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Wege des Lebens

von

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Ein schrecklicher Geburtstag

Aoko und Ran hatten Geburtstag. Endlich wurden sie achtzehn Jahre alt. In ihren Klassen zählten sie zu den jüngeren, da ihr Geburtstag im Spätsommer war.

Die diensthabende Schwester Yuzura, gratulierte den Mädchen, ehe sie ihnen das Frühstück brachte. Auch die Krankenschwester, die das Geschirr wieder abräumte gratulierte freundlich.

Es war ein seltsames Gefühl plötzlich mit jemanden zusammen Geburtstag zu haben. Natürlich gab es viele Menschen, die am gleichen Tag geboren waren, aber wenn man jemanden kannte und kürzlich von einer Verwandtschaft erfahren hatte, war es schon merkwürdig.

Diese Gedanken gingen Ran durch den Kopf und sie sehnte endlich den Nachmittag herbei. Dann hätte sie die blöden Untersuchungen hinter sich gebracht und Conan, Sonoko, wie auch die Detective Boys würden kommen. Wie gerne würde sie aufstehen und herumlaufen. Sie hatte dieses ständige Liegen und sich nicht bewegen können so satt.

Aoko verhielt sich mächtig still an diesem Tag. Ran konnte es sogar verstehen. Nach achtzehn Jahren zu erfahren dass man vertauscht wurde, riss einem den Boden unter den Füßen weg. Sie glaubte fast, dass Aoko sich nichts sehnlicher wünschte, als wenn dieser Tag vorüber war.

Ihre Augen streiften die Uhr und der Vormittag ging vorüber. Es klopfte an der Tür, als Schwester Yuzura eintrat und sich zu Ran ans Bett stellte. „Ich werde Sie zum Röntgen bringen. Es wird nicht lange dauern.“

Ran nickte.

Die Schwester löste die Bremsen am Bett und schob die Patientin behutsam aus dem Zimmer raus.

Aoko blieb alleine zurück und starrte emotionslos aus dem Fenster.
 

Als die Schwester endlich das Zimmer verließ, drehte er sich geschäftig zu einem an der Wand hängenden Plan. Seine Hände steckten in den tiefen Taschen des weißen Arztkittels. Das lange blonde Haar fiel ihm offen über den Rücken.

Das Bett wurde an ihm vorbei geschoben und verschwand den Gang entlang zu den Aufzügen.

Er hob seinen Blick und beobachtete die Krankenschwester. Sie stand mit dem Rücken zu ihm. Seine Augen suchten den Gang ab und als er sich versichert hatte, dass er alleine im Gang stand, bewegte er sich und verschwand schnell in dem gesuchten Zimmer. Ohne zu klopfen trat er ein und verschaffte sich einen Überblick.

Das Mädchen, welches im Bett lag, richtete ihre Augen auf ihn.

Schnell überwand er den Abstand zum Bett, während sie überrascht ihre blauen Augen aufriss. „Aber Sie sind doch...“, weiter kam sie nicht, da er ihr schnell, mit einem in Chloroform getränkten Tuch, den Mund zuhielt.

Sie begann sich zu wehren, zu kreischen, zu schreien, aber seine große Hand auf ihren Lippen verhinderte laute Geräusche. Es dauerte nicht lange, dann fielen ihr die Augen zu.

Ein Grinsen legte sich über seine schmale Lippen. Schon bald würde SIE ihm gehören. „Das Spiel beginnt, Kudo“, murmelte er vor sich hin, während er die Bremsen des Betts löste und dieses aus dem Zimmer schob. Es war keine Menschenseele weit und breit zu sehen und er schaffte es den kurzen Weg zum Aufzug ungesehen hinter sich zu bringen.

Hinter ihm schlossen sich die Türen. Ein kurzes erstes Durchatmen, dann drückte er den Knopf eines bestimmten Stockwerk und ließ seine Augen über das schlafende Mädchen gleiten.

Es war ein leichtes in die Klinik zu kommen, sich als Arzt zu verkleiden und im Computer die erwünschten Daten herauszufinden. Die Sicherheitsvorkehrungen waren so schlecht, und erneut fragte er sich, ob dieses Krankenhaus überhaupt Sicherheitsmaßnahmen kannte.

