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Einzelposting: was für eine religion habt ihr?


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Von:    FreitagDerDreizehnte 29.12.2009 00:51
Betreff: was für eine religion habt ihr? [Antworten]
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@ Ladeniel

Ich hatte leider kaum das Glück einen guten Religionsunterricht zu besuchen. An die Zeit in der Grundschule erinnere ich mich nicht mehr besonders gut, der wird vielleicht ganz ok gewesen sein. Danach hatte ich aber, bis auf einen Lehrer, nur furchtbare Religionslehrer/innen, die über alles geredet haben, nur über Religionen nicht.
Außerdem ist es ja leider anscheinend an vielen Schulen normal, dass im Religionsunterricht mehr über Drogen und Sekten gesprochen wird, als über die großen Religionen. Ich will natürlich nicht sagen, dass solche Themen gar nichts im Religionsunterricht zu suchen haben, aber wie hier schon geschrieben wurde, ist die Zeit des Religionsunterrichts kurz bemessen und in dieser Zeit muss man mMn vor allem die eigene Religion verständlich rüberbringen (und zwar nicht, damit die Kinder/Jugendlichen dann daran glauben, sondern wirklich einfach damit sie sie verstehen!) und die anderen großen Religionen müssen erklärt werden, schon allein der Toleranz wegen. Wer etwas über eine Religion gelernt hat, der hat auch gelernt die Anhänger dieser Religion mit anderen Augen zu sehen und kann ihnen den Respekt und die Toleranz entgegen bringen, die sie verdienen. Dinge wie Okkultismus und Drogen mögen für Jugendliche interessante Themen sein, aber sie sollten doch eher einen kleinen Teil des Unterrichts ausmachen (und wenn man wie ich fast nur diese Themen durchgenommen hat, dann ist das auch irgendwann nicht mehr interessant).
Genauso sieht es mit der Geschichte der Kirche aus. Natürlich gehört diese in den Religionsunterricht, aber der Religionsunterricht darf nicht zu einem zweiten Geschichtsunterricht abdriften. Wenn man nur das behandelt, was die Kirche im Mittelalter tat, hat man den Jugendlichen ganz schnell ein ganz falsches Bild von der Kirche mitgegeben, da viel zu selten klar gemacht wird, dass dies eben im Mittelalter und nicht heute der Fall war und Menschen viel zu schnell dazu tendieren die Menschen von damals nach den Maßstäben von heute zu bemessen.
Dieser Fehler wird aber leider viel zu oft gemacht, da Religionslehrer wohl befürchtebn, dass die religiösen Themen bei Jugendlichen nicht gut ankommen, obwohl gerade diese so interessant sein können. Und viele scheuen sich sicher auch vor religionskritischen Diskussionen, weil sie Angst haben, etwas nicht beantworten zu können.

Mein Konfirmationsunterricht war sehr gut, allerdings natürlich noch sehr kindgerecht gestaltet, da man ja durchschnittlich neun ist, wenn man zur Konfirmation geht. Ich bin dort nie wegen der Geschenke hingegangen, sondern, weil ich es wirklich sehr schön fand. Der Unterricht wurde allerdings zum sehr großen Teil von Müttern gestaltet und die anderen waren ja alles Mitschüler, weswegen das Ganze sowieso eine "familiärere" Stimmung hatte.
An meinen Firmunterricht habe ich auch nur gute Erinnerungen. Hier hat zum Glück auch niemand versucht jemanden zu missionieren und wir haben sehr viel diskutiert, was ich damals auch sehr schön fand und auch brauchte um meinen eigenen Glauben zu festigen.

