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Verworrene Pfade: Schatten

Die dritte Staffel
von

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In den Sumpf von Aran

Mit weit aufgerissenen Schnäbeln und je vier Greifarme vorgestreckt, mit den anderen vieren über die Äste schwingend, griffen die seltsamen Vögel die Prinzen von allen Seiten an – und flogen genau in deren Attacken.

Erneut schwenkten die Überlebenden beiseite, holten aber nur Schwung, um nochmals anzufliegen. Zwei solche Wesen waren zwar keine großartige Mahlzeit für den gesamten Schwarm, aber sie waren in ihr Gebiet eingedrungen und hatten Kameraden getötet.

„Mann, seid ihr stur!“ kommentierte Inuyasha, der bislang die Windnarbe nur gegen die Tiere eingesetzt hatte. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass der Gegenangriff seines Halbbruders eine breite Schneise durch den Wald geschlagen hatte. Von dort würden die achtbeinigen Vögel sie nicht mehr in die Enge treiben können. Sie brauchten ganz offenkundig die Bäume, um sich fortzubewegen. Während er die nächsten Angreifer mit reinem Stahl tötete, suchte er bereits die Windnarbe um ebenfalls den Wald flachzulegen. Das war sicher die schnellste Methode, mit denen fertig zu werden. Allein die schiere Anzahl war ein Problem – nun, kein großes, aber lästig doch.

Die achtbeinigen Vögel erkannten schnell, dass sich die Überfallenen nun darauf verlegten, die Bäume in weitem Umkreis zu fällen – und was das für sie bedeutete. Keiner von ihnen konnte es sich leisten, auf dem Boden zu landen und mühsam auf der Erde zu dem nächsten Baum zu krabbeln. Fast unverzüglich zogen sie sich zurück.

Für einen Augenblick blieben die Halbbrüder regungslos stehen, ehe sie nahezu spiegelbildlich ihre Waffen zurückschoben.

„Lästiges Volk.“ Inuyasha drehte sich um, nicht überrascht, dass der Kronprinz bereits weiterging. Wieder sprang er an dessen Seite – eine Tatsache, die ihm ein seltsam angenehmes Gefühl verschaffte. Noch kaum je waren sie so einträchtig nebeneinander hergegangen.

Sesshoumaru schwieg, auch dazu, dass er ein wenig überrascht gewesen war. Entweder hatte Inuyasha tatsächlich nachgedacht und war von selbst darauf gekommen, die Bäume zu fällen – was in seinen Augen eine echte Neuerung in Punkto Taktikvermögen darstellen würde, oder er hatte bemerkt, dass er selbst dies tat und war unverzüglich und kommentarlos diesem Beispiel gefolgt – was ebenfalls verdient hätte, in ein Buch mit unglaublichen Fortschritten aufgenommen zu werden.
 

Keine halbe Stunde später erreichten sie das Ende des Waldes. Ihre Nasen verrieten ihnen nur zu deutlich, dass sich hinter dem dichten Buschwerk, das nun vor ihnen lag, das riesige Sumpfgebiet von Aran ausdehnte. Die Schamanin hatte ihnen geraten, sich einen Führer aus dem hier wohnenden Stamm der Kappa zu suchen und das war offenkundig ein guter Tipp gewesen. Der Gestank nach Moor und Fäulnis war jetzt schon fast betäubend, und es würde sicher noch schlimmer werden, wenn sie sich direkt im Morast bewegen mussten. Überdies war nicht gesagt, dass sie einen der Pfade finden würden, die durch den Sumpf führten.

Sesshoumaru hätte fliegen können – aber die Aussicht, seinen Halbbruder mit sich schleppen zu müssen, war nicht sonderlich amüsant. So prüfte er die Luft und suchte nach Hinweisen, wo sich ein Kappavolk aufhalten könnte. Leider würden diese kleinen Dämonen ebenso nach Sumpf riechen.

Inuyasha sah sich um. Das stank hier ja schon schlicht erbärmlich. Und es würde bestimmt noch schlimmer werden. Sein einziger Trost war nur, dass es Herrn Ich-bin–so-eiskalt-das-aus-Regen-Schnee-wird noch härter treffen würde. Der war näher am Hund als er selbst und hatte somit auch die bessere Nase. „Äh…guck mal….“

Sesshoumaru blickte tatsächlich hin. Eindeutig, das waren Fußspuren eines Kappa. „Los!“ sagte er nur.
 