Mit einem leisen Pling kündigte der Aufzug das Ende der Reise an und öffnete automatisch die Türen.

Er schob das Bett aus dem Aufzug, folgte einem bestimmten Weg durch einige Gänge. Wenige Minuten später stieß er eine Türe auf. Sein Weg führte zu einem Krankenwagen, der bereits mit offenen Türen zur Abfahrt bereit stand. Er bremste mit dem Bett ab, während eine Gestalt hinter der Türe hervor kam. „Ist sie das auch wirklich, Gin?“

„Natürlich ist sie das“, keifte der Angesprochene. Im nächsten Moment zog er die Bettdecke weg und beide sahen, wie sie in einem Schlafanzug bekleidet im Bett lag. Ihre Augen musterten das Mädchen von Kopf bis Fuß und auch der leicht rote Blutfleck an der linken Seite in ihrem Oberteil entging ihnen nicht. „Wir müssen los. Beeil' dich, Vodka!“

Der stämmige in schwarz gehüllte Mann trat einen Schritt vor und hob das Mädchen vom Bett auf die Trage. Gin und er befestigten sie mit den Gurten, ehe sie die Trage mit dem Mädchen in den Krankenwagen schoben und die Türen verschlossen.

Gins Blick glitt zu der Kamera, die über der Türe hing, und kniff seine Augen zusammen. Auch Vodka folgte seinem Blick. „Die funktioniert nicht“, erklärte er und drehte sich vom Krankenwagen weg.

„Das will ich auch hoffen“, knurrte Gin und ging an dem großen Transportfahrzeug entlang. Die Fahrertür war schnell geöffnet und er konnte einsteigen. Im nächsten Moment war der Motor gestartet und langsam fuhr der Blonde aus der Tiefgarage. Ihm folgte ein schwarzer Kombi, an dessen Steuer Vodka saß.
 

Kaito verließ das Schulgebäude. Er wollte sofort zu Aoko und den Nachmittag bei ihr verbringen. Kaum war er ein paar Schritte über den Schulhof gegangen rief Hakuba ihm nach. „Kuroba, warte mal kurz.“

Genervt drehte sich der Braunhaarige um. „Was gibt’s denn? Ich habe es eilig.“

„Ich auch, darum werde ich mich kurz halten“, antwortete der Blonde missbilligend. „Was läuft zwischen dir und Aoko?“

Der Teilzeitdieb zog seine Brauen zusammen. „Was geht das dich an?“

Hakuba steckte seine Hände in die Hosentaschen und sah ihn mit gelangweilter Miene an. „Wir hatten mal eine Wette laufen. Wenn du und Aoko euch getrennt habt, wovon ich im Moment stark ausgehe, ist der Weg für mich frei.“

„Das hättest du gerne“, knurrte Kaito leise.

„Das ist so, Kumpel. Deal ist Deal.“ Hakuba ging einige Schritte weiter. „Ich muss jetzt los. Man sieht sich“, verabschiedete sich der Detektiv, fügte aber noch leise hinzu: „Kid.“ hinzu.

Kaito schickte seinem Rivalen noch finstere Blicke nach und wollte ihm noch eben ein: „Ich bin nicht Kid!“ nachrufen, als er von Yoko und Keiko überholt wurde.

Beide schnatterten ohne Pause. „Ich hoffe, dass ihr das Geschenk gefällt“, wünschte sich Keiko besorgt.

Yoko hingegen meinte: „Lass uns doch jetzt gleich zu ihr gehen, dann weißt du es.“ Sie blickte auf den Rücken des blonden Mitschülers. „Hey, Saguru. Du wolltest doch jetzt auch zu Aoko.“

Hakuba blieb stehen und drehte sich den Mädchen zu. Er nickte, wobei sein Blick auf Kaito Kuroba fiel.

„Lass uns doch zusammen gehen“, fügte Yoko hinzu.

