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Sky Stage

Welcome to Hell
von

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Overture: Welcome to 'Sky Stage'

Seufzend hockte der Senka-Star über ihren Unterlagen, schlug hier und da mal eine Seite um und blätterte ein paar Fotos durch. Ihr Job war einfach, manchmal schon zu einfach, aber gerade weil er so einfach war, war sie pingelig. Sie wollte nur das Beste für ihre Kunden, doch wohl insbesondere für sich selbst und ihren Partner. Sie selbst, Hatsukaze Midori, die Gaichi gerufen wurde, war die Besitzerin des 'Sky Stage', der wohl beliebteste und meist besuchte Club in Tokyo. Das Hauptgeschäft jedoch spielte sich hinter den Kulissen im Untergrund, hinter dicken Vorhängen und geschlossenen Türen ab, denn das Sky Stage bestand nicht nur aus dem offensichtlichem Club, in dem sich die Minderjährigen, Betrunkenen, Pubertierenden, einige Erwachsene und andere partylüstige Menschen aufhielten. Durch einen anderen Eingang, der nur ausgewählten Menschen bekannt war, die Ursummen dafür bezahlten, kam man in den Stripclub, voll von schönen Mädchen, Alkohol, Drogen und vielerlei anderen Geschäften. Kurzum, alles was das Herz begehrte. Für einen gewissen Preis durfte man sich eines der so heiß begehrten Mädchen mit aufs Zimmer nehmen und sich eine Weile mit ihr vergnügen. Der Fantasie waren dabei keine Grenzen gesetzt. Kein Wunder, dass neben Politikern, Geschäftsführern und anderen hohen Tieren insbesondere die großen Nummern des Untergrunds gerne ihre Zeit hier verbrachten. Obwohl der Untergrund auch nicht mehr wirklich das war, was er mal war, doch in den vergangenen Jahrzehnten hatte sich eine mehr oder minder feste Struktur herauskristalliesiert. Neben den Senka, denen sie selbst angehörte, exestierten noch fünf weitere Gruppen, die das Geschehen in Tokyo leiteten, manipulierten und aus dem Hintergrund ihre Fäden zogen. Eines hatten sie jedoch alle gemeinsam: sie waren kaltblütige Killer. Die Senka selbst hatten jedoch eine gewisse Sonderstellung, da sie mit den übrigen fünf Gruppen gleichermaßen interagierte und so eine recht neutrale Stellung mit hohem Machteinfluss hatten, denn jede der anderen Gruppen, die sich selbst auch gerne mal als Clans bezeichneten, hatte eine Spezialisierung, die sie neben dem üblichem Ganovenhandwerk nachgingen und die sie so mächtig machten.

Zunächst waren da die Hanagumis, der wohl aktivste Verhandlungspartner von Gaichi in der momentanen Zeit. Der Hanagumi-Clan, einer der ersten, die sich in Tokyo niedergelassen hatten, hatte sich auf Menschenhandel spezialisiert, nicht nur innerhalb Japans sondern auch gut und gerne mal ins Ausland. Dafür hatten sie mit dem Waffenhandel nicht so wirklich viel am Hut, denn das war das Spezialgebiet von Soragumi, dem neustem, dafür aber sehr schnell an Zulauf und Macht gewinnendem Clan. Alles, was das Sky Stage an Drogen und Haluzinogenen gebrauchte, seien es illegale Medikamente oder ähnliches, kam meist von Yukigumi. Hoshigumi hatte den größten Anteil an Einfluss in jeglichem Handel, der nicht unter das Drogen-Waffen-Konzept fiel. Seltene Tiere, teure Autos, Schmuck oder ähnliches, hauptsache, es war illegal. Sie waren obendrein berüchtigt für ihre Diebstähle. Nach einem Massaker, das einige Jahre zurück lag, war Hoshigumi jedoch der kleinste Clan, der nur noch exestierte, weil die Senka ihnen unter die Arme griffen um sie nicht als Geschäftspartner zu verlieren. Der letzte der Gruppen, Tsukigumi, war der abgeschnittenste. Als eine der Ältesten zogen sich legendäre Mörder, Assassinen und die Fähigkeiten der Mitglieder durch die Reihen des Untergrunds, wesshalb sie so berühmt wie gefürchtet waren. Alle Clans hatten einige hoch talentierte Mitglieder, doch immerhin verdiente Tsukigumi damit ihr Geld, zumindest zum größten Teil.

Die Clans selbst hatten nicht nur ausgewählte Mitglieder, die die ganze Drecksarbeit erledigten, die Leitung der Clans blieb immer in Familienbesitz. Die sogenannten Leads, also die Anführer, waren die ältesten und erfahrensten der Familie. So staffelte sich jeder Clan bis zum kleinsten, untalentiertesten und unbedeutensten Mitglied, meist Neulinge, die als Opferlämmer für das Wohl der erfahrenen Mitglieder, den Currents, zur Schlachtbank geschickt. Diese sogenannten Shinkos waren diejenigen, die Schießereien auf offener Straße veranstalteten, sodass hier und da auch die Öffendlichkeit von den Clans Wind bekam. Diese gingen jedoch immerzu als unbedeutende Bandenmorde durch, nicht zuletzt dank des Einflusses des jeweiligen Clans.

Die Berühmtheiten des Untergrunds waren jedoch nicht die Leads, sondern die, die man gerne mal als Stars oder Tops betietelte. Die Stars waren die Elite und der ganze Stolz des entsprechenden Clans, genossen hohes Ansehen, einen reichen Einfluss und die beste Ausbildung, die der Untergrund zu bieten hatte. Nicht verwunderlich also, dass die Stars ausschlieslich die Kinder der Leads waren. Gaichi, selbst Star von Senka, war wohl eine der wenigen, die alle anderen Stars kannte und mit ihnen Kontakt hatte. Ihr Lead, Todoroki Yuu, oder auch Tom, war nicht mit ihr verwandt, doch hatte Tom nach dem Ableben ihres Vaters den Lead an ihrer Stelle übernommen damit sie das Sky Stage leitete und die Geschäfte verwaltete. Immerhin hatte sie die Kontakte. Hanagumi's Star, Haruno Sumire, war neben ihrem Star-Status ebenso der Lead Hanagumi's, hatte dadurch zwar doppelte Verantwortung, war aber unabhängig im Tun. Es waren immerhin die Stars, die die Clans nach aussen hin vertraten und die Leads, die die Anweisungen gaben. Tsukigumi hatte sogar zwar Stars, denn Kozuki Wataru und Ayaki Nao waren fast gleich alt, doch war Ayaki Nao der 'offizielle' Erbe des Tsukigumi-Clans, auch wenn Kozuki Wataru älter war. Yukigumi's Star Mizu Natsuki hatte erst kürzlich diesen Status erhalten, wesshalb Gaichi noch nicht so wirklich viel darüber wusste. Hoshigumi's derzeit häufig abwesender Top war Aran Kei. Charmant, talentiert, aber etwas verpeilt und ohne den Lead, in diesem Fall die Mutter, komplett aufgeschmissen. Der Soragumi-Star Wao Youka war legendär für das Geschäftsbewusstsein, konnte sehr gut hochwertige Ware von Schwindel unterscheiden und hatte desshalb bei ihr einen Stein im Brett. Gaichi versuchte regelmäßig den Soragumi-Top über den Tisch zu ziehen, vergeblich. Wao Youka selbst schien es inzwischen zu einer Art Sport entwickelt zu haben ihren Schwindel auffliegen zu lassen. Die Stars selbst wurden immer von ihren Bodyguards, die man in ihren Kreisen der Einfachheit halber Guards getauft hatte, begleitet, die den Platz zwischen den Currents und den Stars in der Rangfolge einnahmen. Die Guards waren nicht minder schlecht trainiert, hatten fast ebenso viel Talent, doch dadurch, dass sie nicht zur Familie des Clans gehörten, hatten sie einfach den Kürzeren gezogen.

Ein wenig schmunzelte Gaichi in ihrem Stuhl, lehnte sich zurück. Jeder Ungeübte hätte wohl spätestens an diesem Punkt geglaubt, dass die Clans gänzlich von Männern regiert wurden, denn immerhin kam man als Frau nicht sonderlich weit in Japan, doch den hätte die Senka wohl ausgelacht und ihm kurz darauf eine Kugel in den Kopf gejagt. Die ganzen Stars, die Leads und die Guards, ein Großteil der Currents obendrein, waren alles Frauen. Tokyo regiert von einer Horde Frauen, die jedoch einem Mann zum verwechseln ähnlich sahen. Sie kleideten sich in Anzüge, verhielten und bewegten sich so, wie es ihnen beigebracht worden war, drückten obendrein ohne dass das ungeübte Ohr es hören konnte ihre Stimme und zeigten so den perfekten Mann. Perfekt, gut aussehend, charmant in jeder Hinsicht und mindestens ebenso tödlich. Ein Ausrutscher kostete in ihrem Bereich den Dummen das Leben.

Erneut wanderte ihr Blick über die Bilder, die ihr Haruno, die man kurz Osa nannte, hatte zukommen lassen, seufzte etwas. Es waren ja schon ein paar hübsche Dinger dabei, aber auf den Bildern fehlte das gewisse Etwas. Gaichi sah sich ihre Ware immer lieber persönlich an, aber sie musste warten bis der Hanagumi-Star sich mal wieder dazu entschied in den Club zu kommen. Handynummern oder ähnliches waren immer falsch um mögliche Attentate zu verhindern, zumindest zwischen den Clänen. Ein Jammer eigentlich. Naja dann musste sie halt wieder mal ihre Runde drehen.

„Yurika!“, rief der Senka-Star richtung Tür und diese öffnete sich. Ihr Guard trat ein.

„Ja Chef?“

Yurika, mit vollem Namen Makaze Suzuho, war ihr persönlicher Guard und sorgte mit ein paar anderen dafür, dass es im Club schön geregelt ablief.

„Ich mach meine Runde. Falls du Haruno sehen solltest, sag ihm bitte, dass ich ihn sprechen möchte.“

Er. Gaichi war es immer noch irgendwie merkwürdig von 'Ihm' zu reden. Abgesehen von Gaichi wusste wahrscheinlich keiner in irgendeinem der anderen Cläne, einige Ausnahmen gab es natürlich, dass es sich bei den Stars, Guards und Currents um Frauen handelte. Nicht einmal Tom, selbst eine Frau, wusste davon. Yurika nickte nur kurz, ging dann auch schon wieder aus dem Raum. Kurzerhand griff der Star in die Schublade, verstaute ihre Pistole, von denen sie unzählige besaß, an der Halterung an ihrer Hose unter der knielangen Jacke, ging anschließend aus dem Büro. Dieses schloss sie hinter sich ab, machte sich auf den Weg durch den gedimmten Gang, vorbei an dem Weg, der zum größerem, offenem Teil des Clubs führte hinunter zum VIP-Bereich. Ihr kleiner Liebling dürfte bald auftreten und das wollte sie immerhin nicht verpassen. Suzumi Shio, wie sie sie getauft hatten, denn wer im Untergrund arbeitete hatte für alles und jeden einen anderen Decknamen, hatte sich als wahrer Goldesel entpuppt. Obendrein hatte sie sie sehr billig von Osa gekauft, wofür sich der Hanagumi-Lead noch heute in den Hintern biss. Die erst so schüchterne, blonde, bildschöne Frau war schnell unter den anderen Mädchen aufgetaut, hatte eine goldene Stimme, konnte tanzen und wusste, wie man die Männer mit einem kurzen Blick von sich überzeugte. Um den ganzen die Goldkrone auf zu setzen hatte sie einen Traumkörper. Gerade das machte sie für Kunden so teuer und Gaichi im Gegenzug reich. Das Püppchen war inzwischen so teuer, dass die Senka ihr einen eigenen Guard vor die Tür gestellt hatte. Um sie zu schützen und um den Kunden das Geld aus den Taschen zu ziehen.

„Guten Abend.“ Die Stimme kannte sie, drehte sich auf dem Absatz und sah ihren Lead schon auf sich zukommen. „Auch auf dem Weg zur Show?“

Gaichi grinste nur schief.

„Wohin denn sonst? Ich muss doch sicherstellen, dass es meinem Täubchen gut geht.“

Tom lachte leise, kam zu ihr und beugte sich zu ihr. Die Senka dachte gar nicht daran sich weg zu beugen.

„Kümmer dich nicht zu sehr um sie. Sonst werde ich noch eifersüchtig.“

„So etwas kennst du doch gar nicht. Wer holt sich denn immer eine Gratisshow bei den neuen Mädchen?“

„Nur, weil du mir keine gibst.“

Erneut schüttelte der Star den Kopf, machte auf dem Absatz kehrt und ging durch die Tür. Sofort schlug ihr der halb abgedunkelte Raum, der Geruch von Alkohol, Schweiß und Hormonen entgegen. Die Gäste amüsierten sich an den jungen Mädchen, die sie auswechselten wie andere Leute Handtücher, wie sie sich an den Stangen räkelten und immer weniger Stoff am Körper trugen. Die Kleidungsstücke waren begehrt bei den dann teilweise doch recht betagten Männern. Nur eine weitere Geldquelle, denn unter den Mädchen, die Osa ihr verkaufte, waren recht begabte Schneider. Das sparte ihr eine Menge Geld und Zeit, die Schneiderinnen bekamen eine kleine Sonderstellung und mussten keine Kunden bedienen wie sonst, worüber die meisten recht glücklich waren. Wenn sie aber die Fristen, die Gaichi gerne mal recht knapp setzte, nicht einhielten wurden sie eben ausgetauscht. Es gab genug neue um sie zu ersetzen.

Neben der Gäste, die wie Geier auf ihre Ware gafften, sah sie auch einige vertraute Gesichter, die Stars der anderen Clans. Tom hatte sie die Sondergäste noch nicht vorgestellt. Der Lead kannte sie nur als Stammgäste. War vielleicht auch besser so. Zwar hatte ihr Partner den Gesamtüberblick über alles, was innerhalb und auserhalb der Clans passierte, doch persönliche Beziehungen gehörten nicht zu ihren Stärken. Oder Aufgaben. Nur Aran Kei, kurz Touko, und Osa fehlten. Stattdessen sah Gaichi ein recht seltenes Gesicht, Kozuki Wataru. Wataru gehörte zu denen, die eher selten den Club besuchten, im Gegensatz zum kleinen Geschwisterchen. Saeko, Ayaki Nao, wusste eine gute Show durchaus zu schätzen. Wataru gehörte jedoch zu den Leuten, die es mit dem Männerdasein nicht so ganz streng nahm wie die anderen Stars, wurde durchaus hier und da mal im Kleid gesehen, doch es hatte sich das Gerücht gefestigt, dass die Frau ein Hermaphrodid sei. Hatte durchaus seinen Charme, aber war ebenso lachhaft. Gut, sollten die Kinder aber spielen. Für den Abend hatte sie sich dazu entschieden einen Anzug zu tragen, wie eigentlich alle im Raum mit Ausnahme der Mädchen auf der Bühne. Gaichi und Tom liesen sich an einen der wenigen freien Tische nieder, sahen zur Bühne. Die noch immer etwas unbeholfenen Mädchen stolperten mehr oder minder von der Bühne nachdem ein paar der Guards, die im Raum waren, sie runtergeschickt hatten und ein paar der Männer applaudierten als das Licht an ging und Toyoko's schlanke Gestalt zum Vorschein kam.

Opening: Backstreets and Boulevards

Am liebsten hätte sie jeden um sich herum einfach erschossen. Nicht nur, dass sich ihre ganze Lieferung verspätete, sie mit dem Zeitplan sowieso schon hinterherhinkten und ihr die Polizei im Nacken saß, war auch noch ihr Wagen kaputt gegangen und sie war zu weit von ihrem Anwesen entfernt um einen der anderen zu holen. Stattdessen hatte sie ihren Guard losgeschickt. Dafür würde sie noch jemanden strangulieren müssen. Glücklicherweise kannte sie diese Stadt wie ihre Westentasche und vielleicht lief ihr ja das ein oder andere hübsche Mädchen über den Weg. Inzwischen wusste Osa genau wo sie ihre Ware aufgabeln musste, zumindest innerhalb Tokyos. Im Ausland hatte sie dafür ihre Leute, auch wenn sie selbst gerne auch mal eine kleine Reise machte um die Qualität zu gewährleisten. Gaichi nahm ihr immerhin nicht jedes Mädchen ab, wenn es nur ein hübsches Gesicht hatte. Natürlich gab es dafür auch Abnehmer, zuhauf, aber die bezahlten noch lange nicht so viel für ihre Einwegware wie den Zuschlag, den sie vom Leiter des Sky Stage gerne mal auf den Preis drückte. Das Geschäft rentierte sich. Hanagumi, ihre eigene Truppe dessen Lead und Star sie gleichermaßen war, übernahm sowohl Lieferung als auch Entsorgung der Mädchen, auf Wunsch auch gerne Jungs oder andere Personen ganz nach Herzenswunsch, wesshalb die Cops und andere hohe Tiere gerne mal darüber hinweg sahen womit sie ihr Geld verdienten. Immerhin belieferte sie nicht nur Gaichi, auch wenn der ältere Mann ihr bester Kunde war, sondern ebenso die ganze Oberschicht. Das brachte ihr den ein oder anderen Gefallen, eine Menge Geld und so ganz nebenbei regulierte sie so die Überpopulation in der Stadt. Jedoch gab es hier und da ein paar besserwisser-Cops die meinten den Ritter in weißer Rüstung spielen zu müssen und ihre Lieferungen zu behindern. Osa griff in ihr Etui, zog eine Zigarette heraus und zündete sich diese an. Eigentlich war sie nicht der Typ der rauchte, aber es half um sich ab zu regen ohne dem Nächstbesten den Unterkiefer zu brechen. Zu ihrem Glück hockten auch in den Runden ein paar Spione, Agenten und ehemalige Clanmitglieder, die den dann doch recht kurzen Arm des Gesetzes in Schach hielten. Der Berühmteste unter ihnen, ein ehemaliger Tsukigumi, war wohl Komu. Im Untergrund war dieser damals als Asami Hikaru bekannt gewesen, einer der begabtesten Assassinen Tsukigumis, der auch einige ihrer Leute auf dem Gewissen hatte. Heutzutage stellte dieser sicher, dass das, was in den Untergrund gehörte auch da blieb, vernichtete Akten von allen Familien gleichermaßen und war nicht wählerisch wenn es darum ging die ein oder andere falsche Fährte zu legen. Das alles aber gegen ein ordendliches Schmiergeld. Osa konnte nur Vermutungen anstellen, dass Tsukigumi Sonderpreise bekam um die Freistellung aus dem Clan zu rechtfertigen. Normalerweise hätte sie Tsukigumi als Heuchler und kleine Parasiten beschimpft, die sie durchaus waren, aber da sie selbst auch etwas von der Sache hatte sah sie mal über die Unsummen, die Komu verlangte, hinweg und machte sich die Stellung des Polizeichefs gut und gerne mal zu Nutze.

Der Hanagumi-Lead zog noch ein letztes Mal an ihrer Zigarette, schnippte den noch brennenden, nur halb aufgebrauchten Muntermacher weg und bog von der Hauptstraße aus in eine Seitengasse ab. Dann mal an die Arbeit. Die machte sich sowieso nicht von alleine. Vielleicht hatte sie mal wieder Glück und ihr lief etwas besonders talentiertes über den Weg um mal wieder ein hübsches Sümmchen zu bekommen. Gerade in dieser Seitengasse, die in ein Netz aus weiteren Seiten- und Sackgassen auslief, liefen meist ein paar kleine Talente herum die nur darauf warteten auf der Bühne zu stehen. Es war Osa's Standartjagtgebiet. Die hübschen Dinger hielten sich oft in der Nähe des Theaters auf, warteten oft bis spät in die Nacht darauf, dass jemand vorbei kam und sie entdeckte. Einige von ihnen sangen und tanzten auf der Straße, wohl aus Frustration und Verzweiflung, doch das war nie wirklich gute Ware. Die, auf die sie es abgesehen hatte, hockte zwischen den Müllcontainern, einige in großen Papierkartons, einige nur in kaputte Decken gehüllt. Die Lektion hatte sie damals bei Toyoko gelernt. Der Liebling des Sky Stage und Gaichi's persönliche goldene Gans war eigentlich nur ein Zufallstreffer gewesen. Der Hanagumi-Lead hatte sie genau in dieser Gasse aufgelesen, zusammengekauert und klatschnass. Eigentlich hatte sie die Blonde nur mitgenommen um sie an einen reichen Futzi zu verkaufen und sie dann in den nächstbesten See zu entsorgen, doch der Senka-Star hatte dann doch ausserordendliches Interesse an ihr gezeigt und sie prompt für einen Spottpreis gekauft. Noch immer ärgerte es den Hanagumi-Star so blind gewesen zu sein, aber seither kontrollierte sie potentielle Ware genauer. Aus dieser Gasse nahm sie eigentlich immer nur ein Mädchen mit, meist das Vielversprechenste. Für den Rest schickte sie ihre Leute, doch sie wies ihre Untergebenen immer an keine Gewalt an zu wenden. Die Mädchen, oder Jungen, je nachdem was halt gerade anstand, mussten so unversehrt wie möglich bleiben und freiwillige Ware verkaufte sich leichter. Die meisten von ihnen waren sowieso froh einfach nur ein Dach über den Kopf zu haben und noch mehr waren so verzweifelt, dass sie den Tod mit offenen Armen begrüßten. Die paar, die dennoch meinten ihr die Stirn bieten zu müssen wurden kurzerhand erschossen und entsorgt. So einfach war das. Man kannte sie inzwischen auch in dieser Gasse, sodass ein paar der Penner, die schon länger hier hausten, aus ihren Verstecken kamen. Einer von ihnen, etwas dicker gekleidet, aber gerade desshalb nicht weniger stinkend, kam zu ihr, verbeugte sich tief. Es war sowas wie der Anführer hier und er hatte die grobe Übersicht wer kam und ging. Dafür, dass er Osa auf dem Laufen hielt bekam er ein kleines Taschengeld oder mal eine Flasche Alkohol. Das Geld gab dieser Flohsack sowieso für nichts anderes aus.

„Haruno. Ich freue mich sie hier wieder begrüßen zu dürfen.“

„Komm zum Punkt“, sagte sie mit tiefer, schneidender Stimme. Das Männerdasein war ihr schon in die Wiege gelegt worden. Es fiel ihr leicht ihre von Natur aus tiefe Stimme noch weiter zu drücken ohne, dass es wehtat oder auffiel. Ihre Gesichtsform war sowieso schon hart und ihre breiten Schultern überspielten die restlichen Rundungen ihres Körpers perfekt. Im Männeranzug war sie als Frau nicht zu erkennen. Für die Öffendlichkeit war sie sowieso nur Haruno Sumire, der Lead von Hanagumi und gleichzeitig dessen Star. Osa selbst hatte keine Kinder, hatte für den Fall aber schon für Ersatz gesorgt, auch wenn sie nicht so bald vor hatte sich von Soragumi oder Tsukigumi erschießen zu lassen. Mit den beiden Troupes stand sie auf Kriegsfuß.

„Natürlich“, sagte der Penner leicht lallend, drehte sich um und zeigte eine der Gassen runter. „Wir haben vier Neuzugänge hier bekommen. Eine davon ist krank und die andere hässlich und interessiert sie wohl nicht. Die anderen beiden hocken beim Feuer.“

„Hm“, kam es nur von dem Hanagumi-Star steckte einmal die Hand in die Tasche und fischte nach einem Geldschein. Das würde vielleicht für ein Brot und eine Flasche Vodka reichen, aber mehr gönnte sie diesem Penner auch nicht. Ohne weiter auf den Kerl zu achten, Männer konnten schon wiederliche Wesen sein, ging sie schnurstracks zu der Gasse, sah sich dort erstmal um. Es hatte sich nicht wirklich viel verändert seit ihrem letztem Besuch.

„Schau mal da ist er wieder“, hörte sie leise hinter einer der Mülltonnen flüstern und ein paar Mädchen streckten neugierig die Köpfe aus. Osa verhinderte ein Schmunzeln. Für diese Menschen war sie so etwas wie Gott. Sie hatte die Macht sie aus ihrer Elend heraus zu holen oder es eben sein zu lassen. Keiner von ihnen wusste jedoch was nach der Gosse wartete. Osa hatte nur sehr pingelig darauf geachtet, dass nur gute Geschichten in diese Schichten vordrangen. Keiner von ihnen musste wissen, dass Hanagumi einfach die ermordete und entsorgte, die nicht gut genug waren oder zu viel wussten. Das erleichterte ihr die Arbeit ungemein und ihre Arbeit kauerte sich gerade in einige Ecken, während einige andere neugierig nach vorne traten, vielleicht in der Hoffnung auserwählt zu werden. Genau die ignorierte Osa aber immer geschickt. Es waren hier und da ein paar Talente dabei, die in erster Reihe standen, aber die waren inzwischen nicht mehr gut genug. Sollten die doch versauern. Der Hanagumi-Lead wollte Ware, die auch was in der Birne hatte, wesshalb sie ihren Weg durch die Gasse bahnte und sich schon ein paar potenzielle Opfer aussuchte. Im Hinterkopf hatte sie, was ihre Kunden von ihr verlangt hatten, aber so wirklich etwas in der Richtung war dieses Mal nicht dabei. Manchmal kam sich der Star vor wie beim Einkauf im Supermarkt. In einer Wand sah sie dann doch etwas, was ihrem Geschmack entsprach. Ein junges Mädchen, eingepackt in eine dicke, versiffte und mit Löchern versehene Decke, die etwas blässlich wirkte. Das war dann doch der kranke Neuankömmling und die anderen drei waren nicht weit entfernt um eine brennende Mülltonne herum. Osa ging zu der jungen Frau, kniete sich vor ihr ein Stück runter und legte die Hand auf deren Kopf. Glücklicherweise trug sie ihre üblichen Lederhandschuhe, sonst hätte sie sich womöglich sonst etwas eingefangen. Das Mädchen hob den Kopf, sah leicht erschrocken drein und Osa rang sich zu einem leichtem Lächeln durch.

„Wir bekommen dich schon hin“, sagte sie mit tiefer Stimme und das Mädchen sah sie verwirrt an.

„Boss...“, ertönte eine Stimme hinter ihr und Osa stand auf, sah über die Schulter. Da war ihr Guard wieder. Mizusu Aki, Codename Mattsu. Ihr fünfter. Sie hatte die junge Frau, die inzwischen perfekt einen Mann verkörperte, sodass Osa es vorzog von einem männlichem Guard zu denken, vor einigen Jahren angetroffen. Damals hatte Mattsu noch als Magierin ihr Glück versucht, doch war in eben dieser Gasse gelandet. Beim üblichem Rundgang war Osa von einigen Hoshigumi-Shinkos überrascht worden und in eben diesem Moment hatte Mattsu gezeigt, dass stille Wasser durchaus gefährlich sein konnten. Schneller als sie hätte schauen können hatte sie Osa die Waffe abgeluchst und einen Shinko hinter ihr erschossen bevor dieser die Waffe gegen sie erheben konnte. Doch recht beeindruckt von diesem Talent hatte Osa sie mitgenommen und sie zum Mann gemacht, sie dann auch schon zum Guard erklärt. Der junge Mann sprach nicht viel, wusste sich durchaus mit Körpersprache zu verständigen, auch wenn ein Lächeln eher selten war, doch hatte Talent wenn es darum ging die Ware zu verführen oder ein Geschäft kritisch zu hinterfragen. Ganz davon abgesehen, dass seine Zielgenauigkeit der ihren durchaus ebenwürdig waren. Mattsu hatte nur einen Tick: Süßigkeiten. Bevorzugt Lollies. Bei den Kindern in den Gassen war er desshalb sehr beliebt. Osa drehte sich auf dem Absatz, ging ein paar Schritte auf den etwa gleichgroßen Guard zu und nickte stumm zu dem kranken Mädchen auf dem Boden. Der Guard verstand sofort, nickte kurz und biss auf den Lolli, den er im Mund hatte und hörbar zersplitterte, nur um kurz darauf den Stiel achtlos in eine der Mülltonnen zu werfen. Wie Mattsu überhaupt noch Zähne haben konnte bei dem Verschleis war ihr schleierhaft, denn kurz geblinzelt, da hatte er auch schon den nächsten Lolli im Mund. Osa beobachtete, wie Mattsu sich vor das kranke Mädchen kniete, einen weiteren, eingepackten Lolli aus der Jackentasche zog und diesen vor sich hielt. Das Mädchen sah neugierig drein und mit einer schnellen Handbewegung, bei der dieser für einen Augenblick den einzelnen Lolli verbarg, hatte Mattsu einen ganzen Strauß an bunten Süßigkeiten in der Hand. Dem Mädchen entfuhr ein leichtes Lachen bei diesem einfachem Zaubertrick und ihr Guard grinste schief. Erneut drehte sich der Lead weg, machte sich auf den Weg aus der Gasse, als sie lautes Geschrei hörte. Es war nichts ungewöhnliches, dass es Prügeleien gab, besonders wenn sich die Penner mal wieder stritten, doch als sich zu der Männerstimme, die laut durch die Gegend schrie, noch eine Frauenstimme mischte wurde sie hellhörig. Zwar ging es sie nichts an, doch wenn man potentielle Ware beschädigte wurde Osa gut und gerne übellaunig. Falls sie jetzt überhaupt noch schlechter gelaunt werden konnte. Vielleicht war es eine gute Gelegenheit sich ab zu reagieren und ein paar Knochen zu brechen. Immerhin widerstand sie schon die ganze Zeit der Versuchung einfach die Faust gegen den nächstbesten Unterkiefer zu rammen und unter den Fingern und ihrem Ring den Knochen knacken zu fühlen. Für ihre Statur hatte der Hanagumi-Lead einiges an Kraft in den Armen. Kaum um die Ecke sah sie auch schon den Unruhestifter, vor ihm eine zusammengekauerte, junge Frau. Die kleine kannte sie, hatte sie schon öfter gesehen, ihr aber nie weiter Beachtung geschenkt. Laut des Penners, der hier die Übersicht hatte, war sie sowieso nur ein Lämmchen, dass es nicht lange machen würde.

„Komm schon, Goldkehlchen. Sing für mich!“, lallte der Penner, erhob die Faust erneut. Die Kleine war schon grün und blau geschlagen, wimmerte und rutschte noch enger gegen die Wand. „Wirds bald?!“

Osa war schneller, hatte den Arm des Mannes gepackt und zog diesen zurück. Überrascht sah der größere Mann zu ihr. Er stank vor allem nach Alkohol und der halbleeren Flasche nach in seiner anderen Hand zu urteilen hatte er schon einiges intus.

„Hat deine Mami dir nie Manieren beigebracht?“, fragte der Hanagumi-Lead kalt und sah dem Penner unentwegt in die verschleierten Augen.

„Was geht dich das an?“

„Man schlägt keine Lady.“

Osa's Griff festigte sich etwas.

„Kann dir doch egal sein! Zisch a-...“ Schnell hatte der Star den Arm des Mannes hinter dessen Rücken verdreht. „AU! Ey lass mich los!“ Osa übte noch etwas mehr Drück auf den Arm aus und der Penner schrie vor Schmerzen auf. „Ist ja gut! Ist ja gut!“

„Geht doch.“

Kaum hatte der Top den Arm des Penners losgelassen ergriff dieser die Flucht und Osa wandt sich der Frau zu, die mit großen Augen zu ihr hinaufstarrte. Hatte dieser Kerl sie nicht 'Goldkehlchen' gerufen? Gerade in dieser Gegend und unter so vielen gescheiterten Sängern, Schauspielern und Darstellern war es nicht leicht sich diesen Titel zu verdienen und so wie die Kleine aussah hatte sie seit sie hier war schon einiges mitgemacht. Der zerissene Pullover hing ihr halb über der Schulter, lies Ansätze der flachen Brust erahnen und eines der Hosenbeine, Osa vermutete, dass es eine alte Jogginghose war, war gänzlich abgerissen. Die Haut darunter war übersäht von Flecken und der Dreck klebte an ihr, insbesondere an den nackten Füßen. Ihr Gesicht, durchaus hübsch obendrein, hatte glücklicherweise weniger abbekommen. Sie hatte eine offensichtlich entzündete Wunde an der Wange kurz unter dem Wangenknochen, halb verdeckt durch die schulterlangen, dunkelbraunen Haare. Für einen Augenblick überlegte der Hanagumi-Lead. Schaden konnte es nicht das Mädchen mit zu nehmen. Toyoko hatte sich immerhin auch als Wunderkästchen an Talent erwiesen, obwohl man es ihr nicht gleich angesehen hatte. Osa beugte sich vor, hielt der Jüngeren die Hand hin, wobei diese für einen Augenblick zurückzuckte. Der Lead rang sich sogar zu einem Lächeln durch.

„Komm schon. Ich hol dich hier raus. Oder willst du dich weiter von diesen Besoffenen verprügeln lassen?“ Die Frau schüttelte den Kopf, sah dabei geradezu hinreisend aus mit diesen Rehaugen und griff nach ihrer Hand und Osa zog sie auf die Beine. „Wie heißt du, kleines?“

„...Asako“, murmelte sie leise, starrte dabei auf ihre Füße. Osa beäugte sie etwas genauer nun da sie stand. Aufgrund der weiten, kaputten Kleidung konnte sie nicht wirklich viel von der Figur erkennen, aber wenn sie nicht alles täuschte dürfte das Mädchen gut und gerne ihre Größe haben. Glücklicherweise trug der Lead Absätze.

„Gut. Asako.“ Die Ältere machte eine Handbewegung. „Komm mit. Wir bekommen dich schon wieder aufgepeppelt.“

Zügigen Schrittes ging sie die Gasse entlang, sah dort schon ihren Guard, wie er mit dem Mädchen gerade zum Wagen ging und die Kleine einsteigen lies. Also hatte es sich doch gelohnt Mattsu nach dem Wagen zu schicken und mit zwei neuen Mädchen hatte sich die kleine Panne doch irgendwie gelohnt. Mit dem, was sie auf die ein oder andere Weise an ihnen verdienen würde konnte sie sich ein neues Auto leisten. Das andere Mädchen, Asako, stolperte nur etwas schüchtern hinter ihr her, sah sich nervös um und Osa blieb einen Augenblick stehen als Mattsu ein paar Schritte vor ihr stehen blieb und leicht verwirrt zu ihr blickte. Verständlich, denn der Lead suchte zwar die Ware aus, aber nahm sie gewöhnlicherweise nie persönlich mit. Dafür schickte sie immer ihre Leute. Nervös drehte Asako sich um, blieb dicht hinter Osa stehen und krallte sich fast schüchtern in dessen Arm. Diese Frau hatte Angst vor den anderen Pennern. Kein Wunder so wie sie aussah. Der Blick des Stars wanderte wieder zu ihrem Guard, der nur eine Augenbraue hob.

„Wir nehmen sie beide mit“, kam nur sturr von ihr und sie setzte sich erneut in Bewegung, öffnete die hintere Tür und machte eine Kopfbewegung. Das kleine Reh schien zunächst zu zögern, stieg dann aber ein und krallte sich nervös in den Saum ihres Pullovers. Mattsu stieg auf der Fahrerseite ein, wobei Osa auf dem anderem Platz hinten einstieg. Das kranke Mädchen saß auf dem Beifahrersitz vorne.

„Wohin, Boss?“ Mattsu sah im Rückspiegel zu ihr.

„Ins Heim. Toyoko's Show haben wir sowieso verpasst. Obwohl ich sie gerne gesehen hätte.“

Mattsu brummte nur etwas. Sie wusste, dass ihr Guard das Heim nicht sonderlich mochte. Es war das Standartversteck für neue Ware, eine Art Zwischenhalt, wo sie die Neuen aufpeppelten, sie neu anzogen und herausfanden, in wiefern sie talentiert waren und entschieden, was mit ihnen geschah. Eigentlich war es nur eine Sortierstation. Das zarte Stimmchen neben ihr riss sie aus den Gedanken.

„Danke.“

Osa hatte zwei Mal hinhören müssen ehe sie verstanden hatte was das junge Reh gesagt hatte. Sie blickte hinüber. Asako hatte den Kopf etwas gesenkt und die Hände inzwischen etwas entspannter in den Schoß gelegt.

„Hm?“

„Das... das gerade. Er ist immer so gemein zu mir und alle anderen auch und... und...“

„Danken kannst du mir später.“ Die Jüngere sah auf und sah sie mit ein paar Tränen in den Augen an. Eigentlich war sie wirklich hübsch. Hergerichtet würde sie sicherlich bezaubernd aussehen. „Wieso ist er auf dich losgegangen?“

Der Blick der anderen wanderte wieder auf ihre Hände und sie knetete nervös ihre Finger, schwieg eine Weile.

„Keine Ahnung?“

Osa grinste innerlich. Die kleine wollte wohl nicht darüber sprechen. Allerdings klang ihre Stimme etwas kaputt.

„Bist du heiser?“

„Ja. Ein bisschen.“ Ein bisschen schien dem Lead doch ziemlich untertrieben. „Sie haben mich mitten in der Nacht gezwungen auf zu stehen und zu singen. Das machen sie immer.“

„Wie das?“ Inzwischen hatte Asako doch irgendwie ihre Aufmerksamkeit geweckt. Zwar hatte der Star nicht wirklich Ahnung davon wenn es darum ging Talent zu wittern im Gegensatz zu Gaichi, aber sie wusste Menschen zu lesen, doch die junge Frau schwieg erneut. Vielleicht schlummerte da doch mehr in ihr als auf den ersten Blick sichtbar war. Osa sah nach vorne.

„Mattsu.“ Wieder aufmerksam gemacht sah ihr Guard im Spiegel zu ihr. „Wir fahren zum Anwesen.“ Für einen Augenblick sah Mattsu so aus als ob sie sich entweder an ihrem Lolli verschluckte oder dieser jeden Moment aus ihrem Mund fiel. Normalerweise nahm der Lead keine Ware mit nach Hause, zumindest nicht in diesem Zustand. Hier und da amüsierte sich die Hanagumi auch gerne mal mit ein paar Mädchen, aber diese waren immer im Top Form und fielen immer in ein spezifisches Muster. Doch der Guard widersprach nicht, nickte nur kurz und blickte sich einen Augenblick um, drehte das Auto bei der nächstbesten Gelegenheit und fuhr in eine andere Richtung.
 

Wieso sich die junge Frau von diesem merkwürdigen Mann, den sie bissher nur einmal vorher gesehen hatte, tatsächlich hatte mitnehmen lassen wusste sie nicht, aber es war weitaus besser als sich ständig von diesen anderen Obdachlosen verprügeln zu lassen. Noch immer schmerzte ihr Bein und ihre Arme und sie glaubte stark, dass sie sich eine Rippe angeknackst hatte. Das andere Mädchen, dass offensichtlich jünger war als sie, schien es aber nicht besser ergangen zu sein. Egal was sie erwarten würde, Asako würde dankbar sein dass sie zumindest nicht mehr in dieser Gasse bleiben musste. Wieso ihr Retter neben ihr plötzlich eine andere Richtung einschlagen wollte war ihr noch immer etwas schleierhaft, doch sie war nicht in der Position um Fragen zu stellen. Man hatte sie darauf getrimmt ruhig zu bleiben und das zu tun, was man ihr sagte, wie es sich für ein Mädchen und eine zukünftige Lady gebührte. Leider hatte das Schicksal es nicht ganz so gut mit ihr gemeint. Hoffendlich ging es jetzt wenigstens etwas bergauf.

Asako starrte aus dem Fenster als der Wagen auf ein geradezu gigantisches Anwesen fuhr, wobei ihr der Mund etwas aufstand. Sie hatte ein großes Haus erwartet, aber nicht SO groß. Obendrein war es wunderschön. Der Eingang war mit bunten Blumen gepflastert, das Haus gepflegt und das Haus war das größte, was sie jemals gesehen hatte. Der junge Mann am Steuer parkte vor dem Anwesen und die zwei Mädchen stiegen aus, ebenso wie ihr Eretter. Mit noch immer großen Auge sah sie sich um, ging noch ein paar wenige Schritte vom Auto weg, lächelte leicht. Es war wirklich schön. Asako hatte eine kleine Schwäche für Blumen. Das andere Mädchen, verängstigert als sie kam zu ihr und zupfte leicht schüchtern an ihrem kaputtem Ärmel. Asako sah zu ihr und lächelte aufmunternd.

„Kommt schon“, kam es schneidend von dem Fahrer und die beiden Mädchen fuhren herum. Der Mann mit den schwarzen Handschuhen ging ihm vorraus. Besser wenn sie die Männer nicht warten liesen. Doch kaum hatten sie zwei Schritte in Richtung Eingang gemacht hörten sie ein lautes Bellen und Asako sah sich verwirrt um. Zwei Hunde, dessen Rasse sie nicht wirklich kannte, aber sie hatten etwas von Wölfen, kamen laut bellend auf sie zugeschnellt und das jüngere Mädchen sprang mit erschrockenem Schrei einen Schritt zurück und Asako konnte sie nur gerade so festhalten bevor sie zu Boden fiel. Der Hund kam nur wenige Meter vor ihnen zum stehen aufgrund einer Kette, die etwas entfernt an der Wand festgemacht war. Die kleinere zitterte in ihrem Arm.

„Hey keine Angst“, flüsterte Asako etwas heiser und lächelte der kleineren zu. „Er macht uns nichts.“

Ein Pfeifen verleitete sie dazu sich um zu drehen. Ihr Retter stand in der Tür, hatte laut gepfiffen und die Hunde wurden mit einem Mal still, knurrten nur noch leise. Vorsichtig zog Asako die Jüngere mit sich mit. Unterwegs griff sie nach der Hand der kleineren. „Wie heißt du?“

„Ai...“, sagte sie, gefolgt von einem Husten. Nochmals lächelte die größere ihr aufmunternd zu ehe sie in die gigantische Halle eintraten. Asako musste den Kopf gänzlich in den Nacken legen um die Decke zu sehen. Das hatte eher etwas von einem Palast als von einem Haus. In ihrer ganzen Faszination wäre sie fast erneut in ihren Retter gelaufen, doch diesmal zog sie Ai zurück und Asako sah zwischen dem Mann und dem Fahrer hin und her.

„Mattsu wird euch ins Badezimmer bringen. Dort werdet ihr euch zurechtmachen.“ Der Mann drehte sich zu dem Fahrer, offensichtlich Mattsu. „Bestell den Arzt her. Er soll sich die beiden mal ansehen. Und sag den Angstellten, dass sie ein Zimmer herrichten soll für meine Gäste.“

Der jüngere Mann nickte und Asako konnte ein lautes Knurpsen hören, blinzelte nur etwas irritiert. Hörte sich an als ob er auf einen Zuckerblock gebissen hätte. Sie setzte an Ai zu folgen, die dem Mann hinterherhechtete, drehte sich dann aber noch zu ihrem Retter um.

„Darf ich noch etwas fragen?“ Der Mann mit den Handschuhen stockte als er in der Tür stand, sah nur über die Schulter zu ihr. Doch er schwieg. Hatte sie was Falsches gesagt? Sie entschied sich jedoch einfach weiter zu sprechen bevor ihre Stimme noch entgültig den Geist aufgab. „Ihr Name. Darf ich den wissen?“

Eine der schlanken Augenbrauen wanderte nach oben, wobei sich der Mann entgültig umdrehte. Asako starrte nur etwas eingeschüchtert in die dunklen Augen, konnte auf die Entfernung aber keine wirkliche Mimik deuten, wenn dieser Mann überhaupt eine hatte. Auch Mattsu und Ai waren dabei totstill, wobei sie ja von Mattsu sowieso nicht wirklich viel gehört hatte. Nach einer halben Ewigkeit zogen sich die Mundwinkel der schmalen Lippen nach oben.

„Osa“, meinte der Mann mit etwas wärmerer Stimme als vorher. „Wie wärs, wenn wir erstmal dabei bleiben?“

Erleichtert lächelte Asako, wobei sie nicht verhindern konnte, dass ihre Schultern in Erleichterung etwas runtersackten. Kurz darauf nickte sie und folgte Mattsu, der noch einen flüchtigen, irritierten Blick zu seinem Chef warf bevor dieser wieder mit Ai im Schlepptau die gigantische Treppe hinaufging.
 

Osa konnte nicht anders als der kleinen nach zu sehen und sich doch über sie zu wundern. Für ein Mädchen mit ihrem Aussehen hatte sie ziemlich Mum in den Knochen. Nicht nur, dass sie bei ihren Hunden, die schon so manchen Eindringling die ein oder andere Erinnerung gegeben hatten, nicht einmal gezuckt hatte, sie hatte auch noch den Mut gehabt nach ihrem Namen zu fragen. Irgendwie war die kleine schon hinreisend. Noch immer schmunzelnd machte der Hanagumi-Lead auf dem Absatz kehrt, ging ins Wohnzimmer und fischte erst einmal nach einer Flasche, schenkte sich einen Schluck von der Flüssigkeit in ein Glas und nippte daran, ging währenddessen zum Fenster. Ob sie das Mädchen einfach behalten sollte? Naja kam ganz darauf an was sie sonst noch konnte. Es wurde mal wieder Zeit, dass sie ein neues Hausmädchen bekam. In diesem Haus war es meist ziemlich leer und einsam, denn obwohl so einige hübsche Dinger hier rumliefen, ebenso wie ihre Currents und ein Packen von Guards war hier jeder für sich. Osa lies sich in ihren Sessel fallen, zog die Stirn kraus. Es würde sich zeigen, was sie mit der Jüngeren anstellen konnte. Eine kleine Privatvorstellung war auch keine schlechte Idee und der Gedanke, sich selbst mal wieder etwas abregen zu können war gar nicht so übel. Osa schmunzelte, schickte mit ihrem Handy eine kurze Nachricht an Mattsu. Sie rief ihren Guard so immer und Mattsu reagierte auch prompt, stand in windeseile im Wohnzimmer und Osa sah zu ihm.

„Sag den Hausmädchen, dass sie den beiden etwas zum Anziehen geben sollen. Aber keine von den Uniformen, sondern etwas aus dem Eichenschrank. Und ich will mit den beiden zu Abend essen.“ Mattsu nickte nur kurz, wollte wieder gehen, doch Osa setzte erneut zum Sprechen an. „Die kleine... Ai hieß sie? Gefällt sie dir?“ Mattsu drehte sich um, blinzelte leicht und nickte kurz darauf nur. „Nach dem Essen darfst du sie dir nehmen.“

Mattsu nahm die Anweisung stumm hin, steckte sich nur einen grünen, kleeblattförmigen Lolli in den Mund und verlies den Raum. Der Hanagumi-Lead lächelte erneut. Normalerweise liesen sie die Mädchen einfach in der Kleidung, in der sie ankamen und selbst wenn der Star sich dazu entschied eines der jungen Dinger selbst zu behalten bekamen sie höchstens eine der Uniformen, auf die Osa so stand. Und dann war da noch der Eichenschrank. Ein recht teurer Schrank, der die Kleidung enthielt, die der Top für besondere Gäste oder ihre One-Night-Stands aufhob. Natürlich lies sie sich nie selbst von denen anfassen, die sie abschleppte, kümmerte sich darum selbst, doch das war nichts gegen das Gefühl die gänzliche Kontrolle über das zu haben, was da mit der Person passierte, die sie in ihr Bett lies. Der Schrank beinhaltete diverse Corsetts, kurze Röcke, Stiefel, flache Schuhe, ein paar enge Hosen, tief ausgeschnittene Oberteile und Strümpfe, ebenso wie diverse andere Unterwäsche. Osa fand hier und da immer mal wieder was neues, was ihr gefiel, aber meistens stand es den Mädchen nicht ganz so gut, wie sie erhoffte. Trotzdem gab es hier und da mal ein Mädchen, dass sie in diese Sachen steckte.
 

Zusammen mit Ai hatte man sie in das geradezu gigantische Bad gestellt, wo sich Asako zuerst mal mit großen Augen umsah und etwas auffiebte als sie die warmen Kacheln an den nackten Füßen spürte. Ai schien nicht minder beeindruckt zu sein, aber Asako kicherte kurz darauf etwas.

„Hey das ist toll“, sagte sie fröhlich und ging etwas weiter ins Bad. Es war schon eine ganze Weile her seit sie eine Dusche oder ein Badezimmer gesehen hatte, doch das übertraf selbst ihre wildesten Vorstellungen. Hinter sich hörte sie die jüngere erneut husten und drehte sich zu ihr. Die junge Frau hatte sich wohl eine schlimme Erklältung eingefangen. „Ich glaube du brauchst ein Bad.“

Asako grinste etwas, ging zu der Badewanne, die einem kleinem Pool glich, und drehte das Wasser auf nur um kurz darauf selbst zu der Dusche am anderen Ende zu springen und den Kopf hinein zu stecken. Das Ding war voll ausgestattet und riesig. Wie der Rest des Bads war es völlig mit schwarzen Kacheln ausgekleidet, wobei auf ein paar schmaleren Kacheln das Bild einer zartrosafarbenen Blume abgebildet war. Die junge Frau zog die Dusche vor, drehte sich desshalb zu Ai und lächelte.

„Nimm du die Badewanne, ja? Ich geh duschen.“

„Okay...“, murmelte die kleinere leise, blieb aber wie ein Schluck Wasser auf der Stelle stehen. Die größere legte den Kopf etwas schief während sie nach dem Saum ihres kaputten Pullovers griff.

„Was ist? In Kleidung badet es sich schlecht.“ Ai errötete etwas und trat, den Blick auf den Boden gerichtet, auf der Stelle. Asako lachte. „Ist dir das peinlich? Du hast nichts was ich nicht schonmal gesehen hätte.“

Ai wurde nur noch röter.

„Aber wir kennen uns doch gar nicht. Ich weis doch noch nicht mal deinen Namen.“

„Oh hab ich dir den nicht gesagt?“ Die größere kam zu Ai, legte ihr die Hände auf die Schultern. „Asako heiß ich. Und wir müssen uns dann halt kennen lernen.“ Sie lächelte zärtlich. „Ich dreh mich auch um ja? Aber sei so gut und geh in die Wanne. Sonst wirst du noch kränker.“

Ai lächelte zart und sah sie dann doch an.

„Okay. Danke. Du bist nett.“

Erneut grinste die Größere der beiden, wandt sich dann entgültig der Dusche zu und keine fünf Minuten später erfreuten sich die beiden Frauen schon dem heißen Wasser. Asako wusch sich erstmal ausgiebig, zuckte hier und da aber mal zusammen, da ihre Verletzungen immer noch schmerzten. Sie entdeckte auch einen nicht ganz so schönen, tiefblau-lila angelaufenen Fleck an ihrer Rippe. Die war definitiv angeknackst. Zumindest wurde ihre Stimme langsam besser dank der Wärme. Sie hörte nur, wie die Tür geöffnet wurde und Ai in der Badewanne auffiebte. Asako streckte neugirig den Kopf aus der Dusche, wobei ihr die langen Haare teilweise im Gesicht hingen. Dann sah sie schon Mattsu, einen Stapel Kleider in der Hand, die er auf einen Stuhl legte und ohne weiter auf die beiden Frauen zu achten wieder raus ging. Verwundert hob sie eine Augenbraue, warf einen Blick zu Ai, die bis zur Nase ins Wasser gerutscht und hochrot vor Scham war. Mattsu schien sein Handwerk aber zu verstehen, denn der junge Mann hatte keine Miene verzogen und die beiden Frauen nichtmal angesehen. Merkwürdiger Kerl.
 

Später am Abend trat Osa ins Esszimmer, lies sich dort an ihrem Platz am Kopf des Tisches nieder, wartete dort noch darauf, dass Asako und das jüngere Mädchen vom Arzt weg kamen, den sie herbestellt hatte. Der Arzt war sehr verschwiegen und diskret, wesshalb er eigentlich immer alle Hanagumis behandelte, die es verdient und schwere Verletzungen hatten. Mattsu schien inzwischen verstanden zu haben, dass es sich bei den beiden Mädchen nicht um 0815-Ware handelte, denn er öffnete den beiden Frauen die Tür, die noch immer völlig fasziniert von ihrem Anwesen eintraten. Die Jüngere hatte einen etwa knielangen, schwarzen Rock an, ebenso wie einen etwas längeren, gelben Pulli. Asako hingegen hatte einen Minirock an, der ihre verlockenden Beine nur zu gut zur Geltung brachte und das Shirt, dass vorne in Falten gelegt war, gab einen beeindruckenden Einblick in ihren Ausschnitt frei. Alles, was Osa in dem Moment denken konnte war 'Wow'. Je länger sie darüber nachdachte desdo besser gefiel ihr die Idee Asako zu behalten. Sie war hübsch an zu sehen und schien einen einzgartigen Charakter zu haben. Obendrein war sie immer noch neugirig, was es mit dem Goldkehlchen auf sich hatte.

„Bitte. Setzt euch. Ihr müsst Hunger haben.“

„Und wie“, versichterte Asako nur und erneut musste der Lead etwas schmunzeln. Die kleine war frech, aber nicht im negativem Sinne. Sie hoffte nur schwer, dass es so blieb. Asakos Lächeln, dieses aufrichtige Sonnenscheinlächeln, machte sie um einiges hübscher und jetzt, wo der Dreck runter war, die Haare gekämmt und gepflegt sah Osa erst, was für einen Schatz sie da aufgegabelt hatte. Zwar sah sie am Ansatz des Ausschnitts noch einen Verband, offensichtlich war sie darunter verletzt, und das kleine, süße Pflaster an ihrer Wange störte etwas, doch alles in allem war sie ein umwerfender Anblick. Die kleinere, Ai, war nicht minder hübsch, aber sie war sichtlich noch etwas ängstlicher als Asako selbst. Die beiden Mädchen nahmen am Tisch platz und auch Mattsu setzte sich zu ihrer linken, sodass er die Tür im Blick hatte.

Wie schnell die Laune der Jüngeren nach oben geschnellt war, war geradezu erstaunlich, denn allein beim Anblick der Vorspeise grinste Asako über beide Ohren. Während des Essens beobachtete der Lead jedoch genau wie gesittet das Mädchen dann doch sein konnte, wogegen Ai sich etwas unbeholfen an Asako orientierte. Osa selbst hielt sich sehr zurück, denn immerhin diente das Essen nur dazu sich die Mädchen etwas genauer an zu sehen. Die Jüngere sprühte geradezu über vor Freude und zog sogar Mattsu mit in ihre Gespräche mit ein, wobei es den Star nur noch mehr verwunderte, dass sie tatsächlich mehr als zwei Sätze aus ihrem Guard herauskitzelte. Irgendwie zog sie das Mädchen schon in den Bann. Sie würde sich noch überlegen müssen, ob Asako nicht doch eine andere Position verdient hatte als nur pure Ware zu sein.

First Stage: Meet the Brothers

„Wie lange müssen wir denn noch hier oben stehen? Es ist scheißekalt.“

„Jetzt sei nicht so ein Jammerlappen und mach deine Arbeit.“

„Wie soll man denn bei dem Zug seine Arbeit machen?“

Brummend starrte der Tsukigumi-Star weiter in ihr Zielrohr, fixierte den Punkt am Fenster, den sie jetzt bestimmt schon seit zehn Minuten ununterbrochen anstarrte. Die zwei Streithähne hinter sich ignorierte sie so gut es ging, aber ihre beiden Guards machten es ihr manchmal wirklich nicht leicht. Wenn sie die beiden nicht so gern hätte, dann hätte sie einen von beiden, vorzugsweise die kleinere, einfach vom Dach geworfen. Yuuhi und Kiriyan, die Kurzformen für ihre Decknamen Oozora Yuuhi und Kiriya Hiromu, waren für zwei der besten Assassinen Tokyos dann doch manchmal ziemlich laut und unaufmerksam. Trotzdem würde sie den beiden ihr Leben anvertrauen, tat es auch immer wieder indem sie den beiden ohne weiter darüber nach zu denken den Rücken zudrehte. Bei jedem anderen hätte sie das nicht getan, besonders nicht bei einem so wichtigem Auftrag. Der Auftrag war ausnahmsweise mal nicht von Gaichi, dem Besitzer ihres Lieblingsclubs, gekommen, sondern von einem Politiker. Dieser hatte eine gehörige Summe dafür gezahlt einen hochrangigen Konkurenten aus zu schalten. Ihr Vater hatte dabei die doppelte Summe verlangt aufgrund des Risikos und ebenso, weil beide Stars an diesem Mord beteiligt waren. Sonst würde man an diesem schmierigen Mistkerl nie in die Finger bekommen. Die Tsukigumi-Stars waren neben ihr, Ayaki Nao, die man allgemein nur als Saeko kannte und auch so gerufen wurde, noch ihre ältere Schwester. Oder ihr älterer Bruder, je nachdem wen man fragte. Kozuki Wataru, den man Wataru rief, hatte den Ruf ein Hermaphrodit zu sein, doch Saeko war bis auf ihren Vater wohl die einzige, die es besser wusste. In Tsukigumi waren sie alle Männer, auch die Frauen. Als Tochter einer der mächtigsten Männer Japans wäre sie nie weit gekommen, doch man hatte ihr und Wataru schnell beigebracht wie es besser ging. Sie verhielten sich wie Männer, sprachen wie Männer und spielten ihre Rollen mit Leib und Seele. Ihre zwei Guards, Yuuhi und Kiriyan, waren ebenfalls weiblich. Saeko war mit den beiden aufgewachsen, doch schon von klein an hatte man ihnen beigebracht, dass sie den anderen als Mann sehen sollte, wesshalb Saeko irgendwann angefangen hatte nur noch von den beiden als männliche Wesen zu denken damit ihr nicht ausversehen etwas anderes rausrutschte im Eifer des Gefechts. Mit Wataru war es nicht anders. Der ältere würde immer ihr älterer Bruder sein, so wie schon seit Jahren und wie es auch in Zukunft sein würde, auch, wenn dieser gerne mal ein kurzes Kleidchen anzog. Es half ihnen nicht zuletzt auf dieser Mission.

„Wie lange brauchst du denn noch, Wataru? Hol diesen Scheißkerl endlich ans Fenster“, raunte der Star in ihr Headset, dass mit einem kleinem Knopf in Wataru's Ohr verbunden war. Ihr Bruder, im Minirock, Highheels, einem engem Shirt mit tiefem Ausschnitt, war im gegenüberliegenden Gebäude, just in dem Raum, in dem sich auch ihr Ziel aufhielt. Sie hatten schon ein paar Tage darauf hingearbeitet und wenn sie es jetzt nicht durchzogen, dann würden sie es gar nicht schaffen. Oder auffliegen. Oder beides.

„Gib mir noch fünf Minuten“, kam es gedrückt zurück und Saeko schnaubte leicht, lies aber nicht von ihrem Posten ab. Stattdessen schielte sie etwas über die Schulter. Apropos Kleid. Wataru war nicht der einzige, den man ab und an in ein Kleid steckte. Sie alle tarnten sich ab und an als Frauen, meistens um der Polizei durch die Lappen zu gehen. Wer konnte einer verführerischen Frau im kurzen, engem Kleid, erotischem Ausschnitt und unendlich langen Beinen schon wiederstehen? Saeko schmunzelte etwas. Ihr Vater hatte sie wirklich gut trainiert. Kiriyan, im knappen Kleidchen, stand bibbernd und auf Absätzen etwas entfernt auf dem Dach. Der Wind wehte ab und an den Saum nach oben, sodass das tiefrote Faltenkleid einen Ausblick auf den Slip und damit verbunden auf den süßen kleinen Bären auf dem linken Teil des weißen Slips freigab. Yuuhi stand am anderen Ende des Daches und hielt Ausschau, genauer gesagt behielt sie den Gang, der die beiden Gebäudeteile verband, genaustens im Auge, sah durch ihr eigenes Scharfschützengewehr. Während sie dort waren durfte keiner durch den Gang und aufs Dach. Jetzt etwas aufgeheiteter durch diesen kurzen Windstoß konzentrierte sich der Tsukigumi-Star wieder auf ihr Ziel.
 

Im anderen Gebäude stand Wataru mehr oder minder begeistert im Büro, lehnte sich an den Schreibtisch und wartete darauf, dass dieser Mistkerl endlich aus dem Bad kam. Wofür hielt der sie eigentlich? Sonst machten sich die Männer doch sonst nie so Mühe sauber zu sein wenn sie Sex in Aussicht hatten. Der Tsukigumi-Star hatte jetzt Tage damit verbracht diesen Möchtegernmacho zu verwanzen, ihn an zu flirten und dafür zu sorgen, dass keiner der Möchtegernwachen mit hinein kam. Nicht nur das, sie hörte regelmäßig Kiriyan in ihr Ohr fluchen, denn die Guards hatten ebenso wie ihr kleiner Bruder eine Verbindung zu ihr, falls Saeko doch etwas passieren sollte. Ihr Guard schien sich gehörig den Arsch ab zu frieren, aber er hatte beim Strohhalmziehen nunmal verloren. Obendrein hätte Yuuhi in dem Fummel einfach nur peinlich ausgesehen. Lieber hätte sie noch Zeit bei der Party verbracht, doch Arbeit war nunmal Arbeit. Wataru seufzte etwas. Männer.

„Darling“, flirtete sie durch die Tür, legte dabei einen ziemlich wehleidigen Ton auf. „Lass mich nicht so lange warten.“

„Ich komme gleich, Süße“, kam es nur von drinnen.

„Manchmal bist du echt eine kleine Schlampe, Wataru“, kam es nur von ihrem kleinen Bruder und Wataru verkniff sich einen bösen Kommentar als der alte Sack endlich im Bademantel aus dem Bad kam. Nicht nur, dass dieser Dreckskerl überhaupt nicht ihr Typ war, er war auch noch fett und stank aus jeder Pore. Naja eigentlich hatte sie keinen Typen, auf den sie stand, aber der gehörte nicht dazu. Wataru erfreute sich dann doch lieber an den hübschen Mädchen, die sie ab und an abschleppte, und lies sich von denen einen Show liefern. Zwar waren die nicht ganz so schön wie die im Sky Stage und manchmal recht widerspänstig, aber wenigstens kostenlos. Plus wenn sie wollte konnte sie einfach jemanden abschleppen, sich ein Hotelzimmer nehmen, die Person nach einer Nacht rauswerfen oder sie einfach erschießen. Ihren Spaß hatte sie immer wieder. Dennoch lächelte sie verführerisch, ging mit schwingenden Hüften zum Fenster.

„Was soll das werden?“, fragte das Opfer, dass noch immer zwischen Badezimmertüre und Schreibtisch stand. Unter dessen Bademantel zeichnete sich schon eine gehörige Beule ab, was das ganze nur noch wiederlicher machte. Es wurde Zeit, dass sie raus kam und sich mal einen richtigen Leckerbissen schnappte. Mit dem Gedanken im Hinterkopf lächelte der Tsukigumi-Star verführerisch, lehnte sich an die Fensterfront und räkelte sich ausgiebig.

„Ich will es am Fenster“, hauchte sie verführerisch, drückte den Rücken noch etwas mehr an die kalte Fläche. „Ich finde es... anregend wenn man uns sehen könnte. Immerhin sind gegenüber die Büros, oder?“

„Na ich weis nich...“

Drecksack. Dann musste sie halt harte Geschütze auffahren. Wataru lächelte etwas mehr, schob die Hände unter den sowieso schon kurzen Rock und ertastete den tiefroten Tanga, zog diesen über die Hüfte und lies ihn zu Boden fallen.

„Bist du denn nicht neugierig? Lass mich ein bisschen Spaß haben.“ Sie leckte sich etwas über die geschminkten Lippen, beugte sich vor um den Blick in den Ausschnitt frei zu geben. Sie sah genau, wie der leere Blick von diesem Volltrottel auf ihren perfekt kleinen Brüsten klebte und wie sich sein Hirn abstellte. Er musste eigentlich nur noch näher ans Fenster kommen.

„Noch ein bisschen weiter runter. Ich kann nichts sehen“, klang es erneut aus dem Knopf an ihrem Ohr. Durchaus amüsiert dazu. Saeko hatte immer seine helle Freude daran, wenn Wataru diese Waffen ausfuhr. Wenigstens einer hatte Spaß bei seiner Arbeit. Den Teufel würde sie tun. Wenigstens bekam sie jetzt, was sie provoziert hatte. Diese geldgierige Schmeißfliege kam auf sie zu, öffnete dabei den Bademantel und warf diesen auf die Seite. Ekliger hätte das ganze wohl nicht sein können, aber alles, damit dieser Schmierfink keinen Alarm schlug.

„Dann lass dich mal von Papi verwöhnen, Schätzchen“, raunte es kurz darauf an ihr Ohr und Wataru legte die behandschuhten Hände auf die nackten Schultern, drückte ich noch etwas mehr an die Scheibe um den Körperkontakt so gering wie möglich zu halten. Sie lächelte.

„Lass uns Plätze tauschen, Big Daddy. Und machs dir auf dem Stuhl bequem“, hauchte sie verführerisch und der willige Geldsack lies sich auf den Stuhl direkt am Fenster fallen. Wataru drehte ihn noch ein wenig damit Saeko perfekte Sicht auf ihn hatte und er auch sonst nirgends hin konnte. Mit geschickten Fingern hatte sie die Handgelenke des vorfreudigen Opfers mit der Kravatte und dem Ärmel eines Hemds an den Stuhlbeinen festgemacht. Dieser ging wohl davon aus, das gehöre zum Spiel.

„Perfekt. Setz ihn Schachmatt“, kam es von Saeko. Gott sei Dank. Darauf hatte sie schon seit Tagen gewartet. Der Tsukigumi-Star richtete sich auf, ging zwei Schritte zurück und fuhr mit der Hand erneut unter ihren Rock, schmunzelte etwas.

„Nun dann...“ Sie zog eine Karte aus einem Gürtel hervor, der ganz oben an ihrem Bein befestigt war. Die Karte war tiefschwarz bis auf das Markenzeichen Tsukigumi's, dass vorne abgebildet war. Sie klappte die Karte auf und begann in aller Ruhe zu lesen, wobei ihre Stimme sehr runtersackte und sie die Stimme benutzte, die sie sonst als Mann hatte. „Sie sind schuldig sich in die Geschäfte der Clans eingemischt zu haben. Sie erschweren uns die Arbeit, nehmen sie uns weg und desshalb hat unser Client sich dazu entschlossen sie zu entsorgen. Sie können keine Gnade erwarten, Rechtfertigungen sind uns egal und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.“ Sie grinste und beugte sich etwas vor. „Das letzte war von mir. Wie auch immer. Schachmatt.“

Der Mann holte gerade noch Luft, wollte schreien, doch Saeko war schneller. Das Glas neben ihr splitterte und der Kopf des Mannes kippte mit einem schönem Loch im Schädel auf die Seite und kurz darauf nach vorne. Das Blut rann diesem schmierigem Drecksack übers Gesicht, tropfte anschließend von der Nasenspitze und dem Kinn. Wataru klappte die Karte gänzlich auf, drückte sie an die Wunde und drückte sich etwas von dem Blut darauf ehe sie die Karte zurück in das Plastik packte und wieder in dem Gürtel an ihrem Bein verstaute, dann wieder nach ihrem Slip fischte.

„Sauberer Schuss, Bruderherz“, sagte sie etwas gedämpft und entsorgte alle Spuren, die darauf schlossen, dass sie je in diesem Raum gewesen war. „Ziel aber das nächste mal etwas mehr auf die Schläfe sonst splittert der Schädel zu stark.“

„Ja, ja“, brummte es nur am anderen Ende und sie hörte es Klicken. Ihr Bruder verstaute wohl gerade das Gewehr. „Beeil dich einfach. Wir treffen uns gleich im Fahrstuhl.“
 

Saeko klappte den Metallkoffer mit dem Gewehr darin zu und setzte sich den weißen Hut wieder auf den Kopf ehe sie mit Yuuhi und dem noch immer zitternden Kiriyan im Schlepptau wieder vom Dach ging. Ihre Arbeit war getan. Jetzt nur noch unbemerkt raus, obwohl sie da überhaupt keinen Zweifel daran hatte. Die Wachen waren ausgeschaltet, die Überwachungskameras und Sicherheitssysteme deaktiviert, es arbeitete keiner und im Erdgeschoss lief eine Riesenparty. Die, die sich jetzt noch in einzelnen Räumen aufhielten waren nur für Intimitäten dort und es scherte keinen, wer dort ein und aus ging. Desshalb hatte man auch Kiriyan in das Kleid gesteckt. Die drei Tsukigumi-Mitglieder gingen durch den Verbindungsgang, Saeko den beiden anderen vorran, und auf halbem Weg trafen sie Wataru. Saeko grinste nur breit.

„Halt blos die Klappe“, kam nur von ihrem Bruder und er zupfte sich den Rock zurecht, wobei der Tsukigumi-Erbe den roten Tanga hervorblitzen sah. Dadurch, dass Saeko und nicht Wataru den Status des Lead erben würde, aus welchen Gründen auch immer, nahm sich der Star manchmal ein paar viele Freiheiten heraus, besonders was Wataru anging. Sie nahm jede Gelegenheit wahr um ihren Bruder zu ärgern, wobei das auf Gegenseitigkeit beruhte. Geschwisterliebe halt.

„Du siehst hinreisend aus, Bruderherz“, meinte Saeko nur charmant und Wataru harkte sich in ihren Arm ein, Kiriyan bei Yuuhi. Zu viert gingen sie zum Fahrstuhl, fuhren in aller Seelenruhe nach unten. Auf halbem Weg starrte der Tsukigumi-Star auf die Anzeige. „Hast du an die Karte gedacht?“

„Als ob ich das vergessen würde.“ Wataru klang beleidigt, doch das ignorierte der zukünftige Lead gekonnt.

„Gut. Daddy flippt aus wenn wir den Job verhauen.“

„Lief doch alles glatt.“

Die Karten waren nicht nur Markenzeichen Tsukigumi's, sie dienten auch dazu die Clienten wissen zu lassen, dass der Job erledigt worden war. Auf den Karten fanden sich Name des Opfers, Art des Todes, Gründe und schlussendlich die DNA des Toten. Meistens in Form von Blut, doch anderes war auch möglich. Ihr Vater war ziemlich pingelig, was Buchführung anging, aber anders wäre Tsukigumi auch nicht so groß geworden. Dadurch, dass sie mit Morden ihr Geld verdienten kannten sie sich obendrein mit Sicherheitssystemen aus wie kein anderer Clan, mit Ausnahme von Hoshigumi. Doch selbst die kamen an ihren Sicherheitsnetzwerk nicht vorbei, mal ganz davon abgesehen, dass Tsukigumi an der Oberfläche mehr als harmlos erschien. Neben den Geschäften im Untergrund leitete ihr Vater eines der größten Theater in der Stadt.

