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Call of the shadows

Wenn die Finsternis naht
von

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Wie ein Blitz

~~Wie ein Blitz~~
 

Als Esaila über die Lava gesprungen war, rannte sie auf eine kleine Lichtung, immer darauf bedacht, dass ihr kein Feind in den Rücken fiel. Alle sechs Wölfe waren in unterschiedliche Richtungen davon gesprungen , um kein leichtes Ziel für die Angreifer zu werden.

Sie wussten nicht genau, wer diese Wölfe waren und warum sie den Hinterhalt getan hatten, doch eines war gewiss: Sie wollten ihren Tod.

Genau aus diesem Grund hieß es, besonders vorsichtig zu sein.

Esaila rannte gerade über die Wiese der Lichtung, als es plötzlich um sie herum dunkel wurde. Der Wald, der sich vor ihr aufgetan hatte, verschwand aus ihrem Blickfeld. Überall um sie herum wurde es tiefschwarz. Fast so, als wäre die Waldwölfin in einen Abgrund gefallen. Auch alle Geräusche waren wie vom Erdboden verschluckt.

>Was ist hier los?<, schoss es Esaila durch den Kopf, als sie panisch stehen blieb und in die Dunkelheit starrte, in der Hoffnung ein bisschen Licht zu erblicken.

Ihre Panik wurde größer, als direkt neben ihr ein hämisches Lachen ertönte.

„Du bist gefangen, kleine Wölfin. Gefangen in deinem ganz persönlichen Albtraum“, sagte nun eine Stimme, die zu dem schaurigen Lachen gehören musste.

Esaila legte ihre Ohren an und schloss ihre Augen. Sie wollte dies nicht hören und sehen.

Erneut erklang das Lachen, das dieses Mal aus verschiedenen Richtungen kam.

Da fing sie, aus einem Instinkt heraus, wieder zum Laufen an. Genau rechtzeitig. Denn sie spürte einen leichten Lufthauch genau da, wo zuvor noch ihr Kopf gewesen war. Daraufhin ertönte ein verärgertes Knurren und sie hörte das leise Trampeln von Pfoten auf Gras.

Erst da wurde sie sich ihres weichen Untergrundes und dem vertrauten Geruch von Gras und Laub bewusst.

>Dies ist kein Traum! Jetzt versteh -<, dachte sie sich, ehe sie plötzlich über eine Wurzel stolperte und unsanft auf dem Boden landete.

Bei dem Sturz hatte sie ihre Augen geschlossen, doch, als sie die vertrauten Geräusche des Waldes vernahm, wagte sie wieder einen Blick. Sie hatte Angst noch immer in der Dunkelheit und somit fast orientierungslos zu sein.

Doch das, was sie sah, erleichterte Esaila sehr und sie stand auf. Denn die Tatsache, dass sie wieder etwas sehen und hören konnte, war wunderbar.

Esaila drehte sich um und erschrak zutiefst. Direkt vor ihr stand eine tiefschwarze Mauer aus wabernder Finsternis. Als sie den Blick darüber schweifen ließ, stellte sie fest, dass diese Finsternis die komplette Lichtung eingenommen hatte.

Wut stieg in ihr auf. Wut über ihre eigene Dummheit, dass sie so töricht sein konnte, ihr Element verlassen zu haben und auf eine offene Lichtung gerannt war. Wut über den anderen Wolf, der sie in einen erneuten Hinterhalt geführt und sie währenddessen all ihrer Sinne beraubt hatte.

Sie knurrte und sträubte ihr Fell. Das wird ihr nicht noch einmal passieren, das schwor sie sich! Nun würde sie zum Angriff übergehen!

Die Waldwölfin ging in Angriffsstellung und schloss ihre Augen. Sie sog den vertrauten Geruch ihrer Umgebung ein und konzentrierte sich auf einen Punkt in ihrem Körper: auf ihren Elementkern.

Jeder Elementwolf besaß ihn und er war kein Organ, wie das Herz oder die Leber, sondern viel mehr eine Flamme, die unmittelbar hinter dem Herzen lag. Für gewöhnlich war es nur ein kleines Flackern, doch sobald die Elementwölfe etwas mit ihrem Element bewirken wollten, flammte der Kern auf und durchströmte ihren Körper. Je nach Ausprägung der Kraft mal mehr und mal weniger.

Genau diese Flamme nährte sie mit ihrer Kraft, die immer größer und größer wurde. Ein Strom von angenehmer Wärme begann sich in ihrem Körper auszubreiten und jeden ihrer Glieder zu erfassen.

Dies alles geschah innerhalb einer Sekunde und Esaila öffnete wieder ihre Augen. Sie breitete ihr Bewusstsein aus und spürte jeden Baum, jeden Strauch und jeden Grashalm in ihrer Nähe. Die Pflanzen spürten ihren Kampfinstinkt und ihre Wut. Da begannen die Bäume unheimlich zu knarzen, denn auch sie waren wütend auf die Angreifer, die einen Freund zerstört und Unruhe in den Wald gebracht haben.

Der Wald der Unendlichkeit hatte eine Kraft, die Esaila noch nie gespürt hatte. Genau diese Kraft wird sie sich zunutze machen!

>Freunde, helft mir, diesen unangenehmen Feind aus dem Wald zu vertreiben!<, dachte sie sich und schickte ihr Bewusstsein in die Finsternis, um den fremden Wolf zu suchen.

Es dauerte nicht lange und sie fand ihn, keine fünf Meter vor ihr stehend. Die Grashalme, die er mit seinen Pfoten zerdrückte, zeigten dies ihr deutlich.

Esaila wusste, dass der Wolf die Lichtung nicht verlassen würde, aufgrund der dunklen Wolke, in der er sich verstecken konnte. Deshalb hob die grüne Wölfin ihren Kopf und heulte leidenschaftlich. Sie wusste, dass dies nicht notwendig war, aber sie musste ihrer Wut freien Lauf lassen. Erneut ging sie in Angriffsstellung und um ihr herum begann der Boden zu beben.

>Na schön. Wenn du nicht zu mir kommen willst, muss ich dich leider zwingen!<, dachte sie sich und benutze die Wurzeln des Baumes, der ihr am nächsten stand.

Sie sandte sie durch die Erde in Richtung Finsterniswolf. Vier Stück waren es. Als sie direkt unter dem Wolf waren, ließ Esaila sie in verschiedenen Richtungen aus dem Boden schießen. Sie spürte durch das Gras, dass der Wolf zusammenzuckte, da er ein paar Schritte rückwärts lief. Da wusste sie, dass ihr Gegner in seiner eigenen Finsternis sehen konnte.

