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Herbe Schokolade und süßer Tee

Was sich neckt, das liebt sich nicht!
von

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180° - Teil I

Wenn ein Mensch sich verändert, dreht er sich um eine bestimmte Gradzahl – aber nur umgangssprachlich. So sagt man, wenn sich das Leben eines Menschen auf den Kopf gestellt hat, dass sich dieser Mensch um 360° gedreht hat. Aber kommt man da nicht auf derselben Stelle raus? Man dreht sich zwar im Kreis, steht aber im Endeffekt genau dort, wo man das Drehen begonnen hat. Warum sagt man also „sich um 360° drehen“? Es sind 180°, die das Leben und den Menschen selbst am meisten verändern, denn dann ist man auf die gegenüberliegende Richtung gedreht. Und nur dann ist das Leben das totale Gegenteil davon, was es einmal war. Aber kein Leben kann sich komplett ändern, denn dann würde man sogar das Geschlecht wechseln. Aber da Menschen oft zu Übertreibungen neigen, können wir ruhig bei den 180° bleiben, schließlich ist es nur eine Redewendung.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Die Musik dröhne laut in ihren Ohren, und das war gut so. Sonst würde sie das Gekreische ihrer Freundinnen, was sie als Gesang bezeichneten, nicht aushalten können. Der Tisch unter ihren Ellenbogen wackelte, weil Nodame darauf saß und natürlich nicht darauf verzichten konnte zur Musik zu tanzen.

Nodame und Karin sangen „Guuzen No Kakuritsu“ von Girl next Door. Ob sie dabei die Töne trafen war für die Beiden eher unwichtig, für Haru jedoch nicht. Darum war sie froh, dass sie ausnahmsweise ihren I-Pod mitgenommen hatte und jetzt Dir En Grey auf Lautstärke 35 anhören konnte. Ihr Trommelfell war weniger erfreut.

„Haru, Haru, Haru...“ die Rothaarige spürte ein nervendes Tippen auf ihrer Schulter und öffnete die Augen. Karin starrte sie aus einer Entfernung von weniger als 20 cm an. Nodame schrie immer noch den japanischen Songtext: „????????.“ Und falls sie ein paar Zeilen nicht kannte erklang ein lautes und schiefes „Lalalaaaaaaaaaa“. Haru fragte sich, ob sie heute nicht das Gebäude verwechselt hatte und nicht gerade in einem Irrenhaus gelandet war. Aber nein, die Umgebung sah nach Schule aus.

„Haaaaaruuuuuu!“

„Ja doch, ich höre dich!“ schrie Haru lauter als gewollt, da die dröhnende Musik ihre eigene Stimme übertönte. Karin fasste sich an den Ohren: „Schrei nicht so!“

„Dasselbe könnte ich auch sagen.“ Sie zog die kleinen Ohrstöpsel aus ihrem geschädigten Gehörorgan raus. „Was ist?“

Karin blickte sie überrascht an: „Eh... Was war es denn noch mal?“ sie richtete sich auf und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, als ob es ihr helfen würde sich zu erinnern. „Was war’s denn, was war’s denn?“ sie tippte sich auf das Kinn. „Aaaaah, es war was Wichtiges. Es liegt mir auf der Zunge.“ Sie kniff die Augen zusammen und legte 2 Finger auf die Schläfen. Haru wurde langsam ungeduldig.

„Laaalalalalaaaaa, shalala.“ „sang“ Nodame und hüpfte vom Tisch, um mit den Hintern wackeln zu können.

„Ich hab’s!“ Karin schlug die Faust in die Hand. „Rate mal was nächste Woche ist?“

„Keine Ahnung. Ein Meteorit, mit Aliens besetzt, landet auf der Erde und wir werden von den Monstern gefressen?“

„Eh... Nein. Wie kommst du denn darauf? Egal.“ Sie winkte schnell ab. „Ah!“

>Ah? Ah ist nächste Woche? Na so was, wer hätte das gedacht?!<

„Ich habe heute Mathenachhilfe.“ Setzte Karin aufgeregt fort.

Haru starrte sie ungläubig von unten an. Ihre Freundin überlegte und bewegte ihre Lippen, als ob sie ihre Gedanken laut aussprach, allerdings ohne ein Laut von sich zu geben.

„War vielleicht dein Bento verdorben?“ Haru wurde langsam nicht nur ungeduldig, sondern noch wütend dazu. Karin war nicht das schlauste Mädchen gewesen, das ihr je über den Weg gelaufen war, aber manchmal benahm sie sich wie eines. Einige Menschen besaßen die Gabe dumm zu sein, ohne dabei so zu wirken. Manchmal gelang es auch Karin. Ja, und manchmal war sie sogar richtig intelligent.

Aber nicht in dem Moment. Nein, in diesem Moment überhaupt nicht.

„Und noch mal von vorne.“ Gab Nodame plötzlich von sich und fing an, das Lied von neu zu singen. Haru legte sich verzweifelt eine Hand an die Stirn.

„Bento?“ reagierte Karin endlich, allerdings 5 Sekunden zu spät. „Ah, da wir gerade von Bento reden (taten sie eigentlich nicht), nächste Woche ist dein Geburtstag.“

>Ah, Bento und mein Geburtstag, das passt zusammen, wie Schokolade und ein Teilchenbeschleuniger LHC. Also gar nicht.<

„Was? Ehrlich?“ mischte sich Nodame ein, die (endlich) aufhörte zu singen. „Dann müssen wir uns ja beeilen.“

„Womit?“ fragte Haru weniger neugierig und stützte ihren Kopf auf eine Hand.

„Na mit dem „Wie-werde-ich-zur-einer-Lady-Plan“.“

„Ach das? Und warum haben wir es so nötig, damit fertig zu werden?“

„Na weil es ziemlich doof wäre, wenn du in deinem jetzigen Zustand an die Öffentlichkeit treten würdest. Es werden doch sicherlich viele wichtige Leute bei der Party anwesend sein, und das könnte peinlich werden.“

>Danke. < dachte Haru. Wenn sie wollte, konnte sie sich wie eine Dame benehmen. Das Problem war jedoch das Wort „wollte“.