Saeko schlang den Arm um die Tailie des größeren, schob die Hand auf Wataru's Hüfte und ging mit der Dame im Arm aus dem Fahrstuhl, schmunzelte nur zufrieden und die Person im hübschen Röckchen spielte mit. Die beiden wirkten als hätten sie ein paar wirklich heiße Stunden hinter sich und Wataru schwankte sogar etwas als hätte sie getrunken. Kiriyan kicherte und harkte sich ebenfalls bei ihr ein, Yuuhi trottete etwas zurückgelassen hinterher.

„Nun meine Täubchen...“, turtelte Saeko, zog Wataru etwas näher während sie durch die Menge gingen. „...wie wäre es, wenn wir unser kleines... Gespräch zu mir vertagen und da weiter machen wo wir aufgehört haben?“

„Oh Ryouga“, flirtete Kiriyan und rutschte an sie heran. Ryouga hieß sie, solange sie auf der Party war. Eigentlich hatte Saeko für jede Gelegenheit einen anderen Namen. „Nur, wenn ich dieses mal etwas mehr machen darf.“

„Ich schenke dir meine ganze Aufmerksamkeit“, raunte Saeko, fühlte dabei ein paar neidische Blicke von einigen Männern auf sich, aber das hatte sie ja auch provoziert. Man sollte sie ruhig sehen. Es war nicht Tsukigumi's Stil einfach hinaus zu posaunen, dass da ein toter, obendrein nackter Mann in einem der Büros saß und das ihre Schuld war. Immerhin exestierte Tsukigumi offiziell gar nicht. Zu viert gingen sie aus dem Gebäude, liesen die feiernden Menschen zurück und stiegen in den bereitgestellten Wagen. Yuuhi setzte sich vorne ans Steuer und die anderen drei in den großzügigen hinteren Teil. Dort schnappte sich Kiriyan zuerst die Hose, zog diese über und zog die Anzugjacke über die Bluse.

„Man bin ich froh endlich wieder Stoff an den Beinen zu haben. Ich weis gar nicht was du an den Teilen findest“, maulte Kiriyan und Wataru kicherte nur mädchenhaft. Für eine so männliche Person war Wataru manchmal eine wirkliche Pussy.

„Ich weis nicht was du hast. Ich finde dir steht das Röckchen wirklich gut. Obwohl es ein Kleid auch tun würde.“

„Oh nein danke. Nicht, wenn es mir nicht befohlen wird.“

Saeko lachte und legte dabei den Kopf etwas in den Nacken.

„Sag da nicht zu laut, Kiri“, meinte der Tsukigumi-Star und verschränkte die Arme. „Sonst gibt er dir die Anweisung dazu.“

Wataru grinste daraufhin nur breit.
 

„Asako!“, rief der Hanagumi-Lead die Treppe nach oben. „Jetzt komm runter!“

„Ich bin gleich da“, kam es nur zurück, woraufhin Osa nur ein Rumpeln hörte. Hoffendlich lies diese Frau ihre Einrichtung stehen. Die junge Frau war jetzt ein paar Tage bei ihr, aber inzwischen hatte der Hanagumi-Star entschieden, dass sie die beiden Mädchen nicht umsonst bei sich behalten würde. Inzwischen hatte sie aber auch so einen Narren an der jungen Asako gefressen, dass sie nicht wollte, dass sie einer dieser schmierigen Männer anfasste, so wie sie es sonst zu tun pflegte. Obendrein würde sie das wohl kaputt machen und es wäre eine Verschwendung von Talent. Sie hatte nur Ansätze davon gesehen als Asako, sichtlich besserer Laune und wie ein kleiner Sonnenschein durch die Wohnung getänzelt war, aber die junge Frau wusste, wie man sich richtig bewegte, auch wenn sie sich mit Absätzen etwas schwer zu tun schien. Nur den Gesang der anderen hatte sie immer noch nicht zu hören bekommen, obwohl sie Asako schon durchaus in diese Richtung gedrängt hatte.

Seufzend ging Osa in Richtung des Wohnzimmers. Sie hatte ihr kleines Liebchen schon vor einer ganzen Weile hinunter gerufen, doch sie war gerade beim Umziehen gewesen. Mattsu hatte sie mit Ai weggeschickt, denn sie wollte etwas Zeit alleine mit der jungen Frau verbringen um ihr ihr Vorhaben schmackhaft zu machen. Sie hatte ein paar süße Törtchen holen lassen, die sie vor Mattsu hatte verteidigen müssen, und hatte ein wenig von diesem neuen Tee holen lassen, der in der Stadt schnell berühmter und ebenso hoch angepriesen wurde. Sie lies sich in ihren Ohrensessel nieder, schlug die schlanken Beine übereinander. Eigentlich war der Hanagumi-Star nicht der Typ, der sich von irgendwelchen Mädchen derartig bezaubern lies, doch Asako hatte mit ihrer Art etwas, was sie einfach faszinierte. Sie war ungezügelt, aufmerksam und hinreisend auf ihre eigene Art. Ausserdem schien sie, anders als so viele andere, keine Angst vor ihr zu haben, behandelte sie eher freundschaftlich. Das ganze war ihr so neu, dass es doch interessant war sich an zu sehen, wie sich das entwickeln würde.

„Tut mir leid. Ich bin in die Schuhe nicht reingekommen“, sagte Asako, als sie schlussendlich doch ins Zimmer stolperte. Sie hatte ein kurzes Faltenröcken an, dazu eine weise Bluse mit einigen Rüschen am Ausschnitt und ein paar schwarze Highheels. Sie sah hinreisend aus.

„Komisch. Dabei müssten sie dir passen.“

„Tun sie auch. Irgendwie. Aber ich komme mit diesen Riemchen nicht so ganz klar.“

Osa schmunzelte etwas für sich als die junge Frau mehr oder minder wackelig zu ihr kam und sich zu ihr setzte.

„Du wirst dich schon dran gewöhnen, Engelchen.“ Der Hanagumi-Lead lachte etwas und reichte dem Mädchen einen Teller mit einem Törtchen. Diese fiebte fröhlich und nahm den Teller dankend entgegen, begann auch sofort das süße Gebäck zu verspeisen. Die zwei saßen ein paar Minuten schweigend beieinander, genossen den Tee und die leise Musik, die Osa angespielt hatte. Leise hörte sie Asako dabei summen, aber sagte nichts dazu.

„Gefällt es dir bei mir, Asako?“, fragte der Hanagumi-Lead schlieslich und sah die Jüngere an. Diese schob grade die kleine Erdbeere, die auf dem Kuchen gewesen war, in den Mund. Ein paar Sekunden geschah nichts, doch dann nickte sie und lächelte glücklich zu Osa.

„Sehr sogar. Du bist so nett zu mir wie keiner vorher in meinem Leben. Und immerhin muss ich dank dir nicht mehr in den Ecken der Gosse schlafen.“

Das war geradezu rührend. Der Star rutschte etwas näher an seine Süße heran, legte den Arm um sie und strich ihr über die sanften, braunen Haare. Sie wusste, wie man sich richtig pflegte, wesshalb sie sich weich anfühlte und der Geruch, der von ihr ausging, war berauschend. Asako lehnte sich an die Berührung, schloss etwas die Augen. Der kleine, weiße Porzelanteller ruhte dabei auf ihrem Schoß.

„Wenn es nach mir geht musst du dort auch nicht mehr hin. Desshalb musst du etwas für mich machen.“

Blinzelnd sah die junge Frau auf und Osa sah in ihre Rehaugen, die sie ehrlich, aber verwirrt ansahen.

„Und das wäre?“

„Ich muss meiner Arbeit nachgehen und kann desshalb nicht immer hier bei dir sein. Hier im Haus bist du nicht sicher genug. Ich bringe dich bei einem Freund unter. Es ist aber kein normales Zuhause.“

„Was ist es dann?“

„Es ist ein Club. Ein Stripclub um genau zu sein. Ich habe mit ihm ausgehandelt, dass du dir ein kleines Taschengeld dazuverdienen kannst solange du da bist.“ Asako sah mit zusammengebissenen Zähnen auf ihre Knie, krallte sich in den Teller, der noch immer in ihrem Schoß stand. Man sah ihr das Unwohlsein an, doch Osa zwang sie ihr in die Augen zu schauen indem sie die Hand unter ihr Kinn legte und den Kopf zu sich drehte. „Du musst keine Angst haben. Die Kleidung ist zwar etwas knapp bemessen, aber du wirst nur tanzen müssen.“

„Nicht mehr?“

„Nicht mehr. Keiner wird dich zwingen alles gänzlich ab zu legen wenn du das nicht willst. Es ist obendrein ein hochwertiger Club, also wird dich auch keiner anfassen oder dir dumm kommen. Sieh die Arbeit einfach als Entschädigung, dass du bei mir leben kannst. Ich werde dich so oft es geht nach Hause holen.“

Das schien die Jüngere dann doch auf zu heitern und sie lächelte leicht gezwungen, griff schüchtern nach der Hand des Leads und hielt sie fest.

„Na gut. Immerhin bin ich dir das schuldig, oder?“

Osa lachte nur kehlig, beugte sich zu der Jüngeren und hob ihren Kopf noch etwas weiter.

„Ja das bist du, Engelchen“, hauchte sie ehe sie Asako vorsichtig auf die Lippen küsste.
 

Erst als die Sonne schon untergegangen war ging Asako mit Osa aus dem Haus, sah sich nochmal zu ihrem neuen Zuhause um bevor sie dem Älterem hinterherhastete. Auf diesen Highheels kam sie überhaupt nicht klar. Sie knickte ständig ein, konnte auf dem Kies keine zwei Schritte laufen und ihre Füße taten schon nach kurzer Zeit weh. Wenn sie diesem Mann nicht so viel verdankte, dann würde sie zumindest gegen die Schuhe protestieren, aber so würde sie ihm jeden Wunsch erfüllen. Sie hatte sich auch küssen lassen, war der offensichtlichen Zuneigung, die Osa ihr gegenüber zeigte, nachgekommen. Noch immer fühlte sie ein Kribbeln in sich, dass sie nicht zuordnen konnte. Ihr Retter war so leidenschaftlich vorgegangen, dabei so zärtlich, dass sie derartiges gar nicht mehr gewohnt war. Überhaupt war Osa der erste, der wieder nett zu ihr war, von Ai mal abgesehen. Ihre neue Freundin war jedoch mit Mattsu unterwegs, einkaufen oder so, und sie würden sich wohl nicht so schnell wieder sehen. Osa hatte Ai eine Anstellung als Dienstmädchen gegeben, hatte Asako selbst aber davor verschont, obwohl sie auch im Haushalt helfen wollte oder besser gesagt überhaupt etwas tun wollte. In einem Stripclub zu tanzen war nicht gerade die Wahl Nummer eins, die sie für sich vielleicht getroffen hätte, aber die junge Frau stand zu gerne auf der Bühne um sich davon aufhalten zu lassen. Innerlich stellte sie sich einfach vor, dass sie diese Rolle spielen würde, die Rolle einer Stripperin, die in diesem Club ihr Geld verdiente und das half ihr etwas runter zu kommen, auch, wenn ihr Herz immer noch desshalb klopfte. Sie war noch nie in einem dieser Clubs gewesen, hatte nur Geschichten und Erzählungen gehört wie es dort ablief und aussah. Ein wenig verschreckte sie der Gedanke dann doch.

Als Asako dann doch bei Osa angekommen war bemerkte sie, dass sie etwas größer auf diesen Highheels als der ältere Mann war, lächelte aber nur etwas beschämt und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie Angst vor dem hatte, was Osa mit ihr vorhatte. Obendrein war es unter dem kurzen Rock doch recht windig und sie bibberte etwas als sich die Gänsehaut über ihre Haut stahl. Neben Osa stand noch ein anderer, etwas größerer Mann im schwarzen Anzug, aus dessen Brusttasche die Spitze eines orangenes Tuches herausblitzte. Dieser öffnete die Tür und Osa nahm sie an die Hand.

„Das ist Romu. Mattsu ist nicht da, also kommt er mit“, sagte ihr Retter als sie näher kamen. Romu, der Name war irgendwie komisch, nickte ihr nur kurz zu bevor sie mit Osa in den hinteren Teil des Wagens einstieg. Sympatisch wäre ihr dieser Mann wohl gewesen, wenn da diese kalte Miene nicht gewesen. Etwas gruselig war er dadurch schon. Allgemein waren die Männer in Osa's Nähe und Osa selbst eigentlich immer nur in Anzüge gekleidet. Wie Mattsu es tat sprach der Mann am Steuer kein Wort während sie fuhren und Asako starrte nur aus dem Fenster, versuchte sich den Weg zumindest etwas ein zu prägen, was gar nicht so leicht war. Romu fuhr durch viele kleine Gassen als könnten sie verfolgt werden und obendrein war es dunkel. Der Wagen hielt schlussendlich in einer nicht minder dunklen Seitenstraße, die nur durch einige wenige Lampen beleuchtet war, aber sonst schien dort nicht viel zu sein. Erneut öffnete der Mann am Steuer die Wagentür, lies zuerst Asako, anschließend Osa aussteigen, blieb aber eher in der Nähe des älteren Mannes stehen als bei ihr. Mit großen Augen sah sich die junge Frau um.

„Wo sind wir hier?“

„In einem etwas abgelegenen Teil Tokyos. Wir müssen noch um das Gebäude rum, aber dort einen Parkplatz zu finden ist einfach unmöglich.“ Osa lächelte und bot ihr den Arm an. „Bitte. Begleite mich.“

Etwas zögerlich harkte sich Asako ein nachdem sie einen Blick auf Romu geworfen hatte, der sich gründlich in der Gegend umsah. Die drei gingen zwei Gassen weiter, bogen anschliesend in eine etwas größere Gasse ein auf eine Treppe zu. Ein paar Meter bevor sie eben jene Treppe erreicht hatten bogen vier weitere Persoen um die Ecke, zwei davon im schwarzen, eine im weißen und eine im dunkellilanem Anzug. Bis auf die Person im lilanem Anzug, die die drei anderen überragte, hatten sie ungefähr die selbe Größe.

„Boss...“, kam es von Romu, der sich beim Laufen zu Osa gebeugt hatte, doch Osa machte nur eine Handbewegung und brachte ihn zum Schweigen. Auch die vier anderen Personen schienen sie bemerkt zu haben, hatten augenscheinlich auch als Ziel die Treppe, die in das Gebäude führte. Asako schluckte etwas. Irgendetwas sagte ihr, dass da Spannung in der Luft lag. Die beiden Grüppchen trafen sich ungefähr in Höhe der Treppe, blieben aber zwei Meter voneinander stehen. Osa lächelte nur und lies von Asako ab, ging einen Schritt vor sie und breitete die Arme etwas aus.

„Wie schön die Geschwister so vereint mal hier vor zu finden. Und schön, dass du dich dazu entschieden hast heute einen Anzug zu tragen“, sagte ihr Retter mit freundlicher, aber gespielter Stimme. Es war leicht heraus zu hören wie sehr die Stimme des älteren Mannes vor Ironie triefte. Die beiden angesprochenen, durchaus jung und etwas zierlich wirkenden Männer setzten ein dünnes Lächeln auf und der größere verschränkte die Arme.

„Ich dachte ich entspanne mich auch mal etwas. Ich bin immerhin sehr fasziniert von den Themenabenden, die Gaichi veranstaltet. Wenn ich mir schöne Frauen einfach nur ansehen wollte, dann nehme ich mir jemanden von der Straße mit“, sagte der Mann im lila Anzug, hob eine der schlanken Augenbrauen.

„Charmant.“ Osa hob nur eine Augenbraue. Im Augenwinkel beobachtete Asako, wie der kleinere der beiden Männer in Schwarz inzwischen an Romu herangetreten war, der sich halb vor Osa gestellt hatte, und diesen grinsen beäugte.

„Apropos charmant“, begann der etwas kleinere, junge Mann im weißem Anzug. „Willst du uns deine reizende Begleitung nicht vorstellen?“

Erst dann bemerkte die junge Frau, wie sie von den ihr gegenüberstehenden Männern geradezu mit den Blicken ausgezogen wurde, wobei die Aufmerksamkeit des kleineren Mannes eher an Romu hing. Sie konnte nicht verstehen was die zwei Männer da tuschelten, doch es hörte sich an, als würden sie sich gegenseitig aufziehen. Die Blicke auf sich zu spüren war ihr dann doch unangenehm. Es war eine Sache auf der Bühne von einem Publikum angestarrt zu werden als von drei einzelnen Männern. Osa drehte sich halb zu ihr, schwieg ein paar Sekunden mit ernster Miene und sah dann mit einem weiterem, dünnen Lächeln zu den drei anderen Männern.

„Sena Jun. Obwohl mir der Punkt entgangen ist, an dem es euch zu interessieren hat. Sie ist meine Begleitung und nicht für euch oder jemand anderen verfügbar.“

„Bezaubernd“, sagte der weiß gekleidete Mann erneut, lächelte etwas breiter und Asako stand die Vewirrung ins Gesicht geschrieben. Sena Jun? Das war doch gar nicht ihr Name. Doch sie entschied sich zunächst nichts zu sagen. Osa würde schon seine Gründe haben ihr einen falschen Namen zu geben. Gerade setzte der Mann erneut zum Sprechen an als Romu auf einmal laut fluchte und der kleinere Mann mit einem orangenem Tuch in der Hand zurücksprang.

„Du verdammter Drecksack! Gib das zurück“, rief der auf einmal sehr aufgebrachte Mann, doch der kleinere von beiden lachte nur. Romu griff in seine Innentasche, hatte mit einem Mal eine Waffe mit einem nicht zu verachtetem Kaliber in der Hand. Der Kleinere reagierte indem auch er eine Waffe aus seiner hinteren Hosentasche zog und sie auf Romu richtete. Asako rutschte das Herz ein wenig in die Hose und sie stolperte zurück. Ehe sie sehen konnte hatten auch die restlichen Männer, Osa inbegriffen, ein paar schimmernde Waffen in der Hand, hatten den Lauf jeweils auf den anderen gerichtet. Stumm starrten sie sich an, doch Osa und auch die Männer in weiß und lila grinsten, fingen nach ein paar schier endlos scheinenden Sekunden einfach an zu lachen, schoben die Waffen zurück in die Jackentaschen. Alle, mit Ausnahme von Romu und dem Mann, der noch immr das orangene Tuch in der Hand hatte.

„Kiriyan“, sagte der Mann in weiß streng. „Sei brav und gib ihm das Schmusedeckchen zurück.“

Kiriyan war dann wohl der kleinere der jungen Männer. Dieser grinste etwas und schob die Waffe zurück in die Jacke.

„Hat dir Mami das gemacht? Oder deine Omi?“, fragte dieser provokant als er Romu, der noch immer den Lauf der Waffe auf den anderen richtete, das Tuch entgegen hielt. Erst dann sah die junge Frau, dass auf dem orangenen Tuch ein paar gelbe Punkte und so wie es aussah ein paar kleine Bärchen waren. Romu schnaubte nur, schnappte sich das Tuch und stopfte es zurück in die Jackentasche, ebenso wie die Waffe.

„Ein Bastard wie du würde das sowieso nicht verstehen.“

Kiriyan schnappte erneut nach Luft, doch der Mann in weiß, der mit den beiden anderen zur Treppe gegangen war, rief dazwischen.

„Kiriyan! Bei Fuß. Kein Ärger in der Öffendlichkeit.“

Noch immer am Boden hockend sah sich Asako an, wie Kiriyan von Dannen zog, starrte dann auf Osa, der an sie herangetreten war nachdem die vier anderen Männer hinter einer schwarzen Tür und einem nicht minder schwarzem Vorhang verschwunden waren, hielt ihr die Hand hin und half ihr zurück auf die zitternden Beine.

„W-was... Wer... wer war das?“, stammelte die junge Frau, doch Osa lächelte nur und sie verstummte.

„Niemand von Interesse. Sie werden dich nicht weiter ansprechen und sie haben dich nicht zu interessieren.“ Asako nahm den unterschwelligen Befehl sehr wohl wahr. Sie sollte es nicht wagen diesen Männern zu nahe zu kommen. Dabei schienen sie recht nett zu sein, wenn man mal von den blank polierten Schusswaffen absah. „Jetzt komm schon.“

Die junge Frau sah nochmal kurz zu Romu, der noch immer ziemlich aufgebracht schien und mit leisem Fluchen das orangene Tüchlein in der Jackentasche richtete, bevor sie Osa durch die Tür hinein begleitete. Noch immer taten ihre Füße weh und sie stolperte ab und an etwas, doch das war vergessen, als sie in den Club eintrat. Dort fiel ihr zuerst die Kinnlade runter, denn es war so anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Zwar war der Geruch von Schweiß und Hormonen irgendwie unangenehm, ebenso wie die doch recht laute Musik, doch der Raum an sich sah gar nicht mal so übel aus. In der Mitte war eine vergleichsweise große Bühne, auf der die ein oder andere Stange befestigt war. Darum herum waren ein paar Ledersessel mit dunkelrot-braunem Leder, in denen einige junge, einige recht betagte Männer saßen. Darum herum gab es einige kleinere Tische mit nicht minder unbequem aussehenden Stühlen und eine Bar am anderen Ende des Raumes. Auf der Bühne räkelten sich ein paar gut aussehende Frauen, eine von ihnen sang in der Mitte des etwas vorgezogenen Bühnenteils und zwischen den Tischen bedienten ein paar spärlich bekleidete Mädchen die Gäste.
 

Inzwischen hatte sich Saeko mit ihrem Bruder und den Guards an einen freien Tisch zurückgezogen und hatten sich etwas zu trinken bestellt als sich der Tsukigumi-Erbe dazu entschloss ihren Guard zurecht zu stauchen.

„Was sollte das Kiriyan? Ich habe dir ausdrücklich gesagt, dass du dich zurückhalten sollst!“, fauchte sie gedämpft um die anderen Gäste nicht zu stören. In Gaichi's Club war es oberste Regel, dass alles friedlich zu bleiben hatte. Die Guards und Currents des Senka-Stars waren überall.

„Aber Chef... Hast du das Tuch nicht gesehen? Es war peinlich“, meinte Kiriyan grinsend, doch als Saeko ihn streng ansah verschwand das kurze Grinsen. „Sorry...“

„Ich brauche keine Entschuldigungen. Sollte das nochmal vorkommen kennst du die Strafe.“

Der Guard wurde etwas kleiner in seinem Stuhl.

„Wer war eigentlich diese Süße bei Osa? Ich hab sie noch nie vorher gesehen“, meinte Wataru als dieser an seinem Drink nippte.

„Hatte er nicht Sena Jun gesagt?“, warf Yuuhi ein, welcher neben Saeko stand und sich im Club umsah. Zwar war dieser Boden neutrale Zone, doch vorsichtig genug konnte man nie sein.

„Oh bitte“, sagte Saeko und nahm den weißen Hut vom Kopf. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass Haruno uns ihren richtigen Namen verraten würde wenn er sie schon persönlich herbringt. Obendrein hatte sie ein paar Designerklamotten an, von ihrem überraschtem Gesichtsausdruck mal ganz abgesehen.“

Wataru hob die Augenbraue.

„Soll heißen?“, fragte ihr Bruder und sah zu ihr. Saeko grinste.

„Entweder hat der oh so unnahbare Hanagumi-Lead ein Mädchen für sich gefunden oder er will sie für einen Arsch voll Geld an Gaichi verkaufen.“

Second Stage: Do as you are told

Diese kleine Konfrontation mit den Tsukigumi-Brüdern ärgerte den Hanagumi-Lead mehr, als man es ihr vielleicht ansehen wollte. Besonders Romu würde sie die Leviten lesen müssen sobald sie Asako abgeliefert hatte. Eigentlich hatte sie unter keinen Umständen gewollt, dass die junge Frau etwas von den Clans oder dem, was sie tat, mitbekam. Ihr war bewusst, dass es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war. An dem Punkt wo sie entschlossen hatte das Mädchen selbst zu behalten war ihr bewusst, dass sie früher oder später mit den Clankriegen, wenn man sie denn als solche bezeichnen konnte, in Berührung kam. Dennoch ärgerte es sie, dass es so plötzlich war.

Die junge Frau an der Hand zog sie das Mädchen durch den vorderen Teil des Clubs, ignorierte dabei gekonnt die Mädchen auf der Bühne, die Musik, den Gestank und die geiernden Blicke der Männer an den Tischen, hielt sich so gut wie es möglich war mit ihrem Guard am Rand der mehr oder minder großen Halle. Im Augenwinkel sah sie die Tsukigumi-Geschwister mit deren Guards wie sie miteinander einen Plausch hielten. Ayaki, der Mann in Weiß, schien jedoch nicht ganz so amüsiert zu sein wie sein großer Bruder. Schnaubend zog er Asako, die hier und da mal etwas vorwärts stolperte und den Blick im Raum herumwandern lies, vorbei an der Bühne und durch eine kleine Tür, durch einen Vorhang. Dort wäre sie schon fast in einen von Gaichi's Guards reingerannt, Yurika.

„Woh. Nicht so schnell“, sagte dieser und stellte sich ihr in den Weg. „Du kennst die Regeln.“

Osa schnaubte.

„Ist ja gut. Ist Gaichi überhaupt da? Sonst gehe ich gleich wieder.“

„Er müsste in seinem Büro sein.“ Der Blick des Guards wanderte von ihr zu Asako, als Osa und Romu beide nach den Waffen in ihren Jacken griffen und diese neben Yurika in eine Schublade legten. In der Haupthalle war es Gaichi recht egal ob irgendwelche Waffen mitgeführt wurden, doch sobald man durch diese Tür trat hatte man derartiges ab zu legen. Der Gang führte zu den einzelnen Zimmern der Mädchen, die man käuflich für ein paar Stunden erwerben konnte. Kein Wunder also, dass alle paar Meter ein Guard stand. Dass Yurika noch immer ihr Mädchen ansah während Osa auch nach einem Messer in ihrer Hosentasche griff und sich dessen entledigte, war ihr durchaus aufgefallen. „Wer ist das Schätzchen denn? Ist mir neu, dass du deine Ware selbst lieferst.“

„Sie ist keine Ware.“ Als sich Asako an dem jungen Mann vorbei quetschte um zu Osa zu kommen sah der Hanagumi-Lead nur das Grinsen des Senka-Guards. Noch eindeutiger hätte er das wohl nicht machen können. „Und du lässt schön die Finger von ihr. Auch wenn du jetzt zu Senka gehörst werde ich dir die Augen ausstechen falls du sie nochmal so ansehen solltest.“

Das Grinsen des Senka-Guards sackte ab und der junge Mann knurrte missgelaunt. Nur sehr wenige wussten, dass Yurika einst zu den Hoshigumis gehört hatte, doch nach dem Massaker, an dem sie selbst und Hanagumi nur im Hintergrund teilgenommen hatten, hatte sich Gaichi einiger talentierter Hoshigumi-Currents angenommen. Der Senka-Guard biss nur die Zähne aufeinander, lies Osa mit Romu und Asako anschliesend passieren und Osa ging den beiden vorraus durch die Gänge. Hier und da hörte man ein Stöhnen durch die Türen dringen, wobei Asako je tiefer sie in das Gebäude gingen immer dichter an sie gequetscht lief. Vor den Räumen, in denen die teureren Mädchen wohnten, stand jeweils ein Guard, wobei ein paar davon ihr durchaus bekannt vorkamen. Normalerweise machte sie sich nicht die Mühe Gesichter zu lernen. Es reichte, dass sie die der Star der anderen Clans kannte. Osa bog in einen anderen, heller beleuchteten Gang in dem sich Gaichi's unzählige Büros befanden. Für jeden Clan ein anderes. Das Prinzip war simpel. Gaichi fand man immer zuerst im selben Büro ganz am Anfang des Gangs. Je nachdem wer dann durch die Tür trat ging der Senka-Star mit dem Besuch in ein anderes Büro um dort die Geschäfte ab zu schließen. So stellte er sicher, dass sich die einzelnen Stars nicht in die Quere kamen.

„Osa?“, kam es mit einem mal von der jungen Frau, die sich inzwischen in ihren Arm gekrallt hatte und verängstigt dreinsah.

„Hm? Was ist, Süße?“

„Ich mag es hier nicht. Die Leute schauen alle komisch und...“

Osa machte eine Handbewegung und Asako verstummte. Irgendwie hatte sie ja schon recht. Selbst wenn sie Asako Gaichi anvertraute konnte sie nicht sicherstellen, dass keiner der unwissenden Guards nicht plötzlich über ihr Schätzchen herfiel. Glücklicherweise hatte sie vorgesorgt. Noch etwas von dem Büro des Senka-Stars entfernt stellte sie sich vor die Jüngere, griff in ihre Jackentasche und holte einen kleinen Ohrring heraus. Er war silberfarben und hatte eine kleine, eingravierte Blume, das Markenzeichen Hanagumi's. Osa trug einen identischen am linken Ohr. Eigentlich hatte jeder der Clans ihren ganz eigenen Tick. Die Schmuckstücke dienten hauptsächlich dazu, dass die Currents und Shinkos ihre Stars und Leads erkannten und sie nicht versehendlich erschossen. Hanagumi besaß die Ohrringe, wobei der, den sie aus ihrer Tasche gezogen hatte dem ehemaligem Lead gehörte. Tsukigumi hatte ebenfalls Ohrringe, doch trugen diese die sehr dünnen Ohrringe am oberen Teil der Ohrmuschel, sodass sie fast immer durch deren Haare verdeckt waren. Sie hatten nichts ins Metall eingraviert, dazu war es zu dünn, doch hing eine kleine, zartgelb schimmernde Kugel daran, auf dem das Tsukigumi-Zeichen zu sehen war. Senka war recht altmodisch. Gaichi und Tom trugen Siegelringe am Zeigefinger, die angeblich schon seit der Gründung des Clans in der Familie weitergereicht worden waren. Hoshigumi wie auch Tsukigumi hatte die Ohrringe am oberen Teil des Ohrs, doch hatten sie statt einer gelben Kugel eine weiße, auf der ein kleiner, hellblauer Stern zu sehen war. Yukigumi war da doch etwas eigen. Der Yukigumi-Star, mit dem Osa schon durchaus Erfahrungen gemacht hatte, hatte den sehr viel kleineren, dunkelgrünen Ring am inneren Teil des Ohres kurz über dem Gehörgang. Was Soragumi für ein Markenzeichen besaß war Osa bissher nur Gerüchteweise bekannt, denn der Clan war noch zu neu, doch man munkelte von einem fast winzigem Piercing an der linken Augenbraue. Ob das stimmte würde sich erst noch herausstellen.

„Ich will, dass du den hier trägst“, sagte der Hanagumi-Lead und legte den Ohrring in die sanften Hände ihres Mädchens. „Keiner wird dir dumm kommen solange du den trägst.“

„Wieso? Was ist damit?“

„Der Ohrring zeigt, dass du mein bist. Und sie wissen, dass ich jeden erschieße, der es auch nur wagt dich schief an zu sehen.“ Behutsam nahm die Jüngere den Ohrring, besah ihn sich für einen Augenblick genau. Osa legte dabei den Kopf etwas schief um zu überprüfen, ob die andere überhaupt Ohrlöcher hatte. Daran hatte sie nämlich erst gar nicht gedacht, doch dann entdeckte sie die kleinen, etwas zugewachsenen Löcher an ihren Ohrläppchen. Immerhin etwas. „Trag ihn.“

Asako hob kurz den Blick, tastete dann aber nach ihrem Ohr und kniff ein Auge etwas zu als sie den Ohrring durch das Loch schob und den Verschluss zu machte. Osa schmunzelte ein wenig. „Steht dir gut.“

Die Jüngere lächelte etwas nervös, strich mit den Fingerspitzen über den Ohrring und sah auf den Boden.

„Danke. Der ist ja ganz leicht.“

„Natürlich. Es wäre nur hinderlich wenn er zu schwer wäre.“ Der Hanagumi-Lead trat an das Mädchen heran, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und strich ihr mit dem Daumen über das Kinn, besah sich die Schönheit ein paar Augenblicke. „Ich denke du solltest dir dafür noch ein extra Ohrloch stechen lassen. Sonst kannst du keine anderen schönen Ohrringe tragen.“

Asako nahm es mit einem kurzem, zustimmenden Brummen hin. Inzwischen schien die junge Frau gelernt zu haben, dass man dem Lead nicht wiedersprechen sollte. Es war besser für sie. Osa machte auf dem Absatz kehrt, ging zu der Bürotür, hinter der sie Gaichi wusste, trat nach kurzem Klopfen ein. Kurz darauf hob sie zunächst eine Augenbraue. Gaichi, den Kopf leise stöhnend nach hinten geworfen, hockte auf dem Schreibtisch, einen ihr nur allzu bekannten Haarschopf zwischen seinen Beinen und eine beringte Hand hielt ihn an der Hüfte fest. Der Hanagumi-Lead räusperte sich lautstark als der Senka-Star und sein Lead keinerlei Notiz von ihr zu nehmen schien. Keuchend legte Gaichi den Kopf etwas weiter in den Nacken, sties einen obszönen Fluch aus und drückte Tom von sich, der nicht minder unbegeistert dreinsah als er sich über die Lippen leckte. Schnell hatte Gaichi sich wieder hergerichtet, doch man merekte, dass seine Laune mehr als weit unten war.

„Ich hoffe du hast einen verdammt guten Grund zu stören, Haruno“, sagte Tom in einem wütenden Tonfall und lies sich in den Lederstuhl von Gaichi fallen, wobei der Senka-Star selbst noch mit seinem Oberteil beschäftigt war und noch immer mit dem Rücken zu ihnen stand. Asako stand noch immer hinter dem Hanagumi-Star, versteckte sich hinter ihr und Osa konnte leicht sagen, dass sie der ganzen Szenerie den Rücken zugedreht und knallrot geworden war. Der Hanagumi-Star war Dinge in dieser Richtung gewohnt. Immerhin hatte sie tagtäglich mit Sex und allem, was damit zusammenhing zu tun. Es wäre obendrein nicht das erste Mal, dass sie einen nackten Mann mit einem Ständer sah, auch wenn Gaichi nicht gerade zu ihrer Ware gehörte.

„Tu nicht so beleidigt. Ich hatte mich angekündigt“, meinte der Hanagumi-Star und grinste schief.

„Sei froh, dass ich dir nicht die Zunge rausschneide für deine Frechheit.“

„Ach komm schon. Ich brauche nicht lange.“

Gaichi drehte sich unterdessen wieder zu ihnen und zog sich schnaubend die Weste ein Stück runter. Just in diesem Moment schien der inzwischen wieder runtergekühlte Mann ihre Partnerin entdeckt zu haben, beäugte sie ein paar Sekunden.

„Ist das die Kleine?“, fragte der Senka-Star und ging um den Schreibtisch herum. Osa blieb bei einem simplen 'Ja' und Gaichi ging an ihr vorbei, blieb kurz in der Tür stehen und besah sich Asako nochmals, schnaubte kurz. „Gehn wir ins Büro.“

Osa nahm die Jüngere erneut an die Hand und nickte zu Romu, welcher ihnen auf ein wenig Abstand folgte, jedoch vor dem Büro, dass Gaichi für Hanagumi nutzte, stehen blieb. Ihr Guard hatte nichts darin verloren, doch Asako zog sie mit rein.

„Ich hoffe du hast den Deal nicht vergessen, Gaichi“, sagte Osa, als die Tür hinter ihr zuging. Gaichi ging kurz um den Schreibtisch, sah auf ein paar Papiere. Vor ihm waren noch ihre Akten ausgebreitet und im Augenwinkel sah sie, wie Asako den Kopf etwas reckte. Wie auch immer.

„Natürlich nicht. Solange du an meine Bezahlung denkst.“

„Das Geld hast du schon.“

Gaichi grinste und richtete sich auf.

„Sicher, sicher. Denk einfach an die Termine und ich bin der beste Gastgeber, den du dir vorstellen kannst.“
 

Gaichi war eigentlich noch immer ganz ausser sich. Nicht nur, dass Osa zum schlimmstmöglichen Moment reingeplatzt war, jetzt tat er auch noch so, als ob ihm der Laden gehörte und schubste sie herum. Eigentlich war das ein Grund ihm die Bitte ab zu schlagen, jedoch hatte der Senka-Star dann dieses reizende Wesen gesehen, dass den Hanagumi-Lead begleitete. Auf den Schuhen, in denen sie sichtlich kaum laufen konnte, war sie etwas größer als Osa selbst, doch das störte sie keinesfalls. Kurzerhand ging sie an Osa vorbei, einmal um das Mädchen herum und besah sie sich genau.

„Erfahr ich wenigstens den Namen von meinem Gast?“, fragte Gaichi, wandt dabei nicht den Blick von dem gestriegeltem Pudel ab. Wenn sie hier strippen sollte musste sie ihr dieses niedlich-süße Dasein abtrainieren.

„Sena. Sena Jun.“

Gaichi war nicht entgangen, dass das Mädchen einen flüchtigen, sehr eindeutigen Blick zu Osa warf. Wohl nicht ihr richtiger Name, aber das war in ihrem Geschäft an der Tagesordnung. Toyoko's Bühnenname war so ziemlich das erste was sie der Blonden verpasst hatte.

„Reizend“, murmelte Gaichi, verschränkte die Arme und rieb sich über das Kinn während sie auf diesen so wundervoll eingepackten Hintern der jungen Sena sah. Wie gern hätte sie das Mädchen mal intensiver begutachtet, diese Beine und den Po befühlt, doch dann würde Osa ihr wohl die Eingeweide rausreisen. Es war unschwer zu erkennen, dass der Hanagumi-Lead einen kleinen Narren an seinem Mädchen gefressen hatte. Zu schade. „Wieso verkaufst du sie nochmal nicht? Jetzt wo ich sie so sehe würde ich dir einen guten Preis für sie zahlen.“

„Bitte??“ Sena, mit einem Mal ziemlich aufgebracht, wirbelte zu ihr herum und Gaichi hob die Augenbrauen. War sie noch nicht erzogen? So aufsässig war ihr gegenüber noch keiner gewesen. „Ich stehe nicht zum Verkauf! Was fällt ihnen eigentlich ein??“

„Sena!“, ermahnte sie Osa und das Mädchen starrte kurz zu ihrem Herrn, anschliesend beschämt zu Boden. „Benimm dich. Ich will keinen Ton mehr von dir hören!“ Unter dem strengen Blick des Herrchens wurde das Kätzchen auf ihrem Platz kleiner, doch dann sah der Lead wieder zu Gaichi. „Aber wie sie schon gesagt hat: sie steht nicht zum Verkauf. Schon genug dass ich sie bei dir auf die Bühne lasse.“

„Kann sie denn Tanzen?“

„Das, was ich gesehen habe ist vielversprechend.“

Gaichi lachte etwas für sich.

„Dann wird sich da wohl Toyoko drum kümmern müssen.“

„Von mir aus. Sollte ich aber erfahren, dass du oder irgendwer anderes sie angefasst hat, dann werde ich mir mein Geld wieder holen. Vielleicht geb ich dir dann auch das ein oder andere Andenken.“

„Keine Sorge“, meinte der Senka-Star und sah nochmals zu Sena. „Sie wird es gut bei mir haben. Ich bin mir sicher wir verstehen uns gut, oder Goldstück?“

Sena hob den Blick ein wenig, sah zu Osa, der nur kurz nickte. Daraufhin bejahte das Mädchen nur ihre Aussage und Gaichi grinste beiter. Wie süß. Der Hanagumi-Lead trat an die junge Frau heran, beugte sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe, flüsterte ihr dabei noch etwas zu, was sie nicht verstehen konnte. Anschliesend nickte Sena abermals und Osa ging an ihr vorbei, blieb erneut bei Gaichi stehen.

„Ich überlasse sie deiner Obhut. Halte dich an unseren Deal.“

„Natürlich, Haruno. Mein Geschäft hängt daran.“
 

Nur mit Unbehagen sah sie dabei zu, wie Osa das Büro verlies, biss sich dabei auf die Zunge. Was sollte das mit dem Verkaufen? Man verkaufte doch keine Menschen. Aber warum sprach dieser Mann dann davon? Und was hatte sie damit zu tun? Welches Geschäft? Asako's Angst und dieses beklemmende Gefühl nahmen zu als Osa schlussendlich mit Romu im Schlepptau das Büro verlies und sie mit ihrem neuem 'Gastgeber' allein lies. Es war eine Sache als Gegenleistung zu strippen, damit wäre sie vielleicht noch irgendwie klar gekommen, doch irgendetwas in ihrem Hinterkopf sagte ihr, dass Gaichi es nicht dabei belassen würde. Dieser Ausdruck in seinen Augen war dazu zu eindeutig gewesen. Aber solange sie Osa alles brav erzählen würde, dann würde ihr nichts geschehen, oder? Immerhin hatte ihr Retter ihr das versprochen. Gedankenverloren griff sie an den Ohrring, der mit einem Mal so viel schwerer an ihrem Ohr hing als vorher.

„Gut“, begann der ältere Mann und riss sie damit aus den Gedanken. „Da das jetzt geklärt ist bringe ich dich auf dein Zimmer. Präg dir den Weg ein, weil ich ihn dir nicht nochmal zeigen werde und du ihn oft gehen wirst.“

Der jungen Frau blieb nichts anderes übrig als flüchtig zu nicken und hinter dem Mann her zu hechten als dieser zügigen Schrittes aus dem Büro ging und kurz mit einem jungem Mann sprach, der vor der Tür stand. Jetzt wo sie so darauf achtete... trug der Ältere Absätze? Es war ihr schon bei Osa und Mattsu, ebenso bei Romu aufgefallen, doch sie dachte es wäre so ein Tick im Haus ihres Retters. Die Absätze waren nicht zu hören aufgrund des Teppichbodens, ebenso sah man sie kaum, da die weit geschnittenen Hosen fast bis auf den Boden reichten und damit die Schuhe größtenteils verbargen, doch Asako fiel es in der Art und Weise auf, wie der Ältere lief. Auf Absätzen bekam man notgedrungen eine gewisse Eleganz und einen gewissen Hüftschwung beim Laufen. Naja nach der Szene, bei der sie mit Osa reingeplatzt war, wunderte es sie dann doch nicht ganz so stark wie es eigentlich sollte. Sie hörte, dass Schwule auf derartiges standen.

Das Zimmer, in das Gaichi sie führte, war weiträumiger als sie es erwartet hatte. Neben dem großzügem Doppelbett, auf dem ein paar schwarz bezogene Decken und Kissen lagen, war auch ein Schrank und ein Schminktisch, wie man ihn nur aus alten Hollywood-Filmen kannte, im Raum. Mit den dunkelblau gestrichenen Wänden, auf der ein paar hellblaue Akzente waren, hatte es nicht ganz die Ausmaße wie ihr Zimmer in Osa's, dass sie sich mit Ai geteilt hatte, doch es hatte durchaus seinen eigenen Charme. Gerade als sie einen Schritt tiefer in den Raum hineinwagen wollte zog sie ein fester Ruck an der Schulter zurück und sie hatte mit einem Mal den Älteren im Rücken. Dieser hatte einen Arm um ihre Schulter geschlungen, wodurch sie etwas nach unten gedrückt wurde, da Gaichi etwas kleiner war als sie auf den Highheels, und den zweiten um ihre Taille, die kühle Hand auf ihrem Bauch. Reflexartig griff die junge Frau nach dem Unterarm um ihrer Schulter als sie den Atem des Mannes an ihrer Ohrmuschel spürte. Ihr lief ein Schauer über den Rücken.

„Hör mir mal zu, Goldstück. Nur weil du Haruno's neues Häschen bist heist das nicht, dass dich jemand mit Samthandschuhen anfassen wird. Du wirst hier arbeiten wie jeder andere auch.“ Die Stimme des Mannes war kalt und noch ein Stück abgesunken, fast flüsternd als dieser sprach. „Du hast nur Glück, dass du keine Kunden bedienen musst. Nicht hauptsächlich. Das hindert mich nicht daran dich trotzdem zu... vermieten.“ Seine Hand an ihrem Bauch wanderte weiter runter, strich über ihren Hüftknochen. „Wenn jemand eine Privatshow von dir will und dafür bezahlt, dann wirst du ihm eine Show geben. Wenn er sagt 'tanz', dann tanzt du. Wenn er sagt 'sing', dann 'singst' du. Wenn er sagt 'zieh dich aus', dann ziehst du dich aus.“ Die Fingerspitzen des Mannes wanderten unter den Saum ihres Rockes und Asako spürte deutlich, wie sie sich fast genüsslich unter ihren Slip schoben. Da bekam sie dann doch Panik, wollte sich losreisen, doch Gaichi hielt sie weiter mit einer unglaublichen Kraft fest. Zumindest schaffte sie es den Mann daran zu hindern die Finger entgültig in ihren Schritt wandern zu lassen. Stattdessen verkrallte sich dieser in ihre Haut, sodass Asako vor Schmerz einen Moment aufwimmerte. „Und noch etwas. Wenn der Kunde dich anfassen will, dann lässt du dich anfassen und du wirst dich hübsch brav dafür bedanken. Jedes Mal. Hab ich mich klar ausgedrückt?“

Asako fühlte wie sie zitterte.

„Osa hat gesagt...“, stammelte sie vor sich hin, doch kaum hatte sie den Satz begonnen fing Gaichi an ihrem Ohr an zu lachen und sie verstummte erneut.

„Falls du deinem tollen Retter auch nur ein Wort erzählen solltest was hier abgeht werde ich dich höchstpersönlich erschießen und es auf einen der Shinkos schieben. Das hat einige Male geklappt und es klappt immer wieder, Hanagumi-Häschen.“

Hanagumi? Was war das denn schon wieder? Und was waren Shinkos? Verdammt also war sie doch auf sich allein gestellt. Gaichi packte sie an den Haaren, zog die Hand unter ihren Rock heraus und nach einem Stoß, bei dem Asako glaubte der Ältere würde ihr die Haare ausreißen, landete sie vor dem Bett auf dem Boden. Der Ältere trat einen Schritt auf sie zu, doch da klopfte es an der Tür und der Mann, den sie schon am Eingangsbereich gesehen hatte, trat ein.

„Chef?“, begann er und Gaichi drehte sich halb zu der Tür. „Shio ist jetzt da. Soll ich sie reinlassen?“

Der Boss des Mannes nickte nur und die junge Frau sah dabei zu, wie eine bildschöne, jedoch halb nackte Frau mit etwas Stoff über dem Arm eintrat. Sie trug nur einen hellblauen Bademantel, der halb offen stand und es war unschwer zu erkennen, dass sie ausser einem Slip nichts drunter trug. Sie war schön, groß gewachsen, mit blonden, radikal kurzen Haaren und einem schon recht mitgenommenem Make-Up.

„Was hat da so lange gedauert?“, fragte Gaichi mit einer recht genervten Stimme und die Blonde biss einen Augenblick die Zähne etwas zusammen.

„Mein letzter Kunde hat eine Extrarunde gewollt, wollte dafür aber nicht bezahlen. Teru hat ihn rausgeprügelt“, erklärte sie mit leiser Stimme. Man hörte, dass sie versuchte ihre Stimme zu schonen.

„Recht so.“ Mit einem Kopfnicken deutete der Chef auf die sich inzwischen halb aufgerappelte Asako. Es fiel ihr noch immer so unglaublich schwer auf diesen verflixten Highheels zu laufen. „Weis sie ein. Ihr habt eine halbe Stunde bis zum Auftritt. Ich schicke Beni nach euch. Und kümmer dich um das Hanagumi-Häschen. Immerhin gehört sie Osa.“
 

Toyoko verkniff sich ein Schnauben als Gaichi an ihr vorbei lief und sie seufzte erst einmal als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Ihr 'Chef' war wohl mal wieder beim Sex gestört wurden. Nur dann verfiel er immer in diese unerträglichen Launen. Nicht, dass er sonst besser drauf war oder freundlicher, ihm ging es immerhin nur ums Geld, aber zumindest zeigte er etwas Interesse daran ob es ihr gut ginge. Immerhin war sie das teuerste Mädchen im gesamten Unternehmen. Leicht schüttelte die Blonde den Kopf, sah zu dem Mädchen, dass sich inzwischen aufs Bett gesetzt hatte, sich den Knöchel rieb und den kurzen Rock, der eher etwas von einem überbreitem Gürtel hatte, runterzog. Da musste sie wohl Gaichi's Standarteinweisung ertragen. Der Senka-Star machte das mit jedem Mädchen, dass er kaufte. Manchmal übernahm das auch Tom, doch das waren eher die Ausnahmen. Der Senka-Lead machte sich nie die Hände schmutzig wenn es nicht unbedingt sein musste.

„Keine Sorge. Er wird nichtmehr bei dir vorbeikommen, wenn du ihm keinen Grund dafür gibst“, sagte die Blonde, zog ihren Bademantel etwas weiter zu und trat an den Schminkspiegel, legte die zwei Outfits, die sie mitgebracht hatte, über den Stuhl, der davor stand. Am liebsten hätte sie nach ihrem letzten Kunden noch eine Dusche gekommen, aber da hatte auf einmal Yurika in ihrem Zimmer gestanden und hatte sie zu Gaichi geschickt. Wenn der Chef rief hatte man binnen 10 Minuten da zu sein, sonst kassierte man gut und gerne Schläge. Sie fischte nach einem der Outfits und warf es zu dem Mädchen. „Hier. Zieh das an.“

Die Braunhaarige fing das Stück Stoff notdürftig, breitete es vor sich aus und beäugte es kritisch. Es war mal wieder Themenabend im Sky Stage und glücklicherweise hatte sich die Chefetage mal wieder für einen römischen Abend entschieden. Die Tougas waren zwar sehr kurz, aber wenigstens würden sie die Dinger anbehalten können. Sie schmiegten sich an den Körper und da sie ausser einem Tanga nichts drunter tragen würden konnte man dennoch alles zumindest erahnen. Es würde der neuen vielleicht leichter fallen am ersten Tag nicht gleich alles ablegen zu müssen. Apropos. Hatte Gaichi sie grade Hanagumi-Häschen genannt? Das würde ihren Ohrring erklären.

„Wie heißt du, kleines?“, fragte sie dan doch als die junge Frau sich zuerst die Schuhe von ihren Füßen zog. Diese hob etwas irritiert, aber offensichtlich missgelaunt, den Kopf.

„Asa...“, begann sie, starrte einen Augenblick auf den Boden und sah ihr dann erneut in die Augen. „Sena Jun.“

Toyoko schmunzelte etwas.

„Die Künstlernamen haben wir nur auf der Bühne. Da heiße ich auch Suzumi Shio. Für die Mädchen hier bin ich immer noch Toyoko.“

Die junge Frau schien ein paar Momente ernsthaft nach zu denken, lächelte dann aber etwas. Sie war niedlicher, wenn sie lächelte. Auch die Blonde lächelte aufmunternd.

„Na gut. Asako.“

„Schöner Name. Jetzt zieh dich um. Oh, und zieh den BH aus. Das sehen die Kunden nicht so gerne.“

Die andere sah sie nochmals etwas stirnrunzelnd an, doch drehte ihr dann kurz darauf den Rücken zu und begann sich ihrer Kleider zu entledigen. So langsam schien sie dann doch zu realisieren wo sie da reingeraten war. Auch Toyoko begann ihren Bademantel auf die Seite zu legen und sich den dünnen Stoff über zu werfen, ging dann zu dem Schminktisch während sich Asako noch umzog um ihr Make-Up wieder her zu richten.

„Toyoko?“, kam es auf einmal und im Spiegel sah sie zu der schlanken, inzwischen fast nackten Gestalt der neuen Tänzerin. „Kann ich dich was fragen?“

Die Blonde starrte für einen Augenblick auf die nackte Haut der anderen. Sie hatte nicht sonderlich viel Oberweite, aber es passte zu ihr. Dafür hatte sie eine wundervoll schlanke Figur, weich glänzende Haut und eine schmale Hüfte. Hier und da hatte sie noch einige Kratzer, aber wenn sie von der Straße kam war das nichts Ausergewöhnliches.

„Kommt drauf an. Um was geht es?“

Die Brünette warf sich den weißen Stoff über, tastete nach dem Verschluss des Gürtels und kämpfte ein paar Momente damit. Dabei sah sie nicht zu ihr.

„Was sind Hanagumi und Shinkos?“

Toyoko hob erstaunt eine Augenbraue, drehte sich dann doch um und lehnte sich mit dem Unterarm auf der Rückenlehne auf. Hatte sie denn keiner Aufgeklärt? Merkwürdig. Sonst war das immer das Erste, was man den neuen beibrachte. Nicht jedem wurde das ganze System erklärt, doch erklärte man ihnen zumindest, dass sie sich den Stars der jeweiligen Clans gegenüber mit besonderem Respekt und Vorsicht bewegen sollte.

„Ich dachte du warst ein paar Tage bei Osa. Hat er dir nichts verraten?“

„Sonst würde ich nicht fragen, oder?“

Sanft schnaubte die Blonde und lächelte leicht.

„Auch wieder wahr.“ Sie warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. „Viel Zeit haben wir nicht mehr. Setz dich und ich mach dir die Haare. Dann erzähl ich dir das wichtigste.“

Nachdem sie selbst sich von dem Platz erhoben hatte setzte sich Asako an ihre Stelle und die Blonde trat hinter sie, strich ihr kurz durch die weichen Haare. War wohl besser, wenn sie diese hochsteckte. Toyoko selbst hatte einen Lorbeerkranz in den Haaren, doch bei Asako würde eine goldene Haarspange reichen. Während sie der anderen eine der dünnen Haarspangen nach der anderen ins Haar steckte und ihr so die Haare hochband begann sie zu erklären.

„Ich denke, dass du in den Untergrund Tokyos gekommen bist hast du inzwischen selbst verstanden. Das Sky Stage, also der Club hier, gehört Gaichi, einem Senka. Neben dem Senka-Clan, der so ziemlich den ganzen Laden schmeißt, gibt es noch Tsukigumi, Hoshigumi, Soragumi, Yukigumi und Hanagumi.“

„Und Osa ist ein Hanagumi?“

„Er ist sogar der Anführer, also der Lead, von Hanagumi. Desshalb solltest du auf deinen Ohrring ziemlich gut aufpassen. Die meisten hier werden dir desshalb aus dem Weg gehen, weil der Ohrring zeigt wie hoch du in der Gunst von Osa stehst.“

„Und was sind dann Shinkos? Gaichi sagte, wenn er mich erschießt dann schiebt er es auf einen Shinko.“

„Jeder Clan hat seine eigenen Shinkos. Das sind Schlachtlämmer. Du hast sicher schonmal von Schießereien auf der Straße gehört, oder?“

„Ja, aber ich dachte das wären nur kleine Banden.“

Etwas schmunzelnd schüttelte nur etwas den Kopf.

„Meistens sind das die Shinkos der einzelnen Clans. Die Currents stehen darüber und die machen meistens die Drecksarbeit.“

„Also sind Currents sowas wie normale Mitglieder?“

„Richtig. Kluges Mädchen.“ Shio drehte die andere einmal auf dem Stuhl und griff nach dem Make-Up, begann sie entsprechend her zu richten. „Über den Currents stehen die Guards. Leibwachen von den Köpfen der Clans und sie geben meist die Anordnungen weiter. Die Stars haben immer einen bei sich.“

„Stars?“ Asako öffnete ein Auge und blinzelte leicht. „Ich dachte die Köpfe der Clans heißen Leads.“

„Osa ist ein Ausnahmefall. Er ist Lead und Star gleichzeitig. Normalerweise bekommt man die Leads nur im seltensten Ausnahmefall zu Gesicht. Sie schließen sich lieber in ihren Villen ein und lassen ihre Kinder, also die Stars, die Arbeit machen. Die Stars erben nach dem Tod ihrer Eltern meistens den Lead-Status. Ist alles ein wenig kompliziert, aber das ist so die Grunstruktur.“ Toyoko erhob sich und zog Asako auf die Beine. „So fertig. Wir haben noch Zehn Minuten, also zeig ich dir noch was du machen kannst um bei den Kunden gut an zu kommen.“

„Warum sollte ich das? Es reicht doch wenn ich durchschnittlich bleibe.“

Die Blonde fuhr sich etwas durch die kurzen Haare, schnaubte dann leicht.

„Ganz so funktioniert es nicht. Wenn du gefragt bist, und vor allem teuer, dann wirst du es hier um einiges leichter haben.“

„Wieso?“

Sie kratzte sich an der Wange. Wie konnte sie das am besten erklären?

„Nimm mich zum Beispiel. Als ich hergekommen bin musste ich auch die schmierigen alten Säcke übernehmen. Und glaub mir wenn ich sage nichts ist ekliger als Sex mit einem schwitzendem Schwein. Als die Stars der Clans auf mich aufmerksam geworden sind und mich gebucht haben konnte Gaichi anfangen mehr für mich zu verlangen. Erstmal hat es mir mehr Geld eingebracht und inzwischen muss ich mit fast keinem mehr ins Bett. Allein um eine Privatshow von mir zu verlangen bezahlt man ein halbes Vermögen. Von den Plätzen vorne an der Bühne mal ganz abgesehe.“

Das schien Asako dann doch überzeugt zu haben, denn die Braunhaarige starrte geistesabwesend auf den Boden, hob die Hand und strich mit den Fingerspitzen über den Ohrring.

„...Verstehe“, sagte sie schließlich und lächelte etwas. „Dann hab ich ja einen Grund mich an zu strengen.“

„Ich sage dir aber gleich, dass das kein Zuckerschlecken ist. Der Platz, an dem du momentan stehst, ist ziemlich ungünstig um Aufmerksamkeit zu bekommen.“

Für einen kurzen Moment hatte sie in Betracht gezogen der anderen ihre Hilfe an zu bieten, doch sie rief den Gedanken zurück bevor sich die Worte in ihrem Mund gebildet hatten. Immerhin kannte sie diese Frau fast nicht und auch wenn sie sympatisch war, war sie immer noch eine Hanagumi. Irgendwie. Ausserdem wusste keiner ob sie überhaupt gut genug war um diese Aufmerksamkeit zu verdienen. Zwischen den Mädchen im Sky Stage war es ein ewiger Kampf um die höheren Ränge und um den Preis. Toyoko selbst war eine halbe Ewigkeit unumstrittene Nummer 1, wesshalb man sie ab und an Sky-Queen rief, doch sie selbst hielt von dem Titel nicht viel. Ein Fehler, ein Ausrutscher und sie war diesen Titel sofort los. Naja ein wenig konnte sie der anderen ja trotzdem unter die Arme greifen. Sie wusste, dass es nicht leicht war einfach so in die Wüste gesetzt zu werden und sich unter Fremden behaupten zu müssen. Während die zwei Frauen also noch auf den Guard warteten, der sie abholen würde, denn den Mädchen war es strikt untersagt alleine durch die Gänge zu wandern, zeigte Toyoko der anderen noch ein paar Tricks und Kniffe, wie man den Körper am besten zur Show stellte, denn darauf kam es ja an. Es war das einzige, was sie hier drin ihr Eigen nennen konnten und erst wenn die Männer, die um die Bühne saßen wie Besucher im Zoo, einen anstarrten und dem Sabbern nahe waren, erst dann machte man etwas richtig. Es war schwer den Punkt ab zu passen in dem man genug und zu viel Haut zeigte. Es ging bei den 'öffendlichen' Auftritten in der Haupthalle des Clubs darum die Männer genug an zu reizen dass sie die Mädchen für einige Stunden kauften, möglichst teuer, und ihnen nicht gleich alles zu geben. Man bezahlte für nichts, was man schon einmal hatte. Das alles in Sparflamme erklärte sie der jungen Frau, die ihre Worte geradezu verschlang. Zwar schien sie dabei in den hohen Schuhen nicht wirklich lange laufen zu können, doch Toyoko sah, dass sie einiges an Körperspannung besaß. Vielleicht war bei ihr noch nicht alles verloren. Just als sie erneut beginnen wollte zu sprechen wurde die Türklinke betätigt und Yuzuru Kurenai, den man allgemein nur Beni rief, betrat den Raum. Es war ein weiterer Guard von Senka. Er grinste etwas schief als er die zwei leicht bekleideten Mädchen sah und öffnete die Tür etwas weiter. Beni war einer von den Leuten, die nie ihr jungenhaftes Dasein abgelegt hatten. Sein Blick blieb an Asako hängen.

„Sena Jun, nehme ich an?“ Asako neben ihr nickte. „Gaichi sagt ich soll ein wenig auf dich aufpassen. Ich bleib also bei dir vor der Tür stehen.“ Hieß quasi Beni war ihr persönlicher Gefängniswächter. „Nach dem Auftritt wartest du hinter der Bühne auf mich. Und jetzt los, die Kunden warten. Und macht eure Sache gut.“

Toyoko, Asako im Schlepptau, ging an Beni vorbei. Sie kannte den Weg zur Bühne und Beni war eigentlich nur den Regeln nach bei ihnen. Statt jedoch den Gang hinunter zu gehen, der in die Haupthalle führte und der von den Stars genutzt wurde um zu Gaichi zu kommen bogen sie in einen kleineren Gang ab, gingen dort durch eine Tür.

„Also“, begann Toyoko, als sie hinter der Bühne waren und sie nach ihrem Headset griff. Um sie herum waren noch ein paar weitere Mädchen, die sich nochmal im Spiegel zurechtzupften. „Ich gehe durch den Vorhang da. Du mit Mirio durch die kleine Tür da rechts. Du gehst an der ersten Stange vorbei und zu der zweiten Stage hinten rechts neben der Bar. Wenn ich mit meinem Auftritt fertig bin, dann kommst du auf demselben Weg wieder zurück. Wichtig ist, dass ihr erst nach mir von der Bühne geht. Hast du das verstanden?“

Asako sah sich etwas irritiert zwischen den Mädchen um, nickte dann aber und Toyoko rückte ihr Headset zurecht. An jedem der Ausgänge standen die Guards Gaichi's und achteten pingelig darauf, dass jeder der Mädchen da hinging wo sie hingehörten. Sie alle waren in diesen dünnen Tougas eingehüllt, einige mehr, andere minder freizügig. Jedes der Mädchen versuchte auf ihre eigene Art und Weise die Aufmerksamkeit der Männer zu erhalten, waren damit unterschiedlich erfolgreich. Die waren jedoch keine Konkurenz für sie. Statt sich weiter um die anderen Mädchen zu kümmern ging sie zu ihrem Platz hinter dem großen Vorhang, platzierte sich dort auf dem Stuhl und schlug verführerisch die Beine übereinander als sie hörte, wie es drausen Still wurde.

Third Stage: No Escape

Inzwischen wieder einigermaßen mit neutraler Laune hatten sich die Tsukigumi-Geschwister und deren Guards an die Bar zurückgezogen, liesen sich von der Show, die man ihnen bot, aufheitern und amüsierten sich über die hübschen Mädchen. Einige von ihnen hatte wirklich gar kein Talent, aber immerhin waren sie nicht hier um sich die Anfänger und die billigen Dinger an zu sehen, sondern sie warteten geduldig auf Shio. Der Gesang der Blonden war immer wieder bahnbrechend und jagte einem eine Gänsehaut über den Rücken. Nur einer der Gründe wieso sie so verdammt teuer war. Der Traumkörper, den sie hatte, war nur ein weiterer. Shio wusste genau wie viel sie zeigen musste um die Männer im Raum in den Wahnsinn zu treiben und um begehrt zu werden wie keine andere der Ladies im Sky Stage. Kein Wunder dass Gaichi also besonders auf diesen Goldesel achtete. Saeko sah sich in der nur spärlich erleuchteten Halle um, sah ab und an zur Tür während sie an ihrem Drink nippte. Inzwischen waren auch der Yukigumi-Star Mizu Natsuki und der Soragumi-Star Wao Youka eingetroffen. Wataru war mit den beiden Stars in irgendeiner Weise befreundet, wobei das nach Saeko's Meinung eher auf Oberflächlichkeiten beruhte. Sie konnten sich unterhalten ohne sich gleich zu zerfleischen, doch das taten die Stars untereinander alle. Wenn der Star oder ein Lead eines Clans durch die Hand eines anderen ums Leben kam, dann waren die Rachegefühle meist sehr groß. Das letzte Mal war etwas in der Richtung passiert, als der Hoshigumi-Star den ehemaligen Star Yukigumi's auf dem Gewissen hatte. Der dadurch indirekt erklärte Krieg, der inzwischen als 'Hoshigumi-Massaker' bekannt war, sprach für sich. Mizu, der die Nachfolge des Stars eingenommen hatte, verstand es gut seine Gefallen ein zu fordern, wodurch zwei der sechs Clans, Soragumi und Tsukigumi, hinter Yukigumi gestanden hatten. Generell waren Tsukigumi und Soragumi eine recht gefährliche Kombination, die man gegen sich aufbringen konnte. Soragumi hatte die Waffen, Tsukigumi wusste, wie man sie am effektivsten benutzte.

„Scheint als hätte Mister Hanagumi tatsächlich das Mädchen abgetreten“, sagte Wataru neben ihr und riss Saeko somit aus den Gedanken. Sie warf einen flüchtigen Blick zu ihrem Bruder, folgte dann seinem Blick zu der kleinen Tür mit dem Vorhang, die zu Gaichi's Büros führte. Dort kamen gerade Haruno mit Romu im Schlepptau heraus, allerdings ohne das Mädchen, dass sie vorher drausen gesehen hatten. Also hatte sie doch Recht behalten und Osa hatte sie für einen Batzen Geld an Gaichi verkauft. Saeko selbst hielt von diesen Geschäften nicht viel. Sie sah sich die Mädchen gern an, hörte ihnen gerne zu und lies sich von Talenten beeindrucken, aber damit zu handeln wie mit ein paar Schusswaffen war doch unter ihrer Würde. Wenn es ihr nicht von Geburt an in die Wiege gelegt wurde und sie genau wüsste, dass sie ausser dem Töten nichts anderes konnte, dann würde sie diesen Job wahrscheinlich gar nicht machen. Obendrein hing die Familienehre daran. Sie war zusätzlich so abgestumpft, dass sie sich manchmal dabei erwischte sich über den Mord an einem Opfer lustig zu machen und ihren Spaß daran zu finden.

„Vielleicht heißt das wir bekommen sie heute zu Gesicht“, meinte Saeko als sie sich zu ihrem Bruder gebeugt hatte und nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas. Im Augenwinkel sah sie, wie Kiriyan Romu nochmals breit angrinste. Sie war sich nicht so ganz sicher wieso Kiriyan immer wieder den Kampf mit dem Hanagumi-Guard suchte, denn die zwei konnten sich kaum auf zwei Meter nähern ohne sich eine Waffe gegen die Schläfe zu drücken, doch solange sie es nicht innerhalb des Clubs ausfechteten war alles in Ordnung. Ein Grund mehr wieso Saeko es immer lieber sah, wenn Haruno Mattsu anstelle von Romu mitbrachte. Der kleinere Mann war wenigstens still. Sie wandt den Blick wieder auf Haruno wie er an der Bar vorbei ging und sich an einem Tisch neben der Bar nieder lies, Romu dahinter an der Wand stehen blieb. Inzwischen hatte der Tsukigumi-Star das System zumindest einigermaßen verstanden. Die neuen Mädchen standen meist auf genau diesem Teil der Bühne, vor den sich der Hanagumi-Lead gerade gesetzt hatte, und je populärer sie wurden, umso weiter in die Mitte nach vorne durften sie. Das hieß sie würden die junge Sena tatsächlich sehen.

Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht wurde es dunkel im Raum. Das Zeichen für den Beginn des Hauptakts, Shio. Jetzt da sie davon ausging, dass das neue Mädchen, welches da persönlich vom Hanagumi-Lead selbst zu Gaichi gebracht wurde, ebenfalls auf der Bühne stehen würde war sie doch mehr interessiert an ihr. Sie konnte sich diese persönliche Übergabe dadurch erklären, dass die junge Frau ein aussergewöhnliches Talent besitzen musste, denn vom Aussehen her machte sie keinem der üblichen Käufe vom Senka-Star Konkurenz. In fast gänzlicher Dunkelheit sah sie die meisten der Mädchen an ihre Plätze rennen und sich in Position bringen. Dabei war ihr Blick noch weiter auf die Mitte der Bühne fixiert, ebenso wie der von Wataru, der ja noch immer neben ihr saß. Bevor das Licht wieder an ging würden sie sowieso nicht sagen können, wer von den Mädchen jetzt Osa's kleines Häschen war, wenn sie denn überhaupt auf der Bühne stand. Es war ein bisschen unmenschlich, auch wenn sie nur gekauft wurde, das Mädchen nach ungefähr 45 Minuten schon ins kalte Wasser auf die Bühne zu werfen. Andererseits handelte es sich hier um Gaichi. Der Senka-Star hatte schon ganz andere Dinger gedreht. Durch das plötzliche Licht und dem Scheinwerfer wurde sie abermals aus den Gedanken gerissen und ihre Aufmerksamkeit lag wieder auf der blonden Shio, die in der Mitte der Bühne stand und sich zunächst ausgiebig räkelte als die Musik ihre ersten Töne spielte und sich schließlich dem Publikum zuwandt.

„Große Männer, große Sieger

gingen hier schon ein und aus

Konsul, Kardinäle, Krieger

Sind zu Gast in meinem Haus.“

Sie trat an den Bühnenrand, beugte sich so weit nach vorne, dass man einen Einblick in ihren Ausschnitt nur erahnen konnte und lies einen Finger über die Wange eines Mannes gleiten, der ganz vorne an der Bühne saß. Für diesen Platz bezahlte man ein Vermögen.

