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Cold Case

Anthologie
von

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Cold Case - Sommer. Zu weit gegangen

Irgendwann hatte er es aufgegeben, gegen die Handschellen anzukämpfen, die seine Handgelenke zusammenhielten.

So fühlte sich das also an – er hätte gerne auf die Erfahrung verzichtet, denn nach einiger Zeit begannen seine malträtierten Handgelenke zu schmerzen. Genauso nutzlos wie der Kampf gegen die Handschellen war seine wiederholte Begründung gewesen, warum hier ein einziger, großer Fehler vorlag – die Polizisten, die ihn unsanft vor sich herschoben, hörten ihm einfach nicht zu. Stumm saß derjenige, der ihn verhaftet hatte, vor dem Steuer und fuhr, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Sein Partner sprach leise in ein Funkgerät – der Abstand zwischen ihm und seinen Bewachern wurde durch eine Trennscheibe vergrößert, sodass er im Fond des großen Streifenwagens nichts von dem Gespräch hören konnte, welches auf den Vordersitzen stattfand. Aber die Polizisten sahen recht zufrieden mit sich aus – was für ihn selbst wohl eher ein Grund zur Beunruhigung war. Dennoch lehnte er sich für einige Sekunden zurück und schloss die Augen.
 

Wie war das passiert?

Er hatte doch lediglich seinen freien Abend geniessen wollen. In seiner Jobbranche geschah es selten, dass er vor Acht Uhr Abends zu Hause war – geschweige denn, dass man keine Überstunden machen musste. Also war er in seinen Wagen gesprungen und war ins Kino gefahren. Allein machte dies vielleicht nicht unbedingt Spaß. Aber der Film war gut gewesen und wen hätte er auch fragen sollen – seine Kollegen? Die alle etwas besseres zu tun hatten – oder die wenigstens Familie hatten, mit denen sie den Abend verbringen konnten. Nun, eine von ihnen zumindest. Nach dem Abspann – er sah sich Filme immer bis zum Ende an – war er aus dem Gebäude getreten und hatte sich überlegt, was nun kam – ging er in die Bar oder ins Diner? – da ertönten bereits Stimmen hinter ihm: „Stehenbleiben! Polizei! Hände hinter den Kopf – so, dass wir sie sehen können!“
 

Wie oft hatte er diesen Spruch schon gehört. Er hätte nie gedacht, dass er eines Tages derjenige sein würde, der gemeint war.
 

Vor dem Hauptquartier der Polizei Philadelphia hielt der Wagen an und die Polizisten tauschten einige Worte mit dem Pförtner. Dann öffnete sich die Schranke zum hinteren Parkplatz. Als der Wagen stand, sprangen die Männer heraus und einer von ihnen winkte ihm, ihnen zu folgen, einem Befehl, den er nur ungern Folge leistete. Andererseits -–was blieb ihm anderes übrig.

„Sind die Handschellen wirklich nötig?“, fragte er in einem letzten, eher hoffnungslosen Versuch. Er hatte recht: Die Polizisten taten einfach so, als hätten sie nichts gehört. Und er dankte den Göttern, dass es Freitag Abend war, nach 21 Uhr, und dass kaum noch Menschen im Präsidium waren.
 

Mit gesenktem Kopf, bemüht, niemandem ins Gesicht zu sehen und von niemandem gesehen zu werden, liess sich Scott Valens bis in das Büro der Mordkommission – seinem Arbeitsplatz – schleppen. Es wunderte ihn nicht, dass er hier war. Als erster Kollege kam ihm Vera entgegen – und das Gesicht des bulligen Mannes sprach Bände. Oder eher: das Grinsen, welches so breit war, dass es einem Breitmaulfrosch Ehre gemacht hätte, bestätigte seine Vermutungen.

„Sie Mistkerl!“, fauchte Scotty den Kollegen an. „Das ist also doch von Anfang an Ihre Idee gewesen!“

Seine Bewacher rissen ihn an den Handschellen grob zurück und der eine fauchte: „Halt die Klappe, du Arschloch!“

Interessanter Fall von Beamtenbeleidigung.