„Du hast Recht.“ Stimmte Karin ein. „Es wäre allgemein super cool, wenn wir alle bei der Geburtstagsparty mit Harus neuem Ich umhauen. Das wäre das Ereignis des Jahres.“ Etwas übertrieben aber doch wahr. Karins und Nodames Augen strahlten, Haru schien weniger überzeugt. Sollte sie schon so bald Röcke tragen?

>Scheiße. < dachte sie. Leider war sie noch nicht so weit, solche Wörter aus ihrem gedanklichen Wortschatz zu streichen. Nur aus dem „laut-gesagtem“.

„Lasst uns mal sehen: dein Geburtstag ist am 16. Das ist ein Freitag. Ach tu Kacke! Das ist auch der letzte Schultag. Perfekt! Damit feiern wir also auch den Beginn der Sommerferien. Du musst also auch sommerlich aussehen!“ Nodame klang nicht nur so, sie WAR begeistert.

„Sommerlich?“ Karin verzog ihr Gesicht zu einer verzogenen Miene. „Zu Haru passt Frühling.“ Die Rothaarige wusste gar nicht, dass Jahreszeiten auf irgendeine Weiße zu Menschen passen konnten.

„Ah, da hast du allerdings recht.“ Nodame setzte sich nachdenklich auf einen Stuhl und schien nach einer Lösung zu suchen.

>Als ob es hier um Leben und Tod geht. < dachte Haru. Sie ließ ihren Blick von einer zur anderen Freundin schweifen und wartete darauf, womit die Beiden als nächstes rausplatzen würden.

„Egal.“ Sagte Karin plötzlich. „Jetzt ist etwas anderes wichtig.“ Ihre strahlend blauen Augen fixierten Haru. Plötzlich fühlte sich die Rothaarige etwas unsicher. Ihr war klar, dass ihre Freundin etwas von ihr erwartete. „Haru. Erinnerst du dich an all die anstrengenden, blut- und schweißkostenden Stunden, in denen wir dir beigebracht haben, wie sich eine Lady benimmt?“

Nodame nickte hastig, als ob sie gefragt wurde. Der ihr bisher unbekannte Zustand von Karin, jagte ihr Angst ein. Haru schien aber dagegen gelassen. „Ja.“ Kam es kurz und knapp von der letzteren.

„Bis zu deinem Geburtstag musst du all diese Regeln anwenden, auf deine Sprache achten und vor allem - und das ist wirklich das allerwichtigste – darfst du weder Streit noch Prügel anfangen. Haben wir uns verstanden?“ Nodame nickte wieder.

„Natürlich.“ Sagte Haru mit einem überzeugten Lächeln im Gesicht.

„Bis dahin darfst du dich auf den Freitag freuen. Denn dann wird sich dein Leben um 180° drehen.“

>Ich darf mich freuen? Darf ich mich denn auch NICHT freuen? Das tue ich nämlich gerade. <

Aber was sollte sie schon gegen das Schicksal und ihre Freundinnen ausrichten? Sie wollte es selbst so, und nun hatte sie den Meteorit, mit Haru-fressenden Aliens besetzt.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Karin fiel seit den letzten Tagen etwas auf. Sie war sich nicht sicher, darum wollte sie erst mal genauer beobachten, bevor sie irgendwelche Schlüsse daraus zog. Leider war das im Unterricht nicht möglich, da alle nur dasaßen und dem Lehrer zuhörten. Enttäuscht und verzweifelt seufzte sie. Sogar wenn im Unterricht was los wäre, Ryo saß direkt vor ihr und versperrte ihr die Sicht.

Und dann passierte etwas Unerwartetes: es passierte nämlich etwas!!! Die Annahme, dass im Unterricht nichts los sein konnte nahm sie sofort zurück und beobachtete, wie Takato sich zu Haru umdrehte und sie etwas fragte oder ihr etwas sagte oder ihr ein Lied sang... Verdammt, von hier hinten konnte sie nichts hören. Sie beugte sich etwas mehr zur Seite, um mehr sehen zu können. Warum musste sie so klein und Ryo so groß sein? Takato grinste. Aus irgendeinem Grund gefiel ihr sein Lächeln nicht. Es war viel zu überzeugt, als ob er den Menschen vor sich genau durchschauen konnte.

Verflucht. Wenn sie doch nur hören konnte, worüber sie reden. Sie beugte sich leicht nach vorn und spitzte ihre Ohren.

„Bist du sicher?“ kam es an ihre Ohren.

„Sakurako-san, darf ich fragen, was sie da machen?“

Karins Gesicht erstarrte in einer entsetzten Miene. Ryo, genauso wie der Rest der Klasse, drehte sich um blickte sie verwundert an. Sie hing mit halbem Oberkörper seitlich über den Tisch und streckte sich gleichzeitig nach vorn. Von der Seite sah das etwas fragwürdig aus.

„Haben Sie von so weit hinten vielleicht Probleme mich akustisch zu verstehen? Soll ich sie nach vorne setzten, damit sie mich besser verstehen können?“ Der Lehrer klang nicht sauer, eher besorgt. Anscheinend nahm er an, dass Karin leicht taub war. Sie lachte nervös: „Es ist alles in bester Ordnung. Machen Sie sich keine Sorgen.“ Sie setzte sich wieder aufrecht, und lächelte alle mit einem Lächeln an, das ihnen versichern sollte, dass alles wirklich in bester Ordnung war.

Innerlich fluchte sie. Sie konnte nicht mithören, worüber Takato und Haru geredet hatten. Seit ein paar Tagen benahmen sich die Beiden eigenartig. Na ja, Takato war derselbe. Aber Haru schien ihm aus dem Weg zu gehen. Wann immer er sie ansprach, gab sie immer nur kurze Antworten und ging mit irgendwelchen Ausreden fort.

Und was ihr besonders auffiel, war dass Haru ihm nicht in die Augen blickte. Jedes mal ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen und wich damit seinem aus. So ein unsicheres Verhalten war ihr von Haru total unbekannt. Zwar merkte sie, dass Haru sich Takato gegenüber schon immer anders benahm, aber nie wich sie jemandes Blicken aus. Es musste etwas vorgefallen sin. Und was genau es war, war jetzt ihre Aufgabe herauszufinden.

