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The House Jack Built

Supernatural / The Shining – Crossover
von

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Keller

Entschuldigung an all die lieben, kommentierenden Leute dafür, dass ich’s beim letzten Kapitel nicht fertiggebracht habe, mich per GB-Eintrag zu bedanken.

(So wie sich das gehört. :D)

Diesmal wieder, versprochen.

Bin fix und fertig und außerdem schon froh, dass ich dieses Kapitel fertig gekriegt habe.
 


 

===
 

-er hatte sich einmal übers Ohr hauen lassen, aber das würde garantiert nicht wieder passieren-
 

Irgendetwas stimmte nicht.

Sam blinzelte angestrengt. Irgendetwas war ganz und gar verkehrt.
 

-das war doch erbärmlich, wie oft wollte er noch auf so was reinfallen-
 

Schritt, Schritt. Er bewegte sich. Warum bewegte er sich?

Sein ganzer Körper fühlte sich seltsam hölzern an und obwohl er die Augen offen hatte, wusste er nicht, wo er war. Er sah seine Umgebung, war sich sogar sicher, dass er sie kannte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er keine Ahnung hatte, wo und warum... Panik griff nach ihm, leise und mit samtweichen Fingern-
 

-etwas, das er sich ansehen musste; etwas, das ihn ganz sicher interessieren würde-
 

-nicht einmal die Angst funktionierte richtig, er wusste, dass sie da war, aber alles innerhalb seines Kopfes fühlte sich an wie in Watte verpackt, viel zu weich und gleichzeitig viel zu unnachgiebig.

Schritt, Schritt, Schritt. Es kam ihm bekannt vor, das alles hier, er hatte es schon-
 

-dort, wo er sich vorher befunden hatte, gehörte er nicht hin-

-Moment mal, stopp, das hier war doch-

-es gab einen Ort, an dem er unbedingt sein musste, alles hing davon ab-

-stopp, stopp, nein, stopp, das war SEIN Kopf und seine Gedanken-

-nur noch ein paar Meter, nur noch ein kleines Stück-

-und niemand hatte das Recht, darin herumzu-
 

Dass er plötzlich stehen blieb, traf ihn selbst vollkommen unerwartet und fast war es, als wäre er gegen eine massive Wand gerannt. Er schnappte nach Luft und hatte kurz das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, doch in Wirklichkeit war er es, der sich drehte, nicht seine Umgebung.

Die blieb samt und sonders fest an ihrem Platz.
 

-er hatte es versaut, er hatte die einmalige Gelegenheit gehabt, die Chance war ihm auf einem Silbertablett serviert worden und er hatte-
 

Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und versuchte, die flüsternde Stimme zu ignorieren. Das hier war nicht das erste Mal, sie war vorher schon dagewesen, da war er sich sicher-
 

-inkompetent und feige, schlicht und einfach SCHWACH-
 

-es war schwierig, sich zu konzentrieren, wenn alles schon hinter seinen Augen, direkt in seinem Gehirn ineinander zu verschwimmen schien. Nicht zuhören, sagte er sich, er durfte einfach nicht zuhören – was nahezu unmöglich war, weil die Worte seine Ohren nicht brauchten, sondern aus seinem Innersten zu kommen schienen.

Eins nach dem anderen. Nicht zuhören. Wo war er?
 

-SCHWACH und ERBÄRMLICH, was würde nur sein Vater dazu sagen-
 

Mit einem Mal war ihm schlecht. Das Bedürfnis, sich zusammenzukrümmen, war unwahrscheinlich stark und es kostete ihn einiges an Anstrengung, aufrecht stehen zu bleiben. Konzentration. Er durfte nicht zuhören. Er durfte nicht-
 

-John Winchester wäre enttäuscht gewesen, so furchtbar ENTTÄUSCHT UND WÜTEND-
 

Er hatte das Gefühl, dass die Sätze hastiger wurden, dringender und aufgebrachter und aus irgendeinem Grund gelang es ihm plötzlich für wenige Sekunden, klar zwischen dem, was seine eigenen Gedanken waren und dem, was von außen (Von innen?) kam, zu unterscheiden. Instinktiv wusste er irgendwie, dass die Erwähnung seines Vaters dafür verantwortlich war.

Warum? Weil sie unglaubwürdig wirkte? Zu dick aufgetragen?

Gott, seine Knie fühlten sich an, als würden sie jeden Moment unter ihm nachgeben.
 

Aufmerksam sah er sich um.