„Pfauengleich glänzt ihr Gefieder,

wenn sie auf und ab stolzier'n,

doch ein schlichtes Auf und Nieder

lässt sie jeden Stolz verlier'n“

So gern sie die kräftige Stimme der Blonden auch hatte und so sehr sie es auch genoss, wie sie begann sich vor der lechzenden Menge zu räkeln, etwas anderes in ihrem Augenwinkel zog seine Aufmerksamkeit zu sich. Sena stand genau dort, wo Saeko sie schon vor einer Weile vermutet hatte, direkt vor Haruno. Gerade bei diesen ersten Tönen sah man ihr deutlich an, dass sie sich etwas steif bewegte und dass sie sich nicht wohl fühlte in ihrer Position, auch wenn der Großteil der Aufmerksamkeit des Raumes an den Lippen und dem spärlich verhüllten Körper der Frau hing, die sich in der Mitte des Raumes präsentierte. Den Hanagumi-Star selbst sah sie nur von der Seite, doch als die Blicke von Hund und Herrchen sich trafen warf Haruno dem verkauften Püppchen doch ein aufmunterndes Lächeln zu. Doch gerade das führte bei Saeko dazu, dass sie die Stirn kraus zog. Normalerweise verkaufte er seine Täubchen blos und kümmerte sich dann nicht mehr um sie. Das war wirklich mehr als merkwürdig. Dennoch schien gerade diese kurze Geste zu helfen, denn Sena lockerte sich dann doch etwas und begann sich mit einer gewissen Eleganz an der Stange zu räkeln. Der Tsukigumi-Star bemerkte, wie sie noch ausprobierte, aber zumindest hatte sie jetzt nichtmehr diesen ganz so verbissenen Blick drauf und sie schien doch irgendwie Talent zu haben. Die Körperspannung, die sie zeigte, war geradezu unglaublich. Da hatte Gaichi wohl eine neue goldene Gans. Gut trainiert könnte sie sogar Shio Konkurenz machen, das hieß, wenn ihre Stimme mindestens ebenso gut war.

„Wo starrst du hin?“, fragte Wataru und Saeko sah zu ihrem Bruder. „Shio ist vorne nicht da.“

„Ich habe nur mal nach dem Hanagumi-Häschen geschaut. Scheint als ob Haruno sie wirklich gut im Griff hat.“

„Haruno? Ich dachte er hat sie an Gaichi verkauft?“

„Hindert ihn wohl nicht daran ihr unter die Arme zu greifen. Schaus dir an.“ Erneut sah Saeko in Richtung Sena, beobachtete sowohl das tanzende Mädchen als auch den Hanagumi-Star, der sie intensiv beobachtete. Sie musste nicht hinsehen um zu wissen, dass ihr Bruder über beide Ohren grinste.

„Sie ist verdammt süß wenn du mich fragst. Glaubst du aus ihr wird noch was?“, fragte Kiriyan, der neben Wataru saß und sich noch ein Stück weiter vorgebeugt hatte um ebenfalls einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen.

„Wenn man sie richtig trainiert, sicherlich. Dagegen hätte ich nichts“, sagte Wataru und grinste schief.
 

Auch Shio vorne auf der Bühne war nicht entgangen, dass die Aufmerksamkeit der Stars von Hanagumi und Tsukigumi nicht auf ihr lagen, sondern auf dem Neuankömmling. Was zur...

„Philosophen, Dichter, Denker

bringe ich um den Verstand.

Selbst der größte Staatenlenker

gibt mir die Zügel in die Hand.“

Obwohl sie durch die fehlende Aufmerksamkeit grade von den Tsukigumi-Brüdern ziemlich verärgert war sang sie weiter brav ihren Text. Die übrigen Gäste durften ihre Missgelauntheit nicht spüren. Stattdessen räkelte sie sich am Rand der Bühne, zeigte immer wieder ihre langen Beine und schob das kurze Stück Stoff immer so weit nach oben, dass die Ansätze ihres Tangas zu sehen waren. In diesem Moment hatte Asako ihr quasi den Krieg erklärt, auch wenn sie selbst das noch nicht so ganz zu wissen schien. Gerade Wataru und Ayaki, die Tsukigumi-Brüder, waren bekannt dafür sich immer nur auf ein Mädchen zu konzentrieren und sie zu mieten. Mal ganz davon abgesehen, dass Wataru nur sehr selten nach einer Privatshow fragte und man noch immer von Ayaki auf ein Wunder wartete. Es war eine Art Wettbewerb, denn die Frau, die von allen der sechs Clan-Stars, Gaichi zählte natürlich nicht dazu, gefragt wurde, war quasi unbezahlbar. Selbst sie als Liebling konnte schon einiges von ihrem Chef verlangen und sich einige Freiheiten herausnehmen, auch wenn nur fünf der Stars regelmäßig nach ihr fragten. Es war ein ungeschriebenes Gesetz dass der Preis für das Mädchen, nach dem Ayaki irgendwann fragen würde, in unendliche Höhen schnellen würde. Für eine Sekunde biss Shio die Zähne aufeinander. Dann musste sie härtere Geschütze auffahren. Sie ging über die Bühne zu einem der Mädchen, die direkt neben der Hauptbühne tanzte, lud sie mit einer Handbewegung dazu ein mit ihr zu tanzen.

„Man nennt mich die Cäsarin von Rom.

Mein Imperium heißt Lust und mein Reich ist grenzenlos.

Man nennt mich die Cäsarin von Rom.“

Sie lehnte sich zu dem Mädchen, ging vor ihr ein Stück hinunter und fuhr über ihr Bein nach oben unter den weißen Stoff, wo sie den Hauch von Nichts erfühlte und diesen langsam runterzog. Dabei sang sie mit einem höchst erotischem Unterton, den sie sonst nur für Privatshows preis gab.

„Denn Nachts fällt mir die Herrschaft in den Schoß.“

Im Augenwinkel sah sie nur, wie die Aufmerksamkeit der Tsukigumi-Brüder noch immer an Sena klebten.
 

Gaichi war mehr als überrascht wie gut Osa's Häschen bei der Kundschaft ankam. Zwar durfte sie keinen Sex mit dem Mädchen anbieten, denn das wäre für den Hanagumi-Lead leicht heraus zu finden, auch wenn sie schon verdammt oft bei diesem Preis daran gedacht hatte ihren Deal einfach zu brechen, doch auch die kleinen Privatshows, die Sena für ihre Clienten gab waren besser, als sie es sich erhofft hatte. Mit ein paar aufmunternden Worten von ihrem Herrchen war das Mädchen verdammt schnell aufgetaut, wurde auf der Bühne quasi eine andere Person, sodass der Senka-Star sie sehr schnell sehr weit nach vorne gestellt hatte damit sie auch ja gesehen wurde. Nur die Hauptrolle in der Mitte der Bühne gehörte immer noch ungeschlagen Toyoko und das wusste die Blonde genau. Die anfängliche Freundlichkeit, die sie der Neuen gegenüber gehabt hatte war wie weggeblasen und sie konnte nur grob sagen woran das liegen könnte. Zwar hatte keiner der Clan-Stars das Mädchen bissher gemietet, doch es war unschwer zu erkennen, dass insbesondere die Aufmerksamkeit der Tsukigumi-Brüder, die des Soragumi und Yukigumi-Stars und selbstverständlich die Aufmerksamkeit des Herrchens Osa selbst bei ihren Auftritten an ihr klebten. Es zeigte sich meist darin, dass Shio von Sena weg ging, die Blicke des restlichen Publikums mit sich zog. Dagegen schien es dem Hanagumi-Häschen selbst nicht gerade viel aus zu machen. Sie zog einfach ihren Tanz durch, ging danach in ihr Zimmer oder tratschte hinter der Bühne mit Mirio, die sie Asumi Rio getauft hatten, oder Yumesaki Nene, die man eigentlich nur Nene rief. Mit diesen beiden Mädchen hatte sie sich schnell angefreundet. Solange die Mädchen ihre Arbeit erledigten und sich an die Regeln hielten war ihr derartiges recht egal. An einem der Abende, bei denen die drei mit Shio zusammen auf der Bühne standen hatte Gaichi sogar geglaubt den Lead Soragumi's, Hanafusa Mari, im Publikum zu sehen, doch das hatte sie schnell wieder verworfen. Der Soragumi-Lead mochte vielleicht die Frau sein, die man von allen Leads überhaupt mal zu Gesicht bekam, doch die kleine Frau, die einen Faible für Lolita-Kleider hatte, gerade in ihrem Club an zu treffen war fast schwachsinnig. Auch hatte sie kurz nach diesem Hirngespinst angefangen dem Hanagumi-Lead immer höhere Preise für die junge Sena zu bieten, doch Osa hatte immer wieder beteuert, dass gerade dieses Mädchen nicht zum Verkauf stand, bezahlte weiter brav die 'Miete' und nahm das Mädchen regelmäßig mit zur Hanagumi-Residenz. Inzwischen war Gaichi sogar so weit, dass sie das dreifache von dem bezahlen würde, was sie von anderen für eine Nacht mit Shio verlangte, was demnach ein ziemlicher Haufen Geld war. Wenn man jedoch bedachte, was einige ihrer Kunden bereit waren für die Unschuld von diesem Mädchen zu blechen waren das nur ein paar Groschen.

Gaichi hockte in ihrem Büro, knurrte leise vor sich hin als sie ihre restlichen Einnahmen im Tresor verstaut hatte und sich wieder ihren Unterlagen zuwandt. Eigentlich dürfte sie sich nicht beschweren. Nicht zuletzt dadurch, dass sie den Männern den Sex mit Sena verwehren musste konnte sie Unsummen für eine Privatshow verlangen. Wenn Osa das Mädchen aber nicht bald verkaufte, dann würden die Kunden diese Preise bald nicht mehr dulden ohne sich mehr zu nehmen als das, wofür sie bezahlt hatten und da Beni sie dann nach Strich und Faden herausprügeln und/oder kalt machen würde, würde sie Kunden einbüßen. Das, oder einer der Stars mietete Sena endlich mal. Sobald einer der Stars das Mädchen gebucht hatte, hatten diese das Vorrecht auf die Unschuld von besagter Frau. Das wussten alle, die diesen Club regelmäßig besuchten.

Die Tür öffnete sich und aus Reflex griff Gaichi nach der Waffe, die auf ihrem Tisch lag, nur um sie kurz darauf wieder zurück zu legen. Tom trat in ihr Büro ein und schmunzelte nur leicht auf ihre Reaktion.

„Verdammt! Wann lernst du endlich mal zu Klopfen?? Irgendwann hab ich wegen dir noch einen verfluchten Herzanfall“, fauchte der Senka-Star, doch Tom selbst ging in aller Seelenruhe um den Schreibtisch herum, trat an die noch immer stehende Gaichi heran.

„Als ob du schon so alt wärst um einen Herzanfalls zu erleiden. Das würde ich dir nur glauben wenn du Mizu's Drogen nehmen würdest.“

„Du weist ich kaufe das Zeug nur damit die Mädchen nicht so aufmucken. Kleine verwöhnte Biester. Sag mir nochmal den Grund wieso wir die kleinen Nutten hier so verwöhnen?“

Tom lachte etwas und strich ihr übers Kinn.

„Sich wohlfühlende Ware lässt sich leichter verkaufen als welche die sich wehrt. Das hast du doch eingeführt.“

Gaichi brummte etwas und sah auf die Seite. Irgendwie hatte ihr Partner ja schon Recht und mal wieder wurde sie daran erinnerte wieso sie Todoroki zu ihrem Lead gemacht hatte anstatt selbst diese Rolle zu übernehmen. Sie gab es ungern zu, aber Tom saß nunmal am längerem Hebel. Insbesondere wurde ihr das bewusst, als sie den heißen Atem ihres Leads an ihrem Ohr fühlte, bei dem sie jedes Mal schwach wurde. Gaichi krallte sich in die Anzugjacke ihres Partners und schloss etwas die Augen.

„Du solltest dich mal wieder entspannen, Midori“, hauchte der Lead und knabberte an ihrem Ohrläppchen, drückte sie dabei an die Wand hinter ihrem Bürostuhl und Gaichi biss sich auf die Unterlippe. Tom nannte sie nur selten bei diesem Namen. Eigentlich nur im Bett und beim Sex. Nachdem Haruno sie jedoch so rüde unterbrochen hatte war nichts in dieser Richtung bei den beiden zustande gekommen, denn entweder war Tom zu beschäftigt oder war einfach nicht in der Stimmung, was die Frustration des Senka-Stars nur noch weiter gesteigert hatte. Von jemand anderem lies sie sich nicht nehmen.

„Dann musst du mir aber dabei helfen, Todoroki“, flüsterte der Star gegen die Ohrmuschels ihres Partners und prompt hatte Tom den Knopf ihrer Hose gefunden und diesen gelöst.

„So? Wie hättest dus denn gerne?“

Mist. Ihr Lead war so furchtbar scharf wenn sie diese tiefe, männliche und verführerische Stimmlage anschlug, die ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagte, ihr Gelüste versprachen, die sie so vermisste. Sie brauchte ein paar Sekunden um auf die Frage Antworten zu können, denn die leichten Bisse an ihrem Hals machten sie wahnsinnig.

„Tief, hart und die ganze Nacht“, brummte sie in das Ohr ihres Partners und der warme Körper presste sich fester an ihren.
 

„Bitte? Du willst so viel Geld ausgeben nur für Tee? Bist du denn wahnsinnig?“

Der Star fühlte, wie ihr die Gesichtszüge entglitten und wie sie etwas bleich wurde als sie ihrem Lead ins Gesichts sah. Diese lächelte nur breit und zupfte an ihrem berüschten Ärmeln.

„Nicht nur für Tee, Wao. Für eine TeePARTY.“

Nur mit Mühe konnte sie verhindern sich mit aller Gewalt die Hand vor die Stirn zu schlagen. Stattdessen hob sie nur die Augenbrauen und sah Mari, die man mit vollem Namen Hanafusa Mari nannte und der Lead des Soragumi-Clans war, nur entrüstet an.

„Tee... party...“, kam von ihr nur stockend und seufzend zurück. „Ist das dein Ernst?“

„Natürlich.“ Der Lead sprang völlig begeistert auf, wobei ihre gelockten Haare, die ihr bis zur Taille gingen, etwas wippten. „Mit Tee und Kuchen und Gebäck und Süßigkeiten.“ Sie legte den Finger an ihr Kinn und dachte für ein paar Momente angestrengt nach. „Ach ja und mit ein paar schönen Kleidern und ohne den ganzen Schlampenkram. Du kannst Gaichi sagen, wenn mir die Mädchen gefallen dürfen sie die Kleider sogar behalten.“

„Aber Mari. Das was du an den beiden ausgibst ist das, was wir an Tsukigumi für einen ganzen Monat verkaufen.“

„Na und?“ Die kleinere klang mit einem Mal sehr schnippisch und wie ein verzogenes Gör. „Was nützt mir denn das Geld wenn ichs nicht ausgeben kann.“

„Aber...“

„Schluss jetzt. Du hast deinen Auftrag. Jetzt geh. Und komm mir nicht ohne die Mädchen wieder unter die Augen. Ich bin in meinem Spielzimmer. Ich will sie um punkt drei Uhr hier haben.“

Damit ging die kleinere Frau erhobenen Hauptes und mit kleinen Schritten aus dem Raum. Wao seufzte einmal schwer und rieb sich die Schläfen. Manchmal verhielt sich ihr Chef wie ein Mädchen, dabei war die Frau älter als sie. Wenn sie nur nicht auf diesen ganzen flauschig-süß-kuschligen Kram abfahren würde wäre sie so viel leichter zu ertragen. Ganz abgesehen von diesen ständigen und völlig überflüssigen Teeparties, für die sie regelmäßig ein Vermögen ausgab. Statt sich ein paar der Mädchen aus dem eigenen Clan zu nehmen, von denen sie immerhin einige hatten da Soragumi hauptsächlich aus sehr jungen Leuten bestand, mietete sie sich regelmäßig ein paar der Mädchen von Gaichi oder kaufte sie gar nur um die diese nach der Party hinrichten zu lassen wenn sie nicht zufrieden war. Die gemieteten lies sie glücklicherweise meist unbeschadet.

Seufzend ging der Star aus dem Büro und durch das Soragumi-Anwesen, dass von Mari's Geschmack geprägt war. Überall standen oder hingen kitschige Dekorationen und Bilder. Hier und da lief ihr ein Current entgegen, viele davon in Kleidern und nur wenige im Anzug. Im Gegensatz zu Wao, mit vollem Namen Wao Youka, die es vorzog einen Mann zu verkörpern, umgab sich Mari gerne mit vielen mädchenhaften Guards und Currents. Der persönliche Guard des Leads, Nono Sumika, war zwar meistens in Hose, aber sie hatte doch einige sehr berüschte Hemden. Wao umgab sich lieber mit Männern oder zumidest denen, die vorgaben einer zu sein.

„Wieder Stress gehabt?“, fragte Morie. Wenn man vom Teufel sprach. Morie, Aoki Izumi, war ihr ganz persönlicher Guard. Zwar war auch dieser wie sie selbst eine Frau, zumindest nach dem, was Wao vermutete, doch war dieser mehr als männlich und Wao vertrieb den Gedanken, dass Morie weiblich sein könnte wieder schnell. Dem jungen Mann vertraute sie regelmäßig ihr Leben an.

„Mari will mal wieder eine ihrer Teeparties schmeißen. Mal wieder mit ein paar Mädchen aus dem Sky Stage.“

Morie grinste nur etwas schief. Dass Wao nicht viel von den kleinen Feiern ihres Leads hielt war durchaus bekannt, aber sie war als Star nicht in der Position um etwas dagegen zu sagen.

„So? Will sie wieder Mirio haben? Die hat ihr doch das letzte Mal so gut gefallen.“

„Nein. Sie hat sich Nene ausgesucht. Nene und diese Neue, die so teuer ist. Wie hieß sie noch gleich? Sena Jun?“

Morie hob irritiert die Augenbraue und stand ein paar Sekunden mit offenem Mund da.

„Sena? Das Hanagumi-Häschen?“

Der Ausdruck 'Hanagumi-Häschen' hatte sich inzwischen etabliert in den Clans. Eigentlich war Sena unter nichts anderem bekannt, insbesondere seit Gaichi angefangen hatte Unsummen für sie zu verlangen, was wohl der Grund war wieso bissher keiner der Clans für sie bezahlen wollte. Sobald Mari jedoch den Startschuss geben würde, würde sich Senka dumm und dämlich an dem Mädchen verdienen.

„Genau die“, schnaubte Wao und setzte sich in Bewegung, Morie direkt hinter ihr. „und sie will sie um drei bis heute Abend.“

„Ich glaube nicht, dass Hanagumi das gefallen wird wenn auf einmal das Häschen fehlt.“

„Habe ich ihr auch gesagt.“

Erneut brummte der Soragumi-Star missgelaunt. Wenigstens waren ihre Guards auf ihrer Seite und bewiesen ein bisschen Hirn. Morie jedoch schwieg daraufhin nur. Ihr Guard wusste genau, dass man Mari nicht zu widersprechen hatte. Zwar zeigte sie nach Außen hin die verzogene, stursinnige und süße Prinzessin, doch wenn ihr etwas gegen den Strich ging wurde sie kalt und erbarmungslos. Soragumi war immerhin nicht mit Nichts so weit aufgestiegen. Mari bewies guten Geschäftssinn, von dem sie viel gelernt hatte, wusste mit Waffen um zu gehen und manipulierte ohne sich selbst die Finger dreckig zu machen. Innerhalb Soragumis wusste man, dass man sich mit Prinzessin Mari nicht anlegte. Verrätern wurde schnell kurzen Prozess gemacht.

Die zwei Soragumi-Mitglieder machten sich also auf Geheiß ihres Leads auf den Weg zum Sky Stage. Es war merkwürdig dort am helligtem Tag auf zu kreuzen, denn immerhin fing der Club erst an zu leben wenn es dunkel wurde. Hoffendlich war Sena überhaupt da. Sie hatte nur Gerüchte gehört, dass Haruno sein Häschen ab und an abholte und mit nach Hause nahm um sie zu pflegen. Schon fast niedlich wie sich das Herrchen um sein Haustierchen kümmerte. Hinter ihr trat Morie durch die Tür, wobei sie ein paar vereinzelte Mädchen auf der Bühne sah und ein paar wenige Männer an den Tischen. Auch Tagsüber war es möglich eine kleine Show zu bekommen, allerdings waren das auf der Bühne die weniger begehrten Frauen und die Männer waren meist eher die verzweifelten Mitglieder der Oberklasse, die sich nur betranken anstatt auf die sich räkelnden Mädchen zu achten. Gekonnt ignorierte sie das Geschehen in der Haupthalle, trat durch die kleine Tür und den Vorhang, die die Haupthalle vom restlichen Teil des Gebäudes trennte, wo sie gleich Yurika in die Arme rannten. Schlief der Guard eigentlich nie? Wie auch immer. Die Sachen waren recht schnell abgelegt und der Soragumi-Star machte sich auf den Weg zum Büro. Gerade als Wao mit der Faust an die Tür hämmern wollte kam von drinnen ein lautes Stöhnen. Da war wohl mal wieder Tom bei Gaichi. Irgendwie hatten die beiden ein Talent dafür immer dann zur Sache zu gehen wenn sie reinschaute und sich eines der Mädchen buchen wollte. Wao fuhr sich durch die Haare als ein erneutes, lauteres Stöhnen aus dem Büro drang und Morie grinste nur leicht.

„Willst du nicht stören?“, fragte ihr Guard und Wao sah nur mit gehobener Augenbraue zu ihm. Für diesen Tonfall hätte sie wohl jeden anderen bestraft, doch Morie war seit der Ernennung zu ihrem Guard ihr bester Freund und konnte sich das durchaus erlauben.

„Du weist wie pissig Gaichi wird wenn man ihn beim Sex stört. Und wenn er sich auf den Deal nicht einlässt dreht mir Mari den Hals um.“

„Obwohl ich nicht ganz verstehe wieso du dich so von ihr rumscheuchen lässt. Als Star hast du doch genauso viel Einfluss wie sie, oder?“

„Schon. Aber sie ist immer noch mein Lead. Ich schulde ihr so einiges und ausserdem hab ich ohne sie keinen zu dem ich gehen könnte. Wenn sie rauskriegt dass du mir so etwas sagst wird sie dich erschiesen, also sei still.“

Morie fuhr sich nur durch die Haare und nickte etwas zustimmend. Er wusste, dass Wao recht behielt. Es war eine Sache von Respekt weiterhin auf Mari zu hören und obendrein war sie dem Lead so viel schuldig. Eine Schuld, die sie nicht einmal mit ihrem Leben begleichen konnte. Gerade als Wao sich in Erinnerungen zu verlieren drohte ertönte durch die dünne Holztür nochmals ein lautes Stöhnen, dass sie nur zu gut kannte. Schien als hätte Tom endlich den Senka-Star erlöst. Hoffendlich hatten die beiden genug gevögelt dass Gaichi besserer Laune war. Wao wartete noch ein paar Sekunden ehe sie an die Tür klopfte und von drinnen ein leises Fluchen kam. Sie blieb einige Augenblicke stehen ehe sie eintrat und zusah, wie Tom gerade mit einem Taschentuch die Flüssigkeit von seinen Fingern entfernte und sich das verrutschte Hemd richtete. Gaichi hingegen, keuchend, schnaubend und mit einem Rotschimmer auf den Wangen hockte in seinem Stuhl, hatte die oberen zwei Knöpfe des Hemds offen, sodass man das Schlüsselbein des Älteren sah, sah mit noch immer leicht verschleierten Augen zu den beiden Soragumis.

„Was zur Hölle willst du hier? Du störst.“

Wao konnte sich dann doch ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.

„Mari schickt mich. Sie will ein paar Mädchen von dir buchen für heute Nachmittag.“

„So will sie das?“ Gaichi erhob sich mit zitternden Beinen, sah sich im Raum um als ob er etwas suchte, doch entschied offensichtlich, dass das gesuchte Stück nicht wichtig sei und ging stattdessen etwas breitbeinig um den Tisch herum. Da schien Tom wohl etwas zu hart zugepackt zu haben. Schon irgendwie süß das Schwulenpärchen. „Gehn wir ins Büro.“ Die Stimme des Senka-Stars war nicht mehr als ein Brummen und als er an Wao vorbei lief bemerkte sie erst, dass der Ältere keine Schuhe an den Füßen trug, dadurch nur noch kleiner war als sonst schon. Gute zwölf Zentimeter Unterschied würden das sicherlich sein. Auch konnte Wao im Augenwinkel sehen, wie Morie über den offensichtlich etwas steifen Gang des Senka schmunzelte und sich ein Lachen verkniff. Der Soragumi-Star sagte dazu mal nichts, genoss den Anblick des ganz offensichtlich befriedigten Senka-Stars mit dem steifen Gang als hätte man ihm etwas in den Hintern gerammt und amüsierte sich im Geheimen darüber. Im Büro war alles so wie beim letzten Mal, als sie hier war. Ein paar Akten auf dem Eichentisch, ein paar Kugelschreiber und der tiefschwarze Drehstuhl, in den sich Gaichi prompt fallen lies. „Also? Welches Mädchen will Mari dieses Mal? Und ich hoffe, dass du genug Kohle dabei hast um sie dir leisten zu können.“

„Sie möchte dieses Mal zwei. Nene und Sena“, sagte Wao in einem neutralem, fast gleichgültigem Ton. Vielleicht gab Gaichi ihr die Mädchen einfach ohne weiter zu fragen. Tatsächlich beugte sich der Senka-Star vor, zog die Mappe heran, in der er immer die Frauen eintrug, die Mari buchte, murmelte dabei auch leise die Namen der beiden Mädchen, doch noch während des Schreibens stockte er.

„Sena... Sena Jun?“

„Ja Sena Jun.“ Innerlich kreuzte Wao die Finger, doch Gaichi schlug die Mappe zu, verschränkte die Finger darauf und beugte sich vor.

„Du weist, dass das Hanagumi-Häschen mir hier nicht wegkommt. Sie trägt nicht umsonst Haruno's Ohrring.“

„Mari ist bereit sehr sehr großzügig für vier Stunden zu bezahlen.“

Da wurde Gaichi anscheinend doch hellhörig. Wenn Mari gut bezahlte, dann bezahlte sie mehr als viel, insbesondere wenn sie etwas haben wollte.

„Wie viel?“

„Nimm ungefähr vier Mal das, was jemand für den Sex mit Shio bezahlen würde.“ Gaichi starrte auf seine Hände. Da hatte der Star doch angebissen. Jetzt musste sie den Fisch nur noch an Land ziehen. „Nene wird natürlich extra bezahlt. Wenn die beiden Mari gefallen will sie ihnen auch die Kleider schenken.“

Resigniert lehnte sich Gaichi in seinem Stuhl zurück. Wao war sich mehr als sicher, dass der Senka-Star das Angebot nicht ablehnen würde. Es ging eigentlich nur noch um die Bedingungen, die er immer stellte wenn eines der Mädchen ausser Haus geführt wurde. Immerhin konnte man keinem der Clans vertrauen.

„Na schön“, schnaubte er noch unter seinem Atem. „Vier Stunden. Nicht mehr. Ist sie nicht pünktlich wieder hier verlange ich mehr Geld oder ich schmeiße euch für immer aus meinem Club. Beni und Yurika werden euch begleiten und die beiden werden nicht von der Seite der beiden weichen.“

„Wenn du dich dann besser fühlst. Auch wenn es Mari nicht gefallen wird wenn Senka-Guards da sind.“

„Das ist mir egal“, fauchte Gaichi kalt, beugte sich erneut vor und deutete auf seine Mappe, die noch immer vor ihm lag. „Ich gehe hier ein gewaltiges Risiko ein wenn ich das Hanagumi-Häschen ausser Haus vermiete. Ich will sie hier in einem Stück, unverletzt und ohne irgendwelchen Flusen im Kopf wieder sehen. Sollte ich Haruno als Geschäftspartner verlieren sorge ich dafür, dass ihr so schnell wieder aus Tokyo drausen seid wie ihr Soragumis euch hier angesiedelt habt.“

„Ich werde es Mari ausrichten.“

Damit war die Diskussion mehr oder minder beendet. Gaichi starrte ihr noch eine ganze Weile in die Augen, lehnte sich dann nochmals im Stuhl zurück und schlug die Mappe auf.

„Meine Bezahlung?“

„Auf dem üblichem Weg.“

„Gut. Warte in der Haupthalle. Yurika und Beni werden mit den Mädchen zu euch stoßen. Und zu eurer eigenen Sicherheit würde ich euch raten, dass euch keiner sieht, insbesondere nicht mit den Mädchen. Haruno hällt große Stücke auf sein Häschen und ich glaube, dass er dich auf der Stelle erschießen würde falls er sieht wie du deine Finger an Sena hast.“

Fourth Stage: No Party... TEAparty

Wie von der Tarantel gestochen lief Toyoko in ihrem Zimmer auf und ab, noch immer nur in Unterwäsche und Bademantel und fluchte leise vor sich hin. Nicht nur, dass Gaichi diesen dummen Neuling Asako immer weiter nach vorne stellte, ihr Rampenlicht stahl, ihre Kunden wegnahm, inzwischen war das Mädchen sogar teurer als sie. Und das nur weil Gaichi sie nicht für den Sex vermieten durfte. Bissher hatte sie sich immer damit begnügen können, dass keiner der Stars bissher nach ihr gefragt hatte. Die Ehre war nur ihr zuteil. Das hieß, bis zum Vormittag, an dem auf einmal Wao den Club betreten hatte. Seither war ihr danach einfach alles auf den Boden zu werfen und am liebsten das nächstbeste Fenster ein zu treten.

„Jetzt komm mal runter. Vielleicht hab ich mich auch nur verhöhrt“, meinte Teru, der bei ihr auf dem Bett saß. Teru, der mit vollem Namen Ouki Kaname hieß, war der Guard, den Gaichi ihr zugeteilt hatte. Kaum einer wusste, dass sich aus diesem rein geschäftlichem Verhältnis so viel mehr entwickelt hatte. Die Beziehung, die die beiden führten, war unter anderem auch der Grund wieso Toyoko selbst so erfolgreich im Sky Stage geworden war. Dass ihr Guard eigentlich eine Frau war, dieses Geheimnis hütete Shio ganz für sich. Teru war vor nicht allzu langer Zeit in ihr Zimmer gekommen, hatte erzählt, dass sie gehört hatte wie Wao für seinen Lead ihre Konkurentin buchen wollte. Sena selbst schien den Druck, unter den sie Shio stellte, gar nicht wahr zu nehmen. Das, oder sie ignorierte es einfach gekonnt.

„War doch nur eine Frage der Zeit bis Mari sie haben will. Ich hoffe nur, dass Gaichi sich nicht darauf einlässt.“

Teru erhob sich vom Bett, kam zu ihr und sah auf sie runter. Der andere war um einiges größer als sie, besonders auf den Absätzen und da sie selbst noch immer barfuß war, doch er legte sanft eine Hand auf ihre Schulter.

„Mach dich nicht lächerlich. Sobald Geld im Spiel ist würde er sich selbst in einen Fummel schmeißen und auf die Bühne gehen.“

Da hatte er leider einen Punkt. Toyoko brummte leise, rieb sich die Schläfen. Zwar hatte sie noch immer die Hoffnung, dass Gaichi nein sagte, auch wenn die Wahrhscheinlichkeit unheimlich gering war, doch sie musste zumindest Sena mal zeigen wo ihr Platz war. Unter ihr. Weit unter ihr. Da kam ihr eine Idee und sie schmunzelte etwas.

„Teru. Gib mir deinen Hut und deine Jacke.“

Ihr Guard hob die Augenbraue, blinzelte irritiert.

„Was geht dir jetzt schon wieder im Kopf rum?“

„Tus einfach. Du bekommst sie auch wieder. Sorg bitte nur dafür, dass keiner hier rein kommt und dass mich keiner sieht.“

Nochmals wollte Teru widersprechen, doch seufzte dann resigniert und zog den Hut vom Kopf und die Jacke von den Schultern während die Blonde an ihren Schrank ging und eine Hose und hohe Schuhe raussuchte. Sie hatte das eine Weile nicht mehr gemacht, aber harte Zeiten verlangten nach harten Maßnahmen. Schnell sprang sie in die Hose und in ein Hemd, dass sie irgendwo unten aus dem Schrank herauskramte, nahm sich dann die Jacke mit den eingenähten Schulterpolstern, warf sich diese über und setzte den Hut auf den Kopf, sodass ihr Gesicht halb verdeckt wurde. Anschließend sah sie nochmal in den Spiegel, kontrollierte ihr Outfit und sah dort in Teru's noch immer verwirrtes Gesicht.

„Was hast du vor? Du weist, dass du ihr nicht wehtun darfst.“

„Ich weis. Ich zeige ihr nur, dass man sich nicht mit mir anlegt. Ich verschrecke sie nur ein bisschen. Irgendwer muss ihr doch mal zeigen wos hier langeht.“

„Na wenn du meinst. Mehr als Zehn Minuten kann ich dir aber nicht einrichten. Du weist, dass Beni und ich ein wenig auf Kriegsfuß stehen nach deinem letzten Ausflug.“

Die Blonde rollte leicht mit den Augen, hauchte ihrem Guard einen Kuss auf die Lippen.

„Halt ihn einfach so lange weg wie es geht. Ich beeile mich auch. Mehr als fünf Minuten brauche ich glaube ich nicht.“
 

Zur selben Zeit hockte Asako in ihrem Zimmer vor dem Schminktisch, kämmte sich die Haare und steckte sich die einzelnen, recht wiederspänstigen Strähnen zurecht. Manchmal hätte sie wirklich lieber einen Kurzhaarschnitt, aber in ihrer Position war das halt nicht drin. In den vergangenen Wochen hatte sie schnell gelernt, dass sie sich zu pflegen hatte um den Kunden zu gefallen und seit sie nicht mehr von diesen ekligen alten Männern gebucht wurde, vor denen sie strippen musste hatte sie sogar irgendwie Spaß am Tanzen. Sie hatte schnell gelernt die Blicke der Kunden auf sich zu sehen, auch wenn sie wohl merkte, dass Toyoko das sehr gegen den Strich ging. Sie hatte es nur mitbekommen als Osa sie nach Hause geholt hatte und ein wenig mit Mattsu getratscht hatte, soweit man nunmal mit dem Guard tratschen konnte, doch inzwischen war sie wohl teurer als Toyoko. So wirklich interessierte sie das aber nicht. Sie war nur froh nicht mehr auf der Straße sein musste, hatte hier ein warmes Bett und so etwas wie eine Arbeit, hübsche Kleidung und Osa war immer für sie da wenn sie ihren Retter brauchte. Doch so sehr der Hanagumi-Lead sie liebte weigerte er sich noch immer ihr alles über die Clans zu erzählen, auch wenn Asako schon unterschwellig in diese Richtung gefragt hatte. Noch immer weigerte sich der Hanagumi-Lead ihr zu verraten, dass derartige Clans exestierten und Asako war auch nicht gewillt ihm zu verraten, dass sie es schon wusste. Hinter das System war sie dann doch von ganz allein gekommen. Wenn sie auf der Bühne stand, sich den Blicken der Kunden unterwarf und ihnen nur Einblicke in das gewährte, was sie nicht haben konnten, sich dabei hier und da dabei erwischte, wie sie die Lieder von Toyoko beim Tanzen mitsummte, waren ihnen ein paar der jungen Männer aufgefallen. Sie saßen meist weiter hinten, abgeschnitten von anderen, doch mit perfektem Blick auf die Bühne. Die üblichen Kunden gingen ihnen obendrein aus dem Weg oder behandelten sie mit außergewöhnlichem Respekt. Daraus folgerte die junge Frau, dass es entweder die Lead oder die Stars der Clans waren. Oft unterhielt sie sich mit ihren neu gefundenen Freunden Asumi Rio, die unter ihnen Mirio gerufen wurde, und Yumesaki Nene, die nur Nene hieß, darüber, aber die beiden jüngeren Frauen hatten genauso wenig Ahnung davon wie sie. Die beiden waren furchtbar süß, ebenso talentiert, doch liesen sich von den erfahreneren Mädchen zu leicht unterbuttern. Nene war im Vergleich zu ihr mit ihren 1.63 winzig, sehr zierlich gebaut und wirkte wie ein Püppchen, dass man kaputtmachte wenn man sie fallen lies, wurde desshalb oft rumgeschubst und misshandelt. Mirio war ungefähr so groß wie sie, etwas kräftiger gebaut und konnte sich notfalls wehren, doch die junge Frau war drogenabhängig, wesshalb sie erst in die Szene reingerutscht war. Gaichi gab ihr immer gerade genug um ihre Sucht für einige Zeit zu befriedigen, doch wenn der Auftritt um war brauchte sie die nächste Dosis um nicht durch zu drehen. Auf Asako's Frage wieso sie nicht aufhörte meinte sie nur, dass sie einen persönlichen Grund hatte sie erst zu nehmen und damit keinen Ansporn es sein zu lassen. Sie belies es dabei. Einen Ansporn irgendetwas an ihrer eigenen Situation zu ändern hatte sie auch nicht, auch wenn Osa sie behandelte wie ihr Eigentum. Der Hanagumi-Lead gab ihr immerhin alles was sie wollte und brauchte. Wieso also darauf verzichten?

Die Braunhaarige stand auf, machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Schrank, fischte ein wenig frische Unterwäsche heraus in die sie sich einhüllte, ebenso wie eine leichte Bluse und einem kurzen Rock. Bis zum Auftritt war es noch hin, wesshalb sie sich für etwas bequemere Kleidung entschied. Osa war wieder arbeiten und vor dem Wochenende würde sie ihren Retter wohl nur während der Auftritte zu Gesicht bekommen. Ai hatte sich inzwischen recht gut in der Hanagumi-Residenz eingelebt, arbeitete dort mit ein paar anderen als Hausmädchen. Wenn sie nicht alles täuschte hatte ihre Freundin auch ein Auge auf Mattsu geworfen, womit Asako sie immer aufzog wenn sie da war. Nur weil sie lebte wie ein Vogel im Käfig hieß das nicht, dass sie nicht auch ein wenig Spaß haben konnte. Noch immer hoffte sie darauf, dass Gaichi sie irgendwann auch mal singen lies, denn das war ihre größte Leidenschaft. Singen, Tanzen und Theater. Immerhin war das ihr ganz großer Traum gewesen auf der Bühne zu stehen und Erfolg mit dem was sie liebte zu feiern.

Als die Tür sich öffnete fuhr Asako herum. Langsam musste sich Beni wirklich angewöhnen zu klopfen ehe er reinkam. Doch als sie nicht Beni sondern eine ihr fremde Person in der Tür stehen sah stockte sie kurz.

„Uhm... Hallo?“, stammelte sie etwas. Normalerweise brachte Beni sie in einen speziellen Raum für ihre Privatvorführungen. Die Zimmer waren für Kunden eigentlich tabu. Erst als die Person den Hut abnahm erkannte Asako, wer da vor ihr stand. „Shio? Was willst du? Wie kommst du hier rein und...“ Sie beäugte die andere im Anzug kritisch. „...was soll der Anzug?“

Die Blonde sprach zuerst nicht, ging nur mit dem Hut in der Hand zu ihr und Asako wich einen Schritt zurück. Sie hatte ganz offensichtlich schlechte Laune, wieso auch immer, aber warum lies sie die nicht an wem anderes aus?

„Ich mag es nicht...“, begann sie dann doch. „...wenn man mir meinen Platz wegnimmt.“

Die Braunhaarige runzelte etwas die Stirn.

„Bitte? Ich nehme keinem...“

„Lüg doch nicht! Ich war verdammt stolz nicht mehr diese schwitzenden Drecksäcke übernehmen zu müssen und dann kommt so ein Möchtegernflitchen wie du daher! Glaubst du nur weil du Osa als Herrchen hast darfst du dir alles erlauben??“

Asako stolperte zurück, landete auf dem Bett und prompt war Shio über ihr, und sah sie mit kaltem Blick an. Sie kannte diesen Blick bissher nur von Mattsu. Die junge Frau wurde auf dem Platz weiter, versuchte nach hinten zu rutschen um der Blonden zu entgehen, aber kaum war sie gänzlich auf dem Bett packte Shio ihre Handgelenke, pinnte sie auf die Stelle.

„Bitte hör auf“, flüsterte sie. Shio beugte sich zu ihr, direkt an ihr Ohr, wobei sie fühlte wie sie bleich wurde als sich die Hand der Blonden sich auf ihren Bauch schlich. „Toyoko...“

„Nichts da Toyoko“, raunte die Blonde, wobei das eher einem Zischem glich. „Ich zeige dir mal was diese Drecksäcke mit mir machen. Und vergiss nicht dich schön dafür zu bedanken, Häschen.“

Die plötzliche Aggressivität von Shio paralysierte sie geradezu und verhinderte, dass sie einen lauteren Ton als ein Wimmern von sich gab als die Blonde über ihre Wange leckte und die Hand unter ihre Bluse schob. Sie zitterte vor Angst, wobei sie nicht darum herum kam sich zu fragen wieso Beni die Blonde reingelassen hatte. Ihr entwich ein lautstarkes Keuchen, denn die Blonde hatte den empfindlichen Punkt kurz hinter ihrem Ohr entdeckt, saugte sich daran fest und Asako zuckte nur etwas, wimmerte erneut unter den Berührungen der anderen. Wenn sie nicht gerade hier wäre, wenn Osa vielleicht da gewesen wäre und wenn sie nicht so furchtbare Angst hätte, einen Grund, dann hätte sie wahrscheinlich losgeschrien und hätte sich gewehrt, doch sie hatte hier keinen, der etwas zu sagen hatte und ihr helfen würde. Shio stand über den anderen Mädchen und konnte sich derartiges leider erlauben. Die Bluse war schnell geöffnet, wobei Asako's Hände inzwischen eingeschlafen waren durch den ungewöhnlich festen Griff der anderen Frau.

„Na wie süß ist das denn?“, fragte die Blonde in einer etwas tieferen Stimme als sie es von ihr gewohnt war. Sie schob den Finger unter den BH zwischen ihre Brüste, damit unter eine kleine Schleife auf der ein winziger, glitzernder Stein befestigt war. „Hat Osa dir den geschenkt? Er kümmert sich bestimmt ganz liebevoll um dich, oder?“ Asako sah nur zu der anderen hinauf, biss sich auf die Unterlippe, denn sie traute sich nicht zu antworten. Doch gerade als Shio laut werden wollte, ganz offensichtlich um sie an zu brüllen, klopfte es an der Tür. Gott sei dank, war alles, was die Braunhaarige in dem Moment denken konnte.

„Sena? Bist du angezogen?“ Shio sah sie sehr eindeutig an, erhob sich von ihr und zupfte ihre Jacke zurecht. Wenn sie jetzt etwas sagen würde, dann würde die Blonde ihr das Leben garantiert noch mehr zur Hölle machen als sie es offensichtlich sowieso schon geplant hatte. Nur zitternd setzte sich Asako auf, die Hände noch immer taub, und Shio zog den Hut auf den Kopf als sich die Tür öffnete. Beni trat ein, hob erstaunt die Augenbraue. „Ich wusste nicht, dass du Kundschaft hast.“

„Meine Zeit ist sowieso gerade um“, sagte Shio mit einer so tiefen Stimme, dass Asako sie kaum wiedererkannte. „Guten Tag.“

Die noch immer vor Angst zitternde Frau starrte nur der anderen im Anzug nach, schluckte etwas und erhob sich vom Bett um sich die Bluse zu richten. Shio war aus dem Raum gegangen ohne, dass Beni ihr Gesicht erkennen konnte, denn sie hatte den Kopf so weit es ging weg gedreht und den Hut dazwischen gehalten. Wieso das denn schon wieder? Würde sie Ärger bekommen, wenn jemand sie erwischte?

„Wer war der Kerl?“, fragte ihr Guard dann und trat tiefer in ihr Zimmer ein. Für einen Augenblick spielte die junge Frau tatsächlich mit dem Gedanken Shio zu verpetzen, aber das brachte wohl keinem etwas, am wenigsten ihr.

„Nur ein Niemand... Er hat nicht viel bezahlt, also hat er auch nicht viel zu sehen bekommen. Du warst nicht da als er herkam. Wo warst du?“

Beni sah etwas bedrückt drein, kratzte sich am Hinterkopf.

„Sorry. Teru hat mich und Yuirka zu Gaichi bestellt. Desshalb bin ich da. Zieh dir was an. Du machst mit uns einen kleinen Ausflug.“

Asako warf gerade einen Blick in den Spiegel, richtete sich erneut die Haare und sah mit gehobener Augenbraue zu ihrem Guard.

„Was? Mit wem? Wohin?“

„Darf ich dir nicht verraten. Ich war auch selbst noch nicht da. Immerhin soll ICH nur auf dich aufpassen.“ Beni grinste breit und verschränkte die Arme. „Aber bei dir hat jemand den Startschuss gegeben. Du fängst jetzt an die ganz Großen zu treffen, Mädchen.“ Startschuss? Die ganz Großen? Was hatte das nur wieder zu bedeuten? Die Frage schien ihr ins Gesicht geschrieben, denn Beni lachte nur kurz. „Zerbrich dir nicht den Kopf. Zieh dir ne Jacke an und komm. Wir haben nicht ewig Zeit.“

Asako tat wie ihr geheißen war, griff nochmals in den Schrank und holte sich eine etwas längere Jacke heraus, warf sich diese über und ging zu dem Guard, zog den Reisverschluss zu.

„Du hast 'Wir' gesagt. Wer kommt noch mit?“

„Yurika und Nene. Sicher ist besser. Ach ja und bevor ichs vergesse: kein Wort zu Haruno. Du weist wieso.“

Asako nickte nur. Gaichi hatte ihr schnell klar gemacht, dass nichts, was mit ihrer 'Vermietung' zu tun hatte irgendwie an Osa gelangen durfte. Sie hatte schon einen gehörigen Schlag von Gaichi kassiert als sie versucht hatte Osa unterschwellig etwas zukommen zu lassen, hatte es demnach schnell sein lassen und tat was man von ihr verlangte. Naja wenn sie mit Yurika, der ja immerhin Gaichi's persönliches Haustier war, und Nene unterwegs war, dann konnte ihr nichts passieren.

Die Braunhaarige lief hinter Beni her als sie durch die Gänge gingen, wobei Asako mal wieder versuchte das Stöhnen, dass hier und da durch die Türen und Wände drang, zu ignorieren. So ganz hatte sie sich daran immer noch nicht gewöhnt, war nur froh, dass sie nicht das selbe Schicksal teilte wie einige der anderen Mädchen. Geistesabwesend strich sie über den Ohrring, den sie von Osa bekommen hatte. Sie versteckte den Ohrring meist unter ihren Haaren. Es musste nicht jeder wissen, dass sie unter dem Schutz des Hanagumi-Stars stand. Noch immer fragte sie sich wieso Shio bei ihr gewesen war. Sah die Blonde sie etwa als Konkurenz? Dabei hatte sie dafür gar keinen Grund. Wenn es ihr wirklich um den Platz auf der Mitte der Bühne ginge, der ja Shio gehörte, dann würde sie ganz andere Geschütze ausfahren. Asako war sich durchaus bewusst, dass sie sehr süß und niedlich sein konnte, aber sie konnte auch genauso biestig sein wenn man es drauf anlegte.

Im Hauptraum sah sie schon Nene und Yurika an der Theke, zusammen mit zwei jungen Männern. Einen davon erkannte sie. Er saß oft mit einem anderen recht weit vorne an der Bühne und in letzter Zeit hatte sie oft seine Blicke bemerkt. Wenn sie sich aber richtig erinnerte war da einmal noch eine Frau bei ihm gewesen. Es war Asako im Gedächnis geblieben, denn wenn eine Frau in diesen Hallen nicht auf der Bühne stand war es durchaus ungewöhnlich. Sie und Beni traten an die vier heran und Asako lächelte Nene einmal freundlich zu. Die kleinere war in ein schlichtes Kleidchen gehüllt und in diesem Augenblick beneidete sie sie um ihre flachen Schuhe. Dann wandt sie ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden fremden Männern zu.

„Gut. Gehen wir“, sagte einer von ihnen und ging vorraus, der etwa gleichgroße Mann ihm auf dem Fuße folgend. Wenn sie das ganze richtig deutete, dann war der, der als erstes den Club verlies der Star, der etwas breiter wirkende Mann dagegen Guard. Wenigstens hätten sie sich mal vorstellen können. Sie gingen um den Club herum, wo sie schon zwei Wagen stehen sah. „Ihr nehmt den anderen Wagen...“, der schmälere Mann deutete auf den hinteren der beiden Autos, die beide getönte Scheiben besaßen. „...und der Fahrer wird uns folgen. Wenn wir da sind wird Morie euch die Tür aufmachen.“

Morie. Das war dann wohl der Name von dem Guard. Angesprochener nickte nur als der Star zu ihm sah und der schmälere Mann stieg anschliesend in den vorderen Wagen. Erst als auch die beiden Senka-Guards, Nene und sie selbst in den hinteren Wagen stiegen verschwand auch Morie's Gestalt im vorderen Wagen.

„Wo geht es denn hin?“, fragte Nene, die ganz offensichtlich irritiert war. Das junge Mädchen kam nur selten aus dem Club und das meistens nur alleine soweit sie wusste.

„Ich hab gehört es geht ins Soragumi-Anwesen, aber so sicher bin ich mir da nicht“, sagte Beni und sah zu Yurika, der nur nickte.

„Hanafusa Mari persönlich hat nach euch beiden gefragt. Ihr gefallt ihr denke ich.“ Yurika sprach ernst, lehnte sich zurück als sich der Wagen in Bewegung setzte. Als rechte Hand von Gaichi hatte er wohl am meisten Ahnung von den Clans.

„Wer war das überhaupt? Sie haben sich nicht vorgestellt“, sagte Asako und zupfte nochmals an ihrem Rock. Glücklicherweise saß sie und stand sich nicht mit diesen unbequemen Schuhen die Beine in den Bauch.

„Der Soragumi-Star Wao Youka und sein Guard Aoki Izumi“, erwiederte der Guard nur knapp. „Ach ja eine Sache noch wenn ihr da seid: Mari ist bekannt dafür, dass sie die Mädchen, die ihr nicht gefallen kauft und quält bis sie sie einfach umbringt.“ Yurika's Blick fiel auf Nene. „Sena wird sich darüber weniger Gedanken machen müssen. Haruno würde ihr wohl den Krieg erklären wenn ihr etwas passieren sollte. Du hingegen schon. Pass auf was du sagst und wie du dich verhällst. Beni und ich sind jetzt nur mitgekommen um auf euch auf zu passen weil ihr nur gemietet seid. Kauft sie dich, dann können wir nichts mehr für dich machen.“

Nene wurde augenblicklich kleiner in ihrem Sitz, nickte nur etwas. Asako berührte ihre Freundin sanft an der Schulter, lächelte ihr aufmunternd zu.

„Komm schon. Wir schaffen das.“

Anschließend versuchte sie nach draußen zu sehen, aber durch die getönten Scheiben war rein gar nichts zu sehen. Wenn sie wirklich zum Soragumi-Anwesen fahren würden, dann war es nur offensichtlich dass sie nicht wollten, dass sie den Weg dorthin kannten. Dennoch war es unangenehm in diesem bedrückendem, dunklem Auto zu sitzen, zu fühlen wie es sich immer weiter fortbewegte und nicht zu wissen wohin man fuhr.

Sie mussten eine ganze Weile gefahren sein, denn Asako erwischte sich dabei, wie sie halb eingenickt war als der Wagen leicht rumpelnd zum stehen kam. Wie es ihnen angeordnet wurde stiegen sie noch nicht aus, doch als Morie dann die Tür öffnete war Asako die erste nach Yurika, die den stickigen hinteren Teil des großen Autos verlies. Die kleine Limousine war zwar groß, aber dennoch unangenehm und beengend. Draußen blinzelte die junge Frau leicht. Sie standen mitten im Garten zu einer nicht zu verachtenden Villa, der Boden war komplett mit weißem Stein gepflastert und überall blühten bunte Blumen. Sie wusste nicht mal, dass es die Jahreszeit dafür war. Es war komplett anders als das, was sie von Osa's Villa kannte, sehr viel pompöser und künstlich aufgelegt. Das Auffälligste waren jedoch die in schwarze Hosen und weiße Blusen gekleideten, recht kleinen Frauen, die überall standen und offensichtlich einen Waffengürtel trugen. Hier und da sah man einige Männer, doch der Großteil war offensichtlich weiblich mit der deutlich sichtbaren Oberweite und dem Make-Up, dass von ihrem eigenen gar nicht mal so unähnlich war. Als die Haupttür sich öffnete zog die Frau, die herausgelaufen kam, Asako's Aufmerksamkeit auf sich, ebenso wie die der Guards und von Nene. Die Frau war in ein langes, rüschenbesetztes Kleid gehüllt, dass ihr gerade an den Hacken endete, dazu ein paar flache Schuhe. Ihre Haare waren Hüftlang und die vorderen Strähnen nach hinten geflochten und dort mit einer Schleife zusammengebunden. Sie wirkte wie ein Mädchen mit ihrem Lächeln als sie die Treppe hinuntergelaufen kam und direkt auf Wao zuging, diesen anlächelte.

„Das hat aber gedauert, Takako“, sagte die Frau mit einem recht süßlichem Unterton. Asako schloss einfach, dass Takakao der Rufname von Wao war. Der Star fuhr sich seufzend durch die Haare.

„Gaichi war beschäftigt als ich ankam. Ich konnte leider nicht mehr als vier Stunden ausmachen für den Preis, den du angeboten hast.“

„Vier Stunden?“ Die Frau zog eine Schmolllippe und Asako fragte sich allen ernstes ob das wirklich der Soragumi-Lead war so wie sie sich das zunächst gedacht hatte. „Dann kann ich ja gar nicht mit ihnen in mein Tropenhäuschen.“

Wao lächelte nur schief.

„Ich bin froh, dass er überhaupt zugestimmt hat. Willst du dich dann nicht beeilen, wenn du sowieso so wenig Zeit hast?“

Das schien die Frau dann doch zu überzeugen und sie kam zu ihr und Nene. Da Asako noch immer diese furchtbaren Highheels trug war sie einen Kopf größer als Mari. Sie fühlte, wie die Frau sie einmal ausgiebig beäugte.

„Du bist größer als man mir gesagt hat, aber es dürfte dir trotzdem passen.“

„Uhm... passen?“, fragte Asako verwirrt, doch ehe sie es sich versah hatte Mari sie und Nene an den Händen gepackt und zog sie hinter sich her. Die Größere warf nur einen flüchtigen Blick über die Schulter zu Yurika und Beni, die ihnen hinterherhasteten.
 

Nene hatte so einiges erwartet, aber nicht das. Der Soragumi-Lady hatte sie motiviert und mit offensichtlich guter Laune in das riesige Haus gezerrt und sie in eines der Zimmer geschubst, wo sie sich umziehen sollten. Sie war sich noch immer nicht sicher, was sie von der ganzen Sache halten sollte. Sie wurde sonst nie gebucht, schon gar nicht von einem der Stars oder einem Lead. Sie war immer ganz froh wenn sie mal nicht von diesen dicken und manchmal sehr unhygienischen Männern angefasst wurde. Doch noch immer hatte sie Angst vor dem, was sie erwartete, denn so ganz ohne Hinweis irgendwo hingeschubst zu werden und gesagt zu bekommen, dass sie ein falscher Schritt möglicherweise das Leben kostete erleichterte einem die Arbeit nicht wirklich, sondern machte sie nur noch nervöser. Der Soragumi-Lead hatte auf dem Bett ein paar Kleider ausgebreitet, sprang zwischen ihnen umher und drückte jedem der beiden schließlich eines in die Hand mit dem Befehl sich um zu ziehen und dann der Frau, die am Eingang des Raumes stand bescheid zu geben. Glücklicherweise standen Yurika und Beni noch mit im Raum, denn sonst wäre sie wahrscheinlich auf der Stelle eingegangen. Asako schubste sie etwas an der Seite an um sie dazu zu bringen sich zu bewegen und sie zogen sich dann doch so schnell wie es nunmal möglich war um. Nene hatte ein tiefschwarzes Kleid bekommen, dessen Ärmel dagegen hellweiß waren. Wie es schon bei dem Lead der Fall gewesen war war es mit Rüschen übersäht, hatte an den Seiten eine rote Schnürung und endete kurz über ihrem Knie. Aufgrund der vielen Lagen, die der Rockteil hatte sah sie etwas aus wie eine Glocke. Hinzu kamen ein paar Overkneesocken, die ebenfalls ein rotes Muster hatten, und ein paar Schwarze Schuhe. Der Haarreif, den sie bekommen hatte, hatte ebenso eine Schleife. Sie musste zugeben, dass ihr das Kleid sehr gefiel, doch begeisterter war sie von dem, was Asako bekommen hatte. Ihr Kleid, dass aufgrund der langen Beine ihrer Freundin etwas weiter über dem Knie endete, war in hellgrünem Samt und weiß gehalten, hatte ein hellgrünes Corsett mit weißer Schnürung und die Rüschen betonten ihre Körperform. Auch bei ihr war der Rockteil glockenförmig und hatte weiße Spitze am Rand, ebenso wie die weißen Overkneesocken, die sie bekommen hatte. Nene kicherte nur ein bisschen als sie die Absätze an den grünen Schuhen ihrer Freundin sah, denn sie wusste genau wie ungerne Asako diese hohen Schuhe hatte. Als Accesoirs hatte sie einen fast winzigen, mit Spitze und Rüschen verzierten, grünen Zylinder bekommen, den man in den Haaren feststeckte und ein passendes Collier mit einigen Glitzersteinen. Asako selbst fühlte sich darin sichtlich unwohl, doch belies es einfach dabei. Sie waren nicht in der Position sich dagegen zu wehren, also liesen sie sich von der Frau am Eingang zum Soragumi-Lead bringen. Yurika und Beni hatten sie dabei immer im Schlepptau und die beiden Guards kamen auch mit in den Raum, in den die andere Frau sie brachte. Die Frau selbst blieb ebenso im Raum. Das Zimmer war gefüllt mit kleinen Figuren, Kästchen, Bildern, Blumen, Vitrinen, Schränken und Vasen. Selbst für diese gigantischen Ausmaße, Nene's Zimmer hätte bestimmt sechs oder sieben Mal hineingepasst, wirkte der Raum zugestellt mit Kleinkram. Am Rand stand ein Käfig, in dem ein bunter Vogel auf einer Stange hockte und vor sich hin zwitscherte. In der Mitte stand ein weißer Tisch und von der Kanne, die offensichtlich aus weißem Porzellan bestand, ging ein wundervoller Duft aus. Der Lead, der inzwischen auf einem der reich verzierten Stühle platzgenommen hatte, legte sich eine Hand an die Wange.

„Ihr seht wirklich bezaubernd aus. Total süß.“ Ihr Blick fiel auf Wao, der direkt neben ihr saß. „Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass sie putzig aussehen werden. Du glaubst mir ja nicht.“

„Ich habe nie etwas anderes behauptet.“ Der Soragumi-Star deutete auf die freien Plätze. „Setzt euch. Gefallen euch die Kleider?“

Unschlüssig was sie sagen sollte warf die kleinere einen Blick auf ihre Freundin. Asako lächelte nur und wirkte dadurch nur noch lieblicher.

„Sie sind wirklich wunderschön. Danke, dass wir so etwas tragen dürfen“, sagte die Größere, warf einen kleinen Blick zu ihr und verbeugte sich dann tief. Auch Nene lächelte und tat es ihr gleich bevor die beiden sich zu den Köpfen Soragumi's setzten.

„Und Manieren hat sie auch“, sagte der Lead ganz begeistert und die Frau, die sie hergebracht hatte, schenkte den Tee ein.
 

Nicht nur, dass sie dieses kurze Kleid wie die Pest hasste, jetzt musste sie sich auch noch dafür bedanken. Man hatte sie beim Umziehen beschattet wie zwei Tiere und angestarrt als hätten sie noch nie eine nackte Frau gesehen. Glücklicherweise wusste Asako genau, wie man Dankbarkeit heuchelte und wie man vorgab glücklich zu sein. Sie war immerhin Schauspielerin gewesen. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass sie aufpassen musste was genau sie erzählte, doch Mari nahm ihr diese Last nur zu gerne ab. Die Frau redete wie ein Wasserfall, sodass es reichte, wenn Asako lächelte, nickte, süß aussah und ab und an von dem wirklich scheußlich schmeckendem Tee trank und einen Keks verspeißte. Wenigstens das Gebäck war verzehrbar. Wao tat es ihr augenscheinlich gleich. Der Star starrte mit einem Lächeln auf den Lippen und etwas abwesend zu seinem Lead, aber es war einfach zu sagen, dass er ihr nicht zuhörte. Nur nebenher schnappte die Braunhaarige ab und an ein Thema auf, denn mit Nene schien sich der Lead ganz ausgezeichnet zu verstehen. Als es um Kleider, oder zumindest so ähnlich ging, war ihre Freundin mit einem mal ganz vorne dabei und die beiden Mädchen unterhielten sich angeregt über Kleidung, Tee, Kekse, Gebäck, Blumen, Vögel, Tiere und was sonst noch so anstand. Gerade als sie glaubte ihr Kopf würde explodieren entschied sich die Größere sich dem Star zu zu wenden und ihn an zu lächeln. Mari schien davon gar nichts mit zu bekommen.

„Wo ist denn Morie? Wollte er nicht mit?“

Wao, mit einem Mal durch ihre Frage abgelenkt, blinzelte etwas, doch grinste dann schief.

„Er hat noch was anderes zu tun.“ Hieß quasi, dass er keine Lust auf das Geschnatter seines Leads hatte. Schlauer Bursche. „Wieso die Frage?“

„Ich bin nur neugierig.“ Sie lies den Blick durch den Raum gleiten als sie merkte, dass sie eigentlich nichts hatte, was sie den Star noch fragen konnte um sich etwas ab zu lenken. Nicht mit Yurika und Beni im Rücken.

„Gefällt dir meine Sammlung?“, kam es mit einem Mal vom Soragumi-Lead und Asako sah erstaunt zu der kleineren Frau, die breit lächelte. Auch sie lächelte etwas.

„Es sieht sehr schön aus. Darf ich sie mir mal genauer ansehen? Ich möchte mir etwas die Beine vertreten.“

Nachdenklich tippte der Lead ein paar Mal auf den Tisch neben der mit Blümchen verzierten Tasse, grinste dann aber erneut und nickte etwas.

„Von mir aus. Aber mach nichts kaputt. Die Sachen sind alles Einzelstücke. Takako? Pass bitte auf das Goldstück auf, ja?“

Asako deutete eine Verbeugung an, erhob sich dann von ihrem Platz. Wao tat es ihr nach. So von dem Lead rumgeschubst zu werden war bestimmt nicht leicht. Zwar taten ihre Füße noch immer weh und es schmerzte in den zu engen Schuhen zu laufen, aber besser als den beiden tratschenden Frauen dabei zu zu hören, wie sie über glitzernde und völlig übertriebene Themen redeten. Als ob es nicht schon genug wäre, dass sie Yurika's Blick ganz eindeutig im Rücken spürte klebte ihr auch noch der Soragumi-Star an den Fersen während sie gelassen durch den Raum ging und sich die Kleinigkeiten in den Regalen ansah. Ein paar davon waren angekratzt, was man aber erst sah, wenn man ein zweites Mal hinsah, andere davon noch in hervorragender Qualität. Doch sie alle waren kitschig, etwas, was man als Andenken verschenkte wenn man nichts Praktisches fand.

„Wo sind diese Dinge her?“, fragte sie dann doch als sie ungefähr den halben Raum abeklappert hatte. „Sie sehen nicht gekauft aus.“

„Wie schon gesagt, es sind Einzelstücke“, meinte Wao nur und griff nach einem kleinem Kästchen aus dem oberem Regal.
 

Dass der Soragumi-Lead dann doch so lieb war hätte Nene wohl nicht gedacht. Schon als sie in den Raum gekommen war, war sie ganz begeistert von diesen ganzen Kleinigkeiten gewesen und als Mari ein Thema anschnitt, bei dem sie mitsprechen konnte, wie man am besten Muffins zubereitet, hatte sich auch schnell ein angeregtes Gespräch zwischen den beiden entwickelt. Sie hatte dem Lead schnell versprochen mal einen Kuchen zu backen, denn Nene war eine ausgezeichnete Bäckerin wenn sie mal die Gelegenheit dazu bekam. Immer wieder fiel ihr aber auf, dass der Blick des Leads an Wao hing, wie sie den Star ganz offensichtlich beobachtete wie einen Hund, den man von der Leine gelassen hatte.

„...es sind Einzelstücke“, hörte sie den Star nur und Mari nahm die Teetasse in die Hand als Wao das Kästchen, dass er aus dem Schrank geholt hatte öffnete und eine leise, sanfte Melodie durch den Raum hallte.

„Es sind Andenken“, rief sie und nahm einen kleinen Schluck Tee. Wao drehte sich zu ihnen um und nach einigen Sekunden, in denen Asako nur auf die hübsche Spieluhr starrte, sah sie zu Mari auf.

„Mari das musst du den Mädchen nicht erzählen.“

Der Soragumi-Lead lachte nur etwas und stellte die Tasse mit leisem Klacken zurück auf den Teller.

„Erzähl doch keinen Unsinn. Sie sind alt genug.“ Mari, die noch immer süßlich lächelte, sah zu ihr und Nene's Blick klebte an den Augen der anderen. „Weist du... Ich mag es nicht wenn man mir in den Rücken fällt oder bei seiner Arbeit schlampt. Ich nehme gerne jeden auf, der in meinen Clan will, aber nur wenn man genug arbeitet darf man bleiben.“

Nene schluckte leicht. Sie traute sich kaum zu fragen, tat es aber trotzdem.

„Und... wenn jemand nicht bleiben darf?“

„Der wird erschossen und der Besitz geht an Soragumi. Wenn mir etwas gefällt, dann behalt ich es auch gerne. Es sind ein paar so süße Sachen dabei dass ich sie nicht hergeben will. Sie sind sowas wie Andenken an die Toten. So sind sie dann doch irgendwie noch in Soragumi. Ist doch nett von mir, oder?“

Nene zwang sich ein Lächeln auf und sah erneut flüchtig zu Asako. Wao stellte die wieder geschlossene Spieluhr zurück in den Schrank. Der Blick ihrer Freudin klebte daran und auch Nene musste daraufschauen. Dieses Kästchen und das, was sich hier befand gehörte mal jemandem. Jemandem, den Soragumi ermordet hatte... Das Entsetzen lies sie bleich werden.

„Nun ihr zwei Hübschen“, kam es auf einmal von Yurika. „...die Zeit ist um. Macht euch fertig, wir fahren nach Hause.“

Fith Stage: Trap

Eine Weile später saßen die beiden Mädchen mit den Senka-Guards wieder im Wagen, waren auf dem Weg zurück ins Sky Stage. Beni hatte nur nebenbei mitbekommen, dass der Soragumi-Lead ihre kleine 'Sammlung' gezeigt hatte. Es erklärte wieso die beiden Mädchen so furchtbar blass waren, auch wenn Sena ein wenig mehr neben sich zu stehen schien als Nene, die einfach nur auf ihre Hände starrte. Yurika kontrollierte inzwischen das restliche Geld, dass Wao ihnen mitgegeben hatte, der zweite Teil der Bezahlung für die beiden Mädchen. Noch immer hatten die Mädchen die Kleider an, in die Mari sie reingesteckt hatte. Süß sahen sie darin ja aus, aber für einen Auftritt waren diese Dinger absolut ungeeignet.

„Wow. Ich bin beeindruckt. Gaichi wird zufrieden sein, dass ihr so viel Kohle reingebracht habt“, meinte Yurika und grinste breit. Asako hob etwas den Blick, legte die Hände in ihren Schoß.

„Müssen wir da wieder hin?“, fragte die neue goldene Gans und Beni warf einen Blick zu dem anderen Guard. Irgendwie stand der persönliche Guard von Gaichi über den anderen Guards, wesshalb Beni es vorzog zu schweigen.

„Nur wenn Mari euch wieder bucht.“ Yurika nahm ein dünneres Geldbündel aus dem Koffer. „Bei dem Preis, den sie aber allein für dich bezahlt hat wird das aber noch eine ganze Zeit hin sein. Ich denke aber mal, dass die Stars davon Wind bekommen werden und dich buchen werden.“

„Wieso? Was hat das mit Mari zu tun?“

Yurika öffnete das Bündel und begann die Geldscheine auf zu teilen.

„Die Stars halten sich zurück wenn es darum geht die Mädchen zu buchen. Ich bin mir sicher Shio hat dir schon davon erzählt, aber die Stars haben Vorzüge und Favoriten. Neulinge werden erst gebucht wenn ein Star sie für würdig empfindet. Das erfordert Talent. Wenn ein Star mal den Anfang gemacht hat wollen sie die anderen natürlich auch einen Happen davon holen.“ Yurika rollte einen der Geldscheinhaufen zusammen und reichte ihn Beni. „Ist wie im Kindergarten wenn du mich fragst.“

„Sind doch eh alles Mitläufer“, meinte Beni nur und nahm sich die Geldscheine, schob ihn in die Innentasche der Jacke. Bei Buchungen zwackten sich die Beteiligten regelmäßig einen kleinen Betrag ab, verlangten dafür schon von den Kunden etwas mehr. Ein paar vereinzelne Geldscheine hielt Yurika Sena entgegen, die etwas überrascht dreinstarrte. Beni grinste.

„Nimm schon, süße“, sagte der ihr zugeteilte Guard. „Geld beißt nicht. Du wirst es brauchen. Lass aber keinen davon Wind bekommen, dass du das hast. Wenn Gaichi spitzkriegt, dass er nicht den vollen Betrag bekommt sehen wir mal schnell den Lauf von vorne und die Blumen von unten.“
 

Asako nahm sich nur schüchtern die Geldscheine, die man ihr entgegen hielt und schielte zu Nene, die sich die Geldscheine in den Ausschnitt schob. Die Brünette tat es ihr gleich. Das Corsett brachte sie nochmal um. Die ganze Szene bei den Soragumis hatte sie mitgenommen. Alles in dem Raum, in dem sie sich so lange aufgehalten hatten, war von toten Menschen, Memorien an sie. Ermordete Menschen. Die ganze Zeit war ihr der Tod fern geblieben obwohl man sie von der Straße aufgegabelt und in ein Bordell gesteckt hatte wo sie tagtäglich von Mördern, Schleimern, Politikern und Lügnern umgeben war.