Das Problem, was du hier:

>Ich denke aber, dass dieses "Religion ist scheiße, weil die >Kirche rothaarige Frauen verbrannt hat" mittlerweile schon so >überholt ist und ich frage mich, was da falsch gemacht wird.

und hier:

>Und wenn dann Leute in meinem Werte + Normen-Kurs (in der 13. >Klasse!) sich fragen, wieso wir eigentlich an Ostern feiern, >obwohl Jesus doch da gestorben ist, dann würde ich euch gerne >fragen, ob er helfen würde, Religionen einfach "besser" zu >erklären...?

ansprichst sehe ich zweigeteilt.
Sicher leigt es zum einen an Religionslehrern die keinen Bock haben. Von denen gibt es leider viel zu viele, obwohl gerade die katholische Kirche da wirklich strenge Vorschriften setzt (nur leider wusste ich das als Schüler noch nicht -.-). Und sicher liegt es auch an irgendwelchen Pfarrern, die entweder auch gelangweilt sind oder im schlimsten Fall nur missionieren wollen. Das große Problem, was ich gerade bei den Lehrern sehe ist, dass sich die Vorschriften für den Religionsunterricht gerade in den letzten Jahren/Jahrzehnten sehr geändert haben. Leider gibt es aber noch viele sehr alte Religionslehrer, denen egal ist, wenn sich von kirchlicher Sicht was ändert, da bekommt trotzdem einfach jeder ne eins, der immer brav in die Kirche geht. Ein weiteres Problem ist auch, dass die Noten im Fach Religion (genau wie häufig bei Kunst) oft vollkommen willkürlich gegeben werden. Das alles führt sicherlich zu einer verständlichen Unlust auf Seiten der Schüler.
ABER! Es gibt eben immer zwei Seiten. Jugendliche werden oft schon von ihren Eltern so erzogen, dass Religionen scheiße sind, dass es Gott nicht gibt und das Leute, die an ihn glauben "schwach" oder "blöd" sind (erlebe ich leider zu oft). Es werden nur die gängigen falschen Vorurteile durch die Eltern/Freunde/andere Verwandte/ (und leider vor allem oft genug!) die Medien etc. weitergegeben, wie z.B. das Vorurteil, dass wir auch vor kurzem in diesem Thread lesen konnten: Die Kirche behauptete, die Erde sei flach. Dass schon längst bewiesen ist, dass sie dies nicht tat, interessiert die Leute wenig. Genau wie die Hexenverbrennung, die nicht von der katholischen Kirche ausging (und nicht im Mittelalter lag). Trotzdem glauben die Leute genau das. Und da gibt es natürlich noch tausend Beispiele, wie z.B., dass der Papst Kondome für Aidskranke verbietet oder dass Christen keinen Spaß am Sex haben dürfen etc.. Woher diese Vorurteile kommen weiß ich nicht genau, aber leider halten sie sich in den Köpfen der Menschen und auch wenn sie mit Fakten, wie den Kreuzzügen ankommen, wissen sie leider nichts darüber (zum Beispiel nichtmal, wie viele es gab, was das Ziel war etc.).
