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Schmerzliche Wahrheit

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,
endlich gibt es ein neues Kapitel. Ich weiß es hat auf sich warten lassen, aber es hat mich ganz schön gefordert. Besonders, da ich nebenher noch Hausarbeiten am schreiben bin und aus dieser fachwissenschaftlichen Sprache raus zu kommen ist immer so ne Sache. Aber genug davon!

Ein ganz herzliches Danke an:

Nicky_Chan17


für deinen wundervollen Kommentar <3 ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut, auch wenn ich leider nicht dazu gekommen bin zu antworten. Danke dafür! Es freut mich wirklich, dass dir die Geschichte auch nach so langer Zeit noch gefällt.

Jetzt aber wirklich genug davon und euch allen viel Spaß beim Lesen. :) Komplett anzeigen

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Prolog

Du sollst nicht lügen. Wer hat diesen Satz nicht schon mindestens einmal gehört? Wir wachsen mit ihm auf, lernen ihn auswendig und predigen ihn weiter. Jeder erwartet von seinem Gegenüber Ehrlichkeit. Es ist ein Pathos, so etwas wie ein Gebot, eine Grenze die keiner überschreiten sollte und es doch tut. Jeder von uns lügt tagtäglich. Es sind die kleinen Hintertüren im Leben, die unsere Existenz angenehmer machen. Nur eine Notlüge, ausgesprochen um dem Anderen zu schützen. Aber das stimmt nicht. Jedes Wort ist für uns, für unser Gewissen und dafür nachts besser schlafen zu können. Eine Lüge bleibt eine Lüge, ganz egal wie sie betrachtete wird. Es beginnt mit Kleinigkeiten. Man gibt vor krank zu sein oder schon einen Termin zu haben, damit man bloß nicht zu dieser langweiligen Verabredung muss. Es ist simpel, effektiv und animiert zum weiter machen. Langsam aber sicher werden sie komplexer, kommen immer häufiger zum Einsatz und beginnen ein Teil von uns zu werden. Bis zu dem Punkt an dem man selber nicht mehr weiß, was Realität und was Fiktion ist. Die Grenzen verschwimmen.
 

„Ich komme am Montag wieder.“

„Aber du wolltest mit mir -“

„Ein anderes Mal, Sasuke.“


 

Man sagt, dass die Familie das höchste Gut ist. Das sie einen auffängt und jeden noch so schwerwiegenden Fehler vergibt. Das ist eine Lüge.

Sie fängt dich nicht auf. Ihre Prinzipien ersticken dich, reißen dich jeden Tag aufs Neue zu Boden und da ist niemand der dich auffängt. Ganz egal wie viel Reue du zeigst und dich bemühst es beim nächsten Mal besser zu machen, die Familie vergibt nicht. Sie hält dir deine Fehler vor und definiert dich durch sie.Die Familie ist die schlimmste Qual. Sie stößt dich in den Abgrund und verachtete dich für jeden noch so kleinen Fehler, der dich nicht perfekt macht. Das ist die Wahrheit.
 

„Ergebnis?“

„98 Punkte.“

„Inakzeptabel“

„Es tut mir leid, Otou-San“

„Nenn' mich nicht so. Mein Sohn hätte 100 Punkte erreicht.“

„Ja, Sir.“


 

Die wohl schlimmste Lüge ist die, welche man sie sich selber auftischt. So lange, bis man vollkommen ihren Wert vergisst und sie glaubt. Er wird wiederkommen. Es war nicht so gemeint. Man wiederholt jede von ihnen, an jeden Tag, zu jeder Zeit. Eine Hintertür, wie schon gesagt. Aber was, wenn sie das nicht ist? Was passiert, wenn sie nicht als Fluchtweg dient? Welchen Stellenwert nimmt sie dann an? Ich bin selber schuld. Das ist die komplexeste Form. Sie beeinträchtigt nicht nur die momentane Situation, sondern einen weitaus längeren Zeitraum.
 

„Was ist denn mir deinem Arm passiert?“

„Nichts.“

„Verarsch' mich nicht, Teme!“

„Es war ein Unfall.“

„Schon wieder?“

„Ich bin selber schuld.“

„Aber sicher doch...“

„Wirklich.“


 

Ehrlich währt am längsten. Das sagt man uns auch oft. Trotzdem lügen wir, obwohl wir genau wissen, dass es falsch ist. Zumindest wird uns das von Geburt an gesagt. Es ist paradox. Denn sobald wir bemerken, dass man uns anlügt werden wir wütend. Wir fragen uns, warum man uns nicht mit Ehrlichkeit begegnet. Dabei ist die Antwort ganz einfach. An die eigenen Nase fassen. Man muss sich nur trauen einen Blick hinter die eigenen Lügen zu werfen. Dann kann man sie sehen, die Erklärung. Sie ist erschrecken einfach.

Denn die Wahrheit über die Wahrheit ist: Sie tut weh. Also lügen wir.
 

„Er liebt mich.“

Verleugnung

Schmerzhaft trafen die lauten Stimmen der Mitschüler auf sein Trommelfell. Wie man so laut durch den Tag gehen konnte, war dem jungen Mann schleierhaft. Denn es war, um es mehr als nur gelinde auszudrücken, nervtötend. Von überall her ertönte die Frage, was am Wochenende bei wem stattfand, und ob man sich möglicherweise einklinken könnte. Am liebsten hätte der Schwarzhaarige seine Sachen gepackt und wäre gegangen. Aber so etwas tat ein Uchiha nicht, niemals. Also war alles was ihm übrig blieb, genervt in den Raum zu starren und zu atmen. Diese Taktik hatte bis jetzt immer geholfen die Anderen auf Distanz zu halten. Jeder hielt sich an die unausgesprochene Warnung, aber wie so oft im Leben gab es auch hier eine Ausnahme.

Ohne Zögern näherte sich sein blonder Sitznachbar, der gerade noch in der ersten Reihe mit Hinata geredet hatte. Kurz bevor er den Schwarzhaarigen erreicht hatte, schnappte er sich seinen Stuhl. Gekonnt drehte er diesen und ließ sich rittlings darauf fallen, seine Arme sicher auf der eigentlichen Rückenlehne gestützt.
 

„Was machst du am Wochenende?“ Jeden Freitag in der letzten Stunde, stellte Naruto ihm die selbe Frage.

„Ich habe keine Zeit.“ Und jeden Freitag bekam er von Sasuke die selbe, monotone Antwort. Für gewöhnlich beließ der Blauäugige es dann dabei, aber nicht heute.

„Wir haben die komplette nächste Woche frei, du wirst ja wohl einen Tag Zeit haben“, empörte sich sein Nebenmann.

„Nein.“

„Nächstes Wochenende? Bitte!“

Überrascht sah der Uchiha in die bettelnde Miene des Blonden.

„Es ist Halloween“, wurde er voller Vorfreude aufgeklärt und es fiel Sasuke wirklich schwer, sich nicht von dem breiten Grinsen des Chaoten anstecken zu lassen.

„Na und? Willst du, dass ich mich mit dir als Pirat verkleide und wir Süßigkeiten sammeln?“

„Also wirklich, wenn dann schon als Ninja und auch nur, wenn du das Zeug auch isst.“
 

Sofort breitete sich einen unangenehme Gänsehaut auf seinem Körper aus und ließ ihn kurz frösteln. Eine Reaktion, die der Blonde mit einem Auflachen quittierte. Sasuke mochte kein Süßes und das wusste Naruto genauso gut wie er.
 

„Wie klingen Horrorfilme und gesalzenes Popcorn?“

„Gut.“

„Super, dann um 20 Uhr bei mir!“ Triumphierend warf der Ältere seine Faust in die Luft.

„Nein“, kam es tonlos über die feinen Lippen des Uchiha. Egal wie verlockend das Angebot auch klang, er konnte wirklich nicht.

„Du kannst auch bei mir schlafen.“ Sanft strichen die dunklen Haarspitzen seine Wange, als er verneinend mit dem Kopf schüttelte.

„Mein Vater kommt heute von seiner Geschäftsreise zurück.“

Nebensächlich fand der erhobenen Arm des Uzumaki den Weg zurück auf die Holzkante. Verschwunden war jeder Hauch der anfänglichen Euphorie.

„Halloween ist nächsten Samstag, Sasuke.“

„Ich weiß, aber wir wollten -“ , weiter kam er nicht.

„Einen Ausflug machen?“, beendete Naruto für ihn den Satz.
 

Auch wenn die Worte des Uzumaki ungewöhnlich hart klangen, konnte er ihm nicht böse sein. Sie waren schon immer die besten Freunde gewesen. Damals als Nachbarskinder, dann zusammen im Kindergarten, bis in die Schulzeit. Egal ob Wünsche oder Ängste, es hatte nie Geheimnisse zwischen ihnen gegeben. Sie hatten sich immer alles erzählt.

Das waren die Zeiten, die Sasuke immer am meisten gemocht hatte. Weil er die Gewissheit hatte mit jemanden reden zu können, der ihn verstand. In all den Jahren war der Uchiha nicht ein einziges Mal vom Älteren belächelt worden.

Deshalb hatte er sich auch gefreut, als der Uzumaki ihm erzählt hatte, dass er sitzen bleiben würde. Nicht auf die gehässige Art, sonder für sich selbst. Denn es bedeutete, dass sie sich öfter sehen würden. Nicht nur in den Pausen und den wenigen Momenten zwischen seinen Lernphasen.

Sasuke hatte sich wirklich gefreut.
 

Aber nun war es anders.

Er freute sich nicht mehr über den neuen Klassenkameraden, der ihm schon seit Wochen diesen einen bestimmten Blick zuwarf. Jedes Mal, wenn er ihm absagte. Genau wie heute.

Die blauen Augen seines Nebenmannes taktierten ihn. Nicht sein Gesicht, sondern ihn. Es war schwer zu beschreiben, aber es schien so, als wären sie wieder Kinder. Nur sie beide, allein auf dem harten Boden in seinem Zimmer, kurz nachdem klar war, dass Itachi nicht wieder nach Hause kommen würde. Es war diese leise Ahnung, dass der Andere wusste was los war, ohne dass man selbst irgendetwas sagen musste.

Und so sehr er sich damals an dieses Gefühl geklammert hatte, so sehr engte es ihn nun ein.

Der Uzumaki würde es nicht verstehen, nicht dieses Mal. Wie auch? Sasuke verstand es ja selber noch nicht einmal. Zweifelsfrei würde sein Freund die Situation jedoch missverstehen, sie aufbauschen und ihr Eigenschaften zuordnen, die an den Haaren herbei gezogen wären. So war Naruto nun einmal, ein überfürsorglicher Vollidiot, der nichts auf sich beruhen lassen konnte.
 

Kaum merklich zuckte der Schwarzhaarige zusammen, als das laute Klingeln der Schulglocke sich über die Stimmen seiner Mitschüler hinwegsetzte. Es war Wochenende. So wie jeden Freitag nach der sechsten Stunden. Er würde nach Hause gehen, wie jeden Tag. Nur, dass es diesmal nicht für ein paar Stunden, sondern für neun Tage war. Dieses Mal würde er es nicht so leicht verstecken können.