Er musste wissen, wo er sich befand, das war das wichtigste. Stehen bleiben, nicht umfallen, schauen. Nicht zuhören (und flüchtig fragte er sich, ob der Begriff „zuhören“ in diesem Fall überhaupt angebracht war, denn er hörte schließlich nicht, zumindest nicht im eigentlich Sinne), nicht zuhören, eins nach dem anderen.
 

Die grauen Betonwände erschienen ihm schlagartig klar und deutlich, scharfe Kontraste, unfreundliches Neonlicht. Fleckige Stellen, kleine Risse. Leises, gedämpftes Surren des Heizkessels. Sein Schatten, der sich dunkel vor ihm abzeichnete, lang und dünn, beinahe spinnenartig; und dieser Gedanke führte unwillkürlich zu etwas anderem, jemand anderem, der ihn immer mit seiner Größe aufgezogen hatte.
 

Der Keller.

Der Keller? Warum... was hatte er im Keller zu suchen?
 

Das Geflüster in seinem Kopf war immer noch da, wurde lauter und dann wieder leiser, wie ein schlecht eingestellter Sender und er gab sich noch mehr Mühe, ihm keine Beachtung zu schenken. Das Autoradio fiel ihm ein, das während der Fahrt hinunter nach Sidewinder gerauscht und geknistert hatte und mit einem Mal mischten sich verzerrte Liedfetzen unter das nicht enden wollende Murmeln in seinen Gehirnwindungen.
 

“...ghosts crowd the young child’s fragile eggshell mind~”

-er hatte keinen Bruder, hatte nie einen gehabt-

“...blood in the streets, its’ up to my ankles~”

-ein Missverständnis, ein gigantischer Fehler, den er korrigieren-

“...blood on the rise, it’s following me~”

-er hätte den Fehler längst ausmerzen können, wenn er nicht-
 

Er atmete kontrolliert ein und aus. Das Geflüster wurde leiser, immer leiser, schließlich vollkommen unverständlich. Weißes Rauschen. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Hände zu Fäusten geballt waren. Kontrolle, er hatte die Kontrolle wieder, er war Herr der Lage. Zittrig und alles andere als sicher auf den Beinen, aber wenigstens...

Geschlafen. Er hatte geschlafen. Es war mitten in der Nacht – blieb die Frage, was er hier verloren hatte.
 

Ein schepperndes Geräusch ertönte und er brauchte ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, dass die Tür am oberen Ende der Kellertreppe aufgerissen worden war.

„Sam?!“
 

Er wandte sich um, ganz vorsichtig, weil er die heikle Balance, die er gerade in seinem Kopf geschaffen hatte, nicht zunichte machen wollte. Nicht zunichte machen durfte. Irgendetwas Schreckliches würde geschehen, wenn die flüsternde Stimme Überhand nahm, da war er sich sicher.

Oben auf der Treppe tauche eine dunkle Silhouette auf und er wusste, dass er die Person eigentlich kennen sollte, dass es ohnehin nur eine Möglichkeit gab, aber mit einem Mal kam ihm die ganze Situation furchtbar surreal vor.
 

Die Gestalt trat ins Licht der Neonröhre, verharrte dort einen Augenblick und begann dann, die Treppe hinunterzusteigen – so langsam, als hätte sie Angst, jederzeit ausrutschen und hinfallen zu können.
 

Dean.

Der Name wischte durch sein Gehirn und plötzlich war alles wieder da, die Erinnerungen, die Zusammenhänge, einfach alles. Sein Bruder.

Sein Gehirn traf die Feststellung seltsam nüchtern und emotionslos. Überhaupt schien alles auf einmal völlig unwichtig zu sein. Es war, als stünde er in einer weit entfernten Ecke und sah sich selbst dabei zu, wie er da auf seinem Fleck verharrte, während Dean die letzten beiden Stufen hinunterkletterte, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
 

„Sam?“, fragte er erneut und Sams Verstand stellte fest, so sachlich, als ginge ihn das alles absolut nichts an, dass er nicht durchgedreht oder wütend klang sondern besorgt. Besorgt und vielleicht auch eine winzige Spur argwöhnisch.
 

Sam antwortete nicht. Er konnte nicht.

Der Kerl, der da drüben mitten im Keller stand, war nicht er. Das war bloß eine leere Hülle, sein wahres Ich befand sich in dieser Ecke, als stummer Zuseher und wenn er ganz ehrlich war, interessierte ihn das alles hier nicht sonderlich.

