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Die neue Generation? Alltag, Lifestyle

Autor:  Ladeniel
Hallo, ihr krisengebietsgeschädigten Vorpubertätserwachsenen, WIE SEID IHR SO DRAUF?

Der letzte Satz ist gleichzeitig der Titel eines Threads im Animexx-Forum, der mich, als ich mal so draufklickte, zum Sinnieren gebracht hat.
Darin wird gefragt, ob man gern auf Parties bzw. in Discos/Clubs geht, trinkt, raucht, was man für ein Typ ist (angeboten werden einige grobe Stereotypen) und wie man sich in Gesellschaft verhält. Am Ende wird als große Frage gestellt: Lebt ihr euer Leben oder sucht ihr immer etwas Festes?

Normalerweise mag ich vorgegebene Fragen in Erstposts nicht, weil sie dazu verleiten, dass sich 746 Antworter die Fragen rauszitieren, beantworten und das Ganze dann reinknallen - Diskussionen kommen da nicht so häufig auf, aber solange Animexx es so fein findet, hänge ich mich nicht daran auf. Aber wie gesagt, ich bin mal reingegangen.

Bevor mir jemand Steine in die Schuhe wirft - nein, ich habe den Thread nicht sorgfältigst analysiert, aber mir ist aufgefallen, dass eine ganze Menge Leute sich nicht nur negativ zum Thema Disco/Parties äußerten (im Sinne von "Ich geh nicht hin") sondern auch ein wenig abfällig, also mehr in die Richtung "primitives Bumbum", "sinnloses Besäufnis", "bekloppte Leute" - nein, nichts zitiert.

Ist diese Art der Sozialisierung, die früher mal als cool galt (ich weiß, ganz früher), heute das neue .... Anti-Anti-Mainstream im Sinne von ... das alte Cool?
Ich WEISS, wir haben einen üblen Generationskonflikt und ich spreche dabei nicht von Oma und mir, sondern von meiner kleinen Schwester und mir und das sind fünf Jahre, trotzdem hat es dieser Altersunterschied irgendwie geschafft, dass diese Generation eine Art Bohéme geworden ist.

Ich schweife ab, aber lassen wir's mal fließen: Als ich "jung" war und ich meine damit dieses "Panta Rhei"-Alter, in dem wirklich ALLES fließt und zwar immer dahin, wo es die Krümmungen der Subkulturen hinlenken, waren wir alle Punks und so wahnsinnig damit beschäftigt, auch "link" genug zu sein, dass wir das Denken vergaßen. Das war in dem Alter okay, wir hockten auf dem Boden in Parks, tranken Mischbier und ließen uns von Alkoholikern jenseits der Fünfzig die Welt erklären. Erwachsen wurden wir dann auch irgendwann.

Meine Schwester sitzt nicht auf dem Boden und wenn doch, dann nur, wenn er mit Ketchup und/oder Farbe bekleckert ist. Ihr Account bei einer bekannten Onlinecommunity hat ein Fotoalbum, in dem meistens drei bis vier Fotos sind, deren Entstehungsprozess von drei Tagen bis drei Wochen gedauert hat. Diese macht sie zusammen mit Freunden, die zartfühlend-trockene Profiltexte haben und anstand Nick-Names Nick-Aussagesätze.

Obwohl ich vielleicht vorurteilsbelastet bin, beeindruckt mich das ein wenig - ich mag die Ästhetik, wahrscheinlich deswegen, weil es zu "meiner" Zeit keine gab. Wir waren ungekämmt, ungeschminkt und in unförmiger Kleidung, weil wir damit gegen irgendwas waren - und diese Jugendlichen machen einen milden, melancholischen - aber nicht depressiven - Eindruck.

Ich frage mich nur, was WILL diese "Subkultur", was wollen diese tausend Hobbyfotografen mit ihren melancholisch-bunten Bildern mir sagen? Die Punks waren dagegen, die Emos waren depressiv, die Gothics waren böse - so kannte man das und diese Klischees wurden von Zeitungen wie der Bravo auch brav mitgetragen. Aufmerksamkeit wollen sie immer, deswegen ist man ja jung, aber was ist die skandalöse These der Fotografiekünstler, die sich so seltsam nachgiebig zeigen?

