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Tanaras

von

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Der Tag neigt sich bereits dem Abend, als ich zum Fenster hinausblicke. Langsam geht die Sonne am Horizont unter und taucht den wolkenlosen Himmel in ein grelles Orange. Bereits eine Stunde warten Draban und ich nun schon. Draban ist mein Lehrmeister in unserem Kloster, ein groß gewachsener, älterer Mensch mit kantigem, Gesicht, einer hohen Stirn und strengem Blick. Sein kurzes Haar ist aschgrau und ordentlich gekämmt im Gegensatz zu meinen schwarzen 'Stacheln', wie sie manche der Priester nennen. Über seinem langen braunen Gewand, das an den Seiten mit mehreren roten Stickereien verziert ist - die eigenartigen Motive sollen für Schutzgeister und die Gottheiten stehen - trägt er einen langen, grauen Mantel, auf dem weiter unten zwei rote Streifen entlanglaufen.

"Hm... das dauert aber...", brummt Draban. Er hat recht, das Warten wird langweilig, ich hatte mir etwas mehr von einem Ausflug auf das Schloss im Ardnas-Gebirge versprochen. Endlich öffnet sich die große Flügeltür im Gang. Ein einfacher Wachmann in prunkloser Rüstung und mit einem Speer bittet uns hinein. Das Gewölbe am Ende der Treppe riecht modrig, an manchen Stellen wächst bereits das Moos aus den Wänden. Der Wachmann führt uns vorbei an vielen Zellen, nur wenige sind leer. Meistens wende ich mich sofort ab, wenn ich einen dieser Verbrecher sehe. Alles üble Gestalten, aber auch kein Wunder, wenn man sie extra hierher bringt ins Schloss, damit der König selbst sie verurteilt. Während Draban und der Wachmann weitergehen, bleibe ich stehen, als ich einen Gefangenen sehe, der irgendwie anders wirkt als der Rest. Langsam streicht der Mann, welcher in ein paar lausige Lumpen gekleidet ist und einen Dreitagebart hat, sich eine Strähne seiner dreckigen, braunen Haare aus dem Gesicht und sieht mich fragend mit müden Augen an, bevor er fragt "Was starrst du mich so an, Junge?"

Gute Frage, das weiß ich selbst nicht einmal so genau. Vom Äußeren wirkt er nicht viel netter als all die anderen, die hier unten sitzen und beginnen, mich schief anzugucken.

"Wie heißt du?", will er wissen.

"Justus...", antworte ich zaghaft. "U- und ihr?", füge ich schnell an.

"Zefix Tanaras..."

Ich erstarre, von diesem Tanaras habe ich gehört! "Ihr seid der Verbrecher, der landesweit gesucht wurde?!", keuche ich, doch Zefix verzieht keine Miene. "Ja, der bin ich... und mittlerweile bereue ich es, dass ich es bin..."

"Weil ihr hingerichtet werdet, oder?" Ich habe gehört, dass er eine ganze Menge auf dem Kerbholz haben soll, Draban hat ihn mehrere Male im Unterricht als schlechtes Beispiel genannt. Der Verbrecher schüttelt den Kopf, während er auf einer knirschenden Pritsche sitzt. "Das ginge ja noch... ich bereue meine Verbrechen wegen der Dämonen..." Dämonen... bei diesem Wort packe ich sofort ein dickeres Buch aus, das 'Dämonenlexikon des Brendan Hadewan' steht in dunklen Lettern auf dem ledernen Einband.
 

Allgemeines:

Unter Dämon versteht man Wesen, die übermenschliche Kräfte besitzen und auf Zerstörung oder Macht hinaus zielen. Ihr Aussehen variiert von Exemplar zu Exemplar und kann die unterschiedlichsten Formen annehmen wegen ihres großen Artenreichtums.

Man unterscheidet zwischen zwei Sorten, die da lauten:

-Reine Dämonen

-Halbdämonen
 

"Was genau meint ihr?", frage ich ihn, als ich den Eintrag gelesen habe. Er schließt kurz die Augen. "Weißt du, was ein Sündedämon ist?" Ich kann mich nur noch vage daran erinnern, schnell blättere ich durch das Buch, es war bei den Halbdämonen, wenn ich mich nicht irre. Ah, hier ist der Eintrag!
 

Sündedämonen

Ein Sündedämon ist ein Dämon, der unter bestimmten Umständen aus den schlechten Taten, manchmal auch Wünschen von Menschen, Elfen, Zwergen und ähnlichen Rassen (wie zum Beispiel Nymphen) geboren wird. Ein Dämon ist immer eine Konzentration mehrerer sich ähnelnder Sünden, deshalb manifestieren sich verschiedene Vergehen in unterschiedlichen Dämonen.

Ein Sündedämon sieht von außen immer wie ein Mitglied der Rasse aus, der auch der Sünder angehört, die einzige optische Eigenheit ist das Fehlen eines Bauchnabels.

Sündedämonen entstehen allerdings nur, wenn ein Sünder keinen Läuterungsgegenstand mit sich führt.

Außerdem ist auch bekannt, dass der Glaube an die Gottheiten oder die Reue wegen einer Tat die Dämonengeburt beeinflussen können, auch wenn sich kein Maßstab legen lässt.
 

Ich verstehe noch immer nicht ganz, was er meint. Er bemerkt mit einem Blick, dass ich fertig gelesen habe und hält vier Finger hoch. "Vier Stück hatte ich von denen... und weißt du, was alle vier getan haben?" Ich zögere etwas, anschließend verneine ich.

"Sie haben sich alle aus dem Staub gemacht und mich mir selbst überlassen... die waren der einzige Grund, dass ich solange diesen ganzen Soldaten, Kopfgeldjägern und Exorzisten entkommen bin. Sie haben sich um diese Kerle gekümmert!" Ich sehe ihm an der Nasenspitze an, dass nicht viel von den Jägern übrig geblieben ist. Als ich kurz noch mal auf das Buch schau, fällt mir auf, dass der Eintrag auf der nächsten Seite weitergeht, hups!
 

Da ein Sündedämon durch eine Person erschaffen wird, fühlt er sich leicht zu seinem Schöpfer hingezogen und begleitet ihn stetig. Zwischen dem Dämon und dem Sünder besteht daher ein leichtes Freundschaftsverhältnis, weswegen der Sünder dem Sündedämon Befehle erteilen kann, die seiner Natur entsprechen.

Doch der Dämon stellt auch für den Sünder eine Gefahr dar, da er versuchen wird, seinen Schöpfer von der Nichtigkeit seiner Tat zu überzeugen, um auch die letzte Reue im Sünder zu vernichten. Daraus beziehen Sündedämonen ihre Kraft und wenn sie lange genug am Leben bleiben, können sie ihre Bindung lösen. Sogar soweit, dass sie den Schöpfer verletzen oder töten können.
 

"Sie haben euch ausgenutzt, verstehe ich das richtig?" Zefix prustet. "Wenn du meine Reue meinst, so lass dir sagen, dass ich es ihnen leicht gemacht habe... aber ich hab nicht gedacht, dass sie mich wirklich abservieren würden... aber weißt du was, Justus?" Abermals ein unwissendes Kopfschütteln. Er wirkt zwar nett für einen Verbrecher, aber trotzdem stellen sich mir die Nackenhaare auf in seiner Gesellschaft, besonders bei seinem Grinsen, das er jetzt aufsetzt. "Ich werde sie..."

"Justus!", ruft da plötzlich die Stimme meines Lehrmeisters. Oh nein, den hab ich ja ganz vergessen! Jetzt hab ich wahrscheinlich die Läuterung verpasst! Blitzschnell nähert sich Draban und packt mich am Arm. "Wirst du wohl von diesem Abschaum weichen?! Lass meinen Schüler in Ruhe, Elender!", keift Draban, doch Zefix zeigt sich davon unbeeindruckt, im Gegenteil, er grinst wieder. "Lass dich von mir nicht aufhalten, verbrenn lieber ein paar Bürger und erzähl den Bauern irgendwelchen Stuss über..."

"Schweig still, du Unwürdiger! Wage es nicht, so zu reden, oder möchtest du unbedingt ins Fegefeuer zu deinesgleichen?!" Zefix lacht auf, er verkneift sich aber eine Antwort, wie ich ihm am Gesicht ansehe. Draban zieht mich flugs weg. Im Gehen sagt er noch mit bebender Stimme "Jener Mann hat es gewiss verdient, zu sterben, glaub mir, Justus. Lass dich bloß nicht von seinen Lügen einspannen." Ich nicke nur perplex und lasse mich von ihm weiter durch den Gang ziehen.
 

Eine Woche später sind wir schon seit mehreren Tagen wieder zurück im Kloster. Es ist ein ganz besonderes Kloster in unserem Land: Obwohl es so aussieht, als stünde es nur auf einem großen Berg, liegt der Hauptteil dieser gut geschützten Glaubensbastion in dem Berg selbst. Ich sitze gerade in der großen Bibliothek mit ihren Tausenden von Schriften und Büchern, die in den Regalen gestapelt sind, und lerne die alten Schriften auswendig, die man mir vorgelegt hat und nun vor mir auf einem großen Holztisch liegen. An den anderen Tischen sitzen weitere Auszubildende, alle genauso stur am Büffeln wie ich. Nur wenige der Priester und Lehrmeister sind hier, die Bücher, mit denen diese sich befassen liegen in einem separaten Raum, weiter unten im Berg. Je nach Rang darf man umso tiefer in das hohle Massiv. Wir Auszubildenden dürfen maximal ins dritte Untergeschoss, kommt ganz auf unseren Fortschritt an. Zum Glück habe ich das bereits Reinheitsjahr abgelegt. Man darf ein Jahr lang nichts Böses tun und muss zeigen, dass man dem Teufel und den Dämonen keine Chance gibt, sich betrüben zu lassen. Am Ende dieses Jahres wird einem ein Läuterungsgegenstand verliehen. Es sind meistens Armbänder oder Gürtel, welche gesegnet wurden, um das Böses abzuhalten. Ich blättere gerade um, als Draban eintritt. Neben ihm läuft ein Elf mit schneeweißen Haaren, die ihm bis zu den Schultern hängen. Sein Blick ist ähnlich streng wie der von Draban, nur kommt er mir noch kühler vor, wie er sich so umsieht. Er trägt eine schwarze Rüstung und darunter ein violettes Gewand mit goldenen Rändern. Ach du meine liebe Güte, ein waschechter Exorzist... und sicher kein schlechter, wenn ich die zwei goldenen Punkte mit dem Strich darunter auf seiner Rüstung sehe, genauso wie die zwei überkreuzten Langschwerter auf dem Rücken und das Jagdmesser und mehrere Fesslungspapiere an seinem Gürtel.

