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Parasitäre Lebensform

Schuldig & Aya
von

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Minenfelder

"Einen schönen guten Tag und danke für Ihren Einkauf bei-"

Die Kassiererin stockte beim Runterrattern ihres einstudierten Textes, als sie den extrem genervten Gesichtsausdruck ihres Gegenübers sah.

Obwohl 'genervt' es nicht ganz traf, 'mörderisch' wäre wohl die bessere Bezeichnung gewesen.
 

Der gutaussehende junge Mann, der da auf der anderen Seite des Strichcodelesers stand, hob die Hand - einen Moment lang hatte die arme Frau Angst, er hätte eine Pistole und ihr letztes Stündlein hätte jetzt geschlagen - und knallte seinen Einkauf auf das Warenband.
 

Die Verkäuferin starrte einen Augenblick perplex auf die beiden Zahnbürsten und die Tütensuppe, bevor sie sie mit zitternden Händen über den Laser zog.

Sie musste sich zweimal räuspern, ehe sie mit schwankender Stimme den Preis nennen konnte. "Das macht dann-"
 

"Stimmt so." Der Fremde schnappte sich sein Zeug, knallte einen Schein aufs Band und verließ geradezu fluchtartig den Supermarkt.
 

~*~
 

Konnte der seinen Scheiß nicht selber kaufen?

Was bildete sich dieser unverschämte Hund von einem heruntergekommenen Junkie eigentlich ein? Er stand einfach ungebeten von den Toten auf, machte Stress, versaute den Teppich und anstatt sich einfach zu bedanken und abzuhauen - okay, er hätte sich nicht mal bedanken müssen, abhauen hätte völlig gereicht! - anstatt also einfach nur auf nimmer Wiedersehen zu verschwinden, nistete sich diese Zecke bei ihm ein!
 

Eine leere Coladose hatte das Pech zwischen Aya und seinem Auto zu liegen und wurde in hohem Bogen gegen die nächste Wand gekickt.

Und wie sollte er ihn bitteschön loswerden? Der war doch schlimmer als Schimmel!

Aya hatte sich schon heute Morgen zähneknirschend eingestehen müssen, dass er absolut nichts gegen den Telepathen unternehmen konnte.
 

Bei einem normalen Menschen hätte er natürlich einfach die Polizei rufen können, aber bei Schuldig erschien ihm das keine wirklich gute Idee zu sein. Wer konnte schon sagen, was dieser Irre mit den Typen anstellen würde? Mal ganz davon abgesehen, dass sich in ihm da ein Hauch von Mitleid für die Polizisten regte, wollte er sich den Ärger, den Schuldig hundertprozentig heraufbeschwören würde wirklich nicht zumuten - zumal die Erfolgsaussichten gegen Null gingen, optimistisch betrachtet.
 

Umbringen konnte er ihn auch nicht. Nicht wegen seines lächerlichen Vorsatzes. Inzwischen war er soweit, dass er ihn speziell für Schuldig mit Freuden über Bord geworfen hätte. Nein, so hart das auch war: Schuldig hatte absolut Recht gehabt. Gelegenheit verpasst. Schließlich hatte er annähernd zwei Jahre seines Lebens mit dem Versuch verbracht und war - wie er gestern Abend erfahren hatte - offensichtlich doch gescheitert. Schuldig war einfach zu schnell, um ihn auf herkömmliche Art zu ermorden.
 

Vielleicht könnte er ihn vergiften...

Ein versonnenes Lächeln ersetzte Ayas finstere Miene, als er diese Möglichkeit in Betracht zog, während er sich ans Steuer seines Wagens setzte und den Parkplatz verließ.

Aber nein, alles nur schöne Tagträume! Da war nämlich dieser eine, winzige Haken, der solche Pläne schon im Keim erstickte: Schuldig konnte seine gottverdammten Gedanken lesen!
 

Wie sollte man denn jemanden umbringen, wenn man nicht mal mit List und Tücke...

Außer er könnte Schuldig irgendwie dazu bringen, ihm zu vertrauen...

Der Wagen wäre fast von der Straße abgekommen und ließ ein erschrockenes Hupen hören, als Aya seinen Kopf aufs Lenkrad knallte.
 

So ein Blödsinn! Wie sollte das denn bitteschön gehen? Der Schwarz - oder Ex-Schwarz - war doch mindestens genauso misstrauisch wie er selbst. Und falls er den Plan nicht von Anfang an durchschauen würde, wäre da immer noch das Problem, dass das VERDAMMT LANGE dauern würde. Bis dahin wäre Aya dann sicher schon in der Klapse - oder bei dem Versuch draufgegangen, Schuldig doch umzubringen, quasi im Affekt.
 

Gott, er war ja jetzt schon das reinste Nervenbündel!

Seine Kollegen hatten ihn nach Hause geschickt, nachdem er einen Zwölfjährigen angeschrieen hatte, der sein Buch vor drei Tagen hätte abgeben sollen.
 

Schuldig war noch nicht mal 24 Stunden da, aber Aya war ständig gereizt, weil er immer befürchtete, diese arrogante Stimme wieder zu hören. Außerdem hatte er das Gefühl, ununterbrochen überwacht zu werden. Wer konnte schon sagen, wann dieser Psychopath wieder in seinen Gedanken herumspionieren würde?

Kurz und gut: er hatte schon jetzt eine handfeste Paranoia und der Tag, an dem er brabbelnd in einer Gummizelle sitzen würde, war nicht mehr weit entfernt, wenn das so weiterging.
 

Das schlimmste an Schuldig war, dass man keine Chance hatte, ihn einfach zu ignorieren. In gewisser Weise erinnerte er an eine Baustelle. Selbst wenn man sich Watte in die Ohren stopfte und so dem Lärm der Presslufthämmer entgehen konnte - da war dann immer noch der beißende Gestank von Teer.

Nein, der Vergleich war doch etwas an den Haaren herbei gezogen: Schuldig war viel schlimmer!
 

Eigentlich blieb ihm nur, auszuziehen. Aber das hieße ja Kapitulation und wenn etwas absolut nicht drin war, dann das! Das war SEIN Haus und da konnte nicht einfach so ein dahergelaufener Telepath kommen und ihn vertreiben! Wer war er denn, dass er so was mit sich machen ließe?!
 

Immerhin war da die - wenn auch unwahrscheinliche - Möglichkeit, dass Schuldig das mit seiner Lieblingsserie ernst gemeint hatte und er tatsächlich am Freitag gehen würde. Heute war Dienstag, also nur noch zwei, drei Tage und er wäre Schuldig los. Vielleicht war die ganze Sache aber auch nur eine besonders fiese Art, ihn zu quälen, indem Schuldig ihm erst Hoffnungen machte und dann doch blieb... das wäre dann geradezu perfide.
 

Aya hätte diese Vermutung nur zu gerne seiner wachsenden Paranoia zugeschrieben, aber ehrlich gesagt passte so was ganz gut zu Schuldig.

Gott, warum hatte dieses kranke Hirn sich eigentlich in den Kopf gesetzt, bei ihm zu bleiben?

Vielleicht brauchte Schuldig ja keinen besonderen Grund, um andere mit Freuden in den Wahnsinn zu treiben, aber es wäre dennoch denkbar, dass doch mehr dahinter steckte.
 

Wenn er den Grund für Schuldigs 'Besuch' herausfinden konnte, hatte er vielleicht die Möglichkeit, diesen zu beheben... Es widerstrebte ihm zwar zutiefst, Schuldig bei IRGENDETWAS zu helfen - man denke nur daran, was er das letzte mal davon gehabt hatte - aber noch schlimmer konnte es ja eigentlich kaum werden.

Verfluchte Scheiße! Da fällte man einmal eine irrationale Entscheidung!

Gottverdammt, es hatte sechs zu fünf gestanden! GEGEN Schuldig! DAGEGEN !!! Er hätte es doch besser wissen müssen! Die Rosen hätten das schon verkraftet...
 

Das Auto blieb mit einem Ruck stehen und gab ein langes, gequältes Hupen von sich. Es dauerte einen Moment, bis Aya seinen Kopf endlich wieder vom Lenkrad hob.

Zu spät. Das half jetzt auch nichts mehr.

Er musste sich irgendwie beruhigen. Schuldig freute sich doch, wenn er ausrastete. Darauf war der doch aus!

Aber nein. Er würde ruhig bleiben.

Eiskalte Überlegenheit. Ruhe. Gelassenheit. Selbstbeherrschung. Totale Kontrolle.

Er würde bis Freitag aushalten.
 

Und wenn diese Zecke, diese Schmeißfliege, dieser widerliche Parasit dann nicht ginge...

dann würde seine Rache furchtbar sein! Dann würde Aya zu einem Wesen werden, gegen das Abyssinian aussehen würde wie ein Schmusekätzchen! Er würde den Zorn Gottes bei weitem in den Schatten stellen! Er würde...

... am Freitag noch genauso machtlos sein wie heute.

Aya brach den Gedanken ab und schlug seinen Kopf lieber noch ein paar mal gegen das Lenkrad.

Es fing schon an. Er wurde wahnsinnig.
 

~*~
 

Schuldig saß auf dem Teppich, neben sich einen Eimer, in der Hand einen Lappen und wischte halbherzig auf dem braunschwarzen Fleck herum.

Wozu einen Langeweile so treiben konnte...

Aber behaupten, dass er hier fast vor Spannung umkam, konnte er jetzt auch nicht gerade. Blut und Schlamm ergaben zusammen offensichtlich eine Mischung, die nicht nur wunderbar in weiche, naturweiße Teppiche einzog, sondern diese dann auch hoffnungslos verklebte und sich dann gar nicht mehr von den zusammengepappten Fasern trennen wollte.

Nach einer halben Stunde Reiben war der Fleck blasser, aber auch um einiges größer geworden und Schuldig hatte so das leise Gefühl, dass ihm das niemand - und schon gar nicht Aya - danken würde.
 

Aya... Gott, er hatte ja noch nie viel über den Weiß nachgedacht, aber nachdem er einen Tag lang sein Haus durchwühlt hatte, war er sich ziemlich sicher, dass dieser nichts aber auch gar nichts zu verbergen hatte - bis auf die Killer-Sache. Aber das zählte nicht.

Himmel, der Typ hatte echt ein langweiliges Leben. Eigentlich sollte er Schuldig dankbar sein, dass da mal ein bisschen Leben rein kam... ins Leben...

Oh Gott, jetzt litt sogar schon Schuldigs Humor unter Langeweile.
 

Na ja, wie auch immer, der Deutsche hatte sich jedenfalls schweren Herzens vorgenommen, Aya nicht mehr bis zur Weißglut zu reizen zumindest nicht absichtlich. Na ja, er würde sich Mühe geben. Schließlich musste er ja jetzt eine Weile mit Aya auskommen - ob er wollte oder nicht. Und solang dieser nicht allzu wütend war, passierte bei ihm offenbar nichts in punkto Telepathenabwehr und das sollte auch möglichst lange so bleiben.

Der Unterhaltungswert seines kleinen Landurlaubs nahm scheinbar stetig ab...
 

"Was glaubst du, was du da machst?" Juchu! Aya war zu Hause. Und mit ihm die Lebensgefahr. Na ja... mehr oder weniger. Aber wenigstens würde er sich jetzt vorerst nicht mehr zu Tode langweilen.

Schuldig stand auf und besah sich den Teppich, dann zuckte er die Schultern. "Tja... den Fleck vergrößern. Aber ich schwöre dir, das war nicht so geplant."

"Kannst du eigentlich irgendwas?"
 

Oh Mann. Warum hatte Schuldig sich nur vorgenommen, Aya nicht mehr zu ärgern? Diese Frage schrie doch praktisch nach einer zweideutigen Antwort!

Aber Schuldig würde stark bleiben. Aya machte das extra. Bestimmt. "Ich kann Leute dazu bringen, mir Geld zu schenken... oder ihre Kreditkarten samt Geheimzahl. Das reicht zum Leben."

"Was willst du dann noch hier?"
 

Aya ging in die Küche und fing an, die Suppe zu kochen, Schuldig folgte ihm und setzte sich an den Küchentisch.

Er riskierte einen Blick in den Geist des Rotschopfes. Der schien sich einigermaßen beruhigt zu haben, zumindest dachte er nicht mehr ununterbrochen an Mord und Totschlag. Also kein Grund für Schuldig so übervorsichtig zu sein. Trotzdem ging er nicht weiter auf die Frage ein, sondern richtete das Augenmerk auf wichtigere Themen.
 

"Hast du mir Zigaretten mitgebracht? Meine sind alle. So ungefähr seit zwei Stunden."

"Nein. Aber ich hab dir ne Zahnbürste gekauft."

"Und? Was hab ich davon? Soll ich die rauchen?"

"Hier wird nicht geraucht."

"Nicht geraucht?! Willst du mich umbringen?"

"Muss ich darauf antworten?"
 

"Ja, schon klar. Aber das sind echt unfaire Mittel! Du kannst mich doch nicht auf Entzug setzen. Das ist Folter. In diesem ganzen beschissenen Haushalt gibt es nichts außer Langeweile. Ich brauche Abwechslung. Kauf dir nen Fernseher! Und ein Radio oder

zumindest eine anständige CD!"

"Wenn hier irgendwas Folter ist, dann dein Gequatsche! Es zwingt dich doch niemand, hier zu bleiben. Im Gegenteil."

"Sei doch nicht so feindselig."
 

"FEINDSELIG?! Ja was erwartest du denn? Du tauchst hier mitten in der Nacht auf, bist dreister weise noch immer am Leben und wenn ich dich in einem Anfall geistiger Umnachtung wieder zusammenflicke, dann höre ich kein 'Danke', nein, im Gegenteil! Ich hab einen nervigen Telepathen an der Backe, der nicht nur meinen Kühlschrank leer frisst, meine Kleidung trägt, meine Zahnbürste benutzt, sämtliche Schränke durchwühlt und meine Wohnung zuqualmt: Nein, er weigert sich auch noch hartnäckig zu gehen und wirft einem dann - und das setzt dem Ganzen die Krone auf - FEINDSELIGKEIT VOR! WIE STELLST DU DIR DENN DA BITTE MEINE ANGEMESSENE REAKTION VOR?!"
 

Schuldig sah den brüllenden Aya vor sich perplex und - wie er widerwillig zugeben musste - ein wenig eingeschüchtert an. Mist, das hatte er doch vermeiden wollen. Dass Aya bei so einer Kleinigkeit aber auch gleich derartig austicken würde...

"Ähm... Danke?"

Jetzt war es an Aya völlig verdattert rumzustehen. "Was?"

"Na ja... Danke. Für das Zusammenflicken. Das war... na ja, dumm... aber moralisch sehr... vorbildlich... nehm' ich an."

Aya starrte den Deutschen, der da so lässig grinsend vor ihm saß, fassungslos an. Hatte der sich eben bedankt? Oder hatte es doch Nebenwirkungen, wenn man mit dem Kopf aufs Lenkrad schlug?

Ja sicher, Schuldig hatte ihn praktisch im selben Atemzug noch beleidigt, aber er hatte sich bedankt. Aya war sprachlos und wandte sich wieder seiner Suppe zu.
 

Schuldig beobachtete fasziniert, welche Wirkung seine Worte hatten. Wow, mit so durchschlagendem Erfolg hatte ja nun echt keiner gerechnet - eher mit einem weiteren Wutanfall. Aya zu verwirren war schwieriger, aber fast noch lustiger, als ihn zu ärgern.

Für eine Weile sagte keiner etwas. Aya kochte Suppe und Schuldig grinste vor sich hin.
 

"Du kennst das Wort 'moralisch'?", durchbrach Aya nach einer Weile die Stille. Er ärgerte sich über sich selbst. Wie konnte er sich von diesem so locker dahingesagten 'Danke' nur so den Wind aus den Segeln nehmen lassen?

"Ja, hab's vor kurzem mal nachgeschlagen..." Schuldig grinste schief. "Hab ich dir schon gesagt, wie umwerfend ich deinen Humor finde?"

/...Ruhe...Gelassenheit...Selbstbeherrschung...Kontrolle.../
 

Schuldig zog es vor, jetzt still zu bleiben und aufs Essen zu warten. So wie sich das anhörte, wirkte Ayas Verblüffung nicht lange und er wurde langsam wieder wütend.

Diese cholerischen Anfälle waren bestimmt nicht gut für den Blutdruck. Schuldigs Grinsen wurde breiter und er konnte sich nur mit äußerster Mühe davon abhalten, Aya darauf hinzuweisen. Er hatte irgendwie das Gefühl, dass seine gut gemeinten Ratschläge in diesem Fall keine Beachtung finden würden...
 

Es war aber auch so ziemlich unterhaltsam den Gedankengängen seines Gastgebers zu folgen.

Nicht unbedingt schmeichelhaft aber unterhaltsam.

Aya dachte gerade darüber nach, wie er ihn los werden konnte. Schuldig stellte mit einer gewissen Erleichterung fest, das der Rotschopf nicht die geringste Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte. Er wirkte echt verzweifelt, zog sogar in Erwägung, Schuldig zu-

Der Telepath wäre fast vom Stuhl gekippt, als er das hörte. "Moment mal. Du willst mir helfen?"
 

Aya, der so unvermittelt in seinen Gedanken unterbrochen wurde, zuckte zusammen und warf Schuldig einen finsteren Blick zu. "Von 'wollen' kann hier überhaupt nicht die Rede sein."

"Ja, bla bla... aber du würdest?"

Aya blieb stumm und starrte noch ein bisschen finsterer in die Suppe. Konnte sein Leben eigentlich noch schlimmer werden?

"Ach weißt du, schlimmer geht immer."

"Hör gefälligst auf, meine Gedanken zu lesen!" Aya schaltete den Herd aus und knallte die Suppe auf den Tisch, dass ein Schwall auf die Tischdecke niederging. Dem Topf folgten Teller und Löffel, die wahrscheinlich auch eine sanftere Behandlung verdient hätten. Schuldig war ja ehrlich verblüfft, dass Aya überhaupt für ihn mitdeckte.
 

"Ich frag mich, wieso sich das immer alle so einfach vorstellen. Ich mein, wenn du ein paar Meter entfernt wärst, okay. Aber so ist das als würde Musik laufen und du sagst mir, ich soll weghören. Das ist ungefähr so bequem, als müsste ich mir ständig die Ohren zuhalten."

"Wen interessiert's denn bitte, ob du es bequem hast?"

"Und wen interessiert's, ob ich deine Gedanken kenne?"

Die beiden starrten sich finster an, bevor sie beschlossen, sich gegenseitig so gut es ging zu ignorieren, und in wutgeladenem Schweigen ihre Suppe löffelten.
 

Aya dachte immer noch darüber nach, wie er Schuldig loswerden konnte und war dabei mit Beleidigungen nicht gerade zimperlich. Hallo? Telepath anwesend! Konnte Aya sich nicht ein bisschen zurücknehmen? So was laut zu denken war doch grob unhöflich!

Langsam wurde sogar Schuldig wütend. Er neigte ja normalerweise dazu, die Dinge nicht so ernst zu nehmen und sich nicht über Kleinigkeiten aufzuregen, aber Aya nervte ihn langsam wirklich. Wie konnte man nur so unflexibel sein? Es konnte doch wohl kaum so ein riesiges Problem sein, einen alten Bekannten mal für ein paar Tage bei sich aufzunehmen!
 

Und Schuldig hatte sich doch auch wirklich zuvorkommend - ja, geradezu unauffällig - verhalten. Meinte der denn, ihm gefiel es, hier festzusitzen? Hier gab's doch echt nichts, aber davon jede Menge. Wenn er es sich aussuchen könnte, wäre er auch lieber nicht angeschossen

worden. Aber man musste halt auch manchmal Kompromisse eingehen...
 

"Gut."

Schuldig sah auf.

Aya hatte sich offensichtlich wieder im Griff und sah ihn misstrauisch an. Er zögerte einen Moment, holte dann aber tief Luft und fragte: "Warum zum Teufel bist du hier und was muss ich tun, damit du wieder verschwindest?"
 

"Ach, die Tour schon wieder. Das kannst du vergessen! Ich hab mich wirklich wahnsinnig bemüht, dir nicht au die Nerven zu fallen. Ich habe mich bei dir bedankt. Denk ja nicht, dass mir das so leicht fällt! Ich hab nichts kaputt gemacht, obwohl mir langweilig war. Mehr noch: Ich habe sogar alles wieder mehr oder weniger an seinen Platz geräumt. Ich hab sogar den scheiß Teppich geputzt, obwohl ich für solche Arbeiten ja wohl absolut überqualifiziert bin. Also tu nicht so, als ob du unter meiner Anwesenheit in irgend einer Weise leidest! ICH WAR NÄMLICH BIS EBEN NOCH WAHNSINNIG NETT !!!"
 

Aya saß mit versteinerter Miene da und starrte Schuldig an. Er hatte ihn noch nie wütend erlebt. Normalerweise war er immer irritierend ruhig, schien allem und jedem nur mit einem herablassenden Lächeln zu begegnen. Und jetzt schrie er hier rum, war sogar aufgestanden.

Aya sah ihn nachdenklich an und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. "Bist du fertig? Erzählst du mir jetzt, wer dich angeschossen hat und warum du mein Haus nicht verlassen willst?"
 

Schuldig erstarrte. Dann stand er auf einmal direkt vor Aya, stützte sich rechts und links von ihm auf der Rückenlehne ab und beugte sich soweit vor, dass ihre Gesichter sich fast berührten. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt und blitzten gefährlich. "Hast du eigentlich keine Angst, dass ich dich umbringe?", zischte er ungehalten.
 

Aya hatte sich nicht geregt. Er sah Schuldig nur nachdenklich an. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Telepathen, wenn er sich derartig aus der Ruhe bringen ließ. Natürlich konnte das am Nicotinentzug liegen, aber wahrscheinlich steckte mehr dahinter. Aya wollte ihn jedenfalls nicht noch provozieren, indem er noch länger schwieg.

"Nein, ehrlich gesagt habe ich keine Angst. Es machte auf mich auch eher den Eindruck, als würdest du meine Hilfe brauchen."
 

Schuldig starrte in die violetten Iriden, die ihn immer noch kühl musterten und fragte sich, was um Himmels Willen hier falsch gelaufen war.

Warum war er auf einmal derjenige, der total überreagierte und noch wichtiger: Warum zum Teufel war Aya plötzlich so scheiß ruhig?

Wie konnte der auf einmal so verdammt selbstsicher sein, wo doch er, Schuldig, scheinbar alle Trümpfe in der Hand hielt?

"Du irrst dich!" Schuldig zwang sich zu einem überlegenen Grinsen, bevor er sich abstieß und die Küche verließ.
 

Hilfe... So ein Blödsinn! Mit diesen Typen - egal, wer sie waren - würde er auch ganz sicher ohne Ayas Hilfe fertig werden. Das wäre ja noch schöner, wenn er jetzt immerzu winselnd zu seinen Ex-Feinden kriechen und um Hilfe bitten müsste, sobald irgendjemand ihm dumm kam. Falls es jemals soweit kommen sollte, würde er sich ja vorher erschießen! Noch tiefer konnte man dann ja kaum noch sinken.
 

Er verschwand in Ayas Schlafzimmer und ließ die Tür laut hinter sich zuknallen. Wenn Aya auf Streit aus war, sollte er nur versuchen, dieses Zimmer wieder zurück zu erobern, aber so lebensmüde würde er ja wohl kaum sein.

Und tatsächlich machte Aya keinen Versuch, Schuldig zu folgen. Er hatte sich den Küchenstuhl zum Fenster gedreht und sah gedankenverloren hinaus.

Es hatte wieder angefangen zu regnen, nur ganz leicht, aber ausdauernd. Er saß noch lange da und sah zu, wie es langsam dunkel wurde.
 


 

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Na ja... das ist irgendwie aus dem Ruder gelaufen.

Also erfahrt ihr das nächste mal,

wie es Aya-chan so geht,

was Aya in seiner Freizeit macht

und wer seine Nachbarn sind.

Hoffe ich jedenfalls...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  silvermoonstini
2008-02-23T02:20:10+00:00 23.02.2008 03:20
Auch wenn du meinst dass dieses Kapitel aus dem Ruder gelaufen sein soll, finde ich es doch sehr amüsant! Die beiden sind ja schon hochlustig wenn sie sich mit ihren eigenen Gedanken beschäftigen, aber zusammen sind sie der absolute Knaller!


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