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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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Inside

Cloud spürte die Erschütterung unter den Füßen und erstarrte auf der Stelle. Kleinere Mengen Putz und Staub rieselten von der Decke herab. Er stand unten in der Bibliothek direkt neben der Falltür und bemühte sich, diese zuzumachen. Unglücklicherweise hatte Vincent zuvor mit Edelstahlnägeln dafür gesorgt, dass die Klappe dort blieb, wo sie war, und keinem über dem Kopf zufallen konnte ...

Leise vor sich hin fluchend, beinahe schon im Stil von Barret und Cid, nahm Cloud einen Brieföffner vom nebenstehenden Schreibtisch und löste die Nägel einzeln aus der Kalkwand. Es dauerte zu lange ...

Als die nächste Explosion wenige Minuten später folgte, kamen ganze Brocken und Sperrholzplatten herunter und begruben eines der Bücherregale unter sich. Cloud duckte sich und hielt ein aufgeschlagenes Buch über seinen Kopf, bis die Vibration vorbei war. Es waren noch zwei Nägel übrig, und vor der Zündung der nächsten Sprengladung musste er die Falltür verschlossen, versiegelt und sich selbst mit der Transfer-Substanz in Sicherheit gebracht haben.
 

Tifa packte Fawkes, der Anweisungen für die nächste und letzte Explosion erteilte, unsanft am Ärmel. „Hören Sie sofort auf damit!“

„Verlassen Sie das Grundstück, Miss Lockheart, die ERCOM hat es längst für ihre Zwecke beschlagnahmt!“, antwortete er mit vor Staub rauer Stimme und machte sich von ihr los. „Das Haus ist noch nicht alt genug, um unter Denkmalschutz zu stehen, falls dies Ihr nächstes Argument sein sollte!“

„Wir glauben, dass noch jemand drin ist!“, beharrte sie hysterisch.

„Ach ja? Noch jemand außer haufenweise Ratten und Spinnen? Wir haben das Haus bis auf den letzten Winkel durchsucht, bevor wir die Sprengladungen angebracht haben!“

„Aber der Keller ...“

„Der wird verschont bleiben, dafür wird unser ausgebildetes Team aus Bone Village sorgen ... und jetzt machen Sie, dass Sie wegkommen!“ Er wandte sich von ihr ab, und sein Blick fiel auf Vincent. Fawkes kratzte sich nervös hinter dem Ohr. „Wer sind Sie denn jetzt schon wieder?“ Die Art, wie der Fremde ihn anstarrte, gefiel ihm ganz und gar nicht und sorgte auf seltsame Weise dafür, dass ihm der Schweiß ausbrach.

Vincent war sich der adrenalinauslösenden Wirkung seines Blickes durchaus bewusst. „Warten Sie mit der letzten Sprengung und lassen Sie uns noch einmal nachsehen, Mister Fawkes“, sagte er liebenswürdig.

Fawkes blinzelte und nickte schließlich. „Wenn Sie darauf bestehen ...“ Er gab einem der Teammitglieder, der die Fernbedienung für die Bombe in der Hand hielt, ein Zeichen. „Vorgang unterbrochen ... wir gehen noch einmal in die Villa.“

„Aber Chef, da war doch alles leer!“, protestierte der Angesprochene verständnislos.

„Keine Widerrede.“ Henry Fawkes biss die Zähne zusammen und ging voran auf den halb eingestürzten Hauseingang zu.

Tifa und Vincent tauschten einen kurzen Blick und folgten ihm dann.
 

Dass das verschüttete Bücherregal sich kaum merklich Zentimeter um Zentimeter mehr nach vorn neigte, erkannte Cloud viel zu spät. Er kämpfte mit dem letzten Nagel, den Vincent zur Sicherheit schräg nach oben in die Wand geschlagen hatte, und erwartete dabei jede Sekunde die nächste gewaltige Erschütterung. Diese kam nicht ... aber der Nagel wollte sich trotzdem nicht aus dem Kalkmörtel lösen.

„Komm schon!“, fauchte Cloud und packte das sture kleine Stück Metall nun mit den Fingern.

Es bewegte sich endlich wenige Millimeter, und je weiter es sich aus der Wand löste, desto leichter ließ es sich auch festhalten.

