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Eikyû - gesegnetes Land

Die Legende der schlafenden Götter
von

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Vertrauen

Danke für die vielen Kommentare in letzter Zeit :) Hier kommt endlich das nächste Kapitel, hab auch lange genug gebraucht. Das Ende gefällt mir noch nicht ganz, also der letzte Absatz. Wird vielleicht noch umgeändert ^___^

Viel Spaß mit dem Kapitel und schön weiter Kommentare schreiben ^.~
 

Kapitel 14: Vertrauen
 

Tsuki sah sich um. Sie und Shen standen auf einem großen Platz, welcher wohl der Marktplatz der Stadt war. Das Orakel aus Yuncun hatte sie hierher geschickt, da sie hier in der Nähe, so sagte sie zumindest – Tsuki traute ihr nicht – Fukuro gesehen haben wollte. Doch als sie hier ankamen redeten alle nur von Monstern und Dämonen, die die Dörfer in der Nähe angeblich heimgesucht hatten.

Tatsächlich waren sie auf dem Weg hierher an einigen zerstörten Dörfern vorbei gekommen, jedoch hätten sie nicht sagen können, wer diese nun zerstört hatte. Es konnten genauso gut Menschen gewesen sein. Aber wenn es Dämonen gewesen waren… Tsuki wollte gar nicht daran denken. Das würde bedeuten, dass es auch um Pengguo schon um einiges Schlimmer stand, als sie gedacht hatten.

Die Leute die an ihnen vorübergingen sahen die beiden, vor allem aber die Fuchsfrau, voller Angst und Misstrauen, manche sogar hasserfüllt, an. Wer konnte es ihnen zu so einer Zeit verdenken?

„Komm“, flüsterte sie Shen zu und zog ihn in eine Gasse zwischen den zum größten Teil recht ärmlichen Häusern hinein, wo sie sich zu Boden sinken ließen. Sie waren in den letzten drei Tagen weit gekommen, dank Shinyun, und doch hatte sich ein drückendes Schweigen zwischen ihnen ausgebreitet.

Shen starrte auf die gegenüberliegende Mauer. „Das ist doch alles sinnlos“, murmelte er.

Die Kitsune sah ihn fragend an.

„Es ist sinnlos“, sagte er etwas lauter. „Wir werden sie nicht finden.“

„Was sagst du denn da?“, fragte Tsuki.

„Und selbst, wenn wir sie finden – was wollen wir gegen unsere ‚Feinde’ tun?“ Er starrte weiter auf die Wand.

„Was…“, setzte Tsuki an, wurde aber unterbrochen.

„Wie lange suchen wir sie schon?“ Nun sah er sie an.

Tsuki schwieg. „Ich weiß es nicht mehr.“

„Siehst du? Es ist sinnlos“, murmelte er. „Und gegen diesen Oni, auf dem Schiff… Wir hatten doch keine Chance.“

„Was redest du denn, Shen?“, fragte sie ihn mit verwirrtem Blick ansehend.

„Ich sehe es einfach so, wie es ist“, erwiderte er. „Wir werden die anderen nicht finden.“

„Aber du hast mich doch auch gefunden!“, fuhr sie ihn etwas zu heftig an.

„Das war Zufall.“

„Oder Schicksal“, meinte Tsuki.

Shen lachte auf. „Schicksal, sicher!“ Er machte ein verächtliches Geräusch. „Schicksal gibt es nicht, genauso wenig wie deine Götter.“

„Das stimmt nicht“, erwiderte sie und ihr Blick verfinsterte sich. „Die Götter gibt es.“ Langsam wurde sie wütend. Was war mit ihm denn los? Wieso redete er so? Wollte er denn schon aufgeben?

„Und warum lassen sie dann solche Dinge geschehen?“, fragte er. „Selbst wenn es sie gibt, müssen die Menschen ihnen egal sein…“

„Nein“, murmelte Tsuki. „Den Menschen sind die Götter egal. Sie rauben den Göttern ihre Kraft. Deshalb können die Götter ihnen nicht mehr helfen.“

„Und deswegen lassen sie Menschen sterben?“ Er sah sie wieder mit leeren Augen an.

Tsuki erwiderte seinen Blick. „Was ist nur mit dir los?“, fragte sie. „Ich… Ich verstehe ja, dass es dich getroffen hat…“ Sie schluckte. „Dass sie tot ist. Aber dass du dich so aufgibst… Ich meine, willst du sie nicht rächen? Willst du, dass andere dasselbe erleiden? Dass die Oni die Menschen zu Grunde richten?“

„Das ist doch alles schon lange egal.“ Er senkte seinen Blick wieder.