Doch dies nütze ihm nichts mehr. Sie ließ zwei Wurzeln auf den Wolf zuschnellen, bevor er es sich anders überlegte und aus der Gefahrenzone sprang.

Die Wurzeln umschlossen den Körper des Wolfes und hoben ihn vom Boden. Zufrieden vernahm Esaila ein leises Jaulen, als sie ihn mit Hilfe der Wurzeln zu sich trug.

Kaum hatte sie ihn zwei Meter getragen, lichtete sich die Finsternis auf der Lichtung und sie sah nun den Wolf, wie er sich in den Wurzeln wand, die sich langsam auf sie zubewegten. Er war größer als sie. Natürlich war er das! Sie selbst war für einen Wolf sehr klein. Doch dies sagte nicht gleich, dass sie schwach sei, oh nein! Zudem war sein Fell größtenteils schwarz und braun. Sprich: Ein typischer Finsterniswolf!

„Du dachtest wohl, du kannst mich mit deinem kleinen Trick hereinlegen! Da hast du dich geirrt“, sagte sie und blickte in die vor Erstaunen geweiteten Augen des Wolfes, der noch immer in den Wurzeln gefangen war und sie anblickte. „Ich werde dich nicht töten“, sagte sie und stand nun auf. Dies war gegen ihre Natur. Sie tötete ungern, das war schon immer so gewesen. So ließ sie einen Ast herunterpeitschen, der den Wolf bewusstlos schlug, damit er nicht mehr angreifen konnte.

Vorsichtig legte sie den Finsterniswolf auf den Boden und die Wurzeln zogen sich zurück. Er wird nun für eine gewisse Zeit keinen Ärger mehr machen, da war sich Esaila sicher.

Die Waldwölfin drehte sich um und nahm erneut Kontakt mit dem ihr am nächsten stehenden Baum auf. Sie wollte wissen, wo ihre Schwester Nyrona war und, wie es um die anderen stand.

Sie war sich sicher, dass sich Nyrona ohne groß nachzudenken auf die Wasserwölfin gestürzt hatte. Dies machte Esaila Angst. Sie kannte ihre ältere Schwester und wusste, wie unüberlegt sie manchmal handelte.

Kaum hatte sie durch die Bäume erfahren, wo sie sich aufhalten könnte, rannte sie auch gleich los. Doch sie brauchte nicht weit zu rennen, da roch sie Wasser, das schwer in der Luft lag.

Sie kam auf eine erneute Lichtung und die Gefühle der umstehenden Bäume erschreckten sie. Viele raschelten und knarzten wütend. Sie brauchte nicht lange zu suchen und fand die Ursache dafür.

Auf ihrer linken Seite standen mehrere verdorrte Bäume. Als sie ihr Bewusstsein berühren wollte, musste sie feststellen, dass sie kein Fünkchen Leben mehr in sich hatten.

Direkt vor den toten Bäumen stand die feindliche Wasserwölfin. Diese umgab ein stetig anwachsender Strom von Wasser, der, so stellte Esaila erschrocken fest, von den Bäumen hinter ihr stammte.

Der Wasserwölfin direkt gegenüber und auf Esailas rechten Seite, stand Nyrona, die zitternd auf ihren Beinen stand. Auch sie war von Wasser umgeben, das aber weitaus weniger war, wie das ihrer Gegnerin.

Nyrona blickte kurz von ihrer Gegnerin weg und sah zu Esaila. Vorsichtig hob sie eine Pfote und stellte sie wieder auf den Boden. Da verstand Esaila und kroch zurück ins Unterholz. Sie sollte sich noch verstecken, bis ein passender Moment gekommen war. Somit hatten sie den Überraschungsmoment auf ihrer Seite.

„Wie lange haltest du es noch aus? Ich bin überhaupt überrascht, eine Wasserwölfin in diesem Teil des Landes zu treffen. Aber das erklärt auch, wieso deine Fähigkeiten so mickrig sind!“, sagte die fremde Wölfin und lachte hämisch.

Esaila schlich währenddessen auf die linke Seite, direkt hinter die Wölfin. Diese rannte, kaum, dass Esaila hinter ihr stand, auf Nyrona zu. Dabei verfolgten sie die Wassermassen, die sie aus den Bäumen gezogen hatte.

Nyrona machte sich keine Mühe, der Wölfin auszuweichen, sondern sammelte ihr Wasser und ließ es direkt auf die andere Wölfin zuschnellen. Esaila wusste, dass dies mehr ein Verzweiflungsakt war als ein geschicktes Manöver.

Die Feindin ließ nun ihrerseits eine Wand aus Wasser entstehen, woran Nyronas Wasserstrahl mühelos abprallte. Gleichzeitig ließ sie einen Strahl auf Nyronas linke Seite los, der sie frontal und ohne jeden Schutz traf.

Nyrona flog jaulend durch die Luft und landete unsanft auf dem Boden. Die andere blieb stehen und drehte sich zu Nyrona herum, um sie missbilligend zu betrachten.

In Esaila selbst ballte sich Wut zusammen, wie schon einmal an diesem Tag. Sie sah zu, wie ihre Schwester frontal angegriffen wurde, nur um auf den passenden Moment zu warten? Sie schnaubte und bediente sich erneut ihrer elementaren Kraft. Was für einen passenderen Moment gibt es schon, wenn nicht dieser? Die Wölfin wusste nicht, dass Esaila hier war und zudem noch hinter ihr stand.

So trat die Waldwölfin hinter dem Büschen hervor auf die Lichtung hinaus.

Sie merkte, wie ihre Schwester sie starr anblickte und leicht den Kopf schüttelte. Doch dies war ihr in dem Moment völlig gleichgültig, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt der anderen Wölfin.

Diese musste den Blick von Nyrona bemerkt haben und folgte nun diesem. Doch bevor sie Esaila sah, ließ die kleine Wölfin Äste von einem nahen Baum auf sie herab sausen, fesselte sie an den Beinen und ließ sie in die Luft schnellen. Überrascht jaulte die Fremde auf und das Wasser glitt auf den Boden und ergoss sich im Gras.

Nun erblickte sie Esaila, die sie wütend anstarrte.

„Du hast den Bäumen ihr Lebenselixier geklaut“, sagte Esaila und trat schützend zu ihrer Schwester, die sich mühsam auf die Beine stellte.