In seinem Kopf summte, knisterte und knackte es. Kaputtes Autoradio.

“...blood on the rise, it’s following me~”
 

„Sam“, wiederholte Dean behutsam, „Was genau willst du hier?“
 

Seine Schritte wirkten so sorgfältig, wie seine Stimme sich anhörte und seine rechte Hand umklammerte etwas so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er blieb stehen und ließ dabei so viel Abstand zwischen sich und Sam (seiner leeren HÜLLE), als hätte er ein tollwütiges Tier vor sich, bei dem man mit allem rechnen musste.

Seltsamerweise fand Sams Gehirn diese Entscheidung mehr als vernünftig.
 

Deans Körperhaltung hatte ihm längst verraten, was sein großer Bruder da in der Hand hielt, noch bevor er das Ding tatsächlich gesehen hatte. Eine Pistole.

Die .45er, um genau zu sein, und das bedeutete, dass Dean entweder blindlings im Dunkeln danach gegriffen oder das er es zumindest verdammt eilig gehabt haben musste. Es war nicht die Waffe, die er normalerweise auswählte, wenn man ihm die Wahl ließ.
 

Am wohlsten fühlte er sich mit der Beretta.
 

“...blood in the streets, its’ up to my ankles~ blood in the streets, it’s up to my knee~”

Jemand lachte verhalten. Gläserklirren, Gesprächsfetzen, die verhaltenen Klänge einer Bigband.

Alles drehte sich und am liebsten hätte Sam sich einfach hingesetzt.

Was tat Dean schon wieder hier? Warum konnte er ihn nicht einmal in Frieden lassen?
 

„Sam“, er gab immer noch keine Ruhe und seine Stimme klang drängender als vorher, „Sammy, bitte. Rede mit mir. Es ist mitten in der Nacht, was hast du hier unten zu suchen?“
 

Sam schüttelte leicht den Kopf, einmal, zweimal und plötzlich befand er nicht mehr in der weit entfernten Kellerecke sondern fand sich Auge in Auge mit Dean wieder, direkt dort, wo er sich bis vor wenigen Augenblicken noch selbst stehen gesehen hatte.
 

Deans Augen weiteten sich hoffungsvoll ob der leichten Bewegung.

„Sammy?“, es war Befehl und Bitte in einem, „Sag doch was, komm schon. Wenn du deinen Lieblingstextmarker hier unten vergessen hast, bitte, damit hab ich kein Problem. Zugegeben, es wäre schon etwas freakig, aber das macht nichts, solange du nur-“
 

Typisch, stellte Sams nüchternes Hirn geringschätzig fest, das war einfach typisch Dean. Er war der Meinung, gerade eben eine winzige Chance bekommen zu haben und jetzt redete er, flotte Sprüche und dumme Witze, einfach um den Rest der Welt, vor allem aber sich selbst davon zu überzeugen, dass er alles im Griff hatte.

Vermutlich hatte ihm das noch nie jemand gesagt – Sam wusste jedenfalls, dass er es nicht getan hatte, und wenn er sich schon nicht die Mühe gemacht hatte, wer kam dann sonst noch in Frage? – aber umso nervöser Dean wurde, desto mehr koketten Schwachsinn laberte er vor sich hin.
 

Dabei wünschte er sich im Moment nichts sehnlicher, als dass Dean einfach die Klappe halten würde.
 

Es war so schon schwer genug, der inzwischen gehässig flüsternde Stimme in seinem Kopf keine Beachtung zu schenken. Wenn er sich gleichzeitig auch noch auf seinen Bruder konzentrieren musste, dann... dann... er musste antworten, soviel war ihm klar

(“...blood on the rise, it’s following me~”), sonst würde Dean gar keine Ruhe geben.
 

„Ja“, murmelte er, um Dean klarzumachen, dass er seine Anwesenheit mitbekommen hatte und dann, weil ihm das irgendwie angebracht erschien, „...keinen Textmarker.“

Selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Stimme seltsam abwesend und desinteressiert.
 

„Sam“, sagte Dean so eindringlich, als wäre die nachfolgende Frage das wichtigste auf der ganzen Welt, „Was. Tust. Du. Hier?“
 

Und darauf hatte Sam keine Antwort. Er konnte Dean nicht ansehen, brachte es nicht einmal fertig, den Kopf zu heben und starrte stattdessen zu Boden. Aus den Augenwinkeln nahm er die Waffe war, die Dean immer noch in der rechten Hand hielt.
 