Der kleine, froschähnliche Kappa, der heruntergefallene Zapfen am Waldrand auflas, fuhr in jäher Panik herum, als er die Witterung in die Nase bekam, dass sich ihm zwei Fleischfresser näherten. Noch ehe er ganz eindeutig wusste, wer da auf seiner Spur war, hatte er seinen Sack fallen lassen und rannte blindlings los – genau in ein weiches, rotes Hindernis.

Inuyasha hob ihn mit beiden Händen empor: „Hallo!“

„Nein!“ brüllte der Kappa in Todesangst.

Dem Halbdämon entging das nicht: „He, ruhig. Wir wollen nur nach dem Weg fragen.“

„De...dem Weg?“

„Auf der anderen Seite des Sumpfes liegt ein Gebirge, oder?“

„Äh...ja, ich...ich denke schon.“

„Kennst du jemanden, der uns dahin bringen kann?“

Der Kappa starrte in die goldfarbenen Augen seines Angreifers, ehe er es wagte, einen Blick seitwärts zu werfen, wo der andere Fremde herangekommen war. Der schien auch nicht gerade friedlicher zu sein: „Äh…“

„Ich habe dich gerade etwas gefragt!“ Inuyasha schüttelte den kleinen Dämon ein wenig: „Krieg ich auch eine Antwort?“

„Ich…ich war nie jenseits des Sumpfes…aber...aber andere.“ Der Kappa bemühte sich, seine Angst zu unterdrücken. Hier schien es nicht direkt um sein Leben zu gehen und er hoffte, solange er mit diesen Fremden kooperierte, würde es auch dabei bleiben.

„Na, also. – Wo können wir die finden?“

„Ich...ich würde gehen und jemanden holen…“

„Ach nein. Und nie wieder kommen, oder? Du solltest uns nicht für dämlich halten.“

„Das…das würde ich nie...nie, ehrlich!“

„Ich trag dich und du beschreibst uns den Weg zu deinem Stamm, ja?“

„Äh...ja.“ Was blieb ihm schon anderes übrig: „Dort hinüber…“
 

Auf Anweisung des kleinen Dämonen wanderten die Prinzen nach Westen, zwischen Buschwerk und Moor entlang, bis sie einen Hügel erreichten, von dem aus ein heller Bach in einem weiten Wasserfall in den Sumpf stürzte – und dort rasch versickerte.

„Hilfe!“ schrie der Kappa, was Inuyasha ihn auf Gesichtshöhe heben ließ:

„Was ist los?“

Hinter dem Wasserfall übernahm jemand die Antwort: „Fremde…was wollt ihr? Lasst sofort Habu los!“

„Wir wollen nur an das andere Ende des Sumpfes und brauchen einen Führer. Mehr ist nicht los, “ sagte der Halbdämon sofort, wenig überrascht, dass Lebewesen in dieser Einöde nicht wussten, mit wem sie es zu tun hatten: „Und der meinte, hier könnten wir jemanden finden.“

„Was wollt ihr denn da?“ fragte der Unbekannte misstrauisch: „Und was gebt ihr für einen Führer?“

Kappa und ihr Händlerinstinkt. Inuyasha wollte schon überlegen, was er tauschen könnte, als sein Halbbruder die Antwort übernahm.

„Euer Leben.“ Er hob ein wenig die Hand.

Der Unsichtbare schwieg einen Moment, ehe er meinte: „Ich sehe schon…mächtige Dämonen. Was wollt Ihr denn in dem Gebirge dort?“

Inuyasha warf einen raschen Blick zur Seite, bevor er antwortete: „Ganz kurz, ehe mein Bruderherz die Beherrschung verliert: da wohnt ein Typ, der jemanden entführt hat, an dem uns was liegt. Klar?“ Er erwartete eigentlich nicht, dass Sesshoumaru diese Anrede schweigend dulden würde, aber anscheinend bemühte der sich wirklich um Selbstkontrolle.