„Außerdem“, fuhr Esaila fort. „Hast du Nyrona so zugesetzt. Ich werde nicht zulassen, dass du hier noch weiterhin einen Aufstand machst und meine Familie und Freunde so zurichtest!“ Nyrona spürte, wie wütend Esaila war und stupste sie dankbar mit der Schnauze an. Sie wusste, dass dies dumm von ihr war, sich Hals über Kopf in so einen Kampf zu stürzen. Doch dies konnte sie nun nicht mehr ändern und war dankbar, dass Esaila nun da war. Kein Wolf auf der Welt hätte sie lieber an ihrer Seite, als ihre Schwester Esaila. Nicht einmal Sikona und Nurik harmonierten mit ihrem Element so gut, wie Esailas zu ihrem.

So stellte sie sich kampfbereit neben ihre Schwester und sammelte erneut Wasser aus der Luft um sich.

„Lass uns diesen Feind gemeinsam bezwingen, Schwester!“, sagte Nyrona und bemerkte dabei nicht den Schatten, der kurz über sie hinwegstrich und wieder verschwand.
 

Ruki flog über mehrere einzelne Lichtungen, die es in diesem Waldabschnitt leider sehr häufig gab und suchte nach seinen Freunden.

Als er über eine Lichtung hinwegflog, konnte er unter sich Nyrona und Esaila erkennen. Ein kurzer Blick genügte und er wusste, dass sie gut zu zweit zurecht kamen und flog weiter, auf der Suche nach den anderen.

Nachdem er über die Lava gesprungen und einige Meter gerannt war, hatte er seine Freunde aus den Augen verloren. Doch er hatte kaum Zeit zum Suchen gehabt, da sich ein fremder Wolf sich auf ihn gestürzt hatte. Er war zwar nicht größer als er gewesen, doch er hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite.

So begann ein erbitterter Kampf . Doch es stellte sich bald heraus, dass der Feind ein normaler Wolf war, ohne ein Element zu beherrschen, was einen gewissen Vorteil für Ruki brachte.

Doch Ruki verzichtete anfangs auf sein Element, bis sich sein Angreifer als erprobter Kämpfer herausstellte.

Durch den Wind brachte er ihn auf Distanz und konnte ihn, mehr durch Glück, kampfunfähig machen. Es war ein harter Kampf gewesen, der Ruki gezeigt hatte, dass man mit einem Element auf seiner Seite nicht unbedingt im Vorteil war.

Aus Angst, seinen Freunden könnte es genauso ergehen, hatte er sich auf die Suche begeben.

Zwei hatte er schon einmal gefunden, fehlten nur noch drei.

Plötzlich wurde es vor ihm hell und er geriet ins trudeln. Doch er fing sich schnell wieder und flog auf die Stelle zu, die der Ursprung des Lichtes zu sein schien. Als Ruki sich ihr näherte, spürte er, wie es immer heißer wurde, bis er die Ursache dafür fand. Auf einer weiteren Lichtung brannte alles lichterloh und inmitten des Chaos konnte er Nurik und den roten Wolf sehen.

Ruki wollte schon hinunterstürzen, als ihn eine weitere Hitzewelle erwischte und ihm erneut aus dem Gleichgewicht brachte. Auch dieses Mal fing er sich wieder und sah, wie Nurik in Begleitung eines anderen Wolfes auf den Feind zu rannte und dabei ließ Nurik unablässig Feuer auf seinen Feind los.

Der andere Wolf, so konnte Ruki erkennen, war gelb und blaue kleine Funken tobten in seinem aufgestellten Fell herum.

Mehr konnte der weiß-graue Wolf nicht sehen, denn plötzlich wurde es erneut gleißend hell auf der Lichtung und er wurde nochmals von einer Hitzewelle erfasst, die ihn nun endgültig aus den Fugen brachte und mehrere Meter weit weg schleuderte.

Benommen öffnete er seine Augen und blickte dem näher kommenden Boden entgegen. Schnell öffnete er seine Flügel und fing somit im letzten Moment seinen Sturz ab. Er wollte gerade den Wind unter seine Flügel bringen, um wieder aufzusteigen, als er gegen einen Körper krachte und unsanft am Boden landete.

Beide rollten einige Meter weiter, bis sie liegen blieben. Der eine Körper lag auf ihm. Doch nicht lange, denn der Fremde sprang auf und rannte davon.

„Autsch, nicht schon wieder!“, sagte Ruki und öffnete träge seine Augen. Er erblickte vier weiße Pfoten direkt vor sich und, als er nach oben sah, konnte er Sikonas Gesicht sehen, das von einem Grinsen erhellt wurde.

„Also, langsam glaube ich, dass das deine eigentliche Kampftechnik ist. Es scheint fast, als hättest du Spaß dabei, sich auf andere Wölfe zu stürzen und sie kampfunfähig zu machen.“

Sie trat an seine Seite und half ihm hoch.

„Sehr witzig!“, sagte Ruki und schüttelte benommen seinen Kopf. Erleichtert stellte er fest, dass er nur ein paar Kratzer davon getragen hatte. Er war ja nicht im vollen Sturzflug gegen den Wolf gekracht.

„Aber ich bin froh, dass du hier bist. Der Wolf war größer als ich. Zwar hatte er kein Element, doch ich konnte nicht viel von meiner Kraft nutzen, ohne groß geschwächt zu werden.“

Da fiel ihm auf, wie warm es auf der Lichtung war und verstand.

„Dann bin ich also gerade rechtzeitig gekommen! Gut, dass er gleich abgehauen ist, sonst hätte er es mit meiner Kraft zu tun bekommen!“

Sikona stupste ihn lachend an. „Ja, mein Beschützer. Obwohl heute schon einer vor dir diese Rolle übernommen hat.“

Ruki blickte sie verständnislos an. Sie sah seinen Blick und erklärte: „Als ihr alle davon gesprungen seid, wollte ich Nurik nach laufen und ihm im Kampf gegen den Lavawolf helfen. Doch dann stellte sich mir ein fremder Wolf in den Weg und sagte, dass dies zu gefährlich sei und er anstatt meiner Nurik helfen wird. Ich glaube, er hat mich vor meinem Tod bewahrt. Spürst du die Hitze? Ich schmelze die ganze Zeit schon!“

Zur Bekräftigung drehte sie sich etwas, damit Ruki ihren schmelzenden Schweif sehen konnte. Nun war es an Ruki zu lachen. „Du meinst wohl den gelben Wolf? Ja, er hilft gerade Nurik und sie waren es, die mich aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Die Hitzewellen haben mich herumgeschleudert und ich konnte nichts unternehmen. Aber ich bin froh, dass ich dir doch helfen konnte und dich auch gefunden habe!“

Sikona nickte, als sie das mit dem gelben Wolf hörte und war froh, dass dieser sein Versprechen hielt.

