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Rezension: Grimoire Band 1 + 2 Grimoire, Germanga, Review

Autor:  Jitsch
Ich melde mich mal wieder mit einer Rezension!
Vielleicht schaffe ich demnächst auch noch ein paar andere deutsche Werke, z.B. Life Tree's Guardian (ist ja jetzt abgeschlossen) und die Anthologien Baito Oh! und Shounen Go! Go!, die noch bei mir im Regal stellen. Nun fangen wir aber doch mal an mit "Grimoire" von Marika demoniacalchild Herzog, dessen zweiter Band zur aktuellen Leipziger Buchmesser erschienen ist.

Nun, die „klassische“ Fantasy verläuft immer in ähnlichen Bahnen: in einer Welt voller dunkler Wälder, gefährlicher Meere und himmelhoher Berge leben neben den Menschen allerhand magische Wesen wie Elfen, Drachen oder Hexen. Der Held solcher Geschichte ist meist ein „Auserwählter“ - im weiteren Sinne. Entweder durch Geburt oder weil er einen besonderen Gegenstand besitzt (im letzteren Fall fällt ihm dieser meist eher zufällig in die Hände). Eine solche klassische Fantasy-Story dreht sich meist darum, einen dunklen Herrscher von einem Dunklen Thron zu stoßen. Oder ein magisches Artefakt (meistens Schmuckstücke) , eventuell auch dessen Einzelteile zu suchen. Oder beides, weil das Artefakt zum Sturz des dunklen Herrschers unbedingt nötig ist.

Nun zu Grimoire: In einer Welt voller dunkler Wälder, gefährlicher Meere und himmeloher Berge leben neben den Menschen allerhand magische Wesen wie Elfen, Drachen oder die Dämonen des Drachenclans, gegen den die Menschen seit Jahrtausenden Krieg führen. Der Held dieser Geschichte, ein gewisser Darian, gehört zu diesem Clan und muss auf dessen größten Schatz aufpassen – das Grimoire, eine Art Zauberbuch. Zusammen mit seinen Begleitern Maik und Feh macht er sich auf, um einen Ort zu erreichen, der alle Wünsche verwirklichen können soll - in seinem Fall den, dass seiner Welt endlich Frieden geschenkt werde.

Wie, das klingt nicht besonders neu?

Ist es auch nicht. Wohlwollend kann man sagen, dass Grimoire einem Genreliebhaber genau das bietet, was er davon erwartet. Wer klassische Fantasygeschichten nach dem oben genannten Schema zu eintönig findet, wird auch in Grimoire nicht viel finden, was die Story besonders aus der Masse hervorhebt. Nett ist allenfalls das mit Flügeln versehene und sprechende Grimoire, liebevoll „Grimi“ genannt, was allerdings keinen nenneswerten Einfluss auf den Gesamteindruck hat.

Aber muss denn immer alles neu sein?

Natürlich nicht. Gerade im Manga-Genre bewegen sich Geschichten oft auf so ausgetretenen Pfaden, dass es vor allem auf die Präsentation ankommt. Eine Story kann noch so banal klingen, vor allem kommt es hier auf die Präsentation der Charaktere, innere Logik und natürlich den Zeichen- und Erzählstil an. Weiß also der Manga-Epos von Marika Herzog in dieser Hinsicht zu überzeugen?

Nach Band 1 hätte ich bestenfalls gesagt: Jein.