"Vier Stück sind es, allesamt Sündedämonen. Ich habe eine genauere Beschreibung in meinem Arbeitszimmer. Folgt mir bitte.", bittet Draban den Elf, welcher stumm nickt und mit seinen tiefgrünen Augen den Saal mustert. Er betrachtet auch kurz die Empore weiter oben, wo noch mehr Bücherregale stehen. Als sein Blick mich streift, starre ich schnell wieder auf das Buch vor mir. Wer weiß, was er täte, würde er merken, wie ich ihn anglotze. Nachdem er alles kurz angesehen hat, verlassen Draban und der Exorzist die Bibliothek wieder. Einen Augenblick später tuscheln viele der Auszubildenden schon untereinander. Die sind also genauso durcheinander wie ich. Aber ich muss weiterlernen, sonst gibt es morgen Ärger, darauf kann ich gut verzichten!
 

Eine halbe Stunde später und ich habe gerade mal einen Bruchteil von dem geschafft, was ich auf morgen lernen muss. Ich seufze und starre auf das vergilbte Papier. Bis ich das alles in den Kopf kriege, vergehen noch Jahre! Ich gönne mir lieber eine Pause. Nachdem ich die Bücher wieder in die Regale geordnet und mich versichert habe, dass sie noch in Ordnung sind, verschwinde ich.
 

Es ist immer atemberaubend, die riesige Kuppel über dem runden Raum mit seinen Höhlenwänden, die sich weit in die Höhe erstrecken, und im Kontrast dazu dem spiegelglatten Marmorboden zu sehen. Rundherum sind neben Fackeln in der Wand Türen verteilt, eine ist etwas größer, nämlich die zur Treppe, um zurück nach oben oder weiter nach unten zu gehen. Nur ein paar wenige Priester und Auszubildende stehen vereinzelt in der Halle und unterhalten sich. Langsamen Schrittes gehe ich zur Treppe, da kommt mir Fresarus mit einem breiten Grinsen auf den Lippen entgegen. Er ist im selben Ausbildungsjahr wie ich und legt dieselben Prüfungen ab, aber er lernt nicht bei Draban. Mit dem längeren, silbernen Haar, das in dicken Strähnen an seinem Kopf herunterhängt und auch wenig von seinen langen Elfenohren übrig lässt, ist es immer leicht, ihn von weitem zu erkennen. "Na, Justus?"

"Was ist, Fresarus? Du strahlst ja förmlich.", erwidere ich und fange selber an zu grinsen. Er grinst nur noch breiter bei seiner Antwort. "Mutter und Vater haben mir wieder geschrieben. Du wirst es nicht glauben, aber ich bekomme ein Geschwisterlein! Und wenn ich die Prüfungen alle bestehe, werde ich es selber taufen dürfen!"

"Das sind ja großartige Neuigkeiten!", gratuliere ich, jedoch muss ich dabei nur an meine eigenen Eltern denken, von denen ich schon seit Ewigkeiten nichts gehört habe, seit sie mich hierher gebracht haben. Manchmal glaube ich, sie wollten mich nur loswerden und das war der einfachste Weg. Aber um Fresarus' gute Laune nicht zu trüben, lächle ich weiter.

"Und? Schon für die Prüfung morgen gelernt? Ich werde mich jetzt gleich darauf stürzen, ich bin motivierter denn je!"

"Ich hab gerade erst versucht, mir das ganze einzuprägen... es sitzt noch nicht so gut.", muss ich zugeben. Fresarus legt mir eine Hand auf die Schulter und lacht "Das schaffst du schon! Wir sehen uns spätestens bei der Abendmesse, bis dann!" Und schon läuft er zur Bibliothek, während seine langen Haare wehen. Manchmal macht mir seine ständige gute Laune fast schon Angst, obwohl auch er - nach wie vor selten - seine schlechten Tage hat. Aber jetzt gehe ich erstmal auf mein Zimmer, bevor ich später wieder lerne.

Es ist schon längst dunkel draußen, als ich wach werde, weil ich mal ganz dringend wohin muss. Hoffentlich bemerkt keiner mich, wenn ich eben schnell zu den Aborten eile, denn mitten in der Nacht sind da doch die Priester neugierig, wenn sie einen Auszubildenden erwischen. Leise schlüpfe ich in meine Schlappen. Ein Glück, dass ich nicht oben im Hochbett schlafe. In einem Zimmer befinden sich immer vier Auszubildende, nur die Priester und spezielle Besucher des Klosters haben ein Zimmer für sich allein. Oben höre ich wie Fresarus sich hin- und herwälzt, die beiden anderen Jungen, Redor und Jan schlafen friedlich. Ich taste mich vorsichtig zur Tür, weil es stockfinster im Zimmer ist, der Mond hat sich wohl hinter einigen Wolken verkrochen.
 

Einige Minuten später fühle ich mich schon viel besser, als ich im obersten Stockwerk des Klosters zum Zimmer zurückkehre. Ich hab mich doch recht gut an den wenigen Priestern, welche Aufsicht haben, vorbeigeschlichen. An einer Balustrade vorbei schleiche ich geduckt, regelmässig über das Geländer spitzend, wo die Priester gerade sind. Unten geht es aus dem Kloster hinaus, zu meiner rechten auf der Erhöhung befindet sich der große Saal für die Messen und Opferzeremonien. Und rundherum sind Gänge, die zu den Zimmern führen, wobei die Räumlichkeiten der Priester und Besucher direkt neben dem Messesaal liegen.

"Wen haben wir denn da... solltest du nicht im Bett sein?", fragt mich da eine tiefe Stimme, die mich herumfahren lässt. Ich blicke ihn das zarte Gesicht des Exorzisten von heute Nachmittag.

"I- Ich war nur kurz auf dem Abort, deswegen..."

"Wie heißt du?", will er ohne eine Gesichtsregung wissen.

"Justus... ich bin Auszubildender..." Ich werde immer leiser, das ist jetzt peinlich, wenn ich auch noch von einem Fremden erwischt worden bin. Er streckt mir die Hand zum Gruß hin, worauf ich ihn etwas überrascht ansehe. Aber ich schüttle sie dann doch, nicht, dass er einen falschen Eindruck bekommt. Er stellt sich vor "Aschel Hadewan."

"Hadewan? Seid ihr mit Brendan Hadewan verwandt, dem Gelehrten, der auch..." Er fällt mir ein weiteres Mal ins Wort "Ja, bin ich. Mein Bruder hat das Lexikon über Dämonen verfasst. Um genau zu sein, hat er viele seiner Erkenntnisse von mir. Interessierst du dich etwa für Dämonen?"

"Jeder Auszubildende muss das Lexikon mit sich führen, es soll uns schützen."

"Verstehe.", sagt er knapp, "Das ist vernünftig, es gibt viele hinterlistige Dämonen." Ich komme mir etwas unhöflich dabei vor, ihn zu fragen, ob er deswegen Wache halte, aber tue es trotzdem.

"Das gehört zu meinen Aufgaben als Exorzist. Ich muss dieses Kloster beschützen, solange ich mich hier aufha-" Er verstummt und blickt Richtung Eingang. Als hätte er es vorausgesehen, lässt uns ein plötzlicher, grauenvoller Schrei zusammenzucken. Einer der Priester stürmt mit blutiger Kleidung in den Saal, in gleichmäßigen Abständen fängt er sich immer rechtzeitig, um nicht zu stolpern. Er öffnet seinen Mund, er will etwas schreien, doch in dem Moment blitzt etwas hinter ihm auf und er stürzt hinab auf die Treppe. Der Kadaver rollt noch ein Stück hinunter und hinterlässt mehrere Flecken roten Blutes auf den Stufen. Was in der Götter Namen passiert hier grade? Aus dem Dunkel des Ganges tritt ein Mann, relativ groß, ein wahrer Schrank von Mensch, was man besonders gut an seinem Waschbrettbauch erkennen kann wegen seines offenen Hemd. Das braune Haar, das er sich nach hinten gekämmt hat, steht gegen Ende leicht in alle möglichen Richtungen ab. Sieben dicke Strähnen stehen über seiner Stirn nach oben, während eine dünnere hinunter bis zu seiner Nase hängt. Die stechend blauen Augen, mit denen er sich umsieht, glänzen fast auf im Licht wie sein Schwert, an dem frisches Blut klebt. Aus Ekel weiche ich zurück hinter den Exorzisten, der nichts unternimmt. Warum macht er denn nichts?! Da steht ein Mörder! Und so wie er schaut, belässt er es nicht bei nur einer Leiche!

"Was geht hier vor sich?" Mehrere Mädchen stürmen aus einem Gang direkt neben dem seltsamen Mann in weißem Hemd und einer schwarzen Pluderhose. Sie bemerken ihren Fehler erst zu spät. Ein blondes Mädchen, das ihr Haar zu einem langen Zopf geflochten hat, bleibt wie angewurzelt stehen im Gegensatz zu den anderen, die bereits in den Gang zurück stolpern. Der Mann sieht wütend aus und blickt das Mädchen aus den Augenwinkeln an. "Zisch ab.", sagt er knapp und schlägt sie mit einer Hand zu Boden. Ich schaue gar nicht so schnell, da prallen bereits das Schwert des Fremden und eines der Langschwerter des Exorzisten aneinander.

"Hm... ein Exorzist. Willste dich etwa mit mir anlegen, Langohr?", fragt der Fremde provokativ, aber ohne seinen Gesichtsausdruck zu verändern.

"Deines Sieges scheinst du dir sehr sicher zu sein, Dämon. Was führt eine Kreatur wie dich an diesen Ort? Bist du so dumm, zu glauben, dass du-" Weiter kommt er nicht, denn der Dämon - zumindest laut Aschel ist es einer - schlägt mit der freien Faust nach ihm, der Haden knapp entgeht.