„Nun, ich hoffe, der Wolf kommt nicht ...“, sie hielt inne und blickte zu einem Busch in ihrer Nähe. Auch Ruki hatte etwas bemerkt und spannte seinen Körper an. Ein leises Knurren kam aus seiner Kehle und er beobachtete, wie sich ein Kopf aus dem Busch schob, der von Blut beschmutzt war. Doch Ruki erkannte den Wolf wieder und verstummte abrupt.
 

„Na komm schon, du elendiger Wurm!“, rief der Wolf genau gegenüber von Yen. Dieser war so schlau, auf solche Provokationen nicht anzubeißen, sondern umkreiste weiterhin den braunen Wolf.

Der Wolf war nicht so groß wie er selbst, aber dennoch kampferprobt, was seine vielen Narben nur zu deutlich zeigten.

„So groß und doch ein Schisser!“, sagte der Braune und legte noch mehr Wert auf Provokationen.

Yen knurrte nur als Antwort, blieb aber auf Abstand.

Kaum, dass er sich von den anderen getrennt hatte, traf er auf diesen fremden Wolf, der sich als harter Kämpfer ohne Element herausgestellt hatte. Sie hatten wild gekämpft und beide hatten schon mehrere Kratzer, aber noch keine ernsthafte Verletzung, davongetragen. Dafür waren sie beide zu vorsichtig.

Dennoch wünschte sich Yen, dass er eine Lücke in der Verteidigung seines Gegners finden würde, um ihn schnell ausschalten zu können. Doch diesen Gefallen bekam er leider nicht erfüllt und somit musste er seine Freunde noch immer alleine lassen.

Alle Muskeln von Yen waren bis aufs Äußerste angespannt und sein Schwanz zuckte nervös durch die Luft. Auch sein Gegner wurde mit der Kampfdauer immer nervöser, dennoch blieb er vorsichtig und behielt Yen gut im Auge.

Doch, als er merkte, dass er mit seinen bissigen Bemerkungen nicht weit kam, blieb der Fremde stehen und hob seinen Kopf.

Yen blieb ebenfalls stehen, verharrte aber weiterhin in Angriffsstellung.

„Nun, ich sehe, es hat mit dir keinen Sinn! Du bist einfach zu dumm. Kein Wunder bei der Größe, dass da das Hirn etwas hinten nach hängt! Ich werde mir nun jemand anderen suchen und dich deinem dummen Schicksal überlassen.“ Er drehte sich halb herum, hatte aber dennoch Yen im Blick.

„Vielleicht schnappe ich mir die kleine süße grüne Wölfin oder gar die Hellblaue! Die Wasserwölfin ist mir zu glitschig“, eiferte der braune Wolf weiter und machte Anstalten zu gehen.

Endlich hörte er ein wütendes Knurren hinter sich und verzog sein Maul zu einem Grinsen.

Yen stand hinter ihm und witterte seine Chance. >Wende nie deinem Gegner den Rücken zu!<, dachte sich Yen und schwor sich, diesen Wolf für seine Unverfrorenheit zu bestrafen. Er würde nie zulassen, dass seinen Freunden etwas geschah.

So spannte er seine Muskeln noch mehr an und drückte sich vom Boden ab, um den Braunen direkt anzugreifen. Dieser jedoch hatte nur auf diese Gelegenheit gewartet und drehte sich schnell herum, um Yen in seine böse Falle tappen zu lassen.

Der Braune sah die Überraschung in den gelben Augen aufblitzen und schon krachte Yen gegen den Wolf. Dieser hatte sich kurz auf seine Hinterläufe gestellt, um Yen mit seinen Pfoten zu umklammern. Dies war ein waghalsiger Trick, denn auch er wurde durch die Krallen von Yen ebenfalls verletzt. Doch einen Vorteil hatte es: Der braune Wolf verbiss sich in Yens linke Schulter.

Beide Wölfe stürzten auf den Boden und, als Yen glaubte, er sei endgültig in der Falle und er müsse seine letzten Atemzüge tun, spürte er, wie der Wolf seine Schulter aufriss und sie somit wieder frei gab. Yen jaulte auf vor Schmerz, der ihn fast zu betäuben schien. Doch er fing sich rasch wieder und dachte an seine Freunde, die er zu beschützen versuchte.

Der braune Wolf hatte gewusst, dass Yen viel schwerer als er selbst war und versuchte somit, schnell unter Yen hervorzukommen. Dabei krazte er mit seinen Klauen dessen Flanken auf und Yen jaulte erneut.

Dennoch war der Wolf zu langsam und schaffte es nur, seinen Oberkörper frei zu bekommen: Yen war zu schwer. Er war volles Risiko eingegangen und sich seiner Sache so sicher gewesen. Dennoch gab der Braune nicht auf und schnappte nach Yens Hals.

Dieser war nicht dumm, wie sein Feind vorhin behauptet hatte und wurde sich seines Vorteils bewusst. Er wich dem Maul aus und senkte nun schnell seinen Kopf, um den Hals seines Feindes mit seinen Zähnen zu umschließen. Dieser konnte nicht mehr ausweichen und Yen schloss hasserfüllt seinen mächtigen Kiefer.

Er verbiss sich in den Hals und stand endlich auf. Mühelos hob er den nach Luft röchelnden Wolf hoch, der gelegentlich aufheulte.

In Yens Maul schoss das warme Blut, doch dies kümmerte ihn nicht. Zorn, wahnsinniger Zorn, stieg in ihm auf und er begann, den Wolf heftig zu schütteln. Er ließ den Wolf auf den Boden krachen und hörte dessen Knochen splittern. Daraufhin ließ er ihn los und der Fremde flog mit dem Kopf voran gegen einen Baum.

Seine Schädeldecke knackte gefährlich und er blieb reglos liegen. Wenn er nicht schon vorher gestorben war, so war er sicherlich jetzt tot.

Yens komplette Brust und sein Kopf waren blutverschmiert. Doch dies interessierte ihn nicht und er trat zu seinem ehemaligen Gegner.