Sie wollten auch alle zu Aoko? Kaito missfiel der Gedanke mit Aoko nicht allein sein zu können. Immerhin gab es noch so viele Missverständnisse zu klären. Er sah wie die drei sich zum Gehen drehten. So wie die Lage stand, würde er heute bestimmt keine Zeit für eine Aussprache finden. „Ich komme auch mit!“

Überrascht drehten sich die drei um. Dass Kaito Aoko besuchen wollte, war für alle drei eine Neuigkeit.

„Glotzt nicht so blöd“, brummte er genervt und trat zu ihnen. „Lasst uns endlich gehen“, fügte er etwas lauter hinzu.

Gemeinsam verließen die Mitschüler den Schulhof.
 

Conan betrat das Krankenhaus und zog sich auf die Toilette zurück. In einer Kabine zog er sich aus und schluckte die Kapsel. Lange dauerte es nicht, da spürte er die krampfartigen Schmerzen in seiner Brust. Er spürte seine Knochen, wie sie wuchsen. Schmerz durchzuckte ihn, seinen gesamten Körper. Es tat so weh. Die Luft zum Atmen fehlte ihm. Nach ein paar Minuten war der Spuk vorbei. Schwer atmend, betrachtete er sich von oben herab und ein zaghaftes Lächeln trat auf seine Lippen. Er war wieder er selbst. Und es fühlte sich gut an.

Sein Blick fiel auf die Uhr. Er hatte genau drei Stunden bis er wieder zu Conan wurde.

Shinichi schnappte sich seinen Rucksack und zog eine Boxershort, Jeans und ein weißes Hemd, sowie Strümpfe und seine Schuhe, hervor. Nachdem er fertig angezogen war, verstaute er Conans Kleidung im Rucksack. Diesen schulterte er locker, verließ die Toilettenkabine und schnappte sich den am Fensterbrett geparkten Blumenstrauß, sowie eine schmale Satinschachtel.

Es war soweit. Shinichi Kudo, der Schülerdetektiv des Osten, war zurück. Er verließ die Toilette und ging den Gang entlang zu Rans Zimmer. Vor der Türe blieb er stehen, als eine Schwester ein Krankenbett heran schob.

Ran, die darauf lag, erkannte den jungen Mann vor ihrer Türe und schlug fassungslos die unverletzte Hand über ihren Mund zusammen. „Shinichi?“, hauchte sie kraftlos. Sie konnte es kaum glauben.

Der Angesprochene drehte sich wie in Zeitlupe um und erblickte seine Kindheitsfreundin. „Ran“, begrüßte er sie mit einem Lächeln. Endlich konnte er bei ihr sein. Schnell öffnete er die Türe und machte Platz, damit die Krankenschwester Ran ins Zimmer zurück schieben konnte.

Als alles wieder an seinem ursprünglichen Platz war und Schwester Yuzura die letzten Einstellungen überprüfte, zog Shinichi sich einen Stuhl heran und setzte sich zu seiner besten Freundin.

Die Schwester sah zu dem leeren Platz beim Fenster und runzelte die Stirn. Dann allerdings verließ sie kurze Zeit später den Raum.

Nun waren die Oberschüler beide ganz allein.

Ran blickte ihren besten Freund wie gebannt an. Sie traute sich kaum mit den Augen zu blinzeln, nicht dass er dann plötzlich wieder verschwunden war und sie sich seinen Besuch nur einbildete.

Shinichi beobachtete amüsiert ihre Mimik. Sanft berührte er ihre Hand und streichelte vorsichtig darüber. „Ich bin wirklich hier, Ran!“

Die Berührung trieb ihr einen Rotschimmer auf die Wangen und ihr Herz begann mit einem Mal heftig zu schlagen. Um sich selbst aus der Verlegenheit zu befreien, funkelte sie ihren Sandkastenfreund wütend an. „Du blöder Idiot, warum kommst du erst jetzt?! Seit zwei Wochen liege ich hier und nicht einmal hast du dich bei mir gemeldet!“

Shinichi verzog sein Gesicht aufgrund des Anschisses. Sie hatte ja Recht, er hätte sich zwischendurch wirklich mal bei ihr melden können. Aber was sollte das jetzt? Nun war er doch hier. „Ich kann auch wieder gehen, wenn ich nicht erwünscht bin“, zog er sie auf, da er genau wusste, dass sie dies niemals zulassen würde.