„Detective Vera“, sagte der Andere derweil. „Wir haben den Mann aufgegriffen, nach dem Sie heute Mittag eine Fahndungsmeldung herausgegeben haben. Wie Sie vorausgesagt haben, hat er versucht, sich zu wehren. Eine Waffe trug er nicht, aber die erwähnte gefälschte Dienstmarke. Wollen Sie ihn jetzt sofort verhören oder sollen wir ihn in die U-Haft runterbringen?“

Nick Veras Auen glitzerten.

„Lassen Sie ihn hier, Gentlemen. Gute Arbeit.“

Die zwei zogen strahlend ab.
 

Kaum waren Scottys Bewacher weg, kam wie auf Stichwort Jeffries aus dem Pausenraum, eine Pappschachtel chinesischer Nudeln in der Hand. „Ich hasse Freitagabendüberstunden! Und Valens hat sich freigenommen, dieser Mistkerl...Wen haben wir denn da?“

Mit säuerlicher Miene drehte Scotty sich um, sodass der ältere, dunkelhäutige Mann nicht nur seine gefesselten Hände, sondern auch sein Gesicht sehen konnte. „Freut mich.“
 

„Valens?“ Will konnte nicht anders, er musste ebenfalls grinsen. „Und mit Handschellen! Wobei hat man Sie denn erwischt?“

„Lachen Sie ruhig“, presste der dunkelhaarige Mann zwischen den Zähnen hervor und wünschte sich verzweifelt, Vera würde seine Fesseln öffnen, sodass niemand sonst ihn so zu sehen bekam. „Das zahle ich Ihnen heim, nur, damit Sie es wissen.“

„Ich weiß gar nicht, was er hier tut“, sagte Vera mit einem unschuldigen Augenaufschlag, der nicht einmal einen Blinden getäuscht hätte. Er drehte Scotty den Rücken zu und raschelte mit einigen Papieren. „Ich habe heute Mittag nur einen Fahndungsbefehl rausgegeben, auf einen dunkelhaarigen Mann vermutlich südamerikanischer Abstammung, Mitte 30, 1,90m. Er trägt vermutlich eine Waffe bei sich und behauptet, Polizist zu sein... Das ist so seine Masche, wissen Sie. Die Frauen kriegt er trotzdem nicht leichter rum.“

Er seufzte übertrieben.

„Ja, ja, diese Kriminellen heutzutage... Keine Achtung mehr vor der Uniform eines Polizisten.“
 

Scotty ballte die Fäuste, entspannte sie wieder und atmete tief ein und aus. Die Wut kochte in ihm wie heißes Wasser.

„Wenn Sie so freundlich wären, mir die Handschellen abzunehmen?“, fragte er gepresst. „Heute scheint das gesamte Präsidium Überstunden zu machen. Mindestens 30 Bekannte haben mich so gesehen. Das war es doch, was Sie erreichen wollten, nicht? Also machen Sie mich jetzt los.“

„Kommen Sie, Vera“, trat nun auch endlich Will für ihn ein. „Sie hatten Ihren Spaß.“

„Zu schade, dass Miller schon gegangen ist“, überlegte der Angesprochene, ohne ihnen den Rücken wieder zuzukehren. Als habe er sie nicht gehört. „Sie hätte das hier bestimmt auch lustig gefunden. Nicht so wie Rush – die versteht keinen Spaß.“

„Das tut mir furchtbar leid“, sagte Scotty. Mittlerweile war er so wütend, dass rote Schleier vor seinen Augen tanzten. Unauffällig warf er einen Blick in Richtung von Lils Schreibtisch und sah erleichtert, dass sie nicht daran saß. Das bedeutete, sie musste im Büro vom Boss sein... Ja. Und gerade in dem Augenblick, in dem er sie entdeckte, drehte sie sich um und sah ihn an. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn sah – erst überrascht, weil sie ihn nicht mehr erwartet hatte. Dann ungläubig, als sie sah, dass er Handschellen trug... Und dann verengten sie sich gefährlich, als ihr Blick zu Vera ging. Instinktiv duckte sich Scotty.
 