„Okay!“ sie ballte eine Hand triumphierend zur Faust. Plötzlich wurde sie von der Seite berührt. Sie drehte sich um und sah in besorgte Augen, eines ihrer Klassenkammeraden: „Ist auch wirklich alles in Ordnung?“ fragte er und blickte ihr mitleidvoll und tief in die Augen.

Karin gab ihm das strahlendste Lächeln, das sie parat hatte. Er wurde leicht rot und zog seinen Arm unsicher zurück.

„Alles bestens. Ich habe nur überlegt.“ Versicherte sie ihm und blickte wieder nach vorn.

Noch während der ganzen Stunde warf der Junge ihr schüchterne Blicke rüber, die sie jedoch übersah.

Der Arme!
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Was war denn jetzt los? Warum drehte er sich um? Sie hatten Stunde verdammt, und da redete man nicht. Hatte sie nicht einmal im Unterricht Ruhe vor ihm?

„Kann ich dich nach dem Unterricht sprechen?“

„Warum denn nach dem Unterricht? Warum sagst du nicht jetzt, was dir auf der Seele liegt?“ Haru hob ihren Blick nicht vom Buch ab.

„Nun, es ist etwas länger.“

Nun richtete sie ihren Blick nach oben, wich mit ihm aber sofort zur Seite, als sie merkte, dass er ihr direkt ins Gesicht blickte. Aus dem Augenwinkel merkte sie jedoch, dass er anfing zu grinsen.

„Tut mir leid, ich muss danach zum Teeklub.“

„Es dauert nicht lang.“

„Hä?“ sie blickte ihn scharf an. >Verdammt. Nicht in die Augen gucken. < Sie räusperte sich und schaute wieder zur Seite: „Du hast doch gerade gesagt, dass es etwas länger ist.“

„Nun, zu lang um im Unterricht besprochen zu werden, aber kurz genug, damit du noch rechtzeitig zu deinem Klub kommst.“

Sie wurde unsicher. Sie wollte wissen, was er ihr zu sagen hatte, aber das durfte sie nicht. Es war das Beste, ihm einfach aus dem Weg zu gehen. Sie beschloss ehrlich zu sein: „Eigentlich, interessiert mich gar nicht, was du sagen willst.“

„Bist du sicher? Du scheinst ziemlich neugierig.“

Sie fuhr mit den Augen hoch, wich seinen Blick diesmal aber nicht aus. Dass ihre Klassenkammeraden sich alle nach hinten zu Karin umgedreht hatten, bemerkten die Beiden nicht.

Als sie auf seine schwarzen Augen traf, durchfuhr sie ein Blitz. Ein Blitz der Unsicherheit und des Wunsches wieder wegzusehen. Aber, so konnte es nicht ewig gehen. Sie durfte sich nicht so von ihm beeinflussen lassen. Er grinste immer noch und starrte sie ununterbrochen an.

>Er kann meine Gedanken lesen. < dachte sie, schob aber den absurden Gedanken beiseite.

Nervös tippte sie auf den Tisch und wartete bis er wegsah. Dieses hatte er jedoch nicht im Geringsten vor. Stattdessen kam er ein Stückchen näher. Das ganze wurde allmählich zu einem Spiel: wer sieht zuerst weg.

Millisekunden vergingen, kamen ihr jedoch vor wie Stunden. Seine schwarzen Augen schienen sie zu verschlingen und kamen ihr gleichzeitig wundervoll vor.

>Was? Wundervoll? Von wegen! Grässlich wäre passender gewesen. <

Genau. Grässlich. Sie musste sich vorstellen, dass er keine Anziehung sondern Abstoßung auf sie ausübte. Sie verengte ihre Augen zu kleinen Schlitzen, ihre Augen funkelten wütend.

„Deine Augenfarbe gefällt mir.“ Sagte er plötzlich. Haru riss ihre Augen auf, schnappte nach Luft und sah weg. Er grinste jetzt umso mehr.

>Mist. Ich hab verloren. < dachte Haru verzweifelt und wagte nicht hochzusehen.

Plötzlich fühlte sie, wie Takato ihr einen Finger ganz leicht auf das Kinn legte und ihren Kopf hob. Sie riss ihre Augen doch wieder auf und erstarrte am ganzen Körper.

„Hör auf deine Augen vor mir zu verstecken.“ Sagte er. Jedoch war sein Grinsen plötzlich gewichen. Er klang ernst, fast schon finster.

Sie schlug seine Hand weg und atmete wieder schneller. Was sollte das? Als sie wieder nach vorne blickte hatte er sich umgedreht und schrieb in sein Heft. Ihr Atmen beruhigte sich wieder. Vielleicht würde er sie jetzt in Ruhe lassen.

Ihr Herz fühlte sich plötzlich so an, als ob es sich zusammenzog. >Blödes Herz. Hat dich jemand gefragt? <
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Ryo wünschte sich woanders zu sitzen. Was sollte bitteschön gerade die Szene vor ihm? Wenn sie so scharf aufeinander waren, sollen sie in eine Besenkammer gehen und nicht sich mitten im Unterricht, und nicht auch noch direkt vor ihm – das ist ja das größte Verbrechen – befummeln. Befummeln war natürlich übertrieben, aber er war wütend. Und wenn man wütend ist, dann dreht man die Tatsachen in eine krassere Richtung. Haru und Takato kotzten ihn an. Erst befummelten sie sich im Schulkorridor und nun sogar im Unterricht.

>Nimmt euch ein Zimmer... oder eine Besenkammer. Was auch immer, aber hört auf, mein Essen in eine Richtung zu treiben, die 180° von der entfernt liegt, die es eigentlich einschlagen sollte. < Was er damit meinte, war einfach: Bringt mich nicht zum Kotzen!

Plötzlich war ihm danach, dem rothaarigen Biest eine reinzuhauen. Und Takato noch dazu. Sollte er Haru einen Zirkel von hinten reinpieksen? Das wäre fies, aber genau richtig um seine Wut abzubauen. Als er das Gerät gerade ausgepackt hatte, klingelte die Schulglocke. Am Liebsten hätte er laut losgeschrien.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Haru stürmte sofort aus dem Zimmer ohne auf Karin zu warten. Falls Takato immer noch mit ihr reden wollte, dann sollte er es sich am Liebsten abschminken: >Ich bin jetzt nämlich weg! <

Hätte sie wohl gern. Takato stürmte ebenfalls gleich aus dem Zimmer und da er weiter vorne saß, stellte er sich direkt vor sie in den Türspalt. Sie blieb abrupt stehen.