„Nein, du bleibst hier“, folgte auch schon die Antwort. Ran senkte die Augen auf ihre Finger und hob dann wieder schüchtern ihren Blick. Sie betrachtete das ihr so vertraute Gesicht, die blauen Augen. „Wie lange bleibst du überhaupt?“

„Leider hab ich nur drei Stunden Zeit, Ran“, antwortete Shinichi bedauernd. „Aber lass uns die Zeit nutzen. Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Er zog den Blumenstrauß hervor. „Alles Gute zum Geburtstag.“

Überrascht starrte sie auf den buntgemischten Strauß, in dem Rosen wie auch Lilien und in der Mitte eine schöne Sonnenblume eingebunden waren.

„Shinichi, die sind wunderschön“, hauchte Ran überwältigt und nahm den Strauß entgegen.

Doch nun zog er auch die Satinschachtel hervor. „Und das ist auch noch für dich“, gestand er leise und auch bei ihm legte sich ein Rotschimmer um die Nase.

Mit leicht erröteten Wangen nahm sie das Etui und öffnete es behutsam. Schon blitzte ihr eine silberne Kette entgegen mit einem Yin und Yang Anhänger daran. „Shinichi...“

Er suchte ihre blauen Augen und erklärte leise. „Dieses Symbol soll für uns beide stehen. Egal wie weit wir voneinander entfernt sind ... wir gehören zusammen.“

Lange sahen sie sich in die Augen. Seine Worte brannten sich in ihren Kopf. Ihr Herz schlug rasend schnell. „Shinichi“, hauchte Ran erneut, aber die Worte, die sie ihm sagen wollte, kamen ihr nicht über die Lippen. Stattdessen lächelte sie und selbst ihre Augen strahlten: „Danke!“

Shinichi lächelte zurück. Er sollte ihr seine Liebe gestehen. Er wollte ihr die drei kleinen, dennoch sehr bedeutenden Worte sagen. Aber er brachte es nicht fertig. In drei Stunden würde er wieder zu Conan werden und er wusste nicht, wie lange er sie danach nicht mehr sah. Es wäre nicht richtig sie so an sich zu binden. Ihre Traurigkeit könne er nicht ertragen. Darum schluckte er und wechselte das Thema. „Wie ich gehört habe, sind der Fahrer und das Auto immer noch nicht gefunden worden.“

Rans Lächeln verschwand. Sie wurde wieder ernst. „Nein, immer noch gibt es keine Spur. Auch bei Aokos Schützen tappt die Polizei im Dunkeln. Es gab keine Augenzeugen.“

Shinichi wusste genau von wem sie sprach, aber er durfte ihr Vertrauen in Conan nicht verlieren. Aus diesem Grund setzte er eine verwirrte Mimik auf und hakte nach. „Aoko?“

„Hat dir Conan nichts erzählt? Ihr redet doch sonst so viel miteinander.“ Ein kleiner Seitenhieb, dass er sich öfters bei dem Grundschüler meldete, als bei seiner besten Freundin.

Shinichi verzog den Mund, dann schüttelte er seinen Kopf „Wir haben gar nicht so viel Kontakt miteinander und er hat auch nichts erzählt.“ Das schlechte Gewissen über diese Lüge plagte ihn.

Ran nahm seine Antwort hin und begann Shinichi über die Ereignisse aufzuklären und dieser hörte ihr zu. Die Geschichte kannte er bereits, trotzdem hing er an ihren Lippen und lauschte ihrer Stimme, die ihm in regelmäßigen Abständen leichte Schauer über den Rücken jagte. „Ich würde sie dir gerne vorstellen, aber scheinbar ist sie doch bei diesem Rundum-Check.“

„Der kann ja nicht mehr allzu lange dauern“, stimmte Shinichi zu und lehnte sich nachdenklich in seinem Stuhl zurück. „Das alles klingt sehr merkwürdig“, stellte er fest.

„Kannst du nicht bleiben und diesen Fall lösen?“, bat sie ihn.