„Das nächste Mal würde ich mir überlegen, wen du Wurm oder Schisser nennst!“, sagte Yen und drehte sich herum. Noch immer waren seine Augen geweitet und der Hass stand in ihnen geschrieben.

So sprang er ins nächste Gebüsch und verließ somit den Kampfplatz. Es dauerte nicht lange und er vernahm Stimmen. Ihm vertraute Stimmen.

So steckte er seinen Kopf durch einen Busch und blickte in die Augen von Sikona und Ruki, die ihn erleichtert und doch schockiert ansahen

Yen trat nun ganz aus dem Busch und die beiden konnten seinen blutverschmierten Körper sehen.

„Yen!“, rief Sikona und ging auf ihn zu, blieb aber auf Abstand. „Was hast du gemacht? Und die Wunde. Hilfe, die sieht ja übel aus! Lass sie mich kühlen!“

Die Verletzung hatte Yen völlig vergessen. Er spürte auch keinen Schmerz. Dafür war er zu erregt von dem Kampf. Doch, als Sikona näher kam, knurrte er sie an. Erschrocken blieb Sikona stehen, legte ihre Ohren an und zog den Schwanz ein.

Wenn Yen es nicht wollte, so ließ sie ihn. Auf einen Kampf konnte sie verzichten und wollte sich auch nicht mit ihm streiten, da er viel größer und stärker als sie war. So, wie er vor ihr stand, wollte sie lieber auf Nummer sicher gehen. Das Blut und sein wildes Aussehen ließen ihn fürchterlich erscheinen.

So zog sie sich wieder zurück und sagte: „Nun gut.“

Zu ihrer Überraschung sagte Yen: „Ich will, dass du deine Kraft nicht jetzt verschwendest. Der Feind ist noch hier und ich habe im Moment keine Schmerzen. Aber trotzdem danke!“

Das munterte Sikona wieder auf und sie richtete sich aus ihrer unterwürfigen Stellung auf. Dennoch blieb sie vorsichtig und angespannt und stellte sich zu Ruki.

„Wisst ihr, wie die Lage ist?“, fragte Yen weiter, dem nichts an Sikonas Verhalten aufgefallen zu sein schien.

Da begann Ruki, von der Lage zu erzählen, in der er die anderen vier Wölfe gefunden hatte.

Yen nickte. „Gut, ihr zwei werdet euch zu Nyrona und Esaila begeben und ich werde Nurik helfen gehen!“

Yen drehte sich schon herum, um loszulaufen, wurde aber durch Sikona aufgehalten, die sich in seinen Weg stellte und rief: „Yen, nein! Das ist zu gefährlich. Vor allem, da du -“ Sie kam nicht weit, da Yen nach ihr schnappte und sie ausweichen musste. Yen wollte sie nicht verletzten, sondern nur zurückdrängen.

„Ich kann gut auf mich alleine aufpassen, auch ohne Element, Sikona! Und jetzt geh!“

Da verschwand er im Wald und bemerkte nicht, wie Ruki einfach Sikona packte und mit ihr davonflog.

Zuerst sträubte sich Sikona, doch dann ließ sie sich hängen und seufzte.

„Was ist nur los mit ihm? So habe ich ihn noch nie erlebt. Er glüht ja richtig von innen.“ Dann schlich sich kurz ein Lächeln auf ihren Lefzen. „Aus dem friedlichen Wolf ist ein Kämpfer geworden. Ein skrupelloser Kämpfer.

Ruki stimmte ihr mit seinem Schweigen zu und steuerte die Lichtung an, wo sich Esaila und Nyrona befinden müssten.
 

Yen brauchte nicht lange zu suchen und er fand die Wölfe, die er gesucht hatte.

Auf einer großen Lichtung stand ein Wolf zwei anderen gegenüber. Überall auf der Lichtung brannte Feuer und befand sich dieses rote Zeug, das Nurik als Lava bezeichnet hatte. Alle drei Wölfe sahen mitgenommen aus, doch er erkannte, dass Nurik und der gelbe Wolf im Vorteil waren. Dennoch gab ihr Feind nicht auf.

Yen hielt sich noch versteckt und sah Nurik zu, der gerade etwas zu dem gelben Wolf sagte.

Beide waren angespannt und voller Kampfgeist. Yen hatte Nurik noch nie so gesehen wie heute, als er seine Schwestern, vor allem Sikona, beschützt hatte. Dies war ein Beweis, wie sehr der Feuerwolf seine Schwestern liebte und jeden Preis zahlen würde, sie in Sicherheit zu wissen. Dass er dies im Moment tat, zeigte seine wabernde Mähne und sein fauchender Schweif. Beides wirkte wie lebendiges wütendes Feuer, das alles verschlingen würde. Yen lachte. Im Großen und Ganzen sah er wie ein brennenden Stück Holz aus, dass jeden Moment explodieren konnte und somit eine Gefahr bildete.

Sein Hochmut verflog wieder. Yen hatte geglaubt, dass es irgendwann Probleme mit dem rot-braunen Wolf geben würde, die nur mit einem Kampf beseitigt werden konnten, doch dieser hatte sich bereitwillig damit abgefunden, Yen zu folgen. Genau wie Ruki.

Yen wurde aus seinen Gedanken gerissen, als eine Lavasäule direkt vor dem gelben Wolf auftauchte und sich auf ihn stürzte. Nurik wollte ihm zu Hilfe eilen, doch genau in dem Moment, als die Säule aufgetaucht war, sprang der Lavawolf ab und landete auf Nurik, den er nun auf den Boden drückte.

Yen verfluchte Nurik dafür, in die Falle getappt zu sein, aber da erinnerte er sich an seinen letzten Kampf und der Gedanke verflog.

Der rote Wolf senkte nun seinen Kopf und Yen sah, dass der gelbe Wolf Nurik nicht helfen konnte, da er damit beschäftigt war, der Lava auszuweichen.

Nurik konnte sich unter der schieren Größe des Wolfes nicht bewegen und blickte mit weit aufgerissenen Augen in das Maul seines Feindes. Nurik versuchte ihn noch mit Feuer, das aus seinem Maul schoss, abzulenken. Doch da drückte der Feind einfach eine Pfote auf seine Schnauze und der Feuerstrahl erlosch. Das Feuer selbst schien ihm wenig auszumachen.

Nurik wurde einfach wie ein hilfloses Küken auf den Boden gedrückt, da er nichts gegen den größeren Wolf ausrichten konnte.