„Lass mich durch!“

Hinter ihnen baute sich eine Schlange von Schülern, die ebenfalls raus wollten.

„Natürlich.“ Erwiderte Takato. Plötzlich beugte er sich vor, packte Haru und hob sie auf seine Schulter. Das passierte so schnell, dass sie nicht einmal mit der Wimper zucken konnte. „Du verdammter...“ schrie sie los. „Lass mich los!“ Sie strampelte wild mit den Beinen, dieses hatte jedoch wenig Auswirkung. Ihre Klassenkammeraden pfiffen, als Takato, mit Haru auf der Schulter, aus dem Zimmer schritt.

Karin packte hastig ihre Sachen zusammen und ließ beinahe die Bücher fallen, als sie im Eiltempo den Beiden hinterherlief.
 

„Ich bring dich um.“

„Oh, ich hab Angst.“

„Soll ich es hier und jetzt tun?“

„Leg los!“

Haru schlug mit einer Faust auf Takatos Rücken. Er zuckte nicht einmal. Sie schlug noch mal, aber auch der Schlag hatte wenig Wirkung gezeigt.

Plötzlich packte er sie fester und sie fühlte, wie er sie ruckartig anhob. Als nächstes sah sie sich auf einer Bank auf dem Schulgelände platziert.

Sie versuchte auszureisen, Takato drückte sie aber gegen die Bank: „Entweder reden wir jetzt friedlich oder ich zwing dich dazu.“

„Was ist denn bitteschön so wichtig, dass du mich sogar aus dem Klassenzimmer schleppst? Es ist gar nicht deine Art so etwas zu tun.“

„Ach ja? Und das sagst du, weil du mich 100%ig kennst.“

„Lass mich los. Ich muss zum Klub.“ Aber er hatte nicht vor loszulassen, also hatte sie keine andere Wahl als mit ihm zu reden. Allerdings konnte sie sich nichts vorstellen, was wichtig genug wäre um sie aus dem Klassenzimmer zu schleppen. Aber vielleicht hatte der Kerl sie einfach nicht mehr alle. Ja, das musste es sein.

„Okay, erzähl.“ Sagte sie seufzend. „Was ist denn so wichtig?“

„So wichtig ist’s eigentlich gar nicht.“

Haru konnte ihren Ohren kaum glauben.

„Dann will ich gar nicht wissen, wie du handelst, wenn es wirklich wichtig ist.“

„Stimmt, das willst du gar nicht wissen.“ Sagte er ernst und sie schenkte ihm ein zynisches Lächeln.

„Ich wollte dich was fragen.“ Er ließ sie langsam los, darauf achtend, dass sie nicht ausriss. „Warum gehst du mir aus dem Weg?“

Sie stieß einen Lacher aus. „Das bildest du dir ein, ich gehe dir nicht aus dem Weg.“

„Natürlich.“ Er lächelte, wurde aber im nächsten Moment ernst. „Ich bin doch nicht blöd. Was ist los, verdammt?“

„Was spielt es denn für eine Rolle? Wir sind weder Freunde noch ein...“ sie stockte.

„...noch ein Paar. Schon klar. Rede weiter!“

Sie schaute ihn ein paar Sekunden lang ernst an, bevor sie Luft holte um weiter zu reden. Was sollte sie überhaupt sagen, um ihn loszuwerden? Er sollte verschwinden, am liebsten gleich ganz vom Planeten Erde.

„Ich kann dich nicht leiden! Darum geh ich dir aus dem Weg. Zufrieden?“

„Nein. Ganz und gar nicht zufrieden.“ Er drückte sie wieder wütend gegen die Rücklehne, so dass sie das Holz fest in ihrem Rücken spürte.

„Was erwartest du dann?“

„Dass du mir die Wahrheit sagst.“

„Das war die Wahrheit.“ Als sie das sagte, spürte sie, wie er sie noch fester drückte. Es war nichts neues, das er ihr wehtat, aber diesmal war ihr der Grund nicht einmal ganz klar.

„Wenn du jemandem nicht leiden kannst, weichst du nicht seinen Blicken aus.“

„Oh, und das sagst du, weil du mich 100%ig kennst?“ sie versuchte sich aus seinen Griff zu befreien. Sie schaute ihm schon viel zu lange in die Augen, konnte es sich aber auch nicht leisten, seinen Blicken auszuweichen. Er hatte Recht: wenn sie jemanden nicht leiden konnte, wich sie seinen Blicken nicht aus. Eher andersrum: sie zeigte mit dem Blick, dass sie diese Person nicht ausstehen konnte. Aber das musste Takato ja nicht wissen.

Aber Verdammt! Woher wusste er es dann trotzdem?

„Ich kenn dich gut genug. Und nun nenn mir den Grund. Es treibt mich nämlich in den Wahnsinn, wenn Leute grundlos den Schwanz einziehen, wenn sie mich sehen.“

„Schwanz einziehen? Denkst du ich hab Angst vor dir?“

„Ja! Das hast du nämlich selbst mal gesagt.“

Scheiße. Ertappt. Sie senkte ihren Kopf.

„Also, sag mir jetzt warum.“

Haru blieb stumm, als ob sie ihn nicht gehört hatte. Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, weil ihre Haare es verdeckten.

„Warum?“ er schüttelte sie, auf eine nicht gerade sanfte Weise. Man konnte meinen, so behandelt man keine Mädchen, aber Haru wollte sowieso nicht wie etwas Schwächeres behandelt werden. Es war ihr also Recht so. Oder nicht?

„Ich hab dir doch gesagt...“ ihr Ton war leise und etwas zittrig. Sie verlor ihre Geduld. Er sollte sie doch einfach nur in Ruhe lassen. „...ich kann dich nicht leiden. Ich hasse dich, bis auf die Knochen. Wenn ich nur dein Gesicht sehe, würde ich am Liebsten die Flucht ergreifen.“

Takato riss seine Augen ungläubig auf. Für einen kurzen Moment spürte sie, wie sein Griff lockerer wurde, jedoch nur kurz, denn im nächsten Moment packte er sie wütend.