„Dann frage ich mich, warum du dein Dorf überhaupt wieder verlassen hast“, erwiderte Tsuki, nachdem sie eine Zeit geschwiegen hatte, und wandte sich ab. „Wenn es dir wirklich egal ist, geh wieder nach Hause zurück.“ Damit verlies sie die Gasse. Sie konnte es nicht ertragen so bei ihm zu bleiben. Die Blicke, die man ihr zuwarf, ignorierte sie, bis sie die Stadt verließ.

Sie konnte diese Art der Menschen einfach nicht verstehen. Einfach aufzugeben… Einfach so… Oder verstand sie nur seine Gefühle nicht? Konnte sie diese nicht verstehen? Am Ende war sie ja doch eine Kitsune – kein Mensch – und sie hatte auch noch nie geliebt. Woher sollte sie das wissen? Aber konnte die Liebe einen Menschen so zerstören wie Shen? Sie verstand es einfach nicht. Sie war eben kein Mensch.
 

Es dämmerte, als Tsuki von Stimmengewirr geweckt wurde. Sie hatte sich in einem Gebüsch in der Nähe der Straße, die zur Stadt führte zusammen gerollt und seit dem Nachmittag, seit ihrem Streit mit Shen geschlafen. Sie konnte nicht verstehen, was die Leute sagten, dazu verstand sie die Sprache zuwenig, doch die Stimmen klangen ärgerlich.

Vorsichtig streckte sie den Kopf aus dem Gebüsch heraus.

Da gingen einige Männer die Straße entlang. Sie waren bewaffnet. Ihnen kamen Menschen aus der Stadt entgegen gerannt. Alle schienen in heller Aufregung zu sein, doch Tsuki wusste nicht, was sie davon halten sollte.

Es war Neugier mit einer bösen Vorahnung gemischt, die sie dazu brachte aus dem Gebüsch zu kriechen und den Menschen zu folgen, als diese vorüber gegangen waren. Sie versuchte sich – wieder in der Stadt – etwas versteckt zu halten, um zumindest einem Teil der misstrauischen Blicke zu entgehen, was aber nur zum Teil gelang. Dazu lockten die fremden Männer zu viele Leute an.

Diese Männer – waren es Krieger? Sie trugen neben den Waffen auch leichte Rüstung – führten soweit Tsuki erkennen konnte drei scheinbar gefesselte Personen mit sich in die Stadt hinein. Gefangene?

Die Kitsune versuchte mehr zu erkennen, doch immer stand jemand im Weg.

Empörte Rufe folgen der Gruppe, während die Masse um sie herum immer dichter wurde. Hier ging etwas vor – Tsuki wusste nicht was, aber sie ahnte, dass es nichts Gutes war. Da schwirrte etwas dichtes, bedrückendes, Furcht einflößendes in der Luft – die brennende Wut der Menschen…

Sie erreichten den Marktplatz, wo sie die Gefangenen vor sich auf den Boden stießen. Die Menschen, die nun auf den Marktplatz geströmt kamen oder ihnen bereits die ganze Zeit gefolgt waren, scharrten sich gaffend um sie herum, versperrten Tsuki schon wieder die Sicht.

Sie sah sich um. Irgendwie musste sie wissen, was hier vor sich ging. Schließlich kletterte sie zwischen zwei Häusern empor und schwang sich auf das abgeflachte Dach von einem der beiden. Zum Glück war es keine große, wohlhabende Stadt, den bei Häusern im Pagodenstil war es oft gar nicht so leicht auf die Dächer zu kommen, doch diese Häuser waren fast eher Hütten ohne viel Zierde und viele hatten einfache, flache Dächer. Von dort aus konnte sie auf die Mitte des Platzes heruntersehen. Die drei Gefangenen kauerten, die Hände auf den Rücken gefesselt, in der aufgebrachten Menge. Sie waren alle drei abgemagert, sahen fast aus wie Geister. Ihre Kleidung war zerrissen, die Haare verfilzt.

Einer der drei sah sich Hilfe suchend um. Sein Blick traf den von Tsuki.

Diese keuchte auf. „Fukuro!“ Einer der drei Gefangenen war tatsächlich Fukuro. Also hatte das Orakel sie doch nicht in die Irre geleitet. Aber das war jetzt auch nicht wirklich wichtig.

Sie sah zu ihm hinunter und verstand immer noch nicht, wieso er da war. Warum war die Menge so aufgebracht? Er war kein Gefangener im Sinne eines Sklaven mehr, dass hatte Tsuki verstanden, viel mehr ein Verbrecher. Jedenfalls behandelten die Leute ihn so. Aber warum? Was hatte er getan?

Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Nur was? Was war passiert?

Die Menge unten auf den Platz hatte sich noch immer nicht beruhigt. Sie riefen den Kriegern Dinge zu. Einige von ihnen warfen mit Dingen, die sie grade in der Hand hatten, nach den Gefangenen, die sich nicht wehren konnten.

Nun trat einer der Krieger in die Mitte des Menschenkreises und hob abwehrend die Hände, so als wollte er die Leute zum Schweigen bringen. Er schrie gegen die empörten Stimmen an, welche sich schließlich etwas beruhigten. Er sprach zu den Menschen, laut genug, als dass Tsuki es hörte, doch wirklich verstehen tat sie nichts. Immer wieder wurde der Krieger, der nun im Kreis, wie ein Tiger um die Gefangenen Schritt, von wütenden Rufen aus der Menge unterbrochen und schließlich entstand eine erneute Aufruhe. Ein Mann trat aus der Menge hervor und sprach mit dem Krieger, der scheinbar eine Art Anführer zu sein schien. Es wurde etwas diskutiert, ehe der Mann sich durch die Menschenmenge drängelte und in einer Gasse verschwand.

Wieder sprach der Krieger zu den Menschen, und was er sagte schien sie nicht zu freuen. Trotzdem löste sich die Menge auf und die Menschen wandten sich zum Gehen, während die Gruppe der Krieger die Gefangenen auf die Beine zog. Noch einmal rief einer von ihnen den Menschen etwas zu und zwei weitere Männer kamen zu ihnen. Erneut wurde diskutiert, dann verließen sie – die Gefangenen viel mehr mit sich schleifend, als sie laufen zu lassen, wenn sie dazu überhaupt noch in der Lage waren – den Platz und folgten einer der breiteren Straßen durch die Stadt.

Tsuki hatte nichts verstanden, davon abgesehen, dass sie Fukuro nicht aus den Augen verlieren durfte. Sie entfernte sich etwas vom Rand des Daches und folgte der Gruppe geduckt und über die Dächer kletternd. Am Ende des Hauses sprang sie auf das nächste Dach, dann musste sie auf das Dach einer der wenigen Pagoden klettern. Sie war schnell und an das Klettern gewohnt, trotzdem musste sie sich beeilen, um mit der Gruppe am Boden mithalten zu können, die sie nicht bemerken durften.

Schließlich bog die Gruppe in eine Gasse hinein und Tsuki war gezwungen zu warten, ehe sie vom Dach des Hauses, auf dem sie grade hockte, herunter springen konnte. In der relativ breiten Gasse konnte sie ihnen nicht so einfach folgen. Sie war gezwungen zu warten, bis sie aus relativer Hörweite waren. Sie war leiser als andere Männer, aber selbst, wenn Fukuro sie bemerkte, würde es die Krieger auch auf sie aufmerksam machen.

Ihre Glocken erklangen leise, ein Zauber, damit sie nicht beachtet wurde, wenn sie nicht direkt vor jemanden stand. Mehr konnte sie im Moment nicht tun, um sich zu schützen.

Weiter lief sie den Männern und deren Gefangenen hinterher, bis sie auf eine weitere schmale Straße kamen. Hier waren die meisten Häuser im Pagodenstil gebaut, was darauf schließen ließ, dass es hier die reicheren Leute der Stadt wohnten und sie sich somit wohl im Nordwesten der Stadt befanden. Sie bogen nach rechts ab und folgten der Straße bis zum Ende, was die Kitsune noch von der Gasse aus beobachtete, weil der Zauber seine Wirkung verlieren würde, wenn sie in jemanden hineinlaufen würde und auf dieser Straße waren immer noch ein paar Menschen unterwegs, obwohl die Sonne bereits untergegangen war und es nun langsam, aber sicher dunkel auf den schlecht beleuchteten Straßen wurde.

Am Ende der Straße wandten sie sich einem zweistöckigen Haus, das mit dunklem Holz verkleidet war, auf der von Tsukis Standpunkt aus gegenüberliegenden Seite der Straße zu. Einer der sie führenden Männer klopfte an der Tür und diese wurde geöffnet. Dann betraten sie das Haus und waren somit aus dem Sichtfeld der Kitsune verschwunden.

Sie seufzte und sah sich um. Zwar wusste sie nicht, was für ein Haus das war, jedoch ahnte sie, dass man sie nicht einfach so herein lassen würde. Sie überquerte die Straße und ging auf der anderen Seite an den Häusern entlang, ehe sie zwischen zwei Häusern verschwand. Dort war sie mit einem Sprung auf dem unteren Dach des Hauses, mit einem weiteren auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses. Auf der der Straße abgewandeten Seite der Häuser – auf der Rückseite lagen kleinere Gärten – kletterte sie bis zu dem Haus, in dem die Krieger mit ihren Gefangenen verschwunden waren und ließ sich dort – immer noch auf der der Straße abgewandten Seite – auf das Dach, welches auf der Höhe des ersten Stockwerks war, eines Hinterbaus des Gebäudes runter. Hier war ein kleines Fenster, durch das man, dank eines Balken Kreuzes zwar nicht klettern, aber in die Stube herein sehen konnte.

Der Raum dahinter schien eine Art Waffenlager zu sein, Schwerter und Lanzen, jedoch alle nicht besonders gut gearbeitet, an die Wand oder Halterungen gelehnt standen. Dies ließ Tsuki ahnen, dass es sich bei den Haus um eine Art Wache handelt. Etwas, was sie schon vorher vermutet hatte, da der hintere Teil des Hauses aus Stein und stabiler gebaut war, als die anliegenden Häuser.

Aber wieso brachten sie den Gefangenen hierher? Was hatten sie vor? Wieso war Fukuro überhaupt ein Gefangener? Das hier war auf jeden Fall etwas anderes, als versklavt zu sein, denn er wurde behandelt wir irgendein Schwerverbrecher. Doch was konnte er getan haben? Hatte er jemanden getötet? Wieso war das Volk so aufgebracht gewesen? Was würde mit ihm passieren?

Sie musste ihn irgendwie daraus holen. Egal was er getan hatte und wieso: Er war ihr Freund und sie hatte ihn gesucht. Niemals würde sie zulassen, dass ihm noch mehr zustoßen würde, nachdem was bisher passiert war.

Aber was sollte sie tun?

Seufzend lehnte sie sich an die Wand des Hauses an und schloss die Augen. Wenn sie wenigstens wüsste, wie viele Soldaten in dem Haus waren – sie wüsste zumindest, worauf sie sich einlassen würde, wenn sie versuchen würde ihn heraus zu holen. So war es ein Schritt ins Dunkle. Aber sie wollte nicht abwarten, was in den nächsten Tagen geschah, denn sie ahnte etwas und das war alles andere als gut!
 

Es Mond stand am Himmel und ließ Tsukis Blick zum Himmel wandern.

Sie saß in einer Gasse unweit der Wachstube, in die sie Fukuro gebracht hatte, und wartete. Worauf sie wartete, wusste sie nicht wirklich, es ging viel mehr darum, dass sie nicht wusste, wo Fukuro in dem Haus war, wer sonst noch darin war und wie sie ihn heraus bekommen sollte. Wäre Shen bei ihr gewesen, wäre es einfacher. Doch er war nicht bei ihr, wenn er überhaupt noch in der Stadt war. Selbst wenn – hätte er ihr geholfen?

Sie schüttelte den Kopf. Jetzt an Shen zu denken würde sie ablenken. Sie musste sich auf Fukuro konzentrieren, denn wie es aussah, war dieser im Moment der einzige ihrer Gefährten, der zu erreichen war und sie war es ihm schuldig, ihm zu helfen.

‚Wieso eigentlich?’, fragte sie sich, wenn sie daran dachte, wie ihre Reise begonnen hatte. Aber trotzdem sah sie Fukuro nicht als schlechten Menschen an. Immerhin hatte er diese Reise alleine auf sich nehmen wollen. Und sie wusste, dass er für seine Schwester alles tun würde, dass er sie hatte beschützen wollen. Wenn sie Yuki wieder fänden…

Auch das war jetzt Nebensache.

Sie richtete sich auf und sah sich um. Nicht weit von hier lag das Vergnügungsviertel der Stadt, wie so oft ganz in der Nähe der besseren Stadtteile. Von dort wurden leise die Geräusche des städtischen Nachtlebens zu ihr getragen. Musik, Lachen, Schreie, Stimmen.

Wahrscheinlich waren auch einige der Krieger dort. So wäre es jedenfalls in Eikyû gewesen.

Seufzend sah sie zum Himmel und schickte innerlich ein Gebet an ihre Göttin, deren Stimme sie schon so lange nicht mehr gehört hatte, ehe sie sprang und wieder auf einem Dach landete. Die Menschen sahen zu selten noch nach oben, daher war sie hier vor den meisten Blicken geschützt, zumal sich die Leute, die jetzt durch die Straßen wanderten, meist zu betrunken waren, um überhaupt irgendetwas, was um sie herum geschah zu bemerken.

Sie brauchte nicht lange, um zu der Wache zu gelangen und hinter dieser wieder auf den Hinterbau zu springen, wo sie die Hand auf die hölzerne Wand legte. Diese fing an mit blauen Flammen zu brennen, so dass ein Loch entstand, durch das Tsuki in das Gebäude, in den Waffenraum schlüpfen konnte. Hier wusste sie zumindest, dass niemand da war. Das hatte sie von draußen einsehen können.

Leise, sehr leise, durchquerte sie den Raum und blieb an der hölzernen Schiebetür stehen. Sie lauschte. Sie konnte drei Männer hören, einer schien zu schlafen, zwei unterhielten sich auf der anderen Seite des Hauses. Alle drei waren auf dieser Etage. Sie konnte nur beten, dass sie sie nicht hörten.

So vorsichtig wie möglich, schob sie die Tür einen Spalt breit auf, wobei sie jedoch nicht verhindern konnte, dass diese ein hohes, wenngleich leises Quietschen hören ließ.

Einer der Männer vorne im Haus schrak auf und meinte irgendwas.

Seine Stimme ließ Tsuki zusammen zucken und sich gegen die Wand neben der Tür drücken. Wenn er herkam und das Loch in der Tür sah…

Nun erwiderte der zweite Mann, der in der Stube zu sitzen schien etwas, wobei man ihm anhören konnte, dass er vorher schon etwas getrunken hatte.

Es folgte ein kurzer Wortwechsel, ehe einer der beiden aufstand. Wahrscheinlich hatte er sie gehört, im Gegensatz zu dem anderen, da dieser wenig besorgt klang und auch nun weiter auf den einen einredete, der scheinbar – es waren Schritte zu hören – zur Tür oder etwas ähnlichem zu laufen schien. Dann hielt er inne, vielleicht von seinem Kumpanen nachdenklich gemacht, welcher nun weiter redete. Es folgte eine kurze Stille, ehe die Schritte wieder zu hören waren. Er schien sich tatsächlich wieder zu setzen. Dann hörte Tsuki das Geräusch, als ob etwas in ein Glas oder einen Becher gegossen würde. Wahrscheinlich Alkohol. Kurze Zeit später schien die Stimmung wieder ausgeglichen zu sein und man hatte schon vergessen, dass überhaupt etwas gewesen war.

Tsuki seufzte auf. Sie spähte aus dem Türspalt hinaus in einen breiten Flur, von dem vier Türen abzugehen schienen. Hinter einer Stand sie selbst, zwei waren rechts und links vom Flug und eine am anderen Ende des Flurs, die einen Spalt breit aufstand, gegenüber. Dort schienen auch die beiden Soldaten, die sich vorher unterhalten zu haben schienen zu sein, denn es brannte Licht und auch die Stimmen schienen von dort zu kommen.

Ein letzter prüfender Blick, ehe die Fuchsfrau sich durch den Türspalt aus dem Raum schlängelte und sich an die rechte Wand drückte.

Neben der Tür, hinter der die beiden Männer waren, war eine Treppe die nach unten führte und Tsuki vermutete die Gefangenen dort, da der untere Teil des Hauses gemauert und somit sicherer war, als der obere.

An die Wand gedrückt schob sie sich vor, bis sie auf Höhe der Treppe war. Sie lauschte auf die Stimmen, doch sie schienen nichts weiter von ihr gehört zu haben.

Nun holte die tief Luft. Sie wusste nicht, wie die Männer saßen, aber sie würden sie vielleicht sehen können, wenn sie den Flur überquerte. Doch etwas anderes blieb ihr nicht übrig. Sie stieß sich von der Wand ab und lief zu der Treppe hinüber. Ihre Füße machten keine Geräusche auf dem Boden, den sie kaum zu berühren schien – dann hatte sie die Treppe erreicht und war schon auf der ersten Stufe.

Die Männer waren nicht im Blickfeld.

So schnell sie konnte lief sie die Treppe herunter und sah sich unten um. Den Raum hatte sie vorher nicht einblicken können und so hatte sie Glück, dass sich hier niemand aufhielt. Von diesem Raum gingen, vom Eingang abgesehen, nur noch zwei Türen ab. Die eine zur Seite und in einen Raum, der nach Tsukis Einschätzungen nicht sehr groß sein konnte. Die zweite Tür führte zu dem Hinterbau, von dessen Dach aus sie in das Haus eingedrungen war. Wenn sie richtig vermutete, waren Fukuro und die anderen beiden Gefangenen dort.

Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte und sicher war, dass hier niemand mehr war, eilte sie zu der Tür und schob sie – langsam unvorsichtig – auf. Im nächsten Moment bereute sie, dass getan zu haben, denn sie starrte einem weiteren Soldaten, der auf einem Hocker in dem Raum, in dem sie nun Stand, zuvor wohl ein Nickerchen gehalten hatte, ins Gesicht.

Dieser erwiderte den geschockten Blick. Dann schrie er auf, rief wahrscheinlich um Hilfe.

Seine Stimme ließ Tsuki zusammen fahren. Im nächsten Moment hörte sie, wie oben ein Hocker umgestoßen wurde, ehe eilige Schritte über den Holzboden liefen.

Sie hatte nicht lange Zeit zu reagieren, legte dem Mann eine Hand auf die Brust und ballte diese zu einer Faust, woraufhin der Mann aufkeuchte und bewusstlos, fast Tod zu Boden fiel. Dann begannen ihre Glöckchen zu Läuten und sie eilte zu einer von außen verriegelten Tür, die nun wieder, wie auch eine zweite, von diesem Raum abging. Diesmal machte sie sich nicht die Mühe die Tür normal zu öffnen, sondern ließ sie niederbrennen, woraufhin sie drei geschockte, ungläubige Blicke ansahen.

„Tsuki?“, fragte Fukuro mit heiserer Stimme, doch sie reagierte nicht auf ihn, da nun bereits die beiden Soldaten, die sich kurz zuvor noch oben betrunken hatten, in der Tür und zu ihr. Beide waren angetrunken und hielten Schwerter in der Hand.

Das Geräusch der Glöckchen wurde lauter, als die beiden auf sie zustürmten. Auf einmal hatte sie einen längeren Dolch in der Hand und hob diesen, um damit die Schwerthiebe abzuwehren. Dann streckte sie die Hand aus, um den einen, dessen Schwert sie grad blockte zurück zu werden, als der andere sie von der Seite angriff. Nur knapp entkam sie mit einem Sprung zu Seite.

Da wurde die Tür zum Haus aufgestoßen und weitere Schritte waren zu hören. Waren da noch mehr Soldaten? Hatten sie sie gehört?

Doch da erklang auf einmal etwas anderes, etwas was wie das tiefe Brausen eines Sturms, eines Orkans, und Donner klang. Aber das war nicht alles, was Tsuki wahrnahm, was dafür sorgte, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie spürte sie, wie eine Hand auf ihrer Haut, sie spürte sie – die Magie…
 

Wolken zogen über den Himmel hinweg, verdeckten wieder und wieder den Mond, während Shen am Rand eines kleinen Waldes, einige Meilen von der Stadt, wo Tsuki ihn zurück gelassen hatte, auf dem Boden, gegen einen Baum gelehnt saß.

Mit leerem Blick schaute er zum Himmel hinauf, ohne diesen wirklich zu betrachten. Er wusste nicht mehr, was er tun, wo er hin sollte. Es ergab einfach nichts mehr einen Sinn. Wenn er kämpfte – wofür? Wenn er zurückkehrte – wofür? Und wenn weitermachte? Wofür wäre das gut? Es würde nichts ändern. Für ihn war es vorbei und alles war verloren. Wie sollte er weiter machen, wenn sie nicht mehr da war? Wie? Wie nur?

Er versuchte nicht einmal die Tränen zu unterdrücken. Es sah ihn ohnehin niemand und ein wirklicher Krieger konnte er nicht sein. Wieso also nicht weinen? Er hatte die, die er liebte, nicht beschützen können.

„Warum?“, flüsterte er zu sich selbst.

Am liebsten hätte er vergessen, hätte alles vergessen, was gewesen war – seine Heimat, seine Familie, seine Freunde, Mei, die Trauer, die Gefahr – alles. Das konnte wohl keiner verstehen. Wie auch?

Er seufzte und legte die Stirn auf die angezogenen Knie.

Vielleicht wäre es wirklich das Beste, wenn er nach Yuncun zurückkehren würde, auch wenn er damit alle enttäuschte. Doch retten würde er niemanden mehr können. Er hatte keine Chance gegen auch nur einen Oni – das war ihm auf der Fahrt nach Pengguo klar geworden. Genauso wenig, wie die anderen. Sie waren ihnen doch ohnehin hoffnungslos ausgeliefert, wieso hatten sie überhaupt angefangen, gegen sie zu kämpfen?

Er dachte an die Worte Tsukis über Götter und das Schicksal, an das sie wirklich zu glauben schien, an das er aber nicht glauben konnte. Wie konnten Götter zulassen, dass so etwas geschah? Dass Menschen litten, starben?

So was konnte er nicht verstehen.

Er seufzte und sah wieder zum Himmel, ehe er plötzlich zusammen zuckte. Aus den Augenwinkeln hatte er eine Bewegung wahrgenommen. Was war da gewesen? Wahrscheinlich nur ein Tier. Trotzdem wandte er den Kopf vorsichtig um, damit er sehen konnte, was da war, doch schon im nächsten Moment erstarrte er und drückte sich reflexartig an den Baum heran, begann zu zittern.

Er starrte in die gelbgrauen Augen eines Tigers, welcher aus dem Gebüsch getreten war und nun zu ihm sah, ihn fixierte.

Shen tastete nach seinem Stab, doch seine Hand griff ins Leere.

Der Tiger bewegte sich nicht.

An den Baum gepresst richtete Shen sich auf, das Tier nicht aus den Augen lassend.

Noch immer bewegte es sich nicht.

Als Shen stand, überlegte er, ob er weglaufen sollte, doch der Tiger, da war er sich sicher, wäre ohnehin schneller als er. Wo war denn sein Stab? Oder sollte er einfach abwarten was geschah?

Er seufzte. Genau, wieso überhaupt gegen den Tiger kämpfen? Wieso, wenn man nicht wusste wofür?

Da gab die Raubkatze einen Laut von sich und kam langsam und anmutigen Schrittes auf ihn zu, was ihn automatisch zurück weichen ließ. Jedoch sah das Tier nicht so aus, als wollte es ihn angreifen, sein Schritt war langsam, fast geduldig, doch schleichen tat er auch nicht. Da hatte er Shen erreicht und sah zu ihm auf, den großen Kopf an seiner Hand reibend.

Was geschah hier nur?



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Jitsch
2012-09-23T20:55:01+00:00 23.09.2012 22:55
Ein sehr spannendes Kapitel. Ich fand es vor allem sehr gut, wie du alles beschrieben hast ohne dass man ein Wort von dem verstanden hat, was die Leute gesagt haben. Das hat sich irgendwie positiv auf die Beschreibungen ausgewirkt, weil du ja nicht einfach schreiben konntest, was gesagt wird. Jedenfalls konnte ich mir vor allem den Aufruhr auf dem Marktplatz sehr bildlich vorstellen.

So, jetzt bin ich aber gespannt, was es mit dem Tiger auf sich hat. Ich habe einen Verdacht, aber ich sag mal lieber nichts XD
Von: Futuhiro
2009-12-27T19:36:20+00:00 27.12.2009 20:36
Ein etwas religiös angehauchtes Kapitel. Ob es Gott gibt, wieso er Leid zulässt, was der Sinn des Lebens ist, ob es Schicksal gibt ... Einen Moment dachte ich, das artet aus, aber du hast dann doch super die Kurve gekriegt, als der Tiger ins Spiel kam.
Ich frag mich langsam, ob es irgendwann nochmal gelingt, alle Charaktere auf einen Haufen zu kriegen. Nun hat Tsuki Fukuro wieder, aber dafür ist Shen weg. Sehr mysteriös, das alles ^^
Von:  Heruvim
2009-05-13T10:45:41+00:00 13.05.2009 12:45
So, bin jetzt schon bei 14, toll nicht? ^^

Das Kapitel ... es war seeeehr zaeh >.>
Ausser dem, dass es keine wirklichen Spannenden Momente gab, wurde auch kuenstlerisch wenig geboten ... einfach eine Handlung so zu beschreiben ist langweilig, finde ich, da haette ich mich schon mehr gefreut, wenn wenigstens einige wenige Stilmittel verwaendet worden waeren.
Naja, ich kann damit leben, die Charaktere muessen sich ja auch wieder finden :P

Frage mich was die Daemonen als naechstes planen :D
Von:  BoogiePen
2008-06-12T16:59:27+00:00 12.06.2008 18:59
So, nach Langem endlich mal wieder ein Komentar meinerseits :P

Also um gaaanz ehrlich zu sein gefällt mir das Kapitel eher mäßig bis wenig. Das liegt vor allem daran, dass im Gegensatz zum letzten Kapitel viel weniger geboten wird was die Handlung betrifft. Irgendiwe passiert in diesem Kapitel einfach nichts Spannendes; die Schleichaktion kommt einfach nur in die Länge gezogen vor.
Überhaupt, insgesamt hinterlässt das Kapitel bei mir den seltsamen Eindruck, dass dein Schreibstil etwas müder klingt als sonst. Es plätschert eben so vor sich hin.
Gegen Ende gewinnt das Kapitel natürlic durch die Angelegenheit mit dem Tiger wieder an Schwung, doch auch diese Stelle ist - wie von dir bereits angekündigt - etwas unbeholfen. Da wäre in Sachen Spannungsaufbau sicher Einiges mehr drin gewesen.