Cloud stieß ein triumphales „Ha!“ aus, als er den Nagel endlich in der Hand hielt –

– und dann kippte das Bücherregal schließlich über den Winkel von sechzig Grad und beschleunigte auf eine Geschwindigkeit, in der es schätzungsweise ein Gewicht von zweihundert Kilogramm vorweisen konnte, ehe es mit einem lauten, dumpfen Aufschlag den Boden erreichte, dabei die Wand gegenüber niederriss und die offene Falltür unter sich bedeckte – sowohl die Falltür als auch Cloud. Jener hatte in dem kleinen Raum keine Deckung finden können, war von der umstürzenden Last am Kopf getroffen und hinab in das Loch im Fußboden gestoßen worden, das er nicht mehr rechtzeitig zu verschließen fertiggebracht hatte.

Benommen lag er neben der Leiter auf dem weiß schimmernden Boden inmitten der silbernen kugelförmigen Kuppel des unterirdischen Kellertraktes. Der lange Tunnel auf der Westseite ließ die entfernt stehende Maschine mit all ihren kleinen Details auf der Außenhülle gut erkennen.

Cloud hörte damit auf, instinktiv und fluchtartig zu handeln; stattdessen begann er wieder zu denken. Und er dachte: Mistverdammt.

Nachdem der Schmerz in allen betroffenen Gliedern allmählich nachgelassen hatte, rappelte er sich hoch und hielt sich die Stirn, denn sofort war ihm, als bohrten sich viele Tausend Nadeln in sein Gehirn ... Nein, stellte er fest, es handelte sich eindeutig nicht um das fremdartige böse Gefühl, sondern lediglich um das Gefühl, etwas sehr Hartes und Schweres an den Kopf bekommen zu haben.

Er schaute hoch, aber über dem Ausgang lag das Bücherregal. Mehrere Bücher waren zusammen mit ihm durch die Falltür gefallen, unter anderem J. McCormicks Werk Evolution Band 2, Shellders The Little One und V.R. Stevens’ Zukunftsvisionen. Nichts, was auch nur im Entferntesten nützlich war. Mehr oder weniger hatte Cloud erreicht, was er wollte – der Eingang zum Geheimkeller war verschlossen, würde vermutlich auch von einer Bombenexplosion weitgehend unversehrt bleiben ... aber er selbst war in ihm gefangen. Einzig die Transfer-Substanz ermöglichte ihm den Rückweg. Wenn er jetzt fortging, würde ES ihn nicht erwischen. Wenn er weiterging, dann vielleicht schon. Er schaute hinüber zu der Maschine, aber nichts bohrte sich in seinen Kopf oder drückte ihm die Luft ab. Keine bedrückende Traurigkeit befiel ihn. Vielleicht war ES ausgesperrt ...

Das ist die Chance. Jetzt oder nie! Wenn die ERCOM erst mal den Keller auseinander nimmt, werde ich nie erfahren, was das für eine Maschine ist. Ich muss es wissen ... ich muss es einfach wissen!
 

„Habt ihr das auch gehört?“, fragte Tifa.

Fawkes nickte düster. „Da ist irgendwas umgekippt. Ein Betonklotz oder so.“

„Schnell!“ Vincent war als erster am Kellereingang und öffnete die Tür in der Steinwand zum Treppenhaus.

Viel war von der Villa nicht übrig, aber der größte Teil des Kellers war noch da – wenn auch ohne Dach. Es war das erste Mal, dass sie keine Lampen brauchten, um ihre eigene Nase sehen zu können.

Henry Fawkes schlich in einigem Abstand hinter den beiden her, die eilig den Weg zur Bibliothek einschlugen. Vor dem umgestürzten Regal blieben Tifa und Vincent stehen und besahen sich den Schaden.

„Wir kommen nicht rein“, stellte Tifa fest.

„Rein?“ Fawkes’ Miene machte Verwirrung deutlich. „Wo denn rein?“

„Sie haben doch angeblich das ganze Haus durchsucht, Mister Fawkes. Haben Sie die Falltür nicht gefunden?“

„Ich habe sogar Stahlnägel in die Wand geschlagen, damit man sie offenhalten kann, um hineinzugehen“, murmelte Vincent. „Selbst diese Haltevorrichtung ist Ihnen entgangen?“

„Nun ... ich habe das Haus nicht selbst durchsucht, sondern das von meinen Leuten erledigen lassen ... und wenn hier eine Falltür gewesen wäre, dann hätte ich das erfahren, Miss Lockheart!“

„Es ist zufällig der Ort, wo die beiden Toten gefunden wurden!“

Vincent verdrehte die Augen. „Lasst euch lieber etwas einfallen, und zwar schnell!“

„Chocobos?“, fragte Tifa.