„Und nennst du mir auch den Grund, warum du mich hasst?“ sein Gesicht war finster und seine Augen schienen sogar dunkler als sonst.

Haru sagte nichts.

„Na los!“ Er schrie. Haru hatte ihn noch nie so schreien gehört. Er war doch immer gelassen. Was war aus ihm geworden? Sie hatte ihn komplett falsch eingeschätzt. „Warum, verdammt? Hast du die Zunge verschluckt?“

„Ich weiß es nicht, okay? Ich weiß gar nichts mehr. Bitte, lass mich einfach in Ruhe. Ich möchte dich nicht mehr sehen.“

Takato erstarrte und schaute sie ungläubig an. Er ließ sie los.

„Wenn das so ist. Bitte... kannst du haben. In der Schule musst du aber leider noch mein Gesicht ertragen. Tut mir leid für dich.“ Er blieb noch einen kurzen Moment vor ihr stehen und als sie nichts sagte, schritt er hastig davon. Sie blickte ihm nicht hinterher – sie hatte es gerade mit dem schlechtem Gewissen zu tun. Eigentlich hatte er ihr nichts getan. Aber sie musste ihn fern halten, damit er aufhörte, sie an Kazuma zu erinnern. Ihr fiel plötzlich auf, dass er charakterlich ganz anders war. Aber das Äußere war wie ein Spiegelbild.

Sie hörte ein Rascheln rechts von sich. Als sie in dir Richtung blickte, sah sie einen Schwarzen Schopf zwischen den Büschen bewegen.

„Karin?“

Die Gestalt hielt inne.

„Karin, ich seh’ dich.“

Die Schwarzhaarige könnte sich selbst verfluchen. Mit schuldigem Blick richtete sie sich auf.

„Tut mir Leid, ich fragte mich was los war und hab das Gespräch zufällig mitbekommen.“ Sie fuhr nervös mit einem Fuß einen Bogen auf dem Boden. Ihr Blick war auf die Erde gehaftet.

Haru fuhr sich seufzend durch die Haare.

„Schon gut. Komm, wir müssen zum Klub.“

„Aber...“ sie blieb an der Stelle stehen. Anscheinend hatte sie zu dem gerade Geschehenen noch etwas zu sagen. „War das nicht etwas hart? Ich meine, du hast ihn dadurch vielleicht verletzt. Er sah ziemlich wütend aus.“

„Erstens: Er ist wütend? Dann ist es doch prima. Zweitens: Lass es mal meine Sorge sein.“

„Aber...“

„Kein aber. Glaub mir, es ist besser so.“
 

Auf dem Weg zum Raum, sagte Karin nichts mehr, obwohl es so viel gab, was sie sagen wollte. Sie glaubte zu wissen, warum Haru Takato aus dem Weg ging und doch verstand sie es nicht. Ihre Freundin tickte anders, als sie es von normalen Menschen kannte. Vielleicht würde sie sich mit der Zeit wieder einkriegen.

>Hoffentlich. < dachte sie. Takato wäre nämlich genau richtig für sie, weil er der Einzige Mensch außer Harus Vater war, der Haru unter Kontrolle haben konnte.

Aber eigentlich gab es noch einen weiteren Grund, warum sie wollte, dass Haru und Takato ein Paar würden. Jedoch war dieser Grund selbstsüchtig und egoistisch und außerdem dürfte sie ihn gar nicht in Betracht ziehen. Sie sollte Ryo vergessen, und sollte aufhören daran zu denken, dass er sich zu Haru auf eine besondere Weise hingezogen fühlte. Sogar wenn es so wäre, Haru würde noch lange nicht etwas mit ihm anfangen.

Vielleicht, und das hoffte sie stark, bildete sie sich Ryos Zuneigung aber auch nur ein.

>Hoffentlich. < dachte sie zum 2. Mal. Aber der Glaube überwiegte die Hoffnung.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Als Haru an diesem Tag nach hause lief, ertönte in einem Laden ein Lied. Sie verstand es nicht und war sich auch nicht sicher in welcher Sprache es gesungen wurde. Eigentlich achtete sie nicht einmal richtig darauf. Der Laden war eine Kneipe, mit deutschem Bier. Das Leid hieß 180 Grad, der Interpret: Michael Wendler.

Das Lied klang scheußlich, zumindest für Haru. Die älteren, europäisch aussehenden Leute die drin saßen, schienen es zu mögen.

Was Haru in diesem Moment nicht wusste, war die Tatsache, dass der Titel des Liedes ihr baldiges Leben beschreibe würde.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Karin machte an diesem Tag auch eine Begegnung. Aber nicht mit deutscher Volksmusik, sondern mit einem Dieb.

Der Dieb war anscheinend ein Kuchenfetischist, genauso wie Karin. Gerade in dem Moment als sie aus ihrer Lieblingsbäckerei schritt und den süßen Duft der Kuchenstückchen wohltuend einatmete, ergriff jemand die Schachtel, in der die Leckereien ordnungsgemäß gelagert waren und riss sie dem schwarzhaarigen Mädchen aus der Hand. Erst blickte sie überrascht auf die Hand, in der noch vor kurzem die Schachtel war, bis sie die Lage realisierte und losschrie: „Haaaaaaaaaaaaaaaalt!“

Mit schnellem Trappeln lief sie dem Übeltäter hinterher, allerdings erwies es sich schwerer als gedacht, denn die Menschenmassen in Tokio sind nicht gerade für ihren Mangel berühmt. Immer noch schrie sie dem Dieb hinterher: „Bleib stehen, du blöder Dieb!“

Niemand, aber wirklich NIEMAND durfte Karins Kuchen klauen. Es war dasselbe, wie einem Kampfhund sein Futter wegzunehmen. Langsam verlor sie ihn aus den Augen und das durfte einfach nicht passieren. Doch da kam ihr eine, ihrer Meinung nach, brillante Idee. Sie zog ihren Schuh aus, zielte genau indem sie ein Auge schloss und das andere konzentriert verengte. Ausholen, werfen... „Verdammt!“ Der Schuh flog in einem geraden Bogen nach unten, kaum 5 Meter von ihr entfernt. Der Dieb war aber in 30 Meter Entfernung. „Verdammt, verdammt, verdammt!“ schrie sie zornig indem sie jetzt mit nur einem Schuh lief, und beim Vorbeilaufen den anderen gekonnt schnappte.