Der Erzählstil im ersten Band ist vor allem eines: Konfus. Wir steigen ins Geschehen ein, als Darian und Maik  schon mitten auf ihrer Reise sind und sie eine Fremdenführerin suchen, so dass sich ihnen Feh anschließt. Was genau bis dahin das Ziel der Reise war, bleibt unklar, denn im dritten Kapitel stoßen sie durch Zufall auf eine Karte und einen Kompass, die irgendwie den Weg zu einer nicht näher bestimmten Zahl an Artefakten und einem „Ort, der die Macht hat, alles zu verwirklichen, was man will“ zeigen sollen.
Diesen sucht aber scheinbar auch eine geheimnisvolle Sekte, von der allerdings nur ein Mitglied im ersten Band auftritt, das sich als der klassische Bösewicht präsentiert (inklusive bösem Kichern, Augenklappe und Hörnern). Welches den Helden sofort die Karte abnimmt - aber kein Problem, denn der Mentor von Feh (die sich nebenbei als nicht irgendeine Elfe sondern deren Prinzessin herausstellt) hat noch eine Kopie davon im Schrank.
Ansonsten passiert im ersten Band nichts, was sonderlichen Eindruck machen würde: Ein auf den Blick mit der Story nicht zusammenhängender Kampf gegen eine Lebensenergie saugende Dämonin, die Trauer um einen Drachen, der gut zehn Seiten nach seinem ersten Auftritt stirbt, eine geheimnisvolle Begegnung von Darian im Traum mit der Gründerin des Drachenclans (der nicht besonders lange dauert, während dessen der Junge aber eine Woche im Schlafzustand ist - dabei heißt es doch, im Traum vergehe die Zeit viel schneller) und ein weiterer erfolgloser Angriff des Klischee-Bösewichts, der sich in kürzester Zeit in die Flucht schlagen lässt und dann mit seinen Kumpanen (die ihm offenbar nicht zur Hilfe eilen wollten) in einen dunklen, dunklen Wald verfolgt werden muss.

Beim Lesen des ersten Bandes fällt vieles negativ auf: die Charaktere sehen im ersten Kapitel noch vollkommen anders aus als im darauffolgenden Band, man erkennt sie aber auch danach meist eher an ihrer Haarfarbe, da die Gesichter von Zeichnung zu Zeichnung unterschiedlich wirken. Gerade die Hintergründe sind oft sehr detailliert, manchmal so detailliert, dass wichtige Gegenstände (wie in einer Szene der Kompass) in ihnen überhaupt nicht hervorstechen. Verwirrend sind teilweise auch nicht gekennzeichnete Szenenübergänge, in denen einfach das nächste Panel kommt und man sich erstmal orientieren muss, dass jetzt der Schauplatz gewechselt hat. Auch wird teilweise der Fokus falsch gesetzt, so verbringen wir eine Doppelseite damit, dass Darian nicht weiß, wie er zu seiner Herberge kommt (was ihm letzten Endes gar keine Probleme bereitet), während wir auf einem Mini-Panel von der Existenz des Wünsche erfüllenden Ortes erfahren.

Die meisten Schwächen legen sich im Fortsetzungsband, gerade der zeichnerische Fortschritt ist riesig - eigentlich kein Wunder bei zwei Jahren Wartezeit. Der Stil wirkt um einiges sicherer, der Erzählstil gewinnt an filmischer Tiefe und auch die Situationskomik sitzt sehr viel besser. Optisch macht das ganze jetzt einiges mehr her, ohne dass sich der Stil komplett ändert. Eine kleine Schwäche bleibt die mangelde Übersicht über größere Szenerien, genannt sei eine Szene, in der die Gruppe ein "vollständig zerstörtes" Dorf antrifft: Auf den Panels sind bestenfalls drei Häuser zu sehen. Noch dazu fehlen zwar Teile von Fensterscheiben und ganzen Wänden, es sind aber nirgendwo Trümmer zu sehen. Nähere Ansichten dagegen wirken sehr episch und erzeugen die passende Atmosphäre.
Ein kleineres Manko, das ich auch schon in Band 1 beobachtet hatte, sind teilweise schlecht zuzuordnende Sprechblasen, da diese oft nur rund sind und keinen Hinweis geben, wer spricht. Dies lässt sich allerdings meistens erraten. Raten muss man teilweise auch, ob Sätze, die nicht in Sprechblasen stehen sondern quer über dem Bild stehen eher gesagt oder gedacht werden, da vom Zusammenhang her beides vorkommt. Hier könnte man sich noch ein wenig mehr Konsequenz wünschen, da ansonsten der Erzählstil wie gesagt viel besser geworden ist.

Außerdem gewinnt die Story in Band 2 an Tiefe, da langsam näher auf die Hintergründe des Krieges gegen die Drachendämonen eingegangen wird. Von diesem Krieg ist im übrigen die ganze Serie über nicht viel zu sehen, lediglich oben erwähntes (und offenbar schon länger zerstörtes) Dorf zeigt das Leid, das vom Hauptcharakter immer wieder bejammert wird. Ein neuer Charakter wird ebenfalls eingeführt, der allerdings keine stimmungstechnische Bereicherung darstellt, da er meist genau so schlecht drauf ist wie Maik über weite Teile der Story. Dafür erweist er sich als überaus nützlich, da er die Helden nicht nur in die gesuchte Wasserstadt führt (obwohl er dort als Landesverräter gilt und, da er auch noch auf offener Straße herumläuft, sofort festgenommen wird, allerdings zusammen mit Darian und Co.), sondern auch noch praktisches Hintergrundwissen über den Aufenthaltsort des Artefakts hat.

Die Charaktere hatten in Band 1 bereits eine ordentliche Basis bekommen. Da der Cast relativ übersichtlich ist, stellt das auch keine große Schwierigkeit dar.
Wir haben Darian, den herzensguten (man könnte auch sagen: naiven) Jungen, der vor allem den Krieg beenden möchte, ansonsten aber eher kindlich wirkt. Nur er kann das Grimoire richtig benutzen und schwingt dank dessen Magie eine Sense, die er allerdings kaum halten kann - wie ein Held kommt er dadurch nicht rüber, aber das macht den Charme zu einem Großteil aus. Falls es irgendwem übrigens noch nicht genug ist, dass er der Auserwählte des Grimoires ist und als einziger aus dem Drachenclan die Drachensprache beherrscht, in Band 2 stellt sich außerdem noch heraus

Spoiler
dass er der Prinz seines Clans ist.
Als hätte die Story mit Feh (Prinzessin der Elfen) und dem Neuzugang Lucian (Prinz der Wasserstadt) nicht schon genug königliche Hauptcharaktere in dem Ganzen.

Sein bester Freund und Beschützer, Maik ist meistens eher schlecht drauf, knuddelt Darian aber scheinbar ganz gerne und reagiert eifersüchtig auf jeden, der seine Nähe sucht(sowas mögen die weiblichen Fans...). Nach einem coolen Auftritt in Band 1 bleibt es um ihn allerdings eher ruhig, da seine Fähigkeiten ansonsten auf elementarste Magie beschränkt scheinen.
Hilfreich ist dann schon eher Feh, die wiederum mit ihrer Magie (die sie auch zu kosmetischen Anpassungen benutzt), ihren Ortskenntnissen und ihrer Unternehmungsfreude immer vieles voranbringt. Nebenbei bleibt sie mit ihrem befehlerischen Ton gegenüber allen nicht unbedingt sympathisch, aber eine ordentliche Vertreterin des ansonsten in der Story praktisch nicht vertretenen weiblichen Geschlechts.
Dann wären da noch die Sidekicks- zumindest kommen ein Buch mit Flügeln, das meistens dumme Kommentare auf Lager hat (Grimoire, von den anderen liebevoll "Grimi" genannt) und ein lila Babydrache am ehesten als solche rüber, auch wenn sie für die Story ungemein wichtig sein sollen - bis auf eine kurze Andeutung, dass das Grimoire vielleicht eher Darian benutzt als umgekehrt, liegt über die beiden noch das meiste im Dunkeln.

Insgesamt spreche ich die Empfehlung aus, dass man zumindest auch mal in Band 2 reingelesen haben sollte, bevor man die Serie wegen des Chaos, das Band 1 bietet, gänzlich abschreibt. Nach wie vor ist und bleibt das ganze klassische Fantasy, und wenn man so etwas grundsätzlich zu abgedroschen findet, werden vermutlich auch nicht die liebenswerten Charaktere dran ändern. Jedem, der einigermaßen was damit anfangen kann, sei das Werk jedoch empfohlen, trotz der kleinen Schwächen, die sicher in Band 3 noch weniger werden (und hoffen wir mal, dass es bis zu dessen Erscheinen nicht wieder so lange dauert).

Jitsch*


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