„Du bekommst etwas geschenkt, wenn du einen Chocobo findest, der sich in die Nähe dieses Hauses traut“, antwortete Vincent mit zynischer Miene.

Tifa seufzte und drehte sich zu Fawkes um. „Ihre Freunde von der ERCOM haben bestimmt mit derartigen Problemen gerechnet und Ihnen Mittel und Wege zur Verfügung gestellt, um Hindernisse zu beseitigen, nicht wahr?“

„Mitnichten! Ich habe die Aufgabe, das Haus zu sprengen und den unterirdischen Raum auf diese Weise freizulegen, was mir bisher gelungen ist. Von einem Raum unter dem Raum wurde mir nichts gesagt, und wenn wir auch noch die dritte Bombe gesprengt hätten, dann –“

„– wäre noch mehr zerstört worden!“, schrie Tifa ihn an und bleckte ihre blitzenden weißen Zähne wie ein Raubtier. „Verstehen Sie denn nicht, was Sie hier anrichten? Sie haben überhaupt keine Ahnung, was hier los ist!“ Sie straffte die Schultern. „Vincent, in meinem Wohnzimmer im Schrank liegt das PHS. Die Nummer von Barret und damit der AVALANCHE –“ Sie betonte das Wort extra deutlich. „– ist eingespeichert unter Vierzehn.“

AVALANCHE?“, brachte Henry Fawkes hervor. „Sie wollen die AVALANCHE verständigen? Jetzt sagen Sie nicht, dass Sie Connections zu denen haben ...“

Sehr gute Connections“, sagte Tifa selbstgefällig, als Vincent die Villa verließ und zu ihrem Haus auf der anderen Seite hinüber eilte, um das PHS zu holen.
 

Cloud starrte den kleinen Metallgriff an, der an der Außenseite der Maschine angebracht war. Der Gedanke, den Zweck der Maschine nicht zu kennen, bereitete ihm Unbehagen. Es mochte sein, dass sie tatsächlich dazu da war, Menschen zu quälen oder gefangen zu halten, zu verzaubern, zu verändern oder was auch immer ... genauso gut konnte sie sich noch in der Testphase befinden oder – vielleicht die schlimmste Option – dem unsichtbaren Wesen als Behausung dienen.

Cloud erschauerte kurz, zwang sich dann aber, die Unsicherheit abzuschütteln, packte den Griff mit beiden Händen und öffnete die Luke, welche lautlos aufschwang und Einblick in eine kleine geschlossene Kammer bot. Er trat näher heran, inspizierte diesen Innenraum sehr gründlich und stellte fest, dass sich in ihm nichts befand außer einem kleinen Schaltpaneel an der Rückseite ... und um dieses zu erreichen, würde er hineinklettern müssen.

Tun wir’s, dachte er und atmete tief ein, ehe er sich am Rand festhielt und sich durch die Luke ins Innere der Maschine wand.
 

Marlene wartete seit einer ganzen Weile vor der Tür zum Büro ihres Vaters im Junon-Stützpunkt. An sich gedrückt hielt sie ihre Physik-Klausur über MAKO-Energie, die sie eine Woche zuvor geschrieben hatte. Seit einer halben Stunde stand sie jetzt auf dem Flur, starrte die triste Wand an und atmete die gefilterte Luft – und wie immer ließ sich Barret viel Zeit für seine Erledigungen. Natürlich ... er war der Präsident der AVALANCHE.

Marlene verdrehte die Augen. Seit er so ein hohes Tier war, musste sie darum kämpfen, ihn ganz für sich zu haben, wenn das nötig war. Sie war stolz auf das Ergebnis dieser Klassenarbeit, und er sollte es sehen! Jedenfalls dann, wenn er rechtzeitig genug aus diesem Zimmer herauskam ...

Stetig eilten irgendwelche Personen geschäftig an ihr vorbei, viele davon hatte sie schon einmal gesehen. Sie hatten alle etwas zu tun. Keiner von ihnen wollte mit dem Präsidenten der AVALANCHE reden. Einzig sie wollte das, aber er hatte keine Zeit für sie ...

