Komplikationen - "Wie heißt du?"
„Jeder von uns hat seine Aufgabe.“ Sabo sah abwechselnd von Koala zu Robin. Die drei standen auf einem Dach, nicht unweit vom Kolosseum.
„Die Insel füllt sich“, bemerkte Koala mit einem breiteren Lächeln. Leicht beugte sie den Oberkörper vor und beobachtete die Marinesoldaten. Binnen weniger Stunden waren zu viele Parteien anwesend, die den Überblick erschwerten.
„Langeweile dürfte wir kaum erwarten können.“ Robin verschränkte die Arme vor der Brust, schloss die Augen und suchte die Umgebung ab. Die Strohhüte hatte sie unlängst bemerkt und ihre Intention war durchaus fraglich. Ob ihnen klar war, worauf sie sich einließen? Von alleine dürften sie Flamingo nicht zur Zielscheibe auserkoren haben.
„Das Turnier ist im vollen Gang. Zeit mir die Feuerfrucht zu holen. Ruffy hat allem Anschein nach wichtigere Probleme. Ich gebe dir Bescheid, sobald ich seinen Platz eingenommen habe.“ Koala nickte und lauschte dem Gegröle, das aus dem Kolosseum drang.
„Und dann kümmern wir uns um die eigentliche Mission.“ Mit einem Grinsen verschwand er. Die Zeit war gekommen um sich endlich seinem Bruder zu zeigen.
„Ich kümmere mich um ein paar Handlanger und du? Folgst du nur dem Plan oder zeigst du dich?“ Ihr Blick wanderte zu Robin, die ihre Sonnenbrille aufsetzte.
„Um ehrlich zu sein, ich habe das Gefühl, unsere Vorhaben überschneiden sich. Daher dürfte ein Aufeinandertreffen womöglich sogar unausweichlich sein“, bemerkte Robin nachdenklich und wandte sich ab. Irgendetwas braute sich hier zusammen und der Ausgang war unklar. Koala runzelte die Stirn und seufzte auf, ehe sie ihr eilig folgte.
„Pass auf dich auf“, rief Robin noch lächelnd hinterher, als sich ihre Wege auf der Straße trennten.
„Musst du mir nicht sagen.“
× ×
„Lysop!“, schrie Nami panisch auf, als ihr Freund zu Boden ging und schlug die Hand vor den Mund. Alles geriet außer Kontrolle. Binnen weniger Sekunden war ihr Vorhaben gescheitert. Eilig wollte sie zu ihm, als sich Arme spürte, die sich um ihren Körper schlangen, die sie davon abhielten und zum Ausgang zerrten.
„Das kann nicht…?“ Hektisch sah sie sich um, auf der Suche nach ihr. Warum zeigte sie sich nicht. Ihr Herzschlag nahm an Geschwindigkeit zu, ihre Finger packte eines der Handgelenke, versuchte sich aus dem Griff zu befreien.
„Zeig dich gefälligst!“, brüllte die Orangehaarige aufgebracht, erkannte im Augenwinkel, wie auch Lysop aus der Schusslinie gebracht wurde. Sugars Miene blieb regungslos, während sie die Situation im Auge behielt. Weiterhin sträubte sich Nami, doch gegen den kraftvollen Griff, hatte sie keine Chance. Mittlerweile befanden sie sich in einem Gang, wo zwei kräftige Männer ihnen entgegen rannten. Erst in diesem Moment verschwanden die Hände. Doch bevor Nami reagieren und zurück laufen konnte, packte sie der Mann, hievte sie auf seine Schulter und lief los.
„Lass mich sofort runter!“, fauchte sie ihn an. Ungerührt von ihren Worten, ihren Schlägen gegen seinen Rücken, setzten er und sein Kamerad den Weg fort. Sie hatten einen Befehl erhalten, den es auszuführen galt. Wut kroch hoch, ihr Blick starr in die entgegengesetzte Richtung gerichtet.