Langsam kam sie aus der Puste, ihre Wangen färbten sich rot und die Haare wurden durch den Wind zerzaust. >Superman, bitte zur Hilfe! < dachte sie innerlich und was in den nächsten Augenblick passierte, hielt sie kaum für möglich. Erstaunt riss sie ihre Augen und beobachtete ein unglaubwürdiges Schauspiel:

Superman kam angeflogen, mit einer geballten Faust voran und landete direkt vor dem... Hä? Was ist das denn für ein grünes Monster? Und warum muss man überall in Tokio riesige Bildschirme aufstellen, in denen Ausschnitte aus amerikanischen Filmen liefen?

Superman kam also nicht zur Hilfe, sondern wurde nur auf einen Bildschirm gezeigt und so war sie auf sich allein gestellt und lief weiter. Die schwarze Mütze, die der Kuchendieb aufhatte, war kaum noch zu sehen und die Massen wurden immer dichter. Plötzlich wurde sie von hinten gestoßen und fiel beinahe um. Als sie ihren Blick hob, sah sie einen Mann laufen. Richtig laufen. Rennen! >Oh mein Gott, Superman! < Natürlich war es kein Superman, aber immerhin jemand der sich dafür entschied, der kleinen Karin zu helfen. In einem Eiltempo holte er den Dieb im Nu ein und riss ihn zu Boden. Als das passierte, quiekte Karin erfreut auf und lief zu den Beiden. Sie lächelte und ihre Wangen waren immer noch gerötet. Doch als sie die Beiden sah, die sich urplötzlich in ihren Tagesablauf eingemischt hatten, verschwand das Lächeln.

„Tatsuja?“ Superman war kein Clarke Kent. Es war Tatsuja.

„RIKU?????“ der Kuchendieb war ein Junger Mann, der bunte Haare hatte, die gerade zum Vorschein kamen, da die Mütze irgendwo einsam auf den Boden lag und darauf wartete aufgehoben zu werden.

„Karin?“ ertönte es von den Beiden gleichzeitig. Riku blickte erst auf Karin, dann auf dem Beutel. „Dann hab ich ja...“

„Ja, das hast du, du Idiot.“ Tatsuja haute ihm eine auf die Birne.

„Karin-chan, es tut mir ja so Leid. Ich wusste nicht, dass du es bist.“

„Ihr Beide... erklärt mir jetzt mal die Lage. Was sollte das gerade werden?“
 

„Warum muss ich bezahlen?“ sie saßen in einem Cafe und es stellte sich heraus, dass weder Riku noch Tatsuja Geld dabei hatten. „Und was sollte das vorhin verdammt noch mal werden? Werdet ihr es mir jetzt erzählen, oder soll ich das Ganze erst Haru berichten?“

„Bitte, alles nur nicht das.“ Riku klang wehleidig. Tatsuja schlürfte allerdings unbeeindruckt an seinem Milchshake und hatte seine Augen auf Karin gesetzt.

„Also, warum klaut ihr Kuchen?“

„Äh...“ Riku setzte an. „Äh...“ er setzte noch mal an. „Ääääh....“

„Nun red doch endlich!!!!“ Karin verlor die Geduld. Sie packte einen zermatschten Kuchen (der Sturz war für die Kuchen nicht folgenlos) aus, piekste ihn gierig mit einer Gabel auf und stopfte sich ein riesiges Stück in den Mund. Das beinahe schon barbarische Schauspiel verschlug Riku noch mehr die Sprache.

„Nicht wir klauen Kuchen, sondern unser Sindbad hier.“ Er deutete auf Riku, der immer noch ungläubig auf die mampfende Karin starrte. „Ich hab ihn nur aufgehalten, ich bin also der Gute hier.“

„Supa-määään!“ sagte Karin plötzlich mit vollgestopften Mund, senkte dann aber ihren Kopf beschämt nach unten.

Nun blickte auch Tatsuja überrascht. Das Mädchen schien nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben. Schnell aß sie den Kuchen auf, wischte sich über den Mund und blickte die beiden ernst an. „Selbst wenn es so ist, warum klaut Riku Kuchen?“

„Ich mag Kuchen.“

„Kauf dir welchen!“

„Ich hab kein Geld!“

„Geh arbeiten!“

„Tu ich doch.“

„Und warum hast du kein Geld?“

Eine Pause entstand. Karin war immer noch ernst und lehnte sich nach vorne gebeugt auf den Tisch. Riku wurde langsam wütend: „Hey, weißt du was? Ich schulde dir keine Rechenschaft! Du bist reich, du weißt nicht, wie es ist ein normaler Mensch zu sein. Dann wird dir halt dein Kuchen geklaut, du hast noch genügend Geld um neuen zu kaufen!“

„Es geht doch nicht um die Kuchen (Doch! Eigentlich schon!). Es geht mir darum, dass du klaust. Du machst dir das Leben kaputt.“

„Was weißt denn du schon vom Leben?“ schrie er zornig und Karin zuckte erschrocken zusammen. „Du kriegst doch alles, was du dir je wünschst. Weißt du, wie es ist, wenn man für ein paar bescheuerte Kuchen sparen muss?“

Karin senkte ihren Kopf. Kleine Tröpfchen stiegen in ihre Augen. Als Riku es bemerkte bereute er seine Worte. „T-Tut mir Leid. Das hab ich nicht so...“

„Schon gut!“ sie hob wieder ihren Blick. Doch Tatsuja, der den Streit wieder unbeteiligt mit anhörte, bemerkte, dass ihre mit Tränen gefüllten Augen etwas Spitzes an sich hatten. Das Mädchen schaute unerschütterlich und voller Entschlossenheit. Doch gleich im nächsten Augenblick brach sie im wehleidiges Heulen aus. „Du bist ein Blödmann!“ Sie stand auf, ergriff ihre Tasche und schlug im Vorbeilaufen Riku auf die Stirn. Dieser erstarrte.

Tatsuja lächelte. „Sie hat Recht.“ Er stand auf, schlug Riku auf den Hinterkopf und lief Richtung Ausgang, wo Karin ein paar Sekunden zuvor hinausgestürmt war.