Die Tür zum Büro des Boss flog so heftig auf, dass sie Klinke gegen die dahinterliegende Wand donnerte und der Sichtschutz schepperte. Erschrocken sah Jeffries auf, Vera fuhr herum und liess vor Schreck fallen, was er in den Händen hielt.

Lilly Rush stürmte aus dem Büro ihres Vorgesetzten und hielt geradezu auf die drei Kollegen zu, einen Ausdruck im Gesicht, der die drei Männer zurückzucken liess. Wütend... Sehr wütend. Sehr, sehr wütend.

„Sie Idiot!“, fauchte sie Vera an, mit einer Stimme so hart wie Kristall und so kalt wie Eis. Sie brauchte nicht einmal laut zu werden. Irgendwie wurde der massive Mann kleiner und kleiner. „Das reicht jetzt endgültig! Jetzt sind Sie mit diesen dummen Scherzen zu weit gegangen! Männerehre schön und gut – aber ich sehe nicht mehr zu, wie Sie Scotty zum Affen machen!“
 

Ein wenig erstaunt blickte der seine Partnerin an. Er hatte sich schon Hilfe erhofft – aber längst nicht erwartet, dass sie ihn so vehement verteidigen würde...
 

„Und Sie, Scotty! Sie sollten es doch besser wissen! Wir sind bei der Mordkommission, nicht im Kindergarten, Herrgott!“

Ihr stählerner Blick durchbohrte erst ihn, dann Jeffries und zuletzt Vera.

„Lassen Sie einfach sämtliche Spielchen und arbeiten Sie stattdessen! Keine Zettel auf dem Rücken! Keine abgeschnittenen oder festgetackerten Krawatten! Kein Salz im Kaffee! Himmel – werden Sie erwachsen!“

Sie war schon wieder fast weg, unterwegs in den Pausenraum, als sie sich noch einmal umdrehte. Die Männer zuckten zusammen.

„Und denken Sie daran, dass alles, was Sie tun, auf den Boss zurückfällt!“

Mit einem letzten drohenden Blick verschwand sie im angrenzenden Raum. Scotty, Vera und Jeffries wollten schon aufatmen, da erschien ihr Kopf in der Tür. „Und jetzt machen Sie ihm endlich die Handschellen auf!“
 

„Miller hätte das sehen wollen.“ Vera starrte noch immer auf die Tür, hinter der Lil verschwunden war. Während Jeffries mit seinem Schlüsselbund herum hantierte, schüttelte Scotty wie ein begossener Pudel den Kopf. „Was hab ich denn getan?“, brummte er unglücklich. „Das hier war Ihre Schuld, nicht meine!“ Er rieb sich seine geschundenen Handgelenke und ging unfreiwillig in die Knie, als Vera ihm hart auf die Schulter schlug. „Die Eisprinzessin hat wohl einen Beschützerinstinkt entwickelt“, grinste er anzüglich. „Da liegt was in der Luft, Valens!“

„Ich würde es eher einen Besitzerinstinkt nennen, Vera“, erklang Lils Stimme dicht hinter ihnen und sie fuhren erschrocken zurück. Diesmal hatte sich die blonde Frau so leise angeschlichen, dass sie nicht gehört hatten, dass sie direkt hinter ihnen stand.

„Besitzerinstinkt?“, wiederholten die drei Männer bedröppelt.

Aber da war Lil schon wieder weg, mit zwei Tassen Kaffee auf dem Weg zurück ins Büro des Bosses.
 

„Besitzerinstinkt?“

Ratlos starrten sie sich an.

„Ich glaube, sie will damit sagen...“, begann Scotty langsam. „Sie will sagen, dass nur einer von uns Sie so behandeln darf, Scotty, und das sind nicht wir“, unterbrach Jeffries ihn und grinste. „Wer denn sonst?“, fragte der in einem Anfall von Begriffsstutzigkeit. Vera lachte. „Tja, Valens. Machen Sie sich auf was gefasst.“
 

Dann leuchteten seine Augen auf.