„Lasst Habu frei und ich werde euch jemanden mitgeben, der euch sicher an das andere Ende des Sumpfes bringt.“ Der unsichtbare Kappa hinter dem Wasserfall klang fast resignierend, schätzte er doch die Chancen seines gesamten Volkes gegen zwei mächtige Dämonen ziemlich gering ein. Allerdings auch die Überlebenschancen für den unglücklichen Führer. Da zugegeben Habu nun zu Boden gelassen wurde, meinte er: „Einen kleinen Augenblick…“ Mit gewissem Zögern ergänzte er dann doch: „Ihr edlen Herren.“ Besser höflich bleiben. Die beiden schienen ungeduldig und wütend zu sein – da war es gewiss günstiger, jemand anderer würde den Zorn abbekommen als sein armer Stamm. Das waren sicher keine hergelaufenen Dämonen, sondern welche aus der Topetage. Niemand, mit dem sich auch ein gesamter Kappastamm messen könnte.
 

Kurz darauf taumelte ein Kappa aus dem Wasserfall. Im Vergleich zu dem Habu genannten, der noch immer vor Inuyasha stand und sich nicht zu regen wagte, trug dieser nicht nur Hose und Oberbekleidung, sondern auch ein Tuch um den Kopf gebunden.

„Togarashi wird euch führen“, erklärte der Kappa hinter dem Wasserfall. „Lasst nun Habu zu mir.“

„Ja, klar...hau schon ab“, meinte der Halbdämon, ehe er sich an ihren neuen Begleiter wandte, der sich auf den Boden geworfen hatte: „Also, dann gehen wir, Togarashi.“

„Ja, ihr Herren.“ Auch die zitternde Stimme war anders und die Halbbrüder begriffen, dass es sich um einen weiblichen Kappa handeln musste. Sie waren noch nie einem oder besser einer begegnet. Aber das war ihnen vollkommen gleich. Sie stand auf, blickte aber weiter zu Boden: „Ich…darf ich fragen, wohin die Herren genau zu gelangen wünschen?“

„Naja….“ dehnte der Halbdämon: „Eigentlich zu einer Festung. Kennst du die?“

„Nein, Herr. Aber ich weiß, wo der Aufstieg zum Pass beginnt.“

„Dann dorthin.“

„Ja, Herr.“

Irgendetwas an dieser Anrede störte Inuyasha, ohne dass er es hätte benennen können. Sicher, gewöhnlich wurde er mit „Durchlaucht“ angeredet und sein nicht ganz so lieber Halbbruder mit „Seine Gnaden“, aber das war eben ehrerbietig, nicht so vollkommen verschreckt. So meinte er: „Geh schon. Wir haben nicht die Absicht, dich umzubringen.“

Togarashi atmete sichtbar ein wenig auf. Für sie war das die erste gute Nachricht: „Danke, Herr“, meinte sie daher: „Bitte….folgt mir…“
 

Habu und sein Häuptling blickten aus der relativen Sicherheit des Wasserfalls hinterher.

„Sie werden sie töten“, erklärte der Anführer: „Sobald sie keine Verwendung mehr für sie haben. Kein Dämon schätzt Verschwendung.“

„Darum hast du auch eine Frau geholt, ich verstehe. Aber ich bin mir nicht sicher, ob beide Dämonen sind. Sie sehen sich ähnlich – und doch wieder nicht.“

„Womöglich Halbbrüder, mit zwei verschiedenen Müttern. Aber das geht uns nichts an, ebenso wenig, was sie da… - Das könnte Ärger geben. Wir sollten alle Stammensangehörigen informieren, nicht mehr in den Sumpf zu gehen, bis die Fehde der Dämonen beendet ist.“

„Eine weise Entscheidung.“
 

Togarashi wanderte langsam auf dem Pfad. Sie war oft genug hier im Sumpf gewesen und kannte die verdeckten Gefahren. Sie wusste, dass die beiden Fremden hinter ihr blieben und genau auf ihre Spur achteten. Anscheinend waren sie schon öfter in solchen Gegenden gewesen. Der eine hatte ihr versprochen, sie nicht umzubringen, was sie durchaus erleichtert hatte, aber sie hielt den Älteren, Schweigsamen für den Gefährlicheren. Und Alter galt etwas. So war der gewiss derjenige, der Befehle erteilen konnte. Hoffentlich würde sie den heutigen Tag überleben…

