte, dann wusste man, dass es nichts materielles gab das man wirklich brauchte, um zu überleben. Doch wie viele Menschen hatten schon einmal alles verloren? Kaum jemand. Piraten lebten davon Schätze zu suchen, Jagden etwas hinterher was am Ende nicht mehr war als Metall und Papier. Dennoch definierten sie darüber ihren Erfolg und was sie wert waren. Töricht.

Die Frage, die sich in diesem Moment jedoch stellte war, ob Nami auch zu diesen Menschen gehörte. Und hier lag die Krux der ganzen Sache. Nami hatte eine schier ungesunde Beziehung zu Geld. Die einzig ungesundere Beziehung die sie führte, war die zu Zorro. Robin wusste, dass Nami geizig war, dass sie um jeden Preis feilschte, keinen Berry unbedacht aus der Hand gab. Sicherlich hatte sie noch irgendwo Geldreserven bei all dem, was sie ihrer Kundschaft immer abgeknöpft hatte. Doch würde sie deswegen ihr Leben riskieren?

Abgesehen davon war da noch dieses Kind. Robin raffte sich auf, stolperte zur Seite, als die nächste Erschütterung die Insel zum wanken brachte. Sie richtete den Blick gen Himmel. Zwischen das Rot des Feuers mischte sich nun Dunkelheit. Eine unnatürliche, die nichts mit der gewöhnlichen Nacht der Insel zu tun hatte. Blackbeard. Die Lage würde sich zuspitzen und weiter hier an der Küste würde es mit jeder Minute gefährlicher werden. Es war nicht in Robin’s Sinne sich in diesen Kampf einzumischen. Einen solchen Kampf? Da konnte es nur Verlierer geben. Beide Seiten würden erhebliche Verluste einstreichen müssen und diese Insel? Sie würde zu einem Schlachtfeld werde und das zeichnete sich bereits jetzt ab. Viel schlimmer als die Schüsse der Kanonen waren ohnehin die Schreie. Nicht die, der Piraten. Viele von diesen warfen sich vermutlich stolz in den Kampf und glaubten damit etwas richtiges zu tun. Gegen die Marine konnte und musste es einfach eine gute Sache sein und vielleicht waren sich dahingehend alle einmal einig. Doch nicht alle hier gehörten dazu.

Sie sah die Menschen, Zivilisten, die diese Insel am Leben erhalten hatten, sah wie sie rannten, versuchten ihr Leben zu retten. Gleichzeitig war Robin bereits an zahllosen, leblosen Körpern vorbei gekommen und es war erst der Anfang.

Das Grollen wurde lauter, die Abstände zwischen den Schüssen und den Erschütterungen wurden kürzer. Der Lärm war Ohrenbetäubend und so raffte sie sich schließlich wieder auf und setzte sich in Bewegung. In einer Situation wie dieser konnte jede noch so kleine Entscheidung über Leben und Tod entscheiden. Jeder Fehler könnte tödlich enden. Robin war sich dessen schmerzlich bewusst und so war es umso wichtiger Nami so schnell wie möglich zu finden und von hier fortzubringen.

Robin hatte sich entschieden, sie lief die Straße entlang, rannte Landeinwärts und weiter hinauf, um den Stadtrand zu erreichen. Eine Aufgabe, die sich als deutlich schwerer darstellte als sie es erwartet hätte. Immer wieder lagen ihr Trümmer im Weg, versperrten die Straßen, Feuer hinderte sie daran weiter zu kommen und sie war gezwungen andere Wege einzuschlagen, die sie Zeit kosteten. Zeit, die man nicht hatte. Die Kanonen waren das eine, doch was wenn die Marine die Insel stürmen würde?

Robin hielt inne. Sie musste einen anderen Weg finden und sich orientieren. Vielleicht müsste sie nun das Risiko eingehen und ihre Kräfte benutzen, um sich wenigstens einen Überblick zu verschaffen. Abgelenkt wurde Robin dann aber doch als sich der Himmel noch weiter verdunkelte und Blackbeard seine Macht nicht zurückhielt. Er war hier und er würde kämpfen. Vermutlich war diese ganze Sache für ihn einfach nur ein riesiges Vergnügen und eine Möglichkeit erneut zu unterstreichen, warum er einer der mächtigsten Piraten ihrer Zeit war. Sollte er. Ihn interessierte ohnehin nur das und, wie er zu mehr Macht gelangen konnte. Robin verstand durchaus, warum er der Weltregierung ein Dorn im Auge war. Etwas das sie durchaus nur unterschreiben konnte und sicherlich wäre es um ihn nicht schade sollten sie es schaffen, ihn endlich aus dem Weg zu räumen. Fraglich, ob das gelingen würde. Was allerdings klar war, war das Blackbeard kaum ein Interesse daran hatte diese Insel zu schützen. Er würde diesen Kampf anfachen und weiter treiben. Auf Kosten anderer. In diesem Moment zweifelte Robin nicht daran, dass diese Insel nach diesem Angriff in Schutt und Asche liegen würde. Es gab keine Zukunft.

Sie setzte sich wieder in Bewegung. Ein kurzer Blick mit ihren Kräften hatte ihr zumindest eine Richtung gezeigt in der sie ein gutes Stück weiterkommen würde. Robin rannte los. Sie musste sich vorarbeiten, aufmerksam bleiben. Doch nicht nur das. Es galt auch die Schreie, die Panik zu ignorieren, die durch die Straßen geschwemmt wurde und die Insel flutete. Sie wollte in eine Straße einbiegen, als sie auf einmal festgehalten wurde. Robin wandte den Blick hinunter, sah in das Gesicht einer Frau. Durch die Platzwunde an ihrem Kopf rann Blut über ihr Gesicht. Sie war unter einigen Trümmern eingeklemmt und hatte es dennoch geschafft Robin am Knöchel zu erwischen, um sie daran zu hindern ihren Weg fortzusetzen.

„Hilfe.. hilf mir..“ Stammelte sie schwach. Panik und Schmerz standen ihr in den Augen. Robin zögerte. „Hilf mir! Nein! Bleib hier!“ Schrie sie Robin dann an, als diese versuchte ihren Knöchel zu befreien und von ihr los zu kommen. Für jemanden der derart verletzt war fand sich noch viel Kraft in dieser Geste. Etwas das vielleicht auch naheliegend war. Der Mensch war zu unvorstellbarem fähig, wenn es um das eigene Leben ging. Einen Kampf, den Robin durchaus nachempfinden konnte. Dennoch entzog sie der Frau ihren Fuß und trat weiter zurück.

„Bleib hier! Bleib hier!“ Die Panik wurde lauter. Robin sah die Tränen, die in ihren Augen aufstiegen. Todesangst. Robin hob die Arme, atmete durch, als es eine weitere Erschütterung gab. Robin stolperte zurück und konnte gerade noch sehen, wie sich weiterer Schutt aus den Trümmern löste. Sie konnte gerade noch sehen, wie die andere unter den Trümmern begraben und ein weiteres Leben genommen wurde.

***

Robin hatte sich geduckt, sie ließ die Arme langsam wieder sinken und blickte zur Seite. Der Kerl, der sie hatte angreifen wollen war verschwunden, dafür stand jemand anderes zwischen ihr und ihrem Angreifer. Sie atmete tief durch, raffte sich dann wieder auf und klopfte sich den Dreck von der Kleidung.

„Was machst du noch hier?“ Sanji wandte sich um, sah sie forschend an. Er hatte bereits einiges abbekommen aber wer wusste schon wo er sich zum Zeitpunkt des Angriffes befunden hatte. Bisher waren es nur vereinzelte Marinesoldaten, die sich Zugang zu der Insel verschafften. Das meiste war wohl auf die Kanonenangriffe und Menschen zurückzuführen, die in Panik um sich schlugen.

„Ich suche Nami.“

„War sie nicht zu Hause?“
„Vor dem Angriff war sie es nicht.“ Und jetzt? Robin schloss für einen Moment die Augen. Das Bellmeere’s hatte sich auf halber Höhe zum Hafen befunden und das, was sie nun erkennen konnte war sicherlich alles andere als erleichternd. Das Viertel in welchem Nami gewohnt hatte war völlig zerstört. Flammen schlugen um sich, wo es nur ging. Die Trümmer der Häuser machten einen Zugang unmöglich. Sollte Nami sich zu diesem Zeitpunkt dort befunden haben, dann war es unmöglich, dass sie das überlebt hatte.

Robin biss die Kiefer feste zusammen und sah wieder zu Sanji, der sie fragend ansah. Kopfschütteln. Nein, sie war nicht da. Durfte nicht da gewesen sein! Was würde geschehen, wenn sie die Möglichkeit, diesen Gedanken, zulassen würde? Robin konnte sich nicht vorstellen wie das funktionieren sollte und vor allem wusste sie nicht wie genau sie damit umgehen würde, wenn es wirklich so wäre. Ein Albtraum, nichts weiter war das.

„Sie ist sicher zu der Kleinen“, sprach sie ihre Gedanken aus. Sie musste einfach dort sein. Robin konnte sich nichts anderes vorstellen und letztlich war das ihre letzte Hoffnung. Welche anderen Optionen würde es denn sonst noch geben?

„Versuchen wir es.“ Sanji machte eine Kopfbewegung und sie setzten sich wieder in Bewegung. Stillstand konnte in einer Situation wie dieser tödlich sein, Robin wusste es. Schon einmal hatte sie diesen Albtraum durchleben müssen und schon einmal hatte sie alles verloren. Sie konnte nicht zulassen, dass es wieder geschehen würde. Und so rannten sie, rannten weiter und versuchten freie Wege zu finden, während das Grollen nicht aufhören wollte. Die Erde schien zu beben, die Sicht war schlecht. Es war die Dunkelheit, die nur von Feuern durchbrochen wurde, die es aber auch nicht schafften gegen sie anzukommen. Immer wieder gerieten sie in Sackgassen, mussten sich neue Wege bahnen.

„Runter!“ Sanji griff nach ihr und riss sie zu Boden. Sie spürte sein Gewicht auf sich, während etwas neben ihnen explodierte. Trümmer fielen. Für einen Moment hörte Robin nur ein schrilles Pfeifen in ihren Ohren. Sanji’s Gewicht verschwand. Jemand packte sie am Arm und zog sie wieder auf die Beine. Dort wo zuvor noch ein Haus gestanden hatte klaffte nun ein riesiges Loch während die Trümmer sich verteilt hatten. Wären sie etwas schneller gewesen, dann hätten sie sicherlich in der Schneise des ganzen Gestanden. Das war Wahnsinn, Willkür. Robin spannte sich an und richtete den Blick gen Hafen. Sie konnten von ihrer Position aus nicht viel erkennen, nur das aufblitzen der Kanonen, wenn sie wieder feuerten. Es mussten etliche Schiffe vor der Insel liegen. Ihre Hand ballte sich zur Faust. Konnte sie das zulassen? Wäre es nicht besser sich denjenigen anzuschließen, die noch versuchten zu kämpfen? Sie müssten nur die Schiffe versenken, wenn sie nur..

„..ob.. Ro.. bin.. ROBIN!“ Sanji hatte sie an der Schulter gepackt und riss sie aus ihren Gedanken. Sie konnte ihn nur dumpf hören. Als würde sie alles durch eine dicke Watteschicht wahrnehmen. Etwas warmes lief über ihr Gesicht, sie musste sich über das Auge wischen.

„Wi.. üss.. iter!“ Er brüllte sie an, sie konnte es an seiner Gestik erkennen. Sie konnte es kaum wahrnehmen, das Pfeifen in ihren Ohren wollte einfach nicht verschwinden. Anstatt sich jedoch damit zu befassen wandte sie den Blick ab und richtete diesen wieder auf den Hafen und die dort unten liegende Bucht aus. Robin konnte spüren wie etwas in ihr aufstieg, was sie so sicherlich nicht oft zulassen würde. Sie war kein Mensch, der viele Emotionen zuließ. Sie verschloss sie, schob sie von sich weg. Das war der normale Weg, wie sie damit umging. Doch das hier, das war etwas anderes. Es war persönlich.

Die Hände ballten sich zu Fäusten, während die Anspannung, die Wut in ihrem Körper langsam immer größer und deutlicher wurde. Welches Recht hatten diese Menschen das Leben anderer auf solche Weise zu nehmen?

„ROBIN!“ Wieder war es Sanji, der versuchte auf sich aufmerksam zu machen, der sie am Handgelenk packte und mit sich zog. Weg aus der Schusslinie, weg von all dem. Doch wo war man am Ende noch sicher? Es gab keine Ort mehr der Schutz bot und doch schob er sie hinter eine Steinwand und hockte sich neben sie.

„Was ist nur los mit dir, wir müssen weiter!“ Noch immer hörte sie ihn nur dumpf, doch die Worte begannen langsam wieder zu ihr durchzudringen. Ja, sie mussten weiter, sie mussten Nami finden. Doch war das am Ende wirklich der richtige Weg? Selbst wenn sie es schaffen würden Nami zu finden würde das nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie einfach so von dieser Insel würden verschwinden können. In Anbetracht ihrer Situation war das durchaus eine schöne Illusion, der man sich besser nicht hingeben sollte. Wozu würde das sonst auch führen?

Sie antwortete ihm nicht, wandte den Blick ab und sah hinunter auf ihre Hand. Sie wusste darum was sie konnte. Damals, vor all diesen Jahren hatte sie nichts tun können außer dabei zuzusehen, wie ihre Heimat in Flammen aufging. Nie würde Robin dieses Bild vergessen, niemals würde sie vergessen können wie sich die Ohara brennend aus dem Meer erhob, wie der Himmel sich rot gefärbt hatte. Nein. Sie konnte es nicht vergessen. Es nicht verzeihen. Und heute? Heute wäre sie in der Lage sich zu wehren und zumindest dabei zu helfen mit vereinten Kräften diesem Angriff etwas entgegenzusetzen.

„Versprich mir, dass du sie findest, das du sie hier wegschaffst“, wandte sie ein und richtete den Blick wieder auf Sanji. Er sah sie fragend an, schien nicht zu verstehen.

„Was hast du vor?“ 


„Sie aufhalten.“ Robin erhob sich und straffte die Schultern. So oft hatte sie weglaufen müssen, sie war fertig damit. Sie hatte nicht all die Jahre dazugelernt nur, um jetzt einfach nichts zu tun, obwohl sie vielleicht helfen könnte sie zu schützen.

„Sei nicht albern, was denkst du dir?!“ Sanji packte sie wieder am Arm und zog sie zurück. „Denkst du wirklich sie würde das wollen?! Wie soll ich ihr erklären, dass ihre Freundin sich lieber in den Kampf gestürzt hat, anstatt nach ihr zu suchen?!“

„Sei nicht albern.“ Robin entwand sich seinem Griff und würde den Kopf schütteln. „So etwas ist das nicht zwischen uns. Und es ist wohl kaum ein passender Zeitpunkt für so etwas.“ Durchaus nicht. Egal was zwischen ihr und Nami war, oder nicht war, sie musste darauf achten nun nicht egoistisch zu sein. Durfte nicht zulassen, dass das alles einfach seinen Gang ging. Sicherlich verkannte Sanji die Situation, wenn er wirklich glaubte, dass sie den Kampf einer Suche vorziehen würde. Solch eine Sache war es durchaus nicht. Betrachtete man allerdings die härte des Angriffes, den Umstand das sie nur schwerlich voran kamen und jeder Einschlag einer Kanonenkugel ihnen das vorankommen nur weiter erschwerte, dann musste man sich fragen was der richtige Weg war. Würde man sie aufhalten können? Fraglich. Doch zumindest könnte man sich Zeit erkaufen. Zeit, die andere brauchen würde, um sich in Sicherheit zu bringen.

„Wenn nicht jetzt ein Zeitpunkt dafür ist, wann dann? Willst du das ungeklärt zwischen euch lassen?!“

„Nein“, wandte sie ein und würde den Kopf schüttelt. „Aber wenn wir sie nicht aufhalten, dann werden wir keine Gelegenheit mehr haben, um etwas zu klären.“ Auch das musste man sehen. Wenn sie das hier nicht überleben würden, dann würde es niemals zu dieser Klärung kommen. Sicherlich bestand ein Risiko, dass Robin das alles nicht überstehen könnte, doch jede Entscheidung war mit einem gewissen Risiko verbunden.

„Ich helfe dabei uns Zeit zu verschaffen. Finde sie. Bring sie auf die andere Seite der Insel. Dort sind keine Dörfer, keine Piraten. Sie werden diesen Teil nicht angreifen.“ Erst einmal nicht. Die ganze Kraft würde sich auf diesen Teil der Insel konzentrieren und auf der anderen Seite hatte waren ihre Chancen deutlich besser.

„Das halte ich für eine ganz beschissene Idee.“

„Ich bin schon mit schlimmerem fertig geworden.“ Vielleicht nicht direkt aber Robin hatte in ihrem Leben schon einige Dinge gesehen und miterleben müssen. Dies hier war nur ein Teil davon, einer den sie auch überstehen würde. Und wenn es das war, was sie tun konnte, dann würde sie nicht davonlaufen. Sie war hierher gekommen wegen Nami. Ursprünglich, um sie hier wegzubringen, sie in Sicherheit zu wissen. Doch vielleicht würde das nicht zwingend bedeuten, dass sie gemeinsam diese Insel verlassen würden.

„Ich habe ein Boot. In der Bucht bei den Klippen, wenn ihr dorthin kommt, dann könnt ihr damit die Insel verlassen und euch in Sicherheit bringen.“ Das war alles, was sie ihm anbieten konnte, obgleich Sanji nur wieder den Kopf schüttelte.

„Egal was du meinst tun zu müssen, beeil dich. Wir werden da auf dich warten.“ Robin verzog das Gesicht. Aber vermutlich würde er nicht gehen ehe sie nicht wenigstens irgendeine Art von Kompromiss eingegangen war. Wie auch immer der aussehen sollte, denn sie hatte nicht vor sich auf Versprechungen einzulassen. 
„Wartet nicht zu lange.“ Mehr konnte sie ihm nicht geben und dann würde sie sich auch aus seinem Griff befreien und davon streben. Wieder zurück, mit schnellen Schritten den Weg zum Hafen hinunter. Sie würde zunächst näher an ihr Ziel heran müssen. Und dann müsste sie sich entgegen ihrer Ansichten doch in diesen sinnlosen Kampf einmischen.


 

Verzweiflung und Schmerz


 

„Scheiße. Scheiße!“ Was sollte sie jetzt machen? Sie hatte zu lange gebraucht. Nami kauerte auf den Trümmern des Kinderheimes. Es lag zwar am Rande der Stadt, allerdings nicht außerhalb des Radiusses in dem die Kanonenkugeln einschlugen. Selbst davor hatten sie nicht halt gemacht. Wobei sie sicherlich wahllos auf die Insel feuerten. Hauptsache der Kugelhagel würde nicht aufhören. Die Intervalle zwischen den Schüssen wurden immer kürzer, fast schon im Sekundentakt hörte man neue Explosionen. Die Erde war ein einziges Beben und es hatte Nami schrecklich viel Zeit gekostet, um überhaupt hierher zu kommen. Zu viel Zeit, wie sich nun herausstellte.

„Nein.. Nein..“ Es brannte in ihren Augen, als heiße Tränen über ihre Wangen liefen und sich mit dem Blut vermischten. Die Finger gruben sich in den Schutt, als sie versuchte die Trümmer und Steine irgendwie zu bewegen und auf Seite zu räumen. Ein nutzloses Unterfangen. Dennoch konnte sie nicht aufhören. Nami ignorierte den Schmerz in ihren Fingern, stemmte sich mit ganzer Kraft gegen die Felsblöcke, versuchte die kleineren irgendwie zur Seite zu schaffen.

„AISA!“ Das durfte einfach nicht sein. Nami schlug auf einen Stein, hob den Blick und sah sich um. Gab es einen anderen Punkt an dem sie ansetzen konnte? Die Sicht war schlecht und es war kaum eine gute Stelle auszumachen an der sie leichter vorankommen würde. Sie hatte sich daran orientiert, wo sie die Kinderzimmer vermuten würde. Um diese Zeit hatten sie sicherlich alle geschlafen. Oder waren sie rechtzeitig aufgewacht und hatten fliehen können? Wenn es so war, dann war jetzt keine Spur von ihnen zu sehen und nichts zu finden. Und so blieb Nami nichts anderes übrig, als weiter die Steine zur Seite zu schaffen und zu versuchen hier in diesem Schutt irgendeinen Hinweis zu finden und sei es nur, dass sie vielleicht die Gewissheit erhalten würde, dass hier nichts zu finden war. Doch wie konnte man Gewissheit erlangen? Ihr Verstand würde ihr sicher sagen, dass es unmöglich war. Das sie es niemals schaffen würde den Schutt beiseite zu schaffen und doch war das nicht das, was ihr Körper tat. Ihr Körper arbeitete automatisch weiter, einfach weiter. Die Hände griffen immer wieder nach den Steinen, schoben sie zur Seit, hinterließen blutige Spuren. Nami spürte nicht den Schmerz der sich über ihre Finger ihre Arme hinauf schob. Sie spürte nicht wie sich der Rücken und die Muskeln immer weiter gegen all das sträubten und versuchten sie zum aufgeben zu bewegen. Sie spürte nicht, wie die Erde immer wieder bebte. Nami ignorierte all das und grub sich einfach immer weiter in den Berg aus Schutt hinein. Das Lichtspiel am Himmel veränderte immer wieder ihre Sicht auf das alles, veränderte immer wieder das, was sie vor sich sah als würden grimmige Dämonen vor ihr über die Steine tanzen und sie verhöhnen. Dämonen, die sich eine Freude aus ihrer Verzweiflung machten, die sie daran hinderten klar zu sehen und zu erkennen was vor ihr lag. Etwas das dazu führte, dass Nami nach dem falschen Stein griff. Die oberen Steine lösten sich, rutschten ab und klemmten ihre Hand unter sich ein. Nami schrie auf, musste inne halten und stützte sich mit der freien Hand ab. Sie konnte es nicht verhindern, dass die Tränen kamen, konnte nicht verhindern, dass ihr Körper für einen Moment in sich zusammen sackte und sich der Verzweiflung hingab. Sie schluchzte. Von außen war es sicher nicht zu hören. Geschluckt von dem Grollen, den Explosionen. Lediglich das Beben in ihrem Körper wäre zu sehen, nur für einen Moment. Dann schaffte Nami es nach dem Stein zu greifen und diesen schwerfällig auf Seite zu schieben und von ihrer Hand zu lösen, die sie wieder herausziehen konnte. Vorsichtig bewegte sie ihre Finger, doch anscheinend schien da noch einmal alles gut gegangen zu sein.