Ich fange an, sie schrecklich ernstzunehmen, vielleicht, weil sie so wenig Angriffsfläche bieten. Meine Schwester ist jetzt 14, Epileptikerin seit 1,5 Jahren und ihre neuesten Fotos gefallen mir so gut, dass ich sie als Poster an meine Wand hänge. Die Gedichte, die sie mir gezeigt hat, sind auch gar nicht übel - Blut, Schmerz und Tod kommen seltener vor.

Nehmt ihr diese fixe (Sub-)Kulturbildung in der Jugendszene wahr? Ernst?

Um den Kreis wieder zu schließen - wie seid ihr so drauf?
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Datum: 10.11.2010 18:30
Ehrlich gesagt... Ich habe eher wenig Berührungspunkte mit Jugendlichen und vermutlich fiel mir deshalb gerade die Kinnlade herunter, als ich deinen Eintrag las. Ich nehme Menschen, die halb so alt sind wie ich, eher als Vertreter der Checker- bzw. Tussen-Fraktion wahr. Und gehe ihnen darum aus dem Weg. Ich habe nämlich eher das Gefühl, die neueste Mode ist, sein Mützchen möglich dümmlich auf dem Kopf zu tragen (Wie so ein Deckelchen für die Haare... bloss nicht die Frisur ruinieren!), in weitgehend unverständlicher Sprache zu reden (Meist ist das Deutsch, vermute ich. Aber beschwören könnte ich es nicht.) und tiefgehende Gespräche über sämtliche Farben des heimischen Schminkkastens zu diskutieren. Mag sein, dass das zu meiner Zeit auch schon so war, aber ich war ein Aussenseiter und habe mich daher nicht so wirklich mit diesen Themen befasst. Damals habe ich begonnen, Jugendlichen aus dem Weg zu gehen. Und das halte ich bis heute so.
Doch wenn ich so lese, dass es da auch andere Entwicklungen gibt, freut mich das ungemein. Es macht mich neugierig. Vielleicht sollte ich mich auf Erkundungstour begeben...
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Datum: 10.11.2010 20:16
Hmm, ich kann nicht sagen, du hast vollkommen recht oder ich weiss von was du sprichst.
Das es diese Fotografiererei gibt, weiss ich, aber das sie so extrem ist, nicht.
Was sie will? Keine Ahnung. Sich ausdrücken vielleicht. Der Welt sein inerstes zeigen auf einem Weg wie er meistens nur Künstlern bekannt ist.
The world is dark. So, come to my side, 'cause I have cookies.
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Datum: 10.11.2010 20:32
Soweit ich weiß ist das sogar Fotoszene intern ein großes Problem, weil es da viele Wannebe's gibt, die die Leute aufregen, die das mit Herzblut machen.
So frei nach "Meine Mama hat mir diese ultratolle Spiegelreflexkamera geschenkt, jetzt bin ich Fotograf.! D:<"

Fotografieren ist auch imo ein recht einsteigerfreundliches Gebiet, um künstlerisch aktiv zu werden, die meisten denken da nicht über den goldenen Schnitt oder so nach, die knipsen einfach, was sie schön finden, und ab da wirds dann gephotoshopt. /D
Deswegen ist das momentan auch so modern, glaube ich. Klar gibts da wieder Leute, die das besser machen oder ernster als "Meine Freunde und ich".. aber im Grunde ist es ziemlich leicht, beim Fotografieren + Bearbeiten auf ein vernünftiges Niveau zu kommen. °__°
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Datum: 10.11.2010 20:41
Hmm, die Jugendlichen, mit denen ich zur Zeit so in Berührung komme sind zum einen 11-14 (meine Pfadfinder-Jugendgruppe, die ich betreue) und zum anderen 17 (meine Gastschwester) Jahre alt, und das sind, möchte ich meinen, ganz normale Teenager. Also keine von der geistesgestörten Fraktion, die sich alle möglichen Körperöffnungen mit Suchtstoffen vollpumpen, anderen Kindern ihr Milchgeld klauen und gewalttätige Handyvideos ins Netz stellen. Die Kiddies versuchen halt cool zu sein, klopfen Sprüche und finden Mädchen/Jungs total affig. Meine Gastschwester geht in die Disko, trinkt Alkohol, raucht aber nicht(s), treibt sich nicht rum und zieht sich weit entfernt von nuttig an.
Die Fotografierfraktion kenne ich auch, allerdings mehr aus meiner eigenen Generation. Die sensiblen Künstler halt, die mitunter nicht so recht wissen, was sie mit der Welt um sich herum anfangen sollen und auf diese Art versuchen, sich in ihr zu orientieren. Ihren Eindrücken Ordnung beizubiegen. Oder so ähnlich...
"'Multiple exclamation marks,' he went on, shaking his head,
'are a sure sign of a diseased mind.'"