„Du bist ein Feigling, Robin!“
„Womöglich“, murmelte die Schwarzhaarige und lächelte traurig. Sacht schüttelte sie den Kopf, kniff die Augen zusammen, sie musste sich konzentrieren. Nachdem sie in die Fabrik eindrang, schon ging der Tumult los. Sie entdeckte Franky, der im Außenbereich Chaos stiftete. Spätestens ab diesem Punkt war Robin klar, dass das pure Ablenkung war. Umsonst stürmte der Cyborg nicht auf unzählige Gegner los, darunter starke Mitglieder von Flamingos Mannschaft. Er musste wahnsinnig sein, wenn er daran dachte, diese Horde alleine aufhalten zu können. Nachdenklich musterte sie Sugar. Im Kopf hatte sie bereits die eine Möglichkeit gefunden, um sie aufzuhalten. Den zierlichen Körper zu brechen, war eigentlich ein einfaches Unterfangen. Die Kleine dürfte sie einfach nicht anfassen, das musste zu schaffen sein. Noch hatte man ihren Aufenthaltsort nicht bestimmt, wodurch Robin in Ruhe ihren Angriff vorbereiten konnte. Sugar, die sich weiterhin ausdruckslos umsah, zeigte schließlich Emotionen. Ungläubig riss sie ihre Augen auf, als mehrere Arme ihren Körper packten. Sie versuchte sich zu wehren, spürte die Arme an ihrem Genick. Robins Blick verfinsterte sich, doch bevor sie den entscheidenden Handgriff vollziehen konnte, spürte sie eine Druckwelle. Ihr Blick glitt zur Decke hoch, durch die ein Schiff geschleudert wurde. Ein Moment, der ihr teuer zu stehen kam, Sugar nutzte die Chance. Eine kleine Verrenkung und ihre Finger berührten jene der Schwarzhaarigen. Ein merkwürdiges Kribbeln war zu spüren, ehe sich ihre Sichtweise veränderte. Panisch besah sich Robin ihren Körper. Starr blieb der Blick auf ihren Händen haften. Wie konnte sie diesen Fehler begehen? Obwohl sie gesehen hatte, wie Sugars Kräfte wirkten, verlor sie einen Moment lang die Konzentration. Die Quittung erhielt sie prompt. Sugar sah zwar wie ein Kind aus, wirkte jung wie ihr Körper, doch grundlos war niemand Teil der Flamingo Familie. Wie so viele, ereilte sie dasselbe Schicksal. Robin war zur Puppe geworden. Die Konsequenz daraus, ließ ihr Innerstes erbeben. Jegliche Erinnerung, die man an sie hatte, war erloschen. Niemand würde sie erkennen, ihre Existenz war in den Köpfen aller ausgelöscht. Schwer löste sich ihre Trance. Eilig hastete sie aus dem Raum, versuchte nicht erkannt zu werden, sie musste raus. Ihre Gedanken ordnen, einen Weg suchen zur Rückverwandlung suchen. Vor allem durfte sie nicht dem Pakt verfallen.
× ×
Langsam kam Robin zu sich, blinzelte mehrmals, ehe sie die Augen komplett öffnete. Sie lag am Boden. Was war geschehen? Vorsichtig stand sie auf, strich sich über den Kopf. Argwöhnisch begutachtete sie ihre Umgebung, ehe sie in Schockstarre verfiel.
„Hey, alles in Ordnung?“, fragte sie Nami sanft und lächelte ihr entgegen. Perplex taumelte sie ein paar Schritt zurück, bis sie auf Widerstand traf. Ihr Kopf schnellte zur Seite. Franky! Bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, lief sie los.
„Warte!“, rief ihr Nami hinterher und sprang auf die Beine um der Puppe zu folgen. Robin spürte, dass ihr Körper noch benommen war, ihre Schrittfolge verlangsamte sich. Schließlich suchte sie hinter einem Stapel Kiste Schutz, Abstand. Warum war sie mit ihnen unterwegs? Robin schloss die Augen und dachte angestrengt nach.
„Warum versteckst du dich?“ Nami näherte sich langsam um die Situation zu beruhigen.
„Wir tun dir nichts“, fügte sie mit sanfterer Stimme hinzu, blieb neben den Kisten stehen. Robins Herz pochte lautstark. Allmählich kehrte die Erinnerung zurück. Nachdem sie das Gebäude verlassen hatte, waren Nami und Lysop von Feinden umzingelt. Die Revolutionären, denen sie den Befehl gab, die beiden außer Reichweite zu bringen, waren fort. Der Grund war offensichtlich. Da Robins Existenz ausgelöscht worden war, konnten sie sich ihren Befehl wohl nicht länger erinnern. Oder zumindest wussten sie nicht mehr, von wem er stammte und hatten daraufhin entschieden, selbst das Weite zu suchen oder was auch immer. Unwichtig. Weitere Szenarien spielten sich ab, sie hatte den beiden geholfen. Doch in ihrem jetzigen Körper, waren ihre Kräfte geschwächt und somit brachten sie nicht sehr viel.