"Ach, mach deinen Kopf zu, dein Gelaber interessiert mich n feuchten Dreck!", ruft der Dämon und schlägt mit dem Schwert nach ihm. Hadeban wehrt ab und fragt "Aber mich interessiert, wieso ein Sündedämon sich hierherwagt." Ich beobachte das ganze wie einen Traum, es wirkt einfach nicht echt... Dieselben Fragen wie die von Aschel drängen sich in mir auf. Warum st er hier? Nur um zu töten? Glaubt er, er kann es mit einem Exorzisten dieses Ranges aufnehmen? Meine Zweifel, ob der Dämon überhaupt eine Chance hat, legen sich langsam, denn er pariert die vielen Angriffe des Exorzisten erstaunlich gut. Hadeban springt zurück und greift an seinen Gürtel nach einem der Fesslungspapiere. "Du scheinst dich auf das Kämpfen zu verstehen, ich nehme an du bist aus mehreren Morden entstanden. Aber gegen das hier wappnet dich das nicht." Aus dem Handgelenk heraus schleudert Aschel ihm das geweihte Papier entgegen. Nur knapp entgeht dieses Sündenprodukt dem Streifen, greift dafür aber sofort wieder Hadeban an, der darüber nur müde lächelt und die Klinge an der Rüstung abprallen lässt, bevor er dem verdutzten Dämonen sein eigenes Schwert in die Schulter rammt. Unter einem lauten Schrei knickt er leicht an. Er runzelt die Stirn nur noch mehr und greift gleich noch mal an, diesmal jedoch springt er dann zur Seite und verpasst Aschel eine mitten ins Gesicht! Der Kampf fesselt mich so sehr, dass ich kaum bemerkt habe, wie die Mädchen und die restlichen Priester sich neben mich gestellt haben.

"Kannst dir gleich die nächste Faust abholen, ich werd grade erst warm!", lacht der Sündedämon, während er den Elf mit einem Tritt gegen die schwere Rüstung die Treppe hinunterwirft, nur um gleich selber hinterherzuspringen.

"Ich habe bereits eine Reihe stärkerer Dämonen besiegt, die auch noch vollwertig sind." Sein Gesicht ist kühl wie eh und je, aber sein rechtes Auge schwillt schon leicht an. Ich frage mich, wieso der Dämon so leicht die Verletzung in der Schulter wegstecken kann, es ist fast so, als sei das für ihn nur ein blauer Fleck! Aschel hat sich zum Glück wieder aufgerappelt und pariert all die Schwertstreiche des Dämons perfekt, aber genauso verfehlt er oft genug mit den Fesslungspapieren. eines hat der Dämon sogar im Flug mit dem Schwert zerschnitten. Langsam regt sich doch etwas im sanften Elfengesicht von Aschel, leiser Zorn, verständlich in seiner Lage. Sollten wir ihm nicht helfen? Kaum habe ich allerdings den Mund aufgemacht, damit ich die anderen anspornen kann, höre ich ein leises Knurren. War das der Dämon?

"Das ist eine Fessel fünfter Stufe. Fühle dich geehrt, ich verwende so starke nur selten."

"Auf die Ehre scheiße ich! Das Zeug krieg ich schon irgendwie auf!" Ein leuchtendes, blaues Band hat sich um seinen Oberkörper gelegt und ihm die Arme auf den Rücken gefesselt. Doch seine Beine hat er noch zur Verfügung und selbst jetzt entkommt er noch - zwar meist haarscharf - Aschel Hadebans Manövern. Auf seiner Flucht rennt er plötzlich die Treppe hinauf, die zum Messesaal führt und begegnet uns. Wir alle weichen zurück, doch er rückt nach. Er verlangt von mir "Los, Junge, mach die Fesseln auf, oder du wirst genau wie der Waschlappen da drüben tot hier rumliegen!" Er scherzt oder?

"Weiche von mir, du Dämon!", entgegne ich. Ich stehe an die Wand gedrängt und habe keine Chance, seinem Fuß auszuweichen. Mein Magen dreht sich um, er hat fest in meinen Bauch getreten. "Los, mach, blöder Knirps!", schreit er mich an.

"Wage es nicht, dem Jungen etwas zu tun, du Höllengeburt!", ruft Hadeban von der Treppe. Von hinten will sich einer der Priester auf den Dämonen stürzen, doch er merkt es und kickt ihm ebenfalls in den Bauch, bloß härter, denn der Mann geht mit zusammengebissenen Zähnen zu Boden und verkrampft sich dort.

"Hör auf, wie ne Ölsäule rumzustehen, mach die Fesseln auf, Hosenscheißer!! Kannst noch n Nachschlag haben von meinem Fuß!" Meine Gedanken fahren Karusell. Da drüben kommt Hadeban, aber der Dämon wird mir vielleicht mit einem geschickten Tritt mindestens das Bewusstsein nehmen, wenn ich nicht spute. Zu meinem Glück wirft Aschel ein weiteres Fesslungspapier mit den Beinen des Dämons als Ziel. Der weicht deswegen aus und ich kann wegrennen. Weg von diesem Saal, weg von diesem Kampf, weg von diesem Dämon! Mein Herz bleibt für einen Moment stehen, als er vor mir plötzlich auf beiden Füßen landet. "So läuft das nicht, Furzer, ich hab von dir was verlangt und das machst du gefälligst, oder soll ich dich gleich zu Asche verwandeln?!"

"Er hat mit diesem Kampf nichts zu tun, Dämon. Lass ihn da raus." Aschel nähert sich langsamen Schrittes, während der Dämon spöttisch eine Augenbraue hebt. Er meint mit Verachtung in der Stimme "Du hast mir verdammt noch mal die Arme gefesselt! Glaubste, ich kämpfe so mit dir?" Sein Blick gilt wieder mir. "Und jetzt mach hinne, oder soll ich dir erst ein Loch in den Bauch treten?!" Er dreht sich um und erwartet, dass ich das Band löse, dabei weiß ich doch nicht mal, wie solch eine Fessel löst! "I- ich habe keine Ahnung, wie!"

"Laber nicht, das wird schon irgendwie gehen, du Schweinepriester!" Plötzlich packt er mein Handgelenk - soweit kann er die Arme unter dem Griff des Fesslungspapiers noch bewegen - und springt ganze fünf Meter durch die Luft. Von oben sehe ich Hadeban, wie er gerade einen Schwertschlag beendet hat, wo wir gerade noch standen. Der Dämon landet wieder, ich knicke derweil fast ein, so plötzlich fühlt sich die Landung an.

"Und jetzt zack zack, ich kann nicht warten, bis du alt und grau wirst, Zwerg!"

"I- ich tu ja, was ich kann!", jammere ich und versuche herauszufinden, ob man ihn überhaupt entfesseln kann. Ein weiteres geweihtes Blatt fliegt in unsere Richtung, aber der Sündedämon fährt herum und springt über die Brüstung nach unten. Er zieht scharf die Luft ein und flucht in einer so vielfältigen Weise, dass ich versuche wegzuhören, allein der Anfang klang schlimm genug! Hadeban lacht sich ins Fäustchen. "Mit Fluchen kommst du hier nicht raus, Ausgeburt der Hölle!" Die Ausgeburt der Hölle, wie Aschel den Kerl nennt, schmeißt nur weiter mit Flüchen um sich, während er merkt, dass mittlerweile auch Hohepriester angerückt sind, die sich bereits auf einen gemeinsamen Zauber vorbereiten.

"Pah, mit denen machst du mir doch keine Angst! Außerdem vergisst du, dass ich ne verdammte Geisel hab, klar?! Ich bring den Jungen um, wenn ihr mir zu nahe kommt, dafür brauch ich mein blödes Schwert nicht!"

"Es ist egal." Was? Was hat er da gerade gesagt?! "Es ist egal, ob er überlebt, wenn wir dafür nur dich vom Antlitz der Erde tilgen können. Du bist zu gefährlich, dass wir dich auch nur einmal laufen lassen können, du bist in ein Kloster eingebrochen, hast verletzt und sogar einen Priester getötet. Eine Leiche ist verschmerzbar im Vergleich zu Hundert." Ich will meinen Ohren nicht trauen. Heißt das, ich werde mit ihm sterben?! Sie wollen mich wirklich töten, solange er auch dabei vernichtet wird?! Ist das sein Ernst?!

"Scheiße...", flüstert der Dämon. Ohne mich anzusehen, sagt er zu mir "Sieht so aus, als wärste jetzt genauso in Gefahr wie ich."

"Ein schwacher Trost...", bringe ich nur heraus und muss mich mit den Tränen zurückhalten. Ein paar der anderen Auszubildenden sehen mich bedrückt an, das macht die Sache nur schmerzlicher. Aschel aber versucht mich von der Ballustrade aus aufzuheitern "Keine Sorge... du wirst gen Himmel fahren, denn du bist ein lauteres Wesen. Jedoch der Dämon, der dich hier in seiner Gewalt hat, wird hinabgezogen in die Hölle, wo das Fegefeuer ihn verschlingen wird!"

"Musst du dir immer so deinen Mund fusslig reden, Exorzist?!" Er spannt die Muskeln an, das Band wird ein wenig weitergezogen. Das kann doch nicht...

"Während du hier dein dämliches Maul nicht halten kannst, hab ich mal n wenig deine Fesseln gelockert!"

Ich sehe Aschels Schrecken, er hebt eine Hand und die Hohepriester versinken in Meditationen. Oh nein, jetzt ist es aus!!

"Mach dich auf was gefasst, Kleiner, das wird nicht einfach...", warnt der Sündedämon mich. Liegt er im Glauben, er könne rechtzeitig entko- Die Fesseln rutschen hinunter und bleiben leuchtend am Boden liegen, der Dämon streckt seine Arme auseinander und hält sein Schwert triumphierend nach oben. Ich spüre den festen Griff seiner Hand an meinem Kragen, merke, wie der Boden unter meinen Füßen sich entfernt, er springt hinauf, ein gleißendes Licht erhellt den ganzen Saal, der Knall scheint mir das Trommelfell zu zerfetzen, ohne etwas zu hören sehe ich schwere Brocken herabfallen, manche nur knapp vor mir. Und dann tauche ich plötzlich in das Dunkel der Nacht, der sternenklaren Nacht über dem Gebirge, auch über dem Berg des Klosters, dessen Decke nicht weit von uns entfernt liegt. Noch immer strahlt ein unnatürlich helles Licht aus dem Loch im Dach, aber das alles entfernt sich immer weiter.

"Hmpf... jetzt kommt der schwierige Teil..." Der Dämon hält mich nach wie vor fest, sein offenes Hemd flattert im Wind, der aufkommt bei unserem Sturz ein ganzes Stück neben dem Berg immer tiefer nach unten, vorbei an dem Ort, den ich für mehrere Jahre mein zuhause genannt habe, in dem ich heute Nachmittag noch meinem Freund Fresarus gratuliert habe zu seinem neuen Ziel, nämlich selbst sein Geschwisterchen zu taufen, wo ich erst Aschel Hadeban kennen gelernt habe, bevor er plötzlich mein Leben bedroht hat, weil ein Dämon neben mir stand, mit dem ich jetzt auf dem kürzesten Weg hinabrase. Das ganze raubt mir den Atem, alles wird nur noch dunkler, immer dunkler, bis alles um mich herum scheinbar fort ist und mir ist, als löse mein Geist sich von meinem Körper.