„AISA!“ Nein, hier kam sie nicht weiter. Sie würde es nicht schaffen all das zur Seite zu räumen. Nicht ohne Hilfe. Nami stützte sich ab, sah sich wieder um, versuchte wieder und wieder etwas zu erkennen. Es ging nicht. Am Ende lehnte sie sich vor, weiter mit dem Ohr an die Trümmer und versuchte zu lauschen. Wenn dort drunter jemand war, noch lebte.. vielleicht könnte sie dann etwas hören? Sie schloss die Augen, hielt den Atem an, versuchte sich zu konzentrieren und darauf zu lauschen, ob sie eine Antwort auf ihre Rufe erhalten würde. Die Brauen zogen sich zusammen, sie strengte sich an. War da was? Nein. Oder? Nami war sich nicht sicher. Am Ende war das einzige, was sie wirklich klar hören konnte, die Kanonenschüsse. Das Grollen des Himmels, die Schreie der Insel. Es war zu laut, viel zu laut als das sie so wirklich eine Chance hätte auf diesem Weg etwas herauszufiltern.

Nami fluchte, drückte sich wieder hoch. Hoffnungslos. Sie wischte sich über die Augen, schloss diese angestrengt und atmete durch. Sie musste sich sammeln, musste sich Fokussieren. Und so raffte sie sich langsam auf, rutschte von den Trümmern hinunter, bis sie wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte. Den Schmerz in ihrem Körper ignorierte sie, hielt sich das Handgelenk und versuchte den Schmerz weg zu massieren. Es war keine Option das alles auf sich beruhen zu lassen. Ein Blick gen Stadt sagte ihr, das sich die Lage zuspitzte, dass dort am Hafen ein Kampf ausgebrochen war den sie so noch nie erlebt hatte. Etwas das diese Insel nicht kannte und vermutlich auch nicht überstehen würde. Der Schaden war bereits jetzt enorm. Es war keine Situation in der man verweilen sollte, doch einfach gehen? Und wohin? Selbst wenn Nami sich dazu entscheiden würde auf die andere Seite der Insel zu fliehen, würde ihr das wirklich helfen? Wäre es nicht nur ein erkaufen von Zeit und ein herauszögern dessen was unausweichlich war? Was blieb einem in diesem Szenario noch für eine Chance?

Hilflos. Machtlos. Ziellos. Was sollte sie tun? Die Frage ging ihr immer und immer wieder durch den Kopf, Nami konnte die wachsende Verzweiflung spüren. Sie konnte, musste hier weiter nach Hinweisen suchen, doch wenn sie nichts finden würde, dann konnte sie nicht hier bleiben. Sie musste hier weg und das Zeitfenster wurde immer kleiner. Es schrumpfte erschreckend schnell und Nami hatte das Gefühl, als würde man ihr immer mehr die Luft zum atmen nehmen. Sie saß in der Falle. Sie alle taten das. Und neben Aisa gab es da eben auch noch andere Menschen. Menschen, die ihr nicht egal waren. Ja, sie dachte an Sanji, sogar an Zorro. Vor allem aber dachte sie an Robin. Doch sie zu finden? Das schien in diesem Chaos völlig unmöglich zu sein. Denn was wusste sie schon? Sie wusste, dass Robin in ihrer Wohnung gewesen war, bevor sie zurück nach Hause gekommen war. Doch was dann? Wohin war sie gegangen, mit welchem Ziel? Man musste sich nichts vormachen, sie würde Robin nicht finden. Und wenn Aisa noch lebte, dann würde sie auch diese nicht finden.

Schwer atmend, schluchzend sackte Nami auf den Boden, der Blick wurde von der brennenden Stadt festgehalten. Sie konnte ihn einfach nicht abwenden. Explosionen. Flammen die gen Himmel schlugen. Häuser die zusammenbrachen und den Blick auf den Hafen immer weiter freigaben. Den Hafen, die Marineschiffe. Marineschiffe, die die Insel angriffen. Gleichzeitig aber konnte man auch erkennen, dass die Schiffe selbst angegriffen wurden. Dunkelheit. Explosionen. Ein Dämon. Anders konnte Nami das, was sie dort sah nicht beschreiben. Eine dunkle Gestalt, die sich da über einem der Schiffe erhob und eine Hand nach einem der anderen ausstreckte. Als sei es nur ein kleines Spielzeug wurde das Schiff einfach zerdrückt und im Meer versenkt. Es lief Nami eiskalt den Rücken hinunter auch, wenn sie nicht genau sagen konnte warum. Etwas daran fühlte sich merkwürdig an. Doch jedes Schiff das sank war etwas gutes, oder nicht? Doch das war es nicht, was Nami’s Blick gefangen hielt. Sie starrte diesen Dämon an. Die Schiffe griffen ihn an, doch er löste sich einfach auf. Weg. Nur eine Einbildung? Nein. Aus der Dunkelheit schob sich eine Hand, um ein weiteres Schiff anzugreifen und gegen ein anderes zu schlagen. Nami starrte gebannt auf das Schauspiel, welches so unwirklich wirkte, so-

„Nami!“ Sie wurde am Arm gepackt und hoch gerissen. Nami stolperte und prallte gegen Zorro, der sie grimmig ansah. „Siehst du nicht was da los ist?! Was machst du hier?!“ Fuhr er sie an. Sein griff war fest, seine Miene angespannt, während Nami von der ganzen Situation doch etwas überfordert war und nicht recht wusste wie sie damit umgehen sollte. Wo kam er auf einmal her?

„Scheiße.. man kann dich nicht alleine lassen. Was hockst du einfach hier rum?“ Mit Zorro hatte sie nie über das Kinderheim, nie über Aisa gesprochen. Er hätte das ohnehin nie verstanden und sie hatte das immer von ihm fern halten wollen. Vermutlich wusste er nicht einmal was für ein Gebäude sich früher hier befunden hatte. Das war auch besser so.

Nami antwortete ihm nicht. Sie wandte den Blick ab und sah wieder zu den Trümmern. Aber wie sollte sie ihm das erklären? Das konnte sie nicht. Nicht so einfach und für ein langes, klärendes Gespräch hatte man gerade wirklich nicht die Zeit.

„Reis dich zusammen!“ Nami spürte einen brennenden Schmerz auf ihrer Wange. Ihr Blick richtete sich wieder auf Zorro, der ihr eine Ohrfeige gegeben hatte. Nicht das erste Mal. Vielleicht aber das erste Mal nicht, um seine Wut an ihr auszulassen. „Die werden die Insel vernichten, niemand wird hier wegkommen, verstehst du das?! Und die werden sicher niemanden verschonen. Die wollen uns alle umbringen!“ Nami hielt sich die Wange, während Zorro sie weiter anschrie. Nur langsam fanden ihre Gedanken wieder in das Hier und Jetzt zurück, als eine weitere Explosion sie auf den Boden schleuderte. Die Kanonenkugel musste ganz in der Nähe gewesen sein, die Druckwelle war heftig. Nami spürte etwas schweres auf sich, Zorro lag über ihr. Er drückte sich hoch, Nami sah die Steine, die von ihm herunterrutschten, als er sich bewegte. So schnell wie Nami auf den Boden geschleudert worden war wurde sie nun wieder auf die Beine gezogen. Sie kam kaum dazu die unterschiedlichen Zustände aufzunehmen. Es war als hätte man sie in ein Boot ohne Ruder gesetzt und sie wäre der Gnade des Ozeans ausgeliefert, während sie in einem Sturm hilflos umhertrieb.

„Du musst hier weg, sofort!“ Fuhr er sie wieder an. Er griff nach ihrer Hand, drückte etwas zwischen ihre glitschigen Finger und presste diese wieder zusammen. „Sieh mich an!“ Noch immer hielt er ihre Hand, griff mit der anderen grob nach ihrem Kinn und zwang sie den Blick zu heben.

„Erinnerst du dich an das Schmugglerlager das wir gefunden haben? Du gehst dorthin. Die Felsen werden dich schützen. Dort wird dich niemand finden. Schließ dich ein und komm erst wieder raus, wenn es vorbei ist. Hast du verstanden?!“ Nami starrte ihn einfach an. Die Worte sackten nur langsam zu ihr durch, als die nächste Erschütterung sie wieder ins wanken brachte. Sie stolperte, klammerte sich an Zorro, öffnete den Mund. Sie wollte etwas sagen, irgendwas, doch kein Wort drang über ihre Lippen.

„Verdammt, geh jetzt!“ Er richtete sie wieder auf, dann schob er sie zurück.

„Lauf!“

Nami stolperte zurück, während Zorro sich abwandte. Sie sah, wie er seine Schwerter zog und losrannte, ausholte. Ein Schlag und er schaffte es die nächste Kanonenkugel zu spalten, so dass sie ihr Ziel verfehlte und in Abständen zu ihnen einschlug. Ab dann übernahm Nami’s Körper die Kontrolle. Sie wandte sich ab. Sah nicht mehr zurück. Sie rannte einfach. Rannte um ihr leben, während sie die Finger krampfhaft um den Schlüssel geschlossen hielt, den Zorro ihr in die Hand gedrückt hatte.

***

„Die werde ihre Leute auf die Insel schicken, wir müssen sie finden und auf sie aufpassen. Wo hast du sie hingeschickt!?“

„Die werden ihre Leute nicht in einen Kanonenhagel schicken, es ist einfacher für die so weiter zu machen, reg dich ab!“

„Da legen gerade die ersten Schiffe an, siehst du das nicht?! Die haben sicher genug Leute, die sich schützen können!“ Als Sanji das Waisenhaus erreicht hatte, nachdem er sich mit mehr oder weniger großen Problemen durch die Stadt gekämpft hatte, hatte er nicht wie erwartet Nami vorgefunden. Er war sich sicher gewesen, dass sie hier sein würde, doch stattdessen war es Zorro gewesen, der da auf einem Stein gehockt hatte und in Richtung der Stadt starret. Auch er war verletzt, doch ob das der Grund war, warum er hier so teilnahmslos hockte oder es einen anderen Grund gab war schwer zu sagen. Seit Sanji gekommen war hatte er sich nicht gerührt, hatte ihm nur gesagt, dass Nami in Sicherheit war, das er sie weggeschickt hatte. Das gute an dieser Aussage war, dass es ihm sagte, dass Nami noch lebte. Eine erste Erleichterung, doch gefunden hatte er sie damit noch lange nicht und das es auf dieser Insel wirklich einen sicheren Ort gab, das wagte er dann doch zu bezweifeln.

„Sag was! Sitzt nicht nur da! Vielleicht hast du dein Leben aufgegeben, der Rest von uns nicht!“ Nein. Sie kämpften. Vielleicht einen Kampf der schon längst verloren war, doch da unten gab es Piraten, die mächtigen Kapitäne, die sich gegen den Angriff stellten. Robin kämpfte. Und es waren bereits einige Schiffe aus dem Spiel genommen worden. Das ganze war nicht hoffnungslos, nicht wenn sie zusammenarbeiten würden.

„Tz..“ Zorro schloss kurz sein Auge, dann raffte er sich auf. „Und das von jemandem der offensichtlich Angst hat. Ich muss mir vor jemandem wie dir nicht sagen lassen was ich zu tun haben.“

„Angst?! Ich habe keine Angst! Ich versuche nur die Menschen zu schützen die mir wichtig sind also-“

„Was spielt das für eine Rolle?“ Zorro war neben ihm zum stehen gekommen und blickte ihn ausdruckslos an. „Du hast Angst um diese Menschen, obwohl ich dir gesagt habe, dass sie in Sicherheit ist. Für uns spielt das dennoch keine Rolle. Du willst kämpfen? Dann kämpf. Verbring die letzten Stunden dieser Nacht wie du willst. Morgen früh sind wir vermutlich eh alle tot.“ Zorro sprach die Worte mit einer deutlichen Bestimmtheit aber weder in seinen Augen, noch seiner Haltung waren Angst oder Zweifel zu erkennen. Es war eine nüchterne Feststellung. Und Sanji konnte nicht einmal sagen, dass dieser Gedanke besonders abwegig wäre. Da befanden sich etliche Marineschiffe vor der Insel und feuerten ab was sie hatten. Kapitäne, vielleicht auch Admiräle? Wenn der große Angriff vorbei war und sie das meiste in Schutt und Asche gelegt hätten, dann könnten sie die Insel einfach überrennen. Ja, vielleicht hatten sie alle gegen diese geballte Macht keine Chance. Vielleicht würden sie alle sterben aber war das dennoch ein Grund zu resignieren und die Hoffnung zu begraben?

„Ich kapier deine Gleichgültigkeit nicht“, knurrte Sanji. Nein, er verstand diesen Kerl einfach nicht. Noch weniger verstand er, warum ausgerechnet er bei Nami gewesen war und warum ausgerechnet er ein sicheres Versteck kennen sollte. So wie er ihn kannte würde es da doch eher zu Zorro passen, dass er sich selbst mit Alkohol dort verkrochen und die ganze Schlacht verschlafen hätte, sollte es so einen Ort wirklich geben. Stattdessen hockte er hier, an einem Ort der Nami wichtig war, und starrte auf die Stadt? Nein, Sanji konnte sich keinen Reim darauf machen was mit diesem Kerl nicht stimmte oder, was ihm durch den Kopf ging.

„Das alles muss dich nicht kümmern. Nami ist sicher also kümmere dich lieber um dich selbst.“

„Warum sollte ich dir vertrauen? Woher soll ich wissen, dass sie wirklich sicher ist?“ Ausgerechnet Zorro wollte sich nun um sie gekümmert haben? Nein, das konnte sich Sanji nicht vorstellen. Sicher hätte es eher zu ihm gepasst ihr die Schuld daran zu geben, sie zu zwingen etwas zu machen. Doch ganz sicher nicht sie an einen sicheren Ort zu schicken. Wann hatte er sich schon das letzte Mal um sie gesorgt?

„Ich hab ihr versprochen, dass es nie wieder geschehen wird, dass sie sie nie wieder in die Finger bekommen werden“, murmelte Zorro nur, sah Sanji aber nicht an. Er fixierte mit seinem Blick etwas anderes, während er langsam nach seinem Schwert griff.

„Scheiße, was redest du?! Hast du was auf den Kopf bekommen?!“ Das Blut in seinem Nacken sprach sicherlich dafür, dass er eine Wunde am Hinterkopf hatte. Doch die konnte ihn wohl kaum derartig verwirrt haben. Sanji fragte sich was er nun machen sollte. Zorro uns sein Geschwafel waren durchaus nicht das Problem dieser Sache. Es lag viel mehr darin, dass er nicht wusste, ob er seinen Worten bezüglich Nami vertrauen sollte oder nicht. Ganz zu schweigen davon, dass er mit Robin einen anderen Plan vereinbart hatte und der ihnen nichts brachte, solange sie Nami nicht von dieser Insel herunterbringen konnten.

„Wir haben ein Boot, wir können von dieser Insel herunter und sie wegbringen.. sag mir einfach wo sie ist!“ Er musste doch einfach einsehen, dass das der beste Weg war. Das sie es einfach so machen MUSSTEN. Nami musste von der Insel herunter, eine andere Chance gab es einfach nicht. Sicher, der Weg über das Meer war nicht weniger gefährlich, doch wenn man bedachte, dass die ganze Insel unter Beschuss stand, war das wohl das kleinere Übel. Zumindest aus seiner Sicht. Nur sah Zorro das offenkundig anders. Er reagierte nicht mehr auf das, was Sanji gesagt hatte sondern setzte sich langsam in Bewegung. Warum musste er eigentlich immer nur Probleme machen?

„Deine beschissene Ignoranz wird sie umbringen!“ Ganz sicher würde es so kommen. Sanji hatte ihm hier einen Ausweg gezeigt. Wenn er wirklich wollen würde, dass es ihr gut ging, das man sie in Sicherheit brachte, dann wäre jetzt der Moment etwas zu sagen, zu handeln. Doch warum hatte er geglaubt, dass er vielleicht wirklich an ihrem Wohl interessiert sein könnte? Zorro benahm sich wie immer und war sicherlich nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Darauf seine eigenen, verqueren Gedanken durchzusetzen. Nichts weiter war das.

Und Sanji haderte mit sich. Wie sollte er damit umgehen? Blind vertrauen? Sich mit ihm anlegen? Nami auf eigene Faust suchen? Sicherlich könnte sie inzwischen überall sein. Vielleicht waren es nur wenige Minuten, um die er sie verpasst hatte. Wenn er sich beeilen würde, dann könnte er sie in der näheren Umgebung vielleicht noch finden. Doch genau das wusste Sanji eben nicht. Und hatte er wirklich die Zeit, um jetzt eine falsche Entscheidung zu treffen?

„Hör auf zu schwafeln! Mach dich lieber nützlich, da unten wartet einiges an Arbeit auf uns.“ Arbeit? Sah er das wirklich so? Das war keine Arbeit, das war ein Selbstmordkommando. Er konnte doch nicht wirklich der Auffassung sein, dass das eine gute Idee war. Waren denn jetzt alle verrückt geworden?!

„Moosbirne! Wo zum Teufel willst du hin!?“

„Eine Rechnung begleichen!“
 

Gebrochene Seelen


 

Einige Jahre zuvor

„Schhh.. ganz ruhig. Ich bin da.. wir kriegen das wieder hin.“ Nami sprach leise auf ihn ein. Das Licht machte ihr ihre Arbeit nicht einfach, ganz zu schweigen von den erbärmlichen Hilfsmitteln, die sie bekommen hatte. Sie sollte ihn am Leben erhalten. Nicht mehr und nicht weniger. Dennoch musste sie es versuchen. Trotz ihrer Hände die so sehr zitterten, dass sie sie kaum kontrollieren konnte. Trotz der aufkommenden Tränen, die ihre Sicht immer mehr verschwimmen ließen.

Zorro gab einen schmerzlichen Laut von sich, er litt. Er hatte viel Blut verloren und Nami wusste durchaus nicht, wie sie das schaffen sollte. Vergeblich versuchte sie mit einem Lappen und dem wenigen Wasser das sie bekommen hatte seine Wunden zu reinigen. Doch wenn sie das nicht schaffte, dann würde sie es auch nicht schaffen die Wunden ordentlich zu vernähen. Etwas das sie aber tun musste, um die Blutungen zu stoppen. Gerade versuchte sie sich an der Wunde in seinem Gesicht. Der Schnitt ging über sein linkes Auge. Nami wusste nicht wie schlimm es war aber sie war sich fast sicher, dass sein Auge beträchtigten Schaden genommen hatte. Selbst, wenn sie medizinische Hilfe bekommen würde, wäre da wohl nichts zu retten.

„Du muss still halten. Hey.. ganz ruhig..“ Versuchte sie weiter ruhig auf ihn einzureden. Das war nicht leicht. Nami war sich nicht sicher, ob er sie wahrnehmen konnte, doch er versuchte sich zu bewegen. Seine Hände waren mit Handschellen über seinem Kopf fixiert worden. Als sei er wirklich in der Lage sich zu bewegen oder, als könne Nami ihn so einfach hier herausbringen. Konnte sie nicht. Sie wusste nicht, wie sie sie beide hier wieder herausbekommen sollte. Doch das war ohnehin zweitrangig. Sie musste versuchen seine Wunden zu nähen. Man hatte ihr eine Nadel und auch Faden gegeben. Nach etlichen versuchen hatte Nami es auch geschafft den Faden durch die Öse an der Nadel zu ziehen und konnte nun versuchen die ersten Stiche zu setzen. Eine gebogene Nadel würde ihr diese Arbeit sicher erleichtern aber das wäre vermutlich zu viel des guten gewesen.

Nami mühte sich ab, versuchte die zitternden Finger weiter so ruhig wie möglich zu halten. Dennoch würde jeder Stich eine gefühlte Ewigkeit dauern. Besonders am Augenlid wusste Nami nicht was sie tun sollte aber das wichtigste war wohl die Wunde irgendwie zu schließen. Sicher würde er eine ziemliche Narbe davontragen, weil die Sicher sicher nicht eng genug gesetzt waren.