„Was soll das, hm? Willst du mich erschießen?“

Er hatte neugierig klingen wollen, hatte er wirklich, aber dafür waren die Worte, die seinen Mund verließen, viel zu sanft. Beinahe hörte es sich an, als nahm er die Tatsache, dass die .45er da war, nicht ernst – so als machte er sich darüber lustig.
 

Dean blieb still, aber sein Kiefer zuckte und ein schuldbewusster Ausdruck trat in seine Augen. Was im Grunde lächerlich war, weil er nicht ernsthaft damit gerechnet haben konnte, dass Sam die Waffe nicht auffallen würde.

„Nein“, sagte er dann entschieden, „Mann, Sammy, war für’n Unsinn. Natürlich nicht.“
 

Ja, klar.

-warum hatte er das Teil dann überhaupt mitgebracht-

Es war, als hätte die Stimme nur auf diese Gelegenheit gewartet-

-außerdem war es nicht das erste Mal, dass sie hier so standen-

-Sam konnte sich erinnern-

-Dean war schon einmal hier heruntergekommen und hatte eine Waffe mitgebracht-

-wahrscheinlich wurde das langsam zur Gewohnheit-

-und wenn es wirklich zum Äußersten kam, musste er sich verteidigen, gar keine Fra-
 

Mit einem Schlag wurde ihm klar, was hier los war.

Oh nein. Gott, nein. Das durfte einfach nicht wahr sein, nicht nach dem Debakel mit der Treppe, nicht nachdem er Dean fast umgebracht hatte. Das DURFTE ganz einfach nicht passieren.

Es war der Keller. Es war dieses verdammte Geflüster. Es war- er hatte keine Ahnung, was es genau war. Der Gedanke an Flucht war mit einem Mal das Einzige, das auch nur im Entferntesten Sinn ergeben zu schien. Sie mussten verschwinden. Er musste verschwinden, fort, wohin auch immer.
 

Als er einen raschen Schritt nach vorne machte, waren die Schmerzen in seinem Knöchel auf einmal wieder da und durch Deans Körper ging ein Ruck. Sekundenlang wusste Sam nicht, was sein Bruder tun würde, war beinahe überzeugt davon, dass Dean wie durch ein Wunder wusste, was los war und ihn stützen würde.

Das leise Klicken, das signalisierte, dass die .45er entsichert worden war, bewies ihm keine Sekunde später, wie falsch er damit lag.
 

Der Lauf der Waffe zeigte immer noch nach unten, aber Deans Griff hatte sich kein bisschen gelockert. Er umklammerte sie immer noch so fest, als hinge sein Leben davon ab; und was wusste Sam schon, vielleicht war sein Bruder ja wirklich dieser Ansicht. Die Möglichkeit schnürte ihm die Kehle zu, aber für so etwas hatte er jetzt keine Zeit.

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen und erst, als die völlig falschen Sätze über seine Lippen kamen, begann er sich undeutlich zu fragen, ob es nicht ohnehin schon zu spät war.
 

„Los“, sagte er kalt, „Mach schon, schieß. Mal sehen, ob du den Mumm dazu hast.“
 

Was an und für sich lächerlich war, weil die .45er eben immer noch stur Richtung Boden zeigte. Dean schluckte schwer, bevor er Sam einen Blick zuwarf, der ihm deutlich machte, wie unverzeihlich diese Bemerkung gewesen war. Als er sprach, klang er beinahe heiser.
 

„Sag mal, hast du sie noch alle?!“
 

„Wieso?“, fragte Sam unbeeindruckt. Es war seltsam – er wusste, was er sagte, aber wenn er ehrlich war hatte er keine Ahnung, woher die Worte kamen oder warum er sie aussprach.

„Aus irgendeinem Grund musst du das Ding ja mitgenommen haben. Also bitte, keine falsche Bescheidenheit. Erschieß mich, mach doch. Wer weiß, vielleicht kannst du dann endlich ruhig-“
 

„HALT DIE KLAPPE!!“

Dean tat ein paar tiefe, zittrige Atemzüge – die Rippen, wisperte irgendetwas tief drinnen in Sam plötzlich schuldbewusst, seine gebrochenen Rippen – und machte Anstalten, die Waffe in die nächstbeste Ecke zu pfeffern, bevor er sich daran zu erinnern schien, dass sie geladen und entsichert war und die Aktion sich somit als keine besonders gute Idee herausstellen würde.