Inuyasha rieb sich immer wieder über die Nase. Der moderige Geruch des Sumpfes war arg. Und er betäubte den Geruchssinn. Wie sollte man denn da noch feststellen können, ob und wann sich jemand näherte? Sein einziger Trost war, dass es seinem Halbbruder wohl noch schlimmer erging. Und beklagen half nichts. Sie mussten hier eben durch, wollten sie diesen komischen Schattendrachen finden und Vater hoffentlich unversehrt befreien.
 

Stundenlang gingen sie so hintereinander auf dem kaum sichtbaren Pfad, als die Führerin stehen blieb und sich umwandte: „Vergebt, ihr Herren“, sagte sie höflich: „Ich…benötigt Ihr eine Pause?“

„Nein“, antwortete Inuyasha prompt, der zwar nichts gegen eine Pause einzuwenden gehabt hatte, aber keine Lust verspürte, sich schräg anreden zu lassen: „Oder du, Togarashi?“

Diese war ein wenig überrascht, das sah man ihr an. Kein männlicher Kappa kümmerte sich um die Befindlichkeiten einer Frau: „Nein, danke“, meinte sie: „Ich…von nun an wird es noch gefährlicher. Man nennt diesen Teil den Trugsumpf. Viele Fremde kamen auf der nächsten Strecke um, da sie dachten, den Sumpf bereits hinter sich zu haben. Aber es ist nur eine dünne Decke an Pflanzenwurzeln. Darunter ist tückischer Morast. Wer dort versinkt, kommt nie wieder frei.“

„Du gehst voran.“ Sesshoumaru wollte keine langen Erklärungen.

„Ja, Herr.“ Sie war schon im Begriff sich wieder umwenden, als Inuyasha fragte:

„Wie lange dauert denn der Sumpf noch?“

„Wenn wir so weiter gehen wie bislang, werden wir morgen früh die Berge vor uns sehen. Wenn die Geister uns lassen.“

„Was für Geister?“

„Man sagt, wer im Sumpf umkommt, bleibt hier. Wenn wir am Trugsumpf vorbei sind, kommt der Geistersumpf. Dort sollen sich alle sammeln und umherirren, um weitere Opfer zu finden. Aber diesen Teil werden wir erst erreichen, wenn die Sonne wieder aufgegangen ist.“ Und das klang so, als ob sie nachts nicht dort sein wollte. Da der Halbdämon nickte, nahm sie das als Aufforderung weiterzugehen. Anscheinend wussten die beiden Fremden nicht, wie gefährlich diese Geister waren.

Sie wanderte weiter, aufmerksamer denn je. Immer wieder blieb sie stehen und stampfte kurz auf, ehe sie sicher war, dass der Boden auch ihre beiden Begleiter tragen würde. Tatsächlich sah der Untergrund hier vollkommen harmlos aus. Grasbüschel und kleine Sträucher wuchsen hier. Aber wenn man genauer hinblickte, erkannte man, dass Wasser zwischen den Pflanzen glitzerte. Allerdings war nun Nachmittag und die Sonne hatte die Nebelschleier aufgelöst. Wenn man hier morgens oder abends vorbeikam, war es unmöglich, zu erkennen, dass es sich nicht um festen Untergrund handelte. Falls man es nicht wusste. Der Name dieser Region „Trugsumpf“ war von den Kappa nicht umsonst gewählt worden.

Die Nasen der Prinzen waren im Laufe der Wanderungen in dem Gestank des Moores soweit abgestumpft, dass sie die hier lebenden, kleineren Tiere, zumeist Insekten, nur mit den Augen entdecken konnten. Beide hofften stillschweigend, dass sich Togarashi nicht geirrt hatte und sie wirklich bis morgen Mittag aus dem Sumpf seien würden. So waren ihre Geruchsorgane noch nie belästigt worden.
 

Der Heerführer des Inu no Taishou und die Amazonenführerin vernahmen Mirokus Bericht mit der gleichen geringen Begeisterung wie zuvor Sango und Kagome, die mit herangekommen waren.