Der Wolf hatte nämlich ungefähr die gleiche Größe wie Yen selbst.

So spannte Yen seine Muskeln an und verließ mit einem Sprung seine Deckung. Ein weiter Sprung beförderte ihn direkt auf seinen Gegner zu. Er konnte nicht zulassen, dass Nurik hilflos getötet wurde, denn auch er war entschlossen, seine Freunde zu beschützen, koste was wolle. Sie hatten ihn aus seiner Einsamkeit herausgelockt und ihn seine Vergangenheit vergessen lassen. Eine Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern konnte.

Bevor der Lavawolf reagierte, stieß Yen ihn schon von Nurik herunter. Gerade rechtzeitig, bevor dieser seinen Kiefer geschlossen hätte. Yen stellte sich schützend vor Nurik und knurrte den Wolf an. Er spürte, wie Nurik aufstand und sich erschöpft neben ihn stellte.

„Danke, Großer!“, brachte dieser mühsam hervor.

Kaum hatte Yen den knallroten Wolf von Nurik geschubst, war die Säule in sich zusammengesackt. Der gelbe Wolf, der nun nicht mehr von der Säule bedrängt wurde, stellte sich auf dessen andere Seite. Yen nickte ihm kurz zu und sah, dass auch dieser angeschlagen war. Doch stolz erwiderte er die Begrüßung.

Yen richtete seine Augen wieder auf den Feind, der noch immer auf dem Boden lag und nun seinerseits Yen musterte. Yen glaubte kurz Erstaunen in den Augen des Wolfes aufblitzen zu sehen. Doch der fing sich schnell wieder, stand langsam auf und gab einen Laut von sich, der in dieser Situation überhaupt nicht passte: Er lachte.

Yen knurrte und war bereit, erneut los zuspringen. Doch da hörte der Wolf zu lachen auf und sagte an Yen gewandt: „Wer hätte gedacht, dass wir uns noch einmal begegnen?“

Erschrocken verstummte Yen und er blickte neugierig zum Wolf. Auch Nurik war schockiert, fing sich aber gleich wieder.

Direkt vor ihm stand ein für ihn fremder Wolf und behauptete, dass sie sich 'noch einmal' begegneten.

„Du … kennst mich?“, fragte Yen vorsichtig und neugierig zugleich. Hier und jetzt bot sich ihm eine Gelegenheit, die er nicht verpassen möchte. Eine Gelegenheit, zu erfahren, wer er wirklich war.

Er hatte den Kampf vergessen, selbst Nurik und der gelbe Wolf waren nun unwichtig. Das einzige, was zählte, waren er und der andere Wolf.

Kaum hatte Yen seine Frage gestellt, schlich sich ein erstaunter Ausdruck auf das Gesicht des roten Wolfes.

„Ah, ich kapiere! Du erinnerst dich nicht mehr! Und ja, ich kenne dich.“ Bei diesen Worten ging er langsam rückwärts.

„Woher kennst du mich?“, fragte Yen ungeduldig. Da hob der rote Wolf den Kopf und heulte. Doch nicht lange und er drehte sich erneut zu Yen.

„Ich kenne dich aus deiner Vergangenheit! Aus deinem ehemaligen Rudel! Ich werde mich zurückziehen, aber glaub ja nicht, dass du und deine Freunde verschont bleiben!“

Der Wolf wollte gerade gehen, als er stehen blieb, noch einmal zurückblickte und sagte: „Ich lasse dich in Unwissenheit, da ich sicher bin, dass dies dich von Innen auffressen wird. Doch eines sage ich dir: Mein Name lautet Lumus. Vielleicht fällt es dir dadurch wieder ein!“

Daraufhin verließ er lachend die Lichtung. Sie konnten noch weitere Umrisse sehen, die sich ihm anschlossen.

Yen wollte schon fast hinterher rennen und den Wolf zur Rede stellen, doch da versagte ihm seine linke Schulter den Dienst. Der Sprung auf Lumus war nicht die beste Lösung gewesen. Er konnte kaum noch die Pfote richtig aufsetzten. Wo er vorhin keinen Schmerz gespürte hatte, durchzuckte ihn nun die Qual.

Doch dies war nicht der größte Schmerz, den er verspürte. Der Wolf oder, besser gesagt, Lumus hatte recht: Die größte Pein war in seinem Innersten, die ihn langsam zerfraß. Er wollte unbedingt wissen, wer er war. Manchmal kam es ihm so vor, als hätte er überhaupt keine Identität, sondern war eine leere Hülle. Oft hatte er sich gefragt, wie seine Vergangenheit ausgesehen hatte und, ob er kurz vor seinem Gedächtnisverlust, in einem Rudel oder als freier Wolf wie Kora und die anderen unterwegs gewesen war. Er wusste es nicht und diese Unwissenheit war schlimmer als der Schmerz in seiner Schulter.

Eine kleine Berührung ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Nurik stupste ihn leicht mit seiner Pfote an. „Yen, deine Schulter!“, sagte dieser besorgt und hatte sich anscheinend wieder beruhigt, da er nun wieder so aussah, wie Yen ihn kannte. Doch seine Ohren hatte er mitfühlend angelegt. Er ahnte, wie es Yen im Moment erging.

Yen war froh, dies zu sehen und langsam beruhigte auch er sich wieder, trotz der inneren Qual. Sein gesträubtes Fell legte sich wieder und seine Muskeln entspannten sich.

„Danke, aber Esaila soll sich das anschauen. Es ist 'nur' eine Bisswunde und wird mich nicht umbringen, so wie ich denjenigen, der mir das angetan hat. Ich bin nur froh, dass wir das überstanden haben!“

Nuriks Augen weiteten sich und er verstand. Dann nickte er und blickte an Yen vorbei auf dessen andere Seite. Nun drehte sich auch Yen um und sah zu dem gelben Wolf, der noch immer da stand, wo er ihn das letzte Mal gesehen hatte: An Yens rechter Seite.

Dieser sah auch etwas mitgenommen aus, aber nicht so schlimm wie Yen und Nurik. Sein Fell war hauptsächlich knallgelb und stand gefährlich spitz vom Körper ab. Auf seinem Rücken hatte er ein Muster, das wie ein schwarzer Blitz geformt war. Schwarzes Haar zierte seinen Kopf und seine zwei Vorderpfoten hatten dieselbe Farbe wie Blitz und Haar.