Gelangweilt warf sie einen Blick durch das dickverglaste Fenster. Auf einem Zweig direkt vor der Scheibe saß eine weiße Taube und blickte sie unverwandt an. Marlene hatte diese Tiere seit Jahren schon oft gesehen und sich eigentlich vorgenommen, bei der nächstbesten Gelegenheit in einem Tierlexikon nachzuschlagen, um welche Taubenart es sich überhaupt handelte ... schließlich hatten nur wenige Vögel silberne Schnäbel ... jedenfalls war die Schülerin bisher einfach nie dazu gekommen, in der Bibliothek nachzusehen. Noch immer sah das Tier ihr direkt ins Gesicht.

Marlene starrte zurück, ihre Schulhefte an sich gedrückt, und erwartete, der auffällige Vogel würde davonfliegen. Wie konnten reinweiße Tauben überhaupt ihren natürlichen Feinden entgehen? Man konnte sie sofort sehen, auch auf große Distanz. Das weiße Gefieder gab unmöglich eine gute Tarnung ab ... Und die Taube blieb sitzen. Marlene glaubte, durch die zentimeterdicke Scheibe ihr leises melodisches Gurren zu hören.

Plötzlich ging die Bürotür auf. Barret lief an Marlene vorbei den Gang hinunter, das PHS am Ohr.

„Papa –“, setzte sie sofort an.

„Nich’ jetzt, Kleines!“

Sie schickte sich an, ihm hinterher zu rennen, gab dann aber auf. „Du solltest doch meine Arbeit ansehen!“, rief sie aufgebracht.

„Das geht jetzt aber nich’! Nachher, ganz bestimmt!“, kam es noch leise von Barret, dann schloss er die Fahrstuhltür hinter sich.

„Das ist nicht fair.“ Schniefend fuhr sie sich mit dem Ärmel über die Augen.

Als sie sich zum Fenster umdrehte, saß die weiße Taube immer noch dort.
 

„Die haben wirklich die Shin-Ra-Villa in die Luft gejagt?“

„Ja“, antwortete Tifa tonlos, „und wir haben Cloud verloren!“

„Verloren? Wie, verloren? Was is’ denn mit ihm?“

„Frag nicht! Sag mir, was ich machen soll, um den Kellereingang frei zu graben ... verdammt, die Villa ist sowieso nicht mehr zu retten ...“

„Tja, dann ... könnt ihr nicht alle zusammen das Ding anpacken und zur Seite schieben?“

„Seite? Welche Seite? Hier ist kein Platz!“ Schon wieder befand sich Tifa in einer Stresssituation, wie sie genervt feststellte. „Dieses Ding ist unglaublich schwer, und wir – “

„Wieso müsst ihr denn das Regal überhaupt da wegnehmen?“

„Weil wir sonst nicht reinkommen!“

„Und wieso wollt ihr unbedingt da runter?“, hakte Barret nach.

„Weil wir glauben, dass Cloud im Keller ist.“

„Aber du hast doch gesagt, dass er per Transfer-Substanz verschwunden ist.“

„Ich ... ja, das habe ich gesagt ...“

„Bestens, dann kommt er doch auch wieder raus, oder nicht?“

Tifa ließ das PHS sinken.

„Wir wissen nicht, ob er durch die Sprengungen verletzt wurde!“, zischte Vincent. „Wir müssen das Regal da wegschieben!“

„Hm.“ Schulterzuckend gab Tifa das PHS an Vincent und ging erneut um das umgestürzte Regal herum, bevor sie sich auf dessen Kante niederließ. „So langsam wird mir das einfach zu viel.“

Henry Fawkes stand immer noch reglos wie eine Statue daneben und blickte missbilligend auf sie herab. „Keiner von Ihnen hätte sich in meine Angelegenheiten einmischen sollen.“

„Sie hätten nie von diesem Geheim-Keller erfahren, wenn wir das nicht getan hätten“, antwortete Tifa müde. Unglücklicherweise war sie ja davon ausgegangen, er wüsste er längst ...

Endlich schaltete Vincent das PHS aus und schnippte mit den gesunden Fingern. „Wir bekommen Hilfe“, sagte er.



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