"Hey... Hey, verdammter Pisser, wach endlich auf!", weckt mich die unfreundliche Stimme des Dämons aus meinem ohnmachtsähnlichem Zustand. Als ich aufstehen will, hält mich ein gespanntes Seil zurück. "Fesseln?", stelle ich verdattert fest.

"Haste gedacht, ich lass dich einfach laufen?" Er starrt mich mit seiner typisch finsteren Miene eindringlich an. Das wird unterstrichen von dem dämmrigen Licht in der Höhle, die ich an ihrer rauen Decke erkenne. Der eigenartige Sündendämon steht gebeugt über mir, aber zieht seinen Oberkörper wieder zurück, um sich etwas weiter weg hinzusetzen. Er muss mich hierher gebracht haben, aber wieso bloß? Wenigstens meinen Kopf kann ich leicht heben, um ihn anzusehen, wie er das restliche Blut von seiner Klinge wischt. Als ich darüber nachdenke, ob es schon getrocknet ist, fällt mir etwas ganz anderes ein, darum frage ich "Wie lange bin ich schon hier?"

"Lange genug." Was für eine genaue Antwort, darunter kann ich mir ja viel vorstellen. Ich spreche das aber nicht laut aus, um den Dämon nicht noch mehr zu verärgern, er sieht jetzt schon längst schlecht gelaunt aus.

"Wieso bin ich gefesselt?", versuche ich herauszufinden, doch seine Antwort ist wieder nicht sehr auskunftsreich "Damit du dich nicht rühren kannst." Ich überdenke die Fragestellung kurz, denn man muss ihm scheinbar alles aus der Nase ziehen. "Was willst du von mir? Es muss doch etwas geben, weswegen du mich gefesselt hast." Er schaut auf und funkelt mich mit seinen blauen Augen an. "Du führst mich später durch das Kloster."

"Was? Etwa das, aus dem-"

"Aus dem ich geflohen bin mit dir. Der Exorzist und seine Hohepriester haben mich genervt, deswegen geh ich es heute anders an. Darfst dich freuen, Hosenscheißer, jeden andere hätte ich kurz danach getötet." Das klingt nach einem Trost, aber ein schlechtes Gefühl habe ich weiterhin, immerhin befinde ich mich in der Gewalt eines Dämons, der wohl nur ans Töten denkt. "Und bevor ich dich dann auch absteche, hilfste mir erstmal bei meiner Suche."

"Was suchst du?" Ich frage nur, um zu verdrängen, dass er mir früher oder später doch das Leben nehmen will, nachdem ich gestern noch mal mit heiler Haut - abgesehen von ein paar blauen Flecken, die unter dem Druck der Fesseln schmerzen - davongekommen bin. Sein Blick wirkt leicht desinteressiert, als er antwortet "Keine Ahnung."

"Du weißt nicht, was du suchst? Aber wieso suchst du-"

"Halt die Schnauze, das geht dich n Scheißdreck an!" Ich verstumme, das war deutlich. Nachdem er sich kurz das Ohr mit dem Finger geputzt hat, fährt er fort "Ich will vollwertig werden." Vollwertig... achso, stimmt ja, er ist nur ein Halbdämon.

"Hab das Zeug in deinem beschissenen Lexikon gefunden, damit ich mir nicht das Hirn zermartern muss, wie ich es dir Armleuchter erkläre, also hör gefälligst zu!" Er holt mein Dämonenlexikon hervor und beginnt vorzulesen, kaum hat er angefangen, verfinstert sich sein Gesicht schon wieder.
 

Halbdämonen - Allgemeines

Die Halbdämonen sind die zweite Hauptart der Dämonen, die diese Welt bevölkern.

Der Name lässt vermuten, dass es sich bei diesen Dämonen um Bastarde, also zwischenrassische Wesen handelt, aber das trifft nicht auf alle Dämonen dieser Kategorie zu. Halbdämonen unterscheiden sich von ihren vollwertigen Gegenstücken darin, dass sie nicht nur wesentlich schwächer sind, sondern auch ein menschlicheres Aussehen haben (besonders Sündedämonen). So sind sie auch in der Zivilisation anzutreffen, was ihnen einen großen Vorteil gegenüber Fahrlässigen gibt.
 

"Ts, dem Kerl, der das geschrieben hat, sollte man die Fresse polieren für das Zeug.", meint der Dämon und wirft das Buch auf den Boden. Ich unterdrücke einen wütenden Schrei darüber, wie er mit meinem Eigentum umgeht.

"Das heißt, du willst stärker werden?"

"Was sonst? Ich will nicht so einfach getötet werden wie die ganzen kleinen Furzdämonen vor mir! Ich gehe an die Spitze, ich werde der stärkste von allen und dann bring ich um, wen ich will! Und wenn es dieser alte Sack Tanaras wär!"

Schon wieder dieser Name und er lässt mich noch immer zusammenfahren. Er kennt ihn? Zaghaft frage ich "Wieso erwähnst du diesen Verbrecher?" Er bricht plötzlich in lautes Gelächter aus, böses Gelächter, nicht aus Freude sondern aus Spott und Verachtung. Er steht auf und beugt sich wieder ein Stück vor, um mir noch fester in die Augen sehen zu können. Ich würde zu gerne zurückweichen, doch das ist ja genauso wie das Aufstehen nicht möglich.

"Warum ich diesen Schlappschwanz erwähne?", fragt der Dämon mit einem breiten Grinsen und weit aufgerissenen Augen, die vor Wahnsinn überquillen. Das Herz schlägt mir vor Angst bis zum Halse, es ist als könne alleine sein Blick töten, ich muss ganz an das Sprichwort denken.

"War klar, dass ein Tölpel wie du keine Ahnung hat, wer ich bin! Haben wohl vergessen, euch in eurem kleinen Kloster zu warnen, was? Willste wissen, wie ich heiße, Hohlkopf?"

"Wie denn, du Kreatur des Bösen?" Ich runzle die Stirn aus der Wut, welche die Angst vor ihm überwiegt. Ich will nicht, dass er so auf mich herabsieht, wo er doch nur so ein niederes Ziel wie Macht hat.
 

Unter Dämon versteht man Wesen, die übermenschliche Kräfte besitzen und auf Zerstörung oder Macht hinaus zielen.
 

Wie recht Brendan Hadeban doch hat und für einen Moment hatte ich beinahe das Gefühl, man könne mit diesem Monster vernünftig reden, obwohl es, ohne mit der Wimper zu zucken, gestern getötet hat. Aber mein wütendes Gesicht lässt ihn kalt, er grinst immer noch, auch noch als er mir seinen Namen verrät.

"Kai... Kai Tanaras! Ich bin Zefix' Sündedämon! Der hat oft genug Kehlen durchgeschnitten oder Messer in Herzen gerammt, ohne dass es ihn gestört hat. Kein Wunder, dass es mich gibt, haha!" Das ist einer der Dämonen von Tanaras?! Er hat nicht geflunkert, sie haben ihn also wirklich alleine gelassen, genau wie er es mir erzählt hat!

"Jetzt biste aber ruhig, hat es dir etwa die Sprache verschlagen, Knirps?", fragt er und hat noch immer dieses gehässige, breite Grinsen im Gesicht. Er geht zurück zu dem kleinen Felsvorsprung in der Wand und setzt sich wieder.

"Wieso hast du deinen Herren verlassen?"

"Ach, du weißt wohl, dass Sündedämonen normal nicht alleine umherstreifen? Steht wohl auch in dem beschissenen Lexikon." Auf dem Boden liegt es und er blickt - wieder mit interesselosem Blick - darauf. "War Fadirs Idee, dass wir den Faulpelz alleine lassen."

"Wer... wer ist Fadir?"

"Na, noch ein Sündedämon natürlich!" Entschuldigung, das konnte ich ja nicht wissen, denke ich zynisch. Er hält das wohl für selbstverständlich zu wissen. Da ist Zefix aber wesentlich netter gewesen, bis Draban aufgetaucht ist.

"Ich fand die Idee auch bekloppt, aber er hat mich überreden können. Bloß bei Adelsar hat's fast ewig gedauert! Der olle Zefix ist wach geworden und ich musste ihm mal in aller Freundlichkeit verklickern, was Sache ist, verstehste?" In aller Freundlichkeit beinhaltet bei diesem Kai sicher mindestens eine Faust, vielleicht hätte er Zefix sogar umgebracht unter gewissen Umständen. Kein Wunder also, dass der Verbrecher jetzt Reue empfindet. Kais Gesicht wird wieder ernster, erneut die leicht erzürnte Miene wie gestern Nacht, ob er auch mal freundlich aussieht und nicht nur immer diabolisch oder sauer?

"Und jetzt ist genug mit den ganzen Fragen, kannst froh sein, soviel zu wissen. Aber das wirste eh nicht weiter erzählen können, wenn ich erstmal habe, was ich will. Sieh zu, wie du dich beschäftigst, es dauert noch n Stück, bis es dunkel wird." Er schaut zum Höhleneingang, durch den das schwache Licht hineinscheint, und spielt währenddessen ein wenig mit den abstehenden Spitzen seiner braunen Haare.

"Heute Nacht gehen wir ins Kloster!"

Kapitel 4

Ich friere unvorstellbar, als wir in tiefster Nacht die vielen, engen Pfade hinaufgehen. Ich habe ja immer noch nichts weiter als mein Nachthemd und die Schlappen an. Gefesselt bin ich nicht mehr, dafür blitzt hinter mir immer kurz Kais Schwert auf, wenn der Mond für wenige Sekunden hinter den Wolken hervorkommt. Brr, hoffentlich bin ich nicht bereits erfroren, wenn wir ankommen. Obwohl... was wird wohl schlimmer sein? Von diesem Dämon in Stücke gehauen zu werden oder langsam einzuschlafen, um nie mehr aufzuwachen?

"Hey, nicht einschlafen, Pisser, lauf gefälligst schneller!", ruft Kai und reißt mich aus meinen Gedanken. Sofort bewege ich mich einen Schritt schneller, nun weiß ich wie sich ein zum Tode Verurteilter fühlen muss, wenn man ihn zum Galgen bringt. Wie ironisch, dass es gerade der Sündedämon eines solchen Verurteilten ist, durch dessen Hand ich voraussichtlich sterben werde. Wie soll ich ihm überhaupt helfen? Er verrät mir nicht mal, was genau er sucht.

"Wir sind gleich da. Komm bloß nicht auf die Idee, noch irgendn Laut von dir zu geben, klar, Knirps? Ich reiß dir sofort die Birne ab, kapisch?!"