Gerade durch die Medien wird oft genug ein sehr schlechtes und vor allem falsches Bild gerade von der katholischen Kirche vermittelt. Selbst, wenn wir so einen Mist wie "Galileo Mistery" (was leider auch viele für wahr und seriös halten <.<) mal bei Seite lassen, wird bei uns in den Nachrichten doch meistens nur vermittelt, wenn der Papst "wieder" was "falsches" oder "konservatives" gesagt hat. Dass das meist aus dem Zusammenhang gerissen und oft genug verfälscht wird, interessiert die Leute nicht, hauptsache die Kirche hat wieder was blödes gemacht. Auch sonst steht über Religionen oft nur Unsinn in der Zeitung. Letztens erst kurz vor Weihnachten musste ich doch tatsächlich einen Artikel lesen, in dem Stand "Nicht nur Katholiken feiern Weihnachten!" Als ob es nicht vollkommen klar wäre, dass alle Christen, also auch orthodoxe und natürlich evangeliche Christen etc. Weihnachten feiern! Und vom Islam hört man ja nur noch was, wenn es um irgendwelche Attentäter geht. Auch das trägt natürlich maßgeblich zu einem seltsamen Bild der Religionen innerhalb der Bevölkerung bei.
Vorurteile halten sich leider in allen Bereichen recht hartnäckig und auch die Kirche (und eigentlich alle Religionen) muss darunter leiden. Wenn jemand schon mit solchen Vorurteilen in den Religionsunterricht kommt ist es sehr schwer ihn für das Thema überhaupt zugänglich zu machen und diese Vorurteile abzubauen.
Und zu dem, was du über die Feste gesagt hast: Viele Jugendliche wissen durchaus, was dort gefeiert wird, aber finden es "cool" so zu tun, als ob sie es nicht wüssten. Als ich in der 9. Klasse war, hatte ich wie gesagt diesen sehr guten Religionslehrer. Wir besprachen alle möglichen Themen und er konte das echt interessant rüberbringen. Ostern kam näher und natürlich besprachen wir das Fest. Und dann, etwas später, war einer meiner Klassenkameraden in der Zeitung abgebildet, zwischen vielen anderen Leuten, die befragt wurden, was denn an Ostern gefeiert wird. und was sagte er? Dass er das auch nicht so genau wüsste! Obwohl wir es im Unterricht lang und breit besprochen hatten! Und oft ist es auch so, dass gerade Jugendliche (aber auch Erwachsene, wie ich hier auf Animexx erfahren durfte ;)) gerne mit den Festen auf unterster Schublade zu provozieren versuchen. So erklärt man z.B. die Auferstehung, da kommen wirklich Leute und "verstehen" Auferstehung so, als ob Jesus als Zombie zurückgekommen wäre. Da kann man ihnen hundert Mal erklären, wie Auferstehung gemeint war. Das gleiche gilt für den Tod Jesu Christi und das Kreuz. Wie oft muss ich hier lesen, dass wir Christen feiern, dass Jesus gelitten hat und gestorben ist und dass wir deshalb ja saddistisch wären. Und das hat auch wieder etwas damit zu tun, dass es "cool" ist, sich gegen Religionen zu lehnen, egal, ob das, was man da behauptet, wirklich von den Glaubensanhängern geglaubt wird.
Außerdem muss ich sagen, dass die Erklärung von Festen mMn auch ganz klar nicht nur beim Religionsunterricht liegen darf! Wenn man zu Hause Weihnachten und Ostern feiert dann ist man auch dazu verpflichtet zu wissen, warum man das eigentlich tut und das auch seinen Kindern zu erklären, egal, ob man daran glaubt oder nicht. Es ist einfach dumm ein Fest zu feiern, von welchem man den Grund nicht kennt, nur, weil alle es feiern.