aus "Eric" (Terry Pratchett)
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Datum: 10.11.2010 23:24
Ich möchte Jien da beipflichten - ich finde, die Jugend ist immer noch weit davon entfernt, im gesamten so schrecklich zu sein, wie sie immer wieder dargestellt werden.

Natürlich haben alle Teenager und auch darüber hinaus diese Selbstprofilierungsneurose, aber die haben wir ja schließlich auch. Nur, dass man mit dem Älterwerden eben weniger konzentrische Kreise um einen bestimmten Fokus als um die tatsächlichen Fähigkeiten und Interessen zieht.

Man überlegt sich zuerst, was cool ist, was ankommt, und macht es dann eben nach, statt sich sein eigenes Ding zu drehen und es damit zu versuchen. Und das finde ich auch völlig normal und in Ordnung, die Unsicherheit ist einfach ein Teil vom jung-sein. Es gibt ein paar, die mit der Individualität halt früher rauskommen, als andere, aber wann kann Naivität und Dummheit denn legitimierter sein, als in der Pubertät?

Gut, das hat natürlich auch Nachteile, wie von Vaniglia angesprochen, die dann eine bestimmte Szene betrifft, die von dem Trend etwas überrannt wurde.

Trotzdem geht mir dieser aufkommende Pessimismus auch gegen den Strich: Anstatt, dass man sich mal darüber freut, dass die Jugendlichen was Sinnvolles machen, wird nur gemeckert, dass nicht alle sofort fertige kleine Erwachsene sind, sondern noch ein bisschen hilflos in ein- und demselben Teich herumplantschen.

Ich kann die echten Fotografie-Fans auch nachvollziehen, aber das meiste ist doch, wie fast alles, nur eine Phase.
Mortal Instruments als Shonen-AI-Manga?! Fail.
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Datum: 11.11.2010 00:43
> Ich möchte Jien da beipflichten - ich finde, die Jugend ist immer noch weit davon entfernt, im gesamten so schrecklich zu sein, wie sie immer wieder dargestellt werden.
Wobei ich der Fairness halber sagen muss, dass ich nicht in Dortmunds Brennpunkten tätig bin und wir bei den Pfadfindern genrell sehr eng zusammenhängen (Man kennt sich...). Aber gut, schlechter Einfluss kann sich ja überall her erwachsen.

> Natürlich haben alle Teenager und auch darüber hinaus diese Selbstprofilierungsneurose, aber die haben wir ja schließlich auch. Nur, dass man mit dem Älterwerden eben weniger konzentrische Kreise um einen bestimmten Fokus als um die tatsächlichen Fähigkeiten und Interessen zieht.
Eben. Meine Pfadfinderjungs wetteifern, wer das größte und lauteste Mundwerk hat, die Mexxler, wer den ausgefallensten Style/Musikgeschmack/... Kommt letztendlich auf's Selbe raus.

> Man überlegt sich zuerst, was cool ist, was ankommt, und macht es dann eben nach, statt sich sein eigenes Ding zu drehen und es damit zu versuchen. Und das finde ich auch völlig normal und in Ordnung, die Unsicherheit ist einfach ein Teil vom jung-sein. Es gibt ein paar, die mit der Individualität halt früher rauskommen, als andere, aber wann kann Naivität und Dummheit denn legitimierter sein, als in der Pubertät?
Zudem hat man mit fortschreitendem Alter auch mehr Möglichkeiten, sich auszutauschen und seinen Freundeskreis zu erweitern. Man ist nicht mehr nur auf den Klassenverband angewiesen, wo eine Ballung von Exoten selten zustande kommt. Man geht in Sportvereine, Musikschulen, Abends weg, und nicht zu vergessen, nutzt das Internet (heute noch mehr als zu meiner Teenagerzeit). Dadurch eröffnen sich neue Perspektiven und die Erkenntnis, dass das, was der einen Peer-Group gefällt nicht zwingend für allegelten muss, und man selbst die Wahl hat.
Beim einen geschieht das früher, beim anderen später.