„Weißt du noch, du hast mir geholfen. Danke.“ Nami beugte leicht den Oberkörper vor, sah seitlich zur Puppe und lächelte aufmunternd. Ja, sie hatte den Angreifer irgendwie aufgehalten. Doch dann erinnerte sich Robin nur an einen dumpfen Aufprall. Sie wollte nicht, dass ihr Nami näher kam und den letzten Abstand gewährte ihr die Navigatorin. Schweigend nickte Robin, behielt den Blick starr auf den Boden gerichtet, den sie aufgrund der folgenden Worte verschwommen wahrnahm.
„Du hast interessante Fähigkeiten. Wie heißt du?“ Ein Stich, der ihr sie mitten im Herzen zu treffen schien. Warum bereiteten sie ihr solche Schmerzen? Im Laufe der Zeit hatte sie oftmals darüber nachgedacht, wie es war, einfach vergessen zu werden. Niemand, der sie verfolgte. Keine merkwürdigen Blicke. Ein ruhiges Leben und doch, nun, wo es der Realität entsprach, schnürte es ihr die Kehle zu. Als keine Antwort erfolgte, überwandte Nami die letzte Distanz und kniete sich vor die Puppe, legte ihr bedacht eine Hand auf die Schulter.
„Du bist nicht sehr gesprächig, was? Wir wollen dir helfen, euch helfen, damit dieses Schauspiel endlich ein Ende hat.“ Innerlich lachte Robin auf. Wenn Nami bloß wüsste, mit wem sie gerade sprach. Nami stieß einen tiefen Seufzer aus. Da hatte sie einen wirklich schwierigen Fall, doch vielleicht musste erst mit ihnen warm werden.
„Wie seid ihr rausgekommen?“, mischte sich Franky schließlich ins einseitige Gespräch ein und hustete. Sein Körper hatte sehr viel einstecken müssen und sah demnach ramponiert aus. Als Nami seine Frage hörte, versuchte sie sich schließlich zurückzuerinnern. Für Robin eigentlich der passende Moment um die Beine in die Hand zu nehmen und endlich zu verschwinden. Allerdings erahnte Nami den Gedanken wohl, denn ihr Griff hatte sich gefestigt und hielt Robin an Ort und Stelle.
„Zwei Männer haben uns nach draußen getragen, aber was vorher war? Ich weiß nicht, es wirkt verschwommen. Ich kann dir nicht erklären, wie wir den Raum verlassen haben. Merkwürdiger Weise erging es ihnen ähnlich, sie hatten keinen blassen Schimmer, warum sie uns geholfen haben“, sprach sie irritiert. Egal wie sehr Nami versuchte die Erinnerungen zusammenzufügen, es fehlte ein Teil.
„Was nun?“, röchelte Lysop, der blutüberströmt und wieder halbwegs zu sich gekommen war.
„Wir haben unseren Part nicht erfüllt.“ Nami richtete den Blick zurück zur Puppe und sah diese auf nichtsagende Weise an. Erhoffte sich Nami eine Erklärung? Vorsichtig hob Robin schließlich den Kopf. Sollte sie erzählen, was geschah? Nein, das brachte sie nicht zustande.
„Hast du eine Ahnung? Wenn ihr bloß rebellieren könntet“, sprach Nami an die Puppe gewandt, die erneut zur Seite sah. Robins Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Es war eine Sache zu gehen, eine ganz andere war es, wenn sich die Betroffen nicht länger an sie erinnerten. Für Nami war sie nur noch eine Unbekannte. Eigentlich konnte sie ja normal mit ihr sprechen und sobald eine Lösung parat war, verschwand sie auf ein Neues. Da vorerst erneut keine Antwort kam, schüttelte Nami den Kopf. Dennoch folgte eine kleine Überraschung.
„Ich kann mich wehren. Als ich verwandelt worden bin, war sie nicht in der Lage einen Pakt abzuschließen. Warum habt ihr das zu dritt versucht?“ Nami lächelte schwach, sie konnte ja doch reden. Auf die Frage zuckte sie allerdings mit den Schultern.