@ Penelope
Im Großen und Ganzen stimme ich dem zu, was du geschrieben hast. Nur zu ein paar Punkten möchte ich kurz etwas schreiben.

>1.
>Ich halte grundsätzlich nichts von (verpflichtendem) >Religionsunterricht. Wir sind (eigentlich) ein säkularisierter >Staat und was hat da Religionsunterricht an einer staatlichen >Schule zu suchen? Das erinnert mich an die Diskussion, ob eine >muslimische Lehrerin im Klassenzimmer ein Kopftuch tragen darf. >Sie darf es nicht. Aber Kreuze dürfen an Schulwänden hängen?!
>Hier in Bayern ist das teilweise besonders schlimm. An unserer >Grundschule wird man wohl skalpiert, wenn man es wagen sollte, >den Vorschlag zu machen, das Kreuz abzuhängen ...
>Religion ist etwas privates, sollte es auch bleiben, und gehört >deshalb nicht an eine öffentliche Schule (allerdings ist DAS bei >diversen Obrigkeiten noch nicht angekommen).
>Selbstverständlich sollte man dort auch nicht atheistisch >predigen. Ich wäre eher dafür, einen grundsätzlichen >Ethikunterricht für alle einzurichten, daneben Religion als >Wahlfach anzubieten.
>Wenn ich mein Kind wirklich religiös erziehen und auch >unterrichten möchte, dann muss ich das außerhalb der staatlichen >Schule tun - also entweder nach der Schule zuhause, oder auf >einer Privatschule.
Ich denke, dass man hier eher einen Kompromissweg finden muss (den du ja auch selbst angesprochen hast). Religion völlig privat zu machen, halte ich für den falschen Weg, da sie somit noch mehr aus der Gesellschaft ausgegrenzt wird und das mMn nicht sein darf. Hier meine ich natürlich nicht nur den christlichen Glauben, sondern alle großen Religionen. Das Problem ist, dass, wenn Religion noch mehr zur privatsache wird, die Menschen noch mehr Vorurteile gegenüber den Religionen aufbauen können, ohne, dass diese bemerkt und aufgeklärt werden können.
Ich sehe z.B. einen großen Unterschied darin, ob man Religion als Fach anbietet, oder ob in jedem Raum ein Kreuz hängt (beim Kopftuch ist es wieder was anderes, da ich der Meinung bin, dass jeder selbst entscheiden sollte, was er aus welchen Gründen auch immer trägt).
Ich denke der Religionsunterricht darf nicht mehr die Aufgabe der religiösen Erziehung in dem Sinn haben, dass sie den Kindern einen Glauben als den richtigen aufzwängt. Trotzdem halte ich Religionsunterricht für absolut wichtig und notwendig und zwar, damit die Leute auch oder besser gerade in einem säkularisierten Land lernen, was es bedeutet religiös zu sein, was die einzelen Religionen ausmacht, damit sie den Menschen mit Religion mit Respekt gegenübertreten können und sich, wenn sie das denn wollen, selbst für eine Religion entscheiden können. Religionsunterricht ist wichtig, damit jeder seinen Weg findet und es eben nicht nur die Erziehung von zu Hause gibt, wo man das auf den Deckel bekommt, was Mama und Papa glauben. Deshalb sollte der Religionsunterricht zumindest alle großen Religionen behandeln und natürlich auch immer religionskritisch arbeiten.
Ehrlich gesagt befürchte ich, dass das Wegfallen des Religionsunterrichts schon massive Auswirkungen haben würde, da man jetzt schon mekrt, wie negativ und oft genug auch aggressiv die Menschen hier den Religionen gegenüberstehen (besonders dem Christentum und dem Islam gegenüber). Der Religionsunterricht sollte diese Aggressionen schlichten und dazu befähigen zu diskutieren, denn dazu sind viele Leute, wenn es zum Thema Religion/Glaube kommt leider nicht fähig (auf beiden Seiten versteht sich!).
Und das ist auch genau das, was die (katholische) Kirche möchte! Es ist Lehrmeinung der Kirche, dass man kritisch mit seinem Glauben umgehen muss, dass man lernen muss seinen Glauben so zu verstehen, wie er eben auch gemeint ist, dass man über seinen Glauben diskutieren kann und dass man anderen Religionen und natürlich auch dem Atheismus mit Respekt gegenübertritt. Das alles will und fordert die Kirche von ihren Anhängern, nur leider ist das noch nicht bei allen Pfarrern/Lehrern angekommen, aber deshalb ist nicht gleich der Religionsunterricht selbst schlecht oder sinnlos. Schließlich hat man auch in anderen Fächern (leider!) oft genug Lehrer, die keinen Bock haben und einem nichts rüberbringen können.
Deshalb halte ich Religionsunterricht in diesem Sinn für sehr wichtig und denke auch nicht, dass das allein vom Ethikunterricht zu kompensiere wäre. Somit würde ich es für richtig halten, wenn beides an Schulen unterrichtet wird.

twins against twincest!


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