Doch das Eigenartigste an ihm waren sein Schwanz und seine geringe Körpergröße. Sein Schweif hatte einen komischen Knick und war in der Breite eigenartig dünn. Der Wolf selbst war für einen Rüden seltsam klein. Im Allgemeinen sah er wie ein Blitz aus.

Der Wolf spürte die Blicke auf sich und sah nun Yen neugierig an, wobei er seinen Kopf erheblich heben musste, um ihn in die Augen blicken zu können. Da sah Yen, dass seine Augenfarbe im krassen Gegensatz zu seiner Fellfarbe stand: Sie waren dunkelblau.

Yen wollte sich gerade bei dem Fremden bedanken, als er hinter sich einen wütenden Aufschrei und Pfotengetrappel hörte. Als er seinen Kopf etwas auf die Seite drehte, sah er, wie Esaila wütend auf sie zu gerannt kam. Hinter ihr kam Nyrona aus dem Wald, die verblüfft ihrer Schwester nachschaute. Doch sie hatte keine Zeit, ihrer Schwester hinterher zu eilen. Es gab Brände auf der Lichtung, die gelöscht werden mussten. So nahm sie ihre letzte Kraft zusammen und löschte mit dem bisschen Wasser in der Luft die lodernden Flammen.

Esaila rannte über die Lichtung und fixierte mit ihren Augen den fremden gelben Wolf. Nurik wollte sich schon vor seine Schwester schieben, als der andere Wolf den Kopf schüttelte und einfach stehen blieb. So ließen ihn Nurik und Yen und traten sogar ein Stück zurück.

Unter ihren Pfoten begann die Erde zu beben und direkt vor dem gelben Wolf schossen Wurzeln aus dem Boden, die ihn an den Pfoten fesselten und ihn somit festhielten. Doch dieser machte keine Anstalten, zu fliehen. Gelassen blieb er stehen und blickte Esaila gleichgültig entgegen.

Diese blieb kurz vor ihm stehen und rang nach Atem.

„Du!“, brachte sie nur heraus und hechelte. „Du hast meine Drohung einfach ignoriert und bist uns gefolgt! Wegen dir wurden wir angegriffen! Ich hätte es mir gleich denken können! Und zu allem Überfluss hast du auch noch einen Baum getötet!“

Esaila funkelte ihn böse an. Nyrona, die sich zu Yen und Nurik gesellt hatte, tauschte mit Nurik einen kurzen fragenden Blick aus. Sie hatten ihre Schwester selten so aufgebracht erlebt.

Da tauchte ein Schatten auf der Lichtung auf und von oben klang Sikonas Stimme zu ihnen herunter: „Ruki setzt mich bitte sofort ab! Das endet noch in einer Katastrophe!“

Da flog Ruki nach unten und setzte die Eiswölfin behutsam auf dem Boden ab und landete dann selbst neben Nyrona. Sofort rannte Sikona zu ihrer kleinen Schwester und stellte sich zwischen sie und den gelben Wolf.

„Nein!“, rief sie bestimmt und starrte Esaila trotzig an. „Nein, du darfst ihm nicht weh tun! Das werde ich nicht zulassen, Esaila!“

Nurik schielte besorgt zu Nyrona, die nur den Kopf schüttelte. „Sie streiten sich nicht oft, aber dann muss es ausgerechnet um einen Kerl sein!“

Ein Grinsen schlich sich auf Nuriks Gesicht und er beobachtete wieder die Wölfe vor sich. Sikona und Esaila würden nicht wegen einem Fremden gegeneinander kämpfen, das wusste Nurik.

„Sikona! Er hat uns in diese Falle geführt. Außerdem verfolgt er uns schon seit mehreren Tagen und er ist somit an all dem schuld! Viele meiner Freunde sind heute wegen ihm gestorben! Das darfst du nicht ignorieren!“, sagte nun die Waldwölfin und blickte trotzig Sikona an. Diese blickte beschämt auf den Boden.

„Aber er hat mich heute gerettet und ich bin ihm etwas schuldig! Außerdem kannst du dir dabei nicht sicher sein, ob er das wirklich war!“, rief Sikona und gewann mit jedem Wort mehr Selbstvertrauen. Esaila wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, wurde aber von einem höflichen Räuspern unterbrochen.

Alle Augen richteten sich nun auf den gelben Wolf, der seitdem das Spektakel gleichgültig betrachtet und nichts gesagt hatte. Doch nun brach er sein Schweigen.

„Ich denke, bei der ganzen Angelegenheit habe ich etwas mitzureden. Ich sehe, es steht sechs gegen einen. Obwohl, eher fünf gegen zwei. Ich kann den Kampf nicht gewinnen und ergebe mich gleich. Du kannst also die Fesseln lösen. Ich renne nicht weg, sondern ich werde euch alles erklären. Dass du es gleich weißt: Für mein Verhalten werde ich mich nicht entschuldigen.“ Die Worte kamen seltsam über seine Lippen, fast schon mürrisch. Die letzten Sätze hatte er an Esaila gerichtet, die zögernd seiner Bitte nachkam und seine Fesseln löste. Man sah ihr an, dass sie dies sehr ungern tat. Doch hatte sie keine andere Wahl, denn auch sie wollte seine Geschichte hören.

Yen gab den anderen ein Zeichen und sie stellten sich um den gelben Wolf. Immer noch waren die Schmerzen groß, doch er unterdrückte sie. Dies hier war momentan wichtiger.

„Nun, wir sind gespannt auf deine Erklärung!“, sagte Yen und fixierte den fremden Wolf. In einer Auseinandersetzung würde er ihn, trotz Verletzung, mühelos überwältigen können.

Der gelbe Wolf schnaubte genervt.

„Nun, mein Name ist Kian“, begann er erneut zu sprechen. „Meine Heimat liegt weit südlich von hier. Eigentlich habe ich gar keine mehr, aber dies tut nichts zur Sache. Ich muss eurer kleinen Wölfin recht geben: Ich verfolgte euch schon seit einer längeren Zeit. Doch ich habe nichts mit der Falle zu tun! Der Grund, weshalb ich hier bin ist, dass ihr die ersten Wölfe seit, denen ich hier begegnet bin und, weil mich so ein komischer Adler in eure Nähe geführt hatte. Außerdem verfolgten auch die Fallensteller euch schon seit drei Tagen und sind euch aufgelauert!“

Die letzten Informationen erschreckten die sechs Wölfe, doch das Eigenartigste war etwas anders.