Der Weg zurück zum Sky Stage war ihr kürzer vorgekommen als die Hinfahrt, dennoch konnte sie sich nur schwer aus dem Auto ziehen. War es so richtig was sie tat? Eigentlich half sie die Reichen, die sie buchten damit sie sich vor ihnen auszog, nicht daran einfach das zu tun was sie wollten, aber sie hinderte sie auch nicht daran. In dieser Stadt verloren so viele Menschen ihr Leben ohne es richtig gelebt zu haben nur aufgrund der Clans. Aber wer würde schon auf sie hören? Keiner. Sie war nur ein kleines Licht. Nachdenklich legte sie einen Finger an die Unterlippe.

„Sena.“ Sie sah auf als Beni sie ansprach. Der junge Mann war eigentlich bissher ganz nett zu ihr gewesen und hatte ihr schon den ein oder anderen Gefallen getan und sei es nur ihr ein bisschen Zeit zu verschaffen um sich ausruhen zu können. „Komm schon. Haruno wird sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen. Er will dich heute nach Hause holen.“

Asako nickte nur, folgte Nene dicht auf den Fersen, spürte dabei Yurika im Rücken, und trat wieder in den Club ein. Kurzerhand verabschiedete sie sich noch von ihrer Freundin bevor sie sich entgültig trennten, ging neben Beni zurück zu ihrem Zimmer.

„Wann wollte Osa denn kommen?“, fragte die noch immer in das Kleid gehüllte Frau und sah zu ihrem Aufpasser.

„Er dürfte nicht mehr allzulange auf sich warten lassen. Wir sind ein bisschen früher wieder da als geplant, also hast du noch Zeit dich frisch zu machen und um dich aus zu ruhen.“

„Danke.“ Sie sah kurz hinter sich den Gang hinunter, sah aber keinen der üblichen Personen, die sonst den Gang bewachten. Die waren wohl alle in den Zimmern. Stattdessen sah sie nochmals zu Beni. „Kann ich dich noch kurz was fragen?“

Beni, der sich schon wieder neben der Tür auf den Stuhl gesetzt atte, sah zu ihr hoch und hob eine Augenbraue.

„Kommt drauf an.“

„Buchen die Stars die Mädchen immer nur nach Außerhalb? Oder bleiben sie auch hier im Club.“

Beni kratzte sich am Hinterkopf und kniff dabei ein Auge zu als müsse er nachdenken.

„Eigentlich bleiben sie hier im Club in der dritten Etage...“

„Es gibt eine dritte Etage?“

„Jetzt lass mich doch ausreden.“ Der Guard schnaubte und verschränkte die Arme. „Der dritte Stock ist nur für Stars und die Mädchen, die sie haben wollen. Da oben stört sie keiner. Gaichi ist das wichtig.“

„Also kommen auch keine Guards mit?“

Beni hob den Blick zu ihr, sah etwas sauer drein.

„Was soll die Fragerei? Geh da gefälligst rein und mach dich fertig.“

Asako zuckte etwas zurück, verschwand dann ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Die spontane Idee, die sich gebildet hatte, schien mit einem Mal sogar realisierbar. Sie war darauf gekommen als Mari während des Tees mit Nene angefangen hatte zu plappern. Zwar war sie selbst nur ein kleines Licht, aber immer noch eine Frau. Es hieß immer hinter jedem starkem Mann stände eine noch stärkere Frau. Von Mirio hatte sie mal erfahren, dass Shio sich so einige Freiheiten rausnehmen konnte, da sie der Liebling der Stars war. Vielleicht konnte sie derartiges nutzen um aus dieser ganzen Szene raus zu kommen und aus Japan zu fliehen. Sobald sie mal ausser Landes war konnte sie das alles hinter sich lassen. Dazu musste sie aber erst einmal soweit kommen und das hieß, dass sie sich dann doch mit Toyoko anlegen musste, was sie eigentlich hatte vermeiden wollen. Die Frage war, wie. Gaichi würde ihr nie ohne Grund den Platz auf der Mitte der Bühne geben wenn sie ihm keinen guten Grund geben würde. An Talent waren sich die beiden ebenwürdig.

Seufzend zog sich die junge Frau die Geldscheine aus dem Ausschnitt, ging damit zu dem kleinen Nachttisch, der neben dem Bett stand und zog die unterste Schublade heraus. Sie hatte das nur zufällig entdeckt, aber der Boden der Schublade lies sich herausnehmen und darunter befand sich ein alter, vergilbter Umschlag in dem sich schon zwei mikrige Geldscheine befanden. Wohl die Überreste der Person, die vor ihr dieses Zimmer genutzt hatte. Daneben lag ein Taschenmesser, auf dem ein paar kleine Sterne und ein Symbol abgebildet waren, dass sie noch nie vorher gesehen hatte. Mit schnellem Griff schob sie die Geldscheine in den Umschlag und packte diesen zurück zum Messer, verschloss das Fach erneut und schob die Schublade wieder in den Nachttisch. Gewöhnlicherweise mussten die Mädchen das Geld, dass sie zugesteckt bekamen, nach der Show abtreten, aber vielleicht war es gar nicht so falsch immer ein paar wenige davon zu behalten. Nachdem das getan war erhob sich die junge Frau vom Bett, zog die Nadel aus den Haaren und löste somit die Hochsteckfrisur bevor sie die Schnürung an ihrem Rücken öffnete. Glücklicherweise war das Kleid schneller aus- als angezogen und sie stand in der Bluse und dem weißem Slip im Raum. Das Kleid hing sie fein säuberlich auf einen Bügel in den Schrank bevor sie sich auch endlich der Schuhe und der Overknees entledigte. Grade als sie die die Knöpfe der Bluse an ihrem Hals geöffnet hatte hörte sie die Tür hinter sich, biss sich leicht auf die Unterlippe. Selbst Osa klopfte bevor er eintrat, also konnte sie sich gut denken wer das war. Sie sah über die Schulter und sah tatsächlich Shio, wie sie sich den Hut vom Kopf zog und Asako fühlte, wie sie etwas bleich wurde.

„Wie kommst du hier rein? Schon wieder wohlgemerkt.“
 

Toyoko legte den Hut beiseite, den sie sich wieder von Teru geliehen hatte, ebenso wie den Anzug. Glücklicherweise war das ganze weit genug damit man ihre Oberweite nicht sah. Sie hatte mitbekommen, dass Sena und Nene zurückgekommen waren als Teru ihr sagte, dass Yurika mal wieder den Boss spielte und die Guards herumkommandierte. Noch immer war sie sauer, dass man sie unterbrochen hatte. Immerhin war sie noch nicht fertig Sena zurecht zu weisen.

„Dachtest du etwa du wärst mich los? Reinkommen ist einfach. Du hast so ziemlich den bestechlichsten Guard bekommen der in Senka rumrennt.“

Sena wirkte nicht ganz so erschrocken wie bei ihrem ersten Besuch, aber Toyoko schob es einfach darauf, dass sie gerade ihre erste Bekanntschaft mit einem Lead gemacht hatte, der nicht Haruno Sumire hieß.

„Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?“, fragte Sena und ging in Richtung Bett, starrte auf den Boden und Shio hörte ihre Stimme etwas brechen. Also hatte sie doch Angst. „Ich hab dir nichts getan.“

Die Blonde lachte etwas und ging zu der Braunhaarigen, packte sie unterm Kinn und zwang sie sie an zu sehen.

„Ich mag keine Konkurenz. Desshalb wirst du schön brav das machen was ich dir sage, dann passiert dir auch nichts, süße.“ Asako schluckte nur, biss die Zähne fester aufeinander. Eigentlich war sie ja schon ganz süß mit diesem verschrecktem Rehblick. Mit dem Daumen drückte sie den Kopf der jungen Frau etwas beiseite, strich ihr die Haare zurück. Schien als ob sie die gerade erst aufgemacht hätte, denn sie waren noch völlig zerzaust und klebten von Haarspray. Das sollte sie nicht aufhalten. Sie setzte einen leichten Kuss auf den Hals der anderen, erntete ein leises Wimmern.

„Hör auf...“

„Dir wird das gefallen. Vergiss nicht dich dafür zu bedanken.“ Genüsslich lies sie die Zunge über die weiche Haut der anderen gleiten, erntete daraufhin ein halb gestöhntes Keuchen. Dabei packte sie die Handgelenke der Brünetten um zu verhindern, dass sie weggedrückt wurde. Da war jemand aber empfindlich. Shio warf einen kurzen Blick auf die Uhr. „Sind wir etwa noch Jungfrau? Süß.“

„Bitte...“

„Keine Sorge. Ich hab noch genug Zeit.“

Die Blonde schob die Hände auf den Rücken der anderen, schob sie dabei unter die Bluse als sie sich an dem schmalem Hals festsaugte. Sena stöhnte erneut, krallte sich in ihre Schultern und ging etwas auf die Zehenspitzen. Statt die Hände auf ihrem Rücken zu lassen, schob sie diese nach oben und schon fast automatisch hob Sena die Arme etwas. Schien als gefiele das Neuartige der süßen Jungfrau doch. Sie leckte frech über den kleinen, süßen Fleck, fühlte dann schon wie Sena an ihrer Jacke zerrte und diese über die Schultern rutschte. Kaum landete das Kleidungsstück am Boden drückte die Blonde sie nach hinten, sodass sie direkt auf dem Bett landeten. Die Blonde stütze sich auf dem Bett ab, biss der Braunhaarigen in die Unterlippe und zog sanft daran, sodass diese erneut aufstöhnte. Kurz darauf fühlte sie einen Griff an ihren kurzen Haaren am Hinterkopf, sodass sie den Kopf etwas runternahm und Sena's Atem am Ohr spürte. Sie drückte einen weiteren Kuss auf den Fleck, den sie an ihrem Hals hinterlassen hatte...

„Du bist echt erbärmlich, Toyoko“, hörte sie plötzlich gegen ihr Ohr raunen, doch der Griff an ihrem Hinterkopf verhinderte, dass sie sich aufsetzte. „Das zeigt nur, dass du keine Ahnung hast.“

Was zur... Was sollte das schon wieder heißen? Sie fühlte ein kurzes Knabber an ihrem Ohrläppchen ehe sie hörte wie Sena Luft holte und einmal laut nach Beni schrie. Der Griff an ihrem Hinterkopf lockerte sich dabei und Sena drückte eine Hand an ihre Schulter, sodass sich die Blonde etwas aufsetzte. Noch vollkommen überrannt von der unerwarteten Reaktion der anderen Frau konnte sie gar nicht darauf reagieren, blieb einfach über Sena gebeugt als die Tür aufgeworfen wurde und Beni reinstürmte.

„Geh von mir runter“, wimmerte die Braunhaarige, die noch immer gegen ihre Schulter drückte, allerdings nicht so weit, dass die Blonde von ihr geworfen wurde.

„Sag mal bist du von allen guten Geistern verlassen?!“, rief Beni, der an sie herantrat und sie an ihrem Hemd im Kragen packte und sie dann vom Bett zerrte. Sena rutschte auf dem Bett zurück, kauerte sich ans Kopfende und fing an zu schluchzen. „Was ist bitte in dich gefahren?!“

„I-ich...“, stammelte Shio, kam aber nicht sonderlich weit. Verwirrt stand sie auf den Füßen vor Beni als sie im Augenwinkel sah, dass noch jemand den Raum betrat.

„Was zur Hölle ist hier los?“

Beni's Blick flog von ihr weg und auf den neuen Gast, wobei Sena nur aufsprang und in dessen Richtung lief, ihre Bluse noch immer schief hängend und die Knöpfe fast gänzlich geöffnet. Shio sah dann doch auf den Neuankömmling, in dessen Arme sich die Braunhaarige warf.

„Osa“, schluchzte Sena und krallte sich an die Schultern des Hanagumi-Leads, der den Arm um sie legte als sie den Kopf an dessen Schulter vergrub. „Sie... sie kam einfach rein. Und... und sie hat... sie hat versucht...“ Ihre Stimme war nicht weiter als ein Stammeln. Wie schlug diese Frau nur so schnell um? In einem Moment war sie noch völlig willig, im nächsten weinte sie sich die Augen aus.
 

Wie es schien hatte Osa richtig entschieden als sie sagte, dass sie Asako früher als geplant zurück in ihre Villa holen wollte. Ihr Gespürt hatte ihr gesagt, dass etwas nicht so lief wie geplant, allerdings hatte sie nicht damit gerechnet. Ihr war klar, dass Shio sich manchmal als Kunde ausgab um ein paar Mädchen zu bespaßen, sie hatte da irgendeinen Faible für, aber dass sie es wagte in gerade dieses Zimmer zu kommen zeigte von Dummheit. Vorsichtig drückte sie Asako von sich, sah zu, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie blieb an einem nur zu deutlichem Fleck an ihrem Hals hängen. Hatte die Blonde es tatsächlich gewagt ihr Eigentum an zu fassen? Schon fast zärtlich strich sie eine der schulterlangen Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, zog den knielangen Mantel aus, den sie trug, und legte ihn stattdessen dem Mädchen um die Schultern. Diese zog ihn sofort zu.

„Bitte sei nicht böse“, wimmerte sie und Osa lächelte nur kurz, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Keine Sorge, Goldstück. Keiner ist dir Böse.“ Der Hanagumi-Lead drehte sich von ihr weg, sah auf Shio, die zurückwich. Beni sprang nur ein Stück zur Seite. „Im Gegensatz zu dir.“ Der Star trat auf die Blonde zu, die nur noch weiter zurückwich bis sie mit dem Rücken am Schrank stand. „Du wagst es das an zu fassen was mir gehört?! Du, als einfache kleine Schlampe, hast nicht das Recht meinen Besitz auch nur an zu sehen!“
 

Es war eine ganze Zeit lang her, seit die Blonde diesen wütenden Tonfall von Haruno gehört hatte. Beni lief an Haruno vorbei aus dem Raum. Schöner Freund.

„L-Lass mich bitte erklären...“

Sie kam nicht dazu. Die Rückhand des Leads traf sie hart und sie fiel auf die Seite, landete am Boden. Sie fühlte, wie sich der Schmerz durch ihr Gesicht nach unten zog und vor ihren Augen Sterne tanzten, erntete einen Tritt in den Magen und fiel daraufhin auf die Seite. Für einen Moment blieb ihr die Luft weg und sie glaubte sich übergeben zu müssen. Auf den Tritt folgte ein weiterer und noch ein weiterer, wobei sie nur dumpf hörte wie Haruno sie weiter beschimpfte. Er packte sie am Hals, zerrte sie in die Höhe und Toyoko japste erneut als der Lead ihr die Luft abschnürte. Nur notdürftig versuchte sie den Griff zumindest zu lockern, vergeblich. Durch die Art und Weise wie Haruno sie nach oben zerrte fiel ihr Blick auf Sena. Noch immer klebte die Tränen auf ihren Wangen und sie zog den Mantel weiter zu, doch sie... grinste? Sie lächelte fast selbstgefällig. Dann hatte dieses Miststück sie reingelegt, denn kaum wurde die Tür erneut aufgeworfen verschwand das selbstzufriedene Lächeln und sie sah mit der vorherigen, gebrochenen Miene in die Richtung. Kurz darauf schlug sie mit dem Rücken hart an der Wand auf, sodass ihr erneut die Luft wegblieb und sie mit schmerzenden Gliedern daran herunterrutschte.
 

Es war eine Weile her seit sie sich wieder so hatte gehen lassen, aber die kleine Nutte hatte es ja nicht anders verdient. Keiner, nicht mal so eine, war es Wert ihr Eigentum an zu fassen. Osa setzte gerade dazu an nochmals auf Shio zu zu gehen und ihr einen erneuten Tritt zu verpassen und ihr hoffendlich den Arm oder eine Rippe zu brechen als man sie an den Armen packte und zurückzerrte. Es waren Yurika und Beni, dicht gefolgt von Gaichi. In ihrer Rage versuchte sie erst noch sich los zu reißen, allerdings waren die beiden zu zweit dann doch etwas stärker als sie. Mattsu war auch in den Raum gekommen, doch hatte sich zwischen die Senka-Guards und Asako gestellt.

„Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du nicht Hand an meine Mädchen legen sollst, Haruno? Auch noch so kurz vorm nächsten Auftritt“, fragte Gaichi als er nur einen flüchtigen Blick auf die Blonde geworfen hatte ehe er sich zu ihr umdrehte. Osa richtete sich auf, entriss den Guards ihre Arme und richtete ihr Jacket. Sie war noch immer stinksauer.

„Ich habe dich bezahlt damit ihr hier keiner zu nahe kommt. Und die kleine Bitch war der Meinung Hand an sie anlegen zu müssen. Ich habe alles Recht der Welt ihr ein zu prügeln, dass sie die Finger von meinem Besitz zu lassen hat.“

Der Senka-Star schnaubte nur, trat an Shio heran und kniete sich zu ihr. Der Lead sah nur dabei zu wie der Senka das Gesicht des Goldesels beäugte, sie am Arm auf die Beine zog.

„Nichts was man nicht überschminken kann. Yurika. Bring sie in ihr Zimmer und sorg dafür, dass sie sich fertig macht. Ich will sie pünktlich auf der Bühne haben.“

Der Guard tat wie ihm geheißen war und Osa ging stattdessen zu Asako, die immer noch leise schluchzte. Kaum stand sie bei der momentan kleineren Frau rutschte diese noch an sie heran und hielt sich an ihr fest. Der Hanagumi-Star strich über ihr sanftes Haar.

„Keine Sorge. Sie wird dich nichtmehr anfassen“, murmelte sie und wandt sich dann Gaichi zu, wurde wieder sauer und daher lauter. „Was fällt dir eigentlich ein? Ich bezahle dich und dann passiert sowas. Sag mir einen Grund wieso ich sie weiterhin hier lassen sollte.“

Gaichi schnaubte nur, verschränkte die Arme.

„Jetzt reg dich nicht so auf. Es ist ja nichts passiert. Ausserdem ist sie bei mir sicherer als sonst irgendwo. Du weist das hier ist neutraler Boden. Wobei mir einfällt...“ Der Senka drehte den Kopf zu Beni. „Wie kommt sie überhaupt hier rein? Du solltest doch davor sitzen bleiben.“

Der Senka-Guard wurde etwas kleiner auf der Stelle.

„Sorry Boss. Ich hab sie echt nicht erkannt in dem Aufzug. Teru war bei ihr und meinte, dass das ein Kunde sei, der eine Show schon angemeldet und bezahlt hat. Ich hab mir nichts dabei gedacht.“

Gaichi schnaubte.

„Darüber reden wir noch.“

Da würde wohl eine Tracht Prügel auf den Guard zukommen. Konnte ihr auch egal sein. Sie wandt ihre Aufmerksamkeit lieber Asako zu. Inzwischen hatte sie wenigstens aufgehört zu weinen, aber zitterte noch immer. Sie hauchte dem Mädchen einen Kuss auf die Stirn.

„Komm schon. Zieh dir was an und dann gehen wir.“
 

Asako sah nur dabei zu, wie Yurika Shio aus dem Raum schleppte, warf ihr noch einen bösen Blick zu. Das war wirklich zu einfach gewesen. Zwar war sie sich darüber im klaren, dass es ein ziemlich dreckiger Trick gewesen war, aber immerhin hatte es geholfen. Mit Freundlichkeit kam sie nicht weit, nicht in dieser Welt. Osa hatte ihr obendrein gezeigt, dass sie mit ihrer Vermutung Recht gehabt hatte. Wenn sie ihre Karten richtig spielte, dann bekam sie was sie wollte. Und sei es nur ihre Ruhe vor Shio. Sie warf noch einen kurzen Blick zu Beni und Gaichi, die den Raum verliesen.

Nach einer Weile saß sie mit Osa zusammen auf dem abgeschnittenen Rücksitz des Wagens des Hanagumi-Leads. Sie hatte sich einen etwas längeren Rock angezogen, ebenso eine neue Bluse, aber um die hohen Schuhe war sie nicht drumrum gekommen. Leider. Ihre Füße waren angeschwollen und schmerzten, aber wie auch immer. Wenigstens konnte sie Ai mal wieder sehen.

„Zeig mal her“, sagte Osa und Asako sah zu ihm als er sich zu ihr beugte um den Fleck an ihrem Hals um sich diesen an zu sehen. „Was hat sie gemacht?“

„Sie hat mich gebissen und dann aufs Bett geworfen.“

„Und sonst?“

„Nichts. Ich hab geschrien und dann bist du gekommen.“ Sie rutschte etwas näher an den Star, griff vorsichtig nach der Hand an ihrem Hals und hielt diese fest. „Danke...“

Der Lead blieb eine Weile stumm.

„Ist dir sonst noch jemand zu nahe gekommen?“

Sie drückte vorsichtig die Hand des Stars. Sie hatte, wie Gaichi es ihr befohlen hatte, keinem verraten, dass dieser sie vermietete sodass sie in eigenen, abgelegenen Räumen tanzte. Sie hatte nicht verraten, dass Gaichi das ganze Geld einsackte oder dass Gaichi sie an den Soragumi-Lead zum Tee vermietet hatte. Noch immer hatte sie für sich behalten, dass Shio ihr verraten hatte, was es mit den Clans auf sich hatte. Wenn sie all das erzählte, musste sie nie wieder in den Club zurück und Osa würde so sauer sein, dass sie wohl nie mehr irgendetwas oder irgendwen an Gaichi verkaufte.
 

„Nein. Keiner sonst.“

Zumindest eine Sache an die Gaichi sich gehalten hatte. Wenn der Senka-Star sich nicht daran gehalten hätte, dann wäre sie wohl entgültig an die Decke gegangen. Sie hob die Hand der Braunhaarigen an ihre Lippen, küsste diese sanft. Ihrem kleinem Liebling durfte keiner zu nahe kommen. Die Ehre gehörte ihr allein.

„Wenigstens etwas.“

„Das heißt...“ Osa hob den Blick und sie fühlte, wie ihr Blut schon jetzt anfing zu brodeln.

„Was?“

„Naja. Nicht zu nahe gekommen...“

„Hat Gaichi dich vermietet? Ich sagte ihm das ist tabu und das weiß er auch.“

„Du meinst so wie die anderen Mädchen? Nein nicht so. Ich musste nicht tanzen oder strippen oder so.“

Der Hanagumi-Lead blinzelte etwas, hielt die Hand der anderen etwas fester.

„Was soll das heißen?“

„Beni hat mich irgendwann in den dritten Stock gebracht. Da war so eine Frau. Ich hab mich erst gewundert was sie von mir wollte...“

„Eine Frau? Was soll das heißen?“

„Ich kenne sie nicht. Sie war aber hübsch, wunderschöne, lockige, lange Haare, aber fast einen Kopf kleiner als ich. Sie hatte so ein Lolita-Kleid an.“

Der Star legte den Kopf schief.

„Und was wollte sie von dir?“

„Tee. Wir haben zusammen Tee getrunken und dann ist sie wieder gegangen. Beni hat mich dann wieder aufs Zimmer gebracht. Ich hab dieses schöne Kleid geschenkt bekommen“, erzählte die Braunhaarige aufgeregt und sah sie lächelnd an. Tee und ausgefallene Kleider. Das konnte nur eine sein. Hanafusa Mari. Erklärte, wieso Wao Youka nicht im Club gewesen war, als sie eingetreten war. Normalerweise hockte der Star um diese Uhrzeit immer auf seinem Standartplatz. „Sie ist ein ziemliches Plappermaul.“

Da wurde Osa dann doch hellhörig.

„So? Was hat sie denn geplappert?“

„Wie gesagt. Ziemlich viel. Süßigkeiten, Kekse, Kleider und so weiter. Und dann fing sie an mit irgendwelchen Angeboten die sie bekommen hatte. Irgendwas aus dem Ausland? Keine Ahnung. Yurika kam reingeplatzt und hat die Party beendet.“

Eigentlich schade. Wenn Mari plapperte, auch noch übers Geschäft, dann käme ihr das zu Gunsten. Jede Information war im Untergrund wertvoll. Jetzt wo sie so darüber nachdachte könnte ihr Goldstück eigentlich mehr für sie tun als sich nur von ihr ansehen und anfassen zu lassen. Immerhin hatte sie sehr wohl mitbekommen, dass die Stars der anderen Clans Interesse an ihr zeigten. Sie seufzte etwas und lehnte sich zurück. Sie lächelte.

„Fahren wir erst einmal nach Hause, da machst du dich frisch und ich lasse uns was zu Essen machen.“

„Okay“, sagte Asako und lächelte süßlich.
 

Eine ganze Weile später stand Asako unter der Dusche, erfreute sich am warmen Wasser und wusch sich erst einmal das Haarspray aus den Haaren. Das Gespräch hätte nicht besser verlaufen können. Osa hatte eindeutig angebissen. Nur hoffendlich lies sie Osa nicht mit diesen Kerlen schlafen. Ihr Unschuld wollte sie dann doch noch eine Weile behalten nachdem sie sich auf den Straßen schon so lange erfolgreich verteidigt hatte. Aber gegen Tanzen hatte sie ja nichts, denn immerhin tat sie das auch vor weniger ansehnlichen Männern. Vielleicht kam sie ja auch dieses Mal dazu auch ein wenig mit anderen Leuten zu reden, denn die einzigen Personen, mit denen sie sich unterhalten konnte, waren Osa, Ai, Nene und Mirio. Osa und Ai sah sie kaum, Nene war wegen ihrem recht kindlichem Aussehen gefragt bei den Kunden und Mirio konnte ihr nicht lange zuhören wegen ihres Drogenproblems. Die junge Frau war wirklich nett, aber sie wurde leicht abgelenkt und hypernervös.

„Asako? Ich leg dir deine Sachen auf den Stuhl, ja?“, hörte sie Ai rufen und Asako steckte den Kopf aus der Dusche, lächelte.

„Danke. Sag mir aber bitte, dass ich nicht schon wieder Highheels tragen muss.“

Die Jüngere kicherte etwas und drehte sich zu ihr. Ai sah wirklich süß aus in der Dienstmädchenuniform. Ausserdem schien sie sich inzwischen soweit im Anwesen eingelebt zu haben, dass sie sich etwas geöffnet hatte.

„Tut mir leid. Da muss ich dich entschuldigen. Aber du hast diesmal sogar Hotpants bekommen.“

Asako stöhnte genervt. War es denn zu viel verlangt mal ein paar flache Schuhe zu bekommen statt dieser hohen Absätze? Ihre Füße schmerzten schon so genug.

„Danke. Ich bin gleich fertig.“

An sich war das ganze nicht so schlimm wie sie ganz am Anfang gedacht hatte. Als Osa's Liebling, 'Hanagumi-Häschen' wie sie manchmal gerufen wurde, hatte sie gewisse Vorzüge. Obendrein hatte sie die Möglichkeit ihrer Leidenschaft, dem Tanzen, wenigstens etwas nach zu kommen. Vielleicht kam sie ja dazu auch mal wieder vor Publikum zu Singen, das Einzige, was sie noch lieber tat als Tanzen. Auf der Bühne durfte jedoch nur Shio einen Ton von sich geben und die anderen Mädchen richteten sich nach ihrem Gesang und ihrem Takt. Dabei kannte sie einige Lieder von denen, die Shio in den nächsten paar Auftritten singen sollte. Vielleicht liese sich da ja was einrichten. Beni war ihr noch was schuldig dafür, dass er Shio nicht nur ein, sondern sogar zwei Mal reingelassen hatte. Und wenn er wirklich so bestechlich war wie die Blonde es behauptete, dann würden die paar kleinen Scheinchen, die sie verdient hatte, voll und ganz ausreichen.

Während sie so vor sich hingrübelte stieg sie aus der Dusche, trocknete sich ab, steckte sich die Haare zurück und zwängte sich in die Klamotten, die Ai ihr zurechtgelegt hatte. Täuschte sie sich oder wurden diese Teile immer enger? Dabei hatte sie schon wieder ziemlich was an Pfunden verloren, denn Gaichi hielt nicht viel von genügend zu Essen und zwang die Mädchen im Sky Stage mager zu bleiben. Den Männern schien es zu gefallen. Zwar bekam sie durch Osa's Einfluss eine Extraportion, die sie aber meistens mit Mirio und Nene teilte damit die Frauen nicht einfach auf der Bühne umkippten. Die Schuhe lies sie noch aus. Die Morddinger würde sie erst ganz zum Schluss anziehen. Es klopfte und Ai trat nochmal mit ein paar Klamotten in der Hand herein.

„Du hast auch was bekommen?“, fragte die Größere und Ai sprang auf der Stelle, wirbelte herum.

„Du bist ja noch da. Ich dachte du bist schon unten.“

Asako lachte etwas, schüttelte den Kopf und sah in den Spiegel, zog nochmals den Liedstrich nach.

„Wie du siehst nein. Bist du beim Essen wieder dabei?“

Im Spiegel sah sie, wie Ai schüchtern den Kopf schüttelte und auf den Boden starrte. Die Ältere hob nur die Augenbraue.

„Und wieso ziehst du dich dann um?“ Ai trat nur auf der Stelle und murmelte etwas, was sie nicht verstehen konnte. Stattdessen drehte sie sich um, trat an ihre Freundin heran und beugte sich ein Stück runter um ihr in die Augen sehen zu können. Als die Kleinere dann auch noch rot wurde grinste Asako nur breiter. „Aha? Erzähl schon. Wofür machst du dich hübsch?“

Ai lächelte dann doch, wirkte wie ein Schulmädchen, der man gerade eine Tüte Süßigkeiten schenkte.

„Mattsu geht mit mir in die Stadt. Haruno wollte neues Geschirr und wir brauchen neue Tischdecken. Ich darf mit und darf beim Aussuchen helfen.“

Asako verschränkte die Arme, legte den Kopf auf die andere Seite.

„Achja? Tischdecken und Geschirr? Ganz sicher? Das klingt mir nach einem Date.“

Ai fing nervös an mit der Schürze zu spielen, die sie um die Hüfte gebunden hatte.

„Ich hoffe es ist eins.“
 

Das Essen hatten sie doch recht zügig hinter sich gebracht, wobei Osa es vorgezogen hatte mit Asako alleine zu essen und sich von ihr erzählen zu lassen, was sie so getrieben hatte während sie selbst nicht da war. Sie konnte sich nur grob vorstellen wie stinklangweilig es sein musste immerzu in dem Zimmer zu bleiben, aber es war ja zu ihrer eigenen Sicherheit. Wenigstens hatte sie dem Mädchen einige kleine Geschenke zukommen lassen um ihr die Zeit etwas zu versüßen, Bücher, CDs und ähnliches. Sie hatte keine Ahnung was Asako so mochte, aber irgendwas würde schon dabei sein. Der Lead hatte Asako mit in einen Wohnraum im zweiten Stock genommen, der für die Bediensteten bis auf wenige Ausnahmen Tabu war. Es war Osa's persönlicher Rückzugsort, sicher obendrein. Die Fenster waren aus Panzerglas, vor der Tür standen die Guards, der Raum abhörsicher und wurde regelmäßig geprüft, die Wände so dick dass man sie höchstens sprengen konnte. Zufrieden lies sich der Lead in ihren Sessel fallen, schlug die Beine übereinander während sie auf Asako sah, die sich ihr gegenüber auf die größere Couch setzte.

„Gefällt es dir denn auf der Bühne zu stehen?“, fragte der Star schließlich und lächelte etwas. Asako hatte den Milchshake, den sie zum Nachtisch bekommen hatte, mitgenommen, nahm einen Zug durch den Strohhalm und leckte sich daraufhin über die verführerischen Lippen. Wieso hatte sie dieses Mädchen nicht schon längst mit ins Bett genommen? Sonst war sie doch nicht so zurückhaltend. Dann aber wieder wollte sie für Asako ja der strahlende Ritter bleiben, ihr Retter und ihr Gott. Sie wollte es sich mit ihrem Goldstück nicht verscherzen bevor sie bereit dafür war.

„Eigentlich schon“, unterbrach die Jüngere ihren Gedankengang. „aber die ganzen alten Männer sind schon gruselig. Obendrein eklig weil sie einen immer antatschen wollen.“

„Fassen sie dich denn an?“

„Nein. Dazu steh ich zu weit an der Mitte der Bühne. Aber sie recken sich immer nach einem und versuchen einen immer mit Geldscheinen her zu locken. Ich kann wenigstens auf meinem Platz bleiben. Nene muss sich immer an den Rand setzen.“

„Wie auch immer.“ In die Richtung wollte der Hanagumi-Star das Gespräch gar nicht lenken. Stattdessen entschied sie sich gleich zum Punkt zu kommen. „Was hällst du davon weniger auf der Hauptbühne zu stehen und mehr kleine Privatshows zu geben? Oder dich zu einem Schwätzchen einladen zu lassen?“

„Schwätzchen? So wie mit der Frau?“

„So wie mit ihr.“ Der Star lehnte den Kopf auf den Fingerknöcheln auf. „Weist du... Manche Männer leihen sich die Frauen aus, buchen sie sozusagen von Gaichi um sich mit ihnen etwas zu unterhalten, mit ihnen Essen zu gehen und zu tratschen. Würde dir das gefallen?“

Asako runzelte die Stirn, zog nochmal an ihrem Milchshake und starrte auf den Boden, schien einen Moment nach zu denken.

„Das heißt ich darf nicht mehr tanzen?“

Osa lachte.

„Das habe ich nicht gesagt. Du wirst weiter vorne auf der Bühne stehen, aber ansonsten sitzt du doch nur in deinem Zimmer. So kämst du mal etwas rum und kannst dich mit anderen unterhalten als mit mir. Manchmal wollen die Leute, die dich dann buchen zwar, dass du für sie tanzt, aber das tust du ja sowieso gerne.“

Nochmals nickte Asako und die Jüngere lehnte sich zurück. Sie schien noch immer unentschlossen, runzelte die Stirn und biss sich auf die Unterlippe.

„Und was soll ich mit denen reden? Ich weis doch gar nicht wie man Gespräche anfängt. Und ich kenne die Leute gar nicht.“

Das hatte sich Osa auch schon überlegt und hatte sich schnell etwas zurechtgelegt.

„Das ist eigentlich nicht schwer. Sorg dafür, dass sie den Großteil des Gesprächs haben. Frag sie einfach etwas über sie damit sie erzählen.“

„Zum Beispiel?“

„Über ihr Leben, ihre Arbeit, wie ihr Tag war, solche Dinge.“

Asako stellte das Glas beiseite, stand auf und setzte sich zu ihr auf die Lehne, lächelte nur etwas zögerlich.

„Naja... Wenn du das willst, dann mach ich das.“

„Das freut mich, Goldstück. Du kannst es mal versuchen und du erzählst mir dann wie es gelaufen ist.“ Nochmals ein Nicken und Osa nahm die Hand der Jüngeren, küsste ihre Finger. „Gut. Dann ist das geklärt. Was hällst du davon wenn du mir zeigst was du so gelernt hast in der Zeit wo ich nicht da war? Du weist wie gerne ich dich tanzen sehe.“

Eigentlich nur ein kleines Trostpflaster für sie. Die kleine Privatshow, die sie sich regelmäßig von der Kleinen geben lies brachte sie zwar nicht auf den Stand um bei ihr nicht an Sex zu denken, aber es half bis sie das Mädchen endlich soweit hatte. Wenn alles so verlief wie sie wollte, dann konnte sie sich eine ganz gute Stellung bei den Clans sichern.

Sixth Stage: Forever mine

Zwar war es schon eine ganze Weile her gewesen seit der Yukigumi-Star sich mal wieder dazu bequemt hatte selbst ein Geschäft zu übernehmen, doch sie hatte diesem Treffen schon seit dem vorherigem entgegengefiebert. Gemächlich stieg sie aus dem Wagen aus nachdem ihr Guard, Ryuu Masaki, den man Masao rief, vor ihr ausgestiegen war, ihr anderer Guard Kazuho Sou, kurz Eritan, hinter ihr. Dieses Anwesen begeisterte sie jedes Mal aufs neue. Großflächig, wunderschön und sporadisch eingerichtet, dennoch detailliert und einfallsreich. Es zeigte perfekt seinen Besitzer.

„Sag mal Mizu“, kam es von Masao, der sich mal wieder an seinem Handy zu schaffen machte. Technikfreak. „Warum lässt du dich eigentlich immer herbringen? Wir könnten so Geschäfte doch auch auf übliche Weise regeln.“

Mizu lachte nur. Ja wieso nur? Vielleicht weil dieser Kunde etwas besonderes war. Der Yukigumi-Star war bekannt dafür ihre Finger hier und da im Spiel zu haben, Gefallen zu sammeln und sie bei Gelegenheit ein zu fordern. Es hatte geholfen als Hoshigumi ihre Mutter ermordet hatte. Yukigumi war daraufhin derart in Rage gewesen dass sie sich dazu entschlossen hatte diverse kleinere Gefallen bei Soragumi und Tsukigumi ein zu fordern. Bei Tsukigumi hatte sie damit zwar einen Stein im Brett, denn nicht nur waren die Schulden beglichen, Hoshigumi hatte auch sehr eng mit Tsukigumi zusammen gearbeitet. An die schlüpfrigen Bastarde war einfach nicht ran zu kommen. Wie die Tsukigumis es immer wieder schafften einfach so im Nichts und in der Versenkung zu verschwinden nur um kurz darauf wieder auf zu tauchen war einfach unglaublich. Mizu hatte davor großen Respekt. Obendrein kam sie nur an die Stars heran, wenn man sie im Sky Stage sah, da aber meist auch nur Saeko, der sowieso auf Abstand zu den restlichen Stars war. Wataru hatte wohl irgendwie immer etwas anderes zu tun. Nein, wenn sie mal Geschäfte mit Tsukigumi hatte, dann lief das immer über die Currents. Guards hatte Tsukigumi Gerüchten nach nur sehr wenige, jedoch glaubte der Yukigumi-Star diesem Frieden nicht so ganz.

„Ich glaube nicht, dass ich dir das erklären muss. Wir machen das so wie wirs immer machen wenn wir hier sind“, erklärte der Star bevor sie in Richtung des Anwesends gingen. Dort machte man ihnen schon die Tür auf und Mizu erkannte schon zwei der Guards, die sie in Empfang nahmen. Diese brachten die drei Besucher in das große Besucherzimmer, Mizu nahm platz und die Guards blieben neben ihr stehen. Sie hatte diesem Treffen schon lange wieder entgegengefiebert, doch ihr Gastgeber war mal wieder spät. Irgendwie hatte der Star einen Faible dafür sie warten zu lassen. Eritan, der links von ihr stand, trat ungeduldig und nervös auf seinem Platz herum. Ihr neuer Guard war noch nicht sonderlich lange dabei und obendrein das erste Mal mit in diesem Anwesen. Es war eine unausgesprochene Beförderung gewesen, war doch der Guard vor nur wenigen Tagen nur ein Current gewesen, aber die Fähigkeiten des jungen Mannes hatten sie überzeugt. Wenn er jedoch seine Sache nicht gut machen würde, dann würde Mizu ihn einfach wieder zurück auf seinen alten Posten setzen. So einfach war das. Der Star schlug die Beine übereinander, lehnte sich zurück und grinste etwas. Einer der Guards, die nicht zu ihr gehörten, betrat den Raum.

„Haruno lässt sich entschuldigen“, sagte Mattsu im üblichem, kühlen Ton und lutschte dabei auf dem Lolli herum, den er im Mund hatte. Der Yukigumi-Star tippte auf herzförmig dieses mal. „Er verspätet sich noch um ein paar Minuten. Er ist aufgehalten worden.“

Mizu schaute etwas missgelaunt drein. 'Ein paar Minuten' waren bei dem Hanagumi-Star leider meist eine sehr lange Zeit und der Yukigumi-Star hasste es zu warten. Grummelnd griff sie in ihre Jackentasche, holte das Etui heraus und fischte nach einer der Zigaretten. Eigentlich hasste sie diese Dinger, aber wenigstens beruhigten sie die Nerven. Während sie das Stäbchen anzündete, sie würde wahrscheinlich wieder Ärger vom Star bekommen weil Haruno es hasste wenn man in seinem Haus rauchte, was ihr in diesem Moment redlich egal war, beobachtete sie eines der Dienstmädchen, die sie vorher noch nie gesehen hatte. Sie hüpfte geradezu auf einer Stelle während sie versuchte das Regal zu entstauben, wobei der kurze, fast nicht existente Rock dabei über den wohlgeformten Hintern glitt und ein weißes Höschen freigab. Mizu schielte zu Masao, grinste etwas als sie sah, wie ihr Guard etwas hinter dem Handy hervorschielte um das Schauspiel zu beobachten. So süß und knuddelig ihr Guard auch wirken mochte, innerlich war er ein versauter alter Mann.

„Ai-chan“, kam es mit einem Mal von Mattsu, der noch immer in der Tür stand und das Geschehen beobachtete. Das Dienstmädchen wirbelte erschrocken herum, blinzelte irritiert und sah zu dem Guard. „Geh und hilf in der Küche. Belästige die Gäste nicht.“

Mizu hob etwas die Augenbraue, schmunzelte für sich. Klang da gerade etwas Eifersucht durch die Stimme des sonst so gehaltenen Guards oder hatte sie sich da gerade verhört? Da hatte sich wohl jemand in eins der Dienstmädchen verschaut. Amüsant und interessant gleichermaßen. Der Yukigumi-Star hätte nicht gedacht, dass sie das noch erleben würde. Wie auch immer. Das Mädchen, Ai-chan wie sie vermutete, schreckte auf der Stelle auf, nickte intensiv und verbeugte sich noch tief mit einem gestammeltem 'Verzeihung' und hechtete geradezu aus dem Raum, Mattsu hinterher. Wirklich mehr als amüsant. Mizu sah erneut zu Masao, der irritiert eine Augenbraue hob und dann wieder auf sein Handy blickte.

„Süß, findest du nicht?“, fragte der Star laut und Masao sah in ihre Richtung, grinste schief.

„Mehr als süß. Ich mag ihre Beine. Glaubst du ich darf sie mir mal leihen?“

Mizu lachte leicht, nahm einen tiefen Zug von der nun angezündeten Zigarette und sties den Rauch in die Luft aus.

„Vielleicht lässt sich da was einrichten.“

Es war zwischen Yukigumi und Hanagumi gang und gebe, dass Mizu sich mal einige der minderwertigen Mädchen besorgte und diesen ihren Mitgliedern als kleines Trostpflaster gab, da sie etwas dagegen hatte, dass Drogen innerhalb Yukigumis verteilt wurden. Nur weil ihr Hauptgeschäft aus jeder Art von Haluzinogiden bestand musste das nicht heißen, dass ihre Leute desshalb ständig High waren und desshalb herumschwächelten oder erschossen wurden. Dafür hing sie zu sehr an ihrem Leben. Mit Hanagumi arbeitete sie recht eng zusammen, denn Osa kaufte ihr regelmäßig eine große Menge an Beruhigungsmitteln und andere Stoffe ab um seine eigene Ware ruhig zu stellen. Es machte das Leben für sie beide leichter. Hanagumi verdiente genug mit den Mädchen.

„Ich dachte ich hätte dir verboten hier drin zu rauchen“, drang es streng durch den Raum und Mizu sah über die Schulter zum zweiten Eingang zum Wohnzimmer. Wenn man vom Teufel sprach. Der Hanagumi-Lead stand in der Tür, zog sich gerade den Hut vom Kopf und legte diesen beiseite ehe er gänzlich eintrat. Mizu grinste nur und drückte die Zigarette in den Blumentopf, der auf dem Tisch stand. Was der Lead mit den ganzen Blumen hatte, mit denen das Haus geradezu zugekleister war, war ihr schleierhaft.

„Wenn du mich warten lässt muss ich mir ja irgendwie die Zeit vertreiben.“

„Das kannst du auch anders. Es ist mein Haus und ich entscheide, was hier drin geschieht.“

Mizu seufzte.

„Ja, ja. Ist ja schon gut.“

Sie beobachtete wie Osa um die Couch und ihre Guards herum lief, hatte Romu im Schlepptau und blickte etws grimmig drein. Da war wohl etwas nicht ganz so gelaufen wie er es gewollt hatte. Wenn der Lead nicht so verdammt sexy wäre wenn er wütend war dann würde sie wohl zwei Mal darüber nachdenken ob sie bleiben wollte. Mit schlechter Laune rollten meistens Köpfe in Hanagumi, meistens die der Ware. Dennoch sah der Yukigumi-Lead nur zu, wie Osa den schmalen Körper in dem eng geschnittenem Anzug ihr gegenüber auf die Couch fallen lies, die schier unendlich langen Beine überschlug und sich zunächst zurücklehnte. Romu tippte nur kurz etwas in sein Handy, eine Geste, die Mizu schon lange kannte. Jeden Moment würde eines der Dienstmädchen hereinkommen, Osa würde einen Kaffee oder Tee verlangen und das Mädchen würde, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her, aus dem Raum rennen und dem Lead das bringen wonach er verlangte. So lief es immer und so lief es auch dieses Mal. Nur im Augenwinkel sah der Yukigumi-Star wie Osa ihren neuen Guard beäugte.

„So, Mizu“, begann er mit der tiefen Stimme, die bei ihr Gänsehaut auslöste. „Hast du dir schon wieder einen neuen Guard geholt? Ich dachte du wärst mit der letzten Konstelation so zufrieden gewesen.“

„War ich auch. Aber Tsukigumi ist mir in die Quere gekommen. Kleine Mistfiecher.“

Osa lachte erneut, lehnte den Kopf auf den Fingerknöcheln auf und beäugte sie intensiv.

„Bist du schon wieder in eine Schießerei gekommen? Du ziehst die ja wirklich an wie die Scheiße die Fliegen.“

„Ich hätte es eher als 'Das Licht die Motten' bezeichnet, aber nein, dieses Mal nicht. Aber mein Guard war leider in der Nähe als Tsukigumi einen Auftrag durchgeführt hat.“

Sie sah Osa an, dass er darüber nachdachte was sie meinte, doch schien schnell die Antwort zu finden. Erst vor kurzer Zeit war in der Zeitung ein Bericht über einen Politiker gewesen, der auf unerklärliche Weise mit einem sauberen Kopfschuss, nackt und gefesselt an einen Bürostuhl aufgefunden wurde. Mizu hatte sehr stark auf Tsukigumi getippt, denn so saubere Morde waren einfach deren Markenzeichen.

„Also war es doch Tsukigumi. Und was hat dein Guard damit zu tun?“

„Er war unterwegs gewesen um Ware ab zu liefern im gleichen Gebäude. Abend bekomme ich die Nachricht von Masao...“ Sie sah zu dem Guard, der immer noch intensiv auf dem Handy herumtippte. Wohl ein Spiel. „... dass er mit gebrochenem Genick im Gang gelegen hat. Die Ware war noch bei ihm, also kann es nur Tsukigumi gewesen sein.“

Osa lachte nur leicht.
 

Woanders quälte sich eine andere junge Frau wieder aus dem Bett, lächelte jedoch und zog sich langsam auf die Beine, ging mit leicht schwingender Hüfte hinüber zu einem Stuhl und nahm ihren tiefgrünen, weiß bestickten Bademantel zur Hand und lies diesen über den nackten Körper gleiten, schnürte ihn vorne zu und lehnte sich an den Türrahmen während sie beobachtete, wie der Mann, den sie gerade bedient hatte, sich anzog und die Kravatte richtete. Wie sie diese Säcke doch hasste, doch was blieb ihr anderes übrig? Hier drin hatten sie keinen freien Willen, hatten nur dem Folge zu leisten was man ihnen sagte. Doch sie hatte einen ganz großen Vorteil: ihre Kunden waren gepflegt und sie konnte Ansprüche stellen. Immerhin war sie teuer und hatte sich einen Raum im zweiten Stock ergattert, von denen es nur sehr wenige gab. Sechs um genau zu sein, wobei der Raum ganz hinten Shio gehörte. Immerhin war sie der Liebling des Sky Stage und die Teuerste von ihnen. Nunja fast. Es gingen Gerüchte um, dass ein Neuling aus dem ersten Stock ihr die Stirn bietete, doch sie hatte die ominöse neue nur flüchtig zu Gesicht bekommen. Sie war hübsch, ohne Zweifel, hatte Talent auf der Bühne, doch in ihren Augen kein Gegner für Shio. Die Kleine hatte nicht den nötigen Biss den man brauchte um Queen zu werden. Der Ausdruck 'Queen' wurde nur unter den Mädchen im Sky Stage gebraucht, war derjenigen vorbehalten, die in der Rangfolge ganz oben stand. Kurz darunter standen ein paar weitere Frauen, fünf Stück um genau zu sein, ein Liebling für jeden Clan. Ab und zu rief man sie 'Princess', da sie unter der Queen standen, doch sie persönlich hielt das für Schwachsinn. Nur weil sie in der Welt von Kriminellen und Verbrechern, Mördern und Dealern lebten hieß das nicht, dass sie deren System übernehmen musste. Dann jedoch hatte es durchaus seine Vorteile. Sie, als Liebling von Mizu Natsuki und damit des Yukigumi-Clans, hatte schon oft ein paar Gefälligkeiten bekommen, Vorteile, die den anderen Mädchen verwehrt blieben. Darunter fiel nicht nur, dass sie keine der ekligen Kunden bedienen musste, die im ersten Stock herumtänzelten, sie bekam besseres Essen, schönere Kleidug und hatte allgemein mehr Freizeit zur Hand, auch wenn es ihr nur unter strenger Aufsicht erlaubt war sich mal die Beine zu vertreten oder etwas anderweiliges zu tun. Hauptsache sie brachte das Geld rein, denn sonst ging Gaichi an die Decke. Manchmal hatte sie sogar Glück und sie durfte in den dritten Stock, ein Privileg, dass bissher nur wenigen vorbehalten war. Schon der zweite Stock galt als abgelegen und nur den Upper Class zugängig, doch der dritte war einfach umwerfend. Er hatte einfach alles, was das Herz begehrte, vom riesigem Essenstisch über eine Sitzecke, ein riesiges Bett und sogar ein kleiner Pool, der am ganz hinterem Ende lag. Die Lieblinge der Clans durften dann nach oben wenn die Stars sie mieteten, doch nicht wegen des Sex allein da waren. Der Sex selbst war sowieso immer sehr merkwürdig, doch irgendwie erfrischend, denn sie wurden von den Stars immer nur angefasst, fast schon zärtlich berührt, um den Verstand gebracht und befriedigt ohne, dass diese selbst diese Befriedigung wollten. Sie hatte mal gehört, dass es den Stars von den Leads her verboten war mit den Mädchen zu schlafen auf die Gefahr hin, dass ein Kind dabei entstehen könnte. Eigentlich völliger Unsinn, denn die Mädchen standen alle unter Medikamenten, das hieß wenn deren Körper unter dem Drogeneinfluss, dem sich manche der Mädchen aussetzen, überhaupt noch in diese Richtung funktionierte. Sie hatten schon einige Tode desshalb gehabt, doch die Princesses und die Queen selbst wurden streng sauber gehalten. Immerhin wollte Senka seine Goldesel nicht verlieren.

Sie lächelte etwas als der doch recht betagte Mann zu ihr kam, ihre Hand nahm und ihr einen Handkuss aufdrückte. Eigentlich hasste sie so etwas, aber was sollte man schon großartig tun? Sie war abhängig von diesem Leben, denn sonst hätte sie wohl gar keins. Für diese Position hatte sie obendrein hart gearbeitet, wenn man es überhaupt so nennen konnte.

„Sehe ich dich bald wieder, Darling?“, raunte sie mit leidenschaftlichem Unterton, legte die Fingerspitzen an die Schulter des Mannes und fuhr darüber. Sie wusste, dass der Mann CEO irgendeiner großen Firma war, ein Krankenhaus oder so, und dass er unter Yukigumi's Einfluss stand. „Ich werde dich so schrecklich vermissen.“

„Ich komme wieder“, erwiederte der Mann nur, lächelte und ging zur Tür, wo schon ihr persönlicher Guard stand um für ihre Sicherheit zu sorgen und dafür, dass der Mann nicht überzog. Sonderlich viel bezahlt hatte er vergleichsweise nicht, aber er war sowieso einer von der schnellen Sorte. Ihr Guard brachte den Mann nach draußen und sie rollte einmal mit den Augen, ging dann wieder in den Raum und zum Schrank, fischte nach einem Slip, doch machte sich nicht einmal die Mühe etwas weiteres an zu ziehen. Der nächste Kunde würde sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Eigentlich wartete sie nur darauf, dass ihr Guard zurückkam, ihr ihren Teil vom viel zu überteuertem Lohn gab, wieder ging und sie ein paar Minuten Zeit für sich hatte um sich kurz ab zu waschen. Kurz darauf kam der junge Mann auch schon wieder rein. Irgendwie schien Gaichi einen Faible für junge Guards zu haben, ehemalige Hoshigumis obendein, denn seit neustem rannten eine ganze Menge davon bei ihnen herum. Nicht dass sie etwas dagegen hätte. Die jungen Männer brachten Abwechslung in das triste Leben während die älteren, alt bekannten Gesichter immer wieder ein und aus gingen. Leider war ihr Lieblingsguard nur noch selten bei ihr zu Besuch. Mal ganz davon abgesehen dass sie sich immer gern mit ihm unterhalten hatte war sie ihm noch so einiges schuldig.

„Hallo? Hörst du mir überhaupt zu?“

Sie sprang etwas auf der Stelle, drehte sich um und schnaubte missgelaunt.

„Man Micchan. Hör auf mich so zu erschrecken.“

Der junge Mann lachte etwas. Micchan, den richtigen Namen kannte sie nicht einmal, war einer der altbekannten in Senka. Es hieß Tom hätte ihn irgendwann einmal aufgegabelt und seither war er loyal zu Senka geblieben, wesshalb man ihn irgendwann zu einem Guard der Princess gemacht hatte. Er kam zu ihr, fischte in seiner Hosentasche nach ein paar Geldscheinen und übergab diese der jungen Frau.

„Ich erschrecke dich nicht. Du bist einfach nur wieder mit den Gedanken woanders, Kashi.“

Kashi. Sie mochte diesen Namen nicht, doch während sie hier war musste sie die Identität Kashi's annehmen. Ihr wirklicher Name, Takashiro Kei, war schon lange in Vergessenheit geraten und doch hielt sie den Namen, das einzige was sie ihr Eigen nennen konnte, in Ehren.

„Heißt nicht, dass du das immer ausnutzen musst.“

Sie nahm die Geldscheine entgegen, zählte sie nochmals durch bevor sie diese seitlich unter den Bund ihres Slips gleiten lies, sich umdrehte und ein paar Schritte in den Raum hinein ging und im Schrank nach einem frischen Handtuch kramte.

„Ich nutze es aber gerne aus.“ Nur in ihrem Unterbewusstsein nahm sie war, wie Micchan näher trat, fiebte auf als als die flache Hand auf ihrem noch immer spärlich bedecktem Hintern landete. Kurz darauf spürte sie den Körper des Guards in ihrem Rücken und den heißen Atem an ihrem Ohr. Schon fast zärtlich lies Micchan seine Hand über ihren Po und die Hüfte nach vorne gleiten, lies sie dort ruhen und Kashi biss sich auf die Unterlippe. Sie war es gewohnt angefasst zu werden, doch Micchan hatte einen Faible dafür sie heiß zu machen und dann eiskalt liegen zu lassen. „Du solltest dich duschen und umziehen. Du bekommst hohen Besuch.“

Die Princess blinzelte und drehte sich um, sah ihren Guard etwas verwirrt an. Dieser sah sie nur mit einem Grinsen auf den Lippen an, blieb ihr so nahe, dass sie den Atem gerade noch spüren konnte.

„Hoher Besuch?“

„Ein alter Freund von dir.“

„Verrätst du mir nicht wer?“

„Nein. Du hast eine Stunde. Mach dich hübsch.“

Damit machte der Guard auf dem Absatz kehrt und verlies den Raum, lies Kashi wie ein Schluck Wasser in der Kurve stehen und sie schluckte hart. Hoher Besuch hin oder her, sie brauchte erst einmal ein neues Höschen.
 

Das eigentliche Geschäft war schnell abgeschlossen und die zwei Stars waren dazu übergelaufen einfach nur zu tratschen wie sie es immer nach einer gewissen Zeit taten. Mizu hatte sich ebenfalls einen Kaffee bestellt, schwarz wie es sich für sie gehörte, und warf nur ab und zu einen Blick zu ihrem Guard um fest zu stellen ob es etwas wichtiges gäbe. Immerhin war sie vielbeschäftigt und gefragt, gerade im Drogenbuisness. Doch das blieb aus. Stattdessen schloss sie in aller Ruhe ihren Deal ab, ein riesen Geschäft selbst für ihre Verhältnisse, und genoss den Kaffee. Wer auch immer den gekocht hatte war ein Genie. In ihren Augen war Kaffeekochen eine Kunst für sich, aber glücklicherweise musste sie das nie selbst machen.

„Sag mal dieses neue Mädchen von dir... wo hast du sie her?“, fragte der Yukigumi-Star und schlug die Beine übereinander. Ihr Blick wanderte dabei zu Masao. „Wie hieß sie noch gleich?“

„Ai-chan“, kam es nur von jenem ohne, dass er den Blick vom Handy wegnahm. Mizu schielte zu Mattsu, der sich in der Zwischenzeit zu ihnen gesellt hatte und bei Osa stand. Es war nur für einen Bruchteil einer Sekunde, doch sie hatte den kurzen, veränderten Gesichtsausdruck bemerkt.

„Ah Ai-chan“, meinte Osa und die Aufmerksamkeit des Stars war wieder auf dem Lead gepinnt. „Sie ist noch nicht so lange hier. Aber fleißig. Ich denke ich werde sie behalten.“

Große Worte vom Hanagumi-Star, denn beim Personal war er wählerisch. Es reichte beim Auswahlkriterium meist schon wenn die Mädchen nicht in die Uniformen passten um verkauft oder rausgeworfen zu werden.

„Dann gehe ich davon aus ich darf sie mir nicht leihen?“

Osa grinste nur etwas breiter, lies die Tasse mit dem restlichem Tee in der Hand kreisen.

„Ich muss dich enttäuschen. Ich rücke sie nicht raus. Sonst wäre mein kleiner Engel traurig.“

Mizu fühlte wie ihr die Gesichtszüge etwas entglitten und sie eine Augenbraue hob. Dieser Tonfall des Hanagumi-Leads war auf einmal so anders, so ungewohnt, beinahe zärtlich. Von wem sprach er?

„Dein... Engel? Wie meinen?“ Keine Antwort. Stattdessen sah der Lead in die Teetasse. „Haruno? Hörst du mir überhaupt zu?“

„Hm?“ Osa sah auf und lachte etwas. „Oh. Ich war nur für einen Moment in Gedanken. Meine neuste Errungenschaft. Ein wahres Goldstück wenn du mich fragst. Gaichi versucht schon jetzt seit einer Weile sie mir ab zu kaufen, aber dazu ist sie zu schade wenn du mich fragst.“

„Du redest doch nicht etwa vom Häschen, oder?“

„Häschen?“

Osa hob eine Augenbraue und sah etwas irritiert drein.

„Sena Jun. Die Neue bei Gaichi. Ich dachte sie gehört ihm und du besuchst sie nur.“

Der Hanagumi-Lead warf lachend den Kopf in den Nacken. Es waren nur Gerüchte, dass Osa das Hanagumi-Häschen so ausführlich pflegte weil es sein Liebling war, doch dass Gaichi das Mädchen gar nicht erst gekauft hatte war ungewöhnlich.

„Gaichi wünschte sich, dass er sie haben könnte. Immerhin bietet er mir schon ein ziemliches Sümmchen für sie. Aber nein, sie bleibt schön mir.“

Mizu fühlte, wie der Groll in ihr aufstieg, doch sie blieb mit lächelnder Miene vor dem Hanagumi-Star sitzen. Gute Miene zum bösem Spiel war ihr Motto.

„Wie kommts? Sie ist nur eine wie jede andere. Warum eine Ausnahme machen?“

„Oh sie hat viel mehr zu bieten als einfach nur hübsch aus zu sehen. Es ist ihre Art, die sie besonders macht. Ausserdem habe ich das Gefühl dass da noch mehr schlummert als nur ein Talent zum Tanzen.“ Das war doch nicht aus zu halten. Mizu beobachtete, wie Osa die Tasse abstellte und die Finger ineinander verschränkte, starrte den Mann nur stumm an. „Mach dir doch selbst ein Bild davon wenn du mir nicht glaubst.“

Der Yukigumi-Star schwieg noch ein paar Sekunden, lächelte nur etwas mehr und erhob sich.

„Das werde ich vielleicht tun. Aber für den Augenblick glaube ich, dass ich mich auf den Weg machen sollte. Termine und die Arbeit macht sich nicht von alleine.“

Mizu verabschiedete sich noch von Osa, förmlich, aber sie tat es ehe sie mit ihren Guards das Haus verlies. Kaum draußen verschwand ihr Lächeln und im Auto brach ihre freundliche Miene völlig und sie kickte wutendbrannt gegen den Vordersitz sodass Eritan, der immerhin fuhr, japsend nach vorne fiel ehe sich dieser wieder am Lenkrad festhielt. Masao auf dem Beifahrersitz steckte das Telefon weg und sah über die Schulter zu ihr.

„Was ist los, Eden?“, fragte der Guard. 'Eden' war eigentlich nur eine Abkürzung für 'Eden's Snake', ein Spitzname, den sich der Yukigumi-Star eingehandelt hatte. Mit Recht. Unter der Hand hatte jeder der Stars so seinen eigenen kleinen 'Titel'. Mizu knurrte nur etwas.

„Was weist du über dieses Mädchen von Haruno?“

Der Yukigumi-Star wusste genau, dass, wenn sie Informationen wollte, nur Masao darauf ansetzen musste, denn der Technikfreak hatte ein geschicktes Händchen und ein ziemlich großes Hirn was so etwas anging. Die Hackerfähigkeiten wurden nur von wenigen übertroffen und der Star machte sich das oft zu Nutze. Dazu hatte der Guard noch ein Gehör für Gerüchte, Klatsch und Tratsch.

„Nicht viel. Es heißt sie kommt von der Straße, aber vorher hat sie sonst noch keiner gesehen.“

„Wie heißt sie?“

„Sena Jun. Aber ich glaube, das ist nur ein Kosename.“

„Natürlich ist er das. Als ob Haruno irgendwas durchdringen lassen würde was dem Häschen schaden könnte.“

„Und was machen wir jetzt?“

Mizu schmunzelte etwas. Sie hatte da schon eine Idee. Das Häschen stand weit unter ihr und das musste sie ihr irgendwie klar machen. Und in ihrem Geschäft hatte sie Zugang zu solchen Methoden.

„Ich denke mal, dass ich sie mir mal genauer ansehe. Eritan.“ Der Fahrer sah im Rückspiegel zu ihr. „Lass Gaichi eine Nachricht zukommen, dass ich sie mir mal ausleihen will.“

„Ich glaube nicht, dass Gaichi sie nochmal rauslässt“, sagte der Fahrer und Mizu sah irritiert rein.

„Wie meinen?“

„Ich habe gehört dass Soragumi sie sich letztens ausgeliehen hat und dass sie in deren Anwesen war. Hanagumi hat davon Wind bekommen und seither lässt Gaichi sie nur noch auf die Bühne und in ihrem Zimmer.“

Geistesabwesend rieb sich Mizu über das Kinn, starrte auf den Sitz des Fahrers.

„Dann eben anders“, meinte sie dann und grinste schief. „Der dritte Stock dürfte fürs erste auch reichen. Immerhin wollen wir sie nicht gleich überrumpeln, oder?“
 

Frisch gewaschen, angezogen und zurechtgemacht stand Kashi vor ihrem Spiegel in einem kleinem Nebenzimmer, zog den Liedstrich nach und trug nochmal etwas mehr Lidschatten auf. Wenn Micchan ihr sagte sie solle sich für hohen Besuch hübsch machen, dann war das immer sehr realtiv. Mancher hoher Besuch wollte viel Glitzer, ein langes Kleid und nichts darunter, andere erwarteten die Dame nur in Unterwäsche. Wieder andere hatten einen Faible für Uniformen. Die Palette war endlos lang und desshalb hatte sich die Princess für ein Mittelding entschieden. Eine Sache hatten immerhin alle Männer gemeinsam: einen Tick für hohe Schuhe und möglichst knappe Unterwäsche. Darüber hatte sie nur ein leichtes Kleidchen gezogen, dass knapp über dem Knie endete, durch die weiße Färbung und den dünnen Stoff jedoch mehr preisgab als verdeckte. Sie erinnerte sich noch ganz gut daran als sie das Kleid das erste Mal getragen hatte. Es war ein Geschenk ihres Lieblings gewesen, den sie wie eine Art Vorgesetzten behandelte. Selbst Gaichi, dem sie ja gehörte, bekam nicht so viel Respekt von ihr, von Tom mal ganz abgesehen. Kashi war eigen bei denen, die sie ihre Aufmerksamkeit schenkte, wusste wie sie sich künstlich zu unterwerfen zu hatte und dabei doch die Oberhand hatte.

„Kashi?“, kam es aus dem anderen Raum. „Bist du fertig?“

Seufzend betrachtete sich die junge Frau nochmals im Spiegel ehe sie sich nochmals streckte und mit einem mehr oder minder festem Vorsatz in den Nebenraum ging wo Micchan schon mit ungeduldiger Miene wartete. Doch kaum sah der Guard sie an grinste dieser Breit und pfiff einmal.

„Schick. Kannst du öfter tragen.“

Kashi rollte mit den Augen. Männer waren allesamt totale Schweine, besonders die, die hier rumrannten. Sie sah schon wie Micchan sie wieder ansteuerte.

„Schön wegbleiben mein Lieber. Ich hab keine Lust dass du mir schon wieder mein Kleid runierst.“

„Ach komm schon Kashi. Ich will doch nur mal schaun.“

Trotzig verschränkte Kashi die Arme und hob eine Augenbraue.

„Ist mir neu dass man mit den Händen schaut. Du willst doch nur ne Sondershow.“

„Schön wärs.“ Der Guard kratzte sich einmal an der Wange ehe ein ziemlich nerviger Ton die Stille durchbrach. Micchan's Pieper, der Zeichen, dass der nächste Gast wartete. „Na dann. Gehen wir.“

Kashi hob die Augenbrauen. Sie kam für die Arbeit nie aus dem Zimmer.

„Gehen? Wohin?“

„Dritter Stock.“

Kashi blinzelte erneut. Sie hatte mit 'hohem Besuch' gerechnet, aber nicht, dass sie auch in den dritten Stock durfte. Das hieß nämlich, dass es einer von der ganz hohen Sorte war, die, die Kashi verabscheute wie die Pest. Nicht nur, dass diese Typen meinten ihnen gehöre der Laden, ein falscher Schritt könnte sie alles kosten. Sie schluckte leicht, nickte aber nur und folgte dem Guard aus dem Zimmer. Im Gang schlugen ihr schon die ganzen Hormone entgegen, die von unten nach oben zogen, denn ungünstigerweise hatte Kashi das Zimmer gleich an der Treppe bekommen, bekam somit das meiste mit, was unten vor sich ging. Manchmal wünschte sie sich, sie hätte das Zimmer ganz am anderen Ende, das jedoch gehörte Queen Shio.

Die Treppe, die ein roter Samtteppich zierte, war schnell erreicht und Micchan lies sie vorbei, ging nach ihr die schmale Treppe hoch und Kashi merkte wie die Luft sauberer wurde. Glücklicherweise hatte Gaichi im dritten Stock extra Klimaanlagen eingebaut. Alles nur für diese schleimigen Schnecken von allem, was Rang und Namen hatte. Generell fand sie die ganze Aufmachung eigentlich übertrieben. Der ganze riesige Raum, der immerhin den ganzen dritten Stock umfasste und eigentlich nur durch ein paar Trennwände oder geschickt platzierte Bücherregale aufgetrennt war, bestand nur aus den besten und feinsten Materialien, die so auf dem Schwarzmarkt zu finden waren, die Felle, auf denen sich die Mädchen manchmal räkeln mussten, nur von den schönsten Tieren, die Goldverziehrungen, Bilderrahmen, Bilder, Tische, Stühle, Teppiche und so weiter aus Museen gestolen oder aus anderen Villen. Das Essen, dass hier oben manchmal serviert wurde, kam nur von den besten Chefköchen und Gaichi gab manchmal ein Vermögen dafür aus. Verglich man es jedoch mit dem, was der Senka-Star mit dem, was hier oben so ablief verdiente, waren das nur ein paar Kröten. Doch was sie in dem Raum vorfand hätte sie nicht erwartet.

„Komu!“, rief Kashi aus, ihre Stimme irgendwo zwischen Erstaunen und Freude. „Was machst du denn hier?“

Der Mann, zierlich und fast zerbrechlich wirkend, drehte sich nur auf dem Absatz, lächelte das so typische Lächeln für ihn und hielt die Hände vor sich ineinander verschränkt. Nein dieses Gesicht hatte sie nicht erwartet. Die Yukigumi-Princess kannte den jetzigen Polizeichef schon seit einer Ewigkeit. Nicht zuletzt war er es immerhin gewesen, dem sie es zu verdanken hatte dass sie nun so weit oben stand. Der Deckname Komu stammte noch aus der Zeit, in der der Polizeichef noch ein ziemlich berühmter Guard im Untergrund gewesen war. Man hatte sogar gemunkelt, dass er irgendwann den Star-Status eines Clans übernehmen würde, was sehr zugunsten von Tsukigumi ausgefallen wäre, dessen Guard er immerhin gewesen war. Komu war berühmt dafür immerzu einen eigenen Kopf zu haben, immer nur das zu tun, was ihm gerade passte und Befehle gut und gerne mal zu verweigern. Leider konnte er sich es mit seinen Fähigkeiten auch erlauben. Komu war begnadeter Schütze, hatte ein talent dafür andere Leute zu durchschauen, ein Händchen fürs Geschäft und war alles in allem ein Allround-Talent. Kein Wunder also, dass er sich irgendwann selbstständig gemacht hatte und sein eigenes Ding drehte. Heutzutage nutzte er seine Position als Polizeichef aus, griff hier und da den verschiedenen Clans unter die Arme und kassierte dafür ein gehöriges Schmiergeld.