Er sah in ihre flehenden Augen und ihm blutete das Herz. Zu gern würde er bei ihr bleiben, die Täter dingfest machen und diese dafür bestrafen was sie seiner Freundin an Schmerzen zugefügt haben. Aber es ging nicht. Noch nicht. Würde es irgendwann einmal gehen? Würde er jemals wieder für immer zu Shinichi werden? Er schüttelte traurig seinen Kopf. „Ran, das geht nicht. Ich stecke in diesem...“

„Ich weiß schon, der Fall an dem du schon solange dran hängst. Geht es denn da voran?“

„Nur schleppend, sehr schleppend“, antwortete Shinichi und sah sie traurig an.

„Und du kannst mir nicht verraten worum es in diesem Fall geht?“, hakte sie weiter nach. Natürlich kannte sie die Antwort bereits.

„Nein, denn dieser Fall ist Top Secret.“ Ihm wurde ganz mulmig zumute. Er log sie nicht gerne an, aber wenn sie die Wahrheit erfuhr, dann war sie in größter Gefahr. Sein Blick traf auf seine Armbanduhr und er stellte fest, dass bereits eine Stunde vergangen war. Eine Stunde von drei Stunden. Konnte die Zeit nicht mal langsamer vergehen?

Es klopfte an der Zimmertüre und wenig später traten vier Oberschüler ein. Zwei Mädchen und zwei Jungen.

Enttäuscht blieben sie im Raum stehen. „Sie ist ja gar nicht da“, stellte Yoko fest und drehte sich zu Ran und ihrem Besucher um. Überrascht betrachtete sie das Gesicht des Jungen und ließ ihre Augen zu ihrem Klassenkameraden schweifen.

Keiko trat auf Rans Bett zu. „Alles Gute zum Geburtstag, Ran. Wo ist denn Aoko?“

„Danke“, antwortete die Mori freundlich und schüttelte ihren Kopf. „Ich weiß auch nicht. Sie war schon bei ihrer Untersuchung als wir gekommen sind.“

Auch Yoko wandte ihren Blick ab und lächelte Ran an. „Auch von mir alles Gute. Aber sag mal wer ist denn das?“

„Das ist mein bester Freund“, stellte die Tochter des Privatdetektiv vor.

Shinichi stand auf und betrachtete die Oberschüler. Er kannte sie alle schon, aber nur als Conan. Allerdings fand er die Begegnung mit Kaito Kuroba am Interessantesten, oder sollte er eher Kaitou Kid sagen? „Ich bin Shinichi Kudo.“ Mit festem Blick ließ er seine Augen über die vier Oberschüler wandern. Wobei bei letzterem sein Blick hängen blieb. Der Junge ließ sich auch gar nichts anmerken. Das war sein Pokerface, stellte Shinichi gedanklich fest.

„Ihr seht euch sehr ähnlich“, bemerkte der blonde Schülerdetektiv erstaunt. „Kuroba, hast du etwa einen Zwilling?“

„Nicht das ich wüsste“, antwortete der Magier und blickte weiterhin Kudo in seiner richtigen Form an. „Vielleicht sollten wir mal einen DNA-Test machen lassen.“ Seine Gedanken kreisten aber gerade um eine viel wichtigere Frage: Wieso war Kudo plötzlich wieder groß?

„Vielleicht“, antwortete Shinichi. Dennoch würde er lieber wissen, was dem Meisterdieb durch den Kopf ging.

Nun stellten sich auch die Oberschüler vor. „Ich bin Keiko Momoi, das ist Yoko Yashima, Saguru Hakuba und Kaito Kuroba. Wir sind Freunde von Aoko.“

„Das gibt es doch nicht!“, riss eine weibliche Stimme plötzlich alle Aufmerksamkeit auf sich. Sonoko hatte das Zimmer betreten und überrascht den männlichen Besucher wahrgenommen. „Shinichi Kudo gibt sich mal wieder die Ehre“, höhnte sie und quetschte sich durch die Oberschüler des Ekota-Gymnasiums durch. Im nächsten Moment baute sie sich vor ihrem Mitschüler auf. „Wo warst du? Du Baka, du Aho, wie kannst du dich seit Monaten in der Weltgeschichte herumtreiben und dich nicht ein einziges mal bei Ran blicken lassen?!“

Shinichi wich vor der wütenden Sonoko leicht zurück, während ihm nur ein Gedanke durch den Kopf ging: Oh nein, Sonoko...