"J- ja..." Nur das wollte ich noch loswerden, nun bin ich wie zuvor wieder still. Oh, wieso können die Götter mir nicht helfen? Womit hab ich so ein Schicksal bloß verdient?
 

Nur wenig später sind wir am Kloster angelangt. Kai schaut sich das Gebäude an, als sähe er es zum ersten Mal, aber er lässt mich nicht aus den Augen und sein Schwert hält er auch noch immer griffbereit. "Wo gehen wir rein, ohne entdeckt zu werden?", fragt er leise. Ich zucke kaum merklich mit den Schultern, während ich fieberhaft nach einer Antwort suche. Sicher werden sie Wachen am Eingang aufgestellt haben, durch eines der Fenster einzusteigen wäre sowieso zu riskant und ansonsten sehe ich keinen Eingang. Ich entscheide mich dafür, zu entgegen "Durch ein Fenster, aber sie werden uns sicher trotzdem bemerken..." Wenigstens ehrlich möchte ich zu ihm sein, viel Sinn hat es ja nicht mehr zu lügen.

"Gut, du gehst voran. Los!", zischt er und drängt mich zu einem Fenster. Ich hieve mich mühevoll hoch und steige mit höchster Vorsicht ein. Kai kommt leichter herein, er ist ja auch um einiges größer. Ich höre ein leises Schnarchen aus den Betten, puh. Aber was nun? Wir können uns zwar zur Tür schleichen, aber dahinter liegt doch gleich wieder die große Eingangshalle. Kai denkt nicht nach, sondern schleift mich einfach hinterher. Er schaut durch einen kleinen Türspalt und befindet die Lage wohl für sicher. Nanu? Hier ist ja niemand. Der Raum ist zwar hell erleuchtet, aber nirgends kann ich jemanden ausmachen.

"Ts, sind wohl alle pennen gegangen... Volltrottel.", meint Kai abwertend und geht weiter. Es ist wirklich niemand da, es gibt ja wenig Winkel, wo sie sich verstecken können und die habe ich bereits mit dem Auge abgesucht. Auch hier im Warmen der Halle fröstle ich noch, vielleicht liegt das an dem großen Loch im Dach, durch das man noch immer den schwarzen Himmel erblicken kann. Ich bitte meinen Entführer "Kann ich schnell in mein Zimmer und etwas zum Anziehen holen? Bitte."

"Mir egal, mach, was du willst. Aber ich komm mit, sonst kommste noch auf falsche Gedanken." Obwohl hier keine Menschen-, geschweige denn Elfenseele ist, laufe ich trotzdem auf Zehenspitzen zu meinem Zimmer. Ich öffne die Tür nur zu einem Spalt, damit nicht zu viel Licht hereinfällt. Mit eingezogenem Bauch und angehaltenem Atem zwänge ich mich durch den Türspalt. Danach öffne ich leise den Schrank. Wieder schlafen Fresarus und die anderen, da bin ich ja beruhigt. Hätte ich das gestern doch auch bloß getan, dann wäre ich zwar hier, aber nicht in dieser Lage. Hastig tausche ich mein Nachthemd und die Schlappen gegen mein übliches Gewand und die braunen Schuhe aus, dann verlasse ich das Zimmer auch schon wieder. Das wird das letzte Mal gewesen sein, dass ich es gesehen habe.

"Biste endlich fertig? Oder willste noch eben ne Massage oder n warmes Essen?", fragt Kai sarkastisch. Von wegen 'mir egal', er steht unter Zeitdruck. Vielleicht ist ihm genauso unwohl wie mir. Wer weiß?

"Na los, setz dich in Bewegung, verdammt. Wo geht's tiefer rein?"

"Unten an der Treppe gibt es eine Tür.", antworte ich wahrheitsgemäß, aber aus seinem Blick kann ich schließen, dass er mir nicht ganz glaubt. "Und du verarschst mich auch nicht?", fragt er msstrauisch.

"Ich schwöre bei den Gotthei-" Er unterbricht mich gleich wieder "Auf sowas geb ich eh einen Scheiß, musste erst gar nicht schwören. Du weißt ja, was dir blüht, wenn du mir in den Rücken fallen willst." Ich wünschte, er würde aufhören, ständig darauf anzuspielen, dass er mich umbringt. Vielleicht hätte ich doch lügen sollen... mein Leben hängt bereits am seidenen Faden, das der anderen nicht, wenn ich ihn in eine Falle locke. Grob packt Kai mich am Handgelenk und zerrt mich mit zu der Tür, die er brachial aufstößt. Leise aber auch schnell laufen wir die schmale Wendeltreppe dahinter hinunter, bis wir auf Höhe des ersten Untergeschosses sind.
 

Was? Schon wieder niemand hier? Hier ist doch etwas faul, sie können doch nicht alle abgehauen sein ohne die ganzen Bewohner, die jetzt friedlich in ihren Betten schlafen? Und selber schlafen sie bestimmt auch nicht alle, mindestens dieser Hadeban müsste hier doch irgendwo auf der Pirsch sein!

"Sag mir, was die Mistkerle aushecken!", befiehlt Kai, doch ich entgegne nur ein stotterndes "K- keine Ahnung!" Er packt mich grob am Kragen und schaut mich scharf an. "Keine Ahnung am Arsch!", brüllt er mir ins Gesicht, während sein schlechter Atem mich die Luft anhalten lässt.

"Du weißt sicher was, du bist einer von denen! Was meinste, wieso ich dich hergebracht habe?!"

"Um diesmal sicher zur Hölle zu fahren, Dämon."

Gleichzeitig wenden Kai und ich erschrocken unsere Köpfe zu der großen Doppeltüre, hinter der das Treppenhaus liegt. Aschel Hadeban steht mit allen Hohepriestern und noch ein paar bewaffneten Männern dort. Seine Züge zeigen den Anschein eines spöttischen Lächelns, während die Mienen der anderen allesamt bitterernst und unbewegt, wie das Gesicht einer Statue, sind.

"War mir doch klar, dass ihr euch nur irgendwo verkrochen habt, miese Feiglinge." Kai spuckt neben sich auf den Boden. Ich bin noch immer völlig verwirrt. "Aber wie soll das sein? in der Halle war niemand und draußen auch nicht!"

"Oh, das war ganz einfach.", erklärt Aschel, "Nach dem Angriff haben wir sofort alle Auszubildenden weiter hinunter bringen lassen, damit sie sicher sind. Und dann waren wir es, die in ihren Betten 'schliefen'." Ich habe Recht behalten, wir sind augenblicklich entdeckt worden, als wir eingebrochen sind. Aber eines ist mir noch immer nicht klar: "Aber wieso seid ihr dann nicht schon herausgekommen, als wir spätestens in der großen Halle waren?" Aschel lächelt sanft, auch dies erläutert er "Weil wir nicht wollten, dass Kai Tanaras wieder fliehen kann. In der Halle ganz oben war das sehr einfach, er musste nur durch das Dach und war sofort wieder draußen. Wir haben euch lediglich in Sicherheit gewogen, damit ihr nach weiter unten vorstoßt und wir dem Dämon dort jede Fluchtmöglichkeit versperren können."

"Glückwunsch, Exe, kannst dir als Belohnung gleich n paar Ohrfeigen abholen." Wozu das Wortspiel, frage ich mich, doch zum Nachdenken bleibt wenig Zeit, denn die 'Exe' entgegnet "Lieber ein paar Ohrfeigen, als ein Schwert im Leib, wie du es bekommen wirst." Bei dem Wort 'Ohrfeige' deutet er ansatzweise auf sein noch immer blaues Auge. Aber er scheint es bereits behandelt zu haben, die Schwellung ist nicht viel schlimmer als gestern.

"Dann komm doch her mit deiner Verlierertruppe, ein Schwert reicht für euch alle!" Sie nehmen seine Einladung gerne an und rücken heran. Ich hänge immer noch mit den Füßen in der Luft, doch einen Augenblick später fliege ich plötzlich sogar.

"Und euren Pisser hier könnt ihr zurückhaben, ist sowieso nutzlos!" Ich pralle in eine Reihe von Priestern, während der Rest unbeirrt weitergeht. "Au, mein Kopf...", stöhne ich und werde zur Seite gestoßen, als die anderen sich wieder aufrappeln. Werde ich denn inzwischen von wirklich jedem herumgeschubst?!

"Geh weiter nach unten ins fünfte Untergeschoss, dort sind alle anderen Auszubildenden auch.", sagt ein Priester kurz zu mir, dann stürzt er sich ebenfalls in den Kampf. Kais zahlreiche Beschimpfungen und viele Kampfes- oder Schmerzensschreie hallen durch den großen Raum. Perplex sitze ich neben der Tür und sehe mit an, wie sich Kai scheinbar selbst gegen diese Massen von Gegner durchschlägt. Plötzlich werden alle Priester weggeschleudert und landen übereinander in kleinen Haufen auf dem Boden. Manche sind an den Füßen oder Armen von Fesslungspapieren gefesselt. Sie waren eher für Kai bestimmt, aber er muss ausgewichen sein. Nur Aschel, ein paar der Hohepriester und Kai stehen noch aufrecht. Aber so unverletzt ist Kai nicht, an vielen Stellen läuft sein Blut in dünnen Linien an seiner Haut und seiner Kleidung herab. Auch Hadeban ist leicht verwundert, sein Rangzeichen wird vom Blut überdeckt. Kai keucht und greift erneut an, Aschel blockt. die Hohepriester entfernen sich ein Stück, um möglicherweise einen gemeinsamen Angriff vorzubereiten, aber der Sündedämon riecht die Lunte, springt zu einem von ihnen und sticht zu. Reflexartig schaue ich weg, ich will nicht sehen, wie dieses Monstrum Bekannte von mir umbringt!

"Hey, Langohr, deine blöden Freunde da sind allesamt ziemlich schwach, kann das sein? Wo hast du die aufgetrieben?" Aschel Hadeban ist nicht erzürnt über diese Aussage, er beantwortet Kais Frage lediglich "Sie haben freiwillig geholfen, für deinen Kopf gibt es eine sehr große Summe, wusstest du das? Wir haben Steckbriefe mit einer genauen Aussehensbeschreibung von dir im ganzen Land verteilen lassen, Zefix war sehr gesprächig, wie es darum ging."

Das war es also, seine Rache. Er hat es mir sagen wollen im Gefängnis, er wollte mir von seinem Plan erzählen, alle seine Sündedämonen von Kopfgeldjägern, Exorzisten und geldgierigen Abenteurern umbringen zu lassen, weil sie ihn verlassen hatten. Kai zeigt sich davon aber kaum beeindruckt, er wischt das Blut von seinem Schwert mit einem Fetzen des Gewands, das der tote Hohepriester anhat. "Und? War klar, dass die Ratte uns ebenso in den Rücken fällt, hätte er sonst n Sündedämon des Hinterhalts?"