„Hey, warte mal!“ schrie er und versuchte sie einzuholen, was ihm auch gelang. Als er auf selber Länge mit ihr lief, beobachtete er, wie sie sich Tränen aus dem Gesicht wischte.

„Ich bin eine Heulsuse.“ Sagte sie.

„Stimmt.“ Bestätigte er. Sie schenkte ihm einen wütenden Blick und setzte an Geschwindigkeit zu, indem sie zornig mit den Füßen stampfte. Tatsuja fiel es nicht schwer mit ihr mitzuhalten. Amüsiert beobachtete er, wie sie versuchte eine wütende Grimasse aufzusetzen.

„Was willst du?“ sie blieb abrupt stehen und Blickte ihn scharf an. Als sich ihre Blicke trafen, musste er unwillkürlich grinsen. Ihre Wangen waren immer noch rot gefärbt. Mit ihrem verheulten Gesicht und den zerzausten Haaren sah sie aus, wie ein trotziges Kleinkind. Ihre kleinen Hände waren zu Fäusten geballt, ihr Atem ging hastig.

„Willst du auch mal was sagen, oder nur starren?“

Sie riss ihn aus seinen Gedanken. Sein Grinsen wurde schwächer, jedoch sagte er immer noch nichts. Sekunden des Schweigens verstrichen. Die Sonnenstrahlen hüllten die Umgebung in ein Spiel aus Licht und Schatten.

Auf Karins Gesicht bildete sich ein Lächeln: „Ah, verstehe.“ Sie kam etwas näher und blickte Tatsuja direkt in sein Gesicht. Jedoch war es etwas anstrengend, er war gut einen Kopf größer als sie. „Du stehst auf mich.“ Ihr Lächeln wurde breiter und ihre Augen verengten sich zu gehässigen Schlitzen.

Tatsuja riss seine Augen überrascht auf. „Was?“

„Na klar, warum läufst du mir sonst hinterher?“

Tatsuja kam ihr ebenfalls einen Schritt näher. Sie musste ihren Kopf noch höher reisen. „Eigentlich stehe ich nicht auf Kleinkinder. Wäre ja illegal.“ Sein Grinsen erschien wieder und als sie anfing wieder wütend zu schnauben musste er sich zusammenreißen um nicht loszulachen.

Überraschenderweise ging sie jedoch wieder zurück, stellte sich stolz hin und sagte mit einem hohen Ton: „Fein.“

„Fein.“ Sagte Tatsuja leise, ohne es selbst zu realisieren und im nächsten Moment schritt das Mädchen schon wütend davon. Er blickte ihr hinterher, wie sie sich dem Straßenrand näherte. Entweder war sie blind oder blöd, aber sie bemerkte nicht, dass die Ampel vor ihr rot war. Jedenfalls ging sie schnurstracks gerade auf die Straße, ohne um sich zu schauen.

„Du solltest...“ setzt er an und wollte sie warnen, doch im nächsten Augenblick sah er schon ein Auto auf sie zurasen. Das schwarzhaarige Mädchen reagierte jedoch nicht und setzte ihren dramatischen Gang fort. Was danach geschah, passierte innerhalb von Sekunden.

Das rote Auto kam immer näher. Tatsuja rannte los, um das Mädchen noch irgendwie zur Seite zu reißen. Die Räder quietschten, als der Fahrer den Passanten vor sich bemerkte. Jedoch zu spät. Sie riss ihren Kopf ruckartig zur Seite, als sie das Geräusch hörte. Im nächsten Augenblick packten sie 2 Arme von hinten und rissen sie zu Boden. Sie spürte den harten Aufprall auf den Boden und das schwere Gewicht von Tatsuja auf sich. Ihre Augen kniff sie zusammen und ihr Herz raste mit einer ungesunden Frequenz.

Tatsujas Atem streifte ihre Wangen. Langsam machte sie die Augen auf und realisierte, dass sie noch lebte. Kaum einen Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, lag das von Tatsuja. Seine Augen gingen auf und Blickten in ihre. Schweigend starrten sich die Beiden an ohne sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Karin fühlte sich in einen Abgrund der Ewigkeit stürzen. Die Zeit zog sich in unglaubliche Längen.

„Was macht ihr da?“ kam plötzlich eine raue Männerstimme. Die Beiden erhaschten sich dabei, wie sie ineinander riesige Löcher starrten. Sie rissen ihre Köpfe zur Seite, aus der die Stimme kam.

Ein Mann, Mitte 40, stand neben dem roten Auto. Und dann wurde den Beiden etwas Ungeheuerliches und unglaublich Peinliches klar. Der alte Mann war der Fahrer des roten Wagens und stieg aus, nachdem er abgebremst hatte. Das war allerdings nicht das Ungeheuerliche. Dieses war nämlich die Tatsache, dass der Wagen einen Meter vor Karin zum Stehen kam, dann kam Tatsuja und stürzte sich auf Karin – total umsonst also. Und was noch peinlicher war, war die Tatsache, dass sie immer noch in der Fahrbahn lagen. Wäre der Fahrer also weitergefahren, würde er direkt über die Beiden drüber fahren.

Karins Gesichtsausdruck wurde stumpf. Ebenso Tatsujas.

„Erst sagst du, du stehst nicht auf Kleinkinder und dann machst du dich mitten auf der Straße über mich her.“ Sie klang ruhig. Tatsuja blickte immer noch „doof“ drein.

„Geh runter von mir!“ schrie Karin. Sofort stand der Angesprochene auf, ebenso Karin.

„Krieg ich auch ein Danke?“ seine Stimme war ebenso wenig kontrolliert, wie Karins.

„Wofür?“

„Dass ich dein Leben gerettet hab!“

„Hä? Das nennst du Leben retten? Ich wäre nicht mal angefahren worden und jetzt hab ich blaue Flecken wegen dir. Geschweige denn von...“ sie wurde still. Ihre Wangen färbten sich rot und ihr Herz schlug heftiger. Sie erinnerte sich an Tatsujas Körper, der sich schützend auf sie lehnte.

>Nein! Weg Bild! Ich bin dabei mich aufzuregen. <

Tatsujas Augen verengten sich. „Das was zählt, ist die gute Absicht, du Hühnerhirn.“

„Ähm... ich stör nur ungern...“ der Mann mit dem Auto meldete sich etwas unsicher zu Wort. „Aber ihr steht in meiner Fahrbahn.“

„Hü-Hühnerhirn?“ Der Alte wurde auffällig ignoriert. „Sag das noch mal!“

„Ach und was dann? Hetzt du deine Kindergartentruppe auf mich?“

„Du!“ knurrte Karin und stürzte sich auf Tatsuja. Ihre Hände legte sie auf seinen Hals, er konnte sich jedoch gekonnt aus ihrem Griff befreien und schubste sie weg.

„Geht mit endlich aus dem Weg!!!!!“ schrie der Alte und die Beiden zuckten erschrocken zusammen. Schweigend gingen sie zur Seite, er nach links und sie nach Rechts, so dass das Auto direkt zwischen den Beiden vorbeifahren konnte. Als der Fahrer einstieg und langsam an Fahrt zunahm, schrien sich die Beiden immer noch an. Jedoch wurden ihre Schreie vom Verkehr übertönt, so dass man nur noch ihre Lippen bewegen sah, als ob man einen Stummfilm anschauen würde. An den Gesichtern von den Beiden erkannte man, dass die Worte, die nicht zu hören waren, nicht gerade menschenfreundlich und liebevoll waren. Dann zeigte Karin ihm den allerwertesten Finger, drehte sich wütend und schnaubend um 180° und schritt davon.

„...mich auch!“ hörte man Tatsuja nur noch hinterher schreien. Er drehte sich ebenfalls um und stampfte gereizt davon.

Auf der anderen Straßenseite stand ein Turm, auf diesem hing eine Uhr. Der Sekundenzeiger bewegte sich, mit jedem „tick“ um 6°. Als er die ersten 15 Sekunden – sprich 90° - hinter sich gebracht hatte, wurde etwas in Bewegung gebracht.

„Tick“ – 96°. Der Sekundenzeiger war allerdings schneller, als alle anderen Bewegungen und Veränderungen. Bis zur Harus 180° dauerte es noch eine Woche und der Sekundenzeiger war nur wenige Sekunden davon entfernt.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

96°, 97°, 98° - die Veränderung läuft.
 

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Kommis sind wie immer willkommen.
 

Und an papillon-chan: ich nenn dich von nun an SpeedyXD



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2009-02-22T09:35:44+00:00 22.02.2009 10:35
Takato ist und bleibt ein Rätsel für mich...ich meine seine Absichten sind klar...aber seine Handlungen ist irgendwie nicht ganz von ihm durchdacht...egal...naja...ich freue mich auf jeden Fall, dass ich endlcih dazugekommen bin das Chappi zu lesen.
Ihr Geburtstag steht an...na dann...mache sich jeder auf die Party gefasst.
Kuchenklauen...jaja...ich hätte jetzt auch gerne einen Kuchen...einen herrlichen Kuchen...ich kann ihn schmecken...die Szenen sind auf jeden Fall total lustig und ich glaub ich muss sie noch einmal lesen.
Von:  -fluffi-
2009-02-14T10:44:34+00:00 14.02.2009 11:44
woaaa so gail *voll freu*
und so schnelln neues kapi is ja hammaaa!!

haha das kapitel war ja voll gail XD
ich stell mir das ganz schön peinlich vor
so vor nem auto zu liegen XDDD

ohje der arme takato... =(
haru war ja ganz schön gemein
naja hofftenlich wird das wieder =))

*knuddääL*
ich freu mich schon aufs nächste kapi
Von:  Naomi9
2009-02-13T14:41:31+00:00 13.02.2009 15:41
Nachdem du in uns in der ENS so viel Schokolade um den Mund geschmiert hast (Was für ein billiges Wortspiel!) ist es doch klar, dass du von mir auf jeden Fall einen Kommentar bekommst!^^

Mit dem Sprichwort hast du Recht. Es ist irgendwie wirklich total idiotisch ... Was bringt es einem, sich zu verändern, wenn man mit der Veränderung wieder am Ausgangspunkt ankommt? Hmm ...
So, YouTube anmachen, Video suchen, Musik hören. Dann kommt ma gleich in die richtige Stimmung!^^
Karin hat es heute aber auch, oder? Mensch, die Arme ... Oder ist nicht eher Haru die Geqäulte? Na ja ... Pech!^^
Warum zu Haru der Frühling wohl so gut passt ... Ja, so gut sind meine japanisch Kenntnisse doch schon!^^
Was die da in der Stunde veranstalten! Also echt! Und der arme Junge! Heutzutage ist das wirklich nicht leicht! *lach*
Aber Takato geht ja ganz schon ran, was! *lach* Ich war soagr schon ein bisschen mit Haru genervt! Aber das sie auch nichts checkt ... Oder sie checkt es und will es nicht wahrhaben ... Was für ein komplexer Charakter!^^ Und nochmal YouTube! Nächstes Lied! *lach*
Die Szene mit dem Kuchenklau hatte ich beim Lesen vor mir, als wären es Mangabilder! Richtig klar und deutlich! Voll cool!^^ Und die Sache mit dem Auto ... Nun ja ... Lief ja nicht gerade ganz wie geplant, nee? Was sich da wohl noch alles entwickelt ...?!
Eine wirklich rasante Story! Mein Herz blüht auf! (Sei still Herz! Dich hat keiner gefragt! <- Würde jetzt vielleicht von Haru kommen ...)

Ich freue mich unheimlich auf das nächste Kapitel! Mach einfach weiter so!^^
LG Nao-chan *geht jetzt Schokolade essen*
Von:  sugar_star
2009-02-12T22:12:43+00:00 12.02.2009 23:12
boar, alder schwede! wie kriegst du es nur immer hin mich total in den bann zu ziehen?
ein hammer pitel un ich freu mich scho aufs nächste!
olala was geht denn zwischen karin und tatsuja *griew griew*
und das mit haru und takato is ja au spannend ^.^
es ist und bleibt spannend =D
Von:  il_gelato
2009-02-12T19:32:06+00:00 12.02.2009 20:32
Interessant!!!! Ich find Takato voll gruselig, aber auch irgendwie total sexy.
Freu mich schon auf weitere Ticks!


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