Aber mac dir nix draus, wahrscheinlich lag das am niedrigen Ryuujin-Anteil :D
Von:  DINO2011
2008-03-18T12:47:47+00:00 18.03.2008 13:47
Also, ich finde das Kapitel nicht schlecht. Es ist gut beschrieben wie sich Shen fühlt, was sehr nachvollziehbar ist. Ich an seiner Stelle würde wahrscheinlich nicht viel anders handeln, kann ich mir zumindest vorstellen, dass ich nicht anders handeln würde. Auch ihr unerschütterlicher Glaube an die Götter und das Schicksal ist wegen ihrer bisher erlebten Dinge sehr nachvollziehbar.

>Der Raum dahinter schien eine Art Waffenlager zu sein, Schwerter und Lanzen, jedoch alle nicht besonders gut gearbeitet, an die Wand oder Halterungen gelehnt standen. <

Der Satz klingt für mich so, als hättest du ihn mitten unter dem Schreiben geändert. Es fehlt etwas, sieh es dir also bitte noch mal an.

Dann kommt jedoch etwas, dass ich einfach nicht kapiert habe.

>Dies ließ Tsuki ahnen, dass es sich bei den Haus um eine Art Wache handelt. Etwas, was sie schon vorher vermutet hatte, da der hintere Teil des Hauses aus Stein und stabiler gebaut war, als die anliegenden Häuser.<

Hier redest du davon, dass es aus Stein ist, aber da

>Sie brauchte nicht lange, um zu der Wache zu gelangen und hinter dieser wieder auf den Hinterbau zu springen, wo sie die Hand auf die hölzerne Wand legte.<

Sagst du, dass die Wand aus holz ist. Irgendwie hat mich das sehr verwirrt. Kann sein, das ich mir das einfach falsch vorgestellt habe, aber es ist für mich trotzdem etwas widersprüchlich.

Ein bisschen weiter unten schreibst du einmal, dass sie sich fürchtet, dass er das Loch in der Türe sieht. Nun, sie hat aber die Türe nur einen Spalt breit geöffnet, da dürfte eigentlich kein Loch sein, oder meintest du damit das Loch in der Wand?


„Tsuki?“, fragte Fukuro mit heiserer Stimme, doch sie reagierte nicht auf ihn, da nun bereits die beiden Soldaten, die sich kurz zuvor noch oben betrunken hatten, in der Tür und zu ihr.

Da dürftest du den Satz auch mitten drunter geändert haben. Es fehlt ebenfalls etwas, damit er wieder Sinn ergibt.
Von:  Chimi-mimi
2008-03-07T18:20:07+00:00 07.03.2008 19:20
ich mag die szene mit dem tiger! ich mag tiger ><

ähem, auf der ersten seite ist mir ein rechtschreibfehler aufgefallen, aber verlang im mom nicht zu viel von mir XD
das war auch nur zufall und ich weiß nicht mal mehr, was für einer es war ><

also auf alle fälle find ich das kap sehr gut gelungen und mag es!
vor allem hast du an so einer spannenden stelle aufgehört ¬.¬
Von: abgemeldet
2008-02-23T19:31:03+00:00 23.02.2008 20:31
Endlich auch mein Kommentar. :D
Ich mag das Kapitel. Ich hatte dir ja schon meine Meinung zum Anfang gesagt, als du ihn mir geschickt hast. Leider verliert der Teil über die nächste Seite oder so ein bisschen die Spannung. Klar ist es wichtig, dass man erfährt, dass Tsuki den SOldaten folgt, aber so in die Länge gezogen, killt es doch die Spannung. Auch die etwas langatmige Beschreibung, wie die Bewohner mit den Soldaten diskutierten, hat mir nicht so gefallen. Vielleicht trimmst du das ganze nochmal, damit es etwas knackiger wird? xD
DIe letzte Seite war dann aber wieder hammer. Du hast uns an beiden Handlungssträngen total den Cliffhanger gelassen! O__o Jetzt kann ich das nächste Kapitel kaum mehr erwarten. :)
Oh noch ein bisschen Kritik:
"Einer der Männer vorne im Haus schrak auf und meinte irgendwas."
Einer der Männer meinte irgendwas?? Das ist aber ein für dich ganz untypischer Stilbruch. Vielleicht "meinte etwas gehört zu haben." oder "sagte etwas zu seinem Freund/dem anderen Soldaten.", usw.
Ein bisschen mehr Kritik als sonst, ich hoffe, du nimmst es mir nciht übel. :)
Von:  Maron-Kusakabe
2008-02-22T10:54:39+00:00 22.02.2008 11:54
is wieder gut geschrieben, man fühlt sich richtig hineinversetzt ^^
mach weiter so un ich freu mich auf die Fortsetzung

Maron-Kusakabe ^_^


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