„Ich dachte mir ich besuche mein Mädchen mal wieder“, sagte er nur und schickte Micchan mit einem Handwink nach draußen bevor er an sie herantrat, ihre Hand nahm und einen sanften Kuss auf die schlanken Finger hauchte. „Immerhin war ich eine Weile weg.“

Kashi lächelte nur geschmeichelt, folgte dem zierlichen Mann nach Aufforderung durch den vorderen Bereich nach hinten zu einer kleinen Ledercouch, platzierte sich neben Komu. Dieser beäugte sie ein bisschen Misstrauisch.

„Ich hatte eigentlich gehofft, dass du das schwarze trägst. Das kenne ich ja noch gar nicht.“

Kashi sah einmal etwas irritiert an sich herunter, errötete etwas aufgrund des weißen Kleids. Wo sie es herhatte erzählte sie dem Polizeichef aber besser nicht, wissend, dass er die Person, von der sie das Stück einst geschenkt bekommen hatte, bis aufs Blut verabscheute. Die beiden hatten so etwas wie eine Fehde.

„Ich habe es mal von Gaichi bekommen“, log sie und sah Komu in die Augen. Wenn sie den Blick abwandt dann würde der Mann sofort wissen, dass sie flunkerte. „Ich hatte nicht mit dir gerechnet sonst hätte ich etwas anderes angezogen.“

Komu lachte etwas, lies die Finger über die Kehle der jungen Frau gleiten und Kashi schloss einen Augenblick genüsslich die Augen. Sie kannte das Prozedere.

„Dann zieh es doch aus.“

Kashi schmunzelte etwas mehr, freute sich schon fast darauf, doch wusste, dass sie wieder ein neues Höschen brauchen würde sobald sie wieder zurück in ihr Zimmer ging. Dieses mal wohl etwas breitbeiniger als sonst.

Seventh Stage: Ijin no Yoru

„Kleine Scheißkerle“, fluchte sie in sich hinein, stieg über die zwei toten Körper in Uniformen hinweg und rannte den Gang weiter hinunter. In den schmalen Gängen herrschte Geschrei, dass durch das Gebäude hallte, Pistolenschüsse und Schritte, die auf der Suche nach ihnen die Hallen abrannten. Zum Glück kannte sie den Gebäudekomplex, wusste genau, wo sie sich befinden musste obwohl alles gleich aussah. Der Boden war mit blauem, echt hässlichem Teppichboden ausgelegt, die Wände mit weißer Rauhfaser tapeziert und von dem Rauch, der immer wieder durchzog, leicht angegilbt. Eigentlich hätte das ein ganz einfacher Auftrag werden sollen, eine Einführung für ein paar vielversprechende Shinkos. Dass es in dieser Weise schief ging hätte keiner von ihnen gedacht. Schnell huschte sie in eines der leerstehenden Büros um etwas Luft schnappen zu können, lehnte die Tür an und ging neben das Fenster sodass sie die Tür im Blick hatte. Das kleine Büro war spärlich eingerichtet. Ein kleiner Tisch, wie es sie zu tausenden gab, auf welchem verschiedenfarbige Akten lagen auf fünf verschiedenen Stapeln, ein veralteter Computer, ein Regal, dessen Bretter sich unter der Last der darauf befindlichen Bücher durchbogen und weiße Vorhänge, die nicht wirklich das Licht zurückhielten.

„Kiriyan!“, drang es aus dem Knopf an ihrem Ohr. „Kiriyan bist du da? Meld dich verdammt nochmal wenn du noch am Leben bist.“

Sie schnaubte, lies den Finger am Abzug ihrer Pistole mit dem darauf befindlichem Aufsatz und legte die andere an ihr Ohr, drückte den kleinen Knopf.

„Ja ich lebe noch. Aber es war verdammt knapp.“

„Was ist passiert?“

„Schön, dass du erst mal nach meinem Wohlbefinden fragst.“

Kiriyan war merklich schlechter Laune und Ahi machte es nicht sonderlich besser. Dabei wäre es so glatt gegangen. Das kam davon wenn man ihr Shinkos mitschickte.

„Solange du lebst kann es ja nicht so schlimm sein. Zeit zum scherzen haben wir später.“ Ein Schuss erklang im Gang und der Tsukigumi-Guard sprang hinter den Schreibtisch, ging in Deckung und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Tür. Es konnte immerhin jeden Moment jemand reinkommen. Zum Glück gab es kein Gebäude vor dem Fenster. „Gib mir die Zusammenfassung.“

„Wie kurz willst dus haben?“, fragte sie und drückte die Stimme noch etwas leiser. Sie hörte, wie ein paar Männer an der Tür vorbeirannten, sah auch, wie die Schatten vorbeihuschten.

„So kurz wie möglich.“

„Einem der Shinkos sind die Nerven durchgebrannt.“

„Wem?“

„Keine Ahnung. Shimon oder diesem anderen Kerl. Kurz darauf ist hier die Hölle ausgebrochen. Überall steht Polizei.“

„Das seh ich. Wo bist du?“

„Fast drausen. Hoffe ich. Aber ich weis nicht wo die anderen abgeblieben sind. Ich glaube die sind noch im siebten Stock.“

Dabei waren sie nur zu sechst gewesen. Ein normalerweise einfacher Auftrag um den Shinkos zu zeigen, wie man unbemerkt in ein Gebäude eindrang, das Ziel meuchelte, in diesem Fall ein sehr kleines Licht im Untergrund, der Informationen an einen anderen Clan verkauft hatte, und genauso unbemerkt wieder verschwand. Kiriyan hatte zwei Shinkos mitgenommen, zwei Currents und Ahi, Ryouga Haruhi (was für ein bescheuerter und peinlicher Name in ihren Augen), war als Backup draußen geblieben um die Situation zu überwachen. Der Boss würde ihr den Hals umdrehen. Die Shinkos waren ersetzbar, aber gute, kompetente Currents zu finden war fast unmöglich, wesshalb Tsukigumi auch mehr Shinkos als alles andere besaß. Doch als sie kurz davor standen zu zu schlagen war einer der Shinkos voreilig geworden, hatte zu schnell abgedrückt und bevor sie richtig reagieren konnte stand ein Polizeiaufgebot vor der Tür.

„Dann sieh zu dass du raus kommst“, kam es etwas aggressiv an ihr Ohr und Kiriyan knurrte leicht, hockte sich an den Schreibtisch und schnaufte nochmals.

„Du hast leicht Reden. Du hockst ja auch nur draußen und schaust dir das Schauspiel in aller Ruhe an.“

„Hey ich bekomme genauso Ärger wenn euch was passiert.“

„Sieh lieber zu dass du irgendwie die Polizei hier abziehst.“

„Bin ja dabei. Aber Komu ist nicht erreichbar.“

„Scheiß auf Komu! Wozu haben wir dich als Hacker? Hol mich hier raus verdammt!“

„Ich arbeite schon so schnell ich kann aber die haben ein neues Update für die Software. Gib mir fünf Minuten und ich bin an den Kameras.“

„So viel Zeit hab ich aber...“

Ein Klicken lies sie zusammenschrecken und Kiriyan fühlte ihren Körper steif werden. Das Klicken war genau neben ihr gewesen und sie kannte das nur zu gut. Kurz darauf fühlte sie, wie der Lauf einer Waffe auf sie gerichtet wurde.

„Kiriyan?“ Sie konnte den Schatten der Person nicht sehen, die auf sie Zielte und konnte nicht einschätzen wo diese stand. „Kiriyan!“

„Ich habe dir schon einmal gesagt du musst besser aufpassen.“

Kiriyan schluckte und kurz darauf senkte sich der Lauf der Waffe auch schon wieder und der Guard sackte etwas in sich zusammen. Das hätte sonst wer sein können.

„Verdammt erschreck mich nie wieder so“, fauchte sie und sah zu der anderen Person hoch, die in aller Seelenruhe am Schreibtisch stand und die Waffe gen Boden richtete.

„Es ist nicht meine Schuld wenn du dich lieber streitest als auf dein Leben zu achten.“ Der ältere Mann legte die Hand ans Ohr. „Ahi. Wie lange brauchst du noch?“

Aus dem Knopf in ihrem Ohr hörte sie die Stimme des anderen Mannes, wie er genervt aufstöhnte und nur noch fester in die Tasten haute.

„Kleinen Moment...“ Kurzes Schweigen. „Ich bin drin... Wusstest du dass die Wachmänner Pornos auf ihrem PCs haben?“

„Ahi!“

„Ja ja. Moment... Wow die ist eigentlich ganz süß.“

„AHI! Mach endlich deine Arbeit oder ich erschiese dich sobald wir hier raus sind!“

„Ich mach ja schon. Ich mach ja schon. Kann ich mir das Zeug wenigstens runterziehen?“

„Von mir aus.“

„Okay!“, erklang fröhlich von der anderen Seite, einige Momente des Schweigens folgten und Kiriyan erhob sich von ihrem Platz, behielt die Tür im Blick und auch der Ältere lies den Blick schweifen. Dann bemerkte der Guard auch, wie Shimon, Shimon Yuriya einer der beiden Shinkos, neben der Tür stand und nach draußen schielte. Inzwischen war es etwas ruhiger geworden. „Okay also sie stehen hauptsächlich draußen. Die Grüppchen à drei Personen im Gebäude sind im ersten, zweiten, vierten siebten Stock und dem Dach.“

„Sag uns lieber wo wir am besten hier rauskommen“, fauchte Kiriyan.

„Immer mit der Ruhe, Kiri“, sagte der Ältere Mann. „Ahi. Wir brauchen einen kleinen Kurzschluss.“

„Ist mir immer wieder eine Freude etwas für dich in die Luft zu jagen.“

„Irgendwo im ersten Stock sind einige Sicherheitskameras am Hintereingang.“

„Aber dann kommt ihr da nicht mehr raus.“

„Sie werden alle dorthin rennen in der Hoffnung die Ersten zu sein. Wir nehmen hübsch den Vorderausgang so wie es sich gehört.“

„Alles was du sagst.“

Kiriyan nutzte die Zeit um ihre Waffe nach zu laden, sah anschließend zu dem Älteren wie dieser in aller Seelenruhe sein Gespräch führte und dabei durch den Raum schlenderte als wäre es das Normalste der Welt. Wenn er nicht so verdammt talentiert und der beste Assassine Tsukigumis wäre, dann hätte Kiriyan ihm wohl sonst etwas gehustet. Obendrein nutzte sie die Zeit um in ihrem Kopf den Gebäudeplan nochmal dar zu legen, lauschte was Ahi ihnen flüsterte und lauschte dabei in den Gang. Die kleine Gruppe an Polizisten schienen an ihr vorbei in den vierten Stock gerannt zu sein, doch sicherlich waren noch einige im Treppenaufgang. An denen vorbei zu kommen sollte aber ein Kinderspiel werden.

„Wie kommen wir runter?“, fragte der Ältere und wandt sich dabei an Kiriyan. Die junge Frau grinste nur etwas.

„Wenn wir den Haupteingang nehmen finde ich, wir sollten auch die Treppe benutzen. Gesehen hat mich keiner. Und ich habe nicht vor schon wieder den halben Tag in einem Schrank zu verbringen.“

Der Ältere lachte leicht.

„Gut. Dann gehen wir. Shimon gibt uns Rückendeckung. Wir gehen in den zweiten Stock, schnappen uns da die Wachen und gehen dann vorne raus.“

Kiriyan nickte nur, kontrollierte nochmals ob ihre Waffe entsichert war bevor sie mit der Älteren und Shimon den Raum verlies. Sie hielten sich dicht an den Wänden, fanden schnell das unbewachte Treppenhaus, durch das Stimmen und Schreie hallten, offensichtlich Männer, die auf der Suche nach ihnen waren. Verdammte Anfänger, dachte sich Kiriyan, warf noch einen Blick über das Geländer nach oben und unten bevor sich die kleine Gruppe auf den Weg die Treppe nach unten machte. In diesen Momenten war der Guard froh, dass sie gedämpfte Schuhsohlen hatten, denn sonst wären sie so laut gewesen wie ein Fußballfan in einem Mönchskloster. So schafften sie es ohne Probleme in den zweiten Stock, wo der Ältere Shimon zurückzog und an die Wand drückte. Kiriyan blieb dicht neben dem Türrahmen stehen, hatte den besseren Blick in den Gang und sah hinein, blickte sich ausgiebig um und gab ein Zeichen weiter zu gehen.

„Und was machen wir jetzt genau?“, fragte Shimon während sie hinunterrannten, sah dabei zu Kiriyan. Sie selbst achtete auf die Umgebung. Ihr Ziel war die kleine Gruppe an Polizisten, die irgendwo in diesem Stockwerk sein mussten.

„Wir nehmen uns die Uniformen und gehen vorne raus.“

„Und warum haben wir die nicht von oben genommen?“

„Weil da Löcher und Blutflecken drin sind. Es ist am leichtesten in der Masse unter zu gehen und das geht nur, wenn du so aussiehst wie alle anderen. Die beschädigten Uniformen würden auffallen.“

„Aber...“

Der Ältere schlug Shimon die Hand über den Mund, zog den kleinen mit sich mit und Kiriyan folgte ebenfalls. Sie merkte zwei Sekunden später, dass Schritte im Gang hallten, direkt auf sie zu. Die kleine Gruppe schob sich in einem der Büros in den toten Winkel, wobei der Guard und der Current die Waffen wegsteckten. Verwirrt tat es Shimon ihnen gleich, aber schien schnell zu verstehen auf was die beiden Älteren zielten als sie die Handschuhe herauskramten und überzogen, darauf lauerten, dass die Männer ihren Weg kreuzten. Die ganze Aktion selbst ging recht schnell. Kaum, dass die Männer am Raum vorbei liefen, diesen aufgrund der nun offenen Tür betraten, trat die kleine Gruppe hinter diese und sie fielen mit einem sauberen Genickbruch, dessen Knacken im Raum widerhallte, auf den Boden. Das Grüppchen entledigte sich der eigenen Kleidung, wobei Kiriyan, der Ältere und Shimon nur ein paar Shorts und ein Hemd drunter trugen. Kiriyan hatte unter dem Unterhemdchen noch ihre Abbinde, aber das musste keiner von ihnen wissen, erst recht nicht der Shinko. In ihrer Uniform ging Kiriyan etwas unter, aber es würde reichen um nicht auf zu fallen. Sie drehte sich um, steckte die Waffe weg unter die Kleidung und griff nach der Polizeiwaffe, die der Tote in den Händen hielt.

„Und was machen wir mit den Körpern?“, fragte der Shinko dann, richtete die Polizeimütze und griff ebenfalls nach der billigen Polizeiwaffe. Kiriyan fing schon an die Körper auf einen Haufen zu legen und der ältere Current warf die ausgezogenen Klamotten darauf.

„Beweise beseitigen“, meinte der Guard nur, griff in die Jackentasche, die nun auf einem der Toten lag, und holte dort ein Streichholz heraus. Der Current drehte sich unterdessen wieder weg.

„Ahi“, sagte er im strengen Ton. „Schalt die Rauchmelder aus.“

„Schon geschehen“, kam es nur einige Sekunden später und Kiriyan zündete das Streichholz an.

„Merk dir eins“, begann der Guard und warf das brennende Streichholz auf die Kleidung, die prompt Feuer fing und zu qualmen begann. „Immer alle Beweise vernichten. Es gibt uns nicht.“

'Wir sind unsichtbar und unwirklich wie das Licht des Mondes', war das Motto Tsukigumis. Der Clan lebte im Schatten, verborgen von der Welt und zeigten sich nur manchmal, doch verschwanden kurz darauf wieder, waren wandelbar in ihrem Erscheinungsbild. Shimon nickte auf die Lektion nur und die drei verliesen den Raum, wobei Kiriyan die Tür hinter sich verschloss. Bis die Polizei den Brand bemerkte würden sie schon lange weg sein.

In den Uniformen war es leicht die Treppe bis ins Erdgeschoss zu nehmen, liefen sogar direkt an der kleinen Gruppe im ersten Stock vorbei, und kaum unten gab Kiriyan das Zeichen an Ahi. Es dauerte nur wenige Sekunden da erschütterte das Gebäude unter der Explosion, gar nicht mal so weit von ihnen entfernt. Wie aufgescheuchte Hühner war das Erdgeschoss binnen Sekunden von Polizisten gefüllt, die wild umherliefen alle auf der Suche nach der kleinen Gruppe in Anzügen. Der Current bedeutete ihnen mit einer stummen Bewegung an sich auf zu teilen. Kiriyan nahm einen der Parallelgänge, die direkt zum Eingang führten, rannte dabei einem der Polizisten in die Arme.

„Warte!“, rief dieser und Kiriyan blieb auf der Stelle stehen. „Wo willst du hin?“

Der Mann war u einiges größr als sie, von schmaler Statur, aber markantem Gesicht. Der Guard machte auf dem Platz halt, lies die Mütze mehr oder minder im Gesicht und sah den Mann an.

„Nach vorne“, sagte sie und verstellte ihre Stimme dabei noch ein wenig. „Ich hoffe einen von den Mistkerlen zu erwischen.“

Auf den zweiten Blick erkannte sie den Polizisten dann doch, unterdrückte aber ein Grinsen, schob die Mütze etwas hoch. Der junge Mann beäugte sie kurz, nickte dann und rannte in die Richtung weiter während Kiriyan die andere Richtung einschlug. Da erwiesen sich die Agenten doch für nützlich. Im Augenwinkel sah sie schon wie die beiden anderen aus dem Gang kamen, jedoch ignorierte sie diese und rannte nach draußen. Dort war ein Riesenchaos. Überall standen Wachmänner, schrien durch die Gegend und die Polizisten rannten unorganisiert durch die Gegend. Nicht weit entfernt war die Straße schwarz gefärbt und einer der Polizeiwagen stand in Flammen, war offensichtlich explodiert. Ohne weiter nach zu fragen nutzte die Dreiergruppe die Verwirrung, schlüpften durch die gebrochene Barrikade, die vor dem Gebäude aufgebaut worden waren, und sprangen in den nächstbesten Wagen, der dort schon zur Abholung für sie bereit stand. Ahi, der den Laptop nach hinten zu Shimon warf, saß auf dem Fahrersitz, zog die Sonnenbrille auf die Nase und fuhr so schnell wie möglich, aber möglichst ohne, dass es bemerkt wurde, weg. Kiriyan, die auf den Rücksitz gesprungen war, war die Erste, die den Hut abzog und die Kravatte um den Hals lockerte.

„Boah das war ganz schön knapp“, meinte der Guard und sackte etwas in ihrem Sitz zusammen.

„Ich werde zu alt für diesen Kinderkram“, sagte der ältere Current auf dem Beifahrersitz, folgte ihrer Geste und fuhr sich anschließend durch die Haare. Kiriyan lachte leicht, beugte sich vor und klopfte dem Current auf die Schulter.

„Du bist trotzdem immer noch der Beste von uns, Zunko.“

„Mit Recht.“

Zunko, der Deckname für Shizuki Asato, war so etwas wie der Lehrmeister ihrer Stars gewesen, hatte sowohl Saeko als auch Wataru trainiert, doch hatte er sich geweigert den Status als Guard zu akzeptieren. Er hatte immer gesagt, dass er am meisten für Tsukigumi tun könne, wenn er auf seinem Current-Status blieb. Dann aber wieder gehörte er zu den besten Freunden des Tsukigumi-Leads, genoss ein gewisses Vertrauen, was durch die stark ausgeprägte Loyalität nur verstärkt wurde. Und als bester Assassine im Untergrund hatte er allgemein eine hohe Stellung innerhalb Tokyos. Kiriyan sah zu Shimon, der noch immer etwas keuchend auf dem Platz neben ihr saß, den Hut vom Kopf gezogen hatte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Man sah ihm die Nervosität und das klopfende Herz an. Der Guard legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Gut gemacht. Nicht schlecht für den ersten Auftrag.“

„D-danke...“, stammelte der Shinko, schluckte dann nochmal hart. Apropos Shinko...

„Was habt ihr eigentlich mit dem anderen Shinko gemacht?“, fragte Kiriyan. „Wie hieß er noch gleich?“

„Tsucchii“, japste Shimon, schluckte dann nochmals hart und kam langsam wieder zu Luft. „Ich hab ihn erschossen. Er war zu laut.“

Kiriyan lachte etwas, klopfte Shimon anerkennend auf die schmale Schulter.

„Gut gemacht. Aus dir wird nochmal was.“

„Danke.“

„Eins sag ich euch“, meinte sie anschließend und lehnte sich zurück. „Wenn wir zurück sind, dann geb ich kurz dem Boss bescheid und dann gehe wir ins Sky Stage. Was haltet ihr davon?“

„Nur wenn du zahlst, Kiriyan“, kam es nur schneidend von Zunko.

„Meine Güte musst du immer so knausrig sein? Aber na gut. Der Abend geht auf mich. Feiern wir die erste überstandene Kriese von dem Kleinen. Ich bin mir sicher Saeko und Wataru kommen auch mit. Hab gehört dass Shio heute ne Riesenshow gibt.“

Man hörte Zunko nur kehlig auf dem Beifahrersitz lachen.

„Gaichi liebt es seinen Goldesel zur Show zu stellen.“
 

Im Sky Stage selbst stand Asako inzwischen vor dem Spiegel, zurechtgemacht, gestriegelt und geschminkt. Sie hatte sich in ein knappes Corsett gequetscht, dass mit Glitzersteinchen geradezu überhäuft war, dazu eine Schleppe, die an dem Höschen, anders konnte man es nicht nennen, befestigt war und bis fast auf den Boden reichte. Am hinteren Teil waren ebenfalls ein paar glänzende Federn befestigt, wobei das ganze Kostüm in Schwarz-Rot gehalten wurde. Eigentlich sollte sie gar kein so aufwändiges bekommen, jedoch hatte Osa seine Finger im Spiel gehabt und ihr das Geschenk gemacht damit sie auf der Bühne glänzen konnte. Es war ein recht besonderer Abend, denn alle paar Monate, so hatte sie es jedenfalls erfahren, gab es in diesem Club eine ganz besondere Show mit viel Tanz, etwas Theater und weniger von dem, was sonst hier jeden Abend stattfand. Gaichi ab ein Vermögen dafür aus alles zu schmücken, ein passendes Ambiente zu schaffen und entsprechen voll würde die Halle sein. Soweit sie wusste war alles bis auf den letzten Platz ausverkauft, wobei sie nur darauf tippen konnte, dass die vorderen Plätze nur doppelt so teuer waren wie sonst. Für die Mädchen hier drin war es eine Chance in der Gunst des Senka-Stars auf zu steigen, sich so viele wohlhabende Kunden wie möglich an zu lachen, einen besseren Preis zu bekommen und so eine allgemein bessere Situation zu haben. An dem allem war Asako jedoch nicht interessiert. Sie hatte auf diese Möglichkeit gewartet um Queen-Shio, sie musste immer noch schmunzeln wenn sie dies hörte, von ihrem hohen Ross zu stoßen. Vorbereitet war es schon. Die junge Frau grinste etwas. Sie kannte den Song nur zu gut den die Blonde singen sollte, denn sie hatte ihn schon einmal singen müssen und hatte die Blonde gehört, als sie diesen geübt hatte. Das würde ein Kinderspiel werden. Sie räkelte sich noch vor dem Spiegel, musste zugeben dass sie fantastisch aussah bevor sie einen argwöhnischen Blick zu den Schuhen warf, die sie tragen musste. Sie richtete nochmals die hochgesteckten Haare, in der noch ein paar Federn eingeflochten waren. Es waren Schnürschuhe, doch ebenfalls Highheels, die sie in den letzten Wochen zu hassen gelernt hatte. Aber es half wohl nichts. Sie ging zu den Schuhen, stieg hinein und band sie nach oben, knotete sie kurz unterm Knie zusammen und verzierte das ganze mit einer Schleife. Gerade als sie fertig war klopfte es und sie drehte sich um.

„Bist du fertig?“, fragte Beni und Asako zog nochmals an dem Corsett um es zu richten.

„Ja. Hast du das gemacht worum ich dich gebeten habe?“

„Klar. Ich hoffe du hällst was du versprichst.“

„Keine Sorge.“ Sie lächelte und ging zu Beni, strich ihm kurz übers Kinn. „Ich hab keinen Grund zu lügen oder?“

Es gab da ein ganz bestimmtes Mädchen, auf das Beni sein Auge geworfen hatte, doch hatte Gaichi durchaus etwas dagegen und es war eine von denen, die im zweiten Stock wohnten. Asako hatte versprochen dass sie es einrichten würde, dass Beni etwas Zeit mit dem Mädchen hatte, egal wie. Es war nur ein kleiner Gefallen was wohl hauptsächlich dadurch bedingt war, dass Beni ihr noch immer etwas schuldete dass Shio einfach so in ihr Zimmer kommen konnte.

Mit eleganten Schritten ging sie am Guard vorbei, richtete sich nochmals eine Haarsträhne und machte sich mit dem Guard im Nacken auf den Weg hinter die Bühne.
 

Shio wartete noch immer im dritten Stock auf der Couch. Wie lange sie schon wartete wusste sie jedoch nicht, war irgendwann sogar halb weggedöst oder hatte sich einen Drink gegönnt. Man hatte sie für einen kleinen Auftrag vor der großen Show nach oben gebracht, wobei sie das schon irgendwie ärgerte. Lieber hätte sie sich noch zurecht gemacht, denn so verhasst dieser Job auch war, ihr Leben hing daran und sie hatte nichts anderes. Solange sie hier drin war war sie wenigstens jemand, hatte ein Dach über den Kopf und war begehrt, auch wenn es nicht gerade ein Traumjob war. Es reichte zum Leben. Dennoch seufzte sie genervt und warf den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und lies das leere Glas in ihrer Hand kreisen. Wenn der Mistkerl, wer auch immer sie da gebucht hatte zu dieser Uhrzeit, nicht bald auftauchte dann würde sie wieder in ihr Zimmer gehen und die freie Zeit nutzen. Schlafen zum Beispiel. Abermals döste sie etwas weg als schon wieder nichts passierte, legte die Beine nach oben bis die Tür aufgerissen wurde, Shio aus Reflex aufsprang und sich hinter die Couch flüchtete.

„Shio? Shio verdammt ich weis dass du hier oben bist!“, erklang Teru's Stimme und nur langsam rutschte die Blonde hinter der Couch hervor.

„Verdammt Teru! Jag mir nicht so einen Schrecken ein! Ich habe gedacht jetzt kommt sonst wer rein!“

Das alles schien ihren Guard jedoch recht wenig zu interessieren, war stattdessen mit zwei Sätzen bei ihr und packte sie am Arm.

„Was denkst du eigentlich wer du bist?! Die Show fängt schon an und du bist noch nicht mal zurechtgemacht! Gaichi dreht dir den Hals um! Er ist unten und ist außer sich vor Wut!“
 

Saeko hatte schon vor einer Weile zusammen mit ihrem Bruder, Kiriyan, Yuuhi, ihrem Lehrmeister Zunko und dem Shinko Shimon das Sky Stage betreten, hatten sich an ihrem Stammplatz nieder gelassen und ein paar Drinks gekippt, die sie alle auf die Rechnung ihres Guards schrieben. Zwar hätten die Stars es locker selbst bezahlen können, jedoch schien Zunko einen Spaß daran zu haben den Guard zu ärgern und Saeko stimmte da nur zu gern mit ein. Kiriyan hockte schmollend neben ihnen, sah ab und an auf die Bühne und sah anschließend auf die Uhr. Der Raum war bis zum Brechen gefüllt, eigentlich viel zu viel für ihren Geschmack. Doch so war es nunmal wenn dieses Ereignis anstand und wenn es ihr nicht so gut gefallen würde dann hätte sie sich lieber mal wieder in die Badewanne gelegt.

„Sollten sie nicht schon lange angefangen haben?“, fragte Yuuhi dann und blickte zu Wataru, der sich heute mal wieder in einem Kleidchen sehen lies, das gerade mal bis knapp übers Knie ging, doch da sich der Tsukigumi-Star selbst und die beiden Guards direkt neben ihm aufhielten wagte es keinr ihn auch nur ansatzweise an zu baggern. Zwar war Saeko die Jüngere von beiden, doch konnte durchaus gut den eifersüchtigen Verehrer spielen. Doch ihr Guard hatte Recht. Die Show hätte schon lange beginnen sollen und wen sie sich nicht getäuscht hatte war erst vor wenigen Minuten ein ziemlich wütend dreinblickender Gaichi einmal quer durch die Halle gerannt und hatte sich genaustens umgesehen. Doch das, wonach er suchte hatte er wohl nicht gefunden.

„Vielleicht ist eines seiner Schätzchen abhanden gekommen“, scherzte Wataru in ungewohnt hoher Stimme, kicherte mädchenhaft und schlug die abnorm langen Beine übereinander. Doch kaum, dass sie darüber tratschten kamen die Princesses auf die Bühne, platzierten sich jede an ihren Platz auf einem anderen Teil der Bühne, liesen den mittleren Teil aber aus. Sie waren alle gekleidet in engen Corsetts, knappen Höschen und etwas, was Saeko wohl am liebsten als 'Arschrock' bezeichnet hätte, was nichts weiter war als ein dünner Fetzen Tüll, der bis knapp an die Ferse ging, aber einen freien Blick auf den wohlgeformten Hintern preisgab. Sie hatten alle die Farben des jeweiligen Clans, wobei Saeko das für ziemlich bescheuert hielt. Wie auch immer. Sollten die Kinder doch spielen. Sie sah auch Wataru's Liebling, Toono Asuka, auf der Bühne, wie sie sich dekorativ an eine Stange hing und einen ziemlichen Ausschitt preisgab. Im Gegensatz zu ihr war sie fast winzig, aber hatte eine schöne Körperform und dennoch konnte Saeko ihr nichts abgewinnen. Sie hatte gehört, dass das Mädchen einmal zu Hoshigumi gehörte, doch das waren nur Gerüchte.

Das Licht wurde gedimmt, es wurde und die ersten Töne wurden angespielt. Ein schlanker Körper schlich sich wie eine Katze auf die Bühne, immer noch in Dunkelheit gehüllt.
 

Katame no kuroneko ga yuku doko kara kita no darou (A one eyed black cat goes by, I wonder where it came from)

Yamiyo wo yokogitteyuku doko e yuku no darou (Traversing the dark night, I wonder where it's going)

Sono toki dareka ga naita dare ni mo shirarezu ni (That time, someone cried but I didn't even know who)

Ijin ni te wo hikareteita akai kutsu wo haki (Led by the hand of a foreigner, wearing red shoes)
 

Die Stimme... Das war nicht Shio, die da auf der Bühne sang. Saeko wurde dann doch aufmerksam als das Licht langsam anging, die Princesses sich erotisch an den Stangen räkelten während die jüngeren etwas im Dunkeln standen und sich teilweise an den Rand setzten um wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Doch es war nicht zu übersehen, dass die Männer im Raum eher an der Person hingen, die da auf Shio's Platz stand, sang und verführerisch den Körper bewegte. Sie hatte eine wunderschöne Stimme.
 

Natsu ga yuku hanabira makichirashiyuku (Summer passes away and the flower petals scatter and die)

Azayaka ni maichiru makka na sora e (Vividly they flutter down to a crimson sky)
 

Die Frau drehte sich auf der Stelle und obwohl sie alle schon gesehen hatten, dass es nicht die blonde Queen war fielen insbesondere den Stars, die überall im Raum verteilt saßen, die Augen aus.

"Das ist doch das Hanagumi-Häschen", flüsterte Wataru mit leichtem entsetzen, wobei Saeko nur auf die Bühne starrte. Ihre Kinnlade blieb ein wenig offen stehen.
 

Ashita ga aru to suru nara kirei na sora ga ii (If they're there tomorrow it would be nice, the sky would be pretty)

Yamiyo ga sotto tsubuyaku mou kaerenai yo (A soft murmur in the dark night, please don't go home)

Tsuki ga yuku matsuge ga furuwaseteyuku (The moon passes away, eyelashes trembling you pass away)

Furisosogu kohaku ni bisshori nureta (A downpour, drenched in amber and wet)
 

Saeko beugte sich etwas vor, beobachtete, wie das Mädchen nach vorne zur Bühne ging, dabei weich mit den Hüften wog und ihren Körper, der in dem Outfit einfach der Wahnsinn war, zur Schau stellte. Jedoch spürte der Tsukigumi-Star, wie ihr die Stimme der anderen einen Schauer über den Rücken jagte. Sie hatte sie gesehen, öfter auf der Bühne und wie sie tanzte, doch ihre Stimme stellte es in den Schatten. Es hatte etwas von Sex. Doch darauf kam es ja immerhin an.
 

Shikumareteita wana hajime kara wana (Crying and exhausted, go to sleep then no one will be there)

Nakitsukarete nemuru soshite daremo inaku naru (A plotted trap, from the start it was a trap)
 

Sie trat elegant zum Rand der Bühne, tanzte dort ein paar Augenblicke ehe sie auf den Tisch stieg, der vor der Bühne stand, über die Drinks drüber stieg ohne auch nur einen davon um zu kippen, lies in der Mitte des Tischs etwas die Hüften keisen wobei die Männer, die davor saßen, zu ihr hinaufstarrten als wäre sie ein Vieh, dass sie kaufen konnten. Doch statt weiter auf dem Tisch zu bleiben ging sie zum Rand, reichte dem Mann, den Saeko als Aran Kei erkannte, die Hand, woraufhin dieser aufstand und dem Mädchen hinunterhalf indem sie auf den freigewordenen Stuhl trat und daraufhin zwischen den Stühlen hindurchlief. Hier und da warf sie einige heiße Blicke zu den Männern, doch steuerte sie fast gezielt die Stars der Clans an. Vor Mizu blieb sie stehen, wobei Haruno genau daneben saß, strich dem Yukigumi-Star einen Augenblick über die Wange ehe sie sich auf dem Schoß des Hanagumi-Leads platzierte, sich dicht an dessen Gesicht beugte und ihm die schlanken Finger über die Lippen und das Kinn gleiten lies, daraufhin wieder aufstand und weiter ihren Weg ging, der direkt zum Soragumi-Star führte.
 

Aisaretai n da dakishimetehoshii (I want to be loved, I want to be held close)

Natsukashii sono koe boku no namae yondekure (The voice I long for, please call my name)

Narifuri kamawazu wamekitsuzukeru (Without caring about appearance I continue to shout)

Nakitsukarete nemuru soshite daremo inaku naru (Crying and exhausted, I go to sleep then no one will be there)
 

Nach einem kurzen Flirt, anders konnte man es nicht bezeichnen, machte sich die Frau auf, fand schließlich die Tsukigumi-Brüder auf deren Stammplatz und schwebte mit wiegenden Hüften zu ihnen. Im Augenwinkel sah Saeko, wie Shio hinter dem Vorhang herauskam und entsetzt zu der singenden Frau schaute. Wataru schenkte sie nur kurz Aufmerksamkeit, leckte sich dabei über die Lippen bevor sie sich aufreizend zu Saeko beugte, dabei einen Einblick in ihren Ausschnitt gewährte. Der Tsukigumi-Star konnte nicht anders als in die dunklen Augen der anderen zu sehen, sah den Glanz, der darin lag. Sie spürte den Atem der Frau, wie er ihr gegen die Lippen schlug, vergaß für einen Moment wo sie war und ihre Fassade bröckelte einen Augenblick bei der verführerischen Art, die die andere aufweiste und war fast gewillt sie an zu fassen, doch sie zog sich zurück, legte ihr nur kurz die Finger auf die Lippen und machte dann auf dem hohen Absatz kehrt, begab sich wieder auf den Weg zur Bühne.
 

Anata wa dare, nee dare na no (Who are you, hey who are you?)

Watashi wa dare, nee dare na no (Who am I, hey who do you think?)
 

Dort sprangen zwei der Männer gleich auf und die junge Frau stieg einfach über die gepolsterten Stühle wieder auf die Bühne, dort zur Mitte und sich auf den bereitgestellten Stuhl setzte, die Beine beim letzten Ton übereinander schlug bevor das Licht endgültig ausging. Für einen Augenblick war Stille bis das Publikum in Beifall ausbrach. Saeko fühlte sie sie blass war und einfach nur auf den Schatten auf der Bühne starrte.
 

Music (c) Buck Tick – Ijin no Yoru

Eighth Stage: I hope you like italian

Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen ging Asako nachdem sie sich hatte ausgiebigst bejubeln lassen durch die kleine Tür wieder hinter die Bühne, dicht gefolgt von den fünf Princesses des Sky Stage. Dort wurde sie beglückwünscht und auch Mirio kam zu ihr mit Nene im Schlepptau.

„Ich wusste gar nicht, dass du so toll singen kannst“, sagte Mirio aufgeregt, wobei sich Asako die Nadel aus den Haaren zog und ihre Haare über die Schultern fallen lies und die Federn an ihrer Haut kitzelten.

„Du hast nie gefragt“, antwortete die Ältere frech. Gerade als Nene ebenfalls Luft holte um ihre Glückwünsche aus zu sprechen flog die Tür mit einem Knall auf und Shio stürmte hinein als wäre der Leibhaftige hinter ihr her. Asako ignorierte den Anfall der Blonden, löste stattdessen die Häckchen an dem Corsett und löste damit das Tuch, dass daran hing.

„Was fällt dir eigentlich ein?“, hörte sie die Blonde schreien. „Du kannst mir nicht einfach den Auftritt wegschnappen! Dazu hast du kein Recht.“

Unbeeindruckt drehte sich die kleinere Frau zu der Blonden, sah dann, dass Beni sie am Arm gepackt hatte und sie mehr oder minder festhielt. Sie hob eine Augenbraue und lächelte charmant.

„Gaichi hat mich darum gebeten deinen Platz ein zu nehmen nachdem du nicht aufgetaucht bist. Also so gesehen habe ich dir die Show nicht gestohlen, sondern sie gerettet. Spiel also gar nicht erst die Wütende. Das gibt Falten.“

Sie musste der anderen ja nicht sagen, dass sie diesen Abend schon eine ganze Weile geplant hatte. Die Dunkelhaarige warf einen flüchtigen Blick zu Beni, der Shio weiterhin zurück zog, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und quer durch den großen Raum ging, den Tüll beiseite legte und stattdessen einen strahlend weißen Bademantel zur Hand nahm, den flauschigen Stoff über die Schultern und vorne zuzog. Sie sah keinen Sinn darin sich auch hinter der Bühne allen zeigen zu müssen. Beni hatte sich die letzten Tage als ein sehr wichtiger Verbündeter erwiesen. Asako war schnell dazu übergegangen von den kleinen Bestechungen, die sie Beni immer wieder andrehte, zu einer sehr viel intensiveren Partnerschaft über zu gehen. Es hatte den Vorteil, dass sie einiges an Geld zusammesparte, Beni verdiente ebenfalls gut an ihr und sie den Plan, den sie sich zurechtgelegt hatte, mit Leichtigkeit durchführen konnte. Beni in seiner Stellung war es leicht gefallen Shio eine falsche Buchung kurz vor dem Auftritt zu zu schieben, einen der Currents dazu zu bekommen die blonde Queen in den dritten Stock zu bringen wo sonst keine hin kam. Selbstverständlich, dass sie dort oben nicht auffindbar war im Rest des Hauses und dass Gaichi einen Ersatz brauchte. Asako hatte sich mit Freuden angeboten und so wie der Abend verlaufen war, wie diese schmierigen Säcke sie angestarrt hatten, war das alles mit Erfolg gekrönt gewesen. Sie konnte noch nicht wirklich sagen wie Gaichi weiterhin reagieren würde, aber egal wie, es würde zu ihrem Vorteil ausfallen.

Hinter sich hörte sie immer noch Shio zetern, ignorierte sie aber da sie genau wusste, dass Beni nicht die Finger von ihr lassen würde. Erst einmal konnte sich der Guard keinen weiteren Ausrutscher erlauben nach dem, was Shio mit ihr angestellt hatte, wobei Osa immer noch sehr sauer darüber war, und obendrein hatte Asako ihrem Guard ein Versprechen gegeben, dass für sie im momentanen Tempo leicht zu halten war. Ein sehr vertaut gewordenes Türknallen verleitete Asako und auch die anderen Personen inklusive der Guards dazu sich dorthin um zu drehen. Es gab nur eine Person die eine Tür derartig zuknallte um Aufmerksamkeit zu erhalten: Gaichi. Ein Mann, den sie nicht kannte, im Schlepptau. Vielleicht ein weiterer Guard. Es wäre immerhin nichts neues, denn Gaichi verlies so gut wie nie das Büro ohne ausreichend Schutz, selbst wenn das Sky Stage laut seiner Aussage 'neutraler Boden' war. Irgendwie zurecht. Es war ein paar Sekunden lang so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören und wurde erst durchbrochen, als der Mann, mit dem Gaichi gekommen war, ein paar Mal laut in die Hände klatschte und zu ihr hinübersah. Der Mann hatte ungefähr Gaichi's Größe, lockige Haare und, so wie es üblich zu sein schien, im Anzug.

„Ich hätte nie gedacht das mal zu sagen, doch die Show war fantastisch. Ich bin beeindruckt gewesen, Häschen.“ Er kam zu ihr, legte ein Lächeln auf und hielt ihr die Hand entgegen. „Wir kennen uns noch nicht. Tom mein Name. Ich bin so etwas wie Gaichi's Boss.“

Verwirrt blinzelte die junge Frau, nahm die Hand aber dann entgegen und fühlte den festen Griff des Mannes. Sie war es nicht gewohnt, denn seit sie hier gewesen war, war sie nichts mehr als Einrichtung gewesen, doch ihre Show schien dann doch beeindruckender zu sein als sie geglaubt hatte wenn schon der Lead, sie ging einfach davon aus dass es so war, sie persönlich beglückwünschte. Sie legte ein süßliches Lächeln auf. Tom schien so ganz anders als Gaichi, aber sie hatte gelernt nicht dem ersten Eindruck zu trauen.

„Danke. Ich dachte immer Gaichi wäre der Boss von allem hier“, sagte sie, wobei sie im Augenwinkel sah wie einige der Mädchen die Luft anhielten. Es war sicherlich unüblich Gaichi's Autorität an zu zweifeln.

„Ist er auch“, meinte Tom und warf einen Schulterblick zu seinem Partner. „Wir ergänzen uns.“

Gaichi lachte etwas.

„Du meinst, dass ich die ganze Arbeit mache und du die Füße hochlegst.“

„Na ganz so harsch würde ich es nicht ausdrücken.“ Der Lead wandte den Blick wieder zu der Dunkelhaarigen und lächelte erneut. „Wie auch immer. Wir haben uns während deiner Vorstellung beraten und wir finden, dass du umziehen solltest. Der erste Stock ist nichts für ein Schmuckstück.“
 

Noch immer halb in Beni's Armen hängend sah Shio dabei zu, wie sich ihr Alptraum vor ihr ausbreitete. Noch immer hoffte sie, dass ihre Vermutungen falsch waren. Sie sah dabei zu, wie Sena den Lead mit verwirrten Gesichtsausdruck ansah, wobei die Blonde spürte wie ihr schlecht wurde. Wieder hatte sie diesen falsch-süßen Ausdruck in den Augen, auf den schon so viele hineingefallen waren, doch diese Frau war ein Tier, ein Wolf im Schafspelz, ein Drache der sich in einem Kuschelhündchen verbarg. Sie verschränkte die Finger vor dem Körper, legte den kopf etwas auf die Seite und blickte mit großen Augen zu dem Lead, der ungefähr ihre Größe hatte. Die Princess', die um sie herum standen, reckten neugierig die Köpfe und auch die jüngeren Mädchen zeigten deutlich Interesse am Geschehen.

„Umziehen? Aber mein Zimmer ist gar nicht so schlimm“, sagte sie mit einer Unschuld in der Stimme, dass Shio fürchtete jeden Moment auf einer Schleimspur aus zu rutschen. „Osa besucht mich oft und ich hab ein eigenes Badezimmer.“

Abermals entlockte es Tom nur ein Lachen.

„Du wirst dich schnell im zweiten Stock einleben, glaube mir. Dort hast du auch ein eigenes Badezimmer und du wirst kaum gestört um dich von Auftritten zu erholen. Am Ende vom Gang kommen kaum Kunden vorbei...“

Shio schnappte etwas nach Luft, versuchte nochmals sich los zu reisen, was darin endete, dass Beni sie nur noch fester hielt und e sich anfühlte als ob der Guard ihr jeden Moment eine Rippe brechen würde.

„Das ist mein Zimmer!“

Tom's Lächeln verschwand und er drehte sich zu ihr. In seinem Rücken konnte die Blonde genau den selbstgefälligen Blick in Sena's Augen sehen, auch, wenn sie ihn hinter einem unschuldigem Gesicht verbarg.

„Das ist der Preis, wenn man sich auf seinen Lorbeeren ausruht, Shio. Du ziehst wieder in den ersten Stock.“

„Aber... aber...“

„Die Leute wollen dich nicht mehr“, begann Gaichi und winkte Yurika heran, der am Eingang stand. „Bring sie in ihr Zimmer.“
 

Asako sah dabei zu, wie Shio von Yurika weggeschliffen wurde, immer noch verzweifelnd rufend und sich wehrend. Sie konnte nicht anders als an einen zeternden Salzstreuer zu denken und grinste desshalb etwas. Doch als Tom sich ihr wieder zuwandt zwang sie es hinunter, erntete noch ein Lächeln von Tom.

„Ich werde deine Sachen in dein neues Zimmer bringen lassen.“

Asako kicherte leicht und der Lead hob die Augenbrauen.

„Am besten ein paar Leute, wenn sie nicht ein paar Mal laufen sollen.“

„Wieso das?“

„Osa's Geschenke sind zahlreich.“

Für ein paar Sekunden herrschte eine fast peinliche Stille bevor der Lead in Gelächter ausbrach.

„Charmant. Und Humor hat sie auch. Ich mag dich, Mädchen. Weiter so. Als Queen wirst du wundervoll.“

Die Dunkelhaarige lachte etwas, sah Tom nach als dieser sich wieder entfernte, sich mit dem noch immer etwas grimmig dreinblickenden Gaichi unterhielt. Beni kam zu ihr und nahm das Tuch vom Haken. Dabei tauschten sie einen kurzen Blick, wobei Asako noch immer leicht lächelte. Dadurch dass sie jetzt mehr oder minder zur Queen gekrönt worden war, war auch die Stellung Beni's höher, was mitunter das war, was der Guard sich ja gewünscht hatte. Sie hatten beide nur Vorteile daraus. Die Dunkelhaarige warf einen kurzen Blick zur Tür und inzwischen kannte Beni sie doch schon gut genug um zu wissen, worauf sie hinaus wollte. Sie hatten lange und ausführlich darüber gesprochen. Beni legte das Tuch über seinen Arm.

„Dann lasse ich dich noch etwas im Ruhm baden. Mach dich fertig und ich warte vor der Tür auf dich.“

Asako sah Beni nach, wobei Nene und Mirio in völliger Begeisterung zu ihr kamen, ihre weiteren Glückwünschte aussprachen und sich vor Aufregung kaum halten konnten. Der Dunkelhaarigen fielen dabei einige weitere Mädchen auf, die die verschiedenfarbigen Corsetts trugen. Diese lösten eine nach der anderen die Bänder, jedoch kam nur eine von ihnen zu ihr hinüber, lächelte und nickte ihr anerkennend zu.

„Herzlichen Glückwunsch. Soweit man deine Stellung beglückwünschen kann“, sagte die junge Frau und Asako grinste schief.

„Zwielichtiger Ruhm, ich weis. Aber was will man machen?“ Sie winkte ab, verschränkte abermals die Hände vor dem Körper. „Wir wurden uns noch gar nicht vorgestellt, denke ich?“

Die junge Frau schüttelte den Kopf, verbeugte sich leicht.

„Takashiro Kei. Aber nenn mich bitte Kashige.“

„Erfreut. Sena Jun.“ Etwas argwöhnisch sah sie auf das Outfit der anderen. Es war ebenfalls ein Corsett, jedoch war ihr nicht entgangen, dass die Mädchen, die mit ihr auf der Bühne gestanden haben alle unterschiedliche Farben angehabt hatten, auch wenn die Basis jeweils die Selbe war. „Gibt es einen Grund wieso du Grün trägst?“

Kashi fuhr mit den Fingern über den offensichtlich dünnen Stoff des Corsetts, sah dann wieder zu ihr auf und lächelte etwas. Die Frau war keine klassische Schönheit, aber durchaus attraktiv auf ihre eigene Weise.

„Grün ist die Farbe von Yukigumi.“ Sie drehte sich halb und zeigte auf die anderen Mädchen, die noch immer mit den unterschiedlich farbigen Outfits kämpften. „Gelb ist Tsukigumi, violett Soragumi, blau Hoshigumi und rosa gehört zu Hanagumi. Wir sind sowas wie die Lieblinge der Clans.“

„Lieblinge? Osa hat Lieblinge?“

Kashi sah sie verwirrt an, lächelte aber dann.

„Lass dir das lieber von ihm selbst erklären. Wir sollten wieder auf unsere Zimmer.“

Asako lachte nur etwas, nickte und zog den Bademantel weiter zu.

„Ich denke, du hast Recht. Wir sehen uns. Und ich hoffe auf gute Zusammenarbeit.“

Kashi verbeugte sich leicht vor der Dunkelhaarigen als Asako an ihr vorbei zur Tür ging, dort auf den Gang wo Beni ihr schon entgegen kam um sie auf ihr Zimmer zu bringen. Dann hieß es nur noch warten.
 

Saeko trat mit ihrem Bruder zusammen in das Tsukigumi-Anwesen ein, wo der Star sich den Hut vom Kopf zog und diesen auf die Seite warf. Dieses Mädchen ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Es war eine ganze Weile her gewesen seit es jemand gewagt hatte ihr so nahe zu kommen, wenn sie nicht vertraut mit diesen war. Es war Saeko schon aufgefallen, dass das Hanagumi-Häschen gezielt die Stars der einzelnen Clans angepeilt hatte bei ihrem Auftritt, aber das war ihr egal. Zu gern hätte sie das Mädchen auf dem Schoß gehabt, hätte an ihrer Haut gerochen und von ihren Lippen gekostet.

„Ich muss zugeben, dass die Kleine echt gut war“, sagte Wataru, der den Choker abnahm, den er um den Hals getragen hatte, platzierte das wertvolle Schmuckstück in der Handtasche und warf diese über die Schulter. „Wäre vielleicht sogar mal eine Überlegung wert sie zu buchen.“

„Da wirst du kein Glück haben“, meinte Saeko nur und drehte sich leicht grinsend zu ihrem Bruder. „Gaichi verkauft keinen Sex mit ihr.“

„Woher weist du das so genau?“

„Du wärst nicht der erste, der das versucht.“ Der Tsukigumi-Star amüsierte sich etwas über das offensichtlich enttäuschte Gesicht ihres Bruders, bevor sie sich zu Zunko drehte, der noch immer Shimon in den Hacken hängen hatte. „Erstatte Daddy Bericht über das, was passiert ist. Und weis den Kleinen ein. Vielleicht wird er noch nützlich. Ich geh duschen.“

Wataru lachte.

„Gute Idee, Brüderchen. Ich komm mit.“

Saeko sah nur nochmal kurz zu ihrem Bruder, entlies die Guards und die beiden anderen mit einem Kopfnicken und ging mit ihrem Bruder im Schlepptau durch das Anwesen, die Treppe hinunter in den Keller, dort durch zwei abgesperrte Türen, die das Bruderpaar hinter sich wieder abschlossen mit den eigenen Schlüsseln, und erreichten schließlich den privatesten Teil des Tsukigumi-Anwesens. Dieser Teil war streng der Familie vorbehalten. Es war ein eigenes, kleines Anwesen unter der Hauptvilla mit eigenen Badezimmern, Schlafzimmern, einem großen Wohnzimmer, eigener Küche, Arbeitsräumen und Freizeiträumen, zu denen auch ein Swimmingpool und eine Sauna zählten. Es war bombensicher, sichtgeschützt, geschützt durch verschiedene Passwörter, Schlüssel, Retina- und Fingerabdruckscanner und so weiter, sodass es auch nicht störte wenn Wataru es mal wieder für nötig hielt nur im knappen Bademantel oder gänzlich nackt herum zu laufen. Das, und wenn der Tsukigumi-Lead mal wieder auf die grandiose Idee kam seine 'Mädchen' mal wieder in ein hübsches Kleidchen zu stecken. Wataru hatte mit dem Geschenken ihres Vaters keine Probleme, trug sie immerhin auch manchmal wenn er einfach auf die Straße ging, doch Saeko, die ihr Leben den Anzügen gewidmet hatte, fühlte sich mehr als unwohl in dieser Kleidung, trug sie desshalb auch nur innerhalb des Wohnzimmers oder wenn sie das Arbeitszimmer ihres Vaters betrat. Daddy hatte immer wieder seinen Spaß daran seine Töchter als kleine Mädchen zu behandeln, auch wenn er sie dazu erzogen hatte perfekte Männer da zu stellen.

Gedankenversunken zog Saeko die Jacke von den Schultern, hängte diese beiseite und lockerte das Shirt um darunter zu greifen, die Abbinde zu lösen nur um diese noch auf ihrem Weg durch den schmalen, vom warmen Licht der Lampe erhellten Gang in Richtung ihres Zimmers unter dem Hemd hervor zu ziehen. Als der Druck um ihren Oberkörper losgelöst wurde atmete sie erst einmal tief durch.

„Ich weis immer noch nicht, wie du diese Dinger tagtäglich tragen kannst“, kam es von Wataru, der direkt hinter ihr lief und sich die Haarnadel aus den Haaren zog, etwas tiefer hineingriff und das Haarteil löste. Der ältere Star hatte einen Schrank voll von diesen Dingern nur um in der Haarlänge und Farbe variieren zu können. Ihr Bruder riss sie damit aus den Gedanken.

„Du solltest sie öfter tragen. Dann hätten wir das Gerücht mit dem Hermaphroditen gar nicht erst in die Welt setzen müssen. Daddy ist immer noch sauer desshalb.“

Saeko machte sich gar nicht die Mühe mehr freundlich zu sein oder ihre Stimme weiter hinunter zu drücken so wie sie es sonst tat. Sobald sie diese 'Wohnung' betraten waren sie in einer gänzlich anderen Welt in der sie ganz sie selbst sein konnten. Wataru kicherte mädchenhaft und schüttelte die kurzen Haare aus, die sie wieder halb wie ein Mann wirken liesen.

„Daddy hat sich dran gewöhnt. Und er freut sich wenn ich seine Geschenke in der Öffendlichkeit trage.“

„Du solltest die Kleider nicht so öffendlich zur Schau stellen.“ Saeko machte auf halben Weg zu ihrem Zimmer kehrt, bog einen Gang vorher ein und ging ins Wohnzimmer, wo sie sich in den bequemen Sessel fallen lies und die Abbinde daneben auf den Boden warf. „Sie sind immerhin Geschenke und keine Trophäen.“

Sie sah dabei zu wie Wataru galanten Schrittes um ihren Sessel herum ging und sich hineinsetzte. Was ihr Bruder daran fand wuste sie noch immer nicht. Der Sessel war himmelblau und weder sie noch ihr Vater wussten genau, wo Wataru ihn ergattert hatte, bestand aber darauf, dass er mehr als wichtig war und dass er sich nicht von ihm trennen würde. Er fiel komplett aus der sehr warm gehaltenen Inneneinrichtung heraus und war ein Dorn im Auge.

„Sagt die, die Daddy's Geschenke im Schrank verstauben lässt. Sei froh, dass wir nicht die selbe Größe haben, sonst hätte ich sie dir schon lange geklaut.“

Saeko grinste nur.

„Ich kann nichts dafür wenn Daddy mir die schöneren Geschenke macht.“

„Bild dir nichts darauf ein. Er ist enttäuscht darüber dass du sie nie trägst.“

„Er versteht wieso ich das nicht kann.“ Saeko schlug die Beine übereinander, lehnte den Kopf auf den Fingerrücken auf und starrte auf ein paar Bilder, die an der Wand hingen. Die meisten davon zeigten ihre Mutter, wobei keine von Wataru's Mutter dabei waren. Die Tsukigumi-Brüder waren lediglich Halbgeschwister, doch Daddy hatte ihnen nie verraten, was mit Wataru's Mutter geschehen war. Sie waren beide in dem Glauben aufgewachsen die selben Eltern zu teilen und dass sie Halbgeschwister waren hatte ihr Vater ihnen auch erst vor wenigen Jahren offenbart. Sie kamen beide gut damit klar, denn schon als Brüder waren sie eng verbunden, als Schwestern noch viel tiefer.
 

Mit großen Augen trat Asako in ihr neues Zimmer ein, wobei ihre Kinnlade etwas hinunterfiel. Sie fühlte sich etwas wie an dem Tag, an dem sie zu Osa's Apartment gekommen war. Sie hatte etwas großes erwartet, aber nicht so groß. Schon auf dem Weg an Gaichi's Büros vorbei, der zu dem Treppenhaus führte, welches in den zweiten Stock führte, war sie etwas nervös geworden. Es war so unglaublich ruhig und aus den Büros hatte man nur die Stimmen von Tom und Gaichi selbst gehört. Nervös wurde sie aber erst in dem Moment geworden als sie gesehen hatte, wie viele Wachen in den Gängen standen. Den einzigen, den sie erkannt hatte, war Yurika direkt vor Gaichi's Büro. Die üblichen Männer im Gang waren zwar gestriegelt, aber nicht ganz so aufgetakelt wie zum Beispiel Beni und Yurika. Asako schob es darauf, dass sie womöglich nur Currents waren, die zwar vertrauenswürdig waren, doch notfalls ersetzt werden konnten. Der Gang im zweiten Stock war gänzlich mit Samt ausgekleidet, um einiges breiter als die bedrückenden Gänge im ersten Stock, und es befanden sich lediglich sechs Zimmer darauf. Das Treppenhaus ging noch weiter nach oben, doch der dritte Stock schien gut bewacht zu werden. Im Zimmer ganz am Ende vom Gang angekommen trat Beni direkt hinter Asako ein, schloss die Tür hinter sich und lies die neue Queen in den Raum gehen und sie legte ihre Sachen auf dem majestätischen Bett ab. Der Raum war eher in schwarz und weiß gehalten, hatte wenige, aber dafür umso intensivere farbliche Akzente, die den Raum nicht trist wirken liesen, wobei ein paar der Dinge, die hier gestanden haben mussten, offensichtlich schon entfernt worden waren. Umso besser. Asako interessierte sich nicht für Shio's persönlichen Kram oder zumindest nicht diese Art von Kram. Die massive Tür, die zu einem Badezimmer zu führen schien, wurde zugeschlagen und die blonde ehemalige Queen stand darin, eine kleine Tasche in der Hand und sie sah aus, als hätte sie geweint. Als sie Asako erblickte biss sie die Zähne aufeinander, drückte die Tasche enger an sich und schnaubte.

„Bist du jetzt glücklich? Deine kleine Racheaktion hat funktioniert.“ Asako musste bei dieser Aussage nur schief lächeln. „Schön. Komm schon. Reib mir doch noch Salz in die Wunde, Häschen. Schau ob es mich interessiert.“

„Shio bitte. Wir sind doch keine Kleinkinder mehr.“

Frustriert knallte die Blonde ihre Tasche auf den Boden.

„Was willst du eigentlich von mir?!“

„Erst einmal will ich, dass du aufhörst zu scheien.“ Beni stand schon wieder halb bei ihr als Shio auf sie zukam, woraufhin die Blonde stehen blieb und Asako ihrem Guard die Hand auf den Arm legte. „Ist schon gut, Beni. Ich mach das schon.“

Shio, sichtlich erstaunt, sah dabei zu wie Beni erst einen prüfenden Blick auf Asako warf, dann einen Schritt zurückging und die Arme verschränkte.

„... Was geht hier vor?“, fragte die ehemalige Queen und warf einen verächtlichen Blick zwischen den beiden hin und her. Asako war sich bewusst dass es so gewirkt haben musste, als ob sie Beni Anweisungen gab. Shio lag mit der Vermutung, die in ihren Augen war, gar nicht mal so falsch, denn immerhin hatte Asako ihrem Guard schon den ein oder anderen Befehl gegeben.

„Shio setz dich bitte. Ich denke ich muss dir etwas erklären.“ Fast in zeitlupe sah sie Shio zu dem kleinen Tisch gehen, der am anderen Ende des Raumes stand, sah zu wie sie sich nieder lies bevor sie einen erneuten Blick zu Beni warf. Dieser nickte nur.

„Ihr habt 10 Minuten. Teru wird nicht lange auf sich warten lassen“, sagte der Guard ehe er den Raum verlies, die Tür hinter sich absperrte. Asako begab sich ebenfalls zu dem Tisch, setzte sich Shio gegenüber und lächelte die Blonde an.

„Es tut mir leid, dass du wieder in den ersten Stock musst.“

„Heuchel mir keine Entschuldigung vor.“

Asako nahm es mit einem leisen Lachen.

„Sie ist ernst gemeint. Ich weis, dass das ein sehr mieser Trick war, aber es war die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass du weiter gegen mich arbeitest und deine Aufmerksamkeit zu bekommen.“

Misstrauisch beäugte die ehemalige Queen ihr gegenüber als ob sie versuchte ihr direkt in die Seele zu sehen. Die Dunkelhaarige wusste jedoch, dass sie das für die Menschen, die um sie herum lebten, unmöglich gemacht hatte.

„Woauf willst du hinaus?“

„Egal wie man es dreht und wendet, du hast die meiste Ahnung hier im Sky Stage, den meisten Einfluss. Mit meiner Hilfe kommst du auch wieder hier hoch und sogar noch mehr. Ich denke wenn wir zusammen arbeiten können wir um einiges mehr als nur ein paar sexbesessene Kerle dazu zu zwingen das zu tun, was wir wollen. Du bist sogar in der Position hier raus zu kommen wenn man es richtig anstellt.“

Shio starrte eine Weile lang auf den Tisch, lehnte sich dann vor und verschränkte die Hände auf dem Tisch, sah ihr wieder in die Augen. Für einige Sekunden schien sie nach zu denken und Asako sah genau, wie ihre Gedanken zu springen schienen.

„Mir liegt nichts an meiner Freiheit, Sena. Wenn du meine Unterstützung willst in... was auch immer du vorhast, dann musst du schon größere Geschütze ausfahren.“

Asako blinzelte etwas. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet.

„Es muss etwas geben was du haben willst.“

Die Blonde lehnte sich wieder zurück, schlug die Beine übereinander.

„Es gibt da tatsächlich etwas, was ich haben will.“

„Und das wäre?“

Shio lächelte etwas.

„Als ob ich es dir erzählen würde.“ Die Blonde schnalzte mit der Zunge, erhob sich dann von ihrem Platz. „Na gut, Sena. Fürs erste schenke ich dir den Sieg. Bring mich zurück in den zweiten Stock, dann reden wir übers Geschäft.“

Asako grinste breiter, warf sich eine der dunkelbraunen Haarsträhnen zurück.

„Eine meiner leichtesten Übungen.“
 

Saeko war sich nicht so ganz sicher wie sie dazu gekommen war, aber sie hatte sich das nächstbeste Magazin gegriffen und angefangen darin herum zu blättern. An und für sich nichts ungewöhnliches, doch bedachte man, dass Saeko sonst ihre Zeit mit Zeitungen, Rechnungen oder allerhand Männermagazinen beschäftigte, war es doch bedenkenswert. Obendrein hatte sie eine für sie mehr als kuriose Seite aufgeschlagen, aber sie konnte immer noch nicht den Blick davon abwenden. Die Idee hatte sich schon auf der Fahrt zurück in ihren Kopf eingebrannt, doch jetzt schien sie auch noch realisierbar. „Hey glaubst das könnte mir passen?“ Es wäre zumindest einen Versuch wert und auch wenn sie wusste, dass ihr Ruf im Untergrund sich verändern würde, das würde sie hinnehmen. „Hallo~.“ Immerhin war sie auch nicht aus Stein, auch wenn sie durchaus den Ruf hatte. Es würde an ihren Fähigkeiten nichts ändern und wenn jemand etwas anderes behauptete würde sie denjenigen einfach erschießen. Mal ganz davon abgesehen dass sie schon jetzt davon ausgingen ein gewaltiges Schmeirgeld zu bezahlen damit es zumindest einigermaßen geheim blieb. So käme ihr gespartes zumindest mal zum Einsatz.

„Saeko! Ich rede mit dir!“

Reflexartig schlug der Tsukigumi-Star das Magazin zu, sprang auf und griff nach der Waffe an ihrem Gürtel, sah dann aber nur Wataru im Wohnzimmer stehen und entspannte sich wieder.

„Verdammt. Erschreck mich nicht so.“

„Also ich hatte jetzt mindestens fünf Gelegenheiten dich zu erschießen. Was war denn da so interessant, dass du so abgelenkt warst? Mal ganz davon abgesehen, dass das meins ist.“

Etwas angerötet schmiss der Star das Magazin beiseite.

„Ist doch egal. Was willst du? Ich dachte du wolltest schlafen.“

Grinsend zog Wataru den Stoffballen hervor, den er in der Hand gehalten hatte, hielt ihn an und Saeko hätte eine Sekunde fast vergessen zu atmen.

„Ich finde, das würde mir gut stehen. Wenn ich es etwas weiter machen lasse dann passt es mir bestimmt auch.“

„Das ist Mama's Kleid.“

„Und?“

„Leg das zurück! Du weist, dass du nicht an ihren Schrank sollst!“

„Ach komm schon. Sie ist tot. Mach nicht so einen Aufstand.“

„Es ist immer noch meine Mutter von der wir hier reden!“

Unbeeindruckt warf Wataru ihr das Kleid zu, was Saeko hektisch auffing bevor es den Boden berührte. Es war das Lieblingskleid ihrer Mutter gewesen. Ein vollständig schwarzes Kleid, wobei der Stoff recht locker saß, übersäht mit glitzernden Diamanten und vorne gänzlich bis zum Hals zu einem Choker gezogen, wobei der Rücken bis kurz über die Hüfte frei war.

„Bleib mal schön trocken im Höschen. Es ist nur ein Kleid. Ist nicht so als ob sie auf einmal hier reinplatzt und mich zur Sau macht.“

Saeko schnaubte und faltete das Kleid vorsichtig.

„Du hast einfach keinen Respekt. Kein Wunder, dass Daddy mich zum Erben gemacht hat und nicht dich.“

Sie wusste genau, dass sie damit einen wunden Punkt getroffen hatte. Egal wie hart und wie uninteressiert Wataru an Tsukigumi zu sein schien, egal wie tief ihre Verbindung als Geschwister war, es nagte immer noch sehr an ihrem Bruder, dass er den Lead-Status nicht erben würde.

„Ruh dich nicht darauf aus“, zischte Wataru. „Daddy brauch nur einen Grund und ich werde Erbe von Tsukigumi. Warts ab.“

Saeko rollte mit den Augen.

„Erspar mir das. Das hast du schon vor Jahren gesagt und immer noch schleppst du lieber die Schlampen von der Straße ab als dich um Familienangelegenheiten zu kümmern.“

Wutendbrannt machte Wataru auf dem Absatz kehrt, ging aus dem Wohnzimmer und kurz darauf hörte sie schon das Knallen von der Zimmertür ihres Bruders. Er würde sich einbekommen. Außerdem hatte er es verdient nachdem er ihre Mutter so beleidigt hatte. Saeko ging in das Schlafzimmer ihres Vaters, eigentlich ein Bereich, der Tabu war, und ging dort zum geöffnetem Eichenschrank, der ihrer Mutter gehört hatte. Daddy liebte es ab und an ihre Kleider heraus zu holen und sich vor zu stellen sie wäre noch da. Saeko lächelte etwas. Sie war stolz darauf, dass ihre Eltern sich bis zum Tod ihrer Mutter so sehr geliebt hatten und ihr Vater sie noch über den Tod hinaus zu lieben schien. Behutsam hing sie das Kleid zurück in den Schrank, verschloss die Tür und legte den Schlüssel zurück in die Schublade, wo Wataru ihn herausgeholt hatte bevor sie sich auf den Weg zum Eingangsbereich machte. Bevor sie entgültig dorthin ging schnappte sie sich eine neue Abbinde aus ihrem Zimmer, zog sich dort noch einmal um und machte sich frisch ehe sie das Anwesen wieder verlies. Ohne Guard. Sie würde zurück sein bevor jemand bemerkte, dass sie weg war.
 

Die neue Queen hatte sich recht schnell in ihrem neuen Zimmer eingelebt, jedoch vermied sie es so gut es ihr möglich war in ihrem 'Ruhm' zu baden. Gaich forderte sie mehr als vorher, natürlich alles hinter Osa's Rücken, wesshalb ihr die Füße nur noch mehr wehtaten als vorher aufgrund der Highheels, die sie jetzt fast den ganzen Tag tragen musste. Der Senka-Star lies sie fast den ganzen Tag üben wenn sie keine Kunden zum Flirten hatte, hatte sie in den extra-Raum direkt bei den Wohnräumen der Princess' gezeigt. Es war eine kleine Trainingshalle mit Spiegeln, diversen Trainingsgegenständen, die aber sauber weggesperrt waren und womöglich nur von den Guards und dem Star selbst benutzt wurden, und obendrein noch mit Gittern vor den Fenstern. Der ganze zweite Stock war generell sehr ausbruchsicher gestaltet, was Asako gemerkt hatte als sie ihre Tänze und ihren Gesang in eben jenem Raum probte. Es zehrte an ihrem Körper und an ihren Nerven, von ihrer Stimme mal ganz zu schweigen. Osa hatte sie schon eine Weile nicht mehr abgeholt und obwohl es erst ein paar Tage her war seit sie Shio von ihrem Platz an der Spitze vertrieben hatte kam es ihr vor wie eine Ewigkeit. Eine Pause käme ihr sehr gelegen, doch zu allem Überfluss war Romu zu ihr, hatte ihr gesagt, dass sich Osa gerade im Ausland aushielt, irgendein wichtiger Geschäftstermin, und dass sie vorerst im Sky Stage bleiben würde. Wenn es nicht diese allnächtlichen Auftritte gäbe, für die sie den ganzen Tag probte, kaum Schlaf fand und nicht zusätzlich noch diese komischen Bosse von irgendwelchen dubiosen Firmen gekellnern musste, dann wäre sie damit sicherlich irgendwie klar gekommen. Auf Osa's Befehl hin war es Gaichi noch immer nicht erlaubt den Sex mit ihr zu verkaufen, auch wenn Gaichi jedes Mal aufs Neue desshalb mit einer Miene in ihr Zimmer kam als hätte meine einer Frau während der Menstruation die Schokolade verwehrt. Ihr war das nur ganz Recht. Sie würde auch weiterhin vermeiden mit irgendwem in irgendeiner Art und Weise zu schlafen wenn sie es nicht für richtig hielt.

Im Spagat auf dem Boden des Trainingsraumes, hatte gerade den Rest des Liedes eingeübt und streckte noch etwas die steifgewordenen Glieder. Alles was sie tagtäglich tat war immerhin auf der Bühne zu stehen, dort eher zu singen und sich zu räkeln anstatt wirklich zu tanzen, oder in ihrem Zimmer zu sitzen und dort zu versauern. Mal ganz davon abgesehen dass sie sich vor diesen reichen Geldsäcken auch nur etwas räkeln musste, aber den Großteil ihrer Unterwäsche und der Kleidung anbehielt. Kleidung war jedoch relativ gesehen. Meist war es ein kurzes Nachthemdchen, ein Corsett oder ein kurzer Rock mit passendem Oberteil und möglichst tiefem Ausschnitt. Beni hatte ihr diesen Rat ans Herz gelegt, denn zeigte man zu viel wurden die Kunden aufdringlich.

„Hey Asako“, riss Beni's Stimme sie aus den Gedanken, wobei die Queen den Kopf hob und den etwas erstaunten Guard ansah. „Ich wusste gar nicht, dass du das kannst.“

„Ich habe früher Balett gemacht“, meinte die Dunkelhaarige nur unbeeindruckt und hockte sich mit einer einfachen Bewegung in den Schneidersitz. „Was gibt’s?“

Beni grinste nur schief und verschränkte die Arme.

„Also du gehst jetzt auf dein Zimmer. Da hab ich dir ein Paket auf das Bett gelegt. Du machst dich hübsch und dann geht’s ab in den dritten Stock. Du hast Kundschaft.“

Asako rollte genervt mit den Augen, stand mit einem Ruck auf und klopfte sich die kurze Shorts ab. Selbst beim trainieren musste sie so wenig wie möglich an haben.

„Wenn es wieder einer dieser schmierigen Geldsäcke ist dann tret ich ihm zwischen die Beine.“

„Ich glaube nicht, dass du das bei dem Kunden machen willst.“

„So? Sag mir einen guten Grund wieso ich das nicht sollte.“

„Weil der Kunde der Tsukigumi-Star ist. Sei nett zu ihm. Immerhin willst du ja, dass er dich öfter bucht. Obendrein ist er ja auch nett zu dir. Er macht dir Geschenke.“

Asako sah mehr als überrascht auf, blinzelte leicht. Sie hatte damit gerechnet, dass die Stars irgendwann mal vorbei kommen würden, doch sie hatte nicht mit so früh gerechnet. Es störte sie nicht, doch sie hasste es wenn sie unvorbereitet mit etwas konfrontiert wurde.

„Ach ja und noch etwas“, meinte Beni und kam einen Schritt näher, senkte seine Stimme bis zu einem Flüstern. „Ich weis nicht was du planst aber... du solltest Osa nichts von diesem Kunden erzählen. Selbst Gaichi weis nichts von ihm, sonst würde er ein riesen Rambazamba darum machen.“

„Und wieso?“

„Wir verdienen gut an ihm und nichts davon fliest in Gaichi's Kasse. Desshalb. Das alles geschieht unter der Hand. Wenn das rauskommt, dass wird er wohl nie wieder mit uns Geschäfte machen.“

Asako nickte nur leicht, folgte dem Guard nach draußen und sah dort schon Yurika stehen, der Kashi im Schlepptau hatte. Die beiden Guards wechselten einen flüchtigen Blick ehe Beni Asako mit zu ihrem Zimmer nahm und die Dunkelhaarige bei einem Schulterblick sah, wie Kashi an ihrer Stelle in den Trainingsraum ging. So war es leicht vor zu geben wie würde noch immer im Raum trainieren falls Gaichi vorbeikommen sollte. Der Star überprüfte nie selbst wie weit sie mit einer Choreo oder einem Lied war, denn den Chef vom Sky Stage interessierten nur Ergebnisse und Geld. Vor allem würde er nichts anzweifeln, wenn Yurika selbst davor stand. Oder in diesem Fall auf einem kümmerlichem Hocker saß und nebenbei Abrechnungen schrieb. Beni lies sie in ihr Zimmer mit den Worten, dass sie fünf Minuten zum fertigmachen hätte und Asako ging strammen Schrittes durch den Raum, sprang dabei halb aus ihrer Hose und warf das Oberteil beiseite ehe sie das Paket aufmachte und das Stoffbündel, dass darin lag, argwöhnisch begutachtete und es daraufhin herauszog. Es war... ein Kleid? Ein langes Kleid mit dünnen Trägern, wobei ein dünnes Tuch kunstvoll darum gewickelt war und über die Schultern fiel. Es war schneeweiß und Asako legte es mit großen Augen beiseite, fischte in dem Paket nach einem paar Schuhe. Sie waren eine Größe zu groß, aber viel wichtiger: sie waren flach. Größtenteils bis auf den Miniabsatz an der Hacke, doch es war um längen besser als die ganzen Highheels, die momentan aus ihrem Schrank fielen. Asako hätte vor Freude wohl am liebsten geweint. Neben den Schuhen im Paket war noch eine Haarspange mit einem silbernem Schmetterling, die die Dunkelhaarige fasziniert zwischen den Fingern drehte. Egal von wem das ganze war, die Sachen waren um so vieles schöner als das, was Osa ihr sonst schenkte. Der Hanagumi-Lead hatte die Angewohnheit ihr nur Dinge zu schenken, die ihm ebenfalls gut gefielen und dennoch heuchelte sie immer wieder Freude über diese Dinge. Doch über das Kleid und die Schuhe, sowie über die Haarspange freute sie sich wirklich, hatte auch in windeseile alles am Körper. Fasziniert strich sie über den weichen Stoff des Kleids, erfreute sich den flachen Schuhen und begutachtete im Spiegel genau wie der Schmetterling in ihren hochgesteckten Haaren funkelte. Das Kleid fühlte sich so gut an als ob es direkt auf sie zugeschnitten wäre, sodass sie noch nicht einmal die etwas zu großen Schuhe störten. Sie hatte kaum mehr Zeit ihr Make-up nach zu ziehen, fühlte sich noch immer als ob ihr Herz einen Satz machen würde als Beni schon wieder eintrat und sie mitwinkte. Ihr war klar, dass die ganze Aktion eine sehr heikle Sache war, aber sie lernte langsam wem sie vertrauen konnte und wem nicht. Die ehemaligen Hoshigumis, die jetzt in Senka arbeiteten, waren ein kleines Grüppchen, dass auf eigene Faust versuchte irgendwie im Untergrund zu überleben, obwohl sie offiziell zu Senka gehörten. Immerhin wurde man von Gaichi nur sehr spärlich bezahlt.

Im dritten Stock angekommen schloss Beni die Tür hinter ihr, wodurch sie mit der Person, die am Fenster stand, allein war in dem Raum, was eher einem Apartment glich. Auf leisen Schritten trat Asako über den Teppichboden, versuchte in der Spiegelung zu erkennen wer sich da vor ihr befand. Beni hatte immerhin schon gesagt, dass es einer der Tsukigumis war, doch wie sie erfahren hatte bestand Tsukigumi aus zwei Stars. Brüder. Von hinten hätte es jeder der beiden sein können. Sie hatte die Brüder immerhin nur flüchtig gesehen als Osa sie ins Sky Stage gebracht hatte. Asako blieb auf Abstand stehen, runzelte leicht die Stirn. Summte der Mann für sich? Mehr noch, er sang. Leise, aber wahrnehmbar. Nur den Text konnte sie nicht ganz verstehen, selbst nach genauerem Hinhören. Stattdessen räusperte sich die junge Frau etwas, wobei der Mann ein wenig aufschreckte und sich umdrehte. Es war der kleinere der Tsukigumi-Brüder.
 

Saeko war derartig in ihrem Element gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte wie jemand hinter ihr eingetreten war. Eigentlich ein fataler Fehler, der ihr nicht unterlaufen sollte, doch manchmal tendierte Saeko dazu etwas in ihre eigene Welt ab zu schweifen. Doch das, was sie erwartete als sie erschrocken herumwirbelte übertraf ihre Vorstellungen sogar nicht. Sena sah mehr als fantastisch aus. Und sie hatte richtig gelegen als sie überlegt hatte wie gut der jungen Frau doch längere Kleider oder generell lange Kleidung stehen würde. Der Tsukigumi-Star lächelte und zog den Hut vom Kopf, nickte ihr leicht zu.

„Guten Tag. Ich hoffe, dass ich dich bei nichts gestört habe mit meinem unangekündigtem Besuch?“, sagte der Star und ging um den Tisch, der hinter ihr gestanden hatte und legte währenddessen den Hut auf die Eichenholzplatte.

„Nein... nein nicht wirklich.“

Es war einfach für Saeko zu sehen, wie irritiert die junge Schönheit war. Nicht ungewöhnlich, denn mit einem Besuch vom jüngeren der beiden Tsukigumi-Brüder rechnete keiner. Saeko hatte es sich ein wenig zur Aufgabe gemacht den Mädchen aus dem Sky Stage ab und an ein wenig Ruhe zu gönnen ohne dafür negative Publicity von Gaichi zu bekommen oder von dem Senka-Star hochgepuscht zu werden. Hinter der Hand bezahlte sie Guards, denen Gaichi und Tom so sehr zu vertrauen schienen, dafür das ein oder andere Mädchen für ein/zwei Stunden in den dritten Stock zu lassen und sich in ihrer Anwesenheit etwas aus zu ruhen. Das alles war natürlich streng geheim und keiner außer Saeko selbst und den entsprechenden Guards wusste, dass sie überhaupt etwas in dieser Richtung tat. Für die Guards selbst war sie ein Kunde wie jeder andere.

„Ich denke, wir sind uns noch nicht ordnungsgemäß vorgestellt worden.“ Saeko legte ihr Hand auf ihr Schlüsselbein, fühlte dabei die Silberkette, die ihre Finger streifte. „Ayaki Nao...“

„Tsukigumi. Ich weis“, unterbrach sie die junge Frau, wobei diese leicht lächelte und daraufhin betreten zu Boden sah. „Es tut mir leid. Man munkelt sich nur, dass man von dir keine Besuche bekommt.“

„Keine öffentlichen“, ergänzte der Star und drehte den Kopf etwas um der anderen in die Augen sehen zu können. Schüchtern hob sie diesen wieder. „Erfahre ich auch deinen Namen?“

„Den weist du doch schon längst.“

„Ich möchte ihn aber aus deinem Mund hören.“

Etwas unschlüssig was sie tun sollte strich die Frau in dem weißen Kleid eine verlorene Haarsträhne hinter die Ohren, wobei Saeko's Blick auf den Ohrring fiel, dem Zeichen Hanagumis. Dann hatte Haruno noch nicht von seinem Häschen abgelassen.

„Sena Jun.“

„Den Namen hat Haruno dir gegeben oder?“

Die junge Frau hob den Kopf etwas, grinste sie schief an.

„Ich mag den Namen.“ Ihre Augen sagten etwas anderes, aber Saeko belies es dabei. „Und wie komme ich zu der Ehre, dass du mich besuchst?“ Sie sah an sich herunter und warf besonders einen Blick auf die Schuhe. „Mal von der wundervollen Kleidung ganz abgesehen.“

„Das Kleid ist nicht der Rede wert. Du siehst in der kurzen Kleidung und den Highheels immer sehr gequält hast also dachte ich mir etwas Abwechslung tut dir gut. Ich hoffe es ist nach deinem Geschmack.“
 

Asako legte den Kopf etwas schief. Sie sah... gequält aus? Da hatte sie aber anderes gehört. Die Leute waren immer mehr als begeistert wenn sie auf der Bühne stand, sich räkelte, auch wenn sie sich in ihrem Inneren abquälte und sich wie ein Fisch am trockenen unter den Blicken der geilen Säcke wandt. Sie biss die Zähne etwas aufeinander, zwang sich ein Lächeln auf. Sie hatte schon von Menschen gehört, die hinter die Fassade eines anderen Blicken konnten, egal wie gut diese auch war. Sie hoffte nur, dass dieser Mensch nicht dazu gehörte.

„Kein Grund mich so sauer an zu sehen“, sagte Ayaki und lachte etwas. „Ich bin nicht hier um dir weh zu tun. Im Gegenteil.“

Das Lächeln fiel Asako geradezu von den Lippen und sie sah jetzt eher verwirrt auf den Tsukigumi-Star.

„Und was willst du sonst?“

„Nicht das, was dir jetzt vielleicht durch den Kopf schwirrt. Mein Ruf mag noch so schlecht sein und man redet eine Menge Mist über mich, doch im Gegensatz zu vielen anderen habe ich so etwas wie ein Herz. Es ist nicht nötig mir gegenüber etwas vor zu spielen. Ich merke es sowieso. Ich will einfach nur, dass du dich entspannst und ein wenig von dem Stress ablässt.“

Wie aus Reflex trat die Dunkelhaarige einen Schritt zurück, schluckte hart und beäugte den Mann im schwarzen Anzug genauer.

„Und was hast du davon? Hier geschieht doch nichts ohne Gegenleistung.“

„Ein besseres Gewissen.“ Der Blick des Stars wurde ein wenig traurig als er sie ansah. „In meinem Job habe ich tagtäglich Blut an meinen Händen kleben. Dennoch tut es mir weh wenn Mädchen wie du in dieses Schema gezwungen werden und schließlich vor Erschöpfung zusammenbrechen. Ich würde viel mehr tun wenn ich könnte, aber alles was mir übrig bleibt sind diese wenigen Stunden zu gönnen.“

Asako war noch immer skeptisch. Was dachte dieser Kerl eigentlich wer er war? So hoch seine Stellung auch sein mochte, die Sache mit dem barmherzigen Samariter kaufte sie ihm nicht ab.

„Selbst wenn, warum ich? Warum nicht die Mädchen aus dem ersten Stock, die jeden Tag an diese Männer verkauft werden, sich unter den schwitzenden Körpern winden und immer schön danke sagen müssen?“

Ayaki fuhr sich durch die gestriegelten Haare, seufzte schwer und schien ein paar Momente über seine Worte nach zu denken.

„Vielleicht ist doch etwas Egoismus dabei...“, sagte er leise und hob den Blick wieder zu ihr. „Du bist schön. Das weist du. Und... du hast mich beeindruckt. Ich hab das hier als einzige Möglichkeit gesehen mich ohne Haruno's Augen mit dir unterhalten zu können.“ Abermals lachte er etwas als sie den skeptischen Blick der Dunkelhaarigen sah. „Ich weis was du jetzt denkst. 'Was genau könnte ihn beeindruckt haben?'.“ Er beugte sich etwas vor. „Es kommt nicht jeden Tag vor, dass man sich mit Shio anlegt und gewinnt. Shio ist bekannt dafür Konkurenz im Keim zu ersticken. Um ehrlich zu sein hat sie es verdient. Sie ist hochnäsig und eine Zicke.“

Daraufhin konnte Asako nur lachen, sah auf den Boden. So sehr es sie auch beunruhigte, dass dieser Mann direkt in sie hinein zu blicken schien, er hatte Humor. Vielleicht sollte sie ihm eine Chance geben. Immerhin schien er ihr tatsächlich nichts Böses zu wollen.

„Danke. Was genau hast du denn geplant? Immerhin hast du mich dann dich für die kurze Zeit doch irgendwie gekauft.“

Ayaki grinste leicht, ging zurück zum Tisch und beugte sich hinunter, woraufhin Asako das Rascheln einer Tüte hörte, die der Star auf den Tisch stellte. Essen vom Schnellimbiss?

„Ich hoffe du magst Italenisch.“

Ninth Stage: Back to Work

Seufzend fuhr sich der Star durch die Haare, grummelte etwas in sich hinein und drückte das Telefon fester ans Ohr.

„Ja Chef... ja ich weis... Aber das Geld...“ Das Telefon ging prompt etwas auf Abstand als der Lead am anderen Ende laut wurde. Da war jemand aber mehr als stocksauer. „Ja... ja ist gut. Ich geh einfach nächste Woche...“ Abermals eine Unterbrechung. „Dann geh ich eben heute Abend nochmal rein...“

Das Telefon am anderen Ende wurde dermaßen laut in die Angeln geworfen, dass sie abermals das Handy etwas weg halten musste. Ihr Lead hatte gut reden. Immerhin hatte er nicht mit Mangel an Personal und der Polizei zu kämpfen. Sie hatten nicht genug Geld um sämtliche Spuren zu verwischen, was eigentlich hirnrissig war wenn man bedachte womit Hoshigumi handelte. Touko kramte in der Jackentasche, zog ein Paket Kaugummis heraus und sah über die regenbogenfarbenen Streifen ehe sie einen davon in den Mund schob und zum schluss frustriert gegen den Reifen ihres Wagens trat. Da gab man schon vor ein Kerl zu sein, war der beste Dieb in ganz Japan und fuhr trotzdem nur so eine Schrottkarre. Das, was sie stahl war mehr wert als das, was eine ganzes Hochhaus voller alleinerziehender Familien in einem Jahr verdiente. Doch seit sie so klein geworden waren und Hoshigumi ein paar der besten und vielversprechendsten Kandidaten abtreten musste um überhaupt überleben zu können waren ihre Raubzüge so selten geworden, dass sie kaum mehr alles so aufrecht erhalten konnten wie es geplant war. Und dann kam der Lead und verlangte nach einem teurem Halsband. Nicht einmal um es zu verkaufen, sondern für sich selbst. Touko, der Codename für Aran Kei, war noch vergleichsweise jung und ohne ihren Willen in die Rolle des Stars gezwungen worden. Immerhin war sie nicht einmal Teil des Hauptstammes der Familie, sondern nur ein Seitenzweig, das Ergebnis einer Erfähre ihres Großvaters.

„Hey. Pass auf mein Baby auf. Nur weil du wieder Pech hattest musst du es nicht treten“, kam es von ihrem Fahrer als sie schlussendlich doch in den Wagen stieg.

„Ach halt doch die Klappe. Du weist wie gestresst ich momentan bin. Und ich will da nicht nochmal rein.“

„Nochmal? Schon wieder in dieses scheiß Museum?“

Touko schnaubte nur einmal frustriert und schlug die Hand gegen das Armaturenbrett.

„Ja. Kommen wir da nochmal rein?“ Ihr Guard schnallzte einmal mit der Zunge, tippte gegen das Lenkrad. Touko wandt den Blick zu ihm hinüber. „Raus mit der Sprache, Tomomin. Mich kann sowieso nichtsmehr schocken heute.“

Tomomin, mit vollem Namen Yumeno Seika, seufzte nur einmal schwer und legte den Kopf leicht schief.

„Keine Ahnung. Ich hab gehört Tsukigumi hat Ahi ausgeliehen um das Sicherheitssystem zu erneuern. Die haben ein Scheißgeld damit verdient. Frag am besten Chie mal.“

Chie war Hoshigumi's bester Hacker, wenn auch nicht immer ganz bei der Sache. Yuzuki Reon war sein voller Name, aber er hatte sich den Namen 'Chie' bei irgendwem mal abgeholt. Man munkelte, dass er und Ahi, der ja Tsukigumi angehörte, einen Wettstreit lieferte. Es würde ihm also eine Freude sein das von Ahi ausgeklügelte System lahm zu legen.

„Werd ich machen. Wir fahren am besten gleich zum Hauptquartier.“

„Aber erst will ich Kaffee.“

Touko grinste nur etwas schief.

„Du und dein Kaffee.“
 

Gelassenen Schrittes ging der Yukigumi-Star durch die kleine Bar, ignorierte, was rechts und links von ihr abging, die betrunkenen Männer, die fast genauso betrunkenen Currents, die kleinen Dealer, die in der Ecke lauerten und steuerte streng den Raum für Bedienstete an. Ihr gehörte die Bar nicht, aber einem kleinem Schleimer, der bei den Großen mitmischen wollte und Yukigumi seine kleine Bar zur Verfügung stellte. Zumindest hatte er das, bis er der Meinung gewesen war ein paar Informationen an die Polizei durchsickern zu lassen. Kleiner Schleimscheißer. Zwar waren die Clans untereinander verfeindet, aber das hieß nicht, dass sie nicht durchaus zusammenspielen konnte um das große Ganze des Untergrunds zu schützen. Jetzt vertrieb ein Current Yukigumis die Bar. Drinnen begrüßte sie schon ein bekanntes Gesicht.

„Und? Was haben wir heute, Gentlemen?“

„Eine neue Ladung vom üblichem“, meinte der Current und stopfte sich ein weiteres Törtchen in den Mund. „Scheint gut zu sein.“

Mizu kam näher, öffnete das Paket und kramte etwas darin rum.

„... Ist das alles?“ Masao trat zu ihr, warf einen Blick über Mizu's Schulter in das halbleere Paket, sah dabei zu als der Star eines der Beutel mit dem weißen Pulver heraus und sah es sich genauer an. „Das ist ein Scherz.“

„Leider nein, Eden.“ Ein weiteres Schmatzen. „Ich weis nicht was passiert ist.“ Der Star schnaubte ausgiebig und griff nach der Waffe, die an ihrem Gürtel hing, drückte sie dem Current an die Stirn. „Woh. Woh. Langsam. Ich bin nicht Schuld. Ich hab den Kerl doch schon. Er wartet nebenan.“

„Das hoffe ich sehr für dich, Otozuki Kei. Sonst stecke ich dir dein Törtchen woanders hin als in deine Fressluke.“

Damit lies sie Kimu zurück, wobei Masao brav im selben Raum blieb und anfing die kleinen Pakete zu sortieren, sie zu verpacken und orderte die Currents im Raum herum. Kimu war verfressen, dennoch gertenschlank und eigentlich sehr fähig. Mizu hatte nur ein Problem mit ihm: er war rotzfrech. Im Nachbarraum wartete schon der verlogene Mistkerl auf sie, angekettet und wohl oder übel ohnmächtig. Mizu steckte die Waffe zurück in die Halterung und trat vor den angeketteten Mann. Der Bart machte ihn nur noch ekliger. Hinzu kam das ausgetragene Hemd, die löchrige Hose und der Mundgeruch. Der Star schnaubte ausgiebig.

„Hey. Aufwachen, Schleimscheißer“, sagte sie in tiefer, bestimmender Stimme, doch bekam keine Antwort. Nach einer Ohrfeige jedoch rührte er sich doch. „Aufwachen hab ich gesagt.“

„W-was...“

„Oh gut dass du dich dafür entscheidest in die Unterhaltung mit ein zu steigen.“

Der Kerl sah auf und blickte erstmal entsetzt in ihr Gesicht.

„Wer zum Geier bist du denn, Kleiner?“

Mizu kannte diese Reaktion zu genüge. Es gab nur wenige, die sie zu Gesicht bekamen und noch weniger, die wussten, wen sie vor sich hatten und es überlebt hatten. Sie lächelte nur.

„Sag mir erstmal wer du bist. Sag mir mal was du mit dem restlichem Stoff gemacht hast.“

„Das geht dich einen Scheißdreck an!“ Er riss an den Handschellen. „Mach mich los und ich stopf dir das Maul!“

Mizu hob nur die Augenbraue und seufzte etwas. Anschließend zog sie die Waffe erneut, drückte diese an die Stirn der anderen.

„Leck mich, Drecksack. Also. Wo ist mein Stoff? Sag es mir jetzt und vielleicht unterlass ich es dir eine Kugel in deine hohle Birne zu jagen.“ Mit einem Mal wurde der Mann verdammt still, wurde etwas kleiner in dem Stuhl und rüttelte abermals an den Handschellen. Vergeblich. Der Star hob die Augenbrauen etwas, zog den Auslöser nur ein bisschen zurück. „Keine Antwort? Wir können es auf die leichte oder die harte Tour machen. Ich bekomme so oder so raus was mit dem passiert ist was mir gehört. Ohne dich dauert es nur länger.“

Das Zittern des Mannes war unübersehbar und langsam wurde der Star dann doch ungeduldig. Sie war bekannt dafür nur einen sehr kurzen Gedultsfaden zu haben sobald es um Arbeit ging. Natürlich war er in anderen Dingen viel länger, doch sie wurde nicht gerne bestohlen. Ganz und gar nicht gerne. Sie seufzte nur etwas und richtete den Lauf auf den Oberschenkel des Mannes, drückte ab und der Schrei hallte an den Wänden ab, wobei Mizu sich kurz an der Ohrmuschel kratzte.

„Schrei nicht so. Also. Mein Stoff. Wo. Jetzt. Oder ich rutsche vielleicht nicht mehr ab.“

Der kleine Arschkriecher wimmerte noch und krümmte sich auf dem Stuhl.

„Am... am Bahnhof.“

„Wo am Bahnhof? Werd deutlicher.“

„Der hier um die Ecke... Im... im Fotoautomat...“

„Fotoautomat?“ Mizu grinste etwas. „Du bist echt unkreativ.“

Sie hob die Waffe, drückte erneut den Auslöser und endete das mieserable Leben des kleinen Dealers. Danach schob sie die Waffe zurück in die Halterung, ging aus dem Raum und sah zu Masao, von ihm zu Kimu.

„Im Bahnhof. Irgendein Fotoautomat. Nimm ihn auseinander wenn es sein muss. Ich will mein Zeug.“ Kimu nickte nur, stopfte sich etwas in den Mund, was eine merkwürdig braune Farbe hatte und was Mizu hoffendlich als Bacon identifizieren konnte, und ging ohne weitere Worte aus dem Raum. Sie hatte jetzt ein bisschen Ablenkung bitter nötig.
 

Endlich mit seinem Kaffee in der Hand war der Guard sehr viel fröhlicher, nahm immer wieder einen Schluck aus dem weißen Becher und summte leise vor sich hin.

„Und wieso hast du heute so eine gute Laune? Du gehst mit mir da rein.“

„Ich weis, Thylacine, aber lass mir doch meine Laune.“

„Beantwortet nicht meine Frage.“

„Ich sehe Beni vielleicht wieder.“

„Beni? Der lebt noch? Bei seiner Einstellung hab ich erwartet, dass Gaichi ihn schon lange feuert.“

„Ja er lebt noch. Ich würde dir ja sagen komm mit und ich spendier dir ein Mädchen, aber das übersteigt mein Buget.“

„Nicht nur deins.“ Touko lies den Kopf zurückfallen und brummte etwas. „Man was gäb ich dafür mal wieder nen Abend da verbringen zu können ohne fast pleite zu gehen.“

„Ach komm. Es geht auch wieder bergauf.“

„Hoffendlich so schnell wie möglich.“

Eine ganze Weile während der Fahrt schwiegen sich die beiden an, wobei Tomomin immer wieder an seinem Kaffee schlürfte, der Straße mehr oder minder Beachtung schenkte.

„Sag mal, Touko... Wie hat sich eigentlich dieses Mädchen gemacht? Wie hieß sie noch gleich? Die, die Shio's Platz geklaut hat.“

Der Star sah auf den Fahrersitz, musste aber selbst eine Weile nachdenken. So gut sie auch Baupläne unterschiedlichster Gebäude auswendig lernen konnte, egal wie viele Pläne verschiedenster Bomben, Fluchtpläne oder ähnliches sie in ihrem Kopf hatte, für Namen schien dort keiner zu sein.

„Sena glaube ich. Sena irgendwas. Das Hanagumi-Häschen meinst du.“

„Genau die. Ist sie immer noch auf Shio's Platz?“

„Das letzte Mal als ich da war schon. Aber das ist ja auch schon wieder eine halbe Ewigkeit her. Und so wie ich gesehn hab verteidgt sie den Platz auch mit Händen und Füßen. Und ich sage dir jedes Mal wenn ich sie sehe wird sie heißer.“ Sie sah Tomomin auf seinem Platz nur vielsagend grinsen. „Kein Wort. Ich kann sie mir eh nicht leisten. Ich habe mir mal zwei Stunden mit ihr gegönnt und glaub mir wenn ich könnte würde ich es wieder tun.“

„Wieso?“

„Sie hat Stil. Anders als Shio. Und Charme.“

„Hört sich so an als hätte sich da jemand ein bisschen verguckt.“

Touko schnaubte und sah auf ihren Guard.

„Pass auf was du sagst oder ich breche dir das Genick.“

„Schon gut. Schon gut. Kein Grund die Zähne zu fletschen, Thylacine. Ich bin schon still.“
 

„Also? Wo solls hingehen?“, frage Masao als er und Mizu wieder zurück in den Wagen gestiegen waren. Die Laune des Stars hatte ein neues Rekordtief erreicht und ihr war mehr als nach nur ein bisschen Ablenkung. In diesen Momenten war sie sich bewusst wie leid sie das ewige Dasein als Mann manchmal war. Wenn sie sich als Frau hätte zeigen können ohne Konsequenzen davon zu tragen wäre sie wohl zu Haruno gefahren und hätte sich von ihm einmal nach allen Regeln der Kunst durchnehmen lassen. Der Gedanke daran war nicht schlecht, aber etwas derartiges würde wohl das Arbeitsverhältnis gewaltig ins Wanken bringen. Und obendrein würde der Hanagumi-Lead sie im Moment wohl nicht einmal schief ansehen wenn sie sich mitten in seiner Villa die Klamotten vom Leib reißen würde, was ihre Laune nur noch weiter runterzog. Für Haruno gab es seit Wochen nur noch ein Thema: Sena Jun. Die kleine Nutte von der Straße und die selbsternannte 'Queen' im Sky Stage. Anfangs war ihr das Mädchen ja noch sympatisch gewesen, süß, unschuldig und keine Bedrohung für ihren Plan. Doch seit sie diese niedlich-unschuldig Tour abgelegt hatte war Haruno nur noch verschossener in die Kleine als sowieso schon. Soviel also zu ihrem Plan. Mit Sena, die ihren Einsatz mit in den Pott warf und sich schamlos am Pokertisch auszog war ihr so ausgeklügelter Plan zunichte. Sie wusste nur über einige Ecken, dass Haruno noch immer spitz auf das Mädchen war, weil diese ihn selbst nach der langen Zeit noch nicht rangelassen hatte. Für Mizu war es absolut unverständlich wieso er sich nicht einfach nahm, was ihm zustand, egal wie viele Gefühle er für das Mädchen zu haben mochte. Sie gab es nicht gern zu, doch obwohl diese kleine Schlampe nichts mehr war als ein Bauer in ihrem kleinen Schachspiel wusste sie, wie man diesen Mann, der ganz oben an der Macht stand, an der Leine hielt. Fehlte nur noch dass sie ihn dazu brachte Männchen zu machen und brav zu bellen wenn sie es wollte. Jedes mal aufs neue beobachtete der Yukigumi-Star, wie Haruno gierige Blicke zu seinem Häschen warf sobald es auf der Bühne stand, sich geradezu die Finger danach leckte und schon seit Wochen Dauergast auf den forderen Plätzen war. Sie konnte sich nicht erinnern dass Haruno in den vergangenen Tagen auch nur eine Show verpasst hatte. Er war sogar noch öfter da als der Tsukigumi-Erbe Ayaki, der ja quasi in der Bar wohnte, sich nur vom Platz bewegte wenn er offensichtlich einen Auftrag bekam, ins Tsukigumi-Anwesen ging, wovon niemand so genau wusste wo es genau lag, oder aufstand um sich den nächsten Drink zu nehmen. Wataru schien dagegen noch so etwas wie ein weiteres Leben zu haben. Manchmal fragte sich Mizu jedoch woher Tsukigumi die ganze Kohle nahm dass Ayaki jeden Abend in der Bar hocken konnte. Dann wieder hatte sie noch nie gesehen, wie der Erbe sich eins der Mädchen nahm. Vielleicht war er impotent und versuchte das auf diese Weise zu verarbeiten. Der Gedanke lies sie grinsen.

„Hey, Eden. Jetzt sag schon. Ich kann nicht ewig hier stehen bleiben.“

„Wie wärs, wenn wir dem Sky Stage einen Besuch abstatten? Ich brauche was zum flachlegen. Du kannst dir auch eine aussuchen wenn du willst. Ich lad dich ein.“

„Echt?“

„Ich bin heute mal großzügig. Gewöhn dich nicht dran.“

„Na dann hoffe ich mal, dass du genug einstecken hast. Die, die ich will ist nicht billig.“

Mizu blinzelte etwas und sah zu ihrem Guard als dieser den Wagen startete.

„An wen zur Hölle hast du bitte gedacht? Sag blos du hast schon ein Auge auf jemanden geworfen.“

Masao rollte etwas mit den Augen, sah dann zu ihr hinüber und grinste schief.

„Denk doch mal nach. Hatte ich je ein anderes Mädchen?“

Der Star brauchte ein paar Sekunden, runzelte dann aber die Stirn.

„Die Hanagumi-princess? Dieses Flittchen? Ich dachte du hasst gebrauchte Sachen.“

„Nenn sie nicht so. Ich hab gehört, dass Sena kräftig nachgeholfen hat bei den Princess. Immerhin gabs ne Menge Änderungen seit sie Queen da ist.“

„Ja ich weis. Yumesaki Nene ist Soragumi-Princess und Shio hat es auch wieder rein geschaft bei Hoshigumi. Wie auch immer zur Hölle sie das gemacht hat. Die ersten Auftritte nach ihrem Abstieg waren furchtbar.“

„Ach wie auch immer.“

„Ihr Name war Asumi Rio, oder?“

„Yup. Wieso?“

„Ich hoffe du weist, dass du keine Gefühle für das Mädchen entwickeln solltest weil ich dich sonst wohl oder übel erschieße.“

Im Augenwinkel sah sie den Guard schlucken.

„Keine Sorge, Boss“, kam nach einer kurzen Pause. „Ich amüsier mich nur und geh dann wieder.“

„Das hoffe ich schwer für dich. Ach ja hast du die Zigaretten besorgt?“

„Klar. Aber du rauchst doch nicht. Sind die wieder für Haruno?“

„Geht dich zwar nichts an, aber ja.“ Mizu lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. „Er steht auf dieses europäische Zeug.“
 

„Also eine Frage hab ich noch, Touko.“

Der Hoshigumi-Star brummte nur etwas als sie das Tau mit den Zähne festhielt und irgendwie versuchte Ordnung in ihren Kasten zu bekommen. Entweder wurde es mit jedem Auftrag immer mehr oder die Technik wurde immer größer. Da hatte man schon das leichteste Equipment, was der Schwarzmarkt zu bieten hatte, brach dafür sogar extra in Top-Secret-Organisationen ein, ging daran beinahe pleite, und dennoch stand man da wie ein Vollidiot bei dem Versuch Abstriche zu machen. Der Erfahrung nach fehlte am Ende genau dieses Teil. Im Rücken hörte sie Tomomin nur nochmals am Kaffee schlürfen. Wie viele Tassen er inzwischen intus hatte wollte sich der Star gar nicht vorstellen, denn es war eine Menge. Dieser Mensch schien immun zu sein gegen jegliche Art von Koffein.

„Selbst wenn du mit der Halskette rauskommst war die Arbeit doch für nichts. Dann hast du immer noch kein Geld. Also wie sieht der Plan aus?“

Kurzerhand lies sie das Seil auf das andere Equipment fallen, drückte die zwei Hälften des Koffers so fest zusammen wie es ging und scheiterte am kleinen Spalt, der verhinderte, dass sie den Koffer entgültig schloss. Schöner Mist. Der Star konnte quasi spüren wie ihr die Ader auf der Stirn pochte vor Wut und Anstrengung.

„Wir gehen rein...“, begann sie und drückte die Hälften erneut aufeinander. „... und krallen uns alles...“ Der eine Verschluss rastete stöhnend ein. „...was uns zwischen die Finger kommt. Verscheuert bekommen wir das sowieso irgendwo. Und wenn ich mich vor Gaichi's Füße werfen muss. Der wollte eh neue Klunker für die Queen und die Princesses.“ Gerade als sie den zweiten Verschluss einrasten wollte verlor sie den Halt auf dem Koffer, rutschte ab und die Hälften sprangen geradezu auseinander. Touko stand auf, trat gegen den überaus leichten, aber harten Koffer und fluchte laut. „Verdammtes Drecksteil! Wer kam auf die Scheißidee diese Dinger so groß zu machen??“ Das Klicken der Tür verleitete sie dazu sich schnaubend um zu drehen, stand noch immer brummend und zitternd auf der Stelle und verschränkte die Arme. „Was ist?“

„Sorry, Thylacine“, meinte Chie, der gerade mit dem Laptop unterm Arm hereinkam. Der junge Mann war nicht gerade eine Augenweide wie er immer rumlief, hatte einen Faible für viel zu große Shirts, Baggypants und den peinlichen Turnschuhen, sowie der viel zu großen und kaputten Brille, die am Shirt hing, weigerte sich aber strikt einen Anzug zu tragen, wie der Rest des Untergrunds es zu tun pflegte. Touko hatte ihn mit Händen und Füßen verteidigt, denn als Hoshigumi's Nerd war er für die Aufträg unentschuldbar. Chie gehörte zu den besten Hackern des Untergrunds zusammen mit Ahi, Rika und Mami. Die vier hassten sich obendrein wie die Pest. Der Name jedes dieser Hacker war eine Abkürzung für irgendein bizarres Anagram, dass sie sich einmal ausgedacht hatten. Man munkelte, dass die vier untereinander einst Freunde gewesen waren, doch so sicher war sich da niemand. Sicher war jedoch, dass Mami unter ihnen der begabteste Hacker war und dass die drei anderen von ihm alles gelernt hatten, was sie wussten, doch war gerade Mami schon vor langer Zeit untergetaucht und gerade wegen des außergewöhnlichen Talents unauffindbar, auch wenn viele nach ihm suchten. Einerseits für das Kopfgeld, dass Gaichi auf ihn ausgesetzt hatte, denn er hatte den Senka-Star um Unsummen von Geld betrogen, andererseits um sich dessen Talent zu Nutze zu machen. Mit einem brilliantem Hacker konnte man einfach ins weiße Haus spatzieren, den Presidenten töten und unbekannt wieder rausgehen ohne, dass jemand etwa gemerkt hätte. Doch mal wieder ging es nur ums Geld. Es drehte sich immer alles ums Geld.

„Was gibt’s?“, fragte Touko dann doch und verschränkte die Arme.

„Ich hab die Pläne von dem Museum. Ahi hat ganze Arbeit geleistet. Das Sicherheitssystem trägt seine Handschrift.“

„Also lag ich doch richtig.“

Chie schnaubte nur etwas, trat näher und öffnete den Laptop auf dem nahe gelegenen Tisch.

„Ist ja schon gut. Ich weis ich hätte mich vorher einmischen sollen. Ich muss aber sagen er hat sich diesmal selbst übertroffen. Er hat alles auf die Beine gestellt, was zur Verfügung steht.“ Touko beugte sich über den Laptop, sah auf den Bildschirm und beobachtete wie Chie's Finger über die Blaupläne flitzten, dabei auf diverse Zeichen deutete. Das war der Star von dem Current schon gewohnt. Sein Finger und sein Hirn war schneller, als andere mithalten konnten, auch wenn er vergleichsweise langsam sprach. Er war eben keiner, der sprach, sondern schneller in die Tasten haute. „Von Lasern, über Hitzesensoren, Wachen überall, Kameras die ausgerichtet sind damit sie keinen toten Winkel haben, Drucksensoren an den Gläsern...“

„Ich will nicht wissen was im ganzen Museum ist, ich will wissen was bei mir auf dem Weg liegt, wie ich rein und wieder raus komme.“

„Immer mit der Ruhe. Wie du mit der Einstellung so weit gekommen bist ohne verhaftet zu werden ist mir ein Rätsel. Dein Vorgänger hatte mehr Gedult...“

„Komm zur Sache.“

„Ist ja gut. Also wenn du da drin bist haben wir keinen Funkkontakt. Zumindest nicht bis du in den Hauptcomputerraum kommst.“

„Was soll ich da? Ich will den Schmuck.“

„Ich weis aber wenn du willst, dass du da lebend wieder rauskommst ohne von den Wachen oder der Automatik abgeschossen zu werden solltest du da zuerst rein.“ Touko brummte nur missgelaunt und starrte weiter auf den Bildschirm. „Ich kann die Kameras temporär ausschalten, aber mehr als zehn Minuten hast du nicht. So viel Zeit hast du um von da...“ Er zeigte auf einen Punkt, den sie als Hintereingang deutete, oder zumindest einer den sie sich machen würden. „... da hindurch, durch die Wachzentrale in den Computerraum zu kommen. So wie ich Ahi kenne hat er vorgesorgt und die USB-Anschlüsse unter der Abdeckung versteckt...“

„Komm mir nicht mit Problemen, sondern Lösungen.“

„Also manchmal bist du echt zu ungeduldig. Oder zu launisch.“ Chie schnaubte ein bisschen und richtete sich auf, verschränkte die Arme. „Also du hast entweder die Wahl die Abdeckung auf zu brechen und zu hoffen, dass da ein Anschluss drunter ist oder du siehst hinten an den Towern nach.“

„Was geht schneller?“

„Das Abreißen. Ist aber lauter.“

„Lass das mal meine Sorge sein.“

„Na gut. Also ich hab dir ein Program geschrieben, dass es mir ermöglichen sollte in das System zu kommen und von da aus kann ich den Rest abschalten. Es wird dunkel sein, aber dafür hast du ja das Nachtsichtgerät.“

„Ja, ja. Also? Wo stecken die Klunker jetzt?“

Abermals schnaubte Chie genervt auf und warf nur einen kurzen Blick nach hinten zu Tomomin bevor er sich wieder dem weiteren Plan widmete.
 

Wenn sie jemand fragen würde ob es sich unter der letzten oder der jetzigen Queen leichter arbeiten lies, dann war die Antwort von ihrer Seite aus sowieso klar. Zwar konnte man sie dabei als egoistisch bezeichnen, aber Sena als Freundin zu haben brachte für sie viel mehr Vorteile mit sich als sie zunächst gedacht hatte. Sie war froh die Ältere angesprochen und mit ihr in Kontakt geblieben zu sein. Zwar war sie sich noch nicht so sicher wie und wieso die jetzige Queen das getan hatte, aber sie würde sich auch nicht beschweren. Als Hanagumi-Princess und damit im zweiten Stock hatte man wirklich ein recht leichtes Leben im Vergleich zum ersten Stock, im Erdgeschoss oder gar im Keller. Weder sie noch Nene hatten Sena je vom Keller erzählt und es würde wohl auch keiner tun. Da unten lagen Leichen. Wörtlich. Wie auch immer. Mirio fand mal wieder keine Ruhe, rannte wie besessen ihr Zimmer auf und ab. Schon wieder fragte sie sich wieso sie damals mit diesen verfluchten Drogen angefangen hatte. Dabei hatte sie doch mal ein so gutes Leben gehabt. Freunde, Familie, Schule. Verdammt sie war sogar verliebt gewesen. Das hieß, bevor ihre Eltern ganz plötzlich und unverhofft den Löffel abgegeben hatten und sie mit ihren sehr sehr jungen Jahren auf einmal auf der Straße saß. Von der Welt allein gelassen war sie einfach zu den Nächstbesten gegangen, der sie haben wollte, der ihr versprochen hatte, dass es ihr nach dieser einen Spritze besser ging. Sie lies sich drauf ein. Zwei oder drei Mal. Immerhin hatte es sie zunächst auch nichts gekostet, doch dann wollte dieser Kerl Kohle sehen. Geld, dass sie nicht hatte. Immer wieder hatte sie diesen Kerl im Nacken sitzen gehabt, der sie auf die Straße geschickt hatte, wo sie den letzten Rest ihres Stolzes ertränkt hatte. Irgendwann hatte sie Gaichi entdeckt, war zu ihr gekommen und hatte sie prompt gekauft. Jahrelang im ersten Stock konnte das nur eine Besserung sein. Dabei fühlte sie sich in Röcken, Kleidern und so weiter gar nicht wohl. Wannimmer sie die Gelegenheit hatte kramte sie die Jogginghose raus, die sie von Sena geschenkt bekommen hatte und zog ein bis oben geschlossenes Hemd an. Sonst wurde sie immer in diese blöden, viel zu kurzen Röcke, diese hässlichen Strapse und was auch immer dem Senka-Star gerade einfiel gesteckt, auch wenn sie zugeben musste, dass man als Princess eine durchaus adrette Gaderobe haben durfte.Es gab ein paar verrückte Kunden, die einem Geschenke schickten, Kleidung und Schmuck, Kärtchen daliesen und Aufmerksamkeit wollten. Mehr oder minder konnte man sich als Princess durchaus verwöhnt fühlen, wenn man von der Arbeit mal ganz absah. Wenigstens hatte sich der Sex aufs fast mindeste reduziert, denn für die junge Frau gab es nichts ekligeres als einen nackten Mann.

Nervös kratzte sie sich über den Arm, fühlte, wie sie diese schon fast wieder aufkratzte und krallte sich nur noch fester in die Haut. Der Schmerz lenkte wenigstens ein bisschen von den Gedanken ab, den sie nur in eine Richtung lenken konnte. 'Kontrollier dich ein bisschen mehr', hatte Sena gesagt. 'Es ist alles eine Frage des Willens. Und wenn du es wirklich willst kommst du davon auch runter'. Leichter gesagt als getan. Sie wusste, dass Sena noch nicht einmal Zigaretten schief ansah, geschweigedenn Alkohol, wenn sie nicht dazu gezwungen wurde. Normalerweise hatte sie sich in diesem Zustand immer zu Nene geschlichen, mit der sie sich hervorragend verstand. Die Frau, die sogar noch länger hier im Sky Stage war als Mirio selbst, verstand es sie zumindest einigermaßen ab zu lenken. Unglücklicherweise hatte Nene gerade Kundschaft und war wohl für die nächsten zwei Stunden noch voll ausgebucht. Die Hoshigumi-Princess hatte komischerweise eine ziemlich lange Liste an Kunden am Tag, wogegen Mirio meistens einige Lücken darin auffand. Konnte ihr nur Recht sein.

Dass sie und Nene zusammen in den zweiten Stock gekommen waren war ihnen beiden komisch vorgekommen, aber schnell hatte sich gezeigt, dass Sena da wieder ihre Finger im Spiel hatte. Man munkelte sogar, dass sie in Mirio's Fall den Hanagumi-Lead betört hatte. Bei Nene war es offensichtlich, dass Hoshigumi keinen Einfluss hatte, aber sowieso war sich Mirio sicher, dass Hoshigumi generell wenig Einfluss auf das jetzige Geschehen hatte.

„Mirio!“, hörte sie es rufen und sprang von ihrem Platz auf, fuhr herum. Yurika stand in der Tür. „Mach dich hübsch. Du hast spontanen Besuch.“

Die junge Frau nickte etwas, doch bevor Yurika die Tür wieder schließen konnte hechtete sie in deren Richtung.

„Yurika! Yurika bitte warte.“ Der Guard öffnete die Tür etwas mehr und sah zu ihr. Mirio fühlte seine Blicke als sie auf den Boden starrte und nervös von einem Fuß auf den anderen trat, dabei weiter über ihren Arm kratzte. „I-ich... könnte ich... ich meine...“

„Nein.“

Die junge Frau sah auf, schluckte hart. Der Guard schlug ihre Hand von ihrem Arm, in den sie sich verkrallt hatte.

„A-aber... aber...“

„Nein. Gaichi hat mir strenge Anweisungen gegeben.“ Er lehnte sich etwas weiter rein. „Und ganz unter uns: selbst die geringere Dosis ist für dich noch viel zu viel. Jeder andere an deiner Stelle wäre schon umgekippt. Eine ausgelassene wirst du doch wohl verkraften.“

Mirio schluckte hart als Yurika die Tür schloss. Geringere Dosis? Sie hatte gar nicht gemerkt, dass man ihre Dosis verringert hatte. Aber dann wiederum bekam man hier drin als Mädchen sowieso nichts gesagt. Dennoch kam sie nicht darum herum sich zu fragen wieso. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum, machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Schrank, kramte darin herum und griff einfach nach dem erstbesten Teil, dass ihr zwischen die Finger kam. Hotpants würden wohl reichen, ebenso wie das enge Shirt. Sie würde es ja sowieso nicht lange tragen. Nachdem sie die Sachen angezogen hatte, ebenso wie das Make-up nachgerichtet hatte, kämpfte sie mit den viel zu kleinen Schuhen, die ihre Vorgängerin dagelassen hatte. Dennoch weigerte sich Gaichi neue zu verteilen und Mirio hatte auch nicht das Rückrad um danach zu fragen. Die junge Frau war generell nicht besonders mutig. Auf ein weiteres kurzes Klopfen reagierte sie in ihrer Hast kaum, brach aber geradezu in Panik aus als die Tür einfach aufging, sodass sie rückwärts aufs Bett kippte.

„Immer langsam mit den jungen Pferden“, kam es lachend von dem jungen Mann, der da gerade eingetreten war. Die stimme kannte sie doch und es zauberte ihr tatsächlich ein Lächeln auf die Lippen. Es gab nicht viele Menschen, die sie mochte, aber dieser war einer davon.

„Masao!“, rief sie freudig, schaffte es aber nicht auf zu stehen und blieb desshalb auf dem Bett sitzen. Der junge Mann kam mit einem Lächeln zu ihr, nahm die Sonnenbrille ab und setzte sich zu ihr.

„Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“

Mirio fühlte das Zittern ihrer Finger und generell ihres Körpers.

„Naja... wie solls mir schon gehen?“, antwortete sie mit bebender Stimme, zwang sich ein weiteres Lächeln auf. Der Yukigumi-Guard berührte sie an der Wange, begutachtete sie einen Augenblick.

„Du siehst echt scheiße aus. Haben sie dich wieder auf Entzug gesetzt?“

„Mehr oder minder... Ich hab heut noch nichts bekommen.“

„Dann bist du ein sehr glückliches Mädchen.“ Mirio legte den Kopf schief und sah zu, wie der Mann in seine Innentasche griff und ihr die Glasphiole in die Hand drückte. „Teru unten verlangt echt ein Schweinegeld damit er mir das durchgehen lässt.“

Die junge Frau war irgendwo zwischen Freude und Verwunderung, fühlte noch immer das Zittern in ihren Händen, schluckte hart. Kontrolle war anders. Sie wusste, dass sie das brauchte.

„Teru ist unten?“

„Seit neustem, ja. Sitzt Strafe ab weil sich Shio mal wieder rausgeschlichen hatte.“

Es war kein Geheimnis, dass Shio ab und an ihr Zimmer verlassen hatte um ein paar der Mädchen 'genauer unter die Lupe zu nehmen', wie sie es so schön ausgedrückt hatte, und als Queen hatte auch niemand etwas dagegen gesagt. Als Princess hatte man die Regeln für sie angezogen und auch Teru als Shio's persönlicher Guard war davon nicht unangetastet geblieben. Bei den Servants im Gang zu stehen war so ziemlich der beschissenste Job, den ein Angestellter von Gaichi überhaupt haben konnte. In den Gängen stank es furchtbar und man hatte seine Ohren überall zu haben um notfalls die ungeliebte Kundschaft raus zu werfen wenn sie sich regelwiedrig verhielt oder notfalls ein paar ausreißende Mädchen wieder zurück zu holen. Mirio schluckte erneut.

„Und... und das ist echt okay?“

„Du kannst mir ja eine kleine Show geben um mich zu bezahlen.“

Tenth Stage: You Need a New Haircut

„Asako! Hey Asako!“

Der Hanagumi-Star lief durch das untere Stockwerk, hielt nach seinem Häschen Ausschau, aber sie war geradezu unauffindbar. Wo konnte sie nur sein? Das Anwesen konnte sie nicht verlassen haben, denn obwohl sie es auf irgendeine merkwürdige Art und Weise sich mit ihren Bluthunden an zu freunden und mit ihnen zu spielen als wären sie zahme Lämmer war es mehr als unwahrscheinlich, dass sie an ihren Guards vorbei gekommen war. Abermals rief sie nach dem Mädchen bevor sie sich dazu entschloss die Treppen selbst nach oben zu gehen. Eigentlich mied Osa das obere Stockwerk. Zum einen war sie dort ein leichteres Ziel, zum anderen hatte sie leichte Höhenangst und hatte Probleme sich einem Fenster zu nähern. Eigentlich sollte man meinen, dass sie sich dies schon seit Jahren abgewöhnt hatte, aber es war noch immer da. Man brachte sie kaum ins erste Stockwerk, geschweige denn ins zweite und sie blieb soweit es ihr möglich war mit beiden Beinen auf dem Boden. Wenn es denn doch mal geschah, dass sie ins Ausland fliegen musste, verbrachte sie den Flug mit geschlossenen Fenstern, abgesperrt und mit Ohrstöpseln. Es war eine Qual, doch konnte sie nichts dagegen tun.

„Ai-chan“, sagte sie streng als ihr das Hausmädchen über den Weg lief. Jenes wirbelte erschrocken herum ehe sie in eine tiefe Verbeugung ging. „Wo ist Asako?“

Ohne ein Wort zu sagen zeigte das Mädchen auf eine Tür. Asako’s Zimmer. Warum hatte das Mädchen sie dann nicht gehört? Oder sie wurde mal wieder ignoriert. Es kam in der vergangenen Zeit immer häufiger vor, dass Asako ihre Befehle schlichtweg ignorierte, so tat als würde sie sie nicht hören, wenn der Star rief, aber Osa wollte sie auch gar nicht dafür bestrafen. Immerhin wollte sie ein guter Beschützer sein, etwas, was einem Freund vielleicht nahe kam. Noch immer fiel es ihr schwer sich irgendwie zurück zu halten, denn ihr Verlangen nach der Jüngeren wuchs mit jedem Tag, an dem sie sich beherrschen musste. Mehrere Male fand sie sich kurz davor dem Mädchen einfach die Kleidung vom Leib zu reißen und sich einfach alles zu nehmen was ihr zustand. Immerhin gab sie Asako alles, was sie brauchte. Dann aber wieder wollte sie nicht nur den Körper der anderen, viel mehr ihr Herz. Alles an ihr. Mehr oder minder zärtlich pochte der Lead mit dem Fingerknöchel an die Tür, trat ein ohne auf eine Antwort zu warten und schloss die Tür hinter sich. Schnell fand sie heraus, wieso das Mädchen ihr nicht geantwortet hatte. Sie hockte vor dem Schminktisch, kämmte sich ausgiebig die inzwischen über schulterlangen Haare und hatte ein paar weiße Kopfhörer im Ohr, die zu dem kleinen Musikgerät führten. Es war ein sehr altes Model, einfach zu bekommen und billig, dennoch wollte Asako gerade so eines haben, da sie mit neuerer Technik einige Probleme zu haben schien. Wieder hatte sie dieses bildschöne, weiße Kleid mit dem Rückenausschnitt an, dass sie vom Sky Stage geschenkt bekommen hatte. Eigentlich gefiel Osa es gar nicht, dass ihr Häschen etwas derartiges geschenkt bekam wenn es nicht von ihr selbst kam, aber sie machte mal eine Ausnahme. Leider musste sie zugeben, dass dem Mädchen gerade dieses Kleid unheimlich gut stand. Der Lead schien noch nicht bemerkt worden zu sein, weshalb sie sich die Freiheit heraus nahm ihren kleinen Schatz noch ein bisschen zu beobachten. Sie hatte ein bisschen zugenommen seit sie hier angekommen war, aber das war ganz gut so. Immerhin wollte Osa nicht dass sie vom Fleisch fiel und als sie das erste Mal in ihre Villa gekommen war, war das Mädchen nur Haut und Knochen gewesen. Inzwischen sah man auch das fast tägliche Training, unter das sich das Mädchen setzte. Ihre Rückenmuskeln, so wie die an den Oberarmen und den Beinen zeichneten sich ab, machten ihre Figur nur noch schärfer und sie wirkte schlanker. Die Augenwinkel des Mädchens zuckten leicht und sie zog sich in aller Seelenruhe einen der Kopfhörer aus dem Ohr bevor sie sich zu ihr umdrehte und ihr ein Lächeln schenkte.

„Hallo Osa. Ich hab dich gar nicht reinkommen hören.“

„Das wundert mich nicht“, meinte der Lead nur unterkühlt und ging auf das Mädchen zu. Asako stand derweil auf und stellte den Player aus. „Ich habe mehrere Male nach dir gerufen.“

Beschämt sah die jüngere Frau auf den Boden, trat mit den nackten Füßen auf dem Boden.

„Verzeihung. Ich habe die Zeit vergessen.“

Osa schüttelte nur den Kopf, trat auf sie zu und blieb vor der Schönheit stehen. Nach einigem Zögern legte sie die Hand unter ihr Kinn, hob es an um sie ansehen zu können.

„Wo hast du deinen Kopf eigentlich in letzter Zeit? Verheimlichst du etwas vor mir?“

Die Frage war ernster gemeint, als sie vielleicht rübergekommen war. Seit die Stars angefangen hatten sich von Asako amüsieren zu lassen versorgte sie das Mädchen regelmäßig mit Informationen, aber gerade in den vergangenen Wochen wurden diese immer wackeliger. Der Hanagumi-Lead hoffte nur, dass die Stars der anderen Clans nicht Wind davon bekommen hatten wie gut Asako darin war die wichtigen Informationen von sinnlosem Palaver zu unterscheiden. Das Mädchen lächelte abermals.

„Ich fühle mich in letzter Zeit nur nicht so gut.“ Ihr Lächeln schwand etwas. „Gaichi stellt mich bei jeder Gelegenheit auf die Bühne und mit den anderen Mädchen zu trainieren ist nicht immer so leicht.“

„Wieso?“

„Sie sind nicht immer ganz so motiviert wie sie es sich Gaichi gerne vorstellt. Kein Wunder wenn man bedenkt, wie er sie teilweise behandelt.“

Osa entwich ein leichtes Lachen.

„Das hat dich nicht zu interessieren, Asako. Du bist nur dort als Sena Jun. Der Rest der Zeit gehörst du mir. Und immerhin will ich, dass du so oft wie möglich mein bist.“

„Ich weiß…“

Der Hanagumi-Lead beugte sich zu seinem Häschen, hauchte ihr einen Kuss auf den Mundwinkel und lies die Hand über deren Hüfte gleiten, doch traf nicht wie gewöhnlich auf Zustimmung. Stattdessen zuckte das Häschen ein wenig zurück. Verwundert sah der Lead sein Eigentum an.

„Was ist los?“

„Ich… nichts. Nichts ist los.“

Argwöhnisch beäugte Osa ihr Häschen, doch sie wich ihr aus. Vielleicht könnte sie zu viel hinein interpretieren, aber diese neue Reaktion konnte durchaus positiv sein. Sie schlang den Arm um die schmale Taille, zog sie näher und legte die Lippen an das Ohr der kleineren, wobei sie fühlte wie der Körper unter ihren Fingern erschauderte.

„Was auch immer du fühlst, ich will, dass du es zulässt. Du kannst dich mir nicht ewig entziehen, Asako. Vielleicht belohne ich dich dann.“ Sie löste den Griff um das Mädchen, sah ihr wieder ins Gesicht, doch erneut wich man ihr aus. „Ich warte unten auf dich. Ich setze dich am Sky Stage ab und dann hole ich dich übermorgen wieder. Sag Gaichi, dass er dir mehr Pause gönnen soll, oder ich knöpfe ihn mir persönlich vor.“
 

Asako sah nur etwas auf als der Lead den Raum wieder verließ, hob daraufhin eine Augenbraue. Egal wie viel Macht dieser Mann besaß, manchmal war er schon ein bisschen dumm. Erleichtert stieß sie ein leises Seufzen aus, drehte sich dann wieder zum Schminktisch und griff nach dem Ohrring, den sie inzwischen nur noch trug wenn sie unbedingt musste. Es hatte sich so viel in den vergangenen Wochen geändert. Oder waren es gar Monate? Inzwischen hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Nur das allgemeine Wetter sagte ihr welche Jahreszeit es sein könnte. Da die Tage jedoch meist aus Regen oder viel zu starkem Sonnenschein bestanden war selbst das nur eine vage Vermutung. Als Queen im Sky Stage hatte sie sich inzwischen mehr als nur diesen Platz gesichert. Offiziell ging es wie immer. Osa brachte sie in den Club, sie tanzte, sang, kassierte gehörig Trinkgeld wenn man sie buchte und trat davon die Hälfte ab, schnappte sich die Princesses um eine neue Choreographie ein zu studieren und versauerte anschließend in ihrem Zimmer. Naja nicht ganz. Unter der Hand hatte sie noch viel mehr zu tun und gerade das zehrte an ihren Kräften, was sie ab und zu dazu verleitete ihre Befehle zu ignorieren. Inzwischen wusste Asako ganz gut was sie sich erlauben konnte und was sie besser lassen sollte. Im Sky Stage selbst weitete sie besonders bei den Mädchen und den Currents, die dort herumrannten, ihren Einfluss aus. Ihre engsten Partner waren dabei ihr eigener Guard, Beni, und ihre rechte Hand Shio. Die Blonde hatte schnell herausgefunden, dass es nur zu ihrem Vorteil war wenn sie kooperierte und in der Zeit, in der die andere sie unterstützte waren sie so etwas wie Freunde geworden. Hier und da gab es ein paar einzelne Personen, die nicht ganz mit dem Einfluss der Queen auf ihr alltägliches Leben zufrieden waren, aber das war eher nebensächlich. Gerade Beni gab ihr immer wieder Informationen über das alltägliche ein und aus von Kunden, wobei einige sehr viel öfter zu Besuch kamen als andere. Gerade bei der Yukigumi-Princess Kashi, die sie inzwischen lieb gewonnen hatte, gab es hier und da einige Streitigkeiten in der Planung zu geben. Asako amüsierte das jedes Mal, wobei sie aber auch Angst hatte, dass es irgendwann zur Schießerei kommen könnte. Ihr Hauptaugenmerk jedoch galt nur einer Person, die immer wieder ein und aus ging. Ayaki Nao. Der Tsukigumi-Star war mehr als gütig zu ihr gewesen, immer wieder und obgleich der Star es manchmal sogar versuchte zu vermeiden blieben einige Flirtereien nicht aus. Hier und da eine Berührung, eine freche Bemerkung, ein oder zwei Blicke, die irgendwann in einer Umarmung geendet hatten. Asako fühlte sich immer wieder wohl in den Armen des Älteren, der sich in der Öffentlichkeit hinter einer kalten Maske verbarg, aber es steckte eine sehr liebenswerte und gutherzige Person dahinter. Die Queen war mehr als gut darin Menschen zu lesen und gerade wenn sie sich in die Augen blickten sah sie, wie viel Gefühl darin lag und wie tief die dunklen Augen eigentlich waren.

Asako schüttelte den Kopf. Sie durfte das nicht an sich herankommen lassen. Schlimm genug dass sie diese kurze Schwäche durch die Gedanken an den letzten geteilten Moment zugelassen hatte und dadurch bei Osa zurückgeschreckt war. Jetzt hoffte sie nur, dass die Besessenheit des Hanagumi-Stars von ihr groß genug war um nicht das richtige in ihre Reaktion hinein zu interpretieren. Daran hatte sie jedoch weniger Zweifel. Behutsam befestigte sie den Ohrring wieder an ihrem Ohr, schlüpfte in das einzige paar flache Schuhe, dass sie besaß, doch bevor sie den Raum verlies stoppte sie. Besser war es Osa nicht noch weiter zu verärgern. Eigentlich wollte sie das ganz und gar nicht, aber sie raunte leise und stieg wieder aus den Schuhen, schnappte sich die nächstbesten Highheels, die sie finden konnte, legte das Kleid ab und schlüpfte hastig in eines von Osa’s „Geschenken“. Manchmal gäbe sie so einiges dafür wieder in eine Hose schlüpfen zu dürfen. Hastig und mit wackeligen Beinen lief sie die Treppe hinunter, wo Osa schon auf sie wartete und sie schlussendlich doch ins Sky Stage brachte. Immer wieder zu diesem Ort zu kommen machte sie krank. Es stank und die Leute ekelten sie immer mehr an je länger sie sich dort aufhielt. Wie immer brachte sie Osa und Romu durch die Haupthalle, Mattsu war wahrscheinlich mal wieder mit Ai-chan beschäftigt, und sie gingen schnellen Schrittes durch die Haupthalle, wo sich ein paar jüngere Mädchen auf der Bühne streckten. Alles Anfänger und Mädchen, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Wahrscheinlich neue Sklaven, die sich Gaichi angekauft hat und die genauso schnell wieder ersetzt wurden. Manchmal taten sie ihr schon leid, aber sie hatte nicht die Position um darüber zu urteilen. Asako unterdrückte ein Seufzen, folgte dem Hanagumi-Lead ins zweite Stockwerk, wo sie schon auf Beni trafen, der vor ihrer Tür wache stand. Ein kurzer Blick reichte um zu sehen, was für den Tag geplant war und es hob ihre Laune gewaltig. Beni hatte den üblichen Anzug an, doch steckte ein zartgelbes Tuch in der Brusttasche, dessen Spitze frech herausschaute. Ein kleines System, das Asako sich ausgedacht hatte. Die Farbe bestimmte den Plan für den Tag und das gelbe stand für einen kleinen Besuch des Tsukigumi-Stars. An der Tür stoppte Osa, drehte sich zu ihr und lächelte sie an. Im Gegenzug setzte Asako ihr schönstes Lächeln auf, dass jedoch nicht an den Lead gerichtet war.

„Ich hole dich dann übermorgen“, meinte der Lead nur und drehte sich zu Beni. „Pass mir auf mein Häschen auf.“

Beni nickte nur und als Osa vorbei ging hauchte er ihr noch einen Kuss auf die Stirn, lies Asako anschließend in ihr Zimmer eintreten und Beni schloss die Tür hinter ihr. Kaum im Raum zog die Queen die Schuhe schon wieder aus, warf sie in die Ecke und tänzelte sehr viel besserer Laune durch das Zimmer.
 

Eigentlich hatte Saeko gar nicht geplant schon wieder die Queen besuchen zu gehen, aber die Situation hatte es einfach hergegeben. Ihre Geschäfte mit Gaichi waren nur kurz und konnten so lange warten, bis Sena wieder im Sky Stage war. Ein kleiner Abstecher würde nicht schaden. Wann auch immer sie das Mädchen besuchen war, umso mehr bemerkte sie, wie liebreizend sie eigentlich war. Nachdem sie einige Zeit gebraucht hatte um die Jüngere davon zu überzeugen, dass es unnötig war vor ihr die Starke zu spielen, da Saeko es sowieso durchschaute, kam das fröhliche Mädchen, dass einfach nur Spaß am Leben suchte heraus. Streng genommen war ihr letzter Besuch schon eine Weile her, denn bei der letzten Verabredung wären sie fast erwischt worden und darauf anlegen wollte der Star es dann doch nicht. Ein Glück, dass sie genau wusste, wie man unerkannt aus einem Gebäude heraus kam. Dennoch konnte sie dem Mädchen nicht wirklich lange fern bleiben. Sie hatte ihren Zauber gewirkt, den sie nur während ihrer „Arbeit“ übersehen konnte.

Sie zog den schwarzen Hut etwas weiter ins Gesicht als sie durch die Tür trat, den Senka-Star an seinem Schreibtisch vorfand und etwas schief grinste. Manchmal fragte sie sich, ob der Senka etwas anderes zu tun hatte als Tag ein, Tag aus über seinen Unterlagen zu hängen und/oder seinen Lead zu vögeln. Es erschien ihr ein bisschen einseitig. Man munkelte zwar von einem Keller, der für die Senkas so etwas wie ein Trainingsraum war, aber dort schien sich der Star selbst eher selten auf zu halten.

„Guten Abend, Gaichi“, sagte sie mit etwas gedrückter Stimme und zog den Hut schließlich hinunter. „Vater schickt mich.“

Der Senka-Star brummte leicht, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.

„Ja ich weiß. Ich habe einen Auftrag für Tsukigumi. Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass du mich persönlich beehrst, Ayaki.“

Der Tsukigumi-Star lächelte nur schwach, blieb hinter der Tür mit dem Rücken zur Wand stehen. Sie hatte kein Vertrauen in Senka und umgekehrt war das wohl ebenso der Fall. Sonst hätte der Star wohl nicht die Waffe so offen auf dem Tisch platziert.

„Und der besteht woraus? Worum geht es? Ohne Informationen kann ich schlecht arbeiten.“

„Es geht um einen alten Freund von euch. Komu.“

„Komu? Mit dem haben wir nichts mehr am Hut.“

„So erzählt man sich. Wie auch immer. Es geht eigentlich um einen seiner Mitarbeiter. Komu hat vor ein paar Tagen eine Razzia am Flughafen angeordnet.“ Davon hatte sie gehört. „Es sind dabei einige Dinge abhandengekommen. Einige davon gehören mir. Unter anderem eine Schmucksammlung, die ich wieder haben will.“

„Das gehört nicht in unseren Bereich. Wir sind keine Diebe. Gerade du solltest das wissen.“

Gaichi schnaubte verächtlich, fuhr aber fort als ob Saeko ihn nie unterbrochen hätte.