Und auch, wenn es schon zur Gewohnheit geworden war Naruto anzulügen, wünschte sich ein kleiner Teil von ihm, dass er es nicht getan hätte. Aber dafür war es jetzt zu spät.
 

Er war gerade dabei aufzustehen und nach seiner Tasche zu greifen, als der Blonde nach seinem Handgelenk griff

„Ich bin da.“

Sasuke wusste nicht, ob es an den Worten oder an dem Blick lag, der sich in seine Schulter bohrte, aber es tat weh. Nicht körperlich, aber irgendwo tief in ihm riss etwas auf und erschwerte ihm das Atmen. Nur ein kleiner Kratzer, von dem er genau wusste, dass er schlecht war. Denn er war ein Uchiha und in dieser Familie gab es keine Schwachstellen.

Heftig riss er sich los, bemerkte sehr wohl, dass Naruto unter der Wucht leicht nach vorne gezogen wurde.
 

„Es geht mir gut.“

Damit schnappte er sich seine Tasche und ging zu Tür. Die überraschten Blicke der Anderen blendete der Schwarzhaarige aus. Sie sahen ohne hin nicht ihn an, sondern achtete nur auf den Blonden, der ihm lautstark folgte.

„Genauso gut wie letzten Monat, als dein Arm gebrochen war?“ Die Stimme des Uzumaki war viel zu nahe. „Oder davor, als du dir beim Klettern das Knie verletzt hast?“

Sie hatten schon lange das Schulgelände hinter sich gelassen. Sie befanden sich nun auf einem schmalen Pfad, zwischen einzelnen Wohnhäusern. Aber das machte es nicht besser.

Fest biss Sasuke sich auf die Unterlippe, beschleunigte seinen Schritt in der Hoffnung Naruto dadurch abhängen zu können.

„Nicht zu vergessen deine Rippenprellung, weil-“, kurz unterbrach der Blauäugige seine Ausführung, „Ach was weiß ich weswegen!“
 

Wütend trafen die Worte auf sein Gehör, lenkten ihn kurz von der unangenehmen Enge in seinem Hals ab.

„Denkst du ich bin bescheuert? Nur weil ich die Klasse wiederhole, heißt das nicht, dass ich dämlich bin.“

Er ignorierte es. Versuchte es wirklich, aber der nächste Satz traf ihn direkt.
 

„Was meinst du würde Itachi davon halten?“
 

~
 

Laut hallte die Frage in seinem Kopf wieder, während er ausdruckslos in die Schwärze seines Zimmers blickte. Es war Montag, vor drei Tagen hatte er sich all das von Naruto anhören müsse. Und vor genau drei Tagen hatte er den Blonden, für den Namen Itachi, ins Gesicht geschlagen. Es war dem Uchiha egal gewesen, dass sein bester Freund danach auf dem Boden gehockt und mit dem Handrücken versucht hatte sein Nasenbluten zu stoppen. Der Uzumaki hatte es verdient, voll und ganz. Warum also fühlte er sich schlecht?
 

Hastig versuchte er den Kloß in seinem Hals runter zu schlucken und musste bei dem metallischen Geschmack, der sich auf seiner Zunge ausbreitete, einen angewiderten Laut unterdrücken.
 

Was würde er davon halten, dass es dir ganz und gar nicht gut geht?
 

Immer und immer wieder hörte er die Stimme seines Freundes, sah ihn direkt vor sich, wie er auf dem Boden kniete, ihn ansah und ihm genau diese Frage stellte. Warum konnte er das alles nicht vergessen? Ein unangenehmes Brennen schlich sich in seine Augen.

In dem verzweifelten Versuch die aufkommenden Gefühle zu verdrängen, biss er sich mit aller Kraft auf die Lippe. Itachi würde es nicht wissen, selbst wenn er hier wäre. Denn es würde ihn kein Stück interessieren. Es hatte seinen Bruder nie interessiert, wie es ihm ging. Die Arbeit war immer vorgegangen, alles war vorgegangen.
 

Ein anderes Mal, Sasuke.
 

Frustriert musste der Schwarzhaarige feststellen, wie sich die ersten feuchten Bahnen auf seine Wangen zogen. Verbissen versuchte der er seine Atmung wieder zu normalisieren.
 

„Ich kann nichts dafür.“ Sanft wurden ihm die Worte ins Ohr geflüstert, bevor rauen Lippen auf seinen Hals gedrückt wurden. Augenblicklich versteifte sich der schmale Körper.

„Ich weiß“, kam es brüchig über die Lippen des Schülers.

„Du siehst ihr so ähnlich.“

„Ich weiß.“

„Du fühlst dich sogar an wie sie.“ Der tiefe Bass klang verzweifelt.

„Ich weiß.“
 

Fest wurde er an der Schulter gepackt und auf den Rücken gedreht. Das Rascheln der Decke wirkte in dem dunklen Raum viel zu laut.
 

„Dafür liebe ich dich.“ Sanft strichen die breiten Finger die frischen Tränenspuren beiseite.

„Ich weiß, Otou-San.“
 

Unaufhaltsam wanderten die Finger weiter, vorbei an der feinen Kinlinie, bis hin zum blassen Hals. Genau an die Stelle, wo gerade noch seine Lippen gewesen waren. Der anfänglich sanfte Druck wurde stärker, schmerzhaft. Erneut ertönte der leise Ton von aufeinander reibenden Bettwäsche, als Fugaku sein Gewicht verlagerte, um über ihm knien zu können.

Sasuke wurde schlecht bei dem Gedanken, dass es für heute noch nicht vorbei war. Aber er würde es ertragen, so wie er es immer tat. Denn es war seine Schuld, dass sein Vater so war.
 

Wenn er nicht so ein Egoist gewesen wären, hätte sich seine Mutter nie in das Auto gesetzt, um ihn abzuholen. Sie hätte weiter das Essen gemacht und wäre nicht zu schnell gefahren. Sie hätte nicht das Auto übersehen, wäre nicht von der Straße abgekommen. Der Schwarzhaarige hätte einfach nur die halbe Stunde laufen müssen. Denn dann wären sie alle noch da. Seine Mutter, Itachi und den Vater den er kannte.

Aber das waren sie nicht und das war ganz allein seine Schuld.

Einsturz

Das deckende Rot der Abenddämmerung wirkte absurd, in dem von schweren Dunstschwaden durchzogenen Bad, aber das interessierte ihn nicht. Starr fixierte er das unangetastete Bündel mit seiner Kleidung, welches auf der niedrigen Kommode unter dem Fenster lag. Nicht eine Sekunde nahm der Schwarzhaarige seinen Blick davon, während er mit dem Rücken an der gefliesten Wand hinunter glitt. Im selben Atemzug schlang er den weichen Bademantel enger um seinen Körper.

Mindestens eine Stunde hatte er unter der heißen Dusche gestanden, ehe er schlussendlich doch einsah, dass es sinnlos war. Es hatte nichts gebracht. Weder die Wärme, noch das Wasser hatten ihm geholfen.
 

Langsam zog der Schüler seine zitternden Knie näher, winkelte diese an und bettete seine Stirn darauf. Angestrengt lauschte er den polternden Schritten im Flur. Sie waren hektisch, als sie zwischen seinem und dem angrenzenden Gästezimmer hin und her pendelten. Einmal, zweimal, dreimal. Solange bis etwas unsanft auf den Boden aufschlug und in Begleitung eines lauten Fluches zersprang.

Es war immer der selbe Ablauf.

Sasuke wusste, dass es sich bei dem zerbrochenen Gegenstand, um den Bilderrahmen handelte. Es war immer der Bilderrahmen. Er wusste, dass sein Vater ihn liegen lassen würde. Ebenso wie er wusste, dass er gleich allein war.

Es war immer das selbe Muster.

Es gab keinen Abschiedsgruß, als der Ältere die Treppe nach unten stieg und die Haustür mit einem lauten Ton ins Schloss zog. Warum auch? Er würde selbst niemanden wie sich 'Auf Wiedersehen' sagen.
 

Unbeholfen rappelte der Uchiha sich auf, stütze sich kurz an der feuchten Wand ab und befühlte seinen Hals. Es tat weh, als die kühlen Fingerkuppen auf seine Haut trafen, aber das war in Ordnung. Er würde einfach einen Schal tragen, immerhin war es schon bald Winter. Sasuke könnte alles auf die niedrigen Temperaturen schieben. Es wäre plausibel. Plausibel war immer gut.

Wenn er Glück hatte, konnte er mit dem Stück Stoff auch seinen pochenden Kiefer verstecken, dann müsste er nur noch erklären, warum seine Lippe aufgesprungen war.
 

Tief atmete er ein, wünschte sich im selben Moment, dass er es seiner Rippe zuliebe gelassen hätte und entriegelte die Tür.

Ein kurzes Frösteln stieg in ihm auf, als sein Fuß das kalte Holz im Flur berührte. Angespannt horchte der Schwarzhaarige, ob er auch wirklich allein war.

Es war schwachsinnig, dass wusste der Schüler selbst, aber ein Teil von ihm schürte die Befürchtung, dass sein Vater noch immer hier war. In diesem Haus. Versteckt in irgendeinen Winkel und darauf wartend, dass er endlich aus dem Bad kam. Paranoid, wie man es wohl in Fachkreisen sagen würde. Aber es ließ sich nicht abstellen, ganz egal wie verbissen Sasuke es versuchte. Dabei war die Angst unbegründet, denn das Einzige, was die dunkle Stille durchbrach, war sein eigener hektischer Atem.
 

Sanft strich der Saum des Bademantels ihm über die Waden, als er den Griff von der Klinke löste und in das nahe gelegene Gästezimmer tapste.

Die Tür war angelehnt und obwohl dieser Spalt nur wenige Millimeter des Inneren offenlegte, konnte er die Glasscherben am Boden erkennen. Kurz stieß der Uchiha gegen das weiß lackierte Holz und trat ein, das vorherrschende Chaos dabei vollkommen ignorierend. Alles was zählte war das Stück Papier am Boden. Nur noch dürftig wurde es von dem schmalen Rahmen umfasst.

Mit einem Seufzen hob er es auf. Fein säuberlich wurde die Fotografie auf den kleinen Nachtschrank gelegt, bevor der Schwarzhaarige sich daran machte die Scherben aufzuheben.
 

Es dauerte einen Moment, bis er die gröbsten Stücke aufgelesen hatte und sich wieder aus der Hocke erhob. Ein letztes Mal glitt sein Blick zu den lächelnden Gesichtern hinter dem zersprungenen Glas. Sie wirkten verhöhnend. Die glücklichen Mienen brannten sich schmerzhaft in seine Netzhaut.

Er vermisste es.

Er vermisste alles.

Aber ändern konnte er es nicht.
 

Die anfängliche Kälte im Flur wirkte nun beinahe schon warm, als Sasuke zurück ins Bad ging, um die Splitter in dem kleinen Mülleimer unter dem Waschbecken zu entsorgen.

Die Zeit ohne den Älteren war angenehm. Auch wenn er selbst nicht mehr wusste, wie es war entspannt zu sein, schmerzten seine Muskeln nicht vor Verkrampfung. Das war gut, denn Sasuke hatte heute noch etwas zu erledigen.