"Du erstaunst mich, Kreatur, scheinbar kannst selbst du logisch schlussfolgern. Ich war anderer Meinung, nachdem du gleich in der nächsten Nacht erneut hier eindringst, obwohl es dir nur knapp gelungen war, das letzte Mal zu entkommen." Kai stürmt ohne ein Wort auf ihn zu und presst sein Schwert gegen Aschels. "Ich wollte nur sichergehen, dass du noch da bist, wenn ich dir in den Arsch treten will.", keift er, stößt Aschel plötzlich zurück und zerschneidet die Rüstung des Exorzisten, der nun eine weite Wunde am Torso hat. Aschel atmet schwer, aus seinen Mundwinkeln läuft der rote Lebenssaft auch schon. Kai hebt sein Gesicht leicht, um nur noch hochnäsiger zu wirken, als Aschel langsam in die Knie geht vor Schmerzen.

"Du bist entweder mutig oder blöd, zu glauben, du kannst mich umlegen. Du weißt vielleicht besser als ich, wen Zefix schon alles getötet hat und wieviele ich selber auf dem Gewissen hab, kannste dir vielleicht auch denken." Er tritt Hadeban fest ins Gesicht und der Exorzist fällt rücklings um. Zitternd versucht er, mit einem Arm nach den Fesslungspapieren zu greifen, doch da trifft ihn Kais Fuss am Handgelenk und drückt es mit jeder Menge Kraft runter, das erkenne ich an Kais angespannter Miene. Die zwei übrigen Hohepriester beobachten das ganze genauso mit Schrecken wie ich. Nein, das darf er nicht tun! Er darf ihn nicht töten. Ich denke an das, was ich gedacht habe, nachdem ich Kai den Weg hierher geschildert habe. Noch ist es nicht zu spät, noch kann ich etwas tun! Ich springe auf und sprinte auf Kai zu, der zum Todesstoß ansetzt. Erst mitten im Sprung erblickt er mich und seine Augen weiten sich. Er schlägt mir mit der freien Hand in den Bauch und wirft mich zurück. Ich spüre, wie der Schmerz durch meinen ganzen Körper geht, als ich auf dem Boden lande. Ich hebe schwach den Kopf, um zu sehen, was nun passiert. Aschel und Kai kreuzen plötzlich ihre Klingen wieder. Ja, ich habe es geschafft! Kai hat es nicht geschafft ihn zu töten.

"Ich bin vielleicht dumm, gegen dich zu kämpfen, aber du bist mindestens genauso dumm, ihn am Leben gelassen zu haben.", meint Aschel, was Kais Wut weiter steigert. Er baut erneut mehr Druck auf sein Schwert auf, weswegen Aschel zurückweichen muss. Gerade als Kai wieder die Oberhand gewinnt, rappeln sich mit einem Male wieder alle die auf, die vorher noch am Boden lagen.

"Scheiße, jetzt sind die auch wieder wach!!", flucht Kai. Des einen Leid ist des anderen Freund, stelle ich fest, denn Hadeban fragt provokant "Läuft grade nicht alles so, wie du es dir vorstellst, Dämon?" Ehe ich mich versehe, liegt Aschel schon wieder am Boden, Kai hat seine Hand noch zur Faust geballt. Die anderen rennen auf ihn zu. Ich denke, ich folge nun lieber dem Rat des Priesters. Hastig stehe ich auf und laufe zur Tür. Doch noch kurz trifft mich etwas ins Genick und ich höre "Na warte...", bevor ich einer erneuten Ohnmacht unterliege.

Passiert mir das noch oft, frage ich mich, als ich wieder zu Bewusstsein komme. alles um mich herum wackelt, es ist dunkel und der sich bewegende Grund fühlt sich eigenartig an. Moment... das ist ein Sack! Bei den Gottheiten jetzt ist es aus! Jetzt wirft er mich sicher in die Schlucht, oder von den Klippen ins Meer! Aber das heißt ja auch, dass er die anderen ge... oh nein, das darf doch nicht wahr sein!

"Hilfe!", rufe ich aus purer Verzweiflung.

"Klappe, Gepäck redet nicht.", dringt es gedämpft durch die Jutefasern zu mir durch. Kein Zweifel, es ist Kai Tanaras.

"Wo bringst du mich hin?!", frage ich.

"Hab ich nicht schon gesagt, du sollst den Kopf zumachen?!", fragt er zurück. Kaum zu glauben, dass er mich nicht bereits getötet hat... aber was macht er denn dann mit mir?! Plötzlich hört der Sack auf zu wackeln, aber nur kurz. Ich überschlage mich mit dem Beutel und falle aus der größer werdenden Öffnung auf den staubigen Boden. Ich spüre einen Fuss im Rücken.

"So, und jetzt hörste mir mal gut zu Bürschchen... ich bin schon sauer genug, dass mir deine ganzen Schisserfreunde unten entkommen sind, aber erst recht beschissen find ich's, dass ich den blöden Elfen nicht umlegen konnte!"

"Was... was hast du vor?", frage ich röchelnd.

"Ich zeig dir, wie nutzlos du und deine Aufopferungsversuche sind, du Wicht. Du kommst ab sofort mit mir, darfst nicht nur sehen, wie ich noch jede Menge andere von diesen Scheißern um ihr Leben bringe, sondern auch wie ich der mächtigste aller Dämonen werde!" Sein Fuss drückt kurz noch härter zu, dann nimmt er ihn hoch. Klapprig will ich mich aufrichten und stütze mich schon mit den Armen ab, da trifft mich der Fuss am Hintern und befördert mich ein paar Meter weiter.

"Los, ab dafür, wir kommen bald in nem Dorf an." Während ich langsam aufstehe, ruft er dann noch "Nun mach, oder brauchste noch n Extrarschtritt?!"

"Es ginge besser, wenn ich etwas zu Essen oder zu Trinken bekäme...", meine ich leise, aber für ihn dennoch hörbar.

"Dann klau dir später irgendwo was. Und gib mir gefälligst was ab, ich hab seit Tagen nix im Magen gehabt!" Verwundert schau ich ihn an und frage "Sag bloß, ihr Dämonen nehmt auch Nahrung und Wasser zu euch." Kai starrt mich leicht entsetzt an, bevor er zynisch entgegnet "Mensch, ich wusste, dass du blöd bist, aber für so n Armleuchter hätte ich ich dich auch nicht gehalten. Glaubste etwa, wir Dämonen sind ne Art Superrasse, die aus dem Nix Kraft bezieht?!" Augenrollend geht er schnellen Schrittes an mir vorbei und ich trotte müde hinterher. "Wieso hast du dir dann einfach nichts gestohlen? Du sagtest, du habest seit Tagen..."

"Weil das Safiya sonst immer macht!", fällt er mir mit seiner Antwort ins Wort, "Die war für's Klauen zuständig. Liegt wohl daran, dass sie Sündedämonin des Stehlens ist." Er spricht es aus, als sei ich verpflichtet, über seine gesamte Lebenslaufbahn und seinen 'Freundeskreis' bescheid zu wissen. Wäre da nicht seine enorme Stärke wäre er nichts weiter als ein Angeber... aber wie soll ich es mit ihm aufnehmen? Soll ich versuchen zu fliehen, wenn er schläft? Tut er das überhaupt irgendwann? Er ist genauso wie alle anderen auf Ernährung angewiesen... aber ob das auch für Schlaf gilt?
 

Ich habe mir noch jede Menge weitere Gedanken gemacht, Pläne geschmiedet, wie ich entkommen könnte, und mich von Kai zusammenstauchen lassen, bis wir in einem kleinen Dorf ankommen. Ich kenne es, es ist eines der umliegenden Dörfer um das Kloster, so weit sind wir also noch nicht gekommen. Wie die meisten Siedlungen hier in der Gegend ist auch diese hauptsächlich von Zwergen bewohnt, die rundherum ihre Minen haben mit ihren engen Stollen, durch die bei Rassen wie den Menschen nur die Kinder hindurch passen. Kai kassiert eine Menge schiefer Blicke, da wird es ihm zuviel und er packt einen der runden Männer.

"Haste irgendn Problem, oder warum glotzte so blöd, hä?!"

"V- verzeiht, es ist nichts, ich..." Kai hebt seine andere Hand und ballt sie zur Faust, der Zwerg strampelt und versucht, sich zu befreien. "Bitte, es war doch nichts, ihr müsst doch nicht gleich zu Gewalt greifen!"

"Dann rück n bisschen Schotter raus, mein Freund!", schreit Kai ihn an. Blitzschnell landen mehrere glitzernde Münzen klimpernd in Kais Hand und er wirft den Zwerg weg. Ich sehe ihn bemitleidend an und laufe hinter Kai hinterher. Das ist alles andere als recht, das war miese Erpressung. Mein knurrender Magen lässt mich das aber für einen Moment vergessen. "Kaufen wir jetzt etwas zu essen?", bettle ich fast, da ich von Minute zu Minute schwächer werde, aber die Antwort ist alles andere als eine Erlösung: "Du Idiot, das is nicht dafür da, dass du dir n Ranzen anfrisst. Die Kohle is für das Ticket."

"Welches... welches Ticket?"

"Das Schiffticket, du Schlauberger!" Mit dem Schiff fahren will er?! Wo verschleppt er mich dann bloß hin?! Ich muss dringend meinen Plan perfektionieren, ich will nicht weg! Ich will zurück ins Kloster zu Fresarus, Draban und den anderen!

"Zieh nicht so n Gesicht, deine Krokodilstränen sparste dir mal schön für jemand anderen.", sagt Kai anteilnahmelos, dieser Eisklotz! Mein Magenknurren erinnert mich aber wieder an das Anfangsproblem.

"Und was essen wir jetzt?" Kai zieht die Luft scharf ein und packt mich hinten am Kragen, während er auf irgendein Haus zuläuft und brummelt "Verfressenes Balg..."
 

Mehrere Regale stehen im Innenraum des Hauses verteilt und nahe beim Eingang steht eine Art Tresen mit einer großen Tafel an der Wand. Oh, verstehe, das ist ein Laden!