Nachdem sie es endlich geschafft hatte, würde sie noch einmal den Lappen nehmen und ihm über das Gesicht wischen, bevor sie sich seinen anderen Wunden zuwenden würde. Und davon gab es sicherlich einige. Zu viele. Wie viel Blut mochte er verloren haben? Nami biss die Kiefer zusammen. Noch immer hatte sie das Bild vor Augen, wie sie ihn einfach überrannt hatten. Bisher hatte Nami immer geglaubt, dass sie auf einem guten Weg waren. Zorro trainierte hart für seinen Traum und er war stark geworden. Seit sie ihn kannte hatte er gewaltige Fortschritte gemacht und konnte sich hier auf der Grand Line inzwischen mit den besten Messen. Es war nicht immer leicht gewesen, Zorro hatte zahlreiche, harte Kämpfe hinter sich. Schon oft hatte sie seine Wunden versorgen müssen, doch am Ende hatte er es immer geschafft. Diesmal jedoch hatte es so gewirkt, als hätte er nicht den Hauch einer Chance gehabt. Sie hatte ihn einfach auseinander genommen als sei es nichts.

„Du solltest dafür sorgen, dass er etwas trinkt.“ Die ruhige Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Nami hatte die Schritte nicht bemerkt, die sich ihnen genähert hatten. Letztlich hatte sie aber auch andere Probleme. Sie würde in ihren Bewegungen inne halten und in Zorro’s Schmerzverzerrtes Gesicht blicken.

„Was kümmert dich das? Du hast bekommen, was du wolltest“; wandte sie nur kühl ein. Langsam richtete Nami sich auf und wandte den Blick zu der anderen. Im Rumpf des Schiffes war es dunkel, die wenigen Lampen brachten ihnen kaum nicht. Dennoch konnte sie ihre Züge erkennen, selbst dort hinter den Gitterstäben, die sie voneinander trennten. 


„Du irrst dich. Ich wollte nie, dass es so weit kommt.“

„Bullshit. Du hast uns ins offene Messer laufen lassen. Das alles ist deine Schuld. Du hast ihn von Anfang an nur als Mittel zum Zweck gesehen und er hat dir vertraut.“ Sie konnte sagen was sie wollte, für Nami war die Sache klar. Was auch immer Zorro für einen Zweck für sie gehabt hatte, solange er diesem diente war alles in Ordnung. Jetzt schien das wohl nicht mehr zu sein und sie hatte sie einfach ausgeliefert. Er hatte keine Chance gehabt und dieses Miststück hatte einfach nur zugesehen.

„Du kannst froh sein, dass diese Gitter zwischen uns sind“; knurrte Nami weiter. Und, dass man ihr ihre Waffe abgenommen hatte. Natürlich war sie keine Kämpferin und gegen ein Schwert hatte sie keine Chance, doch das war ihr egal. Sie würde die Frau mit bloßen Händen auseinander nehmen, wenn es sein müsste. Nami hatte von Anfang an ein beschissenes Gefühl bei der ganzen Sache gehabt und sie hatte Recht gehabt! Eine Erkenntnis, die ihnen nun auch nicht helfen würde.

„Auf dich mag es anders wirken, doch er ist mir nicht egal.“

„Verarsch mich nicht Tashigi. Würde er dir etwas bedeuten hättest du ihn gewarnt! Du hättest ihn nicht belogen! Ist das deine Masche? Piraten auf deine Seite ziehen, sie ausnutzen, bis du sie nicht mehr brauchst und dann deinen Freunden von der Marine ausliefern?! Du bist eine falsche Schlange, nichts weiter.“ Für einen Moment wirkte es so, als würden ihre Worte die andere treffen, sie verletzen. Doch das war Nami herzlich egal. Denn es war die Wahrheit. Sie hatte Zorro glauben lassen, dass sie nicht mehr zur Marine gehörte, dass sie dem ganzen Mist den Rücken gekehrt hätte. Stattdessen steckte sie noch mitten drin, trug beschissene Kapitänssterne auf ihren Schultern. Schlimmer noch. Sie hatte nicht nur dabei zugesehen, wie diese Kerle Zorro angriffen nein, sie hatte einen maßgeblichen Teil selbst dazu beigetragen. Sie war Schuld, dass er auf einem Auge blind war.

„Sieh zu, dass er nicht verblutet und etwas trinkt“; bekräftigte Tashigi nur noch einmal und warf einen ledernen Beutel in die Zelle. Vermutlich war darin Wasser oder eine andere Flüssigkeit. Dann wandte sie sich ab und würde wieder gehen. Nami blickte ihr nach, lauschte auf die Schritte, bis sie hörte, wie eine Tür ins Schloss fiel. Erst jetzt atmete sie tief durch und würde wieder zu Zorro hinunter sehen, der sich nicht weiter rührte. 


„Dein Frauengeschmack war schon immer beschissen“, murmelte sie leise und raffte sich dann auf. Langsam schleppte sie sich durch die kleine Zelle bis zu dem Beutel, den sie aufnehmen und dann zurück zu ihm gehen würde. Sie roch an der Flüssigkeit. Schien Wasser zu sein, gut. Ob sie ihm das zu trinken geben würde? Fraglich. Nami würde diesem Miststück inzwischen alles zutrauen und sicherlich auch, dass sie sie hier unten vergiften würde. Welchen Zweck das haben sollte? Unklar. Aber Nami war auch noch nicht dahinter gekommen, warum es ihr so wichtig gewesen war Zorro einzusperren. Ja, er war nicht unbekannt und hatte inzwischen ein hohes Kopfgeld. Doch alleine das? Nein. Das konnte sie sich nicht vorstellen. Auf der anderen Seite waren die genauen Gründe vielleicht auch egal, denn am Ende zählte nur, dass man Zorro schwer verletzt und sie beide gefangengenommen hatte. Man würde ihnen den Prozess machen, sie wegsperren, wenn sie keinen Weg hier heraus fanden. Im besten Fall würde man sie für einige Jahre einsperren. Im schlimmsten Fall hinrichten. Beides war für Nami keine Option. Umso wichtiger war es, dass sie einen Weg fand, damit sie hier wieder heraus kamen.

****

„Wie weit ist es noch?“ Fragte Nami leise und blickte auf den Rücken des anderen Mannes, der vor ihnen lief. Sie selbst lief langsam neben Zorro, den sie versuchte irgendwie zu stützen. Jeder Schritt fiel ihm schwer und das war deutlich zu spüren. Sie hatte Angst, dass er zusammenbrechen würde ehe sie da waren. Wie sollte sie ihn dann weiter hier weg bekommen? Gleichzeitig lief ihnen die Zeit davon und es bestand die Gefahr, dass man sie verfolgen würde, sobald auffiel, dass sie nicht mehr in ihren Zellen waren. In diesem Fall hätten sie keine Chance.

„Sind gleich da, lauft lieber weiter“; brummte der Kerl vor ihnen. Groß gewachsen, breite Schultern. Ein Kerl gegen den man nicht zwingend kämpfen wollte und doch auch einer, der Zorro mit Leichtigkeit stützen könnte. Das er ihnen allerdings nur den Weg weisen und sie ansonsten nicht unterstützen würde hatte er gleich klar gemacht. Entweder sie könnten alleine laufen oder das Unterfangen war gescheitert. Als Nami ihm gesagt hatte, dass sie es in dieser Nacht tun wollte hatte er sie nur zweifelnd angesehen. Ihr war selbst klar, dass es sich bei all dem nicht um die beste Idee gehandelt hatte, doch das ganze noch weiter herauszögern war ihr ebenfalls als eher schlecht erschienen. Sie baute selbst ab, bekam zu wenig Nahrung, um fit zu bleiben. Ganz zu schweigen von ihren eigenen Verletzungen, die sie sich im laufe der letzten Wochen zugezogen hatte. Nein, sie hatte einfach nicht darauf warten können, dass Zorro wieder auf die Beine kam. Zumal mit jedem Tag die Wahrscheinlichkeit gewachsen war, dass man einen von ihnen wegbrachte oder sie weiter voneinander trennen würde. Dann wären ihre Chancen ebenfalls auf null gesunken. Es musste einfach jetzt sein. Und sie würden es schaffen, sie mussten einfach.

„Komm schon.. hast du gehört? Nur noch ein bisschen“, flüsterte sie Zorro zu. Er stützte sich mit einer Hand an der kühlen Oberfläche des Tunnels ab. Dies half ihm jedoch nur das Gleichgewicht zu halten und nicht aufrecht zu bleiben oder Last von Nami zu nehmen, die neben ihm lief und ihre ganze Kraft einbringen musste, um seinen Körper aufrecht zu halten.

Man konnte kaum etwas sehen, nur eine kleine Laterne wies ihnen den Weg durch den Tunnel. Ein Weg der angeblich schon lange nicht mehr genutzt wurde und noch aus den Anfängen dieser Anlage stammte. Man hatte sie nicht nach Impel Down gebracht. Etwas das man vielleicht als ihr Glück bezeichnen könnte, doch am Ende waren sie einfach keine so großen Fische. Nami sicherlich nicht und Zorro? Der war auf einem guten Weg gewesen. Seine Stärke war unbestreitbar und er hätte zu einer großen Gefahr werden können, doch das hatte Tashigi verhindert indem sie ihn vorzeitig zu Grunde gerichtet hatte. Das einzig positive an dieser Sache war daher wohl, dass man sie auf einer Gefängnisinsel untergebracht hatte deren Sicherheitsbestimmungen durchaus umgehabt waren. Das bedeutete nicht, dass es weniger hart oder besser zugegangen war. Die Marine brüstete sich gerne damit, dass sie den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt bewahrten. Das sie die Menschen schützen. Es mochte auch gewiss so sein, dass man von diesem Anspruch sprechen könnte, doch Nami würde nicht im Traum daran denken jemanden dieser Leute als Gutmensch oder Heiligen zu bezeichnen. Viel mehr war es so, dass sie ihre Ansichten von Gerechtigkeit und Recht durchsetzen. In einem Denken aus Schwarz und Weiß, richtig und falsch. Es gab keine Graustufen und einmal in Gefangenschaft wurden sie alle gleich behandelt. Es spielte keine Rolle, ob man hunderte Menschen den Tod gebracht hatte oder, ob man einfach ein Dieb war. Ihnen war keine gute Behandlung zuteil geworden, man hatte sich mehr schlecht als recht um Zorro’s Verletzungen gekümmert und Nami hatte als Frau ohnehin unter ganz eigenen Regeln ihre Strafe absitzen sollen.

Zorro stolperte, sie kamen aus dem tritt und Nami schaffte es nicht den schweren Körper ihres Freundes zu halten, so dass sie beide ungebremst auf den Boden fielen. Fluchend raffte sie sich auf, atmete schwer. Sie war am Ende ihrer Kräfte, wusste nicht weiter. Doch zurück? Nein. Nein, das war keine Option. Sie mussten hier weg, sonst würde dieser Ort sie endgültig zu Grunde richten. Dann würden sie nie wieder hier wegkommen.

„Zorro.. du musst aufstehen.. bitte..“ Drang es leise über ihre Lippen, während sie sich aufrichtete und versuchte sich seinen Arm wieder über die Schultern zu legen. Doch alleine war es eine unlösbare Aufgabe ihn wieder auf die Beine zu bekommen. Er müsste ihr helfen.

„Lass ihn liegen.“ Nami hob den Blick und sah dem Kerl entgegen, der sich umgewandt hatte und sie ausdruckslos ansah.
„Mit dem kommst du ohnehin nicht weit. Rette dich selbst, sonst geht ihr beide drauf.“

„Ich gehe nicht ohne ihn hier weg..“ Das war keine Option. Nami wusste selbst nicht, wie sie das schaffen sollte. Doch sie waren ein Team. Sie hatten sich vor so vielen Jahren dazu entschieden das alles gemeinsam durchzuziehen und das hatten sie auch getan. Zorro hatte sich nicht von Arlong einschüchtern lassen, er hatte Nami nicht im stich gelassen, obwohl es so oft so viel einfacher für ihn gewesen wäre, wäre er einfach gegangen. Das letzte, was Nami jetzt also tun würde, wäre ihn im Stich zu lassen.

Der andere schnaufte und wandte sich wieder um, um seinen Weg fortzusetzen.

„Dann bewegt euch, wir haben nicht ewig Zeit.“ Zumindest darin war man sich einig. Auch Nami war bewusst, dass die Dunkelheit ihr einziger Schutz da draußen sein würde und sie diese brauchen würden, wenn sie entkommen wollten. Und je länger sie nun brauchen würden, umso weniger Zeit würde ihnen bleiben, um sich weit genug von der Insel zu entfernen.

„Zorro..“ Sie senkte den Blick wieder zu ihrem Freund, der leise brummte. „Auf drei.. eins.. zwei.. drei..“ Nami stemmte sich hoch, drückte sich mit ganzer Kraft gegen ihn. Zuerst glaubte sie, dass es nichts brachte, doch dann bewegten sie sich langsam aufrecht, wieder in eine stehende Position. In diesem Moment dankte sie, wem auch immer, dafür das sie noch nicht am Ende waren. Das sie weiter dem schwachen Lichtschein folgen konnten, der sich da vor ihnen durch den Tunnel schob.

Es fühlte sich alles wie eine Unendlichkeit an. Mit jedem Schritt wurden ihre Beine schwerer, der Schmerz zog sich Stück für Stück weiter durch ihren Körper. Sie würden es nicht schaffen. Wie sollte sie das? Wie sollte sie es schaffen sie beide mit dieser wenigen Kraft, die sie noch hatte, hier herausbringen. Ja, sie war verzweifelt, sie hatte Angst. Am liebsten würde sie an Ort und Stelle zusammenbrechen und sich all diesen Schmerz aus der Seele schreien. Weinen. Doch das einzige was sie tat war einen Schritt vor den andere zu setzen. Als würde ihr Körper einfach nur ein Programm abrufen auf das sie ohnehin keinen Einfluss mehr hatte.

Ihre Füße trugen sie einfach weiter, bis sich irgendwann doch etwas an den Lichtverhältnissen veränderte. Wurde es da heller? Ja. Sie schleppten sich weiter, bis sie die erste Brise auf der Haut spüren konnte. Rauschen in den Ohren, der Geruch des Meeres. Erleichterung machte sich breit, als sie endlich aus dem Tunnel heraustraten und auf das Meer blicken konnten, welches lediglich durch das Licht des Mondes erhellt wurde. Sie blieb stehen und atmete tief durch, füllte ihre Lungen mit der frischen Luft, die ihr hier entgegen wehrte. Freiheit. 


„Das ist es..“, brummte der Kerl und deutete auf das kleine Boot, welches dort am Steg befestigt war. Nami betrachtete die kleine Nussschale von der ihr Leben abhängen würde. Verdammte scheiße! Wenn sie könnte würde sie das Arschloch umbringen aber..

„Danke“, wandte sie nur leise ein und würde sich langsam mit Zorro weiterbewegen. Nun, wo er sich nicht mehr abstützen konnte musste sie darauf achten, dass er nicht das Gleichgewicht verlieren und ins Wasser fallen würde. Das war das letzte, was sie in diesem Moment gebrauchen konnte. Glücklicherweise würde sie es bis zum Boot schaffen und müsste ihm dann nur noch helfen dort hinein zu kommen. Langsam in die Knie und..

„Fuck!“ Nami fluchte und Zorro gab einen schmerzlichen Laut von sich. Sie hatten das Gleichgewicht verloren und er war abgerutscht, so dass er in das Boot hineingefallen war und dort nun ausgestreckt lag. Nein, das war nicht gut aber wenigstens war er nun da drinnen und sie konnte ihn hier wegbringen. Sie müsste nur noch das schaffen und dann könnten sie sich beide endlich ausruhen und wieder auf die Beine kommen.

„He..“ Sie wandte den Blick ab, ließ ihn von Zorro zu dem Kerl schweifen, der da stand, die Hände in den Hosentaschen und selbstgefällig zu ihr hinunter blickte. „Wir hatten einen Deal“, setzte er nach als hätte sie das vergessen. Als hätte sie vergessen, dass er sie nicht aus reinster Nächstenliebe hierher gebracht hatte, damit sie verschwinden konnten. Ob er dabei seinen Job oder etwas anderes riskierte? Nami bezweifelte es und wenn, dann wäre es ihm vermutlich auch egal.

Ohne auf seine Worte einzugehen sah sie dann wieder hinunter zu Zorro, der zu ihr hinaufblickte. Es lag eine Frage darin, doch sie schüttelte nur kaum merklich den Kopf.

„Ich bin gleich wieder da.“ Mehr musste er nicht wissen. Nami würde sich erheben und dann langsam zu dem Kerl herübergehen, der sofort den Arm ausstrecken und sie an sich heranziehen würde.

***

Sie atmete durch und hob die Taschen auf den Tisch. Es war ein langer, schwieriger Tag gewesen. Einer dieser Tage, der sie einfach ausgelaugt hatte und das einzige, was Nami in diesem Moment wollte war eine warme Dusche und ihr Bett. Doch entgegen ihrer Rückenschmerzen und all diesen Wünschen wusste sie, dass es wohl nicht so einfach werden würde. Es wäre zumindest nicht das erste Mal.

Nami würde das wichtigste wegräumen und den Rest dann auch stehen lassen. Sie hatte einfach keine Lust und das war gerade auch nicht wichtig. Wichtiger war, dass sie sich auf den Weg machte und dann auch dem Geruch von Alkohol und den beschwerlichen Lauten, die aus dem Schlafzimmer drangen. Auf dem Weg stieg sie über eine leere Flasche hinweg, die sie ignorierte, obwohl sie eine gewisse Wut in ihr schürte. Nami versuchte es hinunter zu schlucken, sie versuchte sich auf das wesentliche zu besinnen. Sie wollte nicht streiten. Sie war müde. Von all dem.

„Was soll das werden?“ Fragte sie also ruhig, als sie im Türrahmen stehen blieb und in das Schlafzimmer hineinblickte. Nur, um dort dann auch Zorro zu beobachten, der da zwischen Bett und Boden hing und dann versuchte nach einer Flasche zu greifen.

„I.. hab Durst..“ Brummte Zorro ein wenig verwaschen. Er war betrunken. Und das war sicherlich noch milde ausgedrückt. Seit er eigenständig gehen und sich bewegen konnte hatte Nami keine Kontrolle mehr über seinen Konsum. Sie hatte gehofft, dass es damit getan wäre, wenn seine Wunden heilen und er wieder gesund werden würde. Für Nami hatte festgestanden, dass alles wieder beim alten wäre, das sie einfach wieder da weiter machen könnten wo sie aufgehört hatten. Bevor all das aus dem Ruder gelaufen war. Das sie sich damit allerdings schwer irren sollte hatte sie schnell festgestellt. Zorro hatte kein Interesse daran gezeigt sich neue Schwerter zu besorgen oder daran zu trainieren. Auch, als Nami ihm eines gekauft hatte, hatte er sie nur missbilligend angesehen. Lieber war er durch die Bar’s gezogen, hatte sein Erspartes genommen und angefangen in einem ungesunden Maße Alkohol in jeder Form zu konsumieren. Sie versuchte ihn davon fern zu halten, doch am Ende musste sie arbeiten und wenn sie nicht zu Hause war? Dann hatte sie keine Kontrolle darüber was er machte und was nicht.

„Findest du nicht, dass du genug getrunken hast? Du solltest versuchen zu schlafen.“ Er konnte kaum gerade sitzen. Doch gegen jede Form der Vernunft schien er absolut resistent zu sein und tat all ihre Einwände einfach nur ab. Egal was sie sagte, es drang nichts mehr zu ihm durch und langsam wusste sie auch nicht weiter. Wo konnte sie noch ansetzen? Wie sollte sie ihn erreichen, wenn er ihr nicht einmal mehr zuhörte? Das waren die entscheidenden Fragen auf die Nami einfach keine Antworten hatte.

Zorro reagierte nicht auf ihre Worte. Er schaffte es endlich an die Flasche zu kommen, griff danach und würde sie sich gleich an die Lippen setzen. Er würde einfach trinken und erst wieder absetzen, als die Flasche leer war.

„Zorro“, mahnte Nami noch einmal. Er blickte sie an und warf die Flasche einfach auf den Boden. Nur, um sich anschließend noch einmal suchend umzusehen. Je nachdem wann er das letzte Mal draußen gewesen war würde er heute hoffentlich keine Flasche mehr finden.

Nami stieß sich ab und würde sich auf den Weg zu ihm machen. Sie ging um das Bett herum und würde ihm zuvorkommen, als er nach einer neuen Flasche griff.

„Es reicht“, bekräftigte sie das ganze dann auch mit ihren Worten und sah ernst zu ihm hinunter.

Langsam drehte Zorro den Kopf und sah sie an, wütend, kalt. Es war ein neuer Ausdruck, einer den sie durchaus so nie kennengelernt hatte. Doch seit sie zurück waren war vieles anders. Ja, sie wusste das es ein einschneidendes Erlebnis gewesen war. Eine Niederlage, die weit mehr als das gewesen war. Ein Verrat. Vielleicht die Zerstörung eines Traumes? Ja, vermutlich auch das.

„Gib mir die Flasche“, drang es leise, wie eine Drohung über seine Lippen. Eine Situation, die Nami eigentlich hatte vermeiden wollen. Immerhin wusste sie inzwischen wie leicht genau diese Situation ab diesem Punkt eskalieren konnte.

„Du hattest genug.“ Mehr als genug. Das Zorro das anders war deutlich und doch war Nami nicht geneigt sich von ihm einschüchtern zu lassen. Sie waren immerhin nicht miteinander befreundet, weil sie mit ihren Meinungen zurückgehalten hätten.