„Wir müssen also davon ausgehen, dass sich jemand Narakus Spionagenetz zu Nutze macht“, schloss Sarpedon: „Aber unsere erste Pflicht gilt dem Herrscher.“

„Natürlich“, sagte Sango höflich: „Darf ich Exzellenz einen Vorschlag machen?“

„Nun, Harmost?“

„Die Prinzen gehen den gefährlicheren und ungewöhnlicheren Weg zu der Burg. Unser aller Auftrag lautet, das Tal der Stufen zu erobern, diesen Weg zu sichern, um dann, also, Kagome, dem Herrscher sein Schwert bringen zu können. Nach dem Bericht aus der Hauptstadt sieht es nun allerdings so aus, als ob dort eine zweite Front, wenn auch auf geheimdienstlicher Ebene auftaucht. – Ich würde vorschlagen, dass nur die Hälfte des Heeres hier bleibt, Exzellenz Sarpedon, auch nur die Hälfte der Amazonenkriegerinnen, Ratsführerin. Dies muss und sollte genügen. Es kann nicht so viele Schattendrachen in den Bergen geben, sie wären schon längst jemandem aufgefallen. Die anderen kehren in die Hauptstadt zurück, um Hofrat Myouga für den Fall der Fälle zur Verfügung zu stehen. Wir müssen die zweite Front sichern, bis der Herr und die Prinzen zurück sind.“ Sie verwendete bewusst militärische Formeln, um den Befehlshaber zu überzeugen. Zum Glück hatte ihre Ausbildung das beinhaltet.

„Ihr drei bleibt also hier?“

„Ja., der Befehl des Kronprinzen,...des Regenten lautet, dass ich und Kagome Tenseiga zu der Burg bringen sollen. Und, mit Verlaub, Exzellenz, mein Ehemann ist alles andere als ein schlechter Kämpfer.“

„Das meinte ich nicht. Verzeih, Harmost. Es lag mir fern, den Dämonenjägern des Prinzen Feigheit oder Nachlässigkeit zu unterstellen.“ Und sie hatte recht, Er hatte nur die rein militärische Seite gesehen, aber allein die Tatsache, dass hundertfünfzig loyale Dämonenkrieger und gut achtzig regierungstreue Amazonen durch die Hauptstadt patrouillierten, sollte einen potentiellen Verschwörer zögern lassen. Langsam begriff er, warum der Inu no Taishou so auf diese Menschen setzte. „Betei?“

Die Ratsführerin nickte.
 

Der Inu no Taishou fixierte scheinbar emotionslos den Schattendrachenheiler Chlymenos, der seinerseits seinen Körper musterte:

„Nun, entweder hat Itami neue Befehle, oder du bist noch stärker als ich angenommen habe. Noch benötigst du keine Heilkunst.“

Der Gefangene dachte an die vorhergehende „Sitzung“. Langsam wusste er nicht mehr, was schlimmer war, das Ausgeliefertsein, die Demütigung oder der Schmerz. Atreus war zu ihm gekommen, hatte sein Gesicht gedreht und ihm einen heuchlerischen Kuss auf die Wange gegeben, ehe er flüsterte: „Schrei für mich.“

Dann hatte er sich auf den Sessel dort drüben gesetzt und der Schatten des Schmerzes…nein, daran wollte der Inu no Taishou nicht mehr denken. Nur an die Hölle, die er allein für diese beiden schaffen würde, sollte es je in seiner Macht liegen.
 

Langsam bildeten sich Nebelschwaden über dem Moor von Aran, zeigten die beginnende Abendkühle an. Ein wenig ließ der intensive Geruch nach. Die Kappa blieb zwischen zwei höheren Sträuchern stehen und drehte sich um.

„Ich…Hier ist die Hälfte des Trugsumpfes. Dies ist die einzige Insel, die ich kenne. Wenn die Herren Pause zu machen wünschen…?“

„Geh“, befahl Sesshoumaru. Je eher er aus diesem Sumpf war, desto besser. Er war bereits erneut versucht gewesen, einfach zu fliegen, aber seine Vernunft hatte ihm gesagt, dass dies aus zwei Gründen unsinnig wäre. Erstens wäre Inuyasha dann hier allein und der konnte zweitens, noch nützlich sein, wenn es um Vaters Befreiung ging.