Überrascht lauschten alle der Schimpftirade.

Nun aber blickte Sonoko zu ihrer besten Freundin. „Alles Gute zum Geburtstag, Ran.“ Sie ging zu ihr und reichte ihr einen dünnen Umschlag. „Wenn du wieder laufen kannst, kommst du mit mir zu einem Konzert“, zwinkerte sie der Braunhaarigen zu. Dann erst nahm sie die Oberschüler wahr und kniff fragend ihre Augen zusammen. „Wo sind die nervigen Kinder und Conan?“

Ran zuckte mit ihren Schultern: „Sie kommen vielleicht ein bisschen später.“

Shinichi lächelte, erleichtert darüber, dass die Kurzhaarige nun von seiner Person abgelenkt war. Die Detective Boys würden vermutlich erst in zwei bis drei Stunden kommen. Die Kinder würden noch eine Weile mit einem Fall beschäftigt sein. Eine Mitschülerin hatte ihren Teddy verloren und die Schülerdetektive um Hilfe gebeten. Gleich nach der Schule sollte die Suche beginnen, aber Conan schob die Ausrede vor für Ran noch ein Geburtstagsgeschenk besorgen zu müssen. Allerdings musste er ihnen versprechen ihnen anschließend bei dem Fall zu helfen, wenn sie diesen noch nicht gelöst hatten. Haibara hatte sich zu dem Zeitpunkt schon längst aus dem Staub gemacht.

„Wie lange bleibst du überhaupt?“, wandte sich Sonoko schon wieder an den Detektiv.

„Nicht lange. In zwei Stunden muss ich wieder weg.“ Shinichi senkte betrübt seinen Kopf. Die Zeit verging so schnell.

Kaito beobachtete seinen Rivalen. Inzwischen vermutete er, dass weit mehr hinter Kudos Geschichte steckte, als er bislang ahnte. Zwei Stunden noch... Aber warum? Was passierte danach?

Yoko mischte sich in die Runde ein. „Ich geh mal fragen, wie lange Aokos Untersuchung noch dauert.“ Nach einem Kopfnicken seitens Saguru Hakuba, drehte sie sich um.

In diesem Moment ertönte ein Klopfen an der Türe und Schwester Yuzura ins Zimmer trat. „Hallo“, begrüßte sie die Teenager freundlich lächelnd, ehe sie auf die immer noch leere Stelle am Fenster blickte. Überrascht sah sie zu den Schülern. „Ist denn Fräulein Nakamori immer noch nicht zurück?“

„Das wollten wir Sie fragen“, erwiderte Yoko fordernd. „Wie lange dauert denn noch diese Untersuchung.“

Nun war die Schwester vollkommen verwirrt und blickte von einem Gesicht in das nächste. „Mir ist nichts bekannt, dass überhaupt eine Untersuchung anstand, aber ich werde mich sofort nochmal erkundigen.“ Mit den Worten verließ sie das Krankenzimmer wieder.

Ran wurde mit einem Mal ganz unruhig. „Hoffentlich ist ihr nichts passiert.“

„Was soll schon passiert sein?“, hakte Sonoko sofort nach.

In Kaito schrillten bereits sämtliche Alarmglocken. Wo war sie, was war mit ihr und ging es Aoko gut? Für eine Millisekunde blitzte ein kurzer sorgenvoller Blick auf.

Shinichi fühlte sich über die Identität des Oberschülers mehr und mehr in seinem Verdacht bestätigt. Er beobachtete jede noch so kleine Reaktion des Braunhaarigen, der ihm so ähnlich sah. „Es könnte viel passiert sein“, klärte Shinichi die Anwesenden auf. „Ihr Körper könnte das Blut der Transfusion abgestoßen haben.“ Es war nicht sehr taktvoll, dennoch wollte er Kid aus der Reserve locken. Zweimal war ihm die Besorgnis ins Gesicht geschrieben. Er wollte dies ein drittes Mal sehen. Immerhin ging es ein zweites Mal um dessen beste Freundin.