„Von so einer wie dir muss ich mir nichts sagen lassen. Gib mir die Flasche!“ Die Forderung wurde aggressiver, etwas lauter. Nami sah ihn dennoch ungerührt an. Er ging durch eine schwere Zeit, eine Lage in die er durch sein Vertrauen, durch seine Liebe gebracht worden war. Nami hatte sich dazu entschieden mit ihm gemeinsam dort hindurch zu gehen, ganz gleich was es für Konsequenzen mit sich bringen würde.

„So eine wie mir? Ich hab uns da herausgeholt, ich habe getan was nötig war.“ Und sie würde sich von ihm nichts anderes einreden lassen. Ihre Lage war denkbar schlecht gewesen, man hatte sie verurteilt. Hätte sie weggesperrt und, ob Zorro das überlebt hätte war durchaus fraglich gewesen. Nami hatte sich lediglich dazu entschieden nicht in einer dreckigen Zelle langsam zu verfaulen und zu sterben. Das mochte mit seinem Stolz nicht vereinbar sein, mit seiner Ehre oder was auch immer es war, das ihn so verbittert werden ließ. Doch Nami wollte Leben und das um jeden Preis.

„Ich wäre lieber gestorben. Die Beine für diese scheiß Soldaten breit machen wie eine dreckige..“ Nami schnitt ihm das Wort ab indem sie ausholte und ihm eine Ohrfeige verpasste. Gewalt war niemals ein Weg, sie wusste darum. Doch sie war überspannt, müde, seit Wochen - nein - Monaten stand sie unter einer ständigen Dauerbelastung. Sie hatte alles getan was sie konnte, um sie beide lebend aus diesem Gefängnis zu bekommen. Alles. Und wenn Zorro wirklich glaubte, dass sie das gerne machte oder, dass sie nicht unter den Ereignissen der vergangenen Monate litt, dann irrte er sich gewaltig. Er hatte keine Ahnung, was es sie gekostet hatte.

Es war ein Reflex gewesen. Etwas das sich sofort rächen sollte. Denn obgleich Zorro ziemlich angetrunken war schien ihn das nicht in seiner Geschwindigkeit zu beeinträchtigen. Noch ehe sie reagieren konnte hatte er seinerseits ausgeholt und ihr einen festen Schlag ins Gesicht versetzt. Es war als würde etwas in ihrem Gesicht explodieren. Der Schmerz war unerträglich und Nami verlor das Gleichgewicht. Fiel fluchend auf den Boden und hielt sich das Gesicht. Etwas warmes drang zwischen ihren Fingern hindurch, tropfte auf den Boden.

„Wag es nie wieder mir etwas vorzuschreiben..“ Zorro raffte sich auf, Nami konnte hören wie er sich durch den Raum bewegte, wie die schweren Schritte sich langsam von ihr entfernten. Langsam weiter weg, bis schließlich die Tür ins Schloss fiel und sie alleine zurückblieb.

Erst jetzt würde Nami sich erlauben die Spannung aus ihrem Körper entweichen zu lassen, als sie weinend auf dem Boden zusammensackte und es in diesem Moment nicht mehr schaffte ihren Schmerz und ihre Verzweiflung zu kontrollieren. Es wurde immer deutlicher wie viel sie beide wirklich bei diesem Vorfall verloren hatten und Nami wusste einfach nicht, wie sie das je wieder zurückbekommen sollte.
 

In der Falle


 

Bei jedem Atemzug brannten ihre Lungen. Nami rannte einfach, ihr Körper hatte die Kontrolle übernommen und es war reiner Überlebensinstinkt. Sie wollte leben, sie wollte hier nicht sterben. Noch schlimmer; sie wollte nicht wieder in Gefangenschaft landen. Das Thema hatte sie durch, sie hatte es erlebt und egal wie man es drehte oder wendete, sie wollte nie wieder in solch eine Lage kommen. Es riss alte Wunden auf, die auch sie versucht hatte zu verdrängen und sich nicht wieder daran zu erinnern. Dabei ging es vielleicht weniger darum, wie diese Gefangenschaft ablaufen könnte. Nami besaß zwar ein Kopfgeld doch in den letzten Jahren war es doch eher ruhig um sie geworden. Sie war nicht mehr zur See gefahren, hatte sich hier ein Leben aufgebaut und all ihr Vergehen betrafen lediglich Piraten und würde ihr kaum zur Last gelegt werden. Nein, das war es nicht worum es hierbei ging. Das Gefühl der Gefangenschaft war eines, das sie nicht würde ertragen können. Sie hatte viel für ihre persönliche Freiheit getan, zu viel vielleicht. Das konnte sie nicht einfach wieder verlieren.

Nami stolperte, geriet ins taumeln und schaffte es gerade noch sich daran zu hindern auf den Boden zu fallen, indem sie gegen einen Baum stolperte und schwer atmend daran stehen blieb. Mist. Für einen Moment schloss sie die Augen, versuchte das Grollen der Insel zu ignorieren und lieber ihre eigenen Gedanken wieder zu ordnen und zu sich zu finden. Sie durfte sich nicht von dieser Panik bestimmen und leiten lassen. Es war vergangen. Jetzt und hier gab es anderes das wichtiger war. Aisa. Robin. Zorro’s Auftauchen hatte sie völlig aus der Bahn geworfen und sie war seiner Anweisung einfach gefolgt ohne darüber nachzudenken was für Fragen sie sich zuvor gestellt hatte. Wichtige Fragen. Denn wenn sie nun in das Schmugglerlager gehen und sich dort verstecken würde, was würde das bedeuten? Sie würde die Suche nach Aisa abbrechen. Etwas das den sicheren Tod der Kleinen bedeuten würde, wenn sie es nicht schon längst war. Und Robin? Sie war noch auf der Insel. Oder war sie schon längst verschwunden, um diesem Kampf zu entgehen und sich in Sicherheit zu bringen? Würde man sie festnehmen, dann würde das vermutlich ganz andere Folgen für sie haben und ganz sicher wäre Impel Down dann noch ihr geringstes Problem. Aber wäre sie einfach so verschwunden? Könnte Nami es ihr vorwerfen, wenn sie es getan hätte? Und wenn sie Robin nicht fand und diese die Insel verlassen würde, würde sie dann nicht unweigerlich davon ausgehen, dass Nami das alles nicht überlebt hatte? Wie sollten sie einander je wiedersehen?

Gedanken die in diesem Moment vielleicht zu weit gingen und gleichzeitig schaffte sie es nicht sie zurückzuhalten. Nami hob den Blick, sah sich um. Sie war im Wald, die Lichtverhältnisse waren noch schlechter als zuvor, wenn das überhaupt möglich war. Sie müsste auf die andere Seite der Insel. Das Lager befand sich bei der Küste und sie musste Zorro in sofern zustimmen als das ein Rückzug in die Felsen in Anbetracht der Lage das sicherste war, was man tun konnte. Zumindest dann, wenn man keine Chance hatte die Insel zu verlassen. Das wiederum brachte sie aber zurück zu ihrer Frage. Wollte sie das tun? Wollte sie davonlaufen, sich verstecken, während andere kämpften und keinen sicheren Ort fanden? Nami war nie ein Mensch gewesen, der einfach davonlief und die Menschen die ihr wichtig waren zurückließ. Sie hatte immer gekämpft. Immer. Und jetzt? Lief sie einfach davon.

Der Schmerz in ihren Lungen ging langsam zurück, während sie weiter an dem Baum lehnte und versuchte sich zu ordnen. Der Blick ging hinunter auf ihre blutverschmierte Hand, welche sie langsam öffnete und auf den kleinen Schlüssel hinunter blickte. Kaum zu erkennen in der Dunkelheit und gleichzeitig wog er unendlich schwer in ihrer Hand. Nein, das konnte sie nicht machen.

„Verdammt..“ Nami fluchte leise und richtete sich etwas auf, so gut es ihr mit ihrem schmerzenden Körper möglich war und lehnte sich dann mit dem Rücken an den Baum. Ihr Atem wurde ruhiger und sie schien sich langsam zu entspannen. Es war ruhig. Hier zumindest auch, wenn das Grollen des Kampfes weiterhin zu hören war. Allerdings wurde sie nicht verfolgt, niemand war hinter ihr her. Sie war alleine. Grund genug sich die nötige Zeit zuzugestehen, die sie vielleicht brauchen würde, um eine Entscheidung zu treffen. Und da galt es sicher sich zu entscheiden; rational, vernünftig, mit dem Herzen? Egal welches Gefühl sie dabei leiten würde, es könnte durchaus schwerwiegende Konsequenzen haben. Dessen war Nami sich durchaus bewusst, obgleich sie wirklich versuchte das alles nicht zu weit zu denken.

Aisa. Robin. Aisa. Robin.

Das Waisenhaus war zerstört. Es gab keine Spuren, die von dem Gebäude wegführten. Keine Spuren denen sie folgen könnte, um Aisa zu finden, wenn diese es geschafft haben sollte zu fliehen. Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Egal was ihr Herz ihr sagte, Nami wusste, dass sie sie nicht finden würde. Sollten sie entkommen sein wäre es das beste sie hätten sich zurückgezogen, einen Ort gesucht an dem sie sich verstecken konnten. Ein Ort, an dem sie dieses Inferno überleben könnten. Vielleicht hielt Nami den Schlüssel zum einzig sicheren Ort in ihrer Hand, doch auch das wusste sie nicht. Sie hatten die Insel nie genauer abgesucht. Nami kannte die groben Wege, doch mehr auch nicht. Etwas das auch nicht sein musste, wenn man hier lebte und am Ende des Tages auch nicht ewig hier verweilen wollte. Vielleicht würden die Kinder also einen Ort kennen, sofern.. ja, sofern sie entkommen waren.

Langsam ging Nami in die Knie, sackte in sich zusammen und rieb sich müde mit der Hand über die Augen. Tränen schoben sich unnachgiebig zwischen ihren Fingern hindurch. Was wusste sie schon? Es war mitten in der Nacht oder früher morgen. Sie mussten geschlafen haben, so wie die meisten auf der Insel waren sie vermutlich von all dem überrascht worden. Konnte sie wirklich Hoffnung haben?

Und Robin, die wusste wie sie zu handeln hatte. Ihr Kopfgeld und das, was Nami über sie wusste sagten ihr zumindest, dass sie sich nicht einfach umbringen lassen würde. Sie war nicht leichtsinnig. Sie würde auf sich aufpassen.

Nami versuchte die Gedankenspiralen in ihrem Kopf festzuhalten, sie auszubremsen und dafür zu sorgen, dass sie ruhiger oder wenigstens langsamer wurden. Nichts davon würde ihr wirklich helfen. Und wenn sie an Zorro und seine Worte dachte? Ja, vielleicht hatte er recht. Vielleicht war es das einzige was sie wirklich tun konnte. Was sie tun sollte. Sich verstecken und warten, bis das alles vorbei war.

***

„Nami! Nami! Hörst du mich?!“ Sanji rannte über die Insel. Er hatte sich dagegen entschieden Zorro zu folgen und sich in diesen Kampf zu stürzen. Gemessen an dem, was da für Kräfte walteten musste er sich eingestehen, dass er da keine wirklich großen Sprünge reißen konnte. Sanji war durchaus in der Lage sich zu verteidigen und über die Jahre hatte auch er die ein oder anderen Techniken gelernt. Aber in erster Linie war er kein Pirat. Keiner der sich auf dem Meer durchschlagen musste. Das war in seinem Leben auch nie das Ziel gewesen. Das einzige, was Sanji immer gewollt hatte war zu kochen. Er war Koch aus Leidenschaft, weil es für ihn nichts schöneres gab als Menschen mit seinem Essen glücklich zu machen. Seine Kampfkraft würde da draußen vielleicht nicht den größten Unterschied machen. Doch er konnte einen Unterschied für Nami und ihr Leben machen. Dazu musste er sie nur finden. Das beste, was er tun konnte war, sie zu finden und zu diesem Boot zu schaffen, von dem Robin gesprochen hatte. Mit ihr oder nicht aber es würde zumindest Nami’s Möglichkeit sein diese ganze Sache zu überleben und hier heraus zu kommen. Das durfte er einfach nicht verstreichen lassen. Denn wofür sollte man schon kämpfen? Diese Insel war kein Ort der es wert war. Sanji selbst war durch einen dummen Zufall hier gestrandet, doch er konnte überall arbeiten. Sich etwas eigenes aufbauen, wenn es sein musste. Sanji vertraute auf sein talent, auf sein können. Darum machte er sich durchaus keine Sorgen. Und damit gab es für ihn keinen Grund auf dieser Insel, um deswegen sein Leben und seine Freiheit zu riskieren. Und genau deswegen gab es auch nur diesen einen Weg. Er musste Nami finden und sie hier wegschaffen.

Dabei hatte er allerdings keine Anhaltspunkte gehabt. Zorro hatte sich geweigert ihm zu sagen in welche Richtung Nami gelaufen war. Und damit hatte er sicherlich gehofft, dass Sanji einfach aufgeben und kämpfen würde. Sanji sich entscheiden müssen und war seinem Bauchgefühl gefolgt. Er hoffte, dass Nami auch von alleine auf die Idee gekommen war auf die ruhigere Inselseite zu fliehen und so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diesen Kampf brachte. Was er tun würde, wenn er sie auf diesem Weg nicht finden würde, das wusste Sanji nicht.

„Nami!“ Immer wieder rief er ihren Namen, versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Wenn sie in der Nähe war, dann würde er sie so hoffentlich finden. Dabei rief er so laut wie er nur konnte, denn einen anderen Plan gab es gerade wirklich nicht. Gleichzeitig rannte Sanji so schnell er konnte, wobei das durchaus eine der leichteren Übungen war. Wenn Sanji kämpfte, dann mit seinen Beinen und Füßen und war entsprechend gut im Training. Das unwegsame Gelände machte ihm einfach nichts aus und er kam grundsätzlich gut voran.

„NAMI!“ Sie musste doch zu finden sein. Sanji würde nicht aufgeben, versuchte gleichzeitig sich umzusehen und hoffte darauf ein Lebenszeichen von ihr zu erwischen. Allerdings waren die Sichtverhältnisse doch eher bescheiden und er konnte kaum etwas erkennen. Blieb also zu hoffen, dass sie ihn wenigstens hören würde. Doch je weiter er sich von dem Kampf entfernte, umso besser standen hoffentlich die Chancen, dass seine Stimme nicht von den Schüssen verschluckt werden würde.

„Nami! Na-“ Sanji brach ab, wurde aus dem Gleichgewicht gebracht und strauchelte. Den ersten Schuss hatte er nicht kommen hören. Dafür den zweiten. Ohne nachzudenken ließ er sich auf den Boden fallen. Weitere Schüsse folgten. 
„Shit“, fluchte er leise. Der stechende Schmerz in seinem Oberschenkel sagte ihm, dass er getroffen worden war. Doch von wem? Waren sie etwa auch in diesem Teil der Insel? Die weiteren Schüsse verrieten ihm, dass die Angreifer links von ihm waren und er selbst keine Möglichkeiten hatte in Deckung zu gehen oder sich zu schützen. Den einzigen Schutz, den er in diesem Moment hatte war die Dunkelheit und die musste er nun nutzen. Die Stimmen, die er hören konnte wirkten noch ein gutes Stück entfernt, vielleicht war es nun seine einzige Möglichkeit einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Gegen Schusswaffen und eine unbekannte Anzahl an Gegnern würde er nur verlieren können. Zumal er für so einen Mist nun wirklich keine Zeit hatte.

Sanji drehte sich auf den Bauch und sah sich um. Ruhig bleiben, durchatmen. Weiter. Er würde sich weiter vorschieben und dabei versuchen so leise wie nötig und so schnell wie möglich voran zu kommen, bevor man ihn entdecken und das Feuer gezielter auf ihn richten würde. Bisher schien man zumindest keine Ahnung zu haben wo er war und das verschaffte ihm einfach ein wenig Zeit. Zeit, die Sanji nutzte, um zu einer kleinen Baumgruppe herüber zu kommen und sich hinter diese zu kauern. Er atmete durch und griff hinauf, um sich seine Krawatte zu lösen und diese dann um sein Bein zu binden. Hier und jetzt hatte er keine Möglichkeiten sich besser darum zu kümmern. Es würde schon reichen.

Erst, nachdem er alles gut verknotet hatte würde er sich umwenden und an dem Baum vorbeisehen, an dem er gerade lehnte. Erkennen konnte er nichts genaues, nur Schemen und Schatten. Doch das war nicht nur eine Person, die sich da durch das Unterholz schleppte. Offensichtlich fand der Angriff nicht nur von einer Seite der Insel statt und man hatte sich doch dazu entschieden zumindest eine kleine Gruppe von der anderen Seite zu schicken. Was genau deren Aufgabe war erschloss sich Sanji zunächst nicht, immerhin würden sie auf diese Weise selbst ins Feuer der Kanonen geraten. Es sei denn sie hatten den Befehl nicht weiter vorzudringen sondern, an diesem Ende der Insel zu warten, on Flüchtige versuchen würden die Insel an einer anderen Stelle zu verlassen. Falls dem so war, dann würden ihnen ahnungslose Menschen einfach in die Arme laufen ohne, dass jemand überprüfen würde mit was für Menschen man es zu tun hatte. Piraten? Zivilisten? Das schien hier keine Rolle zu spielen und zeigte nur wieder die Abgründe der Marine auf. Sanji würde nie verstehen, wie sie wirklich glauben konnten, dass es einen Unterschied zwischen ihnen und den Piraten gab, die sie jagten. Aus seiner Sicht gab es da nicht den geringsten Unterschied.

Die Stimmen wurden lauter, wobei Sanji nicht erkennen konnte, ob sie sich ihm näherten oder, ob die Diskussion zwischen den einzelnen Personen einfach lauter wurde. Zumindest verhielten sie sich auf diese Weise nicht gerade unauffällig was andere vielleicht warnen würde, die wie er versuchten sich über diesen Teil der Insel zu bewegen. Auf der anderen Seite hatte er in feinster Weise auf seine Umgebung geachtet. Sanji war fest davon überzeugt gewesen, dass ihm hier kein Angriff drohen würde und so hatte er sich einzig und alleine auf die Suche nach Nami konsentiert. Vielleicht hätte er also doch etwas bemerken können, wenn er einfach nur etwas aufmerksamer gewesen wäre.

Doch all diese Möglichkeiten spielten in diesem Moment keine Rolle. Er war angeschossen worden und verlor wertvolle Zeit. Gleichzeitig hoffte er aber auch, dass er sich irrte und Nami nicht diesen Weg gewählt hatte. Denn wenn, dann wäre sie diesen Kerlen ebenso in die Arme gelaufen wie er es nun getan hatte und wäre vermutlich bereits erschossen worden.

Sanji versuchte diese Gedanken abzustreifen und nicht weiter zuzulassen. Etwas das ihm leichter fallen sollte als gedacht, als auf einmal eine Lichtquelle deutlich wurde. Er musste blinzeln, dann konnte er besser erkennen was er dort sah. Tatsächlich waren es Soldaten die auch nicht zu weit von ihm entfernt waren. Sie waren dabei Fackeln anzuzünden und diese untereinander zu verteilen, bevor sie sich aufteilten. Doch warum? Es ergab für Sanji absolut keinen Sinn. Zumindest nicht, bis er sah, wie sie mit den Fackeln an den Sträuchern vorbeigingen und diese in Brand setzten. Fackeln wurden geschmissen und das trockene Holz entzündete sich binnen weniger Minuten. Sie waren nicht nur hier, um Flüchtige zu erschießen. Sie waren hier, um die Insel weiter in Brand zu stecken und eine Wand aus Feuer zu errichten, um jeden Fluchtweg zu zerstören, den es noch gab.

***

Nami hob die Laterne und ließ den Blick langsam schweifen. Wie lange war sie nicht mehr hier gewesen? Es mussten inzwischen Jahre sein. Letztlich war das für sie alles doch eher ein netter Fund gewesen den sie nicht weiter hatte verfolgen wollen. Warum auch? Sie hatte damit durchaus nichts am Hut gehabt. Nicht mit dem Alkohol und auch nicht mit den anderen Opiaten, die sie hier gefunden hatten. Zorro hatte von Anfang an eine ganz andere Einstellung dazu gefahren und es war ihm durchaus wichtig gewesen dieses Loch zu behalten. Warum auch immer. Ob er geglaubt hatte das es einmal nützlich sein könnte? Da er kein Kerl war der gerne Pläne machte konnte sie sich das nicht vorstellen. Also, was war das hier?

Langsam bewegte sie sich weiter in den Raum hinein und würde noch eine weitere Laterne ansteuern, um diese anzuzünden und noch etwas mehr Licht in den Raum zu bekommen. Zumindest konnte sie damit ein besseres Bild bekommen und damit auch mehr sehen als es zuvor draußen noch der Fall gewesen war. Ebenso waren auch all die Geräusche nun ausgeschlossen und es war, als würde sie sich in einem Kokon befinden durch den nichts hindurch drang. Vielleicht der Moment, um zur Ruhe zu kommen und, die letzten Stunden einzuordnen und zu verarbeiten.

Nami stellte die Laterne auf dem Tisch ab und strich mit der Hand einmal über das Holz. Kein Staub. Sie zog die Brauen zusammen und ließ den Blick weiter schweifen. Da standen noch immer die Regale, die die Schmuggler für ihren Sake und anderen Alkohol genutzt hatten. Sicher war es nicht nur das gewesen, doch die Flaschen waren zumindest noch da, wenn auch deutlich weniger als im Vergleich zu ihrem letzten Aufenthalt an diesem Ort. Vermutlich hatte Zorro sie getrunken. Ein Verdacht in dem sich Nami zumindest bestätigt sah, als sie sich weiter bewegte und dann auch in den zweiten Raum hinein trat. Ein Bett. Kurz keimte die Frage auf, ob es schon immer dort gewesen war, doch als Nami in einem Regal Kleidung und Essensvorräte entdeckte wurde deutlich was das hier eigentlich war. Es war nicht mehr das Schmugglerlager, welches sie damals gefunden und für sich entdeckt hatten. Zorro schien sich hier eingerichtet zu haben.