„Scheiße noch mal, Sammy, halt... halt einfach die Klappe! Was zum Teufel ist los mit dir?“
 

Sam antwortete ihm hastig, bevor ihm die gehässige Stimme in seinem Kopf irgendetwas einflüstern konnte.

„Ich...“, stammelte er unbeholfen, weil es ihm mit einem Mal so vorkam, als hätte er das Reden verlernt, „Ich muss... muss hier raus, ich muss...“
 

Er brach ab und drängte sich stattdessen an Dean vorbei, der die .45er so rasch aus dem Weg riss, als hätte er Angst, Sam könnte sich daran verbrennen, wenn er sie auch nur streifte. Die Treppe war schwierig, keine Frage und er musste sich am Geländer festhalten, um überhaupt voranzukommen. Sein ganzer Körper wehrte sich dagegen, den Keller zu verlassen; es war, als hätte jemand unsichtbare Fäden an seinen Gliedmaßen befestigt, die ihn zurückziehen wollten. Wie eine Marionette.
 

Deans Stimme hallte hinter ihm her - „Sam!“ – exakt der Tonfall, den sie immer annahm, wenn sein großer Bruder eigentlich stocksauer auf ihn sein wollte, es aber aus irgendeinem Grund nicht übers Herz brachte.
 

Sam erreichte die Kellertür und taumelte hinaus auf den unangenehm kühlen Gang. Er schaffte es gerade mal bis zur nächsten Ecke, dann war es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Sein Magen rebellierte endgültig und er fiel auf die Knie, kippte beinahe vollständig nach vorne und übergab sich auf den Teppichboden des Flurs.
 

Hinter seinem Rücken ertönten eilige Schritte.

„Sammy?“, ein rascher Blick bestätigte, dass Dean ihm Rahmen der Kellertür aufgetaucht war, „Was- oh. Urgh. Ach, scheiße.“
 

Gleichgewicht war etwas, das ihn im Augenblick verlassen hatte und er musste sich mit einer Hand abstützen, wobei er sich Mühe gab, nicht mitten in die Sauerei zu fassen, die er soeben angerichtet hatte.

Dann ließ Dean sich neben ihn fallen, legte eine feste Hand auf Sams Schulter, schob die anderen in seinen Nacken und drückte leicht zu.
 

Die Waffe war nirgendwo zu sehen und trotzdem hoffte Sam sekundenlang, dass sein Bruder sie nicht einfach im Keller zurückgelassen hatte.
 

„Alles okay“, er hustete, hatte dabei kurz das Gefühl, schon wieder würgen zu müssen und Deans Griff verstärkte sich, „Es geht schon wieder, alles okay...“
 

„Ja, klar“, sagte Dean trocken, „So siehst du aus, das blühende Leben.“

Er machte Anstalten, Sam wieder auf die Beine zu stellen. „Komm, Sammy, hoch mit dir. Los, komm schon, auf geht’s. Hoch.“

Er redete weiter; leises, zielloses Gemurmel, das an Sam und dann doch wieder an niemand Bestimmten gerichtet und das gleichzeitig unendlich beruhigend war.
 

Sam ließ sich mitziehen und gemeinsam hinkten sie zurück in den ersten Stock.

Der Weg dorthin verging schweigend und Sam wusste nicht, ob er dankbar oder besorgt sein sollte dafür, dass Dean kein Wort über das verlor, was soeben vorgefallen war. Kaum im Apartment angekommen, verschloss Dean die Tür genauso sorgfältig, wie Sam das nur zwei Tage zuvor getan hatte, obwohl man ihm währenddessen förmlich vom Gesicht ablesen konnte, was er dachte: Wenn das auch nur irgendwas nützt, fresse ich höchstpersönlich alle Besen, die ich in diesem Saftladen finden kann.
 

Ein paar Sekunden lang standen sie schweigend da, dann hob Dean die Hand und klopfte Sam vorsichtig auf den Arm. Die Berührung hatte nichts von ihrer alten Sicherheit und Bestimmtheit, aber sie war unübersehbar fürsorglich gemeint.

„Du bist weiß wie ’ne Wand.“
 

Sam fuhr sich übers Gesicht.

