Zum Inhalt der Seite

Einzelposting: Neue Titel im Herbst/Winterprogramm von EMA


Links hierher: http://www.animexx.de/forum/thread_5382998/-1/13350835764202/
http://desu.de/9PWrsou




Von:    roterKater 22.04.2012 10:32
Betreff: Neue Titel im Herbst/Winterprogramm von ... [Antworten]
Avatar
 
 Azamir:

> Meine Erfahrung in Buchläden und Comicshops vor dem Mangaregal ist die selbe wie in der Szene: Auf 5 Mädels kommt ein Junge, der da rumläuft. Anscheinend kaufen Jungs alle online, whatever.

Deine Erfahrung, ja ja ... Und wieder wage ich es übrigens anzuzweifeln, deine Erfahrung genug empirische Relevanz für ein induktives Argument aufweist und vertrau da doch lieber auf meine Gespräche mit Verlagsmenschen. Tatsächlich geben Jungs nämlich, anders als von dir behauptet, wesentlich mehr Geld pro Nase für Manga aus, sind eher Szeneeinzelgänger uns Kioskkäufer und fallen deswegen nicht als halbes Dutzund im Hugendubel ein, wo sie eine halbe Stunde das Regal blockieren, lautstark über diverse Manga ablästern und dann am Ende nur im Ausnahmefall was kaufen. Sieht nach mehr aus, ist es aber nicht. Auch sämtliche Comichändler, mit denen ich bisher geredet habe, haben mir bestätigt, dass Jungs im Schnitt eindeutig mehr Geld dalassen.

> Und Shonen verkauft sich weiß Gott nicht nur an Jungs - Und es ist ja gerade das große Verwundernis gewesen, dass sich von Manga als erstem Comic-Genre so viele Mädchen angesprochen gefühlt haben. Und das ist und war nie nur auf Shojo-Manga beschränkt.

Okay, da du anscheinend noch etwas zu jung für Manga-Historie bist, hier ein kleiner Nachhilfeunterricht: Der große Durchbruch für Shôjo Manga in Deutschland war Sailor Moon, und Sailor Moon wurde zu Anfang zu einem sehr großen Teil von Jungs gelesen. Das hatte diverse Gründe: Zum einen die populären ersten TV-Ausstrahlungen, zum anderen gab es damals einfach noch nicht viel anderes, weswegen sich die überwiegend männliche Ur-Szene damals auf alles gestürzt hat, was neu war. Also genau genommen war es erst die Genre-Offenheit der männlichen Leser, die dem Shôjo-Manga überhaupt erst in Deutschland die Türen geöffnet hat.

Danach ist der Trend dann relativ schnell auf das weibliche Publikum umgeschwappt, und zwar so schnell, dass die Verlage sich übereifrig auf diese neue Zielgruppe gestürzt und damit die Jungs mit einseitigen Verlagsprogrammen größtenteils aus der Szene verdrängt haben.

Wenn Jungs so im Alter von 10 bis 11 heute Manga für sich entdecken, haben sie natürlich genug Shônen zur Auswahl und stürzen sich daher auf Pokémon, Naruto und One Piece. Es gibt keinen Grund mehr für sie, sich näher mit Shôjo zu beschäftigen, anders als noch vor 15 Jahren. In die Szene wachsen sie deshalb noch lange nicht rein.

> Zudem gilt ansonsten, was ich sonst auch schrieb: Es gibt ja schließlich xtausend Releases für Jungs aufm Markt - die klassischen 30-100 Bände Shonen-Jump-Serien etc. Nur kommen von denen nicht so arg viele NEUE jedes Jahr raus, weswegen die Neuerscheinungen da natürlich auseinander fallen müssen, auch weil die Verlage begrenzte Druck- und Lizenzkapazitäten haben. Wo ein Boys Love Einzelband einen von zwölf Monaten erscheint und gedruckt werden muss, ist das bei Conan zwölf von zwölf Monate. Auch kostet ne Einzelbandlizenz ne Ecke weniger als ne Lizenz für ne Serie mit 50 Bänden.

Erstens, dass die Länge der Serien noch lange keinen Ausgleich in den tatsächlich veröffentlichten Bänden bedeutet, merkst du schon, wenn du dir einfach mal ein Monatsprogramm anschaust. Dort dominiert bei EMA trotzdem Shôjo und BL, da kann Conan noch so lang laufen.

Zweitens, wie Tona schon sagte: Es gibt in Japan auch Endlos-BL-Serien, und Shôjo natürlich genauso extrem wie Shônen. Nur werden bei BL hierzulande lieber Einzelbände rausgebracht. Warum? Weil sie einfach nicht so gut ziehen wie Shônen. Die Aufmerksamkeit für BL ist viel zu klein, dass sie eine längere Publikation überhaupt tragen würde. Das heißt, es erscheinen so viele BL-Einzelbände, nicht weil sie mehr, sondern weil sie WENIGER gefragt sind. Längere Serien bedeuten immer ein großes finanzielles Risiko, und das will man bei BL nicht eingehen.

Also zählen wir mal eins und eins zusammen: Mit Shônen Manga erreichst du ein breiteres Publikum, weils auch die Mädchen lesen. Deine männliche Käuferschicht ist nur unwesentlich kleiner als deine weibliche und häufig auch sehr kaufwillig. BL trägt nicht genug für längere Serien. Worauf richtest du also dein Programm aus? Auf Shôjo und BL. Hmmm...

Das eigentliche Problem ist ja, dass EMA das männliche Publikum schon vor langer Zeit aus den Augen verloren hat, und dass die potentiellen Shônen-Hitserien längst bei anderen Verlagen untergekommen sind. EMA hat bis auf Conan nie so wirklich einen Shônen-Hit im Programm gehabt, und das rächt sich natürlich irgendwann. Sie sind jetzt der Verlag mit dem am ehesten auf weibliche Leser ausgerichteten Programm. Gleichzeitig sind sie im Marktanteil schon deutlich hinter Carlsen und Tokyopop zurückgefallen. Das sollte einem eigentlich zu denken geben, wenn man sich die Programmplanung anschaut.

Aber mit geringerem Marktanteil sinkt natürlich auch die Risikobereitschaft (deswegen passt es auch, dass EMA im Gegensatz zur Konkurrenz ohne neue Eigenproduktionen bleibt). Also konzentriert man sich auf das, was irgendwie noch ein bisschen zieht: BL und Shôjo, möglichst knappe Serien, keine zu hohen Lizenzkosten. Ich denke nicht, dass sie damit ihre Marktposition weder kurz- noch langfristig wieder verbessern können. Eigentlich können wir jetzt schon wetten, wie lange Kazé braucht, um EMA zu überholen. Ich tippe auf maximal drei Jahre. (Obwohl das Egmont ja eigentlich auch ganz recht sein kann, wo sie den Vertrieb für Kazé übernommen haben. Ist halt nur schade für das EMA-Sublabel.)

P.S. Könnt ihr euch noch an die Zeit erinnern, wo EMA die erste Anlaufstelle für Seinen Manga war?
***75 KT + bis zu 3 Items für jeden Teilnehmer abzustauben! Infos hier!***
***Blog zu deutschen Manga-Publikationen***
Oder hier: http://twitter.com/Demon_Zeparu

Zurück zum Thread