Wenn Nami ehrlich war, dann hatte sie nie hinterfragt, wo Zorro sich aufhielt, wenn er nicht gerade betrunken durch eine Bar wankte. Nachdem sie nicht mehr zusammen gewohnt hatten, hatte Zorro eine Wohnung gemeinsam mit Tashigi besessen. Nachdem man sie aber gefangen genommen und sie Monate nicht mehr auf der Insel gewesen waren, Monate in denen sie ihre Mieten nicht gezahlt hatten, waren die Wohnungen einfach geräumt worden. All ihre Sachen waren weg gewesen, sie hatten alles verloren was sie besessen hatten und hatten noch einmal von vorne beginnen müssen. Nami hatte einen Job gefunden und dann eine winzige Wohnung. Zu Beginn waren sie dort zwar noch zusammen gewesen, aber als Zorro wieder alleine gehen konnte hatte er immer mehr Abstand zu ihr gesucht und dafür die Nähe des Alkohols bevorzugt. Irgendwann war er nur noch vorbei gekommen, wenn er etwas gewollt hatte, die übrige Zeit hatte sie schlichtweg nicht gewusst wo er steckte. Doch wann hatten sie das letzte Mal wirklich miteinander gesprochen? Wann war es nicht darum gegangen sich zu streiten? Nami konnte sich kaum noch daran erinnern. Und nun stand sie hier in mitten seiner Zuflucht? Eine Zuflucht für den er ihr den Schlüssel gegeben hatte anstatt sich selbst zu verkriechen. Ein Umstand, der Nami doch nachdenklich stimmte. Denn für einen Moment mochte es an den Kerl erinnern, den sie vor so vielen Jahren kennengelernt hatte und, der zu ihrem besten Freund geworden war.

Nami würde sich wünschen, dass es so war, dass er vielleicht doch wieder den Weg aus diesem dunklen Tal herausfinden würde. Doch musste es ausgerechnet jetzt sein? Damit sie sich um noch einen Menschen sorgen musste? Immerhin wusste sie auch nicht in welcher Verfassung er gerade war. Betrunken? Nüchtern? Wie fit war er noch? Seine Kraft und seine Kampfkünste hatten immer für die Piraten dieser Insel gereicht und, um sich gegen diese zu behaupten. Doch Nami wusste nicht, ob er noch weiter trainiert hatte, ob er versucht hatte besser zu werden oder, ob sein Ehrgeiz nach dieser Niederlage völlig gebrochen worden war und er sich auf dem ausgeruht hatte was er bereits konnte. Wäre es letzteres dann hätte er da draußen nicht lange eine Chance und sie müsste sich wirklich Sorgen um ihn machen. Vielleicht auch damit abfinden, dass seine Sturheit ihn direkt in den Tod führen würde. Auf der anderen Seite war das hier auch etwas, das sie so nicht erwartet hatte. Ein Grund sich der Illusion hinzugeben, dass er vielleicht doch weiter trainiert hatte und nun besser aufgestellt war als das letzte mal? Ja, sie würde sich gerne dieser Illusion hingeben und doch wusste Nami, wie unwahrscheinlich es war, dass er weit über den damaligen Punkt hinaus gekommen war.

Sie atmete tief durch und würde sich langsam auf das Bett sinken lassen. Der Weg hierher war lang gewesen und sie musste sich wenigstens einen Moment ausruhen. Ausruhen. Wie falsch das doch klang, während dort draußen ein Kampf tobte. Selbst hier konnte sie das Beben spüren. Doch wenn sie auf ihre blutigen Hände blickte? Inzwischen konnte sie die eine Hand vor schmerzen kaum noch bewegen, sie war angeschwollen. Schlimmer noch, es war ihre starke Hand. Und damit war sie auch nicht in der Lage ihren Bo oder etwas anderes zu halten. Nami musste sich eingestehen, dass es keine Rolle spielte was sie sich wünschte oder wollte. Sie war keine Kämpferin, das war sie noch nie gewesen. Als Diebin war es ihre Stärke sich lautlos zu bewegen. Rein, raus, ganz ohne das es jemand merkte. Eine Konfrontation hatte es dabei im Idealfall nie gegeben. Deswegen waren Zorro und sie ein Team geworden. Sie machte die Pläne und war für die Feinarbeiten zuständig gewesen, während er sich um das Grobe und die Kämpfe gekümmert hatte. Sie hatte nie kämpfen müssen solange er bei ihr gewesen war. Und heute konnte sie da draußen einfach nicht mithalten. Sich dies einzugestehen war durchaus etwas sehr schweres vor allem, weil Nami nun nichts weiter übrig blieb als zu hoffen.

Kurz sah sie zur Tür. Sie hatte sie verschlossen und da der Zugang von außen nicht einfach zu erkennen war, war sie hier sicher. Es gab keinen Grund sich Gedanken zu machen, so dass sie nun doch etwas weiter zurück rutschen und sich auf das Bett sinken lassen würde. Vielleicht würde es ihr helfen. Entweder, weil sie aufwachen und feststellen würde, dass das alles nur ein Albtraum gewesen war. Oder, weil sie dann endlich ein paar klarere Gedanken fassen konnte. So oder so schrie ihr Körper danach sich hinzulegen und die Augen zu schließen, um all dem zu entfliehen und das war genau das, was Nami schließlich tun würde.


 

Vergeltung


 

Ein Kampf gegen Windmühlen. Das war es. Wobei dieser Kampf vielleicht noch zu gewinnen gewesen wäre, wenn man die Kräfte geschickt bündeln würde. Doch auch wenn sie den selben Feind hatten, sie kämpften doch jeder für sich. Eigene Motivationen und Ziele vereinnahmten die Handlungen und am Ende kam nicht viel dabei heraus. Es war bereits vorgekommen, dass ihr dämonischer Doppelgänger von Piraten angegriffen worden war und das, obwohl sie offensichtlich versuchte die Schiffe zu versenken und den Angriff der Marine auszubremsen. Sie aufhalten? Das war bei dieser Übermacht ohnehin nicht wirklich möglich. Zumindest nicht alleine. Aber sie konnten sie schwächen, die Reihen ausdünnen und ihnen entsprechende Probleme bereiten. Robin hatte es bereits geschafft einige Schiffe zu versenken, doch nun brauchte sie eine Pause. Sie war geübt und konnte ihre Kräfte inzwischen durchaus über einen längeren Zeitraum in dieser Intensität einsetzen. Doch auch sie hatte ihre Grenzen und dieser Kampf setzte ihr ein anderes Limit. Zumal sie auch sehen musste, dass ihr Körper geschützt blieb. Robin hatte zwischen den Trümmern einen Hohlraum gefunden, den sie nutzte. Inzwischen schlugen die Kanonen nicht mehr am Hafen ein, sie zielten inzwischen auf die höher gelegenen Teile der Insel ab, um auch dort möglichst viel Schaden anzurichten. Etwas das Robin die Möglichkeit gab sich nahe am Hafen auszuhalten und sich keine Sorgen, um diese Art der Angriffe zu machen. Gleichzeitig war es aber nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Schiffe nah genug waren, um die Soldaten an Land zu lassen. Zwar hatte Robin sich ein Versteck gesucht, welches nicht sofort einsichtig und offensichtlich war, da sie ihren richtigen Körper ansonsten einer zu großen Gefahr aussetzen würde, doch war auch das keine völlige Garantie und einen wirklich sicheren Platz gab es auf dieser Insel einfach nicht.

Gerade hatte sie allerdings ein gänzlich anderes Problem. Ihre Kräfte über solche Distanz, übe einen solchen Zeitraum und dann auch noch innerhalb eines Kampfes einzusetzen zehrte eben an den eigenen Kräften. Sie brauchte eine Pause auch, wenn sie sich diese eigentlich nicht leisten konnte. Schwer atmend hockte sie auf dem Boden und hielt den Blick auf den Durchgang gerichtet, während sie versuchte ihren Atem zu regulieren. Wobei dieser durchaus ihr geringstes Problem war. Schlimmer war viel mehr, dass all ihre Doppelgänger und Angriffe einen wesentlichen Nachteil hatten; erlitten sie Schaden, dann übertrug sich dieser automatisch auf ihren richtigen Körper. Und Robin hatte inzwischen durchaus einiges abbekommen. Ein so großer Angriff bot leider auch eine große Angriffsfläche für ihre Gegner, das konnte sie nicht verhindern. Sie konnte sich nur immer wieder zurückziehen und dann erneut angreifen. Kurze, gezielte Angriffe, die sie aber nicht weniger Kraft kosteten. Hatte sie sich falsch entschieden? Hätte sie doch lieber einen sicheren Ort suchen und ihre Kräfte auf der ganzen Insel einsetzen sollen, um Nami zu finden? Ja, vielleicht wäre das die klügste Variante gewesen. Denn nun konnte sie nicht nur hoffen, dass Sanji Nami alleine finden und an einen sicheren Ort bringen würde, sie müsste sich zusätzlich auch mit dem Gedanken abfinden, dass sie die kleine Katze vielleicht nie wiedersehen würde. Ein Gedanke, der Robin’s Herz schwer werden ließ. Sie war nie ein Mensch gewesen, der sich auf engere Bindungen eingelassen hatte. Aus gutem Grund. Immer wieder hatte sie sich darum bemüht Distanz zu anderen Menschen zu wahren, um nie wieder den Schmerz aus ihrer Kindheit noch einmal durchleben zu müssen. Es war ein Schutz gewesen, ein Wall den sie um sich herum aufgebaut hatte. Und doch hatte diese diebische, kleine Katze es geschafft sich unbemerkt hinter diesen Wall zu schleichen. Etwas das Robin dazu gebracht hatte entgegen ihrer Natur eine falsche Entscheidung nach der anderen zu treffen und gegen ihre Vernunft zu arbeiten.

Ihr Kopf sackte nach vorn, für einen Moment schloss sie die Augen und lauschte einfach nur dem Dröhnen und dem Lärm, der von draußen an sie heran drang. Sie sehnte sich nach Stille. Und gleichzeitig wusste sie, dass wenn die Stille kommen würde, all das hier ein grausames Ende finden würden. Wenn die Stille kam, dann würde nichts mehr übrig sein, um das man noch kämpfen müsste.

Noch war es nicht vorbei. Und Robin musste zu der Entscheidung stehen, die sie getroffen hatte. Sie hatte sich dazu entschieden zu kämpfen. Um jemanden zu schützen, diese eine Frau, die nicht einmal von all dem wusste. Wenn es etwas zu bereuen gab, dann das. Das sie nie wirklich offen mit ihr umgegangen und sie wirklich an sich herangelassen hatte. Eine vertane Chance, doch wenn es schon so war, dann war es wohl das mindeste, dass sie nun alles daran setzen würde, um diesen Angriff zurückzudrängen. Um Nami und Sanji so viel Zeit wie nur möglich zu verschaffen in der Hoffnung, dass sie überhaupt noch am leben waren.

Sie würde tief durchatmen, die Arme heben und ihre Kraft walten lassen. Der Dämon würde sich wieder über den Hafen erheben und zu einem weiteren Schlag ausholen. Fischmenschen-Karte. Das war es was ihre Angriffe noch verstärkte und ihr dabei half in dieser Form die Schiffe in den Ozean sinken zu lassen. Ein weiteres würde auf dem Grund des Meeres versinken, doch es hatte seinen Preis.

Der Dämon verschwand wieder, Robin fluchte und blickte zu ihrer Schulter. Sie hatte hier keine Mittel, um die Blutung zu stoppen und das könnte durchaus noch zu einem weiteren Problem werden. Je mehr Blut sie verlieren würde, umso schneller würde sie in diesem Kampf unterliegen. Es würde sie schwächen und das wäre nur die milde Folge des ganzen. Das es unweigerlich zu ihrem Tod führen würde stand dabei auf einem ganz anderen Blatt.

Sie sah sich um, entschied sich aber schließlich dazu ihr Shirt über den Kopf zu ziehen. Mit Hilfe ihrer Kräfte würde sie sich einen notdürftigen Verband anlegen und hoffen, dass es die Blutung wenigstens ein wenig stillen könnte. Das sie für eine so simple Tätigkeit doch relativ lange brauchte sprach allerdings auch nur dafür, dass ihre Energie und Konzentration immer weiter abnahm. Sie verausgabte sich, hatte ihre Kräfte schon lange nicht mehr mit solcher Intensität einsetzen müssen. Wie lange würde sie dem wirklich noch standhalten können?

Spätestens jetzt wäre sicherlich der Moment gekommen in dem man einfach die Beine in die Hand nehmen und verschwinden sollte. Zumindest, wenn man überleben wollte. Denn ohne eine gemeinsame Strategie? Ohne einender den Rücken zu stärken? Sie würden keine Chance haben. So viel war sicher. Dennoch, sie hatte es angefangen und sie musste es auch zu Ende bringen. Es durfte einfach nicht umsonst gewesen sein.

Langsam ließ sich Robin auf den Boden sinken, die Erschütterungen veränderten sich. Man zielte wohl auf die höhergelegenen Punkte der Insel. Bald würden die ersten Schiffe anlegen und die Soldaten würden die Insel stürmen, um die letzten Verteidiger in einem direkten Kampf aus dem Weg zu räumen und all das zu überrennen. Ihre Kraft würde nicht für weitere Schiffe reichen, das müsste sie anderen überlassen. Doch Soldaten? Ja. Robin würde sie näher kommen lassen, abwarten. Es würde ihr Zeit geben sich einen Moment zu erholen und ihre Kräfte für einen erneuten Schlag zu sammeln, um die Reihen der Angreifer dann auf andere Weise auszudünnen und sie auf diese Weise weiter in die Knie zu zwingen. Vielleicht würde es kein Sieg werden und doch dürfte die Marine mit einem derartigen Widerstand und solchen Verlusten auf ihrer Seite nicht gerechnet haben. Normalerweise waren diese Angriffe eine sichere, todbringende Sache für die Menschen, die ihnen zum Opfer fielen. Zu viele waren unschuldig getötet worden von einer Organisation, die diese Welt eigentlich schützen sollte und gleichzeitig nur nach ihren eigenen Regeln und Vorstellungen agierte. Feinde waren jene, die anders dachten, andere Ziele verfolgten als sie. Es wurde Zeit ihnen endlich ihre Grenzen aufzuzeigen und ihnen einen Schlag zu versetzen den auch sie diesmal nicht so einfach wieder vergessen würden.

***

Sie verlagerten den Angriff. Der Moment auf den Zorro gewartet hatte. Auf die Distanz konnte er nichts ausrichten, nicht wenn er gleichzeitig mit diesem Kugelhagel beschäftigt war. Inzwischen waren die Schiffe allerdings bedenklich nah an die Insel heran gekommen. Die ersten stellen bereits das Feuer ein und würden nun auf einen direkteren Angriff übergehen. Soldaten, Kapitäne.. Vizeadmiräle, so war zumindest die normale Aufstellung für einen solchen Angriff. Sollten sie kommen. Zorro war bereit und er würde nicht davor zurückschrecken. Zumal es für ihn ohnehin nur ein einziges Ziel in diesem Kampf gab und alle anderen Aktöre ihm schlichtweg egal waren. Es war etwas persönliches das er endlich zu Ende bringen musste. Denn er war sich sicher, dass auch sie hier war. Ihre letzte Begegnung hatte ihn alles gekostet und noch mehr. Zorro hatte einen Fehler begangen, der nicht nur sein Leben drastisch verändert hatte. Einen Fehler, den es nun zu berichtigen galt.

Er hatte sich einen Platz auf einem der Häuser am Stadtrand gesucht. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf das Geschehen. Sich einmischen? Nein. Daran hatte er kein Interesse. Das taten andere. Blackbeard, der da wohl jemand großen aus der Reserve gelockt hatte. Der Kampf der beiden Parteien hatte sich auf die Insel verlegt und neben der Finsternis von Blackbeard war es gleichendes Licht was immer wieder aufblitzte und zu sehen war. Kizaru. Sah zumindest verdächtig danach aus, dass er es war und das war durchaus ungewöhnlich. Das ein Admiral sich einmischte und dieser Angriff nicht den Vizeadmirälen vorbehalten war? Aus Zorro’s Sicht machte dieser Umstand deutlich wie sehr man diese Insel untergehen sehen wollte. Aber darum sollten sich andere kümmern. Neben Blackbeard gab es noch andere, die den Angreifern versuchten etwas entgegen zusetzen. Manche hatten es sogar geschafft sich auf ihre Schiffe zu begeben und mit diesen Kanonen in Richtung der Marineschiffe zu feuern. Und dann war da noch dieser Schatten, dieser Dämon - anders konnte Zorro es nicht beschreiben - der sich immer wieder über die Schiffe erhob und sie auf den Grund des Meeres schickte. Durchaus war da eine gewisse Ähnlichkeit zu erkennen auch, wenn es ihn ein wenig überraschte, dass sie sich in diesen Kampf einmischte. Bereits als er Nami alleine auf diesem Trümmerhaufen gefunden hatte, hatte er sich gefragt wo sie steckte und, warum sie nicht bei ihr war. War das nun ihr Versuch sie zu schützen? Sie sollte es doch besser wissen. Selbst Zorro bildete sich nicht ein, dass dieser Kampf gewonnen werden könnte. Beide Seiten würde als Verlierer aus dieser Sache hervorgehen und deswegen würde er sich auch nur auf sein persönliches Ziel konzentrieren.

Und so hockte er auf seinem Platz und ließ den Blick weiterhin wachsam über das Geschehen schweifen. Die ersten Schiffe näherten sich weiter, würde am zerstörten Hafen anlegen und die ersten Soldaten stürmten die Insel. Sie strömten durch die Straßen und waren in ihrer Zahl waren sie den Piraten sicherlich überlegen, zumal diese bereits verletzt und geschwächt von den bisherigen Angriffen waren. Dennoch war der Widerstand ungebrochen und es würde mehr brauchen als ein paar kleine Fußsoldaten, um diese Schlacht endgültig zu beenden. Aber auch das war es nicht worauf Zorro wartete. Unruhig schob er das Schwert mit dem Daumen heraus aus der Scheide, ließ es wieder zurück rutschen. Schob es wieder hinaus. Lies es wieder zurück rutschen. Wie ein Mantra wiederholte Zorro die Geste. Es hatte etwas beruhigendes an sich, half ihm innerlich ruhiger zu werden. Es gab nur ihn, seinen Atem und seine Schwerter. Dabei wanderte der Blick ruhig über die Umgebung, lauernd, wartend. Er würde nun keine übereilten Entscheidungen treffen. Zu lange hatte er hierauf gewartet.

Und dann konnte er es sehen. Rauch flutete die Gassen und strömte durch die Stadt. Er war hier. Und das bedeutete, das sie es auch war. Sie war sein Schatten, arbeitete seit ihren Anfängen bei der Marine unter ihm und war ihm loyal ergeben. Ein schräges Team aber das spielte keine Rolle. Wichtig war nur, dass sie nicht weit sein konnte und, dass er sich diesmal vorbereitet hatte.

Zorro richtete sich langsam auf, dann sprang er von seinem Platz hinunter und landete wieder unten auf der Straße. Kaum, dass seine Füße den Boden berührt hatten drückte er die Beine durch und rannte los. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit, ein Gefühl welches er einmal gekannt und dann verloren hatte. Ein Gefühl, welches er schrecklich vermisst hatte.

Seine Schritte trieben ihn weiter voran, dabei wich er den Soldaten aus, die ihm entgegen kamen. Nur wenn es nötig war umgriff er den Griff seines Schwertes fester und würde zu einem gezielten Schlag ausholen. Sie würden umfallen wie die Fliegen, waren keine Gegner und sicherlich nur Kanonenfutter, geschickt von ihren Befehlshabern um in ihren sicheren Tod zu laufen. Das Leben ihrer eigenen Leute bedeutete ihnen nichts. Widerlich. Und gleichzeitig interessierte es ihn nicht. Er würde sich davon nicht aufhalten lassen, heute nicht.

Dann hörte er es. Klingen die aufeinander schlugen. Das Geräusch von Schnitten, die fähig waren die Luft zu schneiden und tiefe Spuren in allem zu hinterlassen was sie trafen. Es war ihm vertraut, vertrauter als sonst etwas auf dieser Welt. Mit jedem Schritt kam er näher. Noch während er rannte hob er sein Schwer und nahm den Griff zwischen die Zähne, um seine Hände frei zu haben und nun die beiden verbleibenden Schwerter zu ziehen. Zorro holte aus, als er um die Ecke bog und dann trafen seine Klingen auf Widerstand. Für einen Moment konnte er Überraschung im Blick seines Gegenübers aufflackern sehen. Ein Moment der so schnell verschwand wie er gekommen war. Sie stieß sich ab, brachte sich auf Abstand, doch Zorro setzte ihr nach. Er hatte nicht vor ihr die Gelegenheit zu geben die Situation einzuschätzen oder zu verarbeiten. Eine faire Chance die sie ihm damals auch nicht gelassen hatte, als sie ihn und Nami ausgeliefert hatte.