Demonstrativ mied er den Spiegel, während er sich den weichen Stoff von den Schultern strich und nach dem Stapel seiner Kleidung griff. Ein unangenehmes Ziehen durchfuhr seinen Körper, als er sich mit hastigen Bewegungen die Hose überstreifte. Obwohl er es gewohnt war, traf es ihn jedes mal aufs Neue.
 

Es war ein Mythos, dass der Mensch sich an etwas gewöhnte, wenn es nur lange genug sein Leben begleitete.

Vor fünf Jahren hatte sein Vater zum ersten Mal ihm die Schuld an allem zu geben.

Vor vier Jahren hatte der Polizist angefangen die Hand gegen ihn zu erheben, weil auch Itachi sie verlassen hatte.

Und vor genau zwei Jahr war sein Vater zum ersten Mal nachts zu ihm gekommen.

Lange genug also. Trotzdem tat jede Schuldzuweisung, jeder Schlag, jede Liebkosung noch immer genauso weh wie beim ersten Mal. Nichts wurde besser. Es war alles nur eine beschissene Lüge.
 

Mit einem leisen Klicken rastete die Badezimmertür ein, als der Schwarzhaarige sich von außen mit dem Rücken dagegen lehnte. Starr sah er in sein gegenüberliegendes Zimmer. Die Tür war weit geöffnete und die kleine Lampe auf seinem Nachtisch erhellte den Raum mit schwachem Licht.

Er wollte da nicht rein. Nicht zurück in sein Zimmer. Nicht noch einmal in die Nähe des Bettes, das noch immer vollkommen zerwühlt war.

Es war dunkel und verdammt spät, niemand würde auf den Straßen sein und die die es waren, hatten genug eigenen Probleme. Sasuke brauchte also keinen Schal. Es würde niemand interessieren was mit ihm war. Keiner würde Fragen stellen. Er musste nicht zurück, nicht heute.
 

~
 

Erst als er das Brennen in seinen Lungen und die kalte Luft an seinen Wangen spürte, wurde Sasuke bewusst, dass er draußen war. Sein unregelmäßiger Atem war das einzige Geräusch auf dem sonst menschenleeren Platz. Niemand verirrte sich um diese Uhrzeit hier her. Das Licht der Laternen wirkte kalt, abstoßend und doch konnte sich Sasuke im Moment keinen Ort vorstellen, an dem er lieber wäre.

Der grobe Kies knirschte leise unter seinen Turnschuhen, als er den breiten Pfad entlang ging. Seinen Blick war starr geradeaus gerichtet. Der Schwarzhaarige kannte den Weg. Selbst ohne Licht würde er sich nicht verlaufen. Dafür war er schon zu oft hier gewesen.
 

Nebensächlich zog der Uchiha den Reißverschluss seiner dünner Jacken weiter auf. Noch immer ging sein Atem stoßweise, schickte unregelmäßig kleine Nebelwolken ins Freie. Es war eine schöne Nacht. Kalt, aber ungewöhnlich klar. Sasukes Schritte wurden langsamer, schleichend, bis sie schlussendlich vollkommen zum Stillstand kamen.

Er war da, endlich. Gekonnt ignoriere er wie sich die kleinen Steine durch den Stoff seiner Jeans drückten, als er sich hinkniete.
 

„Es tut mir leid, ich war schon viel zu lange nicht mehr hier.“

Ohne, dass er es wirklich bemerkte, schlich sich ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht, während er mit seiner Stirn den kalten Marmor berührte.

„Ich hoffe du hast dir keine Sorgen gemacht.“

Nur ein Flüstern, kaum verständlich, aber das war in Ordnung. „Das musst du nämlich nicht.“ Nur schwer bekam der Schwarzhaarige Luft.

„Mir geht’s gut.“

Schwer schluckte er in dem Versuch den Kloß in seinem Hals zu vertreiben.

„Papa-“, geräuschvoll sog er die kühle Luft ein, „Er-, es ist-“, kurz suchte der junge Mann nach den richtigen Worten.

„Er meint es nicht so. Du darfst nicht schlecht von ihm denken, bitte.“
 

Unsanft brach die Stimme des Grauäugigen in der letzten Silbe. Es tat weh, die nagende Befürchtung, dass sie wusste was mit ihm passierte. Wer ihm das antat und das sie deshalb schlecht von seinem Vater dachte. Das war viel schlimmer als die Realität.
 

„Es ist okay. Er meint es nicht so. Ganz bestimmt.“ Schmerzhaft biss er die Zähne aufeinander.

„Ganz bestimmt.“ Immer enger zog sich seine Luftröhre zusammen.

„Ganz bestimmt.“ Immer schmerzlicher wurde das Brennen in seinen Augen.

„Es ist meine Schuld.“ Noch einmal holte er zitternd Luft.

„Das weiß ich, wirklich. Ich weiß auch, dass du nicht wieder kommst, dass ist okay, wirklich.“

Ruckartig löste der Schwarzhaarige die Stirn von dem schweren Stein und fixierte die aufwändige Gravur.
 

„Aber-, auch wenn ich es verdient habe-“, kurz hielt er inne, seine Stimme in einer so leisen Frequenz gesenkt, dass man die Worte kaum mehr verstand, „Nur einen Tag.“
 

Noch einmal spielten seine Gedanken den Streit mit Naruto ab. Zeigten ihm was für ein schrecklicher Freund er selbst war.
 

„Ich möchte nur einen Tag, an dem nichts passiert.“

Mühsam wurde versucht das aufsteigende Brennen in den Augen zurück zu drängen.

„Nur ein paar Stunden in denen wir nicht streiten.“ Resigniert rieb er mit seinen Handflächen über das Gesicht.

„Das ist lächerlich, nicht wahr?“
 

„Nein.“

Heftig zuckten der Uchiha zusammen. Er hatte nicht aufgepasst, nicht auf seine Umgebung geachtet und nun bekam er die Quittung dafür.
 

„Tut mir leid.“ Der Kies knirschte unangenehm, als der Blonde näher kam.

„Was willst du?“ Ruppig stellte der Schwarzhaarige die Frage.

„Das wir nicht streiten.“
 

Freudlos verzogen sich seine Lippen zu einem angedeutete Lächeln, dass war doch schwachsinnig. Naruto hatte ihn belauscht, war in seine Privatsphäre eingedrungen und verwendete sie nun gegen ihn. Trotzdem konnte er dem Chaoten nicht böse sein, im Gegenteil. Ein kleiner Teil von ihm sah das als Bestätigung dafür, dass es eine Person gab, der er nicht egal war.

Er sollte das nicht, der Schwarzhaarige sollte lieber gehen, anstatt eine so banale Situation an sich heran zu lassen. Aber er konnte nicht einfach nicht. Sasuke schaffte es nicht aufzustehen und das Grab seiner Mutter zuverlassen.
 

„Du solltest nicht hier sein, Jiraiya wird sich bestimmt sorgen machen.“

„Deswegen bin ich ja hier.“ Wieder knirschte das Gestein, als Naruto die Distanz zwischen ihnen noch weiter verkürzte.

„Er hat deinen Dad in der Kneipe getroffen. Der hat sich fast mit den Barkeeper geprügelt, bevor er rausgeflogen ist.“
 

Es war deutlich zu spüren, dass der Blondschopf ihn berühren wollte. Der Uchiha musste nicht den Blick heben um das zu erkennen. Der Tonfall des Uzumaki und die vorherrschende Spannung reichten als Bestätigung.
 

„So sollten Familienausflüge nicht aussehen, Sasuke.“

„Er wurde rausgeschmissen?“ Langsam fingen die blassen Hände an zu zittern.

„Ja.“

„Ich muss nach Hause.“

Mit einer fließenden Bewegung erhob sich der Jüngere und schlug sich kurz den Staub von den Knien.
 

„Nein“, widersprach Naruto ihm fest und entlockte Sasuke damit nur ein verachtendes Auflachen.

„Ich meine das ernst“, fest umfasste der Blondschopf sein Handgelenk, betonte jedes einzelne Wort mit ungeahnt viel Nachdruck, „Du gehst nicht nach Hause.“
 

„Lass' mich los.“

„Nein.“

„Naruto!“

„Nein!“

„Ich meine das ernst!“ Mit einem festen Zug versuchte er sich aus dem Griff zu befreien, aber es nützte nichts, die Finger schlossen sich nur fester um ihn.

„Frag mich mal!“

„Du hast keine Ahnung und jetzt lass mich los!“
 

Das anfängliche Ziehen wurde nun durch ein Reißen abgelöst, aber es änderte nichts an der Situation. Noch immer umklammerte der Uzumaki ihn, ließ ihn nicht los, sondern zerrte nun seinerseits. Unbewusst bewegten sich die Beiden immer weiter nach hinten. Zurück auf den breiten Weg, der schon unzählige Besucher zu den Gräbern ihrer Verstorbenen geführt hatte.
 

„Lass mich los, du gottverdammter Idiot!“

Sasuke schrie, das erste Mal seit einer Ewigkeit gelang es ihm nicht in der Rolle des Uchiha zu bleiben. Dieser Umstand war jedoch sein geringstes Problem. Eine Nichtigkeit im Vergleich zu dem was ihn erwartete, wenn er nicht vor seinem Vater Zuhause war.
 

„Heilige Scheiße.“
 

Für einen kurzen Moment war Sasuke verwirrt, verstand nicht warum die blauen Augen ihn weit aufgerissen anstarrten. Und dann realisierte er es.

Sie hatten sich gegenseitig zum Hauptpfad gezogen, direkt in das grelle Licht der Laternen.
 

„Das ist-“

„Halt die Klappe.“ Die Stimme seines Gegenüber war gepresst.

„Ich bin nur-“

„Halt die Klappe!“, jedes einzelne Wort wurde fein säuberlich betont.

„Naruto-“, versuchte er es erneut.

„Was? Gegen einen Bus gelaufen?“
 

Schwerfällig senkte der Uchiha seinen Kopf, als er den deutlichen Vorwurf in der Stimme des Anderen hörte. Er selbst blieb Still.
 

„Sasuke?“

Kein Wort.

„Warum willst du nach Hause?“
 

Nicht eine einzige Silbe, nur der stille Versuch sich selbst zu beruhigen. Es tat weh, alles in ihm war zum zerreißen gespannt.

Er wollte nur weg, sich nicht länger in dieser Situation befinden, nicht länger das Gefühl haben es nicht wert zu sein den Namen Uchiha zu tragen. Denn dann würde auch die letzte Person seiner Familie verschwinden.
 

„Erkläre es mir.“
 

Fest biss der Schwarzhaarige auf seine Unterlippe und zuckte nicht einmal, als die weiche Kruste riss und sich ein metallischer Geschmack verbreitete. Er wollt antworten, aber sein System versagte. Jede sichtbare Blessur erzählte ihre eigenen Geschichte und legte offen, was der Schwarzhaarige seit Jahren versteckt hatte.
 

„Er tut dir weh.“
 

Nichts hielt mehr. Die Logik die vorher für ihn gearbeitet hatte schlug ihm nun ein Schnippchen, fiel über ihn her und zerriss den Rest von ihn in kleine Stücke. Es brach zusammen, durch nur eine einzige Komponente. Alles an das Sasuke sich bis jetzt geklammert hatte.
 