"Such dir schnell was aus, wir haben nicht ewig Zeit.", weist der Sündedämon mich an und wirft mich weg. Nachdem ich wieder aufgestanden bin, sehe ich mich um. Irgendwas aussuchen? Ich dachte, er will das Geld für das Ticket ausgeben? Egal, ich brauche etwas zu Essen, wozu mir jetzt das Hirn zermartern? Das werde ich schon bei der großen Auswahl tun müssen. Ein wenig Fleisch, ein Laib Brot und eine ganze Portion Obst, das klingt gut. Ich lege das ganze Zeug auf die Kasse und ein alter Mann mit runder Brille vergleicht die Waren mit den Namen und Preisen an der Tafel. "Das wären dann...", beginnt er, kommt aber nicht weiter, weile eine Faust ihn direkt ins Gesicht trifft und bewusstlos schlägt.

"Der schläft erstmal... hm... ob ich ihn töten soll?" Es war doch so offensichtlich... und ich habe in meiner Gier nicht darüber nachgedacht, mögen mir die Gottheiten vergeben! Kai packt sich etwas von dem Fleisch und würgt es roh herunter.

"Ähm, eigentlich dachte ich daran, dass wir es vorher vielleicht aufwärmen, oder..."

"Keine Zeit, iss es so, oder es gehört mir!" Also gut... ich hab ja noch einen Laib Bro- ... Ich korrigiere, einen halben Laib Brot und die Früchte. Dass er so hungrig ist, dachte ich nicht, er hat das halbe Brot jetzt schon fast aufgegessen, das Fleisch ist ihm schon zum Opfer gefallen. Ebenso esse ich schneller als gewöhnlich, aber noch nicht so rasant wie er. Es ist schon fast alles weg, als wir gerade mal aus dem Geschäft kommen. Langsam bin ich satt... endlich, jetzt muss ich an meinern Schlachtplänen feilen, damit ich die Nähe dieser Kreatur endlich wieder meiden kann.
 

Wir sind noch nicht lange wieder unterwegs durch das Dorf, hauptsächlich, weil Kai es ununterbrochen für nötig hält, die Zwerge wegzuscheuchen, da sie ihn "ankotzen und sich verdammt noch mal um ihren eigenen Scheiß kümmern sollen", so drückte er es aus. Gerade als ich dabei bin, einen nahezu unfehlbaren Fluchtplan zu entwerfen, entglitt mir dieser Gedankengang wegen eines lauten Schreis: "Das sind sie! Sie haben bei mir gestohlen und mich verletzt!!" Nein, bitte, lass es nicht ihn sein.

"Ich wusste doch, ich hätte den Sack töten sollen!", flucht Kai, nachdem er sich umgedreht hat. Ich brauche erst gar nicht nachzuschauen, wer es ist, ich weiß schon, dass es sich um den Ladenbesitzer handelt. Aber in diesem Moment kommt mir eine Idee: Wenn ich schnell genug bin, schnappen sie Kai und ich bin ihn los! Ich spüre eine seiner Pranken plötzlich an meinem Kopf, noch ehe ich überhaupt losgelaufen bin.

"Hier geblieben, Furzer." Er dreht meinen Kopf zu den anderen, wie ich merke, sind es mehrere. Oh heiliger Strohsack! Neben dem kleinen Händler steht ein wahrer Riese, doch seine Proportionen sind genauso wie die der umstehenden Zwerge. Das ist ein Titan! Titanen sind laut Legenden die Söhne der Götter und gehören - trotz ihrer Größe, die sehr leicht auch die eines ausgewachsenen Elfen übersteigen kann - zu den Zwergen. Deswegen werden sie als Oberhäupter auch bei weniger enormen Zwergen akzeptiert. Er hat dunkle, faltige Haut und einen dicken, weißen Schnauzbart unter seiner großen Nase. Die annehmbare Glatze versteckt er unter einer steinernen Krone, komplett aus weißem Marmor! Über seinem weiten schwarzen Hemd und unter dem langen, dunkelbraunen Mantel, an welchem an der Unterseite wie Fransen lauter kleine Steinsplitter hängen, trägt er eine Vielzahl von Ketten, Medaillons und Amuletten, wahrscheinlich alle aus den Erzen der angrenzenden Minen.

"Uh, bist ja ein großer Kerl... da hat wohl einer auf Mami gehört und brav seine Vitamine gefuttert.", spottet Kai, aber an der bitterernsten Mine des Titanen ändert es rein gar nichts, er erwidert nur mit langsamer, deutlicher Stimme "Schweige er, ihm ist es nicht mehr gestattet, zu sprechen, wenn er nicht gefragt ist."

"Und was, wenn ich trotzdem mein Maul aufreiße?", fragt Kai trotzig. Der Titan entgegnet lediglich im Pluralis Majestatis "Wir werden es zu seinen Anklagepunkten hinzufügen, falls er sich noch vor seiner Verurteilung rechtswidrig benimmt." Der Händler neben ihm drückt sich einen kalten Umschlag gegen den Kopf, Kais Schlag wird sicher eine Beule geben. Der Titan fährt fort "Nun fragen Wir, Gerdonis, nach ihren Namen." Kai hebt höhnend den Kopf. "Du kannst mich mal, Thronfurzer."

"Eure Majestät!" Der Händler ist sichtlich erschrocken über diese Beleidigung, doch Gerdonis beharrt auf seiner ruhigen Art und spricht "Er wird Uns seinen Namen noch sagen, jedoch ist er dort nun zuerst dran." Mit dem Zeigefinger weist er auf mich. Im Gegensatz zu Kai lasse ich den Titanen meinen Namen erfahren "Ich heiße Just..."

"Halt die Klappe, oder ich reiß dir deinen hohlen Kopf ab, du Volltrottel!!", brüllt Kai mich an und nimmt mich in den Schwitzkasten. Ich glaube fast, ich ersticke, mein Hals tut so weh! Als er endlich loslässt, kann ich nicht anders, als zu Boden zu stürzen und heftig zu schnaufen.

"Wir gehen davon aus, dass er längere Zeit im Verließ verbringen will."

"Und ich gehe davon aus, dass du n paar in die Fresse brauchst, vielleicht kannste dann ja normal reden!!" Noch immer mit unregelmässigem Atem, richte ich mich auf. Ein weiterer Zwerg kommt herbeigerannt und spricht mit Gerdonis "Eure Majestät, es gibt ein Problem wegen der Läuterung!"

"Er möge erklären, wo das Problem liegt." Der Zwerg verneigt sich und beginnt zu erklären "Wir haben niemanden, der sie durchführen könnte, eure Majestät, alle Priester aus dem Kloster sind verschwunden!" Er muss unser Kloster in den Bergen meinen! Das ist doch auch Kais Schuld! Der Dämon greift mich da plötzlich wieder und zerrt mich weg.

"Komm, die sind beschäftigt, wir verduften!", flüstert er.

"Nicht so schnell!", erhebt sich da Gerdonis' Stimme und Kai bleibt stehen. Er schaut über die Schulter zu dem Riesen und fragt "Was is? Hast doch gehört, was dein Arschkriecher erzählt hat, also kümmer dich lieber mal da drum!"

"Er als Sündedämon geht wohl davon aus, es gäbe nicht auch grausame Möglichkeiten, seinesgleichen zu töten?" Was, aber woher weiß er, dass Kai... Moment, war da nicht etwas in dem Lexikoneintrag? Zum Glück habe ich es noch mitgenommen, bevor wir letzte Nacht ins Kloster eingebrochen sind.
 

Ein Sündedämon sieht von außen immer wie ein Mitglied der Rasse aus, der auch der Sünder angehört, die einzige optische Eigenheit ist das Fehlen eines Bauchnabels.
 

"Schön für dich, mir fielen auch genug Möglichkeiten ein, wie ich dir das Herz rausreißen kann, mein Großer." Oh, langsam wird es aber gefährlich, warum kann er es nicht einmal lassen, andere zu provozieren? Sicher werde ich für alles, was er anstellt, genauso bestraft wie für meine eigenen Untaten!

"Er dort ist vom Kloster, nicht wahr?", wendet sich Gerdonis unverhofft an mich. Ich nicke, während der Titan sich mit seinen dicken Fingern am Kinn entlangfährt. Letztendlich schließt er kurz die Augen und gibt ein nachdenkliches Brummen von sich. Dann kommt er zu einem Entschluss: "Wir haben ein Angebot für sie. Wir, Gerdonis, werden sowohl dem Sündedämon als auch dem Priester verzeihen, wenn er die Läuterung durchführt."

"Gebongt.", reagiert Kai schlagartig. Aber ich kann doch gar keine Läuterung durchführen! Ich bin doch nur Auszubildender! Ich flüstere ihm das gleich ins Ohr, aber wie immer interessiert ihn das nicht "Wird schon schief gehen, im Dämonenvernichten seid ihr Schweinepriester alle gleich gut." Wenn das so wäre, hätte ich ihn schon längst vom Antlitz der Erde getilgt.

Gerdonis führt uns zu einem heruntergekommen Schuppen aus Holz, von dem an vielen Stellen schon Splitter abstehen. Was soll das sein?

"Dort drinnen befinden sich die beiden. Sie sind angekettet, er muss sich also keine Sorgen machen, dass sie fliehen.", erklärt der Titan.

"Dürfte ich Euch noch etwas fragen, Majestät?", bitte ich höflich, weil sich mir doch Zweifel ergeben. Der Titan antwortet mit monotoner Stimme "Was ist es?"

"Wieso lasst ihr uns so einfach laufen? Wir haben jemanden verletzt, außerdem ist er dort ein Sündedämon!" Ich deute auf Kai, der sich gelangweilt im Ohr bohrt und etwas weiter wegsteht.

"Gerade weil er das ist, lassen wir ihn entkommen. Er wird von hier verschwinden und wohl nicht wiederkehren, also kann er an diesem Ort auch keinen Schaden mehr anrichten. Versteht er?" Ich nicke hastig und trete jetzt in den Schuppen, es ist etwas duster, aber die Löcher im Strohdach lassen viel Licht herein. Auf den Überresten einer alten Bank und mit Ketten an der Wand fixiert sitzen zwei Kerle nebeneinander. Während der linke langes, blondes Haar hat, trägt der neben ihm seines kurz. Beide tragen sehr einfach gehaltene Kleidung, nur wirkt sie bei dem Langhaarigen irgendwie eleganter und nicht so zerknittert. Er hebt langsam den Kopf und mir fällt auf, dass sein Gesicht fast schon surreal makellos wirkt, glatt rasierte Haut, nirgends ein Pickel oder ein störender Leberfleck, die Haare gleiten in sanften Wellen an den Seiten seines Gesichtes herab und alles in allem würde er dem Schönheitsideal vieler Frauen entsprechen.