„Ich weiß“, sagte er leise, „Was ich nicht weiß, ist... Dean. Ich hab keine Ahnung, was ich da unten wollte.“
 

„Jahh“, sagte Dean langsam, beinahe schon bitter, „So weit war ich auch schon mit meinen Vermutungen.“
 

„Tut mir Leid“, sagte Sam, auch wenn er keine Ahnung hatte, wofür er sich entschuldigte, „Wirklich, ich wollte nicht... was weiß ich. Auf jeden Fall hätte ich das nicht sagen sollen. Alles. Ich hätte das alles nicht sagen sollen.“
 

Deans Hand verkrampfte sich einen Augenblick lang um seinen Oberarm, dann ließ er ihn los und machte ein paar Schritte ins Wohnzimmer hinein. Seine Bewegungen waren beherrscht und steif, hatten noch nicht viel von ihrer gewohnten Geschmeidigkeit zurückbekommen. Er zog die .45er aus seinen Jeans hervor, hielt sie hoch, damit Sam sie sehen konnte und legte sie dann gerade so nachdrücklich auf den Tisch, dass er sie nicht mit voller Wucht hinknallte.
 

Sein Blick bohrte sich in Sams Gesicht.

„Nur damit das klar ist“, seine Miene blieb absolut unbeweglich, aber seine Augen brannten geradezu vor Selbstvorwürfen und der Wut, die dort immer auftauchte, wenn Dean der Meinung war, etwas komplett und ganz versaut zu haben, „Wenn ich das noch mal mache, haust du mir gefälligst eine rein.“
 

„Dean...“
 

„Das meine ich ernst, Sammy. Brich mir die Nase, brich mir den Arm, scheißegal. Ich hab ein paar geknackste Rippen, da sollte das ohnehin nicht allzu schwer sein.“
 

Sam blinzelte.

Sie würden darüber reden müssen. Gott, sie würden über so vieles reden müssen.

Doch hier, jetzt, in dieser Minute, konnte er sich nicht dazu überwinden, irgendetwas zu sagen; abgesehen von: „Dean, das ist doch vollkommen verrückt.“
 

Deans rührte sich keinen Millimeter vom Fleck.

„Exakt. Genau das ist ja das Problem.“
 

===
 

Dean zwang ihn dazu, sich hinzulegen. Inzwischen war es halb drei Uhr morgens und Sam stellte fest, dass sein Zeitgefühl langsam aber sicher nachzulassen begann. Schließlich waren nur sie beide hier oben und da sie im Grunde tun und lassen konnten, was sie wollten und zu welcher Tages- oder Nachtzeit sie wollten, wurde es irgendwie immer schwieriger, den Überblick zu behalten.
 

Dean bugsierte ihn unzeremoniell Richtung Schlafzimmer und murmelte auf Sams Frage hin, was er inzwischen tun würde, etwas über eine Liste, die er anlegen wollte, um „endlich mal ’nen Funken Klarheit in dieses gottverdammte Irrenhaus“ zu bringen.

Als Sam den Raum betrat, stolperte er um ein Haar über die beiden Taschen, die allem Anschein nach hastig unter dem Bett hervorgezerrt und durchwühlt worden waren.
 

Kurz schloss er die Augen.

Furchtbar eiliger Aufbruch, ganz eindeutig. Das erklärte, warum Dean nicht die Beretta dabeigehabt hatte. Offenbar hatte er den Reißverschluss aufgerissen und nach dem Erstbesten gegriffen, was ihm zwischen die Finger gekommen war.

War das nun gut oder schlecht?
 

Er war versucht, nach der Klinke zu greifen und die angelehnte Tür wieder vollständig aufzuziehen.

Sie würden REDEN müssen. Das ließ sich nicht vermeiden.

Es war sozusagen überlebenswichtig.
 

Dann entschied er sich dagegen. Nicht jetzt.

Er war zu müde und Dean hatte viel zu erschüttert ausgesehen – jede Art von ernsthaftem, emotionalem Gespräch, das sie jetzt zu führen versuchten, war erfahrungsgemäß von vornherein zum Scheitern verurteilt.
 

===
 

Er schaffte es, ganze zwei Stunden zu schlafen. Als er aufwachte, war das Bett neben ihm leer, durch den Türspalt fiel ein Streifen Licht und irgendjemand rumorte im Nebenzimmer herum. Anstandshalber blieb er eine weitere halbe Stunde liegen, bevor er es aufgab und zurück ins Wohnzimmer marschierte.
 