Immer und immer wieder war er diesen Kampf durchgegangen. Jeden einzelnen Schritt, jeden Fehler den er gemacht hatte. Er hatte es immer wieder durchgespielt, darüber nachgedacht was er falsch gemacht hatte, was er hätte besser machen können. Jetzt hatte er eine Chance.

Er setzte zum nächsten Schlag an. Eine schnelle Abfolge von hieben in die er seine ganze Kraft legte. Deine Wut wird dich blind machen. Das hatte sein alter Meister ihm einmal gesagt. Damals, als er seine beste Freundin verloren hatte. Und, obwohl er es hätte besser wissen sollen, hatte er sich wieder blenden lassen. Jahre später, in einem Kampf in dem es nicht nur um sein eigenes Leben gegangen war, sondern auch um das seiner besten Freundin. Als er die Falle erkannt hatte in die sie gelaufen waren, die er nicht erkannt hatte, hatte Zorro sich von seiner Wut bestimmen lassen. Er hatte blind und ohne Verstand um sich geschlagen, hatte verloren. Das war sein größter Fehler gewesen. Ein Fehler, den er diesmal nicht wiederholen würde.

Körperlich war er ihr überlegen, er trieb sie in die defensive. Sie stolperte zurück, wehrte seine Angriffe ab. Ihre Reaktionen waren so gut wie eh und je, ihre Technik war exzellent. Mehr Schwerter machten einen Kämpfer nicht besser. Zorro hatte trotz seiner einmaligen Technik schon genug Kämpfe verloren, um das zu wissen. Niederlagen gehörte dazu, man lernte daraus und stand wieder auf. Doch dieses eine Mal war er nicht aufgestanden. Es lag nicht daran, dass sie eine Frau war, das sie seiner ehemals besten Freundin wie aus dem Gesicht geschnitten war und auch nicht, dass sie nur mit einem Schwert kämpfte. Nein, es lag daran, dass seine Niederlage diesmal nicht auf seinem Rücken ausgetragen worden war.

All das könnte ihn schrecklich wütend machen. Stattdessen erfüllte ihn eine unendliche Ruhe. Er war Fokussiert auf den Grund für den er diesen Kampf einfach gewinnen musste.

„Dieser Kampf führt zu nichts! Gib auf, ihr werdet nicht gewinnen können!“ Sie wich seinem Schlag aus, versuchte sich hinter ihn zu bringen, um seinen Rücken anzugreifen. Zorro ging in die Knie, fuhr herum und setzte mit einem Angriff gegen ihre Beine nach. Tashigi stieß sich wieder ab, sprang zurück und würde auf ein paar der Trümmern zum stehen kommen.

„Ich hab nicht erwartet dich hier zu sehen“, wandte sie ein. Etwas merkwürdiges lag in ihrem Blick, etwas das er nicht deuten konnte.

„Ich schon.“ Er hatte es erwartet. In dem Moment als sich die Gerüchte bestärkt hatten und lauter geworden waren. Da war er sich sicher gewesen, dass sie hier auftauchen würde, wenn dieser Angriff wirklich so groß werden würde, wie man sagte. Und zumindest diesmal schien das Glück auf seiner Seite zu sein und sie ihm wieder vor die Füße zu spülen.

„Zorro, was damals geschehen ist-“

„Interessiert mich nicht“, unterbrach er sie. „Ich hab mir zu lange den Scheiß angehört, den du von dir gibst. Diesmal wirst du nicht davonkommen.“ Nein, diesmal nicht. Und bevor sie etwas dazu sagen konnte würde er ihr nachsetzen und zu seinem nächsten Schlag ausholen. Wieder würde sie ihm ausweichen, während die Wucht seines Angriffes die Mauer hinter ihr zum Einsturz brachte. Sein Blick würde ihr folgen, während er umgriff, um sein Schwert anders zu fassen und einen besseren Schwung in das alles hineinbringen zu können. Wieder setzte er ihr nach, diesmal mit Erfolg. Tashigi konnte den ersten Schlag abwehren, der zweite traf sie und sie sackte gegen eine noch stehende Hauswand. An ihrer Schulter klaffte eine große Wunde, während sie versuchte wieder an ihr Schwer zu kommen. Zorro hatte ihren starken Arm erwischt, jenen mit dem sie kämpfte.

„Was bringt es dir mich zu schlagen..? Smoken wird dich aufhalten du hast- .. argh!“ Sie schrie schmerzlich auf als Zorro mit ganzer Kraft auf ihren Arm getreten war. Der Tod war das eine, doch das wäre schon fast zu einfach. 
„Ich hab keine Angst vor deinem Freund. Der ist als nächstes dran“, knurrte Zorro nur und würde sich dann abwenden. Sie würde so nicht mehr kämpfen können, der Kampf war geschlagen. Er hatte getan was er tun musste und jetzt musste er nur noch den anderen Kerl finden, der für das alles verantwortlich war. Gerade als er versuchte sich zu orientieren und den Blick gegen Himmel richtete. Vielleicht würde er dort etwas erkennen.

Doch bevor er da etwas ausmachen konnte spürte er einen brennenden Schmerz an seinem Rücken und sackte nach vorn. Fluchend warf er mit dem gesunden Auge einen Blick über die Schulter. Sie hatte noch nie gewusst wann es besser gewesen wäre aufzugeben.

***

Sie fielen um wie die Fliegen. Ahnten nicht in was sie hineinliefen und waren auch nicht vorbereitet worden. Manche wirkten so jung als hätten sie gerade erst die Ausbildung hinter sich gebracht und wären das erste Mal auf einem Marineschiff zu einem Einsatz gerufen worden. Es war schrecklich und bedauerlich. Doch in Situationen wie dieser durfte man kein Mitleid zeigen. Egal was es bedeutete, das waren nicht ihre Probleme und sie musste sich um sich selbst und ihre eigene Situation kümmern. Um ihr eigenes Leben.

Die Soldaten kamen nicht weit. Kaum das sie sich ihr weit genug näherten griff Robin sie an. Leblose Körper säumten inzwischen die Straßen der Stadt, die in Flammen stand. Diese Art von Angriffen ließen sich deutlich besser umsetzen und sie würde es länger durchhalten. Vielleicht bestand doch noch eine Chance diesen Angriff irgendwie in den Griff zu bekommen und sie vielleicht doch noch zur Aufgabe zu zwingen. Ja, es keimte so etwas wie Hoffnung in ihr auf. Möglicherweise etwas das allen geschah die dem Tode geweiht waren. Das unvermeidliche ignorieren und verdrängen und sich trügerischen Illusionen hingeben. Gut möglich das es das war, was Menschen in ihren letzten Momenten weiter antrieb und dazu brachte unbegreifliche Dinge zu tun.

All das täuschte jedoch nicht darüber hinweg, dass ihre Ausdauer das alles nicht mehr lange mitmachen würde. Ja, diese Art der Angriffe waren leichter zu bewältigen und dennoch machte der Blutverlust und ihre Verletzungen ihr schwer zu schaffen. Robin wusste, dass ihr die Zeit davonlief und sie dieses Spiel nicht lange aufrecht erhalten konnte.

Sie wollte sich gerade aufraffen, als etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Robin zog die Brauen zusammen und weitete die Augen, als sie erkannte um was es sich dabei handelte. Der Versuch sich aufzuraffen und zu entkommen verlief ins leere. Sie war einfach nicht schnell genug und hatte keine Chance dem Rauch zu entkommen, der sich durch die Straßen der Stadt schob und in jede Ritze hinein drang. Egal wie sehr sie versuchte sich dagegen zu wehren, sie schaffte es nicht zu entkommen und sich davon zu lösen. Sie saß in der Falle.

Schlimmer wurde es, als sie durch den Rauch hinaus aus ihrem Versteck gezogen wurde. Hinaus auf die Straßen, wo sie den Boden unter den Füßen verlor. Sie war nicht die einzige, die ihm in die Fänge gegangen war. Als Robin sich umblickte sah sie andere Piraten, die versuchten sich zu wehren, ihre Kräfte einsetzten und dennoch keine Chance hatten. Man könnte nur entkommen, wenn man den Ursprung des ganzen aus dem Weg zog.

Robin blickte sich um, setzte ihre Kräfte ein und konnte das Ziel ausmachen. Ohne zu zögern setzte sie ihre Kräfte ein und griff prompt ins leere. Es wäre auch zu einfach gewesen. Logia-Früchte hatten einen entscheidenden Vorteil für ihren Benutzer und einen großen Nachteil für alle, die versuchten ihn zu besiegen. Haki könnte hier helfen. Eine Fähigkeit der sie leider nicht mächtig war und ohne die sie hier nicht herauskommen würde. Sie musste sich also etwas anderes einfallen lassen und seine Konzentration anders stören. Sie musste ihn dazu zwingen, dass er von seinem jetzigen Vorhaben ablassen würde. Fieberhaft blickte sie sich um und suchte nach einer Lösung. Dabei spürte sie, wie ihre Sicht immer wieder verschwamm. Ihre Kräfte ließen nach. Einen großen Angriff würde sie nicht mehr umsetzen können. Er würde in sich zusammenfallen noch ehe sie zu einem Schlag ausgeholt haben würde. Doch was blieb ihr dann noch?

„Hey Arschloch! Hier spielt die Musik!“ Wer war das? Robin versuchte den Blick neu auszurichten, doch bevor sie etwas erfassen konnte löste sich der Rauch plötzlich auf. Ungebremst schlug sie auf dem Boden auf, spürte den Schmerz der durch ihren Körper schoss. Für einen Moment sah sie nur schwarz, erschlagen von den Schmerzen, die einfach nicht mehr aufhören wollten.

Wie lange sie verloren in all dem war konnte sie nicht sagen und als sie wieder sehen konnte war es zu ihrer Überraschung jemand, mit dem sie nicht gerechnet hatte, dass er sich jemals in so einen Kampf einmischen würde. Glaubte er denn wirklich, dass er eine Chance gegen eine Vizeadmiral hatte?

Doch egal was er sich dachte, Robin sah nur noch, wie Zorro zu einem weitern Schlag ansetzte, bevor ihr wieder schwarz vor Augen wurde.


 

Wenn die Stille kommt..


 

Sie atmete schwer, als sie sich den Berg hinauf kämpfte. Wie lange hatte sie dort gesessen? Wie lange hatte sie geschlafen und sich ausgeruht? Nami konnte es nicht sagen. In der Dunkelheit des Unterschlupfes hatte sie jedes Zeitgefühl verloren. Es hätten wenige Stunden oder auch Tage sein können. Nami war zwischen wach sein und einer schrecklichen Ohnmacht gewankt, hatte sich nicht richtig fangen können. Dabei war das permanente Dröhnen und die Erschütterungen ihre ständige Konstante in diesem schrecklichen Nebel gewesen. Doch plötzlich hatte sie nur noch Stille wahrgenommen. Erdrückende Stille, die ihr so schrecklich laut vorgekommen war. Ein Gefühl, welches sie nicht beschreiben konnte und an dem sie festgehangen hatte. Es hatte sie sicherlich eine halbe Ewigkeit gekostet, bis Nami sich dazu durchgerungen hatte aufzustehen und die Tür zu öffnen. Das Gefühl hatte sie nicht betrogen, Stille lag über der Insel. Und die gewohnte Dunkelheit mit einem leichten, rötlichen glimmen. Woher das kam hatte sie ebenfalls schnell erkennen können. Der Wald durch den sie gelaufen und hierher gelangt war, existierte nicht mehr. Alles was übrig war, waren Gerippe, die einmal Bäume gewesen waren und Glut auf dem Boden. Ja, es glühte an manchen Stellen und half Nami den Weg zu finden ohne sich selbst noch weiter zu verletzen. Zur weiteren Hilfe hatte sie eine der Öllampen mitgenommen und hoffte damit irgendwie weiter zu kommen. Dennoch würde ihre Suche sicherlich nicht einfach werden. Doch wie schwer, das würde Nami erst erkennen, als sie endlich die Spitze der kleinen Anhöhe erreicht hatte und wieder bei den Trümmern des Kinderheimes angekommen war. Dort wo ihre Flucht begonnen hatte.

Nami hob die Lampe etwas an, versuchte mehr zu erkennen. Als sie das letzte Mal hier gewesen war hatten die Feuer die Umgebung wenigstens ein Stückweit erhellt und ihr die Sache erleichtert. Nun lag Dunkelheit über allem und sie konnte kaum noch etwas erkennen. Nur so viel wie das Licht der Lampe ihr eben erlaubte.

Sie hob den Blick und würde um die Trümmer des Kinderheimes herumlaufen und sich in Richtung der Stadt blicken, die dort eigentlich vor ihr liegen müsste. Doch.. dort war nichts. Keine Lichter, nur erschreckende Dunkelheit. Vereinzelt wurde sie vielleicht durch ein Glühen oder letzte Flammen durchbrochen. Doch wie schlimm es wirklich war, was sie dort unten erwartete, das blieb Nami in diesem Moment verborgen. Das einzige was sie mit Gewissheit sagen konnte war, dass der Blick auf das Meer freier wirkte. So, als würden dort etliche Gebäude fehlen. Mit Sicherheit konnte sie es nicht sagen, jedoch war es wahrscheinlich bei dem, was sie von dem Angriff mitbekommen hatte. Es waren keine Schiffe mehr im Hafen zu erkennen, vielleicht hatte die, die noch intakt gewesen waren abgelegt und die Insel verlassen, vielleicht waren auch alle zerstört worden. Auch die Marineschiffe waren verschwunden.

Den ganzen Weg über hatte sich Nami darüber Gedanken gemacht, was sie jetzt tun sollte, doch viele Möglichkeiten hatte sie nicht. Sie musste sich einen Überblick verschaffen, schauen, ob jemand überlebt hatte den sie kannte. Und wenn sie das getan hatte, dann müsste sie einen Weg finden, um von dieser Insel zu verschwinden und an einen sicheren Ort zu gelangen. Wenn es noch Vorräte gab, dann würden diese sicherlich nicht lange reichen und nach so einem Angriff würden Piraten und andere Schiffe sicherlich auch einen weitern Bogen um diese Insel machen. Für Überlebende würde die Insel so oder so zu einer tödlichen Falle werden, wenn man es nicht schaffen würde ihr rechtzeitig zu entkommen. Und dabei dachte Nami lediglich an Menschen, die in einer ähnlichen Verfassung waren wie sie selbst. Schwerverletzte? Nein, die könnte man hier kaum gut genug versorgen. Zumindest nicht, wenn es in der Stadt wirklich so schlimm aussah wie sie es befürchtete.

Ihre Schritte führten sie den Abhang hinunter. Der gewundene Weg war kaum zu erkennen und immer wieder musste sie aufpassen, dass sie nicht über Geröll und Schutt stolperte. Ohne die Lampe wäre sie hier sicherlich verloren und Nami hoffte inständig, dass sie ihr noch möglichst lange einen guten Dienst leisten würde.

Je näher sie der Stadt kam umso mehr häuften sich die Einschläge der Kanonenkugeln, die tiefe Krater in die Landschaft gerissen hatten und, um die Nami herumlaufen musste. Der Angriff hatte die komplette Landschaft völlig verändert und neu geformt. Schon bald war der Weg verschwunden, der Nami bisher immer zuverlässig zurück in die Stadt und zu ihrem Heim geführt hatte. Nun musste sie sich einen eigenen Weg suchen und dabei auch immer öfter über die Trümmer hinweg steigen.

Gerade war sie wieder über einen Felsbrocken gestiegen und rutschte zurück auf den Boden, als ein erstickter Schrei ihre Kehle heraufdrang. Sofort schlug sich Nami die Hand vor den Mund und versuchte jedes Geräusch zu ersticken, welches aus ihrer Kehle hinauf drang. In dieser erdrückenden Stille hörte sich ohnehin schon alles viel lauter an und sie hatte merklich Hemmungen diese Stille zu durchbrechen und jemanden auf sich aufmerksam zu machen. Obgleich das sicherlich der einzige Weg wäre, um herauszufinden, ob hier nicht doch noch jemand war, der überlebt hatte. Jemand den sie kannte.

All das rückte jedoch in den Hintergrund, als sich ihr Blick auf den leblosen Körper richtete, der vor ihr zwischen den Trümmern lag. Eigentlich hätte es keine Überraschung sein sollen und doch traf sie der Anblick des jungen Mannes völlig unvorbereitet. Nami konnte den Blick nicht abwenden. War es jemand, den sie einmal gekannt hatte? Ein Pirat? Es ließ sich nicht sagen und sie wagte es auch nicht genauer hinzusehen. Denn es war nicht nur der Anblick, der sich ihr unangenehm aufdrängte.

Sie raffte sich wieder auf, setzte den Weg fort, bis sie augenscheinlich am Rand der Stadt angekommen war. Oder dort, wo dieser einmal gewesen war. Das was sie erkennen konnte zeigte ihr, dass hier kein Stein mehr auf dem anderen lag, zumindest nicht so wie es sein sollte. Und mit jedem Schritt schob sich die Zerstörung weiter vor ihre Augen, obgleich ihr Sichtfeld durch das mangelnde Licht stark eingeschränkt war.

Der ehemals gepflasterte Weg tauchte wieder unter ihren Füßen auf, jedoch konnte sie diesen nicht einfach so entlanggehen, wie sie es sich vielleicht gewünscht hatte. Nami stolperte zur Seite, stützte sich an der Hauswand ab und wandte den Blick wieder vom Boden ab, um nicht hinsehen zu müssen. Leblose Körper waren zu erkennen, die auf der Flucht oder in einem Kampf getötet worden waren. Es ließ sich nicht sagen und spielte auch keine Rolle. Männer, Frauen. Kinder? Kurz schloss Nami die Augen, schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab, um gegen die Tränen zu kämpfen und etwas anderes zu fixieren. Etwas, welches ihr nicht das Grauen zeigte, welches dieser Angriff hinterlassen hatte. Doch es ignorieren? Das war unmöglich.

Sie schnappte nach Luft, öffnete den Mund, um durch diesen zu Atmen und gegen die Aufsteigende Übelkeit anzukämpfen. Wenn sie ihren - nicht vorhandenen - Mageninhalt nicht auf dem Boden verteilen wollte, dann musste sie dringend hier weg. Doch es war weniger eine klare Entscheidung oder der Umstand, dass sie ein Ziel vor Augen hatte, als das ihr Körper einfach übernahm und seinem Fluchtinstinkt folgte. Ihre Schritte trugen sie weiter, vorbei an zahllosen Körper, die die Straßen säumten und in dem verzweifelten Versuch den Gerüchen zu entkommen, die sich immer deutlicher zeigten und stärker wurden. Es roch nach Schießpulver, verkohltem Holz, kaltem Rauch, der sich in der Luft abgesetzt zu haben schien. Der Umstand, dass Nami durch den Mund atmete gab ihr das Gefühl, als würde sich der Rauch in ihrem Mund, auf ihrer Zunge absetzen und dort eine unangenehme Schicht bilden, die sie nicht einfach herunterschlucken konnte. Allerdings war das nur die erste Schicht an Gerüchen. Die erste überlagerte die Zweite auch, wenn das Verhältnis zu kippen schien je weiter Nami in die Stadt vordrang und je mehr Körper ihren Weg pflasterten. Zivilisten, Piraten, Soldaten. Alles war darunter. Der Tod schien vor niemandem halt gemacht zu haben und hatte zahllose Opfer gefordert.

Nami kämpfte sich weiter vor, obgleich es kein genaues Ziel gab. Sie wusste, dass das Viertel in dem sie gewohnt hatte angegriffen worden war, sie hatte es in der Nacht gesehen, als sie auf den Trümmern des Kinderheimes gehockt hatte. Dorthin musste sie ihre Suche also nicht richten. Genau genommen hatte sie gar keinen Grund überhaupt anzunehmen, dass es in dieser Stadt überhaupt etwas oder jemanden gab, nach dem sie suchen könnte. Doch wenn nicht hier, wo sonst?

Schwer atmete sie durch, musste wieder würgen. Der Gestank des Todes drang ihr in die Nase und brachte ihren Körper dazu sich völlig zu verkrampfen. Sie musste inne halten, presste sich die Hand vor Mund und Nase, während sie versuchte sich irgendwie zu orientieren. Je weiter sie lief, umso unerträglicher wurde der Geruch. Verwesende Leichen, Blut, verbranntes Fleisch und noch zahlreiche andere Gerüche mischten sich zu dem Rauch und dem Schießpulver zu einem unerträglichen Cocktail, der alles um sich herum ausmerzte.

Sie hustete, kämpfte gegen den Brechreiz an, während sich ihre Schritte beschleunigten. Weiter. Weg von hier. Unbewusst setzten ihre Schritte den Hafen als nächstes Ziel. Hier könnte sie darauf hoffen vielleicht noch ein Boot zu finden, irgendetwas mit dem sie die Insel verlassen könnte. Sie könnte damit die Insel umrunden, zurück zum Schmugglerlager, ein paar Vorräte und andere brauchbare Dinge einsammeln und dann verschwinden. Wenn es doch nur so einfach wäre. Doch das war es nicht. Nichts war mehr einfach.