Kaito erschreckte diese Aussage. Dennoch behielt er sein Pokerface und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. „So ein Quatsch. Du bist kein Mediziner.“

„Aber du“, fauchte Hakuba ihn an. Er war ebenso sehr besorgt wie Ran und es trieb ihn auf die Palme, wenn er diese Gleichgültigkeit Kaitos sah.

„Das hab ich nie behauptet. Ich erteile hier auch nicht solch kluge Ratschläge.“

„Wieso bist du überhaupt hier, wenn dich das alles so kalt lässt“, erwiderte Hakuba sauer.

Kaito blitzte mit seinen blauen Augen seinen Mitschüler an. „Was willst du von mir, Hakuba?“

„Wieso bist du wirklich hier? Um Aoko geht es hier nicht. Bei dir schon lange nicht mehr!“

„Warum sonst sollte ich hier sein, wenn nicht um Aoko zu besuchen?“ Innerlich kochte der Dieb mit weißer Weste.

Shinichi beobachtete den Streit der beiden Oberschüler.

Schwester Yuzura betrat wieder das Zimmer. Blass und besorgt wanderte ihr Blick von einem zum nächsten. „Uns ist nichts von einer Untersuchung bekannt. Ich habe den Arzt schon informiert und auch den Sicherheitsdienst. Nach Fräulein Nakamori wird jetzt gesucht.“

„Was?! Wie kann es passieren, dass ein Mädchen samt Bett einfach aus dem Zimmer verschwinden kann?!“ Kaito war plötzlich außer sich vor Sorge und vergaß darüber hinaus die Maske der Gleichgültigkeit aufzusetzen.

„Es scheint in dieser Klinik öfter vorzukommen, dass etwas schief läuft“, mischte sich nun auch Ran ein. In ihrem Gesicht spiegelte sich die Besorgnis wieder.

Krankenschwester Yuzura senkte betroffen ihren Kopf. „Wir sind davon ausgegangen, dass Fräulein Nakamori doch zur Untersuchung gebracht wurde, da meine Kollegin einen Mann ins Zimmer gehen hat sehen.“

Shinichi stutzte. „Wie sah der Mann aus?“

„Langes blondes Haar hatte er. Sie hat ihn auch nur ganz kurz gesehen. Sie war auf dem Weg zu einem Patienten“, erklärte die Schwester.

Shinichi erstarrte. Konnte es wirklich sein?

Kaito entging nicht Kudos seltsames Verhalten. Unbändige Wut überkam ihn. Fuchsteufelswild sprang Kaito auf Shinichi zu. Ran entließ einen entsetzten Aufschrei, während Kaito Shinichi am weißen Hemdkragen packte und ihn an den Schrank neben Rans Bett drückte. „Was weißt du, Kudo?!“, knurrte Kaito wütend.

Überrascht presste Shinichi hervor. „Nichts, ich weiß gar nichts.“ Aber eine Ahnung sagte ihm, dass sie scheinbar näher waren, als ihm lieb war.

„Ich glaube dir nicht! Verdammt nochmal, Kudo, es geht hier um meine Freundin!“

„Bis eben klang das aber noch anders“, mischte Hakuba sich plötzlich ein.

Wütend blitzte Kaito seinen Klassenkameraden an, ließ aber nicht von Shinichi ab: „Hör auf mich zu nerven! Ich habe andere Sorgen, denn MEINE Freundin ist verschwunden!“

Der Arzt und die Sicherheitskräfte traten in das Zimmer. Erschrocken über das Bild der beiden Oberschüler, reagierten die beiden Schränke von Männern und zogen die Jungen auseinander.

Shinichi richtete sich sein Hemd.

„Lasst mich los! Sucht lieber nach Aoko!“, brüllte Kaito wütend, während er sich von dem festen Griff des Typen zu befreien versuchte.

„Wir suchen bereits nach ihr“, brummte der Sicherheitsmann.

„Schluss jetzt“, mischte sich der Arzt herrisch ein. „Dieses Krankenhaus ist kein Boxring!“ Etwas ruhiger wandte er sich an den Sicherheitsdienst: „Bitte begleiten Sie diese Herren aus der Klinik.“

Die beiden Männer stimmten zu. Kaito wurde von dem einen aus dem Zimmer geschoben, während Shinichi spürte, wie der andere ihn am Arm anpackte. „Ich gehe freiwillig“, stimmte der Schülerdetektiv zu und entzog seinen Arm dem festen Griff. Nach einem letzten entschuldigenden Blick zu Ran, folgte er Kaito und der Security.