> Gut, das hat natürlich auch Nachteile, wie von Vaniglia angesprochen, die dann eine bestimmte Szene betrifft, die von dem Trend etwas überrannt wurde.
Aber von nichts kommt nichts. Wenn man drauf besteht, in der Szene "unter sich" zu bleiben, dann braucht man sich nicht wundern, wenn man irgendwann mit lauter Greisen dasitzt, deren Nasen man scon seit Jahren nicht mehr sehen mag. Ab und zu braucht jeder Verein, jede Subkultur etc frisches Blut, um nicht zu stagnieren. Klar, es gibt Leute, die einfach penetrant aufdringlich, naiv, seltsam, wasweißich sind. Aber entweder verschwinden die nach einiger Zeit wieder, weil man nicht auf einen Nenner kommt, oder sie passen sich der Gruppendynamik so weit an, dass man miteinander auskommt (Erfahrungswerte).

> Trotzdem geht mir dieser aufkommende Pessimismus auch gegen den Strich: Anstatt, dass man sich mal darüber freut, dass die Jugendlichen was Sinnvolles machen, wird nur gemeckert, dass nicht alle sofort fertige kleine Erwachsene sind, sondern noch ein bisschen hilflos in ein- und demselben Teich herumplantschen.
Das erinnert mich an die Diskussion im "Just speak English"-Thread und Hauskaters Weblog. Ich habe mit 14 festgestellt, dass ich Englisch über seinen Status als Schulfach hinaus zu einem Hobby machen wollte. Ich fing an, englische Bücher zu lesen ("The Princess Diaries", das weiß ich noch XD), Fernsehserien im O-Ton zu gucken und ultimativ ergab sich daraus ein Auslandsaufenthalt.
Wie ich bereits erwähnte, stand mir als Jugendlicher noch nicht Tür und Tor zum Internet offen (Fluch oder Segen...?), das ergab sich erst in Neuseeland. Ansosnten hätte ich aber sicher auch erwogen, meine zu Beginn noch recht mageren Englischkenntnisse in ein Forum zu tragen.
Wenn ich nun sehe, wie 14-15 Jährige hier verrissen werden, wie denen jeder Typo und jede Fehlkonjugation nachgetragen wird bin ich froh, dass es dazu nicht kam. Ich hätte relativ schnell wieder die Lust verloren, mich online mit Leuten auszutauschen, oder sogar das (ungewöhnliche?) Hobby ganz drangegeben.

Ich kann die echten Fotografie-Fans auch nachvollziehen, aber das meiste ist doch, wie fast alles, nur eine Phase.
"'Multiple exclamation marks,' he went on, shaking his head,
'are a sure sign of a diseased mind.'"

aus "Eric" (Terry Pratchett)
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Datum: 11.11.2010 03:09
Ich finde es schwer, generell von einer neuen Generationen zu sprechen, bzw. ... sie zu benennen oder zu beschreiben. Teilweise kann ich mich mit den beschriebenen Punkten identifizieren ... aber es ist noch sehr indiffizil.


Ich finde ja, dass sich Sub-Kulturen immer mehr ausdifferenzieren ... oder bessergesagt, sich ausweiten in ihrer Vielfalt. Es bilden sich stetig neue Subkulturen unter anderen Subkulturen und darunter wiederum mehrere Abgrenzungen davon. Jeder möchte um 2 Krümel anders sein als der Andere, für sich selbst stehen und das auch nach außen kenntlich machen, sich nicht unbedingt durch Gruppenzugehörigkeit und Gruppendruck knechten lassen.

Ich behaupte, es wird sich früher oder später erübrigen, in diesen breiten, fest definierten Gruppen/Bewegungen zu kategorisieren, weil sich die Gruppen zwar nicht als solche auflösen werden, aber sie sich auch nicht mehr so pauschal bestimmen lassen werden, weil es schließlich schon mindestens 50.000 Schattierungen dazwischen gibt.
Es ist definitiv so, dass wir uns jetzt sehr frei bewegen können, viele Ausdrucksformen haben und uns auch mehr darüber austauschen können. Das erleichtert und motiviert, hilft uns vielleicht, zu uns selbst zu finden.

Radikale Ausreißer werden sich zwar immer in den Randgruppen finden, aber die individuelle Mittelmäßigkeit wird meiner Meinung nach am Ende doch den größten Zuspruch mitnehmen ... besonders wenn es um die Bestätigung der eigenen Person geht und dafür müssen wir uns dann eben doch an eine gewisse Norm anpassen ... so hart die Competitions um die indiviudellsten Styles und Originalitäten auf den Pausenhöfen und Straßen auch sein mögen. ;D
Das macht uns im besten Falle nur auffälliger, aber nicht indiviudeller.

saftig. g´schmagig. guat.
Datum: 21.11.2010 11:57
Hmm... also, ich weiß nicht, bei wievielen dieser "Generation" das auch so sein muss, damit man von einer "Neuen Generation" sprechen kann, aber ich denke, dass das Gefühl entscheidend ist, was diese Menschen verbindet.

Da ich mehrmals in der Woche durch halb Berlin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln pendle und auch mal eine längere Strecke zu Fuß zurpcklege, um die Umgebung und vor allem die Menschen zu beobachten, bekomme ich schon viele Jugendliche zu sehen.
Davon sind die meisten mitunter klischee-erfüllende Mode-Opfer oder laute Bling-Bling-Proleten mit hübschen weiblichen Dekorationen im Arm, oder auch fanatische Schwarz-Träger, die um jeden Preis auffallen, aber dabei in ihrem Farbschema bleiben wollen.
Und mitunter gibt es auch ein paar Unauffälligere, die man unwissenderweise gerne als "Normalos" bezeichnet, die aber genau das widerspigeln, was du mit deiner Schwester beschrieben hast.

Alle diese Mädchen und Jungen haben etwas gemeinsam, nämlich dieses Gefühl, von dem ich oben sprach. Es macht sich in ihnen allen bemerkbar. Die meisten suchen in ihrem Schubladen-Klischee eine Art Zuflucht und erhoffen sich Wärme und Liebe (auch als Akzeptanz und Anerkennung bezeichbar), damit sie dieses Gefühl verdrängen können. Und bei denen, die nicht flüchten wollen, suchen nach einem Weg, dieses Gefühl auszudrücken, es auf eine Art und Weise rauszulassen ohne sich dabei in Exzessivität zu verrennen.

Und dieses Gefühl, das ihnen allen gemeinsam ist, ist die Sehnsucht. Sie fühlen, dass es auf dieser Welt noch mehr geben muss, und sie wünschen sich alle, dieses Mehr kennenzulernen und zu erfahren, aber nicht alle trauen sich, dorthin zu gehen. Die Sehnsucht zu fühlen.

Das ist jetzt vielleicht etwas verwaschen geschrieben und ich bin auch nicht besonders gut darin, zusammenzufassen und auf den Punkt zu kommen, aber ich denke, dass es das, was ich seit ein paar Jahren beobachte durchaus treffend beschreibt.

Was ich aber auch sagen muss, ist dass auch unsere "Generationen", die jungen Erwachsenen nenn ich das jetzt einfach mal, ebenfalls davon betroffen sind. Nur dass man solche Dinge bei anderen Menschen besser erkennen kann. ;-)

Klar, wir werden allmählich erwachsen, aber das, was wir erleben, wird bei den Jüngeren auch nicht lange auf sich warten lassen. Die Kindheiten werden immer kürzer und die Menschen immer sehnsüchtiger.

Möglichst zusammenfassend würd ich also sagen, dass man von einer neuen Generation sprechen kann und dass man diese Leute unbedingt ernstnehmen, sie aber auch lassen sollte in ihrem Tun.
Sie werden schon ihren Weg finden, genau wie ihr.


So, um den Kreis zu schließen, ich war früher weder ein Außenseiter, noch ein Trendsetzer noch ein richtiger Mitläufer. Ich hatte einen Haufen von Freunden, von denen ich aber doch gut genug wusste, wer jetzt nur ein Party-Kumpel und wer ein echter Gefühls-Freund ist, mit dem man reden und Dinge und Gefühle teilen kann. Ich war nie ein Punk, nie ein richtiger Gothic oder ein Modeopfer - sondern immer etwas dazwischen. Darunter habe ich früher auch sehr gelitten, ich konnte mich nirgendwo einordnen und sagen: "Hey, ich bin ein [X]!".
Das war in allen Bereichen so, Musik, Freunde, Kleidung, Meinung (oh ja, ich hatte nie eine gefestigte Meinung und habe mich nie für Politik interessiert und mitdiskutiert, mir war vieles egal).

Vor ein paar Jahren bin ich dann etwas in die Metal-Szene gerutscht, wobei mir auch wieder mal klar war, dass das nicht das Richtige ist und es wieder die Gleichen sind, nur mit anderen Gesichtern und Klamotten. Aber mein Freund gehörte fest dazu und ich begann mich bestmöglich anzupassen, trug öfter meien schwarze Corsage, roten Lippenstift und Minirock, gefiel den Leuten halt.
Dann hab ich auch mit zwei Mädchen aus diesem Kreis öfters Foto-Shootings in den Klamotten gemacht, aber irgendwie... war das alles ziemlich komisch. Nicht richtig halt.

Heute bin ich die, die ich bin, weder das eine noch das andere, schminke mich nicht mehr, trage das, worin ich mich wohlfühle und unternehme nur noch was mit richtigen Freunden. Keine Partys, gelegentlich mal ein Film- oder Karaoke-Abend, mal ein Mädels-Quatsch-Abend, und auch mal Shoppen gehen. Alkohol trink ich serh selten und rauchen tu ich garnicht.
Dafür widme ich mich stark der Kunst und verbringe auch viel Zeit mit meinem Freund. Und manchmal denke ich auch sehnsüchtig an dieses "Mehr", dass es doch geben muss. ;-)
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Datum: 21.11.2010 15:42
> Vor ein paar Jahren bin ich dann etwas in die Metal-Szene gerutscht, wobei mir auch wieder mal klar war, dass das nicht das Richtige ist und es wieder die Gleichen sind, nur mit anderen Gesichtern und Klamotten. Aber mein Freund gehörte fest dazu und ich begann mich bestmöglich anzupassen, trug öfter meien schwarze Corsage, roten Lippenstift und Minirock, gefiel den Leuten halt.

Ging mir genauso. Ich höre zwar gerne Metal, gehe in die entsprechenden Clubs und war auch schon auf Wacken (°-°), aber ich würde jetzt im Alltag nicht von mir behaupten "Ich bin ein Metaller." *JFK-Stimme*, dafür kommen da noch zu viele andere Elemente dazu.


> Heute bin ich die, die ich bin, weder das eine noch das andere, schminke mich nicht mehr, trage das, worin ich mich wohlfühle und unternehme nur noch was mit richtigen Freunden. Keine Partys, gelegentlich mal ein Film- oder Karaoke-Abend, mal ein Mädels-Quatsch-Abend, und auch mal Shoppen gehen. Alkohol trink ich serh selten und rauchen tu ich garnicht.

So ähnlich halte ich es auch.
Im Übrigend sind ich und die Leute, mit denen ich mich umgeben (größtenteils) aus der Phase raus, wo jedes Kennenlerngespräch mit einer Szenezuordnung beginnt.
"'Multiple exclamation marks,' he went on, shaking his head,
'are a sure sign of a diseased mind.'"

aus "Eric" (Terry Pratchett)
Datum: 26.11.2010 01:03

So ähnlich halte ich es auch.
Im Übrigend sind ich und die Leute, mit denen ich mich umgeben (größtenteils) aus der Phase raus, wo jedes Kennenlerngespräch mit einer Szenezuordnung beginnt.
Lustig, solch ein Kennenlerngespräch hab ich noch nie geführt. Hätt nichtmal gedacht, dass es sowas gibt, aber es erinnert mich doch recht stark an die Annonymen Alkoholiker. ;-)

Ich denke, dass die meisten diese Phasen erstmal durchlaufen müssen, um sich selbst zu finden.


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