„Wir haben uns aufgeteilt. Eine Gruppe blieb auf unserem Schiff, das nun auf ein anderes Ziel zusteuert. Wir wollten die Fabrik zerstören und die restlichen beiden laufen hier irgendwo rum. Franky, der alle ablenkte, wir beide die sie außer Gefecht setzen. Auf dem Papier hörte sich der Plan sogar gut an.“ Vielleicht für die Strohhüte, doch Robin fragte sich, wie sie glaubten, dass das die richtige Entscheidung war. Insbesondere dieses Duo. Die Kraft von Trebol durfte nicht unterschätzt werden, genauso wie die von Sugar. Doch in ihren Augen war genau das geschehen. Allem voran verstand sie nicht, warum Nami hier war.
„Solltest du als Navigator nicht an Bord sein und das Schiff steuern?“, sprach Robin ihren Gedanken plötzlich aus, der ihr einen fragenden Blick einbrachte. Unbeeindruckt deutete sie mit ihrer kleinen Hand auf den Log-Port, woraufhin Nami gluckste.
„Ja, aber das ist eine längere Geschichte. Wir müssen nochmals eine Möglichkeit finden, aber wie?“ Nami richtete sich wieder auf und besah sich ihre Freunde. Diese waren mehr als mitgenommen. Mit ihren Verletzungen fielen sie vorerst flach, jedenfalls Lysop. Sie mussten ihre Kräfte sammeln.
„Eine Ahnung, wie wir Ruffy und Zorro erreichen? Mit Law können wir vorerst ja nicht rechnen, den hat Flamingo mit Sicherheit noch in seiner Gewalt.“
„Wenn er noch lebt“, murmelte Lysop. Ein kurzes Schweigen trat ein. Was wenn dem so war? Doch an den Gedanken mochte Nami nicht denken. Sie konnte es sich kaum vorstellen. Flamingo war zwar erbost über dessen Verrat, aber ihn sofort töten? Nein, das ging ihr zu schnell.
„Egal, ruht euch ein wenig aus, ich überleg mir unseren nächsten Schritt“, warf Nami ein. Ihre Freunde nickten leicht. Vorerst konnten sie nichts unternehmen und mussten abwarten, Kontakt zu den Jungs herstellen. Robin indes fühlte sich stetig unwohler in deren Umgebung. Der Drang abzuhauen, stärkte sich von Minute zu Minute. Die Nähe zu Nami war nicht gut. Angestrengt fuhr sich Nami durchs Gesicht, sah sich um.
„Okay, ich versuch Verbandsmaterial und Sonstiges aufzutreiben. Ihr wartet hier. Ich bin bald wieder zurück.“
„Ob das eine gute Idee ist?“, hinterfragte Franky und warf ihr einen ernsten Blick zu.
„Ich mach das schon. Ihr müsst einfach zu Kräften kommen. Vertrau mir.“ Ihm war durchaus unwohl bei dem Gedanken, aber abhalten konnte er Nami so oder so nicht.
„Pass auf“, ächzte er, während er seinen Körper bewegte und tiefer rutschte.
„Danke, dass ihr mich mitgenommen habt. Ich sollte dann mal wieder“, begann Robin und setzte sich in Bewegung. Demonstrativ verdrehte Nami die Augen und folgte ihr, was Robin nicht davon abhielt langsamer zu werden. Nun gut, aufgrund ihrer Statur brauchte konnte Nami neben ihr her schlendern. Ein Zustand, der ihr missfiel. Während sie drei Schritte machte, nahm Nami einen. Skeptisch sah sie hoch und erkannte ein leichtes Grinsen auf den Lippen der Navigatorin.
„Ich verstehe dich nicht. Einerseits beschützt zu uns, andererseits tust du so als wären wir Feinde oder was auch immer. Kannst du mir das erklären?“
„Vielleicht habe ich mitbekommen, wie ihr versucht habt, den Fluch zu brechen und war dankbar und wollte euch dabei helfen zu entkommen? Ihr seid vorerst in Sicherheit. Ergo kein weiterer Grund für mich zu bleiben.“ Die Wahrheit sah anders aus. Sie floh erneut vor ihren Gefühlen. Nami hatte sie zuvor nicht grundlos als Feigling betitelt. Ging es darum, dann war sie das, sie gab es zu. Hieß allerdings nicht, dass sie stolz darauf war.
„Du könntest uns nochmals helfen. Mir beim Beschaffen der Materialien und später um Sugar ein wenig zu ärgern?“ Leichtfüßig nahm Nami ein paar schnellere Schritte, drehte sich der Puppe zu und lächelte ihr freundlich entgegen. Robin hielt inne, warum war Nami trotz allem gut gelaunt?