Dean war nirgends zu sehen, aber im Bad lief Wasser und Sam hatte sich gerade an den Tisch gesetzt, als ihm ein Blatt Papier ins Auge stach. Stirnrunzelnd zog er es näher zu sich her. Es war die Telefonliste, die in allen Hotelzimmern auslag und auf der man sämtliche Nummer finden konnte, die man eventuell brauchen konnte, wenn man zu dämlich war, um zu begreifen, dass alle wichtigen Nummern ohnehin in den Apparaten eingespeichert waren.
 

Die Rückseite des Blattes war eindeutig in Deans krakeliger Schrift beschrieben - zwar war sie leserlich, wirkte jedoch immer so, als ob es der Schreiber wahnsinnig eilig gehabt hätte und in Gedanken schon drei Sätze weiter gewesen war, ehe er noch das aktuelle Wort vollendet hatte.

Das Meisterwerk sah folgendermaßen aus:
 


 

NICHT SICHER:
 

- draußen, weil Grünzeug / Spielplatz(?)

- Zimmer 107; altes, aufgeweichtes Weib (nackt!!!) GEIST

- Colorado Lounge – keine Ahnung, komplett durchknallt; Geister?

- KELLER

- mglweise Lobby?

- Fahrstuhl (definitiv)
 

SICHER:
 

- Apartment.

- Küche

- Lobby???

- überall, wo bjz. noch nichts Todbringendes aufgetaucht ist

...
 


 

Sam starrte auf das Blatt Papier und musste gegen seinen Willen schmunzeln. Alles an der Liste war so eindeutig und typisch Dean – von den sinnlosen Abkürzungen bis hin zu der Tatsache, dass ausgerechnet der Keller als größte Gefahrenquelle unterstrichen worden war, obwohl er für seinen großen Bruder gar keine unmittelbare Bedrohung darstellte.
 

Dean tauchte im Türrahmen des Badezimmers auf und räusperte sich. Anscheinend hatte er das Lächeln auf Sams Gesicht falsch interpretiert.

„Na ja“, sagte er verlegen und kratze sich im Nacken, „Ziemlich bescheuert, schon klar, aber ich wusste nicht, was ich sonst...“
 

„Nein“, sagte Sam, „Die Idee ist eigentlich ziemlich gut.“
 

„Ach ja?“
 

„Ja.“
 

Der zufriedene, fast schon erleichterte Ausdruck, der daraufhin auf Deans Gesicht erschien, war es definitiv wert - und er hatte dafür nicht einmal lügen müssen.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  GhostTiger345
2018-01-03T09:45:58+00:00 03.01.2018 10:45
Ich bin eher zufällig über diese FF gestolpert aber ich muss sagen sie ist echt gut.
Ich mag die Serie Supernatural und ebenso die Filme und das Buch von Stephen King. Das ist echt ein gelungenes Crossover was für Gänsehaut sorgt. Ich habe richtig mitgefiebert und kaum aufhören können zu lesen.
Schade dass die FF nur schon so lange pausiert ist. Ich hätte gerne erfahren wie alles endet und ob das Overlook Hotel am Ende siegt oder besiegt wird.
Trotzdem eine echt klasse Geschichte und sie kommt gleich mal auf die Favouritenliste. ^^
Von:  masa
2012-01-22T00:35:28+00:00 22.01.2012 01:35
klasse ff ich konnte garnicht genug davon kriegen. sag schreibst du irgendwann weiter?
Von: abgemeldet
2009-09-17T17:27:18+00:00 17.09.2009 19:27
sooo
mein pc war futsch und so dauert es einige zeit *schnief*
gooott sam. der arme dean, du bringst ihn noch ins grab!
wie soll das bloß weitergehen...
und vorallem bietet nicht mal mehr das appartment schutz.
die zwei sollten sich am besten mit dem schlafen abwechseln.
und deans rippen werden ihn wahrscheinlich noch zu schaffen machen,
wie soll dann das große finale werden?
mal so ein gedanke am rande...
bei dem, was die beiden schon durchgestanden haben,
müssten dann nicht ihre körper total vernarbt sein??
aber alles wird immer wieder schön heile...
unfaaaair. meine arme sind total vernarbt von kratzern,
bei denen ich nicht mal wirklich geblutet habe.
das hat jetzt zwar nichts mit deiner geschichte zu tun,
aber trotzdem. wunder.
jetzt kommt der part in dem ich dir mal wieder sage,
wie toll du geschrieben hast, aber das weißt du ja sicher schon.
deshalb sage ich dir mal, das es eine enorme leistung ist, auf jedes
kommentar einzeln zu antworten.
das ist einfach nur klasse, da sieht man, dass diese story dir am herzen
liegt und du dich ehrlich über jeden kommentar freust.
auf ein nächstes.
faith
Von:  Priestly
2009-08-30T13:27:31+00:00 30.08.2009 15:27
WOW