„Wow – war das gerade ein Scherz? Von Rush? Miller wird so wütend sein, wenn sie hört, was sie verpasst hat!“
 

Anmerkung
 

Anspielungen auf die Folge, in der Scotty und Jeffries Vera die Krawatte abschneiden und die Folge, in der er sich rächt - meiner Meinung nach zu genüge. Allerdings kennen wir ja Männer - sie können nie aufhören...
 

Langsam fange ich an zu akzeptieren, dass sich CC nicht mehr länger um Lil und Scotty dreht, sondern um Lil und alle anderen. Bei einer Wiederholungsfolge, die ich mir gestern angeschaut habe ("Per Anhalter in den Tod", muss so 1. oder 2. Staffel gewesen sein) sind tatsächlich eine ganze Folge lang nur Lil und Scotty zusammen unterwegs! Und sie reden noch miteinander.

Das Traurigste, was ich mir vorstellen kann, ist eine Serie, die aufgrund variabel gestalteter Drehbücher den Rahmen verliert - wenn man versteht, was ich meine. Klar geht es in CC um die Gerechtigkeit für Tote, deren Fall noch nicht aufgeklärt wurde - aber wenn es nur um die Fälle ging, gäbe es weniger Fans der Charaktere als Fans der Drehbuchschreiber und weniger Fanfictions über Krimifälle als über Lil und Scotty... Und dann könnten wir die beiden auch gleich völlig aus dem Programm nehmen. Dann würde man sehen, dass nur noch die Hälfte aller Einschaltquoten da sind, denn es geht nun einmal um Lil und Scotty...

Ach, das macht traurig.
 

Nur - hoffen tue ich jede Woche auf eine neue, bessere Folge. Leider habe ich die leise Ahnung, dass Scotty sich bald eine neue Freundin sucht... So gesehen wirds Zeit. Und was auch immer ein Paul Cooper ist - vielleicht bringt er mal wieder Spannung in den Plot. Auf die nächsten Folgen - solange sie nicht wegen Pfingsten, Christi Himmelfahrt und Co wieder ausfallen. Isa



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  MichiruKaiou
2009-12-15T18:22:55+00:00 15.12.2009 19:22
Das war ja super XD
Ich liebe es, wenn sich die drei Kollegen so aufziehen^.^
Da hast du dir auch was Gutes einfallen lassen! Aber Lils Auftritt war natürlich auch der Hammer. Das hat alles wieder super gepasst. Ich kann mir auch vorstellen, dass Kat sich ärgert, wenn sie davon erfährt XD

Allerdings fand ich hier das Ende auch wieder zu abgehackt^^'
Also da denke ich, dass du das besser machen könntest.
Von:  BouhGorgonzola
2009-05-11T13:19:04+00:00 11.05.2009 15:19
Hey, muss ja doch mal wieder kommentieren xD
Also ich find das richtig stark xD Woher kann die sich so anschleichen, mh? Heimlich geübt? Na gut, mit den richtigen Schuhen kann ich das auch ... okay, ich trag' immer die richtigen Schuhe, aber meine Hosen sind meist zu lang XDDDD
Böser Vera. Nanana, sowas macht man doch nicht (; Dass Will Scotty zur Hilfe gekommen ist, fand ich einerseits wieder stark, andererseits hab' ich sowas schon fast erwartet :'D
Ich muss dazu allerdings auch sagen, ich hab CC schon seit fast 3-4 Wochen nicht mehr gesehen, mich reizt das irgendwie nicht mehr. Einerseits war ich Freitags jetzt immer unterwegs, andererseits, wie du schon sagtest, dreht es sich kaum noch um die beiden. Da schalt ich doch lieber wieder auf all die anderen Serien zurück, die ich noch so sehe ... na ja, egal.
Weiter so! *Fähnchen verteil*


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