Der Arzt blickte die restlichen Schüler an und forderte einige Erklärungen. Nicht nur über diese Auseinandersetzung, sondern auch über Details und Informationen über Aoko Nakamori.

Doch keiner von ihnen konnte im Falle Aoko eine Aussage machen. Niemand hatte bemerkt, wann und wie sie verschwunden war.
 

Der Krankenwagen fuhr eine belebte Straße entlang. Langsam geriet er aber in einen Stau. Die mehrspurige Straße wurde auf eine Spur zusammengeführt. Lange ging nichts weiter und Gin saß wie auf glühenden Kohlen. Er wollte so schnell es ging zu ihrem Hauptquartier. Jede Minute länger in dem gestohlenen Krankenwagen war ein Risiko, das es zu vermeiden galt. Zwei Autos vor ihm verdeckte ein Lastwagen die Sicht. Von links schoben sich zwei Autos vor ihm rein und als der Lastwagen endlich anfuhr, entdeckte er zu spät die Polizeikontrolle.

Ihm entgleisten die Gesichtszüge. Verdammt nochmal, wieso fand ausgerechnet hier eine Kontrolle statt. Im nächsten Moment schwante ihm bereits, was sie in der Kontrolle zu finden glaubten. Seine Augen kniffen sich wütend zusammen. Es war zu spät um umzukehren. Langsam näherte er sich den Polizisten, die zu zweit in der Kontrolle standen und immer wieder mal ein Auto zu den vielen Kollegen am Straßenrand schickten.

Es war soweit. Gin fuhr den Krankenwagen in die Kontrolle und öffnete das Fenster.

„Guten Tag“, begrüßte der Polizist freundlich. „Befinden Sie sich im Einsatz?“

„Ich bin auf Abruf bereit“, antwortete der Blonde und rang sich ein schiefes Lächeln ab.

Der Polizist nickte zu und gab ihm den Weg frei. „Hoffentlich haben Sie heute nicht so viele Einsätze.“

„Danke.“ Langsam fuhr Gin an und in diesem Moment fielen Steine der Erleichterung von seinen Schultern. Er war noch einmal davon gekommen. Allerdings war Vodka noch nicht durch die Kontrolle. Er beobachtete über den Seitenspiegel, wie sein Partner in die Kontrolle fuhr. Nach einigen Momenten fuhr auch dieser weiter und Gin atmete zum zweiten Mal durch. Ein hämisches Grinsen stahl sich auf seine Lippen. Jetzt stand ihnen nichts mehr im Weg.

Der Krankenwagen fuhr in eine kleine unbewohnte Seitenstraße, in der es kaum Verkehr und noch weniger Fußgänger gab. Gin parkte dort und wartete auf Vodka.

Der schwarze Kombi fuhr in die Straße, wendete und fuhr rückwärts an den Krankenwagen heran.

Gin stieg aus, öffnete den Kofferraum, sowie die Türen des Krankenwagen.

Vodka, der ebenfalls ausstieg, verschwand im Transporter, hob das immer noch schlafende Mädchen heraus und legte sie schnell in den Kofferraum.

Sofort verschlossen sie die Heckklappe. Dann verschwanden die beiden im Krankenwagen, verwischten professionell schnellstens alle möglichen Spuren, die sie überführen könnten. Nach einem weiteren Blick auf die Straße, verließen sie den Krankenwagen und stiegen in den Kombi ein. Schon fuhr das Auto die Straße entlang und bog wieder auf die Hauptstraße ab.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2013-09-20T21:11:03+00:00 20.09.2013 23:11
:D das wird ja immer krasser
Von:  fahnm
2013-08-26T22:15:23+00:00 27.08.2013 00:15
Spitzen Kapi^^

Wenn Gin wüsste das er das Falsche Mädchen entführt hat wird er sauer werden.
Hoffentlich finden Shinichi und Kid Aoko vorher.


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