was soll ich da noch sagen, was die andern nicht schon erwähnt haben
ein weiteres grandioses kapitel ... ich freu mich, dass es weiter geht
und dann gleich so düster
man und ich hatte die hoffnung, nach der treppe würde es aufwärts gehen aber ja ja zu früh gefreut schon klar ^^
mensch also den keller sollten sie wirklich meiden ... zu mindestens sam am aller besten dort hat doch alles angefagen ... warum geht er da auch immer wieder hin ... aber mit der liste von dean *mich jetzt noch schlapp lach* xDD
einfach genial wirklich
ich fand die idee super ... auf alle fälle sollten sie doch wohl einigermaßen wissen wo oder besser wo sie wirklich nicht sein sollten wenn sie nicht gleich wieder streit bekommen wollen oder eher sich gegenseitig versuchen umzubringen ... mensch da bleibt aber auch nicht mehr viel übrig, wo sie sich aufhalten können -.-

da bin ich gespannt wie ein flitzebogen ;)
was noch auf die beide zukommt ... einfach hervorragend geschrieben
wie immer ^^
also bitte schnell weiter
Von:  genek
2009-08-27T10:00:51+00:00 27.08.2009 12:00
Vermutlich sollte ich jetzt auch was über die Dramatik des Kapitels sagen, über die angsteinflößende Vorstellung nicht Herr seines Körpers zu sein, über die Tatsache wie gut du die Winchester-Beziehungen umsetzt und Deans IC-Liste. Aber in Anbetracht dieses Absatzes verbleibe ich bis zum nächsten Kapitel mit einem lauten YEAH! :D

>>Die .45er, um genau zu sein, und das bedeutete, dass Dean entweder blindlings im Dunkeln danach gegriffen oder das er es zumindest verdammt eilig gehabt haben musste. Es war nicht die Waffe, die er normalerweise auswählte, wenn man ihm die Wahl ließ.


Am wohlsten fühlte er sich mit der Beretta.<<
Von:  blumenpups
2009-08-26T17:48:39+00:00 26.08.2009 19:48
Das ging ja mal fix XD

Was soll ich eigentlich noch großartig Neues erzählen?
Wieder mal ein klasse Kapitel, du schreibst begnadenswert, du bist wahrscheinlich wegen dem ganzen Kursivgedrucktem fast an die Decke gegangen, die Beziehung zwischen den beiden ist wieder mal sehr schön rübergekommen...

DIE LISTE IST GEIL! >///<
Die würd ich gern mal im Original sehen XD
Aber es wundert mich im Gegensatz zu Sammy überhaupt nicht, dass er den Keller so fett unterstrichen hat, schließlich stellt der in gewisser Weise für Sam die größte Gefahr dar und weil Sam ihm ja alles bedeutet...^^

Aber warum ist "draußen" unsicher?
Henrietta und Co sind doch eigentlich ganz umgänglich, vorrausgesetzt, man weiß, wie man mit ihnen umspringen muss XDDDDDD

Also...ich freu mich jedenfalls schon auf's nächste Kapitel - und falls du mal Langeweile hast, ich hab nen neuen O.C.-OS draußen ^^

Ich wünsch dir noch einen schönen Abend!
Von:  Engelchen_Fynn
2009-08-26T16:09:30+00:00 26.08.2009 18:09
Ui, Erste. ^-^

Klasse Kapitel, ehrlich.
Sams innerer Kampf im Keller war richtig glaubhaft rüber gebracht, sehr genial.

Und den Schluss fand ich irgendwie total süß.
Aber du hast es sowieso drauf, Sam und Dean Momente so rüberzubringen, dass sie weder schmalzig, noch zu dock aufgetragen sind, und auch nicht den Eindruck von Shonen-Ai Szenen vermitteln.
Ich finde das sehr bemerkenswert und das ist einer der Gründe, warum ich deine Geschichte so liebe. ^^

Deans Liste ist übrigens genial. So unvergleichlich Dean eben. Besonders die Sachen in den Klammern haben mich breit grinsen lassen.

Ich freu mich wahnsinnig aufs nächste Kapitel.

Lg
Fynn


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