Togarashi nickte, bat jedoch: „Wäre es einem der Herren möglich, mir diesen Ast abzubrechen? Nachts ist es besser, den Weg zu ertasten.“ Sie konnte zwar in der Dunkelheit mit ihren großen Augen sehen, aber manche Stellen des Trugsumpfes waren zu tückisch, um nicht äußerst vorsichtig zu sein.

Inuyasha brach den großen Ast ab, in der Gewissheit, der Herr Halbbruder würde sich dazu nie herablassen.

„Danke, edler Herr.“ Die Kappa nahm den Zweig, der fast doppelt so hoch wie sie selbst war: „Oh, ich müsste Euch noch etwas erklären: der Nebel wird bald sehr dicht aufsteigen. Ihr solltet sehr nahe beisammen und bei mir bleiben.“
 

Sie behielt Recht. Als die Dämmerung einsetzte, waren die Schwaden bereits so dicht geworden, dass Sesshoumaru die nur einen Meter vor ihm gehende Kappa nicht mehr erkennen konnte. Wittern war sowieso ein Ding der Unmöglichkeit. Und bei der einbrechenden Dunkelheit würde es nur noch schwieriger werden. Er war niemand, der sich vor Entscheidungen drückte, gleich, wie unangenehm sie ihm waren:

„Togarashi.“

Sie erstarrte und drehte sich mit einer Verneigung um: „Edler Herr?“

„Ein Seil.“

„Wie…oh, ich verstehe…damit wir uns nicht verlieren…“ Sie trug keines mit sich: „Womöglich eine Wurzel?“

Inuyasha blickte sich um, so gut das noch möglich war: „Also das sieht hier nicht gerade nach Wurzeln oder Schlingpflanzen aus. Meinen Gürtel können wir auch nicht nehmen, da habe ich ja Tessaiga dran. Deinen?“

Sesshoumaru, der ebenfalls seine Waffe darin trug, wollte schon sagen, dass das der dümmste Vorschlag seit Stunden wäre, ehe er begriff, dass der Halbdämon an ihm vorbei gesprochen hatte und die Kappa meinte.

„Oh, ja….“ Togarashi gehorchte und reichte Inuyasha ein Ende: „Wenn Ihr dies nehmt…“ So waren sie zu dritt auf engem Raum beisammen, der Kronprinz zu seinem gewissen Missfallen in der Mitte. Aber dies musste wohl sein. Der Nebel war zu dicht und es wurde jetzt so finster, dass selbst er kaum mehr etwas erkannte. Kappa konnten wohl noch besser sehen.

Es war ein mehr als eigenartiges Gefühl für die Halbbrüder, so eng beieinander zu gehen. Immer wieder berührte Inuyashas Hand mit dem Gürtel den Arm des Kronprinz, unbeabsichtigt, aber dennoch irgendwie beruhigend in dem Nichts um sie. Ihre Nasen verweigerten den Dienst, ihre Augen waren nutzlos und selbst die Ohren waren abgestumpft. Der Nebel verschluckte die Geräusche der wenigen Tiere. Die gesamte Welt schien nicht mehr zu existieren. Alles, was sie noch mit dem Draußen verband, wo es Licht, Wärme gab, war der Gürtel der Kappa, die langsam sich vorantastete.

Sie war ihr Leben lang in diesem Sumpfgebiet herumgestreift, kannte die Gefahren, war aber auch die nächtliche Einsamkeit hier gewohnt. So ließ ihre Aufmerksamkeit nicht nach. Der Trugsumpf hatte bereits so manchen ihres Volkes verschlungen – und sie hoffte, ihnen nicht im Geistersumpf begegnen zu müssen. Nie zuvor war sie dort bei Nacht gewesen, aber die Legenden der Kappa erzählten von den Geistern, im Sumpf ertrunkenen Unglücklichen, die nun der Geisterkönigin Urodela dienen mussten.
 