„Ich will den Chef dieser Razzia tot sehen. Allerdings weiß Komu seinen Namen geheim zu halten. Der Auftrag ist also: Findet heraus wie dieser Kerl heißt und bringt ihn um.“

„Ich hoffe du hast dir schon eine passende Summe ausgedacht. So etwas ist nicht gerade leicht, Gaichi. Ohne entsprechendes Entgelt tun wir gar nichts.“

Der Senka-Star kramte in einer Schublade, zog dort einen Umschlag hervor, den er elegant auf dem Tisch platzierte und sich zurücklehnte. Erst als der Senka-Star weit genug zurück war trat Saeko näher, griff nach dem Umschlag und öffnete diesen, warf einen kurzen Blick hinein. Das… war eine ganze Menge Geld. Gerade für den knausrigen Gaichi. Etwas sagte ihr, dass es hier nicht nur um irgendeine Schmucksammlung ging. Egal. Das war nicht ihr Bier. Sie würde dennoch ihre Ohren offen halten. Sie knickte den Umschlag und lies ihn im Inneren der Tasche verschwinden.

„Schön“, sagte der Tsukigumi-Star und lächelte etwas als sie den Hut wieder aufsetzte. „Ich lege Vater dein Angebot vor. Halte das Geld bereit. Vater wird schnell böse, wenn er sein Geld nicht bekommt.“

Gaichi nickte nur abfällig, beobachtete den Tsukigumi-Star als sie den Raum verlies ohne den Blick wirklich vom Senka-Star ab zu wenden. Das ging ja doch schneller als gedacht. Dann aber wieder war es ganz und gar nicht verwunderlich. Gaichi tendierte dazu sich sehr knapp aus zu drücken, gerade wenn es Tsukigumi beinhaltete. Sie wusste von einigen Differenzen, die Gaichi mit ihrem Clan hatte als sie selbst noch nicht Star war. Kaum aus dem Büro und auf dem Weg den Gang wieder hinunter warf sie einen Blick über die Schulter, stellte den Kragen ihres Anzugs ein wenig nach oben und zog den Hut nochmals ins Gesicht, bog jedoch nicht nach draußen ab, sondern in einen Zwischengang, der hinter der Hauptbühne und den Umkleideräumen vorbei zu den Zimmern der jüngeren Mädchen führte. Von da aus gab es einen zweiten, geheimen Weg in den dritten Stock, der wahrscheinlich nur Gaichi, Tom und den wenigen Guards bekannt waren, die hier herum liefen. Kaum hatte sie diesen Gang erreicht erwartete sie auch schon Beni. Der Guard war in seiner Zeit, in der er auf Sena aufpassen sollte, so etwas wie ihr bester Freund geworden. Saeko sah wie abwesend er oftmals war und wie ungern er sich im Club aufhielt, aber seine Aufgabe erfüllte er trotzdem. In einer Richtung oder der anderen. Stumm gingen sie in den dritten Stock, wo Beni sie in den Raum lies, Saeko ihm im Vorbeigehen ein paar Scheine in die Hand drückte und die Tür hinter ihr zusperrte. Nochmals zog der Star den Hut vom Kopf, sah Sena schon am anderen Ende des Raumes auf der majestätischen Couch sitzen. Sofort legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen.

„Sena“, rief sie mehr oder minder laut, bekam dadurch die Aufmerksamkeit der etwas in Gedanken versunkenen Lady. Sofort sprang sie auf, lächelte glücklich und lief zu ihr, warf die Arme um ihren Hals und Saeko hielt den schlanken Körper für einen Moment fest. Sie fühlte sich gut an unter ihren Fingern, warm und doch so sicher. Allerdings trug sie diese furchtbaren Schuhe schon wieder. Ebenso dieses Outfit, das ihr rein gar nicht passte. Es war zu groß und lies sie sehr viel breiter wirken als sie eigentlich war. Haruno hatte wirklich gar keinen Geschmack. Sie lösten sich nur etwas voneinander, Saeko ließ die Hände auf den Hüften der Jüngeren während diese ihre auf den Schultern liegen ließ. Abermals schenkte man ihr dieses wundervolle Lächeln, dass sie einfach dahinschmelzen lies.

„Ich dachte schon du lässt mich ewig warten“, sagte das Mädchen frech und trat wieder einen Schritt näher an sie, sodass Saeko den Körper an ihrem fühlte.

„Es tut mir leid. Es ging leider nicht früher. Ich hatte zu tun.“

Für einen Augenblick verlor sie sich in den dunklen Augen des Mädchens, strich mit den Fingerspitzen über deren Rücken und warf einen Blick auf ihre Kleidung.

„Was zur Hölle hat Haruno dir da eigentlich schon wieder ausgesucht? Du wirkst etwas wie…“ Sie runzelte die Stirn. „Ich würde sagen irgendetwas zwischen einem Sack und einer Presswurst.“

Saeko erntete einen leichten Schlag gegen die Schulter, doch konnte sie Sena grinsen sehen.

„Du bist gemein. Ich hatte keine Zeit mehr um mich um zu ziehen.“ Sena strich ihr sanft über die Stelle, die sie gerade noch geschlagen hatte, senkte den Blick etwas und senkte die Stimme. „Du hast mir gefehlt.“

Saeko fühlte ihr Herz abermals etwas springen. Dieses Mädchen war einfach zu liebreizend und ihr wahres Ich so anziehend, dass sie nicht anders konnte als nur noch Augen für sie zu haben. Eigentlich war es ihr gar nicht erlaubt. Selbst wenn sich etwas zwischen ihnen entwickelte, was es gerade in diesen Momenten definitiv tat, es hätte keine Zukunft. Dennoch sträubte sich etwas in ihr das ganze einfach auf zu geben. Sie wollte dieses Mädchen, insbesondere nachdem sie den Ohrring jedes Mal ablegte wenn sie sich trafen, denn gerade dann konnte sie fühlen, dass Sena dasselbe fühlte. Bevor sie aber Gefahr lief der anderen weiterhin nur in die Augen zu starren nahm sie deren Hand, hielt diese einen Moment fest.

„Und? Was hast du die letzten Tage gemacht? Außer dem üblichem.“

Ihre Hand festhaltend gingen die beiden zurück zu der Couch, von der Sena so hastig aufgesprungen war, setzten sich nebeneinander. Das Mädchen strich sich eine der langen Haarsträhnen zurück.

„Nichts Aufregendes. Nunja… Außer vielleicht, dass Ai-chan und Mattsu endlich ein richtiges Date hatten. Man munkelt sogar, dass sie ihn endlich mal zum Lächeln gebracht hat.“

Saeko grinste. Als ob sie das nicht schon vorhergesehen hätte nach all dem, was Sena ihr erzählt hatte.

„Wurde ja auch langsam mal Zeit. Selbst so jemand wie Mattsu verdient jemanden, der ihm nahe sein kann und will. Jeder brauch jemanden zum glücklich sein.“

Sie fühlte, wie Sena ihre Hand fester umgriff. Kurz darauf rutschte das Mädchen schon näher an sie, legte den Kopf an ihre Schulter.

„Und?“

„Und was?“

Sena senkte die Stimme ein wenig.

„Wie steht es mit dir?“, sagte die Jüngere und strich mit den Fingerspitzen über ihren Handrücken. „Mache ich dich glücklich?“

Saeko platzierte ihren Kopf an den der anderen, schloss etwas die Augen. Eigentlich sollte ihre Ausbildung sie gelehrt haben nicht so leichtsinnig zu sein, aber jeder hatte seine Schwachstelle. Ihre war der sanfte Duft, der von dem Mädchen ausging, ihre ganze Ausstrahlung, die Art und Weise, wie sie berührt wurde.

„Was ist das denn für eine Frage?“, murmelte sie. „Wenn ich könnte, dann würde ich mein Leben mit dir verbringen.“
 

Asako fühlte wie ihr Herz einen Satz machte. Es war mehr als sie geglaubt hatte aus dem Star rausbekommen zu können, aber gerade das brachte sie nur noch mehr zum Lächeln. Sie schloss die Augen, genoss die Nähe, die der Star ihr schenkte und kuschelte sich nur noch enger an den warmen, in den Anzug gehüllten Körper. Manchmal stellte sie sich dann doch vor wie es war ein bisschen mehr von dem Tsukigumi-Star zu wollen, doch dann machte ihr Kopf ihr wieder einen Strich durch die Rechnung. Sie wollte dieses Etwas von Ayaki, wollte mehr von diesem Gefühl, dass immer wieder in ihr Aufstieg, dann aber wieder konnte sie es sich nicht vorstellen und fand den expliziten Gedanken abstoßend. Ihre Hand wanderte auf den Oberschenkel, strich dort sanft über die Hose des Anzugs und genoss den Augenblick. Dennoch juckte es sie in den Füßen. Sehr zu Ayaki’s erstaunen beugte sie sich hinunter, löste die Riemen der Highheels und schlüpfte schnell heraus.

„Was hast du vor?“, fragte der Tsukigumi-Star und Asako sah auf, lächelte.

„Ich will tanzen. Bitte?“

Mit leicht hochgezogener Augenbraue zuckte der Star mit den Schultern, lächelte dann aber anschließend und erhob sich ehe er ihr die Hand anbot. Zufrieden griff sie danach, wurde auf die Beine gezogen und von Ayaki in den etwas größeren, weitläufigeren Teil des Raumes geführt. Der Teil war wie gemacht zum Tanzen. Der helle Parkettboden war glatt und dennoch rutschfest, gepflegt und groß. Sie brauchten nicht einmal Musik. Asako summte leise als Ayaki sie näher zog, den Arm um sie legte. Der Tsukigumi-Star wusste, wie man tanzte. Das erkannte man allein an der Haltung und sie fühlte es an der Art wie sie geführt wurde. Die Jüngere hatte sich spontan für irgendein Lied entschieden, etwas langsames, dass immer wieder von einem Kichern unterbrochen wurde wenn Ayaki sie herumwirbelte, geradezu über den Boden fliegen lies und es zeigte auch Ayaki’s schönstes Lächeln, in das sie sich so verliebt hatte. Sie legte die Arme um den Nacken des Tsukigumi-Stars, zog sich näher an den warmen Körper während sie nicht aufhörten sich zu bewegen, wobei Ayaki die Stirn an die ihre legte. Es gab einen nur noch intensiveren Blick in die dunklen Augen preis und sie verlor sich ein wenig darin. Zufrieden gab sie sich dem Moment hin, lies zu, dass die Schritte langsam kleiner und ihre eigene Stimme leiser wurde bis sie komplett verstummte. Tanzen war immer noch die beste Wahl, wenn es darum ging seine Gefühle aus zu drücken. Die Körper im Takt miteinander eins werden zu lassen, zu fühlen wie man sich ergänzte lies ihren Körper erbeben. Osa konnte ihr das nicht geben, selbst mit allen Geschenken, die er ihr machte. Das Gefühl für einen Moment frei zu sein wollte sie festhalten. Ayaki gab ihr aber etwas noch besseres. Der Atem, der gegen ihre Wange striff wie eine leichte Berührung, die weichen Lippen auf ihrer Haut und der Funke, der durch sie sprang als diese ihre eigenen fanden. Sie hatten diesen Augenblick schon von ihrem ersten Treffen an heraufbeschworen, hatten beide gewusst, dass es dazu kommen würde und dennoch war der Kuss an sich doch atemberaubend. Asako fühlte wie sie unter den Fingern der anderen zitterte während die Hände sie bestimmt und doch so zärtlich festhielten. Vorsichtig ließ sie die Finger in Ayaki’s Nacken wandern, zog den Tsukigumi-Star noch näher und vereinigte den Kuss noch weiter. Die Bewegung der Lippen gegen ihre zu spüren, sie zu schmecken löste in ihr wohlige Schauer aus. Fast glaubte sie ihre Beine würden nachgeben, da unterbrach ein nur zu vertraut gewordenes Klicken die Stille. Ayaki löste sich von ihr, drehte den Kopf in die Richtung und auch Asako drehte den Kopf gerade weit genug um zu sehen, wer mit ihnen im Raum stand.

„Weg von der Kleinen, Ayaki“, sagte Yurika’s strenge Stimme während er den Lauf der Waffe auf den Tsukigumi-Star richtete. Mit langsamen Bewegungen folgte Ayaki den Anweisungen, hob dabei die Hände in die Luft. Noch etwas überfordert mit der ganzen Szene stand Asako da, starrte auf die Waffe, die der Senka-Guard noch immer auf Ayaki richtete. „Sena. Komm hier rüber.“

„Nimm die Waffe weg, Yurika“, sagte der Tsukigumi-Star mit ruhiger Stimme. „Es bringt dir nichts mich jetzt zu erschießen.“

„Das nicht, aber du wirst Sena nicht mehr besuchen. Du hast kein Recht dich ihr zu nähern. Haruno tötet mich falls er das herausfindet.“ Er machte eine Kopfbewegung. „Beweg dich endlich, Häschen.“

Nur langsam ging Asako in Richtung Yurika und am Guard vorbei. Sie wusste, dass Ayaki keine Waffen bei sich trug, denn die legten die Besucher immer ab bevor sie in den hinteren Bereich gehen durften. Die Tür wurde aufgeworfen und Beni trat hastig ein.

„Yurika nimm die scheiß Waffe runter“, sagte der Guard und trat neben Asako. „Er hat ihr doch nichts getan.“

„So?“ Yurika warf nur einen flüchtigen Blick zum anderen Guard. „Haruno flippt aus wenn er davon was spitz bekommt. Mein Leben ist mir dann doch mehr wert als das Geld.“

Beni ging an ihr vorbei und nur für einen Moment flatterte die Jacke etwas mehr als sonst. Wenn sie nur… Ihr Blick wanderte für einen flüchtigen Blick zu Ayaki, der noch immer mit den Händen in der Luft dastand. Es war zumindest einen Versuch wert. Beni und Yurika schenkten ihr immerhin keine Aufmerksamkeit und Beni würde es ihr verzeihen. Vielleicht. Bevor ihr Guard richtig reagieren konnte hatte sie die Waffe aus der schon geöffneten Halterung geschnappt, richtete den Lauf gegen den Hinterkopf ihres Guards und trat einen Schritt zurück. Beni verstummte mitten im Satz und auch Yurika warf einen Blick in die Richtung der Beiden. Für einige Sekunden konnte man eine Stecknadel fallen lassen hören.

„Nimm die Waffe runter, Yurika“, sagte Asako schließlich mit kalter Stimme.

„Woh… Sena… mach… mach keinen Scheiß“, stotterte Beni nur ohne sich dabei zu rühren. „Du weißt doch gar nicht wie man diese Dinger bedient.“

„Ach? Weiß ich nicht? Ich lebe bei Haruno. Er hat mir das ein oder andere gezeigt.“ Ein riesengroßer Bluff. Asako hatte keine Ahnung von so etwas. Sie wusste nur, dass sie den kleinen Knopf an der Seite zurückziehen musste. Eine Sicherung oder so etwas. Den Abzug drücken konnte jeder. Yurika zögerte, hielt die Waffe aber immer noch auf Ayaki gerichtet, fixierte ihn mit dem Blick. Im Augenwinkel sah sie den Tsukigumi-Star keine Miene verziehen, aber er schien auf ihr Spiel ein zu steigen.

„Was denkst du, Yurika?“, begann Ayaki und zog die Aufmerksamkeit des Guards auf sich. „Wenn sie Beni erschießt ist es ein Einfaches es dir an zu hängen. Haruno wird ihr jedes Wort abkaufen und Gaichi’s Geschäfte hängen daran.“

Yurika biss die Zähne fester zusammen, sein Arm zitterte etwas.

„Selbst wenn, es ist mir egal“, brach es auf einmal aus dem Guard heraus. „Wir haben noch eine kleine Rechnung offen, Ayaki Nao.“
 

Saeko hob verwundert die Augenbrauen. Sie war sich so sicher gewesen, dass es funktionierte, stattdessen starrte sie noch immer in den entsicherten Lauf der Waffe, erwartete eigentlich jeden Moment schon eine Kugel im Kopf. Sie hatte keine Angst vor dem Tod. Das hatte man ihr schon lange abtrainiert, aber sie wunderte sich dann schon.

„Was soll das denn schon wieder heißen?“, fragte der Tsukigumi-Star und senkte die Hände nur ein klein wenig.

„Ich hab ziemlich lange darauf gewartet. Nur weil ihr Scheißkerle der Meinung wart mit Yukigumi und Soragumi gemeinsame Sache machen zu müssen kamen Menschen ums Leben, die nichts damit zu tun hatten.“

Gemeinsame Sache? Sprach er vom Hoshigumi-Massaker? Ihr war bewusst, dass viele Mitglieder, gerade Currents und Shinkos, ums Leben gekommen waren, die nichts zum Mord des Yukigumi-Stars beigetragen hatten, aber das war nunmal die Vereinbarung gewesen. Jeder Hoshigumi, der sich besagter Nacht an den vereinbarten Orten aufgehalten hatte, sollte umgebracht werden.

„Wenn es nur wegen Hoshigumi ist, dann solltest du dich an Mizu wenden, nicht an mich. Ich habe nur meine Befehle ausgeführt.“

Yurika stampfte einmal sauer auf, schnaubte und biss sich auf die Unterlippe.

„Befehle? Befehle bringen mir meinen Bruder auch nicht zurück! Ich hab gesehen wie du ihn erschossen hast!“

Abermals hob Saeko die Augenbraue. Gut, es sollten viele Leute sterben, aber ihr Auftrag war es nur gewesen zusammen mit Wataru und Wao die Köpfe des Clans aus zu schalten. Es sei denn…

„Oh dann gehörte der eine Shinko, der mir vor die Zielscheibe gelaufen ist zu dir?“

„Sprich nicht so abfällig von ihm!“

„Ihr wart Geschwister?“

„Ja verdammt!“

Sie konnte sich zwar nicht so ganz daran erinnern, wie dieser Junge genau ausgesehen hatte, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er keine Züge von Yurika an sich gehabt hatte. Zwar hatte sie schon davon gehört, dass es vorkam, dass sich die Älteren, die mehr Erfahrung im Untergrund hatten, sich den Jüngeren annahmen und sie adoptierten, aber das war ihr dann doch neu.

„Dann tut es mir leid.“

„Das bringt ihn nicht zurück!“ Saeko konnte sehen, wie sich der Guard in etwas reinschaukelte, doch bemerkte er auch Beni und Asako im Augenwinkel. Sie sah die beiden jedoch nicht an, denn man hatte sie schon gelehrt, dass das einen Plan vereiteln könnte. „Er war mein Bruder und du verdammtes Schwein hast ihn einfach abgeknallt! Ich…“

Ein Schuss ertönte und der Körper des Guards fiel wie ein nasser Sack auf den Boden, die Waffe aus seiner Hand. Für einen Moment war Saeko felsenfest davon ausgegangen, dass diese losgehen würde, aber derartiges blieb glücklicherweise aus. Der Star sah zu Sena und Beni, wobei die Queen selbst sich am Arm ihres Guards festhielt, Beni die Waffe in der Hand hielt und diese langsam sinken ließ. Der Guard war kreidebleich. Saeko trat langsam ein paar Schritte näher an den Körper heran. Blut quillte aus der Wunde am Kopf und verteilte sich langsam über den Parkettboden. Sie warf einen Blick zu den beiden, wobei Sena den Blick abwand und sich die Hand vor den Mund hielt. Nicht jeder vertrug es etwas Derartiges zu sehen. Saeko schluckte etwas. Was tun?

„Du hast echt Nerven deine Partner zu erschießen, Beni“, sagte sie mit mehr oder minder gedämpfter Stimme, sah sich etwas im Raum um. Der dritte Stock hatte keine Kameras. Zu ihrem Glück wahrscheinlich, aber sie wollte es nicht darauf ankommen lassen. Sobald jemand nach ihnen suchen würde, dann würden sie garantiert auffliegen und der Tsukigumi-Star wollte nicht, dass Beni mit dem Leben damit bezahlen musste. Immerhin hatte er ihr gerade das Leben gerettet. Dennoch hieß es schnell handeln.

„Ich konnte den Kerl eh nicht leiden“, stammelte der Guard dann und Saeko’s Blick fiel auf Asako. Das war vielleicht die Chance. Vielleicht die Einzige. Sie sah wieder zum Guard.

„Komm her und hilf mir. Möglichst noch bevor alles blutbefleckt ist.“

Saeko griff nach den Lederhandschuhen in ihrer Jackentasche, zog diese über bevor sie nach einer Decke auf der Couch griff, diese dem toten Senka-Guard um den Kopf wickelte um den Blutfluss zumindest vorerst zu stoppen. Beni hockte sich an ihre Seite, sah sie verwirrt an.

„Und? Was jetzt?“

„Ich nehme euch beide mit.“

„Was?!“

„Schrei nicht so.“ Sie fing an die Jacke vom toten Körper zu streifen und diese auf die Seite zu legen, gab nur einen flüchtigen Wink zu Sena. „Sie hat es nicht verdient hier zu bleiben. Und wenn man dich erwischt, dann bist du tot. Also? Hilfst du mir jetzt oder nicht?“

Sie sah genau, wie der Guard mit sich kämpfte, aber schlussendlich half er ihr doch die Kleidung vom Toten zu streifen. Jedoch trafen die beiden auf etwas, was Saeko nur zu gut kannte, sie aber doch mehr verwunderte als es sollte. Kaum hatten sie das Hemd ausgezogen, kam dort eine weiße Abbinde darunter zum Vorschein. Yurika war ein Mädchen? Saeko hob eine Augenbraue, öffnete den Reißverschluss an der Seite und hob diese an. Beni beugte sich über den Körper, wobei seine Kinnlade kurz darauf runterfiel.

„Moment mal sind das…“

„Brüste. Ja“, erklärte Saeko trocken. „Yurika ist ein Mädchen. Wer hätte das gedacht?“ Verdattert schüttelte der Tsukigumi-Star den Kopf. Das würde ihnen nur helfen. Sie hatte später Zeit deshalb perplex zu sein. Zu guter Letzt half Beni ihr noch die Schuhe und die Hose zu entfernen und tatsächlich befand sich nichts Nennenswertes außer einem süßen, weisen Höschen unter der Anzughose. Saeko kramte die Sachen zusammen, stand auf und sah zu Sena. Das Mädchen stand etwas neben sich, zitterte leicht und sah mit verschrecktem Rehblick zu ihr auf als der Tsukigumi-Star näher kam. Eigentlich tat es ihr Leid ihr das an zu tun, aber es war zu ihrem Besten. Saeko drückte dem Mädchen die Klamotten in die Hand. „Schnell. Zieh dich um.“

„A-aber… aber…“

„Anders bekommen wir dich hier nicht raus.“ Noch immer keine Reaktion von ihr. Saeko beugte sich zu ihr, hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Sena bitte. Reis dich zusammen. Wir haben nicht viel Zeit.“

Tatsächlich setzte sich das Mädchen etwas in Bewegung, ging steif zu der kleinen Couch und fing an sich aus den Klamotten zu schälen bis sie schließlich nur in Unterwäsche da stand. Kaum in der Hose stellte Saeko fest, dass diese ihr viel zu weit war, aber für den Moment sollte es funktionieren. In der Bar war es dunkel und keiner würde nachfragen. Das hieß…

„Beni.“ Sie drehte sich wieder zum Guard, der etwas vor der Pfütze, die sich am Boden bildete, zurückwich. „Habt ihr hier ein Messer oder so? Eine Schere?“

Der Guard klopfte seinen Oberkörper ab, griff anschließend in die Innentasche seiner Jacke und zog dort ein Taschenmesser heraus, dass er etwas zögerlich dem Star übergab. Die Waffe hatte er inzwischen zurück in die Halterung geschoben.

„Was willst du damit?“

„Wirst du gleich sehen.“ Sie stockte kurz, sah nur im Augenwinkel, wie Sena den BH ablegte und mit der Abbinde zu kämpfen schien. „Ach ja noch etwas. Wenn wir auf dem Weg nach unten sind, dann werden wir unterwegs ein Mädchen mitnehmen. Es soll so aussehen, als ob wir sie für außerhalb gebucht haben, ist das klar?“ Beni nickte. „Gut. Bleib nahe bei mir. Ach ja und gib mir deinen Hut.“

Der Guard übergab den Hut wie ihm aufgetragen war und Saeko ging mit großen Schritten zu der noch immer halb nackten Frau. Sie stellte sich schon ein wenig ungeschickt an. Saeko hatte mit schnellen Handgriffen das Stück Stoff in die richtige Position gebracht und den Verschluss hochgezogen, erntete gleichzeitig von Sena ein abruptes und abgeschnürtes Keuchen. Die Tsukigumi-Abbinden waren definitiv ausgeklügelter gestaltet und für schnelles an- und ablegen gemacht. Anschließend griff sie nach dem Hemd und während Sena es zuknöpfte begann sie damit, die Kravatte zu binden und hoch zu ziehen.

„Umdrehen“, sagte der Star anschließend. Sena zögerte.

„Wieso.“

„Dreh dich um und stell keine Fragen.“

Sena tat wie ihr geheißen war. Der Tsukigumi-Star zog die langen Haare, die noch immer im Hemd steckten, heraus, zog sie zusammen als ob sie einen Zopf binden würde.

„A-Ayaki was…“, stammelte das Mädchen, aber noch bevor sie richtig reagieren konnte hatte Saeko besagten Zopf oberhalb ihrer Hand abgeschnitten, warf die Haare beiseite auf den teuren Perserteppich. Wenn jemand hier hochkam würde man sowieso schon merken, dass Sena weg war. Schockiert griff sich das Mädchen in die jetzt kurzen Haare. Vorne waren sie noch immer länger, aber das würde keinem auffallen. Nicht in der Eile, nicht mit einem Hut auf dem Kopf, Hauptsache sie waren nicht mehr so überlang. Sena drehte sich zu ihr und der Star drückte ihr den Hut auf den Kopf.

„Zieh ihn so weit wie möglich runter. Sieh keinen an und bleib dicht bei mir. Wenn es dir hilft, dann sieh auf meine Schuhe.“ Sie sah zu Beni. Kommen wir unterwegs an einem Zimmer vorbei, wo gerade ein freies Mädchen ist?“

Für einige Momente musste der Guard nachdenken.

„Ja das eine müsste gerade frei haben.“

„Können wir sie mitnehmen?“

Abermals ein Nicken.

„Wir müssen nur schnell genug sein. Da unten wimmelt es vor Currents.“

„Du wirst als Guard nicht auffallen. Du holst doch sonst immer die Mädchen aus ihren Zimmern. Wir bleiben einfach bei dir und spielen ein paar Currents.“ Saeko sah zu Sena. Sie hatte immer noch die Schminke im Gesicht, weshalb Saeko einmal quer durch den Raum lief und ein Taschentuch aus einer Schublade zog, Sena zu sich winkte und ihr den Lippenstift von den Lippen wischte. Es würde fürs erste reichen müssen. Wenn sie den Hut tief genug ins Gesicht zog würde ihr Augen-Make-Up nicht auffallen. Sie nahm das Mädchen an die Hand, hauchte ihr einen Kuss auf die Fingerknöchel.

„Ich schwöre dir, dass es besser wird“, flüsterte sie gegen die Hand und Sena nickte etwas. Saeko zog sie hinter sich zu Beni, wobei der Guard, noch immer leicht bleich, voraus aus dem Raum ging. Die Tür fiel hinter ihnen zu und Saeko lies gezwungenermaßen die Hand des Mädchens los. Sie hoffte nur inständig, dass es nicht auffiel, dass Sena die Kleidung viel zu groß war, dass ein leichter Blutfleck am Kragen war und dass sie in den zu großen Schuhen Probleme mit dem Laufen hatte. Auch Saeko zog den Hut tief ins Gesicht, ging neben Sena und hinter Beni her als sie den Weg nach unten antraten. Sie sah genau wie nervös der Guard war, doch sie kamen mehr oder minder unbemerkt an den Currents im ersten Stock vorbei. An einer Tür blieben sie stehen, wobei Beni nur kurz klopfte und die Tür öffnete.

„Hey Kleine“, rief er in den Raum. „Komm schon. Wir machen einen Ausflug. Umziehen kannst du dich später“

Mit verwirrten Blick und etwas zitternden Beinen , im kurzen Rock und viel zu weitem Oberteil kam ein junges Mädchen heraus, dass Saeko im ersten Augenblick für einen Jungen gehalten hatte. Das hieß, wenn der viel zu tiefe Ausschnitt nichts anderes preisgegeben hätte. Saeko packte das Mädchen an der Schulter, bedeutete Beni mit einem kurzen Blick voraus zu gehen und drückte das Mädchen vor sich her.

„W-Wo gehen wir hin?“, fragte sie mit zitternder Stimme, wobei sie zu versuchen schien einen Blick auf Sena zu werfen.

„Spazieren“, meinte Saeko nur und schob sie mit einem Ruck weiter nach vorne. Wie geplant schenkten die Currents ihnen keine weitere Beachtung und auch der Weg durch die Haupthalle verlief ziemlich glatt. Im Augenwinkel hatte sie Wao sehen können, doch sie war sich sicher, dass der Soragumi-Star sie aufgrund des hochgeklappten Kragens und der heruntergezogenen Mütze nicht hatte erkennen können. Außerdem hatten sie Sena zwischen sich und der Wand gehalten, sodass keiner die Möglichkeit bekommen hatte einen genaueren Blick auf sie zu werfen. Es war sogar so glatt gelaufen, dass Saeko noch ihre Waffen wieder mitnehmen konnte um weitere Hinweise zu vermeiden. Schnell waren sie beim Wagen, der gerade groß genug für fünf Personen war. Saeko selbst platzierte sich auf dem Fahrersitz, schob den Hut hoch, Beni auf dem Beifahrersitz, das gekidnappte Mädchen hinter dem Fahrer und Sena daneben. Erst als sie auf der Straße waren traute sich Beni die Stille zu durchbrechen.

„Das… war ganz schön riskant.“

Saeko grinste etwas.

„Willkommen in meinem Alltag. Aber normalerweise gehe ich mit sehr viel weniger Leuten als ich komme.“

„Ayaki?“, kam es zögerlich von hinten und im Rückspiegel sah sie zu Sena. „Was passiert jetzt?“

Nervös klopfte Saeko auf das Lenkrad. Das war eine gute Frage. Sie war Beni etwas schuldig, Sena wollte sie sowieso bei sich haben und sie wollte das Mädchen auch nicht einfach opfern.

„Wir fahren zum Tsukigumi-Anwesen. Ich überlege mir unterwegs etwas.“

Eleventh Stage: A new Life

Noch immer saß das Mädchen zitternd auf ihrem Platz, warf nur ab und an einen Blick auf die Seite nachdem die Person, die sie zunächst für einen Mann mit sehr merkwürdiger Frisur gehalten hatte, den Hut vom Kopf gezogen hat. Sehr zu ihrer Verwunderung, zu ihrem Erstaunen und noch sehr viel wichtiger, zu ihrer Erschütterung war es die Sky Stage Queen. Halb abgeschminkt, mit wirrer, ungemachter und unschön gestutzter Frisur und obendrein in einem sehr viel zu großem Anzug. Als Beni sie aus ihrem Zimmer geholt hatte in dem sie versucht hatte sich etwas von den Torturen des Tages zu erholen war sie nicht wirklich schlau aus dem Handeln ihrer Aufpasser geworden. Um ehrlich zu sein war sie in diesem Moment auch nicht viel schlauer. Sie hatte noch immer keinen wirklichen Blick auf den Fahrer, hinter dem sie saß, erhaschen können, sah nur die Augen im Rückspiegel und konnte dennoch nicht sagen, wieso der Mann ihr so bekannt vorkam. Die Queen neben ihr war kreidebleich, zupfte leicht schnaufend und zitternd an den kurzen Haarsträhnen, während sie mit der anderen den Hut in ihrem Schoß knetete, doch sie schien sich langsam zu fangen. War dieses ganze überstürzte Handeln normal wenn man außerhalb gebucht wurde? Sie wusste es nicht, denn sie kam eigentlich kaum aus dem Zimmer. Wenn, dann nur um sich im Gemeinschaftsbad des ersten Stocks zumindest etwas waschen zu können.

„Hey kleines“, drang die Stimme vom Fahrer durch den Wagen und sie saß mit einem verschreckten Zucken aufrecht, blickte in die Augen im Rückspiegel. „Verrätst du uns deinen Namen?“

Die Stimme war eigentlich recht angenehm. Vergleichsweise hoch für einen Mann, aber mit einem angenehm rauchigen Unterton. Sie wurde etwas kleiner auf ihrem Platz.

„Ihr Name…“, begann Beni auf dem Beifahrersitz als sie selbst keinen Ton herausbrachte. Der Mann auf dem Fahrersitz brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen bevor er einen anderen Gang einlegte.

„Dich frage ich nicht.“ Die Augen fixierten sie erneut. „Also?“

Sie schluckte hart.

„Mikkii“, brachte sie dann doch mit heiserer Stimme hervor. „Sie rufen mich Mikkii.“

„Ist das auch dein Name?“

Nach kurzem Zögern nickte das Mädchen dann doch. Es interessierte sich doch sowieso niemand wirklich dafür wie sie wirklich hießen. Der Mann starrte sie im Rückspiegel noch einen Moment an bevor er ein zustimmendes Brummen von sich gab. Er bog um die nächste Ecke.

„Dann habe ich noch eine Frage an dich“, fuhr er fort. „Wie sehr hängst du am Leben?“

Mikkii fühlte Panik in sich aufsteigen. Wenn sie gekonnt hätte, dann hätte sie am liebsten die Tür aufgerissen und wäre raus gesprungen, aber die Angst hielt sie auf der Stelle.

„Ich… ich will nicht sterben“, flüsterte sie leise. Die Berührung an ihrem Arm verleitete sie dazu fast gegen die Tür zu springen.

„Beruhige dich“, sagte die Queen mit beruhigender Stimme. „Keiner tut dir etwas.“ Sie wand sich an den Fahrer. „Warum fragst du?“

„Weil wir ein paar Kleinigkeiten verändern müssen. An euch beiden meine ich.“ Eine kurze Pause und der Fahrer setzte den Blinker. „So, wie ihr jetzt seid würden wir alle sofort auffliegen und nur der Himmel weiß, wo das hinführen würde. Ich möchte möglichst keinen Clankrieg heraufbeschwören.“

„Das hättest du dir vorher überlegen sollen“, sagte Beni und seufzte schwer. Der Fahrer gab dem Guard einen abfälligen Blick.

„Ich habe nicht den Auslöser gedrückt.“

Beni schnaubte und die Queen schaltete sich erneut ein.

„Veränderung?“, sagte sie und beugte sich etwas vor. „In wie fern?“

Der Fahrer trommelte ein paar Male mit den Fingern auf das Lenkrad und fuhr in eine Seitenstraße.

„Wir werden euren kompletten Charakter verändern. Alles an euch, auch euer Aussehen. Ich hoffe, ihr seid gute Schauspieler. Wir werden euch zu Männern machen. So kann ich euch wenigstens mit zu Daddy nehmen ohne, dass er mir den Kopf abreist und die neue Identität wird euch helfen, euch vor Gaichi zu verstecken. Vorerst zumindest.“

Mikkii sah während der Unterhaltung nur von einer Person zur nächsten ohne wirklich zu verstehen, was vor sich ging. Neue Identität? Dann war das gar keine Buchung? Dumm war das Mädchen immerhin nicht.

„Du bist vom Sky Stage abgehauen?“, brach es auf einmal aus ihr heraus, lauter als sie es vielleicht gewollt hatte und sie starrte dabei die Queen an. „Wieso? Gaichi wird…“

„Hast du mir nicht zugehört, Mikkii?“, unterbrach sie der Fahrer und das Mädchen sah wieder nach vorne. „Du hast jetzt noch die Wahl, aber sei dir bewusst, dass du nur zwei hast. Selbst wenn ich dich gehen lasse ist die Gefahr zu groß, dass dich einer der Clans wieder einsackt und egal ob sie dich foltern oder nicht, sie würden dich am Ende töten. Du bist gerade genauso ein Ausreißer wie Sena.“ Mikkii fühlte erneut, wie sie bleich wurde. „Ich biete dir die Chance zu überleben und neu an zu fangen. Sei dir aber bewusst, dass es gerade für dich als Mädchen nicht leicht sein wird. Ich kann dich als Shinko tarnen und dich in den Clan schmuggeln, aber von da an bist du auf dich allein gestellt.“

Sie hatte also keine Wahl. Entweder sie tat, was dieser Mann ihr sagte, oder sie würde sterben. Sie zog etwas am viel zu weiten Oberteil und starrte auf ihre Hand. Sie hatte inzwischen so viel abgenommen, dass ihre Haut lediglich auf den Knochen zu liegen schien.

„Und was ist mit Beni und mir?“, fragte die Queen neben ihr.

„Beni wird bei den Shinkos kein Problem haben.“ Er wand den Blick zum Guard. „Du könntest schnell zum Current werden. Streng genommen sind wir quitt. Du hast mir das Leben gerettet und ich dir. Aber wenn du auch nur einen falschen Schritt tun solltest werde ich nicht zögern dir das Genick zu brechen.“

Mikkii war nicht entgangen, dass er die Frage der Queen nicht ganz beantwortet hatte, aber sie war zu sehr in ihren eigenen Gedanken vertieft als sich darum zu kümmern. Ein Mann zu werden und zu verkörpern… konnte sie das eigentlich? Sie wurde oft für einen Jungen gehalten, hatte eine vergleichsweise tiefe Stimme, aber dies gänzlich zu verkörpern… vielleicht konnte sie es lernen. Es war die größte Freiheit, die sie sich für den Augenblick erhoffen konnte und alles war besser als für Senka Sklave zu sein. Nochmals sah sie auf die Queen. Sie schien sehr viel ruhiger zu sein als vorher, doch sah nicht minder gehetzt aus. Sie ließ sich zurück in den Sitz fallen und schwieg bis der Wagen endlich zum Stehen kam.
 

Asako war nicht so ganz zufrieden mit der Antwort. Ayaki hatte ihre Frage nicht beantwortet und sie selbst war deshalb noch immer im Dunkeln über das, was mit ihr geschehen würde. Sie fürchtete, dass es so sein würde wie bei Osa. Gedankenverloren griff sie sich in die Hosentasche, in der sie in der Eile den Ohrring des Hanagumi-Leads hatte verschwinden lassen, strich kurz über die glatte Oberfläche. Es war nur eine Frage der Zeit bevor Osa merken würde, dass sie nicht mehr da war und Gaichi hatte es sicherlich inzwischen herausgefunden. Sie musste etwas grinsen wenn sie sich das wutverzerrte Gesicht des Stars vorstellte. Der Wagen blieb ruckartig stehen blieb und sie sah nach draußen. Sie waren in einer kleinen, fast gänzlich leeren Straße mit einigen kleineren Hochhäusern im üblichen Grau und mit wenigen Autos, die auf den spärlichen Parkplätzen parkten. Asako drückte sich den Hut auf den Kopf bevor sie ausstieg, den Blick schweifen ließ. Mikkii, Beni und Ayaki verließen ebenfalls das Innere des Wagens und Ayaki selbst verriegelte die Türen.

„Wo sind wir?“, fragte sie und sah zu dem Tsukigumi-Star.

„In Tsukigumi-Gebiet. Bevor ich euch zu Daddy bringen kann müssen wir euch entsprechend herrichten. Ich kenne die entsprechenden Leute dafür. Hoffen wir nur, dass Wataru nicht da ist.“

Stumm folgte die kleine Gruppe dem Star ins Innere des Gebäudes auf der anderen Seite, folgte ihm bis vor den Fahrstuhl, wo sie stoppten und Ayaki nach einem Telefon im Inneren seiner Jacke griff.
 

Saeko konnte sich nicht erinnern jemals in ihrem Leben derartig nervös gewesen zu sein. Selbst bei ihrem allerersten Auftrag, den sie immerhin schon in jungen Jahren gehabt hatte, hatten ihre Finger nicht so stark gezittert wie in dem Moment, an dem sie das Telefon ans Ohr drückte. Sie entschied sich sich an die einzigen Personen zu wenden, denen sie vertraute. Wataru konnte sie nichts sagen. Ihr Bruder hielt nichts von dem, was sie getan hatte, hielt nichts von derart gefühlsgeleiteten Aktionen und hätte sie sicherlich an Daddy verpetzt. Das letzte, was ihr Vater brauchte war der Stress, den ein erneuter Clankrieg mit sich bringen würde. Sicherlich ständen sie besser da als Hoshigumi seinerzeit, aber sie wollte nichts heraufbeschwören. Es war einfacher alle in dem Glauben zu lassen es handelte sich bei den beiden Mädchen um junge Männer, die Anwärter auf Tsukigumi waren anstelle von einer Servant aus dem ersten Stock und der Sky Stage Queen selbst.

„Ist etwas wichtiges?“, klang es vom anderen Ende.

„Ist Wataru in der Nähe?“, fragte sie nach. Ein kurzer Moment des Schweigens in denen der Star gedanklich die Finger kreuzte.

„Nein. Ich bin alleine.“

„Gut. Dann beweg deinen Hintern zum Apartment. Du musst mir unter die Arme greifen.“

„Was hast du dieses Mal verbrochen?“

Sie sah über die Schulter zu Sena, seufzte einmal schwer.

„Wenn ich es dir jetzt erzähle glaubst du es mir sowieso nicht.“

„Na gut. Bin gleich da, Boss.“

Damit legte sie auf, steckte das Telefon zurück in die Tasche und trat in den Fahrstuhl als dieser endlich unten ankam. Sie hatte das Telefonat so kurz wie möglich gehalten, zog im Fahrstuhl selbst den Hut wieder auf den Kopf und ins Gesicht. Wieso hatte sie geglaubt, dass das alles hier so eine gute Idee sei? Es könnte sie ihr Leben kosten wenn Haruno dahinter kam. Er kannte Sena wohl besser als jeder andere, würde sie erkennen wenn die Queen auch nur einen falschen Schritt tat. Sie hoffte einfach, dass Haruno selbst so abgelenkt von allem war, dass er gar nicht erst auf die Idee kam die Identität des Mädchens zu hinterfragen sobald sie tagtäglich in diesen Anzügen steckte. Doch wollte sie das überhaupt? Sie wollte Sena immerhin beschützen und sie nicht ans Messer liefern indem sie sie zum Shinko machte. Noch den ganzen Weg ins obere Stockwerk sah sie verbissen auf die Anzeige, wobei die drei um sie herum totenstill waren. Mit leisem 'Ping' öffnete sich die Tür und Saeko führte die kleine Gruppe durch den kleinen Gang, blieb vor einer Tür stehen und kramte in der Innentasche nach einem Schlüssel. Letztendlich war sie doch froh, sich dieses Apartment irgendwann einmal unter der Hand und unter falschem Namen gekauft zu haben. Es graute sie nur davor zu sehen wie es im Inneren aussah. Sie konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann sie das letzte Mal darin gewesen war. Die Wollmäuse würden schon Tango tanzen, was sich nach dem Eintreten nur bestätigte. Die Wohnung war sehr spärlich eingerichtet, gerade gut genug um dort schlafen und etwas kochen zu können, das Badezimmer hatte nur die nötigsten Utensilien, doch wenn sie sich richtig erinnerte hatte sie noch einen Haufen Ersatzanzüge in einem der Schränke. Halb in der Wohnung drehte sie sich um, sah die drei Personen hinter sich nach der Reihe an, blieb an Beni hängen.

„Nimm Mikkii, mit ins Badezimmer. Dort müsste irgendwo eine Schere liegen. Stutz ihr die Haare etwas. Ungefähr bis zum Kinn. Du bekommst gleich Unterstützung und dann bekommt sie eine passende Frisur.“

Beni nickte, nahm das Mädchen an die Hand und zog sie mehr oder minder mit sich durch den kleinen Raum in einen Gang und ins Bad hinein. Erst als die Tür hinter ihnen zufiel sah Saeko wieder zu Asako. Sie sah etwas kritisch drein, aber das war für sie nur zu verständlich. Der Star seufzte leise, senkte die Stimme etwas. Sie wollte nicht, dass Beni oder irgendwer mithörte.

„Du musst das alles nicht machen“, sagte Saeko und trat an die etwas kleinere Frau heran, legte ihr die Hände auf die Oberarme.

„Was meinst du?“, bekam sie nur als Gegenfrage und Sena legte den Kopf schief.

„Shinko werden. Tsukigumi. Ein Mann werden. Du musst das nicht tun, wenn du es nicht willst.“

„Und was soll ich dann bitte machen?“

„Du kannst hier bleiben. Das alles hier...“ Sie sah sich in der Wohnung um. „... ist mein Reich. Keiner, außer meinen engsten Vertrauten weiß davon. Ich kann dich beschützen. Du bist hier sicher.“

Sena sah sie einige Augenblicke an, wobei der Ausdruck in ihren Augen von Kritik zu Traurigkeit bis hin zu einem leicht wütendem Blick wechselte.

„Du klingst wie Osa.“

„Sena...“

„Asako“, sagte sie mit einem Mal und Saeko stockte etwas. „Mein Name. Asako.“

Saeko seufzte.

„Na schön. Asako. Ich will doch nur dein Bestes.“

„Und du glaubst es ist mein Bestes, wenn ich hier drinnen versauere?“

„Das habe ich nicht gesagt. Ich will nur nicht, dass du etwas tust, was du nicht willst oder was gefährlich für dich sein könnte.“

Sie erntete erneut ein paar Momente des Schweigens und Asako richtete den Blick auf den Boden.

„Das weiß ich doch. Ich hätte Nein sagen sollen, als du gesagt hast, dass du mich da raus holen willst.“ Ihr Blick traf den der anderen und Saeko fühlte den Klos im Hals. „Aber du hast es nur gut gemeint. Ich habe zugelassen, dass du mich von einem der gefürchtetsten Männer Japans aus dem gefährlichsten Club der ganzen Stadt entführst. Es gibt keinen Ort an dem ich sicher bin, Ayaki.“

Saeko's Hände glitten an den Armen der anderen hinunter und die jüngere Frau hielt sie schlussendlich an den Händen fest.

„Es... tut mir leid... Ich wünschte, ich könnte etwas tun.“

„Das kannst du.“ Saeko sah auf, blinzelte etwas irritiert. „Zeig mir, wie man kämpft. Ich kann mich durchsetzen, aber das allein wird mir sicherlich nicht helfen.“

„Asako ich bin mir nicht sicher ob...“

„Wenigstens das bist du mir schuldig. Ich will kein Püppchen zum Vorzeigen sein. Ich will nicht irgendwo stehen und angestarrt werden. Ich will wissen, wie man ohne einen zweiten Gedanken den Auslöser ziehen kann anstatt mich der Gnade irgendeines Tyrannen zu ergeben. Lieber würde ich an deiner Seite sterben.“

Abermals sah sie den Ausdruck in den Augen der kleineren. Selten hatte sie etwas derartiges gesehen. In Asako's Augen loderte die pure Entschlossenheit und Saeko's Mundwinkel zuckten zu einem nervösem Lächeln.

„Na schön“, sagte sie schlussendlich resigniert. „Wenn du das so willst, dann zeige ich es dir. Aber du musst mir versprechen vorsichtig zu sein bei dem, was du tust.“ Sie senkte abermals die Stimme. „Ich könnte es nicht ertragen wenn dir etwas passiert.“
 

Asako sah den Tsukigumi-Star intensiv an, legte den Kopf etwas schief. Diese Seite an ihm kannte sie noch gar nicht. Beinahe... zerbrechlich. Vorsichtig legte sie eine Hand an die Wange des Stars, strich sanft darüber und lächelte. Mehr wollte und musste sie eigentlich gar nicht hören. Sie zog Ayaki zu sich, hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen und schmiegte sich anschließend an den Körper des Stars. Sie hatte noch immer Angst, war noch immer zittrig, aber die Nähe des Stars beruhigte sie ungemein. Das alles war für den Moment zu viel für sie und sie hoffte einfach, dass sie zumindest ein paar Stunden Ruhe finden konnte bevor man sie vor das nächste Problem stellte.

„Du solltest dich vielleicht noch etwas hinlegen“, hörte sie die rauchige Stimme an ihrem Ohr. „Wir haben noch etwas Zeit.“

„Bleib bei mir“, flüsterte sie leise als Antwort und Ayaki führte sie hinüber zu der doch recht ansehnlichen Couch. Eine dünne Staubschicht lag darauf, die Ayaki mit einem Tuch hinunter fegte, dabei ein wenig aufwirbelte und sich dann darauf platzierte. Asako krabbelte zu ihm auf die Couch, legte sich hin und platzierte den Kopf im Schoß des Stars. Nochmals fühlte sie diese Vertrautheit, die sie schläfrig werden ließ. Es war noch etwas anderes, etwas, was so viel tiefer Lag. Doch was genau war es? Auf diese Frage fand sie keine Antwort und doch schien sie an ihrem Hinterkopf zu kratzen und nur darauf zu warten entdeckt zu werden. Sie wurde leicht dösig als die schlanken Finger durch ihre immer noch zerzausten Haare strichen.
 

Im Badezimmer machte sich der ehemalige Senka noch immer an ihren Haaren zu schaffen. Das Badezimmer war wirklich spärlich eingerichtet. Beni hatte eine ganze Weile gebraucht um die leicht eingerostete Schere zu finden, ihr damit die Haare auf etwas kürzer als Kinnlänge zu stutzen. Irgendwie schien der Ex-Guard dafür aber Talent zu haben. Ihr gefiel die Frisur, die sie schließlich hatte, doch sie sah damit erst recht aus wie ein Junge. Sich selbst musste sie dabei eingestehen, dass sie furchtbare Angst hatte. Schon wieder wurde sie in eine Welt geworfen, von der sie nichts wusste, in die sie gar nicht erst rein wollte.

„Wo kommst du her, Kleines?“, fragte Beni, der noch immer an ihren Haaren am Hinterkopf zu schaffen war.

„Von der Straße“, antwortete sie nur trocken, biss etwas die Zähne aufeinander.

„Nur von der Straße? Wie kommts?“

„Ich bin Waisenkind. Als ich alt genug war hat man mich aus dem Waisenhaus geworfen und ich bin auf der Straße gelandet.“

„Und wie kommst du ins Sky Stage?“

„Hanagumi.“

Der ehemalige Senka-Guard schwieg. Hanagumi war die offensichtlichste Antwort für alle Mädchen, die in Gaichi's Bordell landeten. Wenn Gaichi sie nicht selbst fand, dann wurden sie von Hanagumi angekauft. Die Mädchen hatten alle eine relativ gleiche Vorgeschichte. Sie landeten aus irgendeinem Grund auf der Straße, wurden von Haruno unter irgendeinem Vorwand aufgesammelt und anschließend an Gaichi verkauft. Jedoch hielten nur die wenigsten die ersten paar Monate durch. Viele der Mädchen verhungerten, wurden wegen Ungehorsam getötet oder nahmen sich einfach selbst das Leben. Mikkii hatte irgendwann gelernt einfach ab zu schalten, den Kopf gänzlich woanders zu haben wenn sich jemand an ihr vergriff.

„Du hast schöne Augen, Kleine“, kam es mit einem Mal von Beni und sie sah erneut auf, fand den Blick des anderen im Spiegel. „Benutz sie auch.“

„Was?“

„Sie sind traurig, ja, aber ich glaube, dass du durchaus Feuer haben kannst. Mein Ausbilder in Hoshigumi hat mir damals immer gesagt 'Benutz deine Augen und verschaff dir damit einen Vorteil, wenn du gesehen wirst'. Vielleicht solltest du das auch mal versuchen.“

„Du warst in Hoshigumi?“

„Bin hineingeboren worden. Meine halbe Familie gehörte zu Hoshigumi. Als aber dieses Massaker geschehen ist hat Gaichi uns sozusagen Adoptiert. Die, die sich geweigert haben, gibt es nicht mehr. Unter anderem auch ein paar Mitglieder meiner Familie.“

Mikkii senkte den Blick etwas.

„Das... das tut mir leid“, sagte sie mit gedämpfter Stimme. Sie hatte nur am Rande einmal etwas von diesem Massaker gehört.

„Das muss es nicht. Ich frage mich immer noch, wie das geschehen konnte. Ich war mir immer sicher, dass der damalige Star nichts mit der Ermordung des Yukigumi-Stars zu tun hatte.“

„Wieso?“

„Es... es war einfach nicht seine Art. Ich kannte ihn nicht, aber meine Eltern.“ Beni klopfte ihr auf die Schulter und grinste. „Schauen wir einfach mal, wie es so weitergeht. Ich muss zugeben, dass ich mich ein bisschen auf Tsukigumi freue.“

„Wieso?“

„Normalerweise kommt man nicht einfach so da rein. Tsukigumi ist schon ne komische Rasse Mensch. Die echte Ausbildung bekommt man soweit ich weiß nur, wenn man Current ist. Shinkos bekommen das beigebracht, was man auf jeder Polizeischule lernt.“

„Und das wäre?“

„Umgang mit Waffen, Kampfsporttraining, Ausdauer... der ganz Kram.“

„Woher weißt du das?“

„Tsukigumi-Shinkos plappern und prahlen. Von den Currents aufwärts weiß aber kaum jemand was.“

„Ah...“

Es klingelte in der Wohnung und die beiden Abtrünnigen sahen gleichzeitig zur Tür, warfen sich einen flüchtigen Blick zu bevor sie sich beide erhoben und den Kopf aus dem Badezimmer steckten. Das Tsukigumi-Mitglied erhob sich und Sena setzte sich ebenfalls auf. Es schien als hatten sie auf dem Sofa gedöst. Kurz nachdem die Tür geöffnet wurde trat auch schon die nächste Person ein, die Mikkii nur vom Aussehen her kannte.

„Was ist los, Ayaki?“, fragte die eingetretene Person.
 

Eigentlich hatte sie nicht gedacht so schnell schon irgendwo hinbestellt zu werden, aber sie wollte sich mal nicht beschweren. Immerhin wusste Yuuhi genau, dass sie immer auf Abruf bereitstehen und so schnell wie möglich von A nach B kommen musste. Es gehörte zu ihrem Alltag und dennoch hatte der Anruf ihres Stars sie deutlich beunruhigt. Sie hatte diesen Tonfall in Ayaki’s Stimme schon seit Jahren nichtmehr gehört. Doch was sie dann in dem eingestaubten Apartment vorfand hatte sie nicht in ihren kühnsten Träumen glauben wollen. Abwesend starrte sie in das vertraute Gesicht mit den sichtlich gestutzten Haaren.

„S-Sena!“, stammelte der Guard. „W-was… w-wie?“ Ihr Blick fiel auf Ayaki. „Was zur Hölle…?“

Der Star hob die Hand.

„Beruhige dich. Wir sind noch mehr.“ Er deutete hinüber zum Badezimmer, wo gerade Beni und ein Junge kurz danach herauskamen. „Ich denke ihr beide kennt euch.“

Yuuhi fühlte, wie sie bleich wurde, steif durch die Wohnung ging und sich erst einmal setzen musste. Die Sky Stage-Queen und ihr Guard. Obendrein noch ein völlig fremder Junge.

„Ayaki w-was zur Hölle geht hier vor?“

Ein Seufzen und ein müdes Lächeln war alles, was sie vom Tsukigumi-Erben bekam.

„Sagen wir…“, begann er und verschränkte die Arme. „Ich hatte einen kleinen Zwischenfall mit Yurika.“

„Und dafür entführst du die Queen?!“

Eigentlich hatte sie das Mädchen erst auf den zweiten Blick erkannt. Sie trug einen viel zu großen Anzug, an dessen Kragen sogar Blut klebte, ihre Haare waren zerzaust und ihre Make-Up verwischt.

„Ich habe meine Gründe.“

„Aber…“

„Kein Aber!“ Bei dem strengen Tonfall zuckte sie doch zusammen. „Du wirst mir helfen, Yuuhi. Und du wirst keinem davon erzählen. Ist das klar?!“

„… Ja, Boss.“

„Gut.“ Er zeigte hinüber zu Beni und dem Jungen. „Der Kleine heißt Tenju Mitsuki. Er ist der neue Anwärter auf den Shinko-Posten nachdem Shimon letztens einen erschossen hat. Beni stecken wir ebenfalls dazu.“

„Aber wir haben schon drei Anwärter.“

„Dann schließen wir sie halt zu einem Team zusammen. Daddy wollte Wataru sowieso einmal auf die Shinkos ansetzen. Dann macht er wenigstens etwas. Je beschäftigter wir ihn halten, umso besser.“ Ayaki sah hinüber zu der Queen. „Ich nehme Sena unter meine Fittiche. Die meisten kennen sie sowieso nur unter ‚Queen‘. Machen wir es richtig, wird sie keiner bemerken.“

„Du… du willst... du willst die drei zu Tsukigumis machen?“

„Habe ich mich undeutlich ausgedrückt?“

„… Nein. Natürlich nicht. Aber wozu brauchst du mich dafür?“

Ayaki wand sich ihr abermals zu und Yuuhi wurde etwas kleiner auf ihrem Platz.

„Ich will, dass du ein Auge auf sie wirfst. Auf alle drei. Ich will nicht, dass ihnen etwas passiert. Das ist ein Befehl, habe ich mich klar ausgedrückt? Kiriyan werde ich einweihen, wenn ich die Zeit dafür finde. Jetzt sei so freundlich und schneid Sena und Mitsuki die Haare. Du kannst das besser als ich.“
 

Sie kamen nur sehr langsam voran, doch ehe Asako es sich versah steckte sie in einem passenden Anzug, ihre Haare waren gemacht und ihr Make-Up entfernt. Ayaki hatte im Schrank noch einen eingestaubten, schwarzen Anzug gefunden, eine passende Krawatte und das alles in ungefähr ihrer Größe. Es hätte genauso gut Ayakis selbst sein können. Wahrscheinlich war es das auch. Auch Mikkii war hergerichtet worden, doch hatten sie die Hosen nur sporadisch gekürzt, da das Mädchen doch ein wenig kleiner war als Asako selbst. Doch in dem Anzug, den kurzen Haaren und dem unpassend dunkelgrünen Hut sah sie eher aus wie ein Junge als die Queen. Ayaki hatte einige Zeit mit ihr im Badezimmer verbracht, hatte ihr geholfen die Züge ihres Gesichts mit dunklem Make-Up zu manipulieren, wobei Asako nicht um darum herumkam sich zu fragen wieso der Star so etwas wie Make-Up überhaupt gesagt. Dann wieder erklärte es sein immer gutes Aussehen. Auch Männern war das in der heutigen Zeit wichtig und wenn sie eine so hohe Position hatten… warum nicht?

Yuuhi, zumindest hatte sich der Guard dann doch so vorgestellt, hatte sich stattdessen um Mikkii gekümmert. Beni brauchte ja so etwas wie Hilfe bei seinem Auftreten nicht. Stattdessen hatte der Guard nebenbei einige Regeln erklärt, die Ayaki so zugelassen hatte und die sich Asako ebenfalls angehört hatte.

Einige Stunden später, oder wie lange es auch wirklich gedauert hatte, saßen sie zu fünft im Auto, Mikkii zwischen ihr selbst und Beni in der Mitte auf der Rückbank, Yuuhi am Steuer und Ayaki auf dem Beifahrersitz. Nervös tippte Asako auf ihrem Knie herum, sah dabei hinüber zu Beni, der mehr oder minder entspannt auf seinem Platz saß, sich darin sacken lies, streifte dabei Mikkii’s Blick, die wie ein nervöses Mädchen auf ihrem Platz kleiner wurde. Die Queen legte ihre Hand auf den Oberschenkel der kleineren, wobei diese etwas aufschreckte und mit großen Augen zu ihr sah. Mit dem Make-Up sah sie wirklich gänzlich anders aus als sonst und das war auch gut so.

„Hey. Keine Sorge. Alles wird gut.“

„Das hoffe ich“, wisperte Mikkii leise und schluckte hart.

„Schau einfach auf deine Umgebung. Verhalte dich unauffällig aber wie alle anderen. Es ist leichter sich zu verstecken wenn du nicht auffällst.“

Im Augenwinkel sah sie Ayaki nur flüchtig grinsen, da kam der Wagen auch schon zum Stehen. Die kleine Gruppe stieg aus. Sie befanden sich vor einem eher kleinen Gebäude, das an eine Lagerhalle erinnerte. Oder eine Abstellkammer. Von drinnen hörte man schon so etwas wie Kampfschreie. Asako hob die Augenbraue. Wo waren sie hingekommen?

„Kommt mit“, orderte Ayaki und die Gruppe folgte ihm, Yuuhi als letzter. Eigentlich hatte die Halle für ihr Aussehen einen perfekten Standort. Eingekesselt zwischen großen, aber leerstehenden Gebäuden war es unauffällig und wirkte fast baufällig. Erst als sie eintraten sahen sie, dass es alles andere als Baufällig war. Die äußere, kaputte Fassade war von innen mit dickem Stahl und Stahlträgern ausgekleidet, auf dem Boden waren Matten ausgelegt, die Fenster von innen verdunkelt ohne, dass man es von außen sah. In der Halle verteilt standen vereinzelte Leute und Asako erkannte auf Anhieb zwei von ihnen. Der größere, Kozuki Wataru, und sein Guard Kiriya Hiromu. Solche Gesichter vergaß man nicht, auch wenn Wataru sich dazu entschieden hatte mal wieder einen Anzug zu tragen, jedoch mit unverschämt tiefem Ausschnitt. Neben den beiden stand ein weiterer, alter Mann, der von Männern geradezu umzingelt war. Auf den Matten waren ein paar weitere Männer, sehr junge wie es schien, und betrieben so etwas wie Kampfsport. Ein weiterer Mann stand an dessen Rand, brüllte ab und zu Befehle und überwachte das alles streng.

Ayaki hingegen ging strickt an den Matten vorbei, die vier anderen hinter ihm her, wogegen Yuuhi am Eingang stehen blieb. Während Asako jedoch versuchte stur geradeaus zu sehen, aufrecht zu gehen und erst einmal mit den Absätzen klar zu kommen rutschte Mikkii näher an sie heran, sah sich nervös um. Asako schlug ihr nur auf den Oberarm, schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken nach vorne zu sehen.

„Sohnemann!“, rief der alte Mann aus und erhob sich aus seinem Stuhl, lächelte herzlich und ging auf Ayaki zu bevor er diesen kurz umarmte. „Ich habe dich nicht hier erwartet. Was bringt dich hier her. Es ist Wataru’s Aufgabe das Training zu übernehmen.“

„Ich weiß, Daddy, ich weiß“, antwortete Ayaki nur und lächelte den Mann an. Das war dann wohl der Vater und Lead von Tsukigumi. Kein Wunder, dass hier so viele Guards herumhingen. Nicht einmal eine Fliege würde hier reinkommen ohne bemerkt zu werden. Das erklärte auch wieso sie so intensiv gemustert wurden.

„Was bringt dich also hierher? Und wer sind diese jungen Männer?“

Ayaki warf einen Blick über die Schulter zu ihnen, doch Asako selbst war zu abgelenkt von dem, was sich auf der Matte abspielte um genau zu verstehen was Ayaki mit seinem Vater tuschelte. Zwei der Männer betrieben dort wohl so etwas wie Kampfsport. Einer davon war der Angreifer, der andere verteidigte sich. Asako konnte allerdings sagen, dass es noch blutige Anfänger waren. Sie hatte damals immer dabei zugesehen und konnte sich noch gut daran erinnern wie es aussehen sollte.
 

Mikkii sah nur im Augenwinkel wie Sena sich die beiden Männer auf der Matte genauer ansah. Ein weiterer saß am Rand und sah sich das Geschehen genauer an, aber die junge Frau selbst war mehr interessiert an dem, was bei Ayaki und seinem Vater los war. Sie schienen in eine hitzige Diskussion gekommen zu sein und auch der größte der drei Männer hatte sich hinzugesellt. Irgendetwas war merkwürdig an dem Mann in dem lila Anzug. Er strahlte eine Aura von Stärke aus, aber hielt sich dennoch zurück. Mit einem Mal sah er auf und ihre Blicke kreuzten sich, wobei Mikkii für eine Weile nur starren konnte. Sie fühlte ihr Herz springen und mit einem Mal fühlte sie Angst. Ihre Hände zitterten und dennoch zwang sie sich ruhig zu bleiben. Der Mann lächelte und beugte sich etwas zu Ayaki’s Vater, mischte sich in die Diskussion mit ein. Schon ein paar endlose Minuten später fiel der älteste Mann ins Schweigen, ging an den beiden anderen Männern vorbei und blieb kurz vor Ende der Matte stehen. Die Männer verschwiegen fast gleichzeitig und sahen zu ihm.

„Wie es scheint“, begann der älteste Mann. „haben wir Zuwachs bekommen. Diese drei hier werden ab sofort mit euch trainieren. Unter Wataru’s Aufsicht. Macht euch miteinander bekannt und macht dann weiter.“

Daraufhin ging der Mann an ihnen allen vorbei, dicht gefolgt von Ayaki. Dieser warf ihnen nur noch einen kurzen Blick zu, doch das Lächeln war eindeutig für Sena bestimmt. Mikkii fühlte wie die Angst nochmals in ihr aufstieg. Ayaki hatte sie immerhin beschützt und jetzt waren sie allein.

„Komm schon“, riss sie Beni’s Stimme aus den Gedanken. Sena war schon auf den Matten, ging ihnen allen voran auf die anderen drei zu, Beni dicht hinter ihr und Mikkii hechtete zuletzt hinterher. „Nur keine falsche Scheu.“

Die drei anderen Männer stellten sich vor ihnen in einer Reihe auf, wobei die beiden, die die ganze Zeit trainiert hatten, heftig am Schwitzen waren unter den Anzügen. Die eng sitzenden Krawatten sahen mehr als unangenehm aus und Mikkii sah sich schon darin keuchen.

„Sena Jun“, sagte Sena zuerst, verbeugte sich leicht. Der Mann ganz links nickte leicht und nacheinander stellten sie sich vor.

„Miya Rurika.“

„Ichijou Azusa.“

„Kisaragi Ren.“

Beni neben ihr nickte leicht.

„Schön euch kennen zu lernen“, begann er. „Kurenai Yuzuru.“

Mikkii fühlte, wie die Blicke kurz darauf auf ihr klebten und sie schluckte erneut hart. Ihr war aufgefallen, dass Sena ihre Stimme gedrückt hatte und sie versuchte es ihr gleich zu tun.

„Ten…“ Sie räusperte sich leicht. „Tenju Mitsuki.“

Twelfth Stage: One Week, Two weeks...

„Sie ist… weg…“

Die Nachricht war wohl noch nicht so ganz bei Haruno angekommen, aber Gaichi schluckte innerlich dennoch den klebrigen Klos herunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Nicht nur hatte sie einen ihrer besten Guards tot aufgefunden, das Häschen war weg. Einfach so und unauffindbar. Gaichi hatte sich gewundert, dass Sena nicht frühzeitig hinter die Bühne gekommen war um sich für den Auftritt fertig zu machen, doch als sie Yurika hatte rufen wollen war er einfach nicht aufgekreuzt. Zuerst hatte sie geglaubt, dass Sena in ihrem Zimmer vielleicht die Zeit verpennt hatte, das hätte sie noch verzeihen können, aber dort war sie auch nicht gewesen. An diesem Punkt hatte Gaichi dann doch Panik bekommen und den Club durchsuchen lassen. Sie war sogar so weit gegangen in den öffentlichen Teil des Clubs zu gehen um zu überprüfen ob Sena nicht vielleicht versehentlich dort hingebracht wurde, doch wieder einmal Fehlanzeige. Die einzige Möglichkeit war noch der dritte Stock, in den der Chef des Sky Stage natürlich sofort gelaufen war nur um ein kleines Horrorszenario vor zu finden. Eine Leiche, Blut, das alles war eigentlich völlig normal, doch den leeren Raum zu sehen schnürte ihr den Hals zu. Der Raum stank nach dem Blut und als sie eingetreten war wusste sie auch wieso. Der tote Körper, den sie schnell als ihren vermissten Guard identifizierte, lag ausgezogen und mit einem Tuch um den Kopf auf dem Boden. Die Blutlache, die den teuren Teppich zierte sprach dabei für sich. Irgendwer hatte sehr gezielt einen Kopfschuss angesetzt. Etwas weiter entfernt im Raum lagen einige braune Haarsträhnen auf dem Boden, die ebenfalls keinen Zweifel zuließen. Gaichi war schlau genug um sich zusammen zu puzzeln was passiert war, hatte es den Guards überlassen die Leiche weg zu schaffen. Dabei war es ihr egal ob sie bemerkten, dass ihre rechte Hand eigentlich ein Mädchen war. Das hatte sie schon gewusst als sie Yurika aufgenommen hatte, aber wie hieß es so schön? Hinter jedem starken Mann stand eine stärkere Frau. Vermutlich würden sie sowieso annehmen, dass es nur ein Mädchen aus dem Bordell war, dass man abgeschossen hatte und Gaichi bezweifelte, dass irgendwer Yurika das Tuch abnehmen würde. Sie hatte dennoch viel größere Sorgen. Das Häschen war weg und das unter ihrer Aufsicht. Keiner hatte sie gesehen, es gab keine Überwachungskameras oder zumindest keine Aufzeichnungen davon, gesehen hatte sie auch keiner. Wie denn auch? Vermutlich hatte man sie für Yurika gehalten wenn das Häschen tatsächlich den Anzug angezogen hatte.

Jetzt stand sie in ihrem Büro, umringt von ihren Guards um sich vor der Wut des Hanagumi-Stars zu schützen. Man konnte ihm geradezu ansehen wie die Information sich durch seinen Kopf fraß, sich dort langsam breit machte und wie der Blutdruck langsam anstieg. Sein Gesicht wurde rot als er Luft holte und die Stimme donnerte daraufhin durch den Raum.

„Sie ist weg?! Und du hast es zugelassen?! Wir hatten eine Vereinbarung, Gaichi!“

„Beruhige dich…“

„Beruhigen?! Sena gehört mir und du hast sie aus den Augen gelassen! UND du willst mir weiß machen, dass man sie einfach weggeschnappt hat ohne, dass du davon etwas gewusst hast?!“

„Ich sage dir die Wahrheit.“

Haruno stand schnaubend auf der Stelle, strich sich mit der Hand übers Gesicht. Er sah aus wie ein Nashorn, das bereit war jeden Moment auf sein Ziel zuzustürmen.