Die Straßen wurden immer unzugänglicher. Nami musste immer öfter über Trümmer hinweg klettern. Der einzige Vorteil lag darin, dass sie versuchen konnte sich auf diese Weise einen Überblick zu verschaffen und zu erkennen, in welcher Richtung sie ihren Weg als nächstes Fortsetzen könnte. Gab es offenkundige Hindernisse? Konnte sie diese umgehen? Am Wasser waren die Lichtverhältnisse etwas besser, wenn auch nicht gut. Nami hatte sich dazu entschieden die alte Werft anzusteuern. Wenn es noch irgendwo etwas brauchbares gab, dann dort. Nur, dass sie dazu wohl durch das Zentrum des vergangenen Kampfes musste. Sie konnte sich kaum durch die Straßen bewegen ohne an einem leblosen Körper vorbei zu kommen, der Gestank wurde noch schlimmer, falls das überhaupt möglich war und so versuchte sie irgendwann doch Abstand zwischen sich und den Boden zu bekommen. Vielleicht war es doch besser irgendwie über die zerstörten Häuser zu gehen, obgleich das mit nur einer freien Hand alles andere als ratsam oder einfach war. Sie würde sich noch den Hals brechen, wenn sie nicht aufpassen würde!

Wie lange sie am Ende für den Weg brauchte konnte Nami nicht sagen. Sie war nass geschwitzt, konnte spüren, wie der Scheiß ihre Schläfe hinunter rann, ihren Nacken und in ihr Top hinein. Die Muskeln waren bis zum bersten angespannt und ihr war übel. Auf dem Weg hatte sie sich schließlich zwei Mal übergeben müssen. Zumindest hatte es sich so angefühlt. Denn was sollte sie erbrechen, wenn sie kaum etwas in ihrem Magen gehabt hatte?

Vielleicht war das alles eine Fehlentscheidung gewesen. Doch egal wie lange sie darüber nachdachte ihr wollte auch keine bessere Alternative zu all dem einfallen. Und so blieb Nami nichts anderes übrig, als sich weiter zu kämpfen. Nur nicht stillstehen. Bald hätte sie es geschafft. Wenn sie sich nicht irrte, dann müsste sie nur noch um die nächste Biegung, dann könnte sie den Hafen vor sich sehen. Dann hätte sie das schlimmste hinter sich. Und dann würde es hoffentlich wieder ruhig werden. Denn neben dem Gestank hatte Nami geglaubt immer wieder ein Wispern oder schmerzliches Stöhnen zu hören. Es konnte nicht sein, dass in diesem Inferno jemand überlebt hatte, obgleich auch sie auf etwas anderes hoffte. Doch zwischen all den toten Körpern? Nein. Es war als versuchten die Toten nach ihr zu greifen und sie mit in den Abgrund zu ziehen, wenn sie nur eine Sekunde innehalten und sich umsehen würde. Nami konnte es nicht leugnen; Panik hatte sie ergriffen. Eine kalte, unbarmherzige Panik, die sie einfach nicht mehr abstreifen konnte, die an ihr klebte wie ein Schatten.

Vielleicht wurde sie deswegen unvorsichtig und achtete nicht mehr genau auf ihre Umgebung, denn als sie um die nächste Ecke bog stolperte sie und verlor das Gleichgewicht. Sie schaffte es gerade noch die Öllampe abzufangen, bevor diese auf dem Boden aufschlug. Dafür konnte Nami sich allerdings selbst nicht halten und schlug unsanft auf dem Boden auf. Der Schmerz, der ihren Körper umfing, wurde kaum wahrgenommen. Es waren ohnehin zu viele Eindrücke. Nami hob den Blick und hielt inne. Das Licht wurde von etwas Reflektiert und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Noch während sie auf dem Boden kauerte hob sie mit zitternder Hand die Lampe und versuchte den Blick auf das zu zentrieren, was vor ihr lag.

Das erste, was sie erkannte war die abgebrochene Klinge, die auf sie gerichtet wurde. Der blutgetrennte Stahl zitterte und zeugte davon, dass es eine große Anstrengung sein musste, die Klinge überhaupt gehoben zu halten. Mit den Augen folgte sie der Klinge über den Arm hinweg zu der Person, die sie hielt. Ein Anblick der Erkenntnis in ihr auslöste. Nami schnappte nach Luft und raffte sich wieder auf die Beine, so dass sie mit wenigen Schritten den Abstand zwischen ihnen überbrückt hatte und wieder neben ihm auf die Knie ging.

„Oh Gott.. was ist passier?!“ Nami stellte die Lampe ab, während Zorro die Klinge wieder sinken gelassen hatte. Er atmete schwer und sah sie müde an. „Wir kriegen das hin.. mach dir keine Sorgen..“ Nur wusste Nami nicht, wo sie anfangen sollte. Er hatte so schrecklich viele Wunden und sie hatte nichts mit dem sie ihn versorgen könnte. Ihre Hände tasteten unkontrolliert über seinen Körper, während sie gleichzeitig nicht wusste, wie sie ihn berühren sollte, ohne ihm weitere Schmerzen zuzufügen. Sie würde erst inne halten und den Blick wieder von seinen Wunden lösen, als er plötzlich nach ihrer Hand griff und sie dazu zwang inne zu halten.

Unweigerlich hielt sie inne und hob den Blick wieder, um ihn anzusehen. In seinem Blick lag eine fast schon erschreckende Ruhe.

„Ich..“ Seine Stimme war brüchig, leise. Es fiel ihm sichtlich schwer die Worte zu formulieren. „.. hab sie erwischt..“. Nami zog wieder die Brauen zusammen und verstand nicht was er meinte. Wen sollte er erwischt haben? Die Soldaten? Doch noch bevor sie diese Fragen stellen konnte würde er weitersprechen und ihr das vorwegnehmen.

„Tashigi.. Smoker..“ Leicht weiteten sich ihre Augen. War es das, was ihn angetrieben hatte? Hatte er sie deswegen weggeschickt und hatte sich nicht selbst in seinem Versteck verkrochen? Nami spürte, wie ihre Augen begannen zu brennen. Ob es wegen dem war, was in der Luft lag oder schlichtweg deswegen, weil all das so schrecklich war und die Tränen sich wieder ihren Weg bahnten, konnte sie in diesem Moment nicht sagen.

„Idiot..“ Drang es schmerzlich über ihre Lippen. Ja, er war ein verdammter Idiot! Und doch kam Nami nicht umhin eine gewisse Erleichterung zu verspüren. Ein Cocktail aus Gefühlen, die nicht zueinander passen wollten und sich in ihr auftürmten.

„Wir müssen hier weg..“ Alles andere war in diesem Moment nicht wichtig. Hier konnten sie nicht bleiben und hier würde sie ihn auch nicht versorgen können. Nami stellte die Lampe zur Seite, versuchte sie so zu positionieren, dass sie möglichst viel sehen konnte, obgleich sie dennoch nur einen geringen Radius beleuchtete. Anschließend hockte sie sich neben Zorro, versuchte seinen Arm zu heben und sich über die Schultern zu legen, doch er hielt dagegen.

„Zorro.. komm schon.“ Sie hatten wirklich kein Zeit für so etwas. Es war auch so schon schwierig genug, daher richtete Nami den Blick mahnend auf ihn, doch er schüttelte nur den Kopf. Sein schwerer Atem war beunruhigend auch, wenn Nami versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie durfte auf keinen Fall in Panik geraten!

„Sie“, war das einzige Wort, welches über seine Lippen drang. Dabei kippte sein Kopf zur Seite, als wolle er auf etwas deuten. Bisher hatte Nami der Umgebung um ihn herum keine weitere Beachtung geschenkt. Sie hatte es nicht als notwendig erachtet und war einzig und allein auf Zorro und seine Wunden fixiert gewesen. Und so richtete sich ihre Aufmerksamkeit erst jetzt auf den Körper der versetzt hinter ihm lag und den er wohl versucht hatte mit seinem eigenen zu schützen. Das schwarze Haar fiel wirr in ihr Gesicht. Dunkle flecken zeichneten sich auf ihrem Körper ab, die vermutlich Blut waren.

Nami keuchte erstickt auf und bewegte sich um Zorro herum, sie kroch über den Boden, bis sie auf der anderen Seite angekommen war und neben Robin hockte, damit sie diese vorsichtig auf den Rücken drehen und ihr das Haar aus dem Gesicht streichen konnte.

„Robin.. Robin schau mich an!“ Ihre Stimme stolperte ihr davon, wurde lauter, unkontrolliert. Das Brennen breitete sich von ihren Augen über ihre Wangen aus, während sie das Gesicht der anderen umfasste und inständig hoffte, dass sie die Augen öffnen würde.

„Robin komm schon, wach auf!“ Jetzt kam sie, die Panik, die Angst. Sie durfte nicht tot sein! Sie durfte einfach nicht! Verzweifelt strich sie über ihre Wangen, verschmierte dabei das Blut auf ihrem Gesicht, doch erhielt keine Reaktion. Der einzige Trost könnte in diesem Moment der Umstand sein, dass ihre Haut warm war, doch was half das schon? Das sie nicht bei Bewusstsein war, war kein gutes Zeichen. Zumal Nami auch zu wenig erkennen konnte, als das es möglich wäre die Situation richtig einzuschätzen.

„Robin.. verdammt, tu mir das nicht an!“ Was sollte sie denn machen, wenn sie ihr jetzt wegsterben würde? Nein, das würde Nami nicht ertragen können.

Doch bevor sie sie sich weiter in diese Angst und ihre Panik hineinsteigern konnte spürte wie mit einem Mal Zorro’s Hand, die sich auf ihre Schulter gelegt hatte. Verzweifelt richtete sie den Blick wieder auf ihn und blickte wieder in diesen ruhige Grau in seinem Auge. Wie konnte er nur so ruhig sein?

„Da ist ein Boot.. ihr könnt weg..“ Drang es ruhig über seine Lippen. Nami sah ihn verständnislos an. „Du musst das Boot finden.. Die.. Klippen..“ Ein Boot. Woher wusste er wo sie ein Boot finden würde? War das sein eigentlicher Plan gewesen? Unendlich viele Fragen fluteten ihren Kopf und Nami wusste nicht mit welcher sie anfangen sollte. Doch der Griff an ihrer Schulter wurde etwas stärker, während Zorro sie eindringlich ansah. 
„Nami.. verstanden?“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf und sah wieder hinunter zu Robin. Sie war bewusstlos, Zorro war schwer verletzt. „Das schaffe ich nicht, ich kann nicht euch beide..“ Doch da brach sie ab und starrte Zorro an, der einfach nur leicht den Kopf schüttelte. Dabei musste er nicht aussprechen, was diese Geste zu bedeuten hatte. Die Bedeutung dessen drang auch so langsam zu Nami durch, so dass sie nun diejenige war, die vehement den Kopf schüttelte. Das konnte er nicht von ihr verlangen!

„Das kann ich nicht.“ Nein, sie konnte es einfach nicht. Egal was zwischen ihnen vorgefallen war und wie die letzten Jahre gewesen sein mochten, sie konnte das einfach nicht. Es war das eine ihm zu sagen, dass er sich von ihr Fernhalten sollte, etwas völlig anderes war es jedoch ihn hier zurück zu lassen. Inzwischen rannen die Tränen unaufhörlich über ihre Wangen.

„Ich kann das nicht..“ Hatte er denn überhaupt eine Ahnung, was er da von ihr verlangte? In welche Lage er sie brachte? Nein. Denn da war nichts als Ruhe in seinem Blick. Eine Ruhe die Nami schon sehr lange so nicht mehr gesehen hatte und die sie gleichzeitig an andere, bessere Zeiten erinnerte. Umso schlimmer war es, dass er wirklich glaubte sie könne nun einfach gehen, wo sie ihn gerade glaubte ihn wiedergefunden zu haben.

„Du kannst“, drang es leise über seine Lippen. Es war ihm anzusehen, dass jedes Wort ihn schrecklich viel Kraft zu kosten schien.

„Du hast es schon einmal geschafft.“
 

Gewissheit


 

Tief atmete sie durch, während die Sonne ihr Gesicht wärmte und sie langsam aus dem Schlaf holte. Träge streckte sie sich, verschob etwas das Laken unter dem sie lag und legte ihren Körper frei.

Freiheit.

Etwas träge würde sie die Augen öffnen und den Kopf drehen. Sicherlich war es noch früh, doch sie liebte es von der Sonne geweckt zu werden. Nami genoss jede Sekunde in der sie diese auf ihrer Haut spüren konnte. Da störte es sie auch nicht, dass sie viel zu früh aufwachte und vielleicht noch ein oder zwei Stunden hätte schlafen können. Sie war noch nicht bereit dazu auch nur eine Sekunde davon zu verpassen. Ihr Blick ging hinaus aus dem Fenster, wo sie ein wolkenloser Himmel erwartete. Und auch, wenn sie das Meer nicht sehen konnte, sie wusste das es da war und konnte die Möwen hören, die bereits aktiv waren und vermutlich ihr Frühstück suchten.

Zufrieden atmete sie durch und drehte den Kopf zur Seite, während sie die Hand zur Seite gestreckt hatte, um damit über die Matratze zu streichen. Leer. Jedoch war dies nichts ungewöhnliches. Sie war immer leer und doch gab es die Sehnsucht, dass es eines Tages doch anders sein könnte.

Schwer seufzte sie bei dieser Erkenntnis und würde sich langsam aufsetzen. Das Haar strich sie sich zurück, gähnte noch einmal herzhaft und würde sich erst dann aus dem Bett schieben. Wie jeden Morgen war der erste Schritt nach ihrem Morgenmantel zu greifen und sich diesen überzustreifen. Nami band das Band locker vor ihrem Bauch zusammen und würde sich dann mit gemächlichen Schritten auf den Weg in die untere Etage machen. Es war ein kleines, beschauliches Haus in dem sie lebte und was sie inzwischen ihr Heim nennen konnte. Viel hatte sich verändert nach den Ereignissen auf Abyssus, die inzwischen fast drei Jahr zurücklagen. Trotz dessen kam es Nami so vor, als sei es erst gestern gewesen, als sie über die Insel gerannt war, um ein Boot zu finden. Als sie um das Leben geliebter Menschen und gegen die Zeit gerannt war.

Auch heute gab es noch Tage an denen sie mit den Gerüchen aus einem Traum erwachte.

Bilder, die sie verfolgten.

Fragen, die nie beantwortet worden waren.

Sie gelangte in den unteren Teil des Hauses und würde dort die Küche ansteuern. Wie jeden Morgen würde sie sich ein Glas Orangensaft einschenken und sich mit diesem an den Küchentisch setzen. Zwei Dinge konnte sie von hieraus sehen, die ihr wichtig waren. Das eine war die Orangenpantage, die sich vor ihrem Fenster erstreckte und welche über die vergangenen Jahre eine beachtliche Größe erlangt hatte. Zu Nami’s Kindertagen hatte ihre Mutter sich noch alleine um die Plantage gekümmert und die Ernte eingetragen. Heute war das nicht mehr möglich und ihre Schwester musste ein paar Mitarbeiter beschäftigen, die sie in all dem unterstützten. Dennoch wurde die Arbeit mit der gleichen Liebe und Hingabe verrichtet wie früher, das war ihnen beiden wichtig.

Das zweite, worauf ihr Blick fiel, waren die Steckbriefe dort an einer Wand. Es gab vier Menschen, die immer in ihren Gedanken waren, seit dieser verhängnisvollen Nacht. Von zweien besaß sie kein Bild, weil es keine Steckbriefe von ihnen gab, und Nami wusste auch nichts über ihren Verbleib. Vermutlich waren sie in dieser Nacht gestorben, wie so viele andere, doch sicher wusste sie es nicht. Sie hatte sie nicht gefunden.

Die anderen beiden betrachtete sie jeden Morgen. Einer von ihnen hatte ebenfalls sein Leben verloren. Sie hatte seine Hand gehalten und ihn angefleht weiter zu kämpfen, nicht aufzugeben, doch seine Verletzungen waren am Ende zu schwerwiegend gewesen. Die andere war verschwunden. Nachdem sie von der Insel geflüchtet waren und sie wieder halbwegs stehen konnte war sie gegangen. Zu gefährlich hatte sie gesagt. Und wenn Nami ihr Kopfgeld betrachtete, was schwindelerregende Höhen angenommen hatte, dann stimmte es. Sie konnte nicht einfach aufhören, sich zur Ruhe setzen und glauben, dass die Marine aufhören würde sie zu jagen. Und so war sie untergetaucht, hatte Nami zurückgelassen. Das einzige, was Nami geblieben war, war ein Stück einer Vivrecard. Das kleine Stück hing zusammengerollt in einer kleinen, sehr dünnen Phiole, mit einer Kette um ihren Hals.

„Damit du weißt, dass ich noch lebe“, hatte sie gesagt. Damals hatte es logisch geklungen, doch damals war Nami auch davon ausgegangen, dass die ganze Sache vielleicht nur ein paar Monate andauern würde. Warten, bis sich die Aufregung gelegt hatte, ihre Sachen regeln und dann könnte sie wieder zurück kommen. Zumindest waren das ihre Hoffnungen gewesen. Doch sie war nicht zurück gekommen.

Trotz dessen, was Nami ihr offenbart hatte, entgegen ihrer Vernunft.

Trotz ihres Versprechens sich zu beeilen.

Es gab keine Meldungen in der Zeitung, keine Anhaltspunkte. Nichts. Es war eine kaum auszuhaltende Stille, die sich über all das gelegt hatte und, die es Nami doch schwer machte damit umzugehen. So lange hatte sie sich gegen das gewehrt was sie empfunden hatte. Und dann war es am Ende doch aus ihr herausgebrochen. Die Angst sie zu verlieren ohne etwas gesagt zu haben war zu groß gewesen. Doch was hatte dieses Eingeständnis ihr am Ende gebracht?

Nichts.

Sie war dennoch gegangen.

Sie hatte gehen müssen.

Seufzend würde Nami sich ihrem Orangensaft zuwenden und das Glas langsam leeren. Frühstücken würde sie nicht, das würde sie verschieben. Meistens machte sie es später, wenn Nojiko ihre erste Runde gedreht hatte und sie Zeit hatten, um sich gemeinsam hinzusetzen. Nami genoss durchaus die Zeit, die sie mit ihrer Schwester hatte. Allgemein das Leben, welches sie hier in ihrer Heimat leben durfte und was so weit weg von dem war was sie auf ihrer Reise erlebt hatte. Manchmal hatte Nami das Gefühl, dass es nur noch eine ferne Erinnerung aus einem anderen Leben war.

Und so würde sie das Glas in die Spüle stellen und durch das Haus laufen, um schließlich hinaus zu treten und sich von er warmen Sommerbriese empfangen zu lassen. Doch viel wichtiger als das war die Sonne, an der sie sich einfach nicht satt sehen konnte. Nami bekam nicht genug davon das Licht zu sehen und die Wärme auf ihrer Haut zu spüren. Etwas schier so alltägliches, dass die meisten Menschen den wirklichen Wert dahinter einfach nicht verstehen, nicht wertschätzen konnten.

„Sieh an, wer es endlich aus dem Bett geschafft hat!“ Nami verdrehte die Augen und blickte zur Seite, um ihrer Schwester entgegen zu sehen, die mit einem breiten Grinsen und sichtlich guter Laune auf sie zugelaufen kam.

„Ich mache das Café erst in zwei Stunden auf wie du weißt“, verteidigte Nami sich nur trocken. Ja, das wusste Nojiko wohl. Denn während sie auf der Plantage arbeitete und das Erbe ihrer Mutter fortsetzte hatte Nami im Dorf ein kleines Café eröffnet in dem sie in erster Linie Kaffee, Orangensaft und verschiedene Gebäcke mit Orangen verkaufte. Nichts davon kam an das heran was Sanji ihr früher gemacht hatte, doch der Küchenchef den sie hatte, war durchaus in Ordnung. Und so konnte auch sie etwas zu dem ganzen beitragen, was ihre Schwester aufgebaut hatte.

„Es würde dir dennoch gut tun dir mal die Hände dreckig zu machen.“ Nojiko trat an sie heran und reichte ihr die Zeitung, die sie mitgebracht hatte. Sie wusste wie wichtig es Nami war die Nachrichten durchzugehen, ehe sie in den Tag starten würde. Auch, wenn Nojiko nicht wusste warum sie das tat. Über Robin hatte Nami nie mit ihr gesprochen, zumindest nicht so das sie wüsste welche Gefühle wirklich im Spiel waren. Vielleicht konnte es sich ihre Schwester aber auch denken und ließ es ihr einfach nur unkommentiert durchgehen.

„Komm, lass uns frühstücken, ich habe heute noch viel zu tun“, wiegelte sie ab, bevor Nami noch etwas sagen konnte. Nicht, dass es ihrem üblichen Tag entsprach aber Nami würde es auch nicht weiter kommentieren. Dann würde sie sich die Nachrichten wohl erst später ansehen können.

***

Die kleine Glocke über dem Eingang ertönte, als Nami die Tür aufschloss und in das Café eintrat. Es war nur ein kleiner Raum im Vergleich zu ihrer Bar, doch zumindest der Name hatte sich nicht verändert. Zusätzlich hatte sie hier auch die Möglichkeit einige Plätze draußen anzubieten, damit die Menschen in der Sonne sitzen und dort ihre Speisen genießen konnten. Es hatte durchaus seine Vorzüge und sicher wusste Nami am meisten zu schätzen, dass sie all die Bewohner der Insel kannte und die Menschen aus ihrem Dorf zu schätzen wusste, was die Arbeit deutlich angenehmer und entspannter machte.