Inuyasha spürte, dass seine Ohren, seine Haare durch den Nebel feucht wurden. Unangenehm, aber nicht zu ändern. Immerhin wurde sein Feuerrattengewand nicht nass. Er konnte bei einer beiläufigen Begegnung spüren, dass auch das Schulterfell seines Halbbruders Tropfen bildete. Wie lange sie hier wohl noch gehen mussten? Die Kappa hatte doch gesagt, bei Morgengrauen würden sie die Berge schon sehen. Nur: wann war hier Morgen? Durch den Nebel fehlte ihm langsam das Zeitgefühl, auch die Möglichkeit, sich anhand der Sterne zu orientieren.

Togarashi spürte durch den tastenden Ast in ihrer Hand, dass sich der Boden verändert hatte. Waren sie schon aus dem Trugsumpf? Auch ihr Zeitgefühl war verschwunden. Eigentlich hatte sie angenommen, erst bei Beginn der Morgendämmerung den Geistersumpf zu erreichen, was ihr weitaus lieber gewesen wäre. Aber wenn sie sich umblickte, konnte sie nur Dunkelheit und Nebel um sich erkennen. Ihre Begleiter waren schweigsam, aber sie nahm nicht an, dass diese damit einverstanden wären, hier zu bleiben, bis der Morgen angebrochen wäre. Sie hatten es eilig. Hoffentlich würden sie keinen Geistern begegnen….
 

Nur wenige Minuten später spürte die Kappa, dass sie in den Morast einsank. Erschreckt klammerte sie sich an ihren Gürtel. Inuyasha, der das andere Ende in der Hand hielt, riss daran, um sie wieder emporzuziehen. Aber die Königin des Geistersumpfes hatte nicht die Absicht, ihre Beute entkommen zu lassen. Ehe einer der drei verstand, was geschah, wurden sie von dem sich öffnenden, dunklen Portal verschluckt.
 

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Die Hundejungen treffen auf mehr Schwierigkeiten als dem Inu no Taishou lieb sein dürfte. Und ob der Plan, das Heer zu teilen genial oder vollkommen dämlich war, wird wohl erst die Zukunft zeigen: das nächste Kapitel heisst: Im Schloss der Geisterkönigin.
 

Zu den Namen: Habu bedeutet Kräuter, Togarashi Cayennepfeffer und Urodela ist der lateinische Name für eine Lurchart.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (22)
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Von:  Minerva_Noctua
2012-03-06T21:49:16+00:00 06.03.2012 22:49
Gefällt mir:)
Ich bin nur irritiert, dass jetzt ein Umweg durch ein Portal stattfindet. Aber mal sehen. Vielleicht bringt es interessante Ereignisse.
Dass Atreus den Taishou mit diesen Worten auf die Wange küsst, ist so herrlich grausam. Richtig unheimlicher Typ.
Gutes Kapitel.
Nur die achtbeinigen Vögel haben keine Beine.

Bye

Minerva
Von:  Schalmali
2010-07-07T07:23:20+00:00 07.07.2010 09:23
Sümpfe... irgendwie sind die immer wieder ärgerlich, gerade für Sesshoumaru wenn er auf seinen ach so lieben Halbbruder Rücksicht nehmen will. Ich frag mich allerdings schon, ob er nicht mal überdenken sollte, ob ein Gepäck in Forme Inuyashas nicht leichter zu ertragen wäre als die verschwendete Zeit und die Umstände, vor allem, wenn der Sumpf jetzt einfach ihre Kappa-Führerin verschluckt ^^
Von:  -Kirei-
2010-01-03T14:25:53+00:00 03.01.2010 15:25
Man was die Kappas von den beiden Brüdern denken Oo
Die haben anscheinend nicht viel mit Dämonenn zu tun..oder wenn, dann nur mit primitiven.-.-
hmm aber wie die mit irhen Frauen umgehen..Keinen Wert, hm?
*drop*

Oha...Ein Portal im Sumpf.
Der hats aber in sich Oo
Mal sehen, was die Königin des Sumpfes von denen will..^^

Ki
Von:  Teilchenzoo
2009-11-14T21:06:22+00:00 14.11.2009 22:06
Hm. Du hast uns immer noch nicht gesagt, wie wir uns einen Kappa vorzustellen haben. Wie Yaken? Oder doch anders?
Bis jetzt war Togarashi ja eine zuverlässige Führerin. Könnte es sein, dass sie gar nicht im Morast versinkt, sondern schlicht in eine illusionistische Falle geraten ist? Ich werde es ja gleich lesen ...