Sikona blickte Yen an und flüsterte: „Verox?“ Dieser nickte nur und über sich konnte er einen schrillen Adlerschrei vernehmen.

Als er nach oben blickte, streifte ein kleiner Schatten sein Gesicht. Erneut erklang der schrille Schrei: Fröhlich und zufrieden.
 

~~Wie ein Blitz Ende~~
 

Lumus, ein Wolf, der Yens Fragen beantworten kann, oder war dies eine Finte?

Was für ein Ziel treibt Kian an?

Woher kommt er überhaupt?

Was hat es mit dem Adler Verox eigentlich auf sich?

Dies war ein Kampf, der noch lange nicht der letzte war ...



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Xenojiiva
2015-07-25T17:56:18+00:00 25.07.2015 19:56
OMG
Das Kapitel war heftig. Schmeiß die jungen Wölfe mal mitten in die finstere Realität. Und die war wirklich finster.
Dass Yen so übel in einen Kampfrausch gefallen ist und sogar Sikona Angst gemacht hat, ist aber irgendwie verständlich, wenn man bedenkt was und wer er eigentlich ist. Aber meine Frage aus dem vorherigen Kapitel hat sich beantwortet: Man hat ihn erkannt. Fieser Lumus-Typ....
Nun, der Adler ist auch nicht schecht, wie er die ganze Gruppe irgendwie zusammen bringt. Das Schicksal in Adlerform xD
Nein, ich find die Story immer noch toll und freu mich auf die letzten paar Kapitel
Von:  LightSasu
2012-08-29T12:13:26+00:00 29.08.2012 14:13
Also erst mal WARUM HAST DU MIR NED GESAGT DASS DAS NEUE KAPI DA IS!! *Beleidigt da sitz*
Nun gut so viel dazu! :)
Ich muss sagen deine Kapitel werden einfach besser *-*
Was mir besonders gut gefallen hat war der Anfang mit Esaila..Ich konnte mich richtig reinversetzen in die Szene das war echt super!!
Wie auch den anderen gefällt mir das hin und her geswitche zwischen den Schauplätzen. Was mir besonders gut gefallen hat und ich dann auch echt Tränen gelacht hab ist als Esaila auf Kian zustürmt, ihn fesselt und ihn dann zusammen staucht. Sie streiten sich um einen Kerl XDDD *tränchen wegwisch* na klar sicher doch gerade Esaila und Sikona um Kian! >D Ich finde, dass du Kians Charakter perfekt rüberbringst..so ruhig und doch in manchen Situationen genervt! Die Charaktere harmonieren so toll miteinander *_* und ich bin echt froh, dass ich dir den Blitzwolf mit in deine Story integrieren durfte!!
Ich hab dich lieb ganz doll <33
Dein Blitzchen!
Von:  _Saliona_
2012-08-13T19:08:16+00:00 13.08.2012 21:08
Dieses Kapitel unterscheidet sich sehr von den anderen: Verschiedene Schauplätze, erste richtige (blutige XD) Kampfszenen, die Elemente kommen so richtig gut raus und es überschneiden sich zwei Ereignisse. ^^ Diese Stilmittel hast du echt super gewählt und macht das Kapitel noch spannender, als es eh schon ist. XD

Mir gefällt die Stelle mit Esaila einfach am besten! Du hast dir da richtig was einfallen lassen. ;D Die Idee mit dem, dass sie den Wolf durch das zusammengedrückte Gras spüren kann, ist ja sowas von genial. *o* Darauf bin ich ja gar nicht gekommen! Du hast dich da von Toph inspirieren lassen, ge? Aber ich find das cool. ^-^
Auch die anderen Darstellungen der Elemente gefallen mir sehr gut! Eis war ja diesmal leider etwas eingeschränkt. X'D
Jetzt bin ich aber wirklich gespannt, warum Lumus jetzt ein Bekannter von Yen ist. ^^
Ja dieses Kapitel gefällt mir wirklich gut!
Bitte weiter so und wir freuen uns alle auf das Nächste. ;D
Hdgdl
Sali ;}
Von:  Issura
2012-08-13T18:57:10+00:00 13.08.2012 20:57
JEA!! Aktion! *_*
Ich finde es cool, dass du durch diese Kampfszenen mal so richtig gezeigt hast, was die Elementwölfe so alles drauf haben! :D Bis jetzt hast du ja immer von ihren Elementen geschrieben und man konnte sich noch nicht so recht ein Bild über ihre Fähigkeiten machen. Aber das hat jetzt ein ENDE! >:D
Es ist toll, wie du zwischen den Szenen hin und her gesprungen bist und sie verbunden hast! Ehrlich, ich habe erst viel später gerafft, dass der Schatten Ruki sein soll! Ich habe i-wie immer an Verox gedacht. ^^° naja egal, aber ich habe es i-wann auch mal überrissen! :D
Du hast wirklich super Nuriks Kampf beschrieben! Echt toll, dass du beschrieben hast, wie viel er für den Schutz seiner Schwestern geben würde. =) Und seine Elementkraft habe ich mir genau so vorgestellt! Auch das mit der Mähne! Mach mir da ja weiter so!
Ach und ich finde es super, dass Nurik und Kian Seite an Seite kämpfen! :D Ihre zwei Elemente passen super zusammen: schwer zu bändigen und unberechenbar, wenn man sie einmal los lässt! xD Hehe, einfach klasse!
So, ich höre hier mal wieder auf! Es hat wie immer total viel Spaß gemacht, deine Story beta zu lesen! =3
Mach ja weiter so, Schwester! *pat*
Von:  Merkur
2012-08-13T13:13:35+00:00 13.08.2012 15:13
Das Kapitel war ja wirklich mal eine spannende Sache! Also dafür, dass das deine erste größere Kampfszene ist, finde ich sie schon sehr gut gelungen ^^ Du beschreibst die Kämpfe schnell und spannend und auch, dass du zwischen den einzelnen Schauplätzen öfter wechselst, erhöht die Spannung noch mehr.
Yen ist echt nicht auf den Kopf gefallen, wies aussieht. Dass er sogar fähig war, einen feindlichen Wolf zu töten, hat mich doch ein wenig überrascht. Das hebt ihn auf angenehme Weise von seinen Freunden etwas ab, die ja selbst im Kampf noch eher friedliebend sind.
Ich bin jedenfalls weiterhin gespannt, wie es weitergeht. Man merkt, dass du dich mit jedem Kapitel verbesserst, also mach nur weiter so :D


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