Gerade hatte sie die letzten Kissen hinaus gebracht, um sie dort auf die Stühle zu legen und nun fehlten lediglich die beiden Sonnenschirme, die noch aufgestellt werden mussten. Eine alltägliche Arbeit die Nami so viel Routine bot, dass sie nebenbei auch ausreichend Zeit hatte, um sich anderen Gedanken zuzuwenden. Wie beispielsweise den Schlagzeilen, die an diesem Tag in der Zeitung gestanden hatten und sie doch sehr nachdenklich stimmten. Die Marine hatte das Hauptquartier der Revolutionäre angegriffen. Ein vernichtendere Schlag wie es hieß. Sicher etwas über das man streiten konnte und doch wusste Nami, dass es durchaus nicht zu unterschätzen war. Wie viel sie vernichten konnten hatte Nami am eigenen Leib zu spüren bekommen. Daher nahm sie die Aussagen, die in diesem Artikel getätigt wurden durchaus ernst. Keine Überlebenden. Das war gleich in den ersten Sätzen klargestellt worden.

Nami griff nach den beiden Sonnenschirmen und würde sie sich über die Schulter legen, bevor sie mit diesen durch den Verkaufsraum und dann durch die Tür wieder hinaus ins freie trat. Erst dort stellte sie die Schirme wieder ab und würde sie dann gegen die Hauswand lehnen, damit sie sie einzeln aufstellen konnte.

Keine Überlebenden.

Anscheinend hatte man kurzen Prozess gemacht und hatte keine gefangenen nehmen wollen, so wie herausgearbeitet wurde, dass es niemanden mehr gab, der jetzt noch zu den Revolutionären gehören würde. Nami hatte gleich zu der Kette an ihrem Hals gesehen, doch das Papier war noch da. Und dafür gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder Robin hatte sie angelogen und das Papier sagte absolut nichts über ihren gesundheitlichen Zustand aus oder aber, Robin war nicht unter den Opfern. Doch sollte die Marine es wirklich zugelassen haben, dass ausgerechnet sie einfach davonkam? Das konnte sich Nami durchaus nicht vorstellen. Und gleichzeitig hatte man explizit beschrieben, dass man Dragon und seine höchstrangigen Unterstützer erwischt hatte. Das Robin zu diesen gehörte war ein offenes Geheimnis und ihr Name tauchte neben dem von Sabo, Ivankov, Bello Betty und anderen auf.

Der erste Schirm rutschte in seine Halterung und Nami befestigte ihn so, dass sie ihn aufspannen konnte. Die Verbreitung der Nachrichten funktionierte über die Meere doch recht langsam. Wenn es stimmte, dann musste dieser Anschlag bereits etwas her sein. Doch selbst wenn dem so war schien es nicht zusammen zu passen.

Noch während Nami sich den Kopf weiter zerbrechen würde, würde sie den zweiten Schirm aufstellen und sich dann wieder auf den Weg hinein machen. Dabei drehte sie noch das Schild an der Tür um, damit deutlich wurde, dass sie ab jetzt geöffnet hatte. Doch die Kunden würden schon von alleine kommen. Nami würde durch diese Arbeit nicht reich werden, doch sie hatte eine Aufgabe und das war für sie in erster Linie das wichtigste.

Nun musste sie nur noch ein paar Sachen verräumen und dann hätte sie den ersten Teil geschafft. Wieder läutete die kleine Glücke über der Tür, als diese geöffnet wurde und dann wieder zufiel.

„Ich bin sofort da, was darf es sein?“ Fragte sie nur, während sie ein paar Gläser zurück in das Regal schob und dabei hörte, wie sich Schritte durch den Raum bewegten und wohl schließlich am Tresen stehen blieben.

„Ein Kaffe, schwarz. Und einen Moment deiner Zeit.“


 



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Kommentare zu dieser Fanfic (61)
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Von: robin-chan
2023-06-25T17:40:34+00:00 25.06.2023 19:40
Ich mag dich nicht mehr ... hast du tatsächlich Sanji über den Jordan geschickt? Dein Ernst? -__-
So etwas fordert Opfer ... ja, ist klar, aber Sanji? Der nur Nami finden wollte ... T_T Finde ich nicht korrekt von dir.
Wenigstens haben die zwei überlebt. Immerhin 50 Prozent, gratuliere :P Nachdem was du ja meintest, war ein Zeitsprung offensichtlich und man hätte da durchaus noch ein paar Kapitel unterbringen können (was ich mir, wie du weißt, natürlich erhofft habe), aber im Nachhinein muss ich sagen, es passt wie es ist. Es rundet die Geschichte ab und das Robin einfach so bleibt und sich niederlässt, ne. Das passt in dem Fall gar nicht zu ihr. Aber drei Jahre? Bisschen lange lässt die Frau schon auf sich warten. Ohne Info, ohne irgendwas. Ist auf Dauer nicht gerade herrlich ständig nur auf Nachrichten angewiesen zu sein.
Wenigstens hat sich Nami zurück zu ihrer Schwester gekämpft und führt dort nun ein deutlich ruhigeres, angenehmeres Leben. Und nach den Jahren ist es verständlich wie sehr sie die Sonne genießt, das lernt man definitiv zu schätzen.
Was ich schade finde, und das ist eh klar, dass du genau abbrichst, wenn es spannend wird xD Aber natürlich, so gehört es sich, was? Aufhören, wenn es am schönsten ist. Wenigstens gibt es die Gewissheit und sie ist tatsächlich zurückgekehrt, alles andere darf man sich dann denken und da gibt es genügend Spielraum :)

Das Warten hat sich für mich gelohnt (oder das Hoffen du schreibst irgendwann fertig?). Die Atmosphäre hatte mich von Anfang an und ich wurde nie enttäuscht. Deshalb finde ich es gar nicht schlimm, dass die Beziehung der beiden nie so direkt da war, keine großen Momente etc. Irgendwie hätte die Romantik nie hinein gepasst. Sicher, der Gedanke kam in manchen Momenten auf, aber sieht man sich das Gesamtwerk an, so war die Art wie du das mit ihnen oder das Rund um Zorro eingepackt hast, einfach die ideale Lösung.
Ach Mensch, ich bin echt ein bisschen traurig das es vorbei ist. Hoffentlich kommt was neues von dir :)
Von: robin-chan
2023-06-25T17:17:54+00:00 25.06.2023 19:17
Jetzt aber ... und da habe ich mich richtig erinnert, wie ich gesehen habe. Also das letzte Kapitel ... was verdammt ist mit Sanji? D: Du kannst ihn jetzt nicht so in der Luft hängen lassen :')
Aber erst mal den Rest. Ich finde ja diese Still angenehm. Man hört alles, wird bei seinen Gedanken nicht gestört... auweh. Da sind sie brav drüber, aber aufräumen will niemand. Wundert mich fast das sie verschwinden, ohne nochmals drüber zu schauen. Oder sie haben und Nami hat wirklich all das verschlafen, was aber gar nicht so wichtig ist. Fakt ist, die Situation ist schlimm genug und ich kann nur immer wieder sagen, dass ich es einfach liebe wie du die Atmosphäre rüber bringst.
Mit Zorros Tod (anderes kann ich mir überhaupt nicht vorstellen) habe ich gerechnet, aber das er dann doch noch Robin beschützt und so gesehen wartet, bis Nami sie findet ... es ist so passend, vor allem zusammen mit seiner Art Rache. Er hat eben doch noch das Herz am richtigen Fleck gehabt, es musste eben erst der schlimmste Fall eintreffen, bis er zurückfand. Irgendwie kann ich mir für ihn kein anderes Ende vorstellen, als das er an dem Ort stirbt.
Und ja, sie hat es früher schon geschafft. Wenn man jemanden wie Zorro über die halbe Insel schleppen kann, dann sollte Robin weitaus leichter sein. Auch wenn die Kräfte langsam schwinden.
Mir gefällt, wie du die Situation beendet hast. Habe mich die letzten Kapitel über ja schon gefragt, wie der Schnitt zustanden kommt und es rundet alles ab. Schade, jetzt wartet nur noch der Epilog ... was ist mit Sanji D:
Von: robin-chan
2023-06-11T20:19:58+00:00 11.06.2023 22:19
Bisschen spät für solche Gedanken? Rational ist nicht immer klug und in Anbetracht der Situation hätte Robin eventuell schon früher schalten können ... ach nein, erst mal ab ins Gemetzel und dann mal darüber nachdenken, was klüger gewesen wäre. Nämlich die Frau in Sicherheit bringen, die sie ja ein bisschen lieben könnte? Warum auch früher, ist doch öde, oder? Lieber bis an die Grenzen gehen und die erste Quittung kassieren. Auf Dauer kann es eben nie gut gehen, vor allem wenn dann größere Kaliber kommen, gegen die man so kaum eine Chance hat ... btw. Plot-Amor! xD Ruffy bekommt den auch, warum also nicht Robin gegen Smoky? Wobei ich nichts gegen seinen Kampf mit Zorro habe. Der soll sich mal so ordentlich austoben und sich rächen. Wobei mir das Miststück fast zu gut davon kommt ... oder war da noch was? Wäre angemessen. Finde ich. Ab mit dem Kopf oder so ... Ich merke gerade, die Frau hat sich keine Sympathie abgeholt :D
Ich liebe diese Settings einfach. Ich bin ja wirklich gespannt, wie du das auflöst, was am Ende herauskommt. Eine spielt Dornröschen, einer ist verletzt im Nirgendwo und dann die beiden. Robin ist vorerst wohl außer Gefecht oder halt am Ende ihrer Kräfte für großartige Kämpfe und Zorro scheint sich wohl dem Blutrausch hinzugeben. Die Lage wird immer verzwickter und ich liebe es xD
Von: robin-chan
2023-06-11T20:06:27+00:00 11.06.2023 22:06
Alles geht den Bach runter und Nami gönnt sich ein Schläfchen? Eine gute Taktik, einfach alles verschlafen :P
Fürs erste hat sie mit seinem Versteck tatsächlich eine ruhigen Platz gefunden, fraglich ist aber für wie lange? Im Grunde versucht man hier gerade die ganze Insel in Schutt und Asche zu legen. Ich bezweifle dass man das einfach aussitzen kann. Für den Moment, aber nicht für länger? Geht sie von alleine nach draußen oder wird sie aufgespürt? Ich kann mir einfach nicht vorstellen wie sie diese Situation einfach nur aussitzt ... ne?
Aber für sie ist diese kurze Ruhe definitiv kein Fehler. Das Überrumpelt werden, das Waisenhaus, die Unsicherheit auch hinsichtlich Robin.
Irgendwie ja richtig fies wie du alle aufteilst, auf der anderen Seite ist das ja genau das spannende daran. Jeder hat bei dem Chaos seinen eigenen Weg, wobei Sanji mir grade leidtut. Die Aufgabe nach Nami zu suchen wird mit dem Versteck natürlich überhaupt nicht erleichtert, zumal er sich jetzt lieber mal um sich selbst kümmert, wenn alles schon so nah kommt. Und warum muss man immer mit Feuer spielen? Als wirklich. Man muss ja nicht immer gleich alles abfackeln. Wo ist das der Spaß, wenn alles so schnell geht xD Böse, ich weiß :P


Von: robin-chan
2023-05-29T11:45:12+00:00 29.05.2023 13:45
-__-
Natürlich ... eine normale Trennung wäre eine Spur zu einfach gewesen, was? Hat das Miststück wenigstens bekommen, was sie verdient? D:
Das erklärt natürlich seinen extremen Wandel. Herz verloren, verraten, fast abgekratzt. Anscheinend hätte er lieber auf Namis Gefühl gehört. Doch zu schön um wahr zu sein. Irgendwie versteht man Zorro. Man ist verliebt, übersieht gern alles und läuft in die Falle. Muss ordentlich an der Ehre kratzen. Von einer Frau vorgeführt zu werden ... das Erlebnis verändert, aber entschuldigt sein Verhalten nicht. Nicht Nami gegenüber.
Hört sich für sie nicht nach einem tollen Urlaub an. Eigentlich sollte er es checken. Und ohne sie wäre er tot. Und will man so einem Horror entkommen, auch noch zu zweit, dann muss man eben das eine oder andere auf sich nehmen. Bis zu einem Punkt habe ich mit ihm Verständnis, aber ab dann ... gut, anscheinend versucht er das jetzt in der Gegenwart irgendwie gut zu machen. Trotzdem. Er hat ordentlich eine Trachtprügel verdient. Der eigene Schmerz rechtfertig nicht alles, erst recht nicht, wenn man jemanden das Leben verdankt.
Also du schmeißt am Ende hin ja noch ordentlich was raus. Es gibt Antworten, aber man fragt sich erst recht, warum sie ihn ab da nicht endgültig aus ihrem Leben gestrichen hat. Damit hat er viele Punkte verloren, Arsch D:
Bin mal gespannt mit was das nächste Kapitel aufwartet :)
Von: robin-chan
2023-05-23T20:00:39+00:00 23.05.2023 22:00
Du Arsch! :O Hast du gerade die Chance auf die verrückteste Familie zerstört? xD Pff... nicht nett :'D Egal, ist abgehakt. Als ob du gesittet vorangehst. Immer auf die armen Kinder. Bauernopfer. Echt jetzt. Kinder halten auf, ist klar, aber wenn Nami schon leichte Muttergefühle entwickelt.
Okay, jetzt bin ich fertig. Böse, böse.
Ich muss sagen, mir gefällt die Lage von Kapitel zu Kapitel besser. Zum Glück hast du die Geschichte wieder aufgenommen. Die Zeit hat dir da jetzt gut in die Karten gespielt. Robins Dämonenform ... das beste Power-Up. Natürlich klingelt etwas bei Nami. Sie sollte schon irgendwie eins und eins zusammenzählen können. Irgendwie, aber in dem Moment? Auweh. Erst wird man von Kanonen geweckt, dann bricht Chaos aus ... ein totes Balg. Ja ne, das ist nicht gerade einfach. Gott sei Dank existiert Zorro, der mal handelt. Richtig handelt. Nicht wieder nur dummes Zeug labert und Mist baut. Ich war ja schon gespannt wann er bei ihr auftaucht. Denn nach allem hätte es gar nicht anders kommen dürfen. Sie bedeuten sich eben doch etwas und das er ihr Leben retten will und einen Plan für sie hat ... irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl er wird den Angriff nicht überleben? Er wirkt recht zielstrebig und alles steht offen.
Nur bin ich jetzt gespannt, wie es weitergeht und wie sich die anderen finden. Sofern sie sich finden? Ach, irgendwie laufen sie sich doch immer über den Weg. Wehe nicht D: Ich verstehe Sanji ... in dem Moment zicken, wenn ein andere Plan genauso hilfreich ist bzw. vielleicht sogar höhere Überlebenschancen liefert? Ausharren ist so ne Sache. Andererseits verspricht nichts abzuhauen. Eigentlich ne 50/50 Angelegenheit. Aber wie gesagt, dumm gelaufen, wenn Zorro nichts sagt.
Ich hätte ja gerne gleich heute das nächste Kapitel ... die Spannung steigt, ich kanns kaum erwarten zu wissen was noch alles kommt. Ja, ich liebe dieses Szenario :D
Von: robin-chan
2023-05-07T08:09:09+00:00 07.05.2023 10:09
Langsam brauchst du dich nicht mehr wundern, wenn ich gewisse Entwicklungen erwarte xD Sofern du nicht irgendeine Wendung bringst, sollte die Zusammenkunft ja wirklich noch etwas auf sich warten lassen.
Wenigstens hat sich Robin auf die Suche nach ihr gemacht. Ist ein Anfang, statt seelenruhig Kaffee zu trinken. Wenn es bloß dabei bleiben würde x) Ich verstehe ja eigentlich beides. Einerseits kann man auf Dauer nicht vor allem weglaufen, man muss sich stellen, aber gerade in der Situation? Auch wenn es richtig ist und Sinn ergibt? Immerhin wäre es genauso sinnvoll irgendwie Nami zu finden und versuchen mit ihr von der Insel zu verschwinden. Zusammen durchkämpfen geht, zumal man Sanji mit im Boot hat. Stößt Zorro noch dazu? Beide Seiten haben Vor- und Nachteile. Aber er Weg ist jetzt erst mal gewählt xD
Was mir aber so richtig gut gefällt ist die Atmosphäre, die bekommst du einfach super hin und ich bin umso neugieriger, wie sich die kommenden Kapitel entwickeln. Besonders die angekündigten Kämpfe :P
Von: robin-chan
2023-04-22T13:00:32+00:00 22.04.2023 15:00
Lasst die Spiele beginnen ... oder so. Hilf mir mal, warum habe ich geahnt, dass die beiden kein normales Gespräch in Ruhe mehr führen dürfen, bevor alles ins Chaos stürzt? Verstehe ich nicht xD
Nach dem Hoppla von Zorro und Sanji würde ein Drink mehr nicht schaden. Im eigenen Lager dürfte sich sicher noch das eine oder andere Schlückchen befinden. Nur die Gedanken sind berechtigt, in beide Richtungen. Mit der Vergangenheit abschließen ist alles andere als leicht, sie hat mit Zorro eines mitgemacht, auch positives und dann mit jemanden wie Robin ... hier steht das Verschlossene schon im Vordergrund. Und Robin gehört noch immer zu den Revolutionären. Ob sie das lässt, ob Nami so etwas möchte? Ich wäre ja dafür das Kind einzupacken und einfach abzuhauen. Zorro spielt den nervigen Onkel und Sanji den, der die Kleine verwöhnt. Unterwegs gabelt man noch irgendwo ein Rentier auf. Fertig xD

Also, wenn ich die nicht ausgetrunkene Tasse sehe ... ich würde mir da ernsthafte Gedanken machen. Aber ist Robin eine erwachsene Frau, die macht was ihr gefällt bzw. nach so einem beschissenen Tag, wie Nami ihn gehabt hat, möchte sich wohl jeder fluchtartig unter der Decke verkriechen. Nicht jeder geht vom Schlimmsten aus. Gut, wenn man deine Geschichten kennt, dann schon ... (oh, hab mir die Fragen gerade ja selbst beantwortet :P)
Es beginnt also und Robins Informant hat dezent verkackt ... ein paar Tage und ein paar Stunden verwechseln ist etwas fahrlässig xD Bin echt gespannt wie du das jetzt machen wirst. Vor allem jetzt, wo sie alle brav aufgeteilt sind. Was macht Zorro aus der Situation? Wo ist Robin unterwegs? Man kann vom Suchen ausgehen, aber die schnelle Flucht? Sucht sie eben Nami oder will sie zuerst eine mögliche Flucht endgültig vorbereiten? Und natürlich ist die Frage, ob sich Nami um Aissa kümmert, daran denkt sie mitzunehmen oder einfach mal planlos durchs Chaos stolpert ... es wird jetzt sehr spannend muss ich sagen :D
Von: robin-chan
2023-04-05T15:11:56+00:00 05.04.2023 17:11
Keine Gefühle, dafür nüchtern einen Plan ausarbeiten ... ist klar, funktioniert ja immer. Besonders mit einer Gefahr im Nacken, wegen der sie ein Weile zuvor aufgescheucht durch die Gegend gerannt ist xD Manches ließe sich verhindern, wenn man ein paar Minuten vorher den Mund aufmacht oder wenigstens gewisse Anspielungen macht, die auf ein mögliches Chaos hinweisen, aber ja, bleiben wir beim emotionslosen Vorgehen xD Und natürlich kommt da die Frage nach der Liebe ungelegen.
Mich wundert es ja wie reibungslos die Begegnung der beiden abgelaufen ist. Vermutlich will Zorro die Angelegenheit, nach seinem perfekt ausgelöstem Fiasko, selbst mal nüchterner angehen. So bleibt wenigstens die Unterkunft heil, wobei ... gäbe es Nami nicht den endgültigen Grund von der Insel zu verschwinden? Keine Bar, keine Dach über dem Kopf. Kind ist gleich eingepackt, Problem gelöst :P
Frage mich ja, ob er eigentlich auf Nami gewartet hat, um sich eventuell zu entschuldigen oder einfach nach ihr zu sehen oder ob er es von Anfang an auf Robin abgesehen hat. Letzteres würde ja passen. Schließlich ist ihm Robin ja ein kleines Dorn im Augen. Selbst wenn sie nur ab und an da ist, aber wenn sie da ist, ist sie anscheinend recht nett :P
Ob sie es besser macht oder nicht, ist eigentlich eine recht lustige Frage. Zu seinem Verhalten hat Robin eindeutig noch Luft nach oben, da bräuchte sie gar nicht mal so viel zu machen xD
Bin echt gespannt, wie du das jetzt weiterführst. Es bleibt auf jeden Fall spannend :)
Von: robin-chan
2023-03-12T09:03:55+00:00 12.03.2023 10:03
Autsch ... damals war die Welt ja noch in Ordnung. Da war Zorro ja noch ein Art ein Gentleman. Das gefällt mir an solchen Rückblenden. Der schöne Kontrast zur Gegenwart. Der Gute hat sich ja komplett gewandelt. Die liebe Tashigi hat eindeutig das Weite gesucht, keine Zukunftsplanung mehr xD
Da frage ich mich ja, ob man noch näher erfahren wird, was genau passiert ist? Wie oder wann Tashigi kein Thema mehr war, wann sich Nami wieder vermehrt auf Zorro eingelassen hat? Schade, das Miteinander hat anscheinend gut funktioniert. Die Freundschaft steht den beiden definitiv besser.
Wobei die eine Kleinigkeit sich noch immer nicht verändert hat. Nami und die Liebe. Recht hat Zorro. Wobei ihre Wahl da ja nicht weniger kompliziert ist und man gerne etwas nach hinten schiebt xD
Die Entwicklung zwischen Zorro und Nami ist schon traurig. Ob eine Rettung möglich ist? Oder haben sie das Band endgültig gekappt? Darauf bin ich wirklich gespannt.
Wie immer ein tolles Kapitel, das eindeutig Lust auf mehr macht :)


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