„Ich hoffe sehr für dich…“, begann er kurz daraufhin. „…dass du einen guten Plan hast mir mein Mädchen wieder zu beschaffen. Sonst, und das kannst du mir glauben, werde ich deinen blöden Club den Erdboden gleich machen und dich auf den Meeresgrund verfrachten.“

Gaichi spürte wie sich ihr Hals zuzog. Haruno so wütend zu machen war eigentlich nie eine gute Idee, aber sie wusste, dass sie es nur schlimmer machen musste.

„Ich werde sehen, was ich tun kann.“

„Das ist keine Antwort!“

Der Hanagumi-Lead schnellte einen Schritt nach vorne und prompt zogen die Guards links und rechts neben ihr die Waffen, richteten den Lauf auf den Lead, der glücklicherweise sofort stehen blieb. Gaichi hob beruhigend die Hände.

„Hör mal, Haruno… Ich sage dir ich bringe dir dein Mädchen zurück und dann tue ich das auch. Du kannst dir aber sicherlich denken, dass ich selbst erst einmal herausfinden muss wie man mir das Häschen entwendet hat.“

„Du hast doch Kameras überall! Dann benutz sie auch!“

„Sie hat den Anzug einer meiner Guards angezogen. Ich gehe davon aus, dass man sie für ihn gehalten hat und deshalb hat keiner darauf geachtet.“ Gaichi seufzte etwas. Das würde nochmal ein gehöriges Stück Arbeit werden. „Gib mir ein bisschen Zeit und ich finde heraus wo dein Häschen ist.“

„Ich gebe dir eine Woche um sie zu finden, Gaichi“, zischte der Hanagumi-Star und fletschte wie ein Köter die Zähne. „Solltest du Sena bis dahin nicht gefunden und zu mir zurückgebracht haben werde ich ein paar Kontakte spielen lassen und dich aus dem Verkehr ziehen. Dann kannst du sehen wo du bleibst.“

Damit machte Haruno auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Raum. Erleichtert ließ Gaichi die Schultern fallen. Sie hatte mit etwas Schlimmeren gerechnet. Bekam man ein Zeitlimit so wie sie es gerade von Haruno bekommen hatte, dann hatte sie schon fast den Kopf aus der Schlinge gezogen. Alles, was sie machen musste war Haruno gegen Ende der Frist mit ein paar Informationen zu füttern um noch mehr heraus zu schlagen. Grob überschlagen rechnete sie mit mindestens zwei bis drei Wochen. Jedoch glaubte Gaichi nicht, dass das Häschen das Land verlassen hatte oder überhaupt konnte. So jemand hatte keinen Pass und den bekam man nicht so einfach ohne gewisse Kontakte. Das war normalerweise Hoshigumi-Aufgabe und Aran würde den Teufel tun und dem Hanagumi-Häschen helfen. Zumal der Clan sich das gerade überhaupt nicht leisten konnte. Aran konnte sich ja kaum leisten die Gebühr für den Club zu zahlen und die Mitgliedschaft war schon fast Voraussetzung für einen einigermaßen guten Ruf. Wenn er die Mitgliedschaft nicht halten konnte, dann war der Clan sowieso schon verdammt.

„Und?“, begann Tom, der sich das ganze Szenario schweigend aus der Ecke des Raumes mit angesehen hatte. Haruno hatte ihn gekonnt ignoriert und Tom hatte auch keine Anstalten gemacht irgendwie auf sich aufmerksam zu machen. „Was gedenkst du jetzt zu tun?“

„Warten. Das Häschen ist viel zu tief in dieser ganzen Sache drin. Irgendwann wird sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
 

Wenn sie gewusst hätte was auf sie zukam, dann hätte Asako sich vermutlich niemals darauf eingelassen was die nachfolgende Zeit passierte. Da hatte sie gedacht ihre Tage im Club wären schon kurz gewesen, aber das hier übertraf selbst ihre kühnsten Vorstellungen und sie bekam nur noch weniger Schlaf. Zwar besaß sie die Ausdauer sich von Wataru zusammen mit Beni, Renta, Mikkii, Miyacchi und Shiiran durch die Straßen, über die Sportplätze und am Fluss entlang hetzen zu lassen, aber das mit dem Luftholen musste sie definitiv noch einmal üben. Die Abbinde, die sie in ihrer neuen Rolle gezwungenermaßen tragen musste, drückte auf eine ganz andere Weise auf ihren Oberkörper als die Korsetts es getan hatten und sie rang nach einer Weile nach Luft. Mikkii schien es nicht anders zu gehen, nur dass die Jüngere beim Kampfsporttraining sehr viel mehr Talent aufwies als Asako. Beni war hingegen gar keine Frage. Ihr ehemaliger Guard erledigte die Aufgaben mit Leichtigkeit, auch wenn man ihnen noch keine Waffe in die Hand drückte, so wie sie das eigentlich erwartet hatte. Stattdessen plagte man sie mit Konzentrationsübungen, bei denen besonders Miyacchi zu versagen schien. Eine Waffe drückte man ihnen aber noch nicht in die Hand. Vermutlich fürchtete man noch, dass sie sich gegenseitig erschießen würden falls es soweit kommen sollte.

Nach dem Training brachte man sie und Mikkii in Begleitung von Yuuhi zurück in die Wohnung, die man inzwischen auch abgestaubt und gereinigt hatte. Saeko kam jedoch nur selten zu besuch. Der Tsukigumi-Erbe schien ganz offensichtlich mehr als gestresst zu sein, wobei Asako sich dabei wieder schuldig fühlte. Ihr war durchaus bewusst, dass er den ganzen Stress nur wegen ihr hatte. Saeko blieb auch nie über Nacht, schneite nur kurz für ein oder zwei Stunden hinein um sich nach ihr zu erkundigen und ging dann wieder seiner Arbeit nach.

So zogen sich die Tage, in denen sie immer hin und her pendelten, auch wenn es ihr mit der Zeit leichter fiel sich den Ansprüchen zu stellen. Mikkii hinkte ein wenig hinterher, aber wurde besonders von Miyacchi und Shiiran herzlich in die Gruppe mit einbezogen. Für kaltblütige Killer, die sie werden sollten, waren sie ein durchaus schräges Paar. Beni tat auch weiterhin seine Pflicht und passte auf sie auf, so wie Saeko es ihm befohlen hatte.

Nach einem Dauerlauf nahm Wataru die sechs jedoch auf die Seite und Asako griff nach einem Handtuch, mit dem sie sich den Schweiß von der Stirn tupfte. Sie hatte einige Schläge von Miyacchi kassiert und dabei einen ziemlichen Fleck auf dem Arm davongetragen. Für jemanden seiner Statur hatte der Kerl durchaus Kraft.

„Das sieht doch bisher ganz gut aus“, sagte Wataru und winkte die Gruppe mit sich mit. Sie befanden sich, wie immer fürs Kampftraining, in einer kleinen Halle, dessen Boden mit Matten ausgelegt war. Es war immer eine andere Halle, aber immer gleich aufgebaut. „Daddy meinte ich soll die nächste Stufe mit euch machen. Wollen wir mal sehen wie gut ihr mit Waffen umgehen könnt. Sich im Nahkampf zu verteidigen ist ja schön und gut, aber sehr unsauber.“

Die Gruppe sah sich irritiert an, folgten dem Tsukigumi-Star. Dieser machte vor einem in die Wand eingelassenen Kasten halt, den Asako zunächst für den Sicherungskasten gehalten hatte. Sie warf einen Blick zu Mikkii, die aber genauso fragend zurücksah. Mit zwei Handgriffen öffnete der Star den Kasten nur um darin eine kleine Maschinerie vor zu finden. Die Handfläche drückte er auf eine glatte Fläche und sprach seinen Namen laut aus. Ein leises Piepen ertönte und unweit von ihnen entfernt, Asako traute ihren Augen fast nicht, schob sich die Wand ineinander. Zumindest sah es so aus, aber auf den zweiten Blick sah sie, dass es nur eine dicke Tür war, die flüssig hinter die Wand glitt, die genauso aussah wie die Tür selbst. Ihr war der Unterschied zwischen der grauen Wand und der etwas dunkleren Tür nie aufgefallen, was jedoch an der spärlichen Belichtung lag. Man achtete erst darauf wenn man es wusste. Die kleine Gruppe trabte Wataru hinterher und eine schmale Treppe nach unten.

„Wird ja auch langsam mal Zeit“, sagte Renta an Mikkii gewandt. Der Blonde schien einen kleinen Narren an ihrer Freundin gefressen zu haben, zumindest wenn man davon ausging wie angeregt er immer versuchte sich mit ihr zu unterhalten und jedes Mal versuchte sie als Trainingspartner zu bekommen. Asako zog sie aus der Affäre indem sie Mikkii zu Beni schob und selbst mit Renta trainierte. Es war ihre Art sich zu entschuldigen dafür, dass sie das Mädchen einfach so verschleppt hatten, obwohl es ihr so deutlich besser gehen würde als im Bordell.

Unten angekommen erstreckte sich nur eine weitere, doch sehr viel moderner ausgestattete Halle. Die Wände waren in purem Stahl gekleidet, am Ende der Halle war etwas, was aussah wie Ziele und einige Schränke erstreckten sich an der Wand. In der Ferne hörte Asako, wie die Tür oben klickend zurück ins Schloss fiel. Schon wieder kam sie sich vor wie eine Ratte im Käfig. In einem Käfig, dass mit Dynamit und Schwarzpulver ausgekleidet war. Wataru tänzelte fast hinüber zu den Schränken, nickte sie zu sich hinüber. Sie wurde aus diesem Kerl nicht schlau. In einem Moment verhielt er sich wie der Macker vom Dienst, im nächsten war er ein Mädchen, wie es nur in Geschichtsbüchern stand. Im Moment erinnerte er sie etwas an Rotkäppchen, das mit einem gefüllten Korb zur Großmutter ging und unterwegs ein Liedchen trällerte. Abermals mit einem Fingerabdruck öffnete er einen der Schränke und die kleine Gruppe ging neugierig hinter ihn. Heraus zog er einige Gurte, die er auf dem Tisch direkt hinter ihm verteilte.

„Umschnallen“, befahl er. „Ihr werdet keinen Schritt mehr ohne diese Dinger machen. Denkt aber daran, dass ihr nur begrenzt Schuss habt. Ein Magazin. Mehr bekommt ihr nicht von mir. Das reicht weder um eine Bank aus zu rauben, noch um irgendwen großartig zu ermorden. Diese Dinger dienen einzig und allein dazu euch selbst zu verteidigen.“

Etwas argwöhnisch zog Asako den Gurt näher, der genau vor ihr war. Sie beinhaltete eine Pistole mit verdammt kleinem Kaliber. Wenn sie bei Osa richtig aufgepasst hatte würde das noch nicht einmal reichen um jemanden auch nur ansatzweise tödlich zu verletzen.

„Hier drin werdet ihr im übrigem die nächsten Tage verbringen.“ Er warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr. „Ayaki wird auch auf Herz und Nieren prüfen und herausfinden in welcher Weise man euch einsetzen kann. Ob ihr euch bequem auf ein Dach setzen dürft oder ob ihr Kanonenfutter werdet wird sich dann zeigen. Bis dahin schnallt euch die Gurte um.“

Da Asako sowieso keine Jacke anhatte war es ihr ein leichtes den Gurt so um zu schnallen, dass sie ihn kaum spürte, aber wusste, dass die Waffe an ihrer Seite war. Es war nur unangenehm zu fühlen wie das weite Shirt zusammengequetscht und aufgefaltet wurde und für einen Moment fürchtete sie fasst, dass man zu viel von ihrer Taille sehen würde. Das schien aber nicht der Fall zu sein, glücklicherweise.

Wataru fuhr damit fort einen weiteren Schrank zu öffnen und ein paar weitere Waffen heraus zu ziehen. Eine Pistole mit etwas größerem Kaliber und Schalldämpfer, ein Gewehr, dass fast so groß war wie sie selbst, ein paar kleine Messer und einen Armreif, in dem eine weitere Klinge eingelassen war. Ebenso ein paar kleinere Werkzeuge mit Nadeln und so weiter. Er erklärte sofort, dass sie mit so Dingen wie Gift und Techniken erst später arbeiten würden. Für den Augenblick erklärte er ihnen hauptsächlich den Aufbau des Scharfschützengewehrs, wie man Munition wechselte und die richtige Haltung. Asako saugte das alles in sich auf wie ein Schwamm und da schien sie auch nicht allein zu sein. Mikkii neben ihr stellte das erste Mal seit sie die Kleine mitgenommen hatten stellte sie Fragen, wobei sie gerade das Gewehr zu interessieren schien. Wataru nahm die Fragen mit Begeisterung hin und winkte das Mädchen zu sich hinüber. Es war erstaunlich wie Mikkii trotz der Absätze nur etwas über die Schulter des Mannes kam. Miyacchi und Shiiran beugten sich eher neugierig über die Messer und Asako glaubte zu hören, wie Shiiran einen Kommentar zu der hübschen Verarbeitung abgab. Immer wieder fiel ihr auf wie merkwürdig diese Leute waren, besah sich selbst aber lieber die Pistole mit dem zylinderförmigen Aufsatz bis ein paar weitere Absätze durch den Raum hallten. Wataru nahm es als Stichwort, ging hinüber zu seinem Bruder und klopfte ihm auf die Schulter.

„Wurde auch mal Zeit, dass du hier aufkreuzt. Wenn du mich entschuldigst, Bruderherz, ich bin weg.“

„Pass auf, dass dich diese Einstellung nicht irgendwann das Leben kostet, Wataru“, knurrte Ayaki nur und Wataru verließ den Raum endgültig. Asako hätte am liebsten die Schultern sacken gelassen. Mit Saeko fühlte sie sich sehr viel wohler als mit seinem Bruder, der mit den Augen an einfach allem klebte was sie tat. Noch immer hoffte Asako, dass der Ältere der Tsukigumibrüder sie nicht erkannt hatte, obwohl Saeko ihr versichert hatte, dass man sie unter dem Make-Up nicht erkennen konnte. Eigentlich wusste sie gar nicht wieso sie sich solche Sorgen machte. Manchmal, wenn sie in den Spiegel sah hatte sie selbst Probleme sich selbst wieder zuerkennen mit den kurzen Haaren und den unterstrichen harten Gesichtszügen.

„Sena. Komm zu mir“, sagte Saeko laut und Asako ging wie befohlen zu ihm hinüber. Er hatte sich das Gewehr genommen, an dem Mikkii so großes Interesse gezeigt hatte und stellte sie an eine Linie, die einige Meter entfernt von einer Zielscheibe stand. Da spürte sie eigentlich schon, wie sich das nächste Problem anbahnte.

„Das Scharfschützengewehr ist das, womit die meisten von uns arbeiten. Ihr werdet meistens dabei liegen, aber für den Augenblick wird das vollkommen reichen.“ Saeko brachte das Gewehr an ihr in Position und brachte sie in Haltung. „Ihr müsst mit einberechnen, dass sich die Kugel verziehen wird wenn ihr auf etwas schießt, was weiter entfernt ist. Im Voraus müsst ihr deshalb die Windrichtung in Erfahrung bringen, die Windstärke und ihr müsst sehen von welcher Position aus ihr schießt. Gewöhnlicher Weise zielt ihr ein gutes Stück über das Ziel je weiter ihr davon entfernt seid. Und wenn ihr abdrückt ist es noch wichtig den Körper so weit wie möglich an zu spannen, denn sonst haut euch der Rückstoß das Schultergelenk raus. Versuch es Sena.“

Asako war ein wenig überfordert mit der Fülle an Informationen, aber versuchte es so gut wie möglich um zu setzen. Sie spürte, wie sehr sie wackelte und hielt fast wie aus Reflex den Atem an, was ihr ein wenig mehr half das Ziel zu finden. Also etwas darüber, möglichst stillhalten…

Sie traf dennoch nicht. Dafür aber krachte das Gewehr mit einer Wucht gegen ihre Schulter, dass es ihr die Luft aus den Lungen schlug, sie das Gewehr sinken ließ und sich die Schulter hielt. Sie warf einen Blick zu Saeko, der argwöhnisch zum Ziel blickte. Kurz darauf beäugte er sie und legte den Kopf etwas schief.

„Kann es sein, dass du kurzsichtig bist?“

„Was?“

„Du hast mich gehört. Selbst für einen Anfänger ist das weit daneben.“

„… Ein bisschen.“

„Dann sag das das nächste Mal gleich.“ Saeko warf einen Blick zu Beni bevor er abermals in die Runde sah. „Noch jemand mit Sehproblemen?“

Sowohl Beni als auch Miyacchi hoben zögerlich die Hand.
 

„Habe ich mich eigentlich ungünstig ausgedrückt? Ist es so schwer das zu machen, was ich verlange?“

„Boss… Ich schwöre, dass Mami da seine Finger im Spiel hat.“

Chie fühlte, wie sie unter dem Blicken ihres Chefs ein wenig kleiner wurde.

„Und an welchem Punkt interessiert mich das?“

„Es ist nicht meine Schuld, dass der Computer in die Luft geflogen ist.“

„Dann hoffe ich aber für dich, dass du weißt wie du dennoch an die Informationen kommst.“

„Ja… ich versuchs.“

„Nicht versuchen, sondern machen. Du hast zwei Tage Zeit oder du musst lernen zukünftig mit Neun Fingern zu schreiben.“

Chie schluckte hart, warf einen flüchtigen Blick zu Aran in der Hoffnung, dass sie vom Star zumindest ein wenig Unterstützung bekam. Der ging zum Chef, räusperte sich einmal.

„Boss wie steht es eigentlich mit der neuen Truppe, die du zusammenstellen wolltest? Immerhin ist das schon Wochen her.“

„Sie sind noch nicht soweit. Sie sind alle talentiert, aber noch kein Team. Es wird sich herausstellen wie gut sie wirklich sind, wenn sie den Auftrag in vier Wochen bekommen.“

„Und bleibt der Köder der Selbe?“

„Was hast du denn gedacht? Ich scherze nicht. Sieh du lieber zu, dass du die Unterlagen auftreibst.“ Der Blick traf wieder Chie. „Und du… kümmere dich um Mami. Ich will ihn auf einem Silbertablett mit Garnitur und in ein hübsches Paket verschnürt.“
 

„Es ist wirklich, wirklich schade, dass das Mädchen nicht mehr im Sky Stage ist.“ Mari nahm noch einen Schluck aus ihrer Teetasse, sah gequält drein und zog eine Schmolllippe. „Dabei hatte ich doch so schöne Kleidung für sie. Und ich wollte ihr meinen Zoo zeigen.“

„Jaja. Und dein zweites und drittes Spielzimmer, den Garten, das Tropenhaus…“

„Sei nicht so gemein Wao. Die Papageien hätten ihr sicherlich gefallen.“

Wao wiederstand nur mit Mühe mit den Augen zu rollen und ihre Missgunst dadurch aus zu drücken. Diese Papageien hatten sie einen Haufen Geld gekostet und sie hatten viel zu viel Verlust mit diesen dummen Dingern gemacht. Es wäre vielleicht etwas anderes, wenn Mari sich ab und zu dazu erbarmen würde die Tiere zumindest einmal an zu sehen, aber noch nicht einmal das tat sie regelmäßig. Zwei von den Tieren hatte sie schon austauschen müssen weil sie an Einsamkeit gestorben waren. Wao verstand nicht ganz wieso man Mari nicht einfach einen Hund oder eine Katze, irgendetwas Normales eben, vorsetzen konnte und sie konnte sich damit beschäftigen, aber nein. Laut ihrer Aussage kam das nicht in Frage. Katzen und Hunde haarten und machten ihre Kleider dreckig und die ohne Haare fand sie zu hässlich. Wao hätte zu gerne einen kleinen Hund gehabt, einen Papillon am liebsten, doch, wie sollte es anders sein, Mari verbot es.

„Was meinst du wieso sie weggelaufen ist? Ich hörte Haruno ist deshalb ganz außer sich“, ergänzte der Soragumi-Star und nahm einen Schluck von dem bitteren Tee. Mari ließ sich Zeit mit der Antwort, rührte stattdessen noch ein wenig in ihrer Porzellantasse herum bevor sie das Silberbesteck beiseitelegte. Die braunen Locken hüpften unter dem berüschten Headpiece als sie noch einen weiteren Schluck nahm.

„Vielleicht lag es ja an Haruno selbst. Man sollte das, was man unbedingt haben will immer in der Nähe behalten.“ Sie warf einen Blick auf Wao, den sie schon viel zu gut kannte. „Nicht wahr, Takako? Gerade du von allen Menschen solltest wissen, dass man die geliebte Person nicht für selbstverständlich nehmen kann.“

Wao sah auf die Seite.

„Fang nicht wieder mit diesem Thema an. Ich weiß, dass ich in deiner Schuld stehe.“

„Aber offensichtlich muss ich dich noch einmal daran erinnern.“ Die Tasse landete mit leisem Klacken wieder auf dem Tellerchen. „Dieser Typ, mit dem du dich damals eingelassen hast war nicht gut für dich. Er hat dich bezirzt, verkauft und verraten. Ohne mich wärst du jetzt tot.“

„Ich weiß!“, zischte Wao und warf sich etwas in ihrem Stuhl zurück. „Ich weiß es doch! Ich habe einen Fehler gemacht! Schön!“

„Schrei mich deswegen nicht an!“

Wao schluckte hart, lockerte die Finger, die sie auf dem Tisch zu Fäusten geballt hatte. Sie erinnerte sich nicht gern daran, doch wusste sie genau, was jetzt kam. Es war immer dasselbe. Wie ein Alptraum. Mari nahm den silbernen Spiegel zur Hand und betrachtete sich einen Moment in der blanken Fläche.

„Jetzt erzähl mir noch einmal davon. Ich höre so gerne wie gütig ich bin“, sagte Mari in dem Singsang, den sie auflegte wenn sie kurz davor war jemanden zu töten. Wao schluckte hart, fühlte geradezu wie ihre Stimme monoton wurde.

„Wir waren zusammen in der Shinko-Einheit, in die mich Vater gesteckt hatte. Damals in Yukigumi. Bei einem Deal bin ich bei einer Schießerei verwundet worden und er hat mich gerettet und versorgt. Wir… sind uns näher gekommen.“ Wao schluckte etwas. „Und dann eines Tages sind wir zusammen nach Soragumi. Als Currents. Wir sollten mit einer kleinen Gruppe einen einfachen Deal abhandeln. Er kam nicht mit weil es ihm nicht gut ging und er meinte, er würde die Sache nur behindern. Wir liefen in eine Falle.“

„… Und weiter?“

Wao holte tief Luft.

„Du hast uns ein paar Leute nachgeschickt. Du warst auch selbst dabei. Du hast verhindert, dass er mir die Waffe an die Stirn drückt und den Auslöser zieht.“

Wao starrte auf den Tisch, biss die Zähne fest aufeinander. Den Tag hatte sie nie vergessen. Mari hatte den, den sie einmal geliebt hatte, erschossen bevor er gleiches bei ihr hatte tun können. Es war alles viel zu schnell gegangen, aber sie hatte ihn dennoch erkannt, auch wenn es einzig an dem Ring war, den er am Finger getragen hatte. Sie hatte sich nicht getraut ihm ins Gesicht zu sehen, doch seither hatte sie sich Mari verschrieben. Die Kleinere zog ihren Stuhl zurück und Platzierte sich einfach auf ihrem Schoß, strich über ihre Haare und konnte ihr in dieser Haltung ganz einfach ins Gesicht sehen.

„Siehst du? Auf dieser Welt hast du nur mich, Takako. Deshalb bist du aber auch mein Star und kein anderer. Und ich habe dir alles auf dieser Welt versprochen, oder?“

„Ja“, brummte Wao nur, hob etwas den Blick um Mari besser ansehen zu können. „Aber worauf willst du hinaus? Du fängst nie so etwas an wenn du nichts im Hinterkopf hast.“

Mari kicherte etwas und beugte sich zu ihr, senkte die Stimme ein wenig. Diese Frau verwirrte sie jedes Mal aufs Neue. Dennoch war es eben der Punkt: Mari fing nie an Wao daran zu erinnern wie viel sie ihr eigentlich verdankte wenn sie nicht etwas im Kopf hatte, was diese Loyalität benötigte.

„Dann spitz mal deine hübschen Ohren. Wir haben momentan nämlich einige Geschäfte am Laufen. Unter anderem wirst du demnächst ein bisschen mehr mit Aran Kei zu tun haben.“

Wao hob erstaunt die Augenbrauen. Hoshigumi? Aber die waren doch zu rein gar nichts gut seit der alte Boss sich die Radieschen von unten ansah. Sie hatten ja nicht einmal einen Lead und der Star konnte kaum etwas außer mit der Faust auf den Tisch schlagen.

„Was soll das heißen?“

„Dass wir Hanagumi und Tsukigumi von ihrem hohen Ross stoßen werden. Anfangen werden wir mit Hanagumi und dazu brauchen wir das Hanagumihäschen.“

„Und wie willst du da rankommen? Sie ist weg.“

„Da kommt auch schon Hoshigumi ins Spiel. Sie sind nicht nur Diebe.“

„Informationsbeschaffer. Ja ich weiß. Aber sie haben keinen, der sie koordiniert. Wie sollen sie da auch nur einen Schritt tun ohne auf zu fliegen wie ein Elefant im Porzellanladen?“

„Deshalb werden wir ja dafür sorgen, dass ein wenig Ablenkung im Spiel ist.“ Wao schwieg etwas, kaute sich auf der Innenseite der Wange rum während sie Mari noch immer anstarrte und auf eine Antwort wartete. „Folgendes…“
 

„Asako?“, rief sie in den Raum als sie die Wohnung betrat. Saeko hatte sich etwas Zeit gelassen um nach zu kommen, denn immerhin sollte ja keiner wissen, dass sie Asako zu ihrer eigenen Wohnung brachte. „Asa-…“

Ein gedämpfter Schrei unterbrach sie. Mit zwei Sätzen war der Erbe am Badezimmer, stand darin und sah dabei zu, wie Beni Asako mit Nadel und Faden wieder zusammenflickte. Asako selbst biss auf einen Waschlappen um nicht zu viel Laut von sich zu geben.

„Ach stell dich nicht so an. Das passiert jedem Mal.“

„Fiiran fpielt nift fair“, nuschelte Asako bevor sie abermals fester auf den Waschlappen biss und Beni den letzten Stich setzte. Saeko hob nur schief eine Augenbraue auf die Szenerie. Mikkii hockte neben Asako am Boden und grinste schief während sie die Hand der anderen Frau hielt. Das Mädchen hatte sich in der Zeit, in der sie sich in der kleinen Gruppe zurechtfinden konnte, schon ziemlich verändert. Zumindest riss sie die Klappe viel weiter auf als vorher.

„Nunja…“, begann das Mädchen. „Shiiran ist eben nicht fair. Hättest du das nicht schon merken müssen, als er dich über die Schulter gehoben hat?“

Saeko sah wie Asako mit den Augen rollte, doch bevor sie Antwort stehen konnte drückte Beni einen Wattebausch mit Desinfizierungsflüssigkeit auf die gerade genähte Wunde am Arm. Sie konnte dabei zusehen wie sich das Gesicht der anderen verzerrte und wie sie mit aller Gewalt versuchte keinen Ton von sich zu geben. Zumindest das hatte das Training verbessert. Obendrein konnte Saeko leicht sagen, dass Asako an Muskelmasse zugenommen hatte. Die Arme wirkten unter dem Tanktop viel breiter. Saeko räusperte sich und die drei drehten sich zu ihr um. Beni grinste sie breit an.

„Hey Chef. So spät noch hier?“

Saeko entschied sich dazu den Guard zu ignorieren und sah Asako an, die sich gerade den Lappen aus dem Mund nahm.

„Alles in Ordnung bei dir?“

„Ja, ja. Die Schnittwunde bringt mich jetzt nicht um. Aber ein zweites Mal kommt er mir nicht damit davon.“

„Sei froh, dass er nur den Arm erwischt hat“, sagte Beni ungeniert und fing an den Arm der anderen Frau zu verbinden. „Wenn er deine Seite getroffen hätte war das mit dem Messer übel ausgegangen.“ Er lachte. „Außerdem bist du selbst schuld wenn du dich von ‚Schau mal, ein dreiköpfiger Affe‘ ablenken lässt.“

Saeko trat näher, schüttelte mit dem Kopf.

„Ruhe jetzt ihr beiden“, sagte sie streng zu Mikkii und Beni, nickte in Richtung Tür. „Geht schon. Ich mach den Rest.“

Die beiden angesprochenen gingen mit leisem Kichern nach draußen. Sie glaubte noch so etwas wie ‚Mami und Daddy wollen reden‘ gehört zu haben, aber das ignorierte sie für den Augenblick einfach mal. Sollten sie doch denken was sie wollten. Sie sah noch dabei zu wie Asako den Verband inspizierte und dann aufstand, trat an die Jüngere heran und griff vorsichtig nach deren Hand.

„Es tut mir leid, dass du verletzt worden bist“, sagte sie leise, drückte einen leichten Kuss auf die Fingerknöchel der anderen und ließ die Lippen daran liegen. Sie mochte den Geruch, der jetzt von der anderen ausging unheimlich. Es roch so viel frischer und so viel besser trotz des Schweißes.

„Ach papperlapapp“, lachte Asako leicht, nahm ihre Hand und trat einen Schritt näher, sodass sie die Hand auf ihre Schulter legen konnte. „Bleibt eben nicht aus, oder? Und ich lebe ja auch noch. Es hätte schlimmer kommen können.“

„Es wäre vielleicht nicht so gewesen wenn du mir gleich gesagt hättest, dass du kurzsichtig bist. Dann hätten wir mit dem Schusstraining weitermachen können anstatt gleich auf Nahkampfwaffen um zu steigen.“

„Zu meiner Verteidigung: du hast nie gefragt.“

Saeko konnte nicht anders als etwas daraufhin zu lachen. Sie hatte tatsächlich nie gefragt.

„Noch etwas, dass ich wissen sollte?“

„Ich liebe Hunde und am liebsten hätte ich eine weiße, französische Bulldogge.“

„Wieso?“ Saeko’s Verwunderung wurde nur noch größer.

„Damit ich ihn Blanche nennen kann.“

„… Das ist aber nicht sehr kreativ.“

Asako lachte etwas, legte die Arme um ihren Hals und zog sie ein wenig näher.

„Ich weiß. Aber ich möchte einen weißen Prinzen zu meinem schwarzen.“

Saeko grinste, schlang die Arme um die sanfte Taille und hielt die andere fest.

„So? Bekomme ich jetzt auch noch Kosenamen?“

„Natürlich mein schwarzer Prinz. Ist das etwas Neues?“

Saeko lächelte nur, beugte sich etwas vor um einen Kuss von ihrer Geliebten zu stehlen. Das war in letzter Zeit sowieso viel zu kurz gekommen durch den ganzen Stress, den sie aufgrund der Aktion im Sky Stage gehabt hatte. Die Spuren waren eigentlich so gut es nunmal geht verwischt, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Hinzu kam ja noch, dass sie Asako vor ihrem Bruder geheim halten musste, zumindest was ihre Herkunft anging. Sie konnte es sich nicht leisten, dass Wataru Fragen stellte, aber bisher war ihr Bruder noch ziemlich zutraulich und ruhig geblieben.

„Saeko?“, nuschelte es gegen ihre Lippen. „Bleibst du heute Nacht?“

„… Du weißt, ich kann nicht.“

Nicht nur, weil sie damit Asako in Gefahr bringen würde, sondern weil Asako sie immer noch für einen Mann hielt.

„Ich möchte aber gerne bei dir bleiben.“

„Ich will doch auch bei dir sein, aber es geht einfach nicht. Es wäre viel zu gefährlich.“

„Wenn du nicht bei mir im Bett bleiben willst, dann sag mir das.“

„Das ist es nicht.“

Saeko seufzte leise. Zu spät bemerkte sie wie die Hand gegen ihren Oberkörper drückte.

„Falls es das ist… davon wird keiner erfahren, Sae-chan.“ Sie fühlte, wie sie für einen Augenblick bleich wurde. „Glaubst du wirklich, du könntest das ewig vor mir geheimhalten?“

Thirteenth Stage: All according to Plan

Saeko fühlte wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich und sie unfähig war sofort auf die Vermutung der anderen zu antworten. Wohl eher auf die Tatsache, denn auch wenn sie es nicht explizit ausgesprochen hatte, so hatte sie doch ins Schwarze getroffen. Asako’s Hand glitt über ihren Oberkörper, fuhr fast sinnlich über ihre Brust und sah kurz darauf bevor sie an den Knöpfen ihres Hemds hängen blieb. Doch sehr zu ihrer Überraschung lächelte die Jüngere beugte sich vor sodass Saeko den Atem an ihren Lippen fühlten konnte und kurz darauf die strahlenden Augen, die ihr entgegen lächelten.

„Es ist okay“, flüsterte sie. „Ich sage niemandem etwas.“

„Aber wie… wie hast du..?“

„Ich hatte die Vermutung schon eine Weile aber… ich habe einfach ins Blaue geraten.“ Asako setzte einen sanften Kuss auf ihre Lippen. „Aber ich kümmere mich nur um dich. Da ist es egal wer oder was du bist.“

Verwirrt blinzelte der Star, seufzte dann aber resigniert. Stattdessen zog sie die Jüngere in ihre Arme, hielt sie fest.

„Behalt es für dich“, flüsterte sie in das Ohr der anderen. „Es ist wirklich wichtig.“

„Ich weiß. Keine Sorge. Ich weiß was ich erzählen kann und was nicht in die Köpfe anderer gehört.“

„Ich hoffe es. Ich hoffe es sehr. Ich will dir nicht wehtun.“ Saeko seufzte etwas. „Außer meiner Familie weiß niemand davon. Nicht einmal Yuuhi. Sei also bitte vorsichtig.“

Asako lachte nur leise für sich, zog sie aber näher und hauchte Saeko einen Kuss auf die Lippen, wobei sie sogleich fühlte wie ihr die Last von den Schultern fiel.

„Ich verspreche es dir. Oder ich reiße mir selbst ein Bein aus.“

Das brachte Saeko dann doch ebenfalls zum Lachen und ihr Kopf fiel gegen die Schulter der anderen. Sie verbrachte so einige Sekunden, schloss die Augen und fühlte den Atem der anderen an ihrem Ohr, die Berührung in ihren Haaren. Das Klicken der Tür brachte sie dann doch dazu auf zu sehen und sich von der Jüngeren zu lösen. Es war Mikkii, die gerade im Pyjama wieder aus dem Badezimmer gekommen war. Beni war womöglich schon längst in seinem Zimmer und das Mädchen sah sie mit großen Augen an. Sobald die Schminke runter war sah man doch wieder ein Mädchen unter dem jungenhaften Gesicht hervorscheinen. Sie blinzelte ein wenig verwirrt, wurde dann rot und sah auf den Boden.

„I-Ich wollte nur gute Nacht wünschen“, sagte sie und verbeugte sich tief, machte auf den nackten Füßen kehrt und schlüpfte hinter die nächste Tür. Saeko musste ein wenig grinsen. Das Mädchen hatte gewirkt wie ein Kind, das die Eltern gerade das erste Mal beim Rummachen erwischt hatte. Jetzt wo sie darauf achtete fiel ihr auch auf wie Asako’s Hand noch immer auf ihrem Oberkörper ruhte und als sie die Jüngere wieder ansah begegnete sie einem mehr als zweideutigem Grinsen.

„Was geht dir gerade im Kopf herum?“, fragte sie irritiert und Asako schnappte ihre Hand.

„Das wirst du gleich sehen. Und ich will es machen solange ich noch die Möglichkeit dafür habe.“
 

„Und du bist dir sicher, dass es perfekt ist?“

„Klar bin ich das. Einfach einstecken und… BÄM… Auch wenn ich nicht weiß wieso du das brauchst.“

„Ich sagte doch ich muss in ein System rein. Es ist leichter den Auftrag zu machen wenn ich volle Kontrolle über das ganze Ding habe.“

„Aber warum soll es aussehen als wäre es von Mami?“

„Weil es ein paar Ratten aus ihrem Versteck locken wird und ich meinen Spaß haben will.“

„Na gut… Wenn du das so sagst. Ist ja nicht so als könnte ich irgendetwas dagegen sagen.“

Der USB-Stick wechselte den Besitzer und verschwand in der Innenseite der Jackentasche. Die Luft stank nach Popcorn, auf den unzähligen Bildschirmen flimmerten Bilder und Filme auf, darüber gelegt einige kleinere Fenster mit Programmcodes und einige weitere mit kleinen Plänen, ebenfalls eine mit Google und diversen Websites, eine weitere gefüllt mit Bildern, die in seiner Länge unendlich war. Der Rest des Raums war stockduster, das Licht geblockt von den dicken Vorhängen, welche die Luft nur noch stickiger machten.

„Du solltest hier drin echt mal lüften. Und geh mal raus.“

„Mach ich wenn ich den nächsten Auftrag bekomme. Und wenn ich die Runde Tetris zu Ende gespielt habe.“

„Was hast du immer mit diesem blöden Tetris?“

„Die gleiche Obsession wie du mit hübschem Schmuck. Schicke neue Halskette im übrigem.“

„Das alte Ding? Schon wieder einige Monate alt. Ich brauche wirklich ein neues. Außerdem hat mir einer der Neuen das letztens angekratzt. Das fand ich nicht so toll.“

Die dicke Luft schien das leise Lachen nur noch mehr zu unterdrücken, wurde so aber wenigstens ein wenig in Bewegung versetzt.

„Für etwas anderes gibst du dein Geld ja auch nicht aus.“

„Sollte ich?“

„Ist deine Sache. Pass nur auf wenn du das Programm benutzt. Du kannst damit auf Knopfdruck jeden Computer in die Luft jagen, mit dem es verbunden ist.“

„Na dann ist es perfekt.“

Die Tür fiel mit leisem Klicken zurück ins Schloss und der Stuhl knarzte als er zurück zu den Bildschirmen gedreht wurde.
 

Als Asako wieder aufwachte lag ihr Kopf auf einer wohlduftenden, weichen Unterlage, wobei sie nicht anders konnte als die Nasenspitze und ihre Wange daran zu reiben. Es fühlte sich einfach so weich an, war so vertraut geworden und es brachte sie jedes Mal erneut dazu für sich zu grinsen, sich enger an die Wärmequelle zu kuscheln und die Fingerspitzen zurück unter die Bettdecke zu ziehen. Daraufhin erntete sie nur ein missgelauntes Brummen und ein leichtes Zucken als sie die warme Haut berührte. Sie grinste daraufhin nur noch mehr, setzte die Lippen an die Schulter der unter ihr liegenden Frau, die erneut eine nur leise, aber deutliche Reaktion von sich gab. Ein leises Seufzen, welches sie dazu antrieb die Spur weiter über die Schulter und über den Hals zu ziehen bis sie die Lippen der anderen erreichte und ihren schwarzen Prinzen aus dem Schlaf küsste. Es dauerte einige etliche Sekunden bis sie eine Reaktion bekam, aber kaum war diese da streiften die Zähne an ihrer Oberlippe, wurden deutlicher je wacher die Frau unter ihr wurde bis sie ungeniert die Zunge darüber gleiten ließ um sie in ein sanftes Spiel zu verwickeln. Asako rutschte weiter auf ihren Prinzen, wobei sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten als die nackte Haut auf die ihre traf.

Eigentlich war es Saeko nie so wirklich recht wenn sie beide nackt im Bett lagen, aber der Vorabend hatte sie beide so ausgelaugt dass sie einfach eingeschlafen waren. Außerdem hatten sie die Wohnung seit langem wieder einmal für sich, weshalb sie es einfach ausnutzen wollten. Es war immerhin nötig, dass sie allein waren, denn wie Asako schnell herausgefunden hatte war Saeko beim Sex sehr viel mehr Mädchen als Asako es je sein konnte. Selbst wenn die Ältere sie beim ersten Mal hatte führen müssen, wenn die Jüngere oftmals schüchtern gewesen war wenn es darum ging sich anfassen zu lassen, je öfter sie die Möglichkeit hatten das aus zu leben, umso mehr Gefallen fand Asako an dieser ganzen Sexgeschichte. Zwischen dem ganzen Training, dem Unterricht, den anderen Jungs und Wataru’s höchst merkwürdigen Trainingsmethoden war das auch völlig nötig. Das mit jemand anderem zu tun als Saeko konnte sie sich aber nicht vorstellen. Dazu war es viel zu gut, fühlte sich viel zu richtig an.

„Guten Morgen“, brummte es gegen ihre Lippen und Asako strich sinnlich mit den Fingerspitzen über die ausgeprägten Kanten von Saeko’s Unterkiefer während sie wartete bis die andere die Augen auch nur ansatzweise aufbekam. Für Tsukigumi’s so berühmten Assassinen kam der Star unglaublich schwer aus dem Bett.

„Guten Morgen.“ Asako platzierte einen weiteren Kuss auf dem Kinn der anderen. „Gut geschlafen?“

„Mehr als gut.“

Eine Hand schob sich auf ihren Rücken und fuhr über ihre Wirbelsäule. Womöglich zählte Saeko wieder ihre Rückenwirbel als müsste sie überprüfen ob alle noch da waren. Die Ältere hatte es sich irgendwie zur Angewohnheit gemacht ihre Rückenwirbel so deutlich und intensiv wie möglich nach zu fahren und zu befühlen, auch wenn Asako das genoss wie kaum etwas anderes. An ihren Schulterblättern angekommen öffnete ihr Prinz dann doch endlich die Augen und Asako starrte einige Momente in die dunklen Fluten bis sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich.

„Du solltest wach werden, mein Prinz. Am besten noch bevor dein Bruder hier auftaucht.“

Saeko seufzte unter ihren Fingern leise, blinzelte zwei Mal bevor sie den wohlgeformten Körper etwas unter ihr streckte und anspannte. Noch immer konnte Asako kaum glauben wie vertraut sie mit diesem Körper geworden war. Seit sie das Risiko eingegangen war und ins Blaue riet, Saeko damit ihr Geheimnis entlockt hatte, waren schon einige Monate vergangen. Monate, in welchen man sie und Mikkii mit den anderen Neulingen von einem geheimen Trainingsplatz zum anderen geschickt hatte, in denen sie in Kellern Schussübungen gemacht hatten, sich auf diversen Matten prügelten und den Kampfsport erlernten, die Schulbänke drückten und Aufgaben lösten, aber auch Monate in denen sie mit Saeko so viel Zeit wie möglich verbrachte, am liebsten natürlich so wie sie es in diesem Moment waren im Bett und am liebsten nackt. Noch lieber natürlich wenn sie den Kopf zwischen den Beinen der anderen vergraben konnte und ihr dieses heisere, spitze Stöhnen entlockte, an dem sie so Gefallen gefunden hatte. Für den Augenblick musste sie auf diese durchaus verlockende Aussicht aber doch verzichten, auch wenn sie in der Nacht schon mehr als genug davon gehabt hatte. Zu fühlen wie Saeko’s Nässe über ihr Kinn lief, wie sie schmeckte und roch war ein einfach unglaubliches Gefühl.

„Vielleicht hast du Recht. Wir sollten aufstehen.“

Ungewollt rollte Asako von der anderen herunter, spürte noch wie Saeko auf der anderen Seite des Bettes aufstand und sich erhob. Dabei konnte sie sich einen Schulterblick nicht verkneifen und sah den doch sehr präsenten Fleck am mittleren Rücken der anderen, grinste für sich bevor sie dann auch aufstand. Ihre Beine waren noch wacklig und ihr wurde schon wieder ganz warm wenn sie sich vorstellte was sie gerne tun würde, aber sie hinderte sich daran und ging zum Schrank, aus welchem sie die für den Tag benötigten Sachen fischte.
 

Noch während sie das Hemd weiter hochknöpfte sah Saeko wieder zu Asako, die gerade damit beschäftigt war sich vor dem Spiegel die Kontaktlinsen in die Augen zu legen, dabei aussah als hätte würde sie versuchen sich den Augapfel aus den Augenhöhlen zu holen. Die Jüngere zu beobachten war aber etwas, was sie viel zu gerne tat. Die meiste Zeit bemerkte Asako das noch nicht einmal und sei es nur wenn sie beim Training mal wieder Miyacchi aufs Kreuz legte. Für jemanden, der nicht in dieses Leben geboren worden war, war Asako mehr als talentiert und sie war froh, dass sie sich zwischen den Jungs so gut machte. Selbiges galt für Mikkii, wobei das Mädchen zusammen mit Beni sehr viel mehr mit Renta, Miyacchi und Shiiran rumhing als mit Asako. Sollte ihr recht sein, auch wenn sie schwören konnte, dass einer in der kleinen Gruppe manchmal ein bisschen zu genau hinsah wenn Mikkii anfing Übungen zu machen. Dabei war sie für die Jungs offiziell… naja ein Junge eben. Das Image setzte sie jedoch wunderbar durch, spätestens seitdem sie beim Schusstraining alle anderen in Punktezahl weit übertroffen hatte.

„Bist du aufgeregt?“, fragte Saeko nachdem auch Asako anfing die Krawatte um ihren Hals zu binden und mal wieder daran scheiterte. Sie würde es vermutlich nie lernen. Inzwischen konnte diese Frau ein Alarmsystem schief ansehen und es dadurch abstellen aber so etwas Einfaches wie einen Krawattenknoten bekam sie nicht zustande. Sie ging hinüber zu der Jüngeren und zog die beiden Enden zurecht bevor sie den Knoten band. Die Frage war nicht ganz unberechtigt und Saeko hatte nur deshalb alles um sie herum abgesagt um genau diese Nacht bei ihrer Freundin sein zu können. Das Ganze war in den letzten paar Tagen intensiv geplant worden und von ihrem Vater abgesegnet. Sie und Wataru würden die Bande von neuen Shinkos auf den ersten wirklich wichtigen Auftrag begleiten, sozusagen eine Feuerprobe, die so Leute wie Shimon schon hinter sich gebracht hatten. Das machte den Jungen nicht zum vollwertigen Current, aber er war schon verdammt nahe dran wenn man bedachte wie gut er gerade mit Zunko zusammenarbeitete.

„Ehrlich gesagt gar nicht. Die Aufregung kommt vermutlich erst vor Ort“, antwortete die Jüngere und sah sie an nachdem Saeko den Knoten gebunden und zurechtgerückt hatte. Saeko biss die Zähne fester zusammen, hob die Hand und fuhr mit den Fingern durch die noch immer zerzausten Haare.

„Sei vorsichtig. Ich weiß nicht ob ich lange auf dich aufpassen kann.“

„Ich will nicht, dass du auf mich aufpasst.“

Der Erbe hob die Augenbrauen, legte den Kopf etwas schief. Das war wiedermal typisch. Asako gab ständig Wiederworte sobald sie alleine waren.

„Ach willst du nicht? Daddy ist auch der Meinung ich sollte auf dich aufpassen.“

Es war Saeko schon so schwer gefallen ihrem Vater überhaupt etwas von dieser Beziehung zu beichten und außer ihm wusste vermutlich auch keiner außer Mikkii und Beni davon. Dann aber wieder hatte er ihr diese Last nur zu gerne abgenommen. Irgendwann während Saeko die Neuen beaufsichtig hatte und ihr Vater einen seiner üblichen Rundgänge machte um auf dem neusten Stand zu bleiben, irgendwann in dieser Zeit hatte er mit diesem Lächeln neben ihr gesessen. „Wann willst du ihn mir vorstellen?“, hatte er gefragt und Saeko war in diesem Moment Purpur geworden. Sie hatte womöglich etwas zu genau hingesehen. Doch hingegen ihrer Angst ihr Vater könnte sauer sein wenn er herausfand dass es sich bei Asako um eine Frau handelte, so hatte er sie nur angelächelt und genickt.

„Nein, Sae. Wenn ich wirklich etwas beweisen will, dann muss das auch ohne deine Hilfe gehen. Mach es einfach so wie es geplant ist. Dann wird alles gut gehen. Ich muss selbst irgendwann lernen den Abzug zu drücken anstatt das Maul auf zu reißen. Nicht so wie bei Yurika. Wenn Beni nicht da gewesen wäre, dann hätte er dich umgebracht und ich hätte es nicht verhindern können.“

Saeko fühlte wie ihr einen Moment lang mulmig wurde wenn sie daran zurückdachte. Es war nicht einmal das, was ihr wirklich Sorgen machte, sondern vielmehr Haruno’s groß ausgelegtes Suchkommando. Wenn jemand da war, der zu einem anderen Clan als Tsukigumi gehörte und der Asako erkannte stand Haruno schneller auf ihrer Matte als sie Asako verstecken konnte. Egal wie groß die Fortschritte der Jüngeren waren, sobald sie alleine vor Haruno stand würde sie den Kürzeren ziehen. Egal wie sehr sie diesen Mann verachtete und hasste, er war nicht umsonst in seiner Position und wenn er sein Häschen wirklich wiederhaben wollte würde er sie fesseln und knebeln, zerbrechen wie er es sonst mit unbeugsamer Ware tat bis sie ihm vor lauter Dankbarkeit den Schwanz lutschen würde. Das wollte sie unter allen Umständen verhindern. Dann aber seufzte die Ältere resigniert. Es hatte keinen Sinn.

„Gut. Unter der Bedingung, dass du sofort zu mir kommst falls etwas schief laufen sollte oder wenn dir mulmig wird. In unserem Job sollte man auf sein Bauchgefühl hören. Wir verschwinden sofort falls etwas nicht in Ordnung ist.“

Asako gab ihr wieder dieses wissende Grinsen, ergriff den Kragen ihres Hemds und zog sie näher.

„Na schön. Aber nur weil ich dich liebe“, flüsterte sie gegen ihre Lippen, küsste sie heiß und fing wieder an den obersten Hemdknopf zu öffnen.
 

„Ihr seid zu spät.“

Ohje. Wataru klang wirklich wütend. Mikkii rutschte auf ihrem Platz etwas zusammen, kaute fröhlich auf einem Mikado-Stäbchen herum und warf einen kurzen Blick zu ihren Freunden. Renta hing mit dem Oberkörper auf dem Tisch nachdem er die halbe Nacht wieder gespielt hatte. Miyacchi und Shiiran waren mal wieder damit beschäftigt die Geldstücke, die sie in ihren Hosentaschen gefunden hatten, auf möglichst unmögliche Art und Weise zu stapeln indem sie die kleinste Münze nach unten, die größte nach oben oder gar hochkant stellten und Beni war viel interessierter daran Renta kleine Zöpfchen in die Haare zu flechten anstatt wirklich auf Wataru zu hören, der gerade Sena und Ayaki zusammenstauchte, die knapp zehn Minuten zu spät aufgetaucht waren.

„Beruhige dich, Brüderchen“, knurrte Ayaki, er um den runden Tisch herumging und sich auf einem der Stühle neben Wataru fallen ließ, Sena genau neben ihm. Es war fast schon gruselig wie die beiden immer zusammen auftauchten, wenn auch nicht so gruselig wie den beiden dabei zuhören zu müssen wie sie sich gegenseitig das Hirn rausvögelten, auch wenn sie sich immer noch nicht so ganz im Klaren darüber war wie Ayaki es schaffte Sena solche Laute zu entlocken. Glücklicherweise hatte Ayaki irgendwann zugestimmt sie in den gleichen Apartmentkomplex ziehen zu lassen wie die anderen Jungs. Sie erinnerte sich daran wie sehr sie sich darauf gefreut hatte endlich eine eigene, kleine Wohnung zu haben, wie wohl sie sich fühlte wenn sie sich ins eigene Bett kuschelte ohne zu fürchten von Ratten oder ähnlichem gebissen zu werden und ohne zu fürchten, dass jemand sofort die Tür aufriss und sie eine halbe Ewigkeit von Schmerzen geplagt war. So ganz allein war sie jedoch nicht. Öfter als es ihr lieb war standen Beni und die Bande vor ihrer Tür, sie verbrachten den Abend zusammen und hatten ihren Spaß bis Mikkii sie irgendwann rauswerfen musste weil sie duschen und sich umziehen wollte. Es war ein Wunder dass sie noch nicht herausgefunden hatten, dass sie eigentlich ein Mädchen war, bis auf Beni, der ja Bescheid wusste. Sie hatte aber viel von den Jungs gelernt und sie arbeiteten wirklich gut zusammen. Wataru hatte sie sogar gelobt, dass sie so ein guter Schütze war, auch wenn sich das erst eingestellt hatte nachdem sie die Kontaktlinsen richtig einsetzen konnte. Merkwürdigerweise hatte sie gar kein Problem damit den Abzug an der Waffe zu drücken. Ihr machte das ganze sogar richtig Spaß. Hinzu kam das Herumschleichen, das nicht-Auffallen, das Unsichtbar-sein und das alles, was ihr mehr Spaß machte als es sollte. Die ganze Geheimniskrämerei hatte sie im Sky Stage schon fasziniert, doch da war sie nie dazu gekommen irgendwie aktiv mitmischen zu können. Da hatten Sena und Shio die Hosen angehabt, über alles bestimmt und es war unmöglich gewesen an die beiden heran zu kommen, doch jetzt hatte sie ihre eigenen Geheimisse, die sie hüten konnte und das gab ihr ein Gefühl von Macht und Überlegenheit. Umso mehr freute sie sich auf den Auftrag, der vor ihnen lag, vielmehr ihr erster Auftrag. Es war nichts Großartiges, wie eigentlich zu erwarten bei einem ersten Auftrag, aber dennoch brachte es sie dazu sich beherrschen zu müssen um nicht wie ein Kleinkind an Weihnachten auf ihrem Stuhl hin und her zu wippen und sich ein Schaukelpferd mit einer Schrotflinte im Maul zu wünschen.

„Wenn ich dich daran erinnern darf…“ Wataru knurrte lauter und die Absätze seiner Highheels klopften im gleichmäßigen, ungeduldigen Takt auf den Boden. „… das hier war nicht meine Idee und ich will das so schnell wie möglich hinter mir haben.“

Mikkii war es schleierhaft wie dieser Mann es schaffte selbst in den kurzen Hotpants, Highheels, diesem Hauch von Nichts als Oberteil und nur einer dünnen Überwurfjacke so verflucht schön aus zu sehen. Vor allem unter diesem offensichtlichen Make-up, das nur dazu diente sein Gesicht weicher zu machen. Egal ob als Mann oder als Frau, Wataru war als Mensch einfach eine Schönheit und Mikkii fand sich oftmals abgelenkt von seinem Gesicht und vor allem diesen perfekten, muskulösen Beinen. Sie biss sich etwas auf die Unterlippe und sah zu Ayaki, der schief grinste.

„Du solltest wirklich mehr Geduld haben. In letzter Zeit bist du viel zu leicht reizbar.“

„Nur weil Daddy alle Arbeit auf mich abwälzt.“

„Du wolltest doch mehr Verantwortung. Also reg dich nicht auf.“ Ayaki setzte sich gerade auf und Wataru überschlug daneben die Beine. „Also wir wissen alle wieso wir hier sind. Wir jagen diesem Schwein jetzt schon eine halbe Ewigkeit nach, aber wir wissen definitiv, dass er sich in diesem Hotel befindet.“

Der jüngere der Brüder beugte sich vor und deutete auf den Plan mitten auf dem Tisch, wobei Ayaki es offenbar vorzog den Plan aus der Ferne zu begutachten. Das oder er kannte das ganze Ding schon auswendig. Die übrigen am Tisch beugten sich etwas vor um Wataru’s perfekt manikürten Fingernagel besser folgen zu können.

„Wir werden getrennt in dieses Hotel gehen. Ayaki und ich gehen vor, ihr kommt anschließend nach. Wir haben ein paar Zimmer gebucht. Die Namen dafür habt ihr schon bekommen.“ Sein Finger flog über den unteren Teil, der nach einer Haupthalle aussah, über eine Treppe in den ersten Stock. „Unser Ziel befindet sich im vierten Stock von diesem Hotel. Euer Ziel ist es in das Zimmer zu kommen und diesen Kerl zu töten. Wie ist dabei euch überlassen. Es gibt aber ein paar Regeln: erstens dürft ihr nicht entdeckt werden. Unter keinen Umständen. Zweitens: keine Schusswaffen. Ihr dürft keine Spuren hinterlassen und drittens werdet ihr die Überwachungsvideos ausschalten müssen. Ayaki und ich werden eure Schritte überwachen und eingreifen falls es schieflaufen sollte. Wir warten auf euch und werden euch die ganze Zeit im Blick haben.“

Wataru und Ayaki standen beide auf, wobei dann Ayaki wieder das Wort ergriff.

„Ihr habt eine Stunde Zeit für eure Planung. Es wäre jedoch besser ihr braucht nicht ganz so lange. Wer weiß ob sich das Ziel bewegt?“, sagte er mit leichtem Sarkasmus in der Stimme und ging vor Wataru aus dem Raum.

Für einen weiteren Moment blieben sie ein wenig zurückgelassen auf ihren Plätzen sitzen, wobei sich dann Beni vorbeugte und mit dem Finger auf dem Tisch tippte.

„Ich habe schon darüber nachgedacht wie man so etwas am besten macht“, sagte er und sah zu Sena. „Besser gesagt wir haben uns schon darüber Gedanken gemacht. Ich glaube es reicht wenn wir dich einfach nur darin einweihen wenn das in Ordnung für dich ist.“

Sena nickte etwas, richtete sich auf um einen besseren Blick über das Geschehen zu bekommen.

„Dann mal los. Ayaki hat Recht. Wir sollten das hier so schnell wie möglich planen. Ich bin schon ganz gespannt.“

Ein zustimmendes Brummen kam von den anderen und Mikkii grinste ein wenig schief. Es war eigentlich fast schon traurig, dass gerade die Queen des Sky Stage bei ihnen fünf so außen vor war, aber offenbar zog sie es vor sich von Ayaki in die Matratze nageln zu lassen statt sich weiter Freunde zu machen. Es war vielmehr das was hinter den Plan stand was wirklich interessant war. Beni griff in die Innentasche seiner Jacke und zog einen kleinen USB-Stick heraus, platzierte ihn auf dem Tisch. Das Ding war nicht größer als ein Knopf.

„Renta hat uns ein Programm geschrieben, mit dem wir sehr leicht in die Überwachungskameras reinkommen dürften. Damit können wir sie also temporär ausschalten, wir müssen uns aber aufteilen. Shiiran hat von uns die geschicktesten Finger, also wird er den Stick anbringen leicht anbringen können. Wir müssen nur an einen PC kommen, der mit dem Hotelnetzwerk verbunden ist.“

„Dann können Renta und ich doch vorausgehen und ein wenig die Lage checken“, sagte Miyacchi und Renta schreckte verschlafen nach oben. Dieser Mensch konnte immer und überall schlafen, was eine Gabe und eine Sünde zugleich war. Man hätte ihn womöglich in die Ecke stellen können. „Ich bin mir ziemlich sicher dass an der Rezeption ein PC mit USB-Ports steht. Wir gehen vor und wenn Renta auf das Zimmer geht, dann seh ich mich noch ein wenig im Erdgeschoss um. Sightseeing.“

„Klingt nach einer Idee“, warf Sena ein. „Wenn ihr beiden eine Nachricht dalasst kann ich mit Shiiran rein und lenke die Leute außen herum ein wenig ab damit er seine Ruhe hat.“

Shiiran nickte auf die Idee hin und Mikkii sah zu Beni.

„Bleiben nur noch wir beide“, sagte Beni grinsend. „Ideen?“

„Also ich schwanke noch zwischen Genickbruch durch stolpern auf der Treppe oder zufälliges ertrinken im Badewasser. Oder wir improvisieren komplett.“

„Wenn wir sowieso Kontrolle über die Kameras haben können wir auch improvisieren.“ Beni grinste breiter und streckte sich. „Na gut. Klingt doch nach nem Plan, oder? Sind alle einverstanden damit?“
 

Mit einem kleinen Koffer mit Utensilien für ihren Auftrag bewaffnet und der Laptoptasche unter den Arm geklemmt folgte Renta Miyacchi wie ein folgsamer Dackel durch die große Eingangshalle. Eigentlich war es lachhaft was sie hier aufzogen, denn sie wussten ja alle wie das hier enden würde. Sie war für das alles viel zu müde, oder gab zumindest vor es zu sein. Jeder von ihnen hatte sich ein Image zu Eigen gemacht und das von Renta war das vom verschlafenen Volldeppen. Ein Kerl obendrein, aber das hatte man über ihren Kopf hinweg irgendwann einmal entschieden. Das passierte nunmal wenn man einen Jungen erwartete und ein Mädchen dabei herauskam. Es konnte auch schlimmer sein, so war sie froh in dieser Gruppe gelandet zu sein und nicht irgendwo anders.

„Guten Tag“, sagte Renta als sie vor der Rezeption zum Stehen kam. Mit einem Mal fühlte sie sich hellwach. Auf den Tag hatten sie immerhin schon Monate hingeplant. „Wir würden gerne einchecken. Das Zimmer ist auf Shouga Tsubaki reserviert.“

Sie gab dem Mädchen hinter dem Computer ein charmantes Lächeln und sah zu Miyacchi, der einen halben Schritt hinter ihr in der Gegend herumstarrte. Für Alltagsmenschen wohl nichts weiter als ein Akt die neue Umgebung ein wenig kennen zu lernen, der Akt eines neugierigen Geistes, aber Renta kannte Miyacchi inzwischen besser. Er suchte nach etwas, beobachtete die Kameras, die hier und da hingen und entschied danach ob sie an waren und welchen Bereich sie abdeckten. Renta hingegen entdeckte etwas sehr viel interessanteres direkt am Bildschirm der Rezeptionsdame. Es war einer dieser neuartigen PCs, die den USB-Port direkt am Bildschirm besaßen, obendrein eingerückt, sodass ein Stück des Bildschirms den Port selbst verdeckte. Wenn das mal nicht perfekt für Shiiran war. Wenn er da nicht dran kam dann würde sie freiwillig die Matten in der Trainingshalle aufschlitzen und den Inhalt mit Sojasoße verspeisen mit der Hülle als Nachspeise. Das Mädchen hinter dem Tresen lächelte als sie ihr die Schlüsselkarte gab und Renta den Koffer hinter sich her zog und Miyacchi lachend aufforderte ihr zu folgen. Sie wartete noch bis sie im Zimmer angekommen waren, sich die beiden dort mit dem Laptop ins Badezimmer verkrochen und sich dort auf den Boden setzten bevor sie den Knopf in ihrem Ohr anschaltete und das Gerät aufklappte. Miyacchi tat es ihr nach. Es war merkwürdig sich zwei Mal zu hören, aber das war etwas, woran man sich schnell gewöhnte.

„Also folgendes: an der Rezeption stehen drei Computer. Sie haben alle drei Ports im Bildschirm. Der erste ist aus und vor zwei stehen Rezeptionsleute.“

„Die Kameras sind aber auf die Rezeption gerichtet“, ergänzte Miyacchi. „eine zweite auf den Wartebereich davor. Es sah mir nicht danach aus als ob es einen wirklich toten Winkel gibt, bis auf den Schnitt bei der Treppe und direkt unter der Eingangstür. Wenn Shiiran einen der Rezeptionsleute dazu bringen kann den Bildschirm zu drehen dürfte die Kamera aber nicht sehen falls etwas im Port steckt.“

„Damit kann man arbeiten“, antwortete Shiiran auf der anderen Seite. „Wir warten ein paar Minuten bevor wir uns auf den Weg machen. Ich hoffe ihr habt nicht die Urlaubsnummer abgezogen?“

„Mit nur einem Koffer? Bist du irre?“ Miyacchi klang entsetzt, aber verständlich. Sie hatten einige der Methoden, die sie gelernt oder sich ausgedacht hatten, nach diesen dummen Namen benannt. Die ‚Urlaubsnummer‘ war eine freundliche Umschreibung für ein Freundespaar, welches über Nacht blieb und am nächsten Morgen auscheckte. Es war harmlos, aber kein Mensch auf der Welt reiste mit nur einem Koffer wenn er unbedingt eine Nacht in einem Hotel bleiben musste, besonders nicht zu zweit.

„Gut. Dann bis nachher.“

Renta und Miyacchi stellten die Mikrophone aus, wobei Renta ein paar Befehle eingab bevor der Bildschirmschoner freigegeben wurde und das Programm offen war, mit dem sie die Kameras kontrollieren konnte sobald der Stick eingesteckt war. Ein kleines Meisterwerk wenn sie das selbst so sagen konnte.

„Glaubst du das Ganze funktioniert?“, fragte Miyacchi, der sich von seinem Platz erhob und seine Hose glattstrich.

„Zweifelst du etwa daran?“

„Sagen wir ich fühle mich unwohl dabei gerade diesen Typen die Radieschen von unten zu zeigen.“

„Geht mir nicht anders. Aber Befehl ist Befehl. Daran gibt es nichts zu rütteln und ich bin echt scharf auf die Position.“

Renta starrte weiterhin auf den Bildschirm, wartete auf das Signal damit sie endlich auf die Kameras zugreifen konnte.
 

Das ging ihr alles eigentlich viel zu glatt. Asako stand schräg hinter Shiiran und beobachtete ihn bei seinem Tun.

„Das kann aber nicht sein“, sagte er mit schwerem Seufzen. „Ich bin mir wirklich sicher, dass ich den Namen richtig angegeben habe. Ich habe das doch per Telefon abgeklärt.“

Shiiran kratzte sich am Kinn, sah hinüber zu ihr und winkte sie her. Asako folgte dem und stellte den kleinen, schwarzen Koffer neben sich ab.

„Kannst du mir mal helfen? Hab ich vielleicht deinen Namen angegeben?“

„Nein. Kann nicht sein“, sagte Asako und runzelte die Stirn, hob dann aber verwundert die Augenbrauen als ob ihr gerade etwas eingefallen wäre. „Vielleicht haben sie falsche Kanji benutzt? Das passiert bei dir doch immer so leicht.“

„Das kann natürlich sein…“ Shiiran sah verlegen zu der Frau hinter der Rezeption. „Wäre es vielleicht möglich, dass ich einen Blick darauf werfe? Es ist mir wirklich peinlich.“

Asako hätte nicht geglaubt, dass sich das Mädchen so sehr von Shiiran einwickeln ließ, dass sie tatsächlich den Bildschirm drehte und den anderen darauf schauen ließ. Shiiran beugte sich etwas vor, kniff die Augen zusammen.

„Das tut mir so leid… ich bin sehr kurzsichtig und habe meine Brille vergessen.“

Asako lachte etwas.

„Ich sagte dir sieh noch einmal nach bevor wir losfliegen, aber du wolltest ja nicht hören“, sagte sie frech, erntete von Shiiran einen bösen Blick bevor er sich etwas über die Rezeption beugte, den Bildschirm etwas mehr zu sich drehte und dann auf eine Zeile zeigte.

„Hier. Das bin ich“, sagte Shiiran und lächelte erneut. „Verzeihung ihnen solche Probleme zu machen.“
 

„Und du meinst das funktioniert?“

Kaum hatte Shiiran den Stick eingesteckt, da leuchtete auch bei ihnen der Bildschirm auf und sie hatten perfekten Blick auf die Übersicht der Überwachungskameras. Beni neben ihr grinste ein wenig und lehnte sich auf dem Tisch auf.

„Oh das wird es. Der Plan ist idiotensicher.“

Auf einem der Bildschirme sah sie Shiiran mit Sena durch den Gang streifen, sah dann wie sie sich schlussendlich aufteilten um auf verschiedene Zimmer zu gehen. Dort würden sie bleiben bis man ihnen etwas anderes sagte. Und ganz wie man es vorausgesagt hatte erhob sich Ayaki in einem anderen Teil des Gebäudes und machte sich auf den Weg um sicher zu gehen, dass es seinem Häschen gut ging. Blieb es nur noch den nächsten Teil des Plans aus zu führen. Als Beni sich erhob stand auf Mikkii auf. Während der Ältere in Richtung Tür ging und dort wartete ging Mikkii zu dem Platz, wo vorher noch Wataru gesessen hatte und kniete sich vor den Stuhl um einen Blick darunter zu werfen. Ganz so wie geplant. Sie fischte nach der Pistole, dem Schalldämpfer und einer Keycard.



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  Carmila
2012-12-23T21:39:18+00:00 23.12.2012 22:39
Das ist mal wieder so der Moment wo man an der eigenen Intelligenz zweifelt... zumindest wenn man erst über die englische Fassung der FF stolpert, dann feststellt dass es die a) auf Deutsch gibt und b) die deutsche Fassung ja sogar schon weiter ist. *g*

Tat mir zwar in der Seele weh dass Mini-Mizu getötet wurde, aber ich bin mal gespannt wie Saeko da rauskommen will, ich gehe mal davon aus das Osa alles andere als begeistert davon sein dürfte das ihr "Schätzchen" "gekidnapt" wurde. ~
Von:  Emeli_chan
2012-04-03T12:07:55+00:00 03.04.2012 14:07
Teaparty *-* sehr schön, bin ja mal gespannt wan und ob Osa raus bekommt was da hinter ihren Rücken mir Asako so alles passirt. Freu mich schon auf das nächste Kapitel <3

Von:  Emeli_chan
2012-03-26T19:18:30+00:00 26.03.2012 21:18
*-* Wao, Mari <3*-* hihi Mari komandirt Wao ja ganz schön rum^^. Freu mich schon auf die Teeparty.
Von:  Emeli_chan
2012-03-20T18:18:19+00:00 20.03.2012 19:18
Irgendwie süß von Osa Asako den oring zu schencken um sie so zu beschützen wen sie nicht da ist. Bin mal gespannt wie lang es noch dauert bis Asako hinter das geheimniss ihres "Retters" kommt. Freu mich schon auf das nächste Kapitel=)
Von:  Emeli_chan
2012-03-16T19:59:11+00:00 16.03.2012 20:59
Ui neues Kapitel*-*, wieder toll geworden. Bin schon auf den nächste Kapitel gespannt, wies weiter geht und wer diesmal dann drin vorkommt.
Von:  Emeli_chan
2012-03-09T18:22:49+00:00 09.03.2012 19:22
Schönes kapitel, gefällt mir ^.^. Bin gespannt wies weiter geht *.*
Von:  Emeli_chan
2012-03-06T18:50:28+00:00 06.03.2012 19:50
Fängt ja schon mal Interessant an, bin gespannt wie es weiter geht =)


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