"Oh nein, jetzt haben sie also doch noch einen gefunden, um die Läuterung abzuhalten!", jammert er da plötzlich los, als er mich kurz angesehen hat. Im selben Moment kommt Kai hinterher und sieht sich erstmal desinteressiert in dem kleinen Raum um, da ruft die junge Stimme des Schönlings "Ah, was erblicken da meine Augen! Ein Bruder!!" Kais Blick geht verwundert von einem Brett am Boden zu dem langhaarigen Mann über, der ihn strahlend anguckt, und noch im selben Moment höre ich Kai ganz leise "Ach, du Scheiße..." sagen.

"Äh... was ist denn?", frage ich verdattert, während ich ständig von Kai zu dem Schönling und wieder zurückschaue.

"Das ist so n verdammter Frauenheld... unter allen anderen Sündedämonen kann ich Typen wie den Begrabscher da am wenigsten leiden!", meint Kai abfällig und deutet mit einem Fingerzeig auf den eben noch so glücklichen Mann, dessen Freude schlagartig verflogen ist. "A- aber wie kannst du so etwas sagen! Du bist doch auch ein Sündedämon, du kannst mich doch nicht hä-"

"Los, mach endlich deine verdammte Läuterung, sonst hack ich dem Spanner da den Kopf ab!"

Scheinbar interessiert es den Verbrecher neben dem Sündedämon überhaupt nicht, was um ihn herum vorgeht. Endlich regt sich auch bei ihm etwas, wobei er auch mich anschaut, beinahe flehend. Jedoch nicht um Gnade, sondern: "Bitte, läutert mich, Geistlicher... ich möchte diese Last nicht mehr auf mir tragen müssen!" Den Dämon quält dieser Satz bloß. Ich glaube, bevor er sich noch selbst aus Verzweiflung oder Kai ihm aus Wut das Leben nimmt, sollte ich also mit der Läuterung anfangen.
 

Läuterung

Läuterung nennt man den Prozess, wenn reumütige Sünder sich von ihren Verbrechen und den damit verbundenen Sündedämonen lösen. Da dies nur die Gnade und Macht der Götter bewirken kann, wird ein Geistlicher benötigt, um dies durchzuführen. Es ist außerdem auch die einzige Möglichkeit, einen Sündedämon vom Antlitz der Erde zu tilgen, ohne zu Gewalt und ähnlichen Methoden greifen zu müssen.
 

Sehr schön... nur müsste ich wissen, wie genau das denn bitte funktioniert? Ah, auf der nächsten Seite ist eine einfache Beschreibung in mehreren Schritten:
 

Schritt 1:

Sünder, dessen Sündedämon bzw. -dämonen und der Geistliche, am besten auf dem Niveau eines Priesters, müssen sich in einem Raum befinden.
 

Ich wusste doch, dass ich nicht der Richtige dafür bin, was soll ich denn jetzt tun? Gerdonis lässt uns nur weg, wenn dieser 'Spanner' weg ist und sicher hat er was gegen ein Blutvergießen durch Tanaras' Mörderdämon, dem ich die irren Methoden, die er wohl gerne ausprobieren würde, förmlich ansehe.
 

Schritt 2:

Ein Sünder muss sich seiner Vergehen bewusst sein, bevor er sich von ihnen trennt, daher muss er dem Dämon ins Gesicht sehen.
 

Na gut, das ist schon einfacher zu bewerkstelligen. Ich bitte den Mann darum "Bitte seht euch euren Sündedämon genau an, sonst funktioniert es nicht." Er nickt stumm und starrt dem Schönling ins Gesicht.

"Dauert das noch lange?", brummt Kai.

"Wenn du weiter so nörgelst, ja!"

"Wie war das? Hab verstanden, du willst deine eigenen Innereien fressen. Lässt sich einrichten.", gibt er zurück und zückt sein Schwert. Schnell wende ich mich wieder dem Lexikon zu.
 

Schritt 3:

Nun ist es nötig, ein Bannzeichen auf beide Wangen des Dämons aufzutragen. Je nach Gottheit, welcher der Geistliche unterstellt ist, ändert sich das Bannzeichen.
 

Bannzeichen? Wäre nicht genau das unser nächstes Thema gewesen? Ich hab's gewusst, ich wusste es von Anfang, das klappt nicht! Aber was nun? Für lange Zeit hinter Gitter gehen und nur noch von trübem Wasser und trockenem Brot leben?

"Und jetzt?", fragt der Verbrecher, während er immer noch den 'Frauenheld' anglotzt, "Wie geht es nun weiter?"

"K- keine Ahnung...", gebe ich geniert zu und lasse den Kopf hängen. Kai stößt ein triumphierendes "Ha!" aus, "Dann bin ich dran!" Er hält sein Schwert fest in der Hand und geht grinsend auf den anderen Dämonen zu.

"Halt!!", rufe ich, "Du kannst ihn nicht einfach töten!!" Alle starren mich mit fragendem Blick an. Als erstes findet Kai die Sprache wieder "Warum nicht? So machen's dieses Langohr und sein bekloppter Verein doch auch? Und jetzt nerv nicht, damit ich dem Kerl n Bannzeichen verpassen kann, aber auf meine Art!"

"Aber wenn ein Exorzist das macht, ist das eine Erlösung!!", erkläre ich. Einen Wimpernschlag später halte ich mir die schmerzende Wange. Das war ein einziger Schlag und ich habe bereits das Gefühl, als hätte er mir etwas gebrochen. Das folgt gleich, er wird sich jetzt unmöglich noch zurückhalten, mich nicht gleich zu tö...

"Also gut..." Was? Hat er gerade das gesagt, was ich verstanden habe? "Wer nicht hören kann, will fühlen. Oder so ähnlich... dann nehmen wir diesen Kerl mit und du wirst schon sehen, was für ne Ratte der Höschenjäger ist. Und mal schauen, ob du's immer noch so erlösend findest, wenn ich ihn irgendeinem Exorzisten zum Frass vorwerfe."

"Was?!", schreckt da der Dämon auf der Bank hoch, "Das ist ein Scherz oder? Ihr wollt mich doch nicht wirklich nur befreien, um mich umbringen zu lassen?!"

"Ich kann dir flüstern, dass ich nie scherze, wenn's darum geht, wie jemanden die Kehle durchgeschnitten wird, oder er n Messer ins Herz bekommt." Das muss wohl eine Vorliebe von ihm sein. Er will irgendetwas beweisen und verschont dazu ein Leben, um es später trotzdem auszulöschen. Aber irgendwie muss man ihn doch in Zaum halten können, Zefix muss es doch auch getan haben, sonst hätte ihn Kai schon längst umgebracht, oder? Ich sehe den anderen Dämon ein wenig mitleidig an, jetzt sitzt er im selben Boot wie ich. Und das, obwohl sie beide zu den Dämonen gehören. Kai geht wieder auf den 'Höschenjäger' zu und hebt sein Schwert. Wie, will er ihn jetzt doch gleich umbring- ein Schwertschlag... kein Blut... Metall, das auf Holz fällt.

"So, manche Leute mögen ja Ketten, aber ich denke mal nicht, dass du mit nem Anhänger in Hausgröße mitkommen willst." Puh, er hat nur die Kette durchtrennt... moment, mit dem Schwert?! Bevor wir zu dritt und mit gemischten Gefühlen den kleinen Raum verlassen, sieht der Dämon noch mal wehleidig den Sünder an. Doch der schaut nur weg und meint "Mach, dass du weg kommst..." Tiefe Trauer steht in den Augen des Schönlings, als er sich abwendet und mit nach draußen geht.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von: abgemeldet
2009-07-01T20:45:04+00:00 01.07.2009 22:45
interessanter anfang einer story.
Dein schreibstil ist mir zwar noch etwas zu trocken teilweise, aber ich bin doch recht neugierig gewurden^^
ich werde Bestimmt mal bei Gelegenheit noch mal reinschauen^^
Fehler sind mir jetzt groß keine Aufgefallen.
Eine Frage hätte ich da noch: Für was ist Justus denn Auszubildender?
Von:  NightFoXx
2009-06-16T13:33:37+00:00 16.06.2009 15:33
und wieder die schöne verkorkste sprache des titanen^^ ich finds lustig dass du das aufgegriffen hast^^und das bei der läuterung nicht alles glatt geht...ich find sein handbuch lustig^^
mach mal ein bisschen mehr werbung, es ist viel zu leer hier ^.~
grüßel
Von:  NightFoXx
2009-05-27T16:10:36+00:00 27.05.2009 18:10
darf ich einen kleinen kritikpunkt anbringen?
kai...der name passt einfach nich rein....die anderen klingen schon so schön na priester und fantasy-welt aber kai...is einfach zu modern

dafür gefallen mir seine sprüche umso mehr^^
>>>"Klappe, Gepäck redet nicht." einfach zu herrlich^^
grüßel
Von:  NightFoXx
2009-05-27T15:52:36+00:00 27.05.2009 17:52
muss schon sagen, du schreibst gut :)
...der dämon rockt XD guter kampf, wirklich^^
ich fands so stark, wo der so sagte:"Sieht so aus, als wärste jetzt genauso in Gefahr wie ich." XD als wenn der arme junge das nich auch wüsste^^ ganz sympatisch der gute^^
grüßel


Von:  NightFoXx
2009-05-27T15:36:11+00:00 27.05.2009 17:36
ich seh schon...du gehörst auch zu den armen OF-Autoren die kaum kommis bekomm -.-
ich weis zwar noch nicht genau, auf was du hinaus willst, aber beim erstem kapi is das ja eig absicht^^
du hast das mit der dämonenbeschreibung ganz clever gelöst find ich,
die beschreibung der halle hat mir auch gut gefallen.
grüßel
Von: abgemeldet
2009-04-25T11:35:37+00:00 25.04.2009 13:35
Oha, Kai is ja n ganz ein harter. ô,o Bin mir aber sicher, dass (hoffentlich) noch irgendwas passieren wird, wodurch er den Hauptchara nicht umbringt ...
Von: abgemeldet
2009-04-19T13:43:26+00:00 19.04.2009 15:43
Ouha, das war mal ein Kampf, und das gleich schon am Anfang der Story. ô,o Der Dämon (ich Depp hab seinen Namen vergessen XP) is ja echt mal n verbaler Schmutzfink (XD), mal schauen, was da noch draus wird. ^^
Von: abgemeldet
2009-04-13T19:42:02+00:00 13.04.2009 21:42
Das erste Kapitel ist schon mal sehr interessant. ^^ Ich frag mich, wie du auf die Idee mit den Dämonen und den Exorzisten gekommen bist. Kommt die Eingebung aus InuYasha, oder sind da meine Erzählungen über die "Shin Megami Tensei"-Videospielreihe "schuld"? XD Wie auch immer, bin gespannt, was noch so alles passiert. ^^


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