Die Idee, die Hälfte des Heeres und der Amazonen in der Hauptstadt patrouillieren zu lassen, ist sicher gut. Nur bin ich nach wie vor unsicher, wie sich die Krieger gegen Schattendrachen machen ...

Lg neko

Ach ja: Schrei für mich. *LACH* also wirklich, was du dir da für Freaks ausdenkst *giggel*. Ich seh ihn vor mir, wie er das so halb lasziv hinfüstert ... *sich kugelt vor Lachen* Oh, da tust du fangirls sicher einen Gefallen mit ... der Taishou, mit bloßem Oberkörper ... und dem Feuerschein auf seiner Haut ... gefesselt, wehrlos seinem Gegenüber ausgeliefert, das alles mit ihm machen kann ... und dann dieser Sadist ... ehrlich, du lässt sicher fangirl-Träume wahr werden *prust* Fanservice hoteplike ... pass bloß auf, dass das nicht irgendwann im Netz kursiert unter „Geliebter Feind“ oder irgendwas vergleichbarem ...
Von:  Tigerin
2009-10-01T04:03:40+00:00 01.10.2009 06:03
Ich liebe Sess’s Gedanken einfach. Sie sind meistens so schön trocken. Auf jeden Fall bringen sie mich immer zum schmunzeln, wenn nicht zum lachen..^^ Aber auch Inu’s Satz: : „Ganz kurz, ehe mein Bruderherz die Beherrschung verliert..“
Das ist doch mal total „nett“. Frauen sind offenbar nichts wert bei den Kappas, wenn so gleichgültig über Togarashi’s Tod geredet wird.
Sangos Idee ein Teil des Heeres in die Hauptstadt zu schicken ist auch vernüftig. Und der Inu no Taishou tat wieder einmal leid. Aber das kann er auch, wenn er bei so einem Irren ist..
Jetzt haben die Drei ein Problem. Und dabei war das kuscheln mit Sessy bestimmt nicht schlecht gewesen, dass sie aufhören wöllten.. *ggg* Na mal schauen, was die Herrin möchte..^^

LG,
Tigerin
Von:  dice70391
2009-09-12T21:35:06+00:00 12.09.2009 23:35
...der Krakau-Fahrer ist wieder da...
zum Kapitel:
du mutest den beiden Brüdern da ja in diesem Teil der Geschichte so einiges zu...erst ein Moor...jetzt auch noch Geister und deren Königin...bin mal gespannt wie sie da wieder raus kommen wollen oder müssen...

dice
Von:  angel-sama
2009-09-10T12:29:57+00:00 10.09.2009 14:29
Huhu, bin jetzt auch wieder da.

War jetzt 2 Wochen im Urlaub und kam einfach net zum lesen.
Jetzt hab ich alles nachgeholt^^

Die Spinnenschwestern waren ja mal voll eingebildet, aber ich denke sie konnten es sich leisten, bis sie auf die beiden getroffen sind. Die waren aber voll eklig, schon allein der Gedanke die würden die Hundebrüder fressen *würg*

Dann die komischen Vögel, die nicht von den Bäumen fallen dürfen. Die waren ja nicht wirklich eine Gefahr für die Jungs.

Da bin ich jetzt wirklich auf die Geisterkrieger gespannt^^
Von:  Sasuke_Uchiha
2009-09-09T10:23:52+00:00 09.09.2009 12:23
Im Schloss der Geisterkönigin wird sicher nochma aufregend.
Von:  Krylia
2009-09-08T16:25:52+00:00 08.09.2009 18:25
Das Leben eines weiblichen Kappa ist wohl nicht sehr leicht.
Und jetzt landen alle drei bei der Herrin des Sumpfes. Na, wie das wohl wird?
Mal sehen.
Von: abgemeldet
2009-09-08T15:54:01+00:00 08.09.2009 17:54
HI!

Boah das war ja wieder ein tolle Kapi, bei dir wirds auch nie langweilig. ^^


Ich hab leider wenig Zeit deswegen machs ichs kurz. Supertoll!!!! *daumen hoch*


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