„Es war meine Schuld.“

Konsequent mied er den Blick in das regungslose Gesicht seines Freundes.

„Ich bin zu schnell über den Flur gelaufen, er kam aus der Küche. Ich bin vor die Tür gelaufen“, versuchte er das zu retten, was zu retten war.
 

Fassungslos lachte der Uzumaki auf.

„Du hast Würgemale am Hals, Sasuke.“
 

Es reicht ein einziger Faktor, der sich nicht nahtlos einfügt.
 

„Dein Vater schlägt dich.“
 

Und die Lügen brechen Zusammen.

Erster Wiederstand

Es war noch früh am Morgen. Das schwache Licht der Dämmerung drang nur spärlich durch die schmalen Spalten der Jalousie. Alles war friedlich, einzig die Straßenbahn übertönte ab und an die rhythmische Atmung des neben ihn Schlafenden. Sasuke selbst lag einfach nur still da und sah in das entspannte Gesicht, das so nahe an seinem eigenen lag.

Es war schon lange her, dass der Schwarzhaarige sich sicher gefühlt hatte, aber genau hier, in dieser lockeren Umarmung, ging es ihm gut. Weder der Arm an seiner Wange, noch die Hand an seiner Hüfte störten ihn. Da war kein aufsteigendes Gefühl von Ekel oder der Gleichen, sondern nur Wärme. In diesem Augenblick war er einfach ein 17-jähriger Junge, frei von Erwartungen, frei von Schuldzuweisungen und frei von Lügen.

Und gerade deswegen war er verunsichert.
 

Er hatte gestern verloren, hatte ungewollt offen gelegt, dass er Naruto die ganze Zeit über belogen hatte und doch war der Blondschopf nicht gegangen. Der Uzumaki hatte vor ihm gestanden und ihm einfach nur zugehört. Noch immer brannte die Erinnerung daran, wie er bei den Erklärungsversuchen darum bemüht war Naruto davon zu überzeugen, dass es nicht so war wie es aussah. Vehement hatte er versucht das letzte bisschen Uchiha aufrecht zu erhalten. Sasuke hatte alles verdrängt, mit festem Blick den blauen Augen stand gehalten und jedes Gefühl begraben. Es ist meine Schuld. Er meint es nicht so. Bei keiner einzigen Wiederholung dieses Satzes, hatte der Schwarzhaarige an der Richtigkeit gezweifelt. Kein einziges Mal war er eingeknickt. Bis zu dem Punkt, an dem Naruto ihn in eine Umarmung gezogen hatte. Ab da fühlte sich jede Erinnerung wie in Watte verpackt an.
 

Und jetzt war er hier. Bei dem blonden Chaoten und nicht Zuhause. Sasuke wusste nicht wie es nun weiter gehen sollte, konnte nur erahnen wie sein Vater darauf reagieren würde, aber darum wollte er sich jetzt keine Gedanken machen. Immer weiter sanken seine Lider und die anfangs scharfen Gesichtskonturen seines besten Freundes schwanden immer mehr. Ja, es wäre eine Untertreibung zu behaupten, dass er Ärger bekommen würde, aber das war ihm schon vertraut. Was wirklich zählte war die Tatsache, dass Naruto nicht gegangen war. Für den Uzumaki schien ein Beim nächsten Mal, Sasuke nicht zur Debatte zu stehen – und auch wenn ein Uchiha das nicht zulassen sollte, dieser Hauch von Sicherheit fühlte sich gut an.
 

~
 

Eine laute Stimme riss ihn zurück in die Realität. Es dauerte einen Augenblick, bis der Schwarzhaarige alle seine Sinne beieinander hatte und an Orientierung gewann. Es war nun heller in dem kleinen Raum, aber die aufgebrachte Stimme, die eindeutig zu Jiraiya gehörte, zerstörte die vorangegangenen Stille vollkommen.

Der Ältere schien in der Küche ein Telefonat mit seiner Redakteurin zu führen, denn sein Tonfall klang eindeutig genervt. Resigniert drehte Sasuke sich auf die andere Seite und zog sich die schwere Decke über den Kopf, er wollte einfach weiter schlafen.
 

„Er ist dein Sohn, wenn du es nicht weiß, woher soll ich es dann bitte wissen?“ Schlagartig war er wach, jeder einzelne Muskel von ihm spannte sich an.

„Tja, hier ist er auf jeden Fall nicht.“
 

Sasuke wollte dem Telefonat nicht weiter lauschen, aber so sehr er auch versuchte weg zu hören, es gelang ihm nicht.
 

„Nein, er liegt im Bett.“

Kurz herrschte Stille.

„Weil ich vorhin nachgesehen habe.“
 

Wieder eine Pause, diesmal bedeutend länger.
 

„Weißt du was ich denke? Du kannst dir deine Drohungen sonst wo hin stecken, Naruto liegt in seinem Bett und zwar alleine. Schönen Tag und schöne Geschäftsreise noch, Fugaku.“ Der laute Knall beim Auflegen des Telefonhörers ließ ihn kurz zusammenzucken.
 

„Und nun zu dir, junger Mann.“
 

Ruckartig setzte sich Sasuke auf und sah auf die nun leere Seite des Bettes. Der Grauhaarige hatte gelogen, er hatte tatsächlich seinen Vater angelogen.
 

„Hör´ auf zu grinsen und geh lieber zu deinem Besuch. Er müsste taub sein, um davon nicht wach geworden zu sein.“
 

Bei dem darauffolgenden Stuhlscharren versteifte er sich noch mehr. Sasuke konnte sich vorstellen worauf es es nun hinauslaufen würde. Er war gestern unangemeldet hier aufgeschlagen. Der Uchiha sollte nicht hier sein.
 

„Ach und Naruto?“ Abrupt verstummten die tapsenden Schritte auf dem Flur.

„Sei nett zu deinem-“

„Wage es ja nicht, alter Mann!“

Einige Zeit geschah nichts und dann erklang ein lautes Poltern. Naruto schien etwas geworfen zu haben.

„Das ist ja wohl die Höhe! Du solltest liebe Tsunade anrufen.“

„Ich meine ja nur, Naruto.“
 

Selbst durch die Tür konnte der Schwarzhaarige das unterdrückte Lachen hören. Er war verwirrt, verstand nicht was da draußen vor sich ging, aber nachsehen wollte er auch nicht. Eine unangenehme Enge bildete sich in seinem Hals. Es war eine Blödelei in der Familie, da hatte er nichts verloren.
 

Den Schritten zu folge nahm der Uzumaki seinen Weg wieder auf und nach einem kurzen Klopfen erstreckte sich auch schon die blonde Mähne im Türrahmen.

„Guten Morgen, hast du-“ Unvollendet ließ der Blondschopf den schwungvollen Satz im Raum stehen und schloss die Tür von innen. „Was ist los?“
 

Es tat weh. Das hier. Naruto und Jiraiya waren eine Familie. Eine die wirklich funktionierte.
 

„Sasuke?“
 

Stumm schüttelte der Schwarzhaarige mit dem Kopf, er musste sich zusammenreißen. Mühsam zwang er sich zu einem Lächeln

„Danke.“
 

Langsam ebbte die Besorgnis in der Mimik des Blonden ab und machte Platz für ein warmes Lächeln. „Gerne. Ich wollte eben duschen, du kennst dich noch in der Küche aus? Wir haben jetzt sogar einen Wasserkocher, der dir nicht fast um die Ohren fliegt.“
 

Der Uchiha konnte nicht anders, er musste leise auflachen. Noch genau konnte er sich an die vielen Übernachtungen hier erinnern, besonders das darauffolgende Frühstück war immer eine heikle Angelegenheit gewesen. Der besagte Wasserkocher war schon vor Narutos Zeit im Besitz der Familie gewesen und genau so alt wie er aussah, hatte er sich auch angehört.
 

„Ich beeil´ mich.“

Und damit griff er sich blind ein paar Sachen aus der Kommode und verschwand.
 

Erst als der Schwarzhaarige das Zuschlagen der Badezimmertür hörte, setzte er sich in Bewegung. Schnell schlug er die Decke beiseite und griff hastig nach seinen Schuhen. Er musste hier raus. Der anfänglich angenehme Frieden schien ihn nun zu erdrücken.

Es war ein Fehler von ihm gewesen mit Naruto zu gehen. Sasuke gehörte nicht hier her. Der 17-Jährige hatte kein recht das hier kaputt zu machen. Aber das würde er. Irgendwann würden auch sie erkennen, dass es seine Schuld war, egal was. Und dann würden sie gehen, dass kannte der Uchiha schon. Vielleicht, wenn es nur um ihn gehen würde, aber Naruto war sein bester Freund, das hatte der Blondschopf nicht verdient.
 

Eher beiläufig schielte er auf den grünen Froschwecker, der seinen Platz schon seit Jahren auf dem Schreibtisch hatte. Es war halb eins.

Dumpf halte das Brausen der Dusche durch den breiten Flur.

Wenn er langsam ging, wäre der Ältere schon nicht mehr da, der Schüler hatte eine reelle Chance. Ohne Umschweifen stand er auf, griff im Gehen nach dem blauen Schal des Blonden und band ihn sich um. Es war erst Freitag, er hatte noch zweieinhalb Tage um sich etwas einfallen zu lassen. Eine Strategie, eine die hielt und die beinhaltete dem Uzumaki aus dem Weg zu gehen. Denn das wäre das Beste.

Ohne sich noch einmal umzudrehen ging er aus dem kleinen Zimmer und schloss kurz darauf die Wohnungstür hinter sich.
 

Mechanisch hallten seine Schritte in dem hellen Flur des Mehrfamilienhauses wieder. Es war komisch die marmorierten Stufen nach unten zu gehen.

Früher hatten sie auch hier gewohnt, direkt gegenüber. Das war nun schon beinahe zehn Jahre her. Damals hatte sie oft gemeinsame Ausflüge unternommen. Ob in den Zoo, oder einfach nur in den kleinen Park die Straße runter, hatte dabei nie eine Rolle gespielt. Hauptsache sie waren zusammen, alle vier.
 

Aber dann war sein Großvater in den Ruhestand gegangen und alles hatte sich schlagartig verändert. Sein Vater wurde zum Leiter der Uchiha-Industrie ernannt. Keine Woche später hatten sie in einem großen Haus nahe der Innenstadt gewohnt, allein und fernab von alten Freunden. Die Familienausflüge wurden immer seltener, bis diese schlussendlich gar nicht mehr stattfanden. Es hatte keine Leichtigkeit mehr zwischen ihnen gegeben, nur noch Leistungsdruck und die stetige Erwartung perfekt zu sein.

Sasuke war damals erst sieben gewesen und doch konnte er sich noch allzu gut daran erinnern, wie alleine er sich in dem riesigen Haus gefühlt hatte. Zu Beginn konnte er es nicht verstehen, sich keinen Reim darauf bilden, dass sein Bruder nicht mit ihm spielen konnte, weil es wichtigeres im Leben gab. Bis er ein Jahr später in die selbe Schiene gestoßen wurde.

Extra Unterricht nach der Schule, Klavierstunden und eine Begabtenförderung, von der er bis heute nicht so recht verstand wofür. Sie waren in der Sozialhierarchie aufgestiegen und genau das musste sie von da an verkörpern. Jeder einzelne entfernte sich immer mehr und so sehr sich seine Mutter auch bemüht hatte sie alle zusammenzuhalten, irgendwann hatte auch sie allein da gestanden.

Die gemeinsamen Abendessen waren die einzigen Momente, an denen die ganze Familie beisammen saß. Zu Anfang hatte sie sich noch unterhalten, aber auch das hatte nach wenigen Monaten aufgehört. Langsam und schleppend war die makellose Maske, die sie für die Gesellschaft aufgesetzt hatten, auf jeden einzelnen von ihnen übergegangen. Alles was die Familie verkörpern musste war da gewesen. Kein Streit, keine Probleme und keine Skandale.

Das einzige was sie dafür hatten tun müssen, war aufzuhören eine wirkliche Familie zu sein, denn genau das verkörperte der Name Uchiha – Perfektion.
 

Nebensächlich zog der Schüler den Schal weiter in sein blasses Gesicht, als der kalte Wind ihm entgegen strömte.
 

Trotzdem hatten seine Mutter und er nie aufgehört dagegen zu protestieren. Mit Kleinigkeiten hatte sie es geschafft ein letztes Bisschen der alten Familie zu bewahren, indem sie so oft es ging die Familie Uzumaki besuchten.

Wie seine Mutter das Familienoberhaupt davon überzeugt hatte, dass es kein Hochverrat war dort zu sein, wusste er bis heute nicht. Schon damals hatte er den stillen Verdacht gehegt, dass sie es ihm einfach nicht erzählt hatte.
 

Aber nichts davon spielte nun mehr eine Rolle, als er die letzte Kurve nahm und das einzige Haus in der Sackgasse erkannte.

Die letzten Meter zogen sich, es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe er das aufwändige Gartentor öffnete und anschließend den Vorhof betrat. Nicht ein Geräusch drang zu ihm durch, aber das war gut, denn es schien als wäre sein Vater schon nicht mehr Zuhause.
 

Routiniert griff er nach dem kleinen Schlüsselbund in seiner Jackentasche und schloss auf. Er hoffte wirklich, dass der Ältere schon im Flieger saß, weit weg von ihm. Denn der Eingangsbereich war verwüstet, überall lagen Scherben und vereinzelte Überreste der Blumenbouquets, welche für gewöhnlich rechts und links von der Tür drapiert waren. Das Wasser aus dem zersprungenen Aquarium bedeckte fast jeden Millimeter des Marmors, keiner der bunten Fische bewegte sich mehr und die Büste, auf die sein Vater Jahre lang so stolz gewesen war, lag zerschlagen in Mitten der feuchten Spur.

Kurz musste der Schwarzhaarige schlucken, während er still dafür betete, dass er wirklich allein war.
 

„Wo warst du?“
 

Heftig zuckte der schmale Körper zusammen und der sorgfältig festgehaltene Schlüsselbund fiel laut auf die hellen Fließen.
 

„Bei Mama.“
 

Die Schuhe des Älteren klatschten leise, während sie durch die breite Wasserlache gingen.

„Es ist halb zwei. Hat sie irgendwas gesagt? Dir was zu trinken und einen Schlafplatz angeboten?“

Deutlich roch er den Alkohol, als sein Vater sein Kinn auf der schmalen Schulter abstütze und ihm ins Ohr flüsterte. Er war viel zu nahe.
 

„Nein.“

„Natürlich nicht“, unheimlich laut traf das kurze Lachen sein Trommelfell, „Weil sie tot ist.“

„Ich weiß.“

„Seit 35 Jahren sind die Uchiha Marktführer und dann kommen irgendwelche Leute, von denen niemand weiß wo genau sie sitzen und versuchen uns rauszudrängen“, leise klirrten die Eiswürfel in dem schweren Whiskyglas, „Ich hab mir den Arsch aufgerissen, verstehst du? Seit zwei Jahren versuche ich ein Treffen mit diesen Idioten von Akatsuki zu vereinbaren und dafür zu sorgen, dass sie als Tochterfirmer einsteigen.“
 

Immer näher kamen die Lippen seinem Ohr.
 

„Und jetzt bin ich nicht da und das ist deine Schuld, ganz allein deine.“ Deutlich konnte er hören, wie der Ältere die Luft in seine Lungen sog.

„Du warst bei diesem nutzlosen Uzumaki und du weißt, dass ich das weiß.“

„Ich war bei Mama“, beharrte der Angesprochene.
 

Deutlich spürte er das Beben seines Vaters, als dieser anfing leise zu lachen. Er würde es ihm nicht sagen, das war er Naruto schuldig. Der blonde Chaot und sein leicht verschrobener Onkel hatten für ihn gelogen und ihm so ein paar Stunden eine Auszeit gegönnt. Das hier war ganz allein seine Sache.
 

„Du willst also kindisch sein, Sasuke.“ Fest biss er sich auf die Unterlippe, als der breite Körper des Älteren von seinem Rücken verschwand. „Dieser Naruto tut dir nicht gut, du siehst ihn eindeutig zu oft“, das Klingeln der Eiswürfel hob sich über die widerhallenden Schritte Fugakus, „Ich werde die Schulleitung wohl vor die Wahl stellen müssen. Entweder dieses sitzengebliebene Nichtsnutz verlässt die Schule, oder du und damit die jährliche Spende.“
 

Fassungslos sah der Jüngere ihm hinterher.

„Das ist nicht fair.“ Seine Stimme zitterte, zum ersten Mal seit Jahren war er wieder wütend.

„Fair? Warum kannst du nicht einfach mehr wie dein Bruder sein?“
 

„Itachi.“ Der Name kam dem Schwarzhaarigen nur schwer über die Lippe, aber das spielte im Moment keine Rolle. Sein Vater hatte angefangen unter die Gürtellinie zu schießen. „Er heißt Itachi.“ Seine Stimme war monoton, nichts spiegelte sich in ihr wieder.
 

Er wusste nicht, ob es die Kälte oder doch der Name war, aber die Wirkung zählte. Der Ältere blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
 

„Du willst, dass ich mehr bin wie Itachi?“, fuhr er fort und bemerkte mit Genugtuung, dass er einen wunden Punkt getroffen zu haben schien, „Bitte. Wenn Naruto die Schule verlassen muss, wenn er auch nur die Klasse wechselt bin ich weg.“
 

Sasuke hatte den alten Mann aus der Reserve gelockt. Die Finger des Anderen umschlossen das massive Glas so fest, dass die Knöchel weiß hervor traten. Aber das hatte das Familienoberhaupt verdient. Sasuke konnte es ertragen. Die Schläge, die zärtlichen Berührungen, egal was – solange nur er davon betroffen war.

Jetzt ging es aber nicht mehr nur um ihn.
 

„Wäre dir das dann genug Itachi?“
 

Laut zersprang das Glas, als der Griff darum sich lockerte und gab ihm für den Bruchteil einer Sekunde die Zeit, um sich auf das Kommende vorzubereiten.

Das war er Naruto schuldig, weil der Uzumaki bei ihm geblieben war, ohne auch nur einen Augenblick zurückzuschrecken. Sasuke hatte entspannen können und sogar gelacht, also war es das wert, auch wenn er Angst hatte.

Und das sollte er auch, denn der Schlag seines Vater saß und nichts deutete darauf hin, dass der Ältere so schnell wieder aufhören würde.

Erkenntnis

Still konzentrierte er sich auf das harte Holz unter seinen Füßen, während die schmalen Finger sich tief in die Kante der Matratze gruben. Alles um ihn herum drehte sich und sein Magen rebellierte unangenehm. Aber Sasuke würde sich ganz bestimmt nicht wieder hinlegen.

So verlockend ein weiches Bett auch für einige klangen mochte, bei ihm löste es momentan nur Abscheu aus.

Noch immer konnte er den festen Griff an seinem Arm spüren, der ihn zuerst die Treppe hoch geschleift und kurz darauf aufs Bett gedrückt hatte. Es hatte weh getan, so viel mehr als die anderen Male. Aber auch wenn die Schläge härter gewesen waren, die intimen Momente roher, bereute er nicht eine einzige Sekunde davon.

Das erste Mal seit den ganzen Lügen war er für Naruto da gewesen und auch wenn der Blondschopf es nie erfahren würde, tat es gut zu wissen, dass er keine vollkommene Niete darin war ein Freund zu sein.
 

Ein letztes Mal atmete der Schwarzhaarige tief durch, ehe er langsam seine Finger entspannte und aufstand. Der Stille um ihn herum zu Folge war er allein. Wie immer wenn es vorbei war und der Ältere endlich ging.

Für einen kurzen Augenblick hielt er inne, versuchte sich daran zu erinnern, wann der Bilderrahmen zu Bruch gegangen war, aber es gelang ihm nicht. Vielleicht hatte er es auch einfach nur nicht mehr wahrgenommen, weil es schon zur Gewohnheit geworden war. Sasuke musste sich nur noch einen Pullover überstreifen und dann konnte auch er endlich dieses Haus verlassen. Es würde alles sein wie immer, die selben Abläufe, die selben Muster. Eine Monotonie, die ihm zumindest für ein paar Stunden die Illusion von Sicherheit gab.
 

Aber Illusionen waren nur ein Trugbild, nichts auf das man sich verlassen konnte, ganz egal wie sehr man es sich wünschte.
 

Er war gerade im Begriff die Schranktür zu öffnen, als eine kurze Bewegung seine Aufmerksamkeit erregte. Wie versteinert hielt der Schwarzhaarige inne und fixierte seinen Vater.

Der Ältere stand im Türrahmen und beobachtet ihn. Wie lange wusste er nicht, er hatte nicht auf seine Umgebung geachtet, sondern sich darauf verlassen, dass alles so sein würde wie immer. Schlagartig wurde ihm kalt und auch wenn es ein Beweis von Schwäche war, kam der Jüngere nicht umhin, bei jedem Schritt den sein Vater näher kam, nach hinten auszuweichen. Zentimeter für Zentimeter, bis er das harte Mauerwerk an seinem Rücken spürte.

Alles in ihm schrie „Nein“. Sasuke konnte nicht mehr, er brauchte eine Pause.

Kaum merklich schüttelte er mit dem Kopf, als der Witwer nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war und wie schon so oft seine Rechte hob.
 

Aber der Älteren schlug ihn nicht, sondern befühlte sanft seine Wange. Siedend heiß brannte die Berührung auf seiner Haut und die erneut aufkommende Übelkeit ließ ihn die Augen schließen. Behutsam fuhren die Finger weiter, streiften über seine Kinnlinie bis zum Schlüsselbein, bevor sie auf der Schulter zum erliegen kamen. Fest presste der Schüler die Lippen zusammen. Es stimmte, er konnte nicht mehr, aber er würde nicht betteln.

Und das musste Sasuke auch nicht.

Der Druck wurde nicht stärker, zog ihn nicht zurück ins Bett, sondern mündete in einer Umarmung. Irritiert verzog er das Gesicht, verharrte in den Armen und ignorierte das sanfte Reiben von Fugakus Wange an seiner Schulter.

Es wirkte alles so surreal.
 

„Das hier ist dein Zuhause, hörst du?“ Die Stimme seines Vaters klang dumpf, als sie auf seine Halsbeuge traf. „Es gibt nur noch uns beide.“
 

Der Schwarzhaarige war überfordert mit der Situation. Er versuchte zu erkennen, ob sein Vater getrunken hatte, aber das einzige was er roch war das teure Aftershave.
 

„Ich weiß, dass du nicht wie Itachi bist und auch nicht wie Mikoto.“
 

Seine Sicht verschwamm bei der Erinnerung an die Beiden. Sasuke verstand nicht was das sollte. Langsam erhob sich der Kopf von seiner Schulter und die breiten Hände umfassten sanft sein Gesicht. Bestimmend wurde er dazu gezwungen seinem Vater ins Gesicht zu sehen. Jede Linie der Mimik spiegelte das wieder, was Sasuke schon so lange in ihr vermisst hatte – Väterlichkeit. Krampfhaft versuchte er diesen Ausdruck zu ignorieren, sich nicht blenden zu lassen, aber es war unmöglich. Das erste Schluchzen stieg seiner Kehle empor.
 

„Ich werde versuchen mich zu bessern, aber du darfst nicht gehen“, sanft strichen die rauen Daumen über seine Wange, „Wir sind eine Familie.“
 

Quälend langsam breitete sich die Bedeutung der Worte in ihm aus. Sein Vater setzte an dem einzigen Punkt an, den er bislang unberührt gelassen hatte. Dem stillen Wunsch einer richtigen Familie. Der 17-Jährige fühlte sich erbärmlich. In dem Versuch sich aus dem Griff zu lösen schüttelte er heftig mit dem Kopf, während er immer weiter auf den Boden sank. Aber Fugaku ließ nicht los, sondern glitt mit ihm gemeinsam auf das harte Parkett. Diese Nähe fühlte sich so echt an und obwohl Sasuke wusste, dass er ihr nicht trauen konnte, wollte sich ein Teil von ihm fallen lassen.
 

„Lass die Leute nicht reden.“
 

Hart entglitten ihm die Gesichtszüge. Das war mit Abstand das Schlimmste was sein Vater ihm je angetan hatte.

„Das ist alles?“ Seine Stimme klang rau. Verbissen klammerte er sich an das letzte Bisschen was ihn zusammen hielt.
 

Er liebt mich.
 

„Die Firma“, eine beklemmende Enge breitete sich in seinem Brustkorb aus, „Das ist mein Leben. Ich würde alles verlieren. So etwas tut eine Familie sich nicht an, Sasuke.“
 

Etwas in dem Jüngeren brach, so schnell, dass es ihm gar nicht richtig bewusst wurde und doch so schmerzhaft, dass der Schaden nicht zu dementieren war. Der Schwarzhaarige brauchte einen Moment. Verzweifelt taktierte er den Blick seines Vaters, versuchte mit letzter Kraft hinter den braunen Augen etwas zu erkennen, dass den Älteren als Lügner strafte, aber das war er nicht. Fugaku ging es nur das Geschäft, um seinen Ruf und sein Ansehen bei den Anderen. Sasuke fühlte sich wie in Watte verpackt. Nur das beißende Stechen in seiner Brust und die schemenhaften Erinnerung daran, wie die rauen Finger seines Vaters immer und immer wieder über seine nackte Haut strichen, drangen klar zu ihm durch. Ohne es wirklich zu wollen begann er zu lachen, nur kurz und doch ausreichend genug, damit sein Verstand anfing zu arbeiten.
 

„Du hast recht. So etwas tut eine Familie sich nicht an“, verließ das leise Flüstern die aufgebissenen Lippen.

„Du verstehst es also?“ Sanft wurde seine Stirn geküsst.

„Natürlich.“
 

Er liebt mich nicht
 

„Sehr gut“, beinahe lautlos erhob der Ältere sich vom Boden, um kurz darauf den Kleiderschrank öffnen zu können, „Ich muss noch mal in die Firma.“
 

Mit einem Ruck zog sein Vater eine frische Decke aus der breiten Holzkonstruktion und schlug diese auseinander. Nur wenige Sekunden verstrichen, ehe der weiche Stoff über seine Schultern drapiert wurde und das milde Lächeln Fugakus wieder in sein Sichtfeld drang.
 

„Aber wenn ich wiederkomme...“ Federleicht küsste der Ältere die jungen Lippen. Das reichte, er musste den Satz nicht weiterführen damit Sasuke verstand.

„Natürlich“, flüsterte der Schwarzhaarige zu leise, als das man den bittenden Unterton hätte hören können.

„Auf wiedersehen, mein Sohn.“ Ohne sich noch einmal umzudrehen ging Fugaku aus dem Zimmer und ließ die Person allein, die er heute zum ersten Mal seit Jahren wieder seinen Sohn genannt hatte.
 

~
 

Sasuke hasste sich.

Dafür, dass er es nicht schaffte sich vollends zu beruhigen und endlich aufzustehen. Wie spät es war wusste er nicht, aber es war mittlerweile dunkel draußen.
 

Trotz der Decke um seinen Körper fror er bei dem Gedanken daran, dass sein Vater wiederkommen würde. Der Ältere liebte ihn nicht, sondern die Ähnlichkeit zwischen ihm und seiner Mutter. Wahrscheinlich war auch das der einzige Grund dafür, dass der Ältere ihn in seinem Haus duldete. Das und die Tatsache, dass die Leute schlecht über ihn reden würde.

Resigniert wischte der Schwarzhaarige sich bei diesem Gedanken über die Augen. Er hatte kein Recht traurig zu sein. Es war immerhin seine Schuld. Der Uchiha hatte seine Mutter getötet und somit dafür gesorgt, dass sein Bruder über Nacht ihre Familie verlassen hatte.

Alles was sein Vater jetzt noch besaß war sein Job und jemanden, der ihn jeden Tag an seine verstorbene Frau erinnerte. Ein Gleichgewicht von dem er keine Seite loswerden konnte, ohne von der Anderen niedergerissen zu werden.
 

Er wusste das alles und trotzdem tat es weh. Die schneidende Erkenntnis, dass er allein war.

Sasuke hatte nie wirklich an diesen übernatürlichen Unsinn geglaubt, aber vielleicht war das der Ausgleich, die gerechte Strafe für seine vergangenen Handlungen.

Leise schnaubte der Uchiha.

Er hatte nicht sein ganzes Leben rational gedacht, um sich nun an das Universum zu klammern. Und doch lockte dieser Erklärungsansatz ihn. Er war allein, wer sollte ihn und seine Theorie schon verhöhnen?

Ein unangenehmes Brennen trat in seine Augen und ließ ihn verzweifelt das Gesicht verziehen. Der Schüler erkannte sich selbst nicht mehr. Weder sein Leben, noch die Konstanten darin. Alles was ihn jemals ausgemacht hatte war verschwunden. Keine Stütze, kein Halt, rein gar nichts. Und obwohl es nur noch Leere zu geben schien fühlte es sich ganz anders an, als die unzähligen Ausschmückungen in den verschiedensten Literaturen. Weder befreiend, noch taub.

Die Realität war erdrückend.
 

Zitternd zog er die Beine an, als die Haustür mit einem unsanften Ton zugeschlagen wurde.

Nein, Sasuke erkannte sich kein Stück wieder, aber das war unbedeutend.

Deutlich knirschten die Glasscherben unter den Schritten in der Eingangshalle.

Er war allein, es würde niemanden interessieren was mit ihm geschah.
 

Laut dröhnte das Poltern der Treppenstufen in seinen Ohren nach, ließ ihn resigniert die Stirn auf die Knie senken und seine Hände auf die Ohren legen. Er wollte es nicht hören, nichts davon. Jahrelang hatte er versucht es allen recht zu machen, perfekt zu sein für jeden den er kannte. Denn Perfektion bot keine Angriffsfläche. Aber die Realität ist nicht perfekt. Alles woran der Schwarzhaarige je geglaubt hatte, alles worauf er selbst basierte, jede Einzelheit war falsch.
 

Er musste nicht auf sehen, um das dumpfe Geräusch einer Hand zuzuordnen, die auf den Türbogen seines Zimmers aufschlug. Der Atem des Anderen ging schwer, wenn er es nicht besser wüsste, würde er behaupten, dass sein Vater gelaufen war, ja geradezu gerannt. Aber das war absurd, es gab für den Älteren keinen Grund zur Eile. Sasuke hatte keinen anderen Zufluchtsort.

Das bedrohliche Zischen des Stehenden ließ ihn kurz zusammen zucken und den Druck um seine Beine erhöhen. Die Pause des Jüngeren war vorbei.
 

„Sasuke?“
 

Ruckartig löste der Schwarzhaarige seine Starre und sah schockiert nach oben. Heiß stiegen ihm die Tränen in die Augen als er verstand. „Geh weg“, hauchte der 17-Jährige brüchig, „Bitte, geh weg.“ Verzweifelt verzog der Schwarzhaarige sein Gesicht, als die Aufmerksamkeit des Neuankömmlings zurück zu dem zerwühlten Bett glitt.
 

„Bitte.“

Immer enger schlang er die Decke um seinen Körper.

„Bitte. Geh weg, bitte, geh weg.“
 

„Nein.“

Mit leisen Schritten kam der Ältere näher, bis er schlussendlich direkt vor dem Schwarzhaarigen kniete.
 

„Bitte, geh einfach, bitte“ Es war Sasuke egal wie sehr sein Tonfall einem Flehen glich. „Bitte.“
 

Sanft wurde der Schwarzhaarige in eine Umarmung gezogen. Der Druck war nicht stark, fast so als hätte sein Gegenüber angst ihn zu zerbrechen. Es tat gut, dieser Augenblick der Näher, aber das war falsch. So gut es ging legte er seine kalten Hände auf den warmen Brustkorb und versuchte den Anderen wegzudrücken, ohne Erfolg. Je stärker er drückte, desto fester wurde die Umarmung.
 

„Du verstehst das nicht-“, weiter kam er nicht.

„Pscht.“ Behutsam strichen die Finger über seinen Rücken.

„Nein! Du musst gehen, du darfst nicht-“

„Sasuke es reicht“, wurde der Schüler erneut unterbrochen, „Ich werde nicht gehen. Du weißt doch, dass ich ein Dickkopf bin.“
 

Und wie er das wusste. Es war egal was der Schwarzhaarige sagen würde, genauso gut könnte er auch mit einer Wand reden. Sasuke hörte auf gegen die Brust zu drücken, vergrub stattdessen seine Finger in dem rauen Stoff der Jacke.

Das war so falsch, so egoistisch und doch konnte er nicht aufhören sich der Wärme entgegen zu lehnen.
 

Verzweifelt platzierte er seine Stirn am Schlüsselbein seines Gegenüber und registrierte sehr wohl, wie sich kurz drauf das Kinn des Anderen auf sein Haar legte. Ohne es wirklich kontrollieren zu können flossen die ersten Tränen seine Wange hinab, weiter entlang seiner Kinnlinie, bevor sie schlussendlich auf die dunkle Jeans des Älteren tropften.

Ein letztes Mal, Sasuke wollte nur noch ein letztes Mal egoistisch sein.
 

„Er liebt mich nicht.“
 

Kaum merklich nahm der Druck der Umarmung zu, als sich zu seinen Tränen auch ein leichtes Beben mischte.
 

„Er liebt mich nicht, Naruto.“

Begraben

Was soll ich hier?
 

Diese Frage stellte der Schwarzhaarige sich seit seiner Ankunft. Sie war grotesk, das wusste er selbst. Es war kein Geheimnis was man hier von ihm erwartetet. Was er von ihm erwartete. Beiläufig schweiften die grauen Irden zur Seite und trafen kurz drauf auf das satte Blau seines Kindheitsfreundes.

Der Andere wirkte müde, abgeschlagen. Ob es daran lag, dass diesem einfach nur der Schlaf fehlte, oder doch die bittere Wahrheit nun ihren Tribut forderte, war dem Uchiha unklar. Vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem. Eines war jedoch unverkennbar. Das stille Flehen, dass Sasuke seinen Stolz für einen kurzen Augenblick beiseite ließ und dem Offensichtlichen endlich seine Stimme lieh. Ein Wunsch der so intensiv war, dass man das Gefühl hatte danach greifen zu können. Zu intensiv für ihn. Er musste den Blick abwenden.
 

Der Jüngere war dem Uzumaki dankbar, schuldete ihm etwas und trotzdem konnte er es nicht. Nicht weil der Familienname in ihm sich dagegen sträubte, sondern weil es ein Eingeständnis wäre. Alles was Sasuke über die Jahre weggesperrt hatte, jede Emotion, die er sich auch jetzt krampfhaft verbat, würde auf ihn einschlagen, ihn zu Boden werfen und festhalten. Genau das aus ihm machen, was er nicht sein wollte – einen Schwächling. Verächtlich verzogen sich die sanft geschwungenen Lippen zu einer geraden Linie.
 

Auf seinem Weg hier her, hatte ihm seine Spieglung im Autofenster mehr als nur deutlich gemacht, dass es unmöglich war den Schein zu waren. Es waren nur wenige Sekunden gewesen, in denen der Schüler seine Konzentration nicht aufrecht gehalten hatte, aber das hatte gereicht. Es war genug gewesen, um einen flüchtigen Blick auf sich selbst zu erhaschen. Sekunden in denen ihm klar wurde, dass man blind sein musste, um nicht zu erkennen, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

Nichts desto trotz, war es jetzt genug. Sasuke hatte ein letztes mal egoistisch sein wollen und war es auch gewesen. Wenn er jedoch geahnt hätte, dass es nicht bei einem kurzen Moment des Trosts bleiben und er schlussendlich hier enden würde, dann... dann....
 

Der Schwarzhaarige hatte keine Ahnung was er dann getan hätte. Vielleicht hatte er insgeheim gewusst, dass Naruto ihn von Zuhause weg bringen würde. Vielleicht hatte er sich an den warmen Körper geklammert, weil er genau das hier gewollt hatte. Ja, vielleicht. Aber auch das wusste der Uchiha nicht wirklich.

Die einzige Gewissheit die er hatte war, dass sein Vater in ein leeres Haus zurückkommen würde. Sich vielleicht betrank und wieder ausnüchterte, bis er nach ihm suchen würde. Wobei suchen lassen die weitaus treffendere Formulierung darstellte. Denn Eigeninitiative würde nur Gerede verursachen.
 

Seine größte Sorge saß jedoch keinen Meter von ihm entfernt. Sein Vater hatte schon einmal damit gedroht, sich in das Leben des Blonden einzumischen und da war er nur ein paar Stunden weg geblieben. Fugaku war kein Idiot. Er wusste, dass er mit Naruto bei seinem Sohn eine Angriffsfläche hatte. Und mit einem gut gedeckten Konto waren die Möglichkeiten fast grenzenlos. Auch wenn der Schwarzhaarige hier nach nicht mehr nach Hause müsste, der Uzumaki würde es müssen.
 

„Naruto, du solltest draußen warten.“ Es war das erste Mal, dass die Frau hinter dem Schreibtisch, die sich als Tsunade vorgestellt hatte, ihre Stimme erhob.

„Aber-“

„Kein aber. Raus.“
 

Für kurze Zeit war es wieder vollkommen Still im Zimmer, ehe das Stuhlscharren einsetzte und der Angesprochene sich erhob. Flüchtig legte sich die warme Hand des Blonden über seine eigene, verdeckte das verfärbte Handgelenk und drückte sanft zu. Dann verließ Naruto das Büro. Langsam, ohne das Gefühl einer Flucht aufkommen zu lassen. Es brauchte keine Worte. Diese Geste reichte vollkommen aus, um zu vermitteln, dass Naruto hinter der Tür bleiben würde. Wahrscheinlich an der Wand gelehnt und dazu bereit, jederzeit zurück zu stürmen, falls nötig.

Mit einem leisen Klicken rastete das Schloss ein. Sie waren allein. Und obwohl die Stille noch immer drückend war, erschien ihm das Atmen nun um ein vielfaches einfacher.
 

„Alles was du mir hier erzählst, wird diesen Raum nicht ohne deine Zustimmung verlassen, Sasuke. Es ist deine Entscheidung was du mir sagst. Es ist deine Entscheidung wie du es sagst. Ich werde dir Fragen stellen, dir zuhören und dich nicht verurteilen oder bemitleiden“, lautlos glitt die Frau an ihrem Schreibtisch vorbei und ließ sich mit ihrem Steiß auf der Tischkante vor ihm nieder, „Du entscheidest.“
 

Ausdruckslos hob er seinen Blick etwas und taxierte die braunen Augen seiner Gegenüber. Signalisierte ihr so, da er ihr zuhörte.
 

„Wirst du mir sagen“, kurz wanderten ihr Blick über die freien Stellen seiner Haut, ehe sie wieder sein Gesicht fokussierte, „Wie das passiert ist?“
 

Eisern hielt er dem Blick der Frau stand, reagierte nicht, sondern sah sie nur an.
 

„War es ein Unfall?“
 

Nur das Ticken der Wanduhr erfüllte den Raum, als die Frage verklang.
 

„Na schön, dann anders. Du bist nicht Freiwillig hier.“
 

Auch wenn es keine Frage war, schüttelte der Uchiha kurz mit dem Kopf.
 

„Okay, was willst du als nächstes tun?“
 

Kurz wanderten seine Augen zu der geschlossen Tür, erinnerten ihn daran wer draußen auf ihn wartete und wie sorgfältig er seine Antwort überdenken sollte.

Sasuke vertraute der Frau nicht, aber Naruto tat es. Allein die Tatsache, dass Tsunade Nachts um halb drei ihr Büro öffnete, nur weil der Chaot sie darum gebeten hatte, ließ darauf schließen, dass auch sie eine gewisse Bindung zu dem Uzumaki hatte.

Auch wenn der Andere nicht die besten Noten hatte, so war dieser kein Idiot. Sie waren fast zwei Stunde unterwegs gewesen um hier zu landen. Zu diesem kleinen Jugendamt, nicht zu dem, welches für seinen Bezirk, seiner Sozialstellung zuständig war. Sondern hier her. Direkt in das Büro der Leiterin. Eine Person die bei dem Namen Uchiha nicht einmal mit der Wimper gezuckt hatte.

Es war schwer vorstellbar, dass Naruto wirklich so vorausschauend gedacht hatte, aber es schien als hätte er ihn an einem Ort gebracht, der sich unterhalb des Radars seines Vaters befand. Zumindest fürs Erste. Denn nach einer gewissen Zeit würde es ablaufen wie immer.

Auch wenn das hier weder das Büro des Vertrauenslehrers, noch der sterile Krankenflügel der Schule war. Fugaku würde früher oder später da sein. Wütend und mit seinem Scheckbuch. Und dann wäre es sowieso nicht mehr wichtig was der Jüngere wollte. Denn am Ende war die einzige Frage die sich stellte, die des Geldes. Warum also sollte der Schwarzhaarige es unnötig in die Länge ziehen?
 

„Wenn Sie meinen Vater darüber informieren würden wo ich bin, würde er sich sicherlich sehr erkenntlich zeigen.“

Nichts. Nicht einmal ein Blinzeln.

„Wirklich sehr erkenntlich“, versuchte er es erneut.
 

„Und Naruto?“, erwiderte sie gelassen, „Soll ich ihn wegsperren, wenn du abgeholt wirst?“

„Was?“, entfuhr es ihm irritiert.

„Er hat mir am Telefon einiges erzählt. Unter Anderem, dass er dich nicht zu einer Person zurück gehen lassen wird, die dich schlägt. Genau so wenig wie ich das tun werde.“
 

Fest krallte der Schwarzhaarige seine Finger in das Holz der Armlehne. Sasuke war wütend. Jede Faser seines Körpers, jede Nuance seiner Stimme war mit dieser Emotion getränkt. Denn er hasste sie, diese gespielte, scheinheilige Art.
 

„Haben Sie eine Ahnung mit wem Sie hier reden? Wissen Sie wer mein Vater-“ Weiter kam er nicht.

„Uchiha Sasuke. Sohn von Fugaku und Mikoto Uchiha. Erbe einer der einflussreichsten Familien des Landes. “
 

Verglichen mit dem schneidenden Ton der Blonden, wirkte seine Wut wie eine sanfte Liebkosung.
 

„Der Sasuke Uchiha, der Naruto schon seit dem Kindergarten begleitet. Der ihm beigebracht hat nicht mehr ganz so weinerlich und naiv zu sein“, fuhr Tsunade fort, „Sasuke Uchiha, die einzige Person vor der Naruto es sich erlaubt hat, auf der Beerdigung seiner eigenen Eltern zu weinen.“
 

Ruckartig erhob die Ältere sich von der Tischkante und griff nach seinem Arm. Schmerzhaft wurde er von dem weichen Polster des Stuhls gezerrt.
 

„Sasuke Uchiha“, unsanft zog man ihn zum hinteren Teil des Zimmers, direkt vor den breiten Spiegel, „Der es nicht verdient hat so zugerichtet zu werden.“
 

Abrupt kamen sie zum stehen. Die femininen Finger ließen endlich von seinem Oberarm ab, um kurz darauf in dem Haaransatz seines Nackens Halt zu finden. Bestimmend wurde er dazu gezwungen sich selbst anzusehen.
 

„Ich weiß sehr wohl wer du bist.“
 

Ungefiltert registrierte der Schwarzhaarige jede einzelne Farbnuancierung. Wurde sich, mit jedem weiteren Augenblick der Betrachtung, der Heftigkeit zwischen den satten Flecken und der – selbst für seine Verhältnisse – viel zu blassen Haut bewusst.

Zum ersten Mal konnte Sasuke verstehen warum Naruto ihn hier her gebracht hatte. Auch wenn der Schüler kein Freund von Kraftausdrücken war, musste er zugeben, dass 'beschissen' eine wirklich treffende Beschreibung seiner momentanen Erscheinung darstellte. Beschissen und tot.
 

„Du bist der Junge, der sich weiter schlagen lassen würde, nur um seinen besten Freund zu beschützen.“
 

Unaufhaltsam glitt sein matter Blick weiter. Vorbei an seiner verfärbten Kieferseite.

Immer weiter. Über die deutlichen Würgemal an seinem Hals, die ihn daran erinnerten wie leicht seine Lüge gebrochen war.

Immer einschneidender. Bis er den Blick von der armseligen Person im Spiegel nahm.
 

„Besser ich als er. Das denkst du doch, nicht wahr?“
 

Genau brannten sich ihre Worte in sein Bewusstsein, während er die Arme hob, um sich seine Handgelenke ansehen zu können. Sie zum ersten Mal seit Jahren bewusst wahr zu nehmen.
 

„Weil du ganz genau weißt, zu was diese Person fähig wäre.“
 

Langsam bewegte er seine Handgelenke, damit er sich die verräterischen Verfärbungen genau einprägen konnte. Unverkennbar bildeten die rotblauen Schatten die Form der Finger, die ihn schon viel zu oft, viel zu verboten berührt hatten. Sasuke konnte sie spüren. Obwohl er wusste, dass es nur seiner Einbildung entsprang, hatte der Schwarzhaarige das Gefühl, dass Fugaku ihn packte und festhielt.
 

„Ich bin kein Freund“, bestimmend zog er den dunklen Ärmelstoff über seine Gelenke, „Ich hab´ ihn angelogen.“
 

Der Griff in seinem Nacken löste sich.
 

„Du hast es für ihn getan. Weil du nicht wolltest, dass ihn deine Probleme belasten.“ Die Blonde spielte ihm zu, versucht die Worte zu finden, die er selbst nicht aussprechen konnte, nicht wollte.
 

„Ich habe keine Probleme.“ Und trotzdem konnte der Schwarzhaarige sich nicht fallen lassen.
 

Viel zu deutlich spürte er den Blick der braunen Augen auf sich ruhen. Unweigerlich verspannte sich seine Muskulatur.

Es war dieser Blick.

Der von dem er gedacht hatte, dass nur Naruto ihn beherrschte. Sasuke mochte ihn nicht, weil er ihn einengte, kleiner machte als er war, aber vor allem weil er bedeutete, dass man ihm nicht glaubte.
 

„Ich will jetzt nicht sentimental werden, aber-“, Tsunade unterbrach sich selbst, um einmal tief Luft zu holen, „Er ist wie ein Sohn für mich. Naruto ist meine Familie.“
 

Interessiert hob der Jüngere seinen Kopf, erhaschte so einen Blick darauf, wie Tsunade sich durch ihr langes Haar fuhr und resigniert seufzte. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft, ließ ihre Mimik darauf schließen wie alt sie eigentlich war.
 

„Alles was ich im Moment habe, ist die Aussage von Naruto. Juristisch betrachtet ist das nichts. Ich habe rein gar nichts, was mich berechtigt dich hier zu halten. Aber er ist meine Familie, Sasuke. Wenn du tatsächlich glaubst, dass du die einzige Person bist, die versucht ihn zu beschützen, dann bist du wirklich ein Idiot. Vor allem, wenn du glaubst, dass Naruto es auf sich beruhen lassen würde. Du kennst ihn, es ist schon längst nicht mehr nur deine Sache.“
 

Intensiv bohrte sich ihr Blick in seinen. Deutlich spürte er den Zweifel in sich aufsteigen. Nicht gegen ihre Worte, sondern gegen seinen Widerstand.
 

„Ich frage dich noch einmal: Was willst du als nächstes tun?“
 

Laut hallte die Frage in seinem Kopf nach. Sie vermischte sich mit der Erinnerung der warmen Umarmung, in die Naruto ihn vor wenigen Stunden gezogen hatte. Rief ihn ins Gedächtnis, wie beharrlich der Blondschopf an seiner Seite geblieben war.

Ja, Naruto war bei ihm geblieben. Hatte jede seiner Bitten zu gehen ausgeschlagen. Der Uzumaki war für ihn da gewesen, war auch jetzt nur ein paar Meter entfernt.

Tief in seinem Inneren wusste der Schwarzhaarige, dass wenn er jetzt ging zwar Tsunade entkommen würde, aber keineswegs Naruto. Dafür war es zu spät. Der Andere würde ihn ansehen, jeden Tag und er würde es wissen, ohne etwas daran ändern zu können. Naruto würde sie alle sehen. Jeden neuen blauen Fleck, jede frische Blessur... und an jeder würde der Blonde sich selbst die Schuld geben.
 

Sein Kopf pochte unangenehm, als er sich dazu durchrang wirklich nachzudenken. Kontinuierlich wägte er ab. Immer und immer wieder, aus den verschiedensten Blickwinkeln heraus, mit den verschiedensten Variablen. Jeder einzelne Gedanke war schmerzhaft und kompliziert. Jedes Szenario, in dem er sich für seine Familie entschied, war der Inbegriff scheinheiliger Perfektion. Eine Farce, nichts weiter. Ein Schauspiel, in dem es von nun an einen weiteren Akteur geben würde.

Und genau da wurde es dem Schwarzhaarigen klar. Er würde sie kaputt machen. Die fröhliche Art des Blonden.
 

„Nichts wird diesen Raum verlassen?“, hackte er brüchig nach.

„Kein einziges Wort.“
 

Die Stimme Tsunades war fest, ließ keinen Zweifel daran, dass es ihr wirklich ernst war. Unruhig schweiften die grauen Irden durch das kleine Büro. Sasuke war nervös. Eine Emotion die er schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Sie war befremdlich, wie so vieles in den letzten Tagen. Schmerzhaft vergrub er seine Finger in die Handinnenflächen, um dem aufsteigenden Zittern Einhalt zu gebieten. Der Uchiha fühlte sich mehr als nur unwohl. Das Schlimmste war jedoch, dass er sich wohl oder übel eingestehen musste, dass er überfordert war. Was jedoch nicht hieß, dass er diesen Umstand kampflos vor der Blonden zur Schau stellen würde. Der Schwarzhaarige würde es mit dem letzten Rest Würde tragen, der ihm noch geblieben war.
 

„Ich-, das-. Das war kein-, ich-“
 

So viel zu seiner Würde. Still ermahnte der Uchiha sich selbst zur Ruhe. Tief holte er Luft. Wenn er schon ein Schwächling war, wollte er zumindest keiner sein der stotterte.
 

„Ich hatte keinen Unfall.“
 

Ein gequältes Lächeln schlich sich auf die feinen Gesichtszüge des Jüngeren. Immer stärker wurde der Drang einfach zu gehen, aber er verbat es sich.
 

„Wurdest du von jemanden geschlagen?“ Kaum wahrnehmbar nickte er. „Von jemanden vor dem dir deine Familie keinen Schutz geboten hat, oder bieten konnte?“

„Ja.“
 

Die Stimme des Jüngeren war dünn. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er sie sich niemals selbst zugeordnet.
 

„Von deinem Vater?“
 

Seine Sicht verschwamm, als die Erinnerungen in einholten. Das hier war mehr als erbärmlich. Er konnte seinen eigenen schnellen Atem hören, spürte wie jeder Zug in seiner Lunge brannte.

Sasuke wollte es sagen. Seinen Stolz vollkommen zurückstellen, aber etwas in ihm blockierte.

Es fühlte sich schrecklich an. So als würde sich jeder Muskel in seinem Körper gleichzeitig zusammen ziehen. Er bekam keine Luft mehr. Obwohl seine Atmung schnell und schwer ging, hatte er das Gefühl zu ersticken.
 

„Ich kann nicht.“
 

Es war vorbei. Tsunade hatte selbst gesagt, dass das was sie hatte, keine Hilfe war. Das sie mehr brauchte. Eine Steigerung, die er ihr nicht liefern konnte.
 

„Ich kann nicht.“ Wiederholte er. „Ich sollte nach Hause.“
 

Das sollte er wirklich. Trotzdem gehorchten ihm seine Beine nur schleppend. Gingen anstelle der großen Schritte bis zur Tür, nur einen kleinen rückwärts.
 

„Willst du denn nach Hause?“
 

Unbewusst biss der Schüler sich auf die Unterlippe und ließ erst locker, als der stechende Schmerz das Gefühl des Erstickens ablöste. Kaum merklich schüttelte er mit dem Kopf. Sasuke wollte nicht.
 

„Dann musst du auch nicht.“
 

Verwirrt zog der Uchiha seine Stirn in Falten.
 

„Das verstehe ich nicht.“

„Du kannst für ein paar Tage hier bleiben. Wir haben hier ein Zimmer mit einem Bett und einem kleinen Bad. Es ist mehr als nur spärlich, aber bis wir eine Wohnung für dich gefunden haben, wird es reichen.“
 

Das Lächeln welches ihm nun entgegen gebracht wurde war warm und vertraut. Es war die selbe Geste, die seine Mutter ihm oft entgegen gebracht hatte, um ihm still zu verstehen zu geben, dass alles wieder gut werden würde. Aber er war kein Kind mehr. Sasuke wusste, dass es mehr bedarf als ein aufmunterndes Lächeln um eine Situation zu bessern.
 

„Wo ist der Haken?“

„Wie bitte?“
 

Misstrauisch sah er Tsunade an.
 

„Das ist gegen das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Also, wo ist der Haken?“
 

Ein leises Lachen drang über die vollen Lippen der Älteren und wurde von einem sachten Kopfschütteln begleitet.

„Die meisten würden einfach danke sagen.“
 

Erwartungsvoll heftete sich die braunen Augen auf sein Gesicht, aber die gewünschte Äußerung blieb aus. Sasuke hatte nicht vor sich zu bedanken, ehe er genau wusste was hier gespielt wurde. Und genau das schien auch Tsunade klar zu werden. Resigniert atmete sie aus.
 

„Du kannst hier bleiben. Ich werde das mit deiner Schule regeln, dafür sorgen, dass Naruto aus der Schussbahn kommt und dir eine Unterkunft suchen.“

„Aber?“, hakte der Schwarzhaarige nach.

„Du wirst zweimal in der Woche an einem Gruppentreffen mit anderen Jugendlichen teilnehmen.“

„Eine Selbsthilfegruppe“, stellte der Uchiha ernüchternd fest.
 

Das er nicht vorhatte sich an dieser aktiv zu beteiligen ließ unausgesprochen, ebenso wie lächerlich diese Forderung fand.
 

„Und ich will, dass du deine Verletzungen fotografieren lässt.“

„Nein.“

„Für den Fall, dass du Anzeige erstatten willst, wäre das-“

„Nein!“ Schützend verschränkte der Jüngere die Arme vor der Brust, ohne zu bemerken wie sich seine Finger fest um seine Unterarme klammerten.

„Was ist wenn es nicht funktioniert? Wenn es schief geht, Sasuke? Du musst niemanden anzeigen, wenn du das nicht willst. Aber du hättest eine Hintertür.“
 

Abschätzig musterte der Schüler die feste Mine Tsunades. Sie hatte recht, dass musste Sasuke zugeben. Es gab keine Garantie, dass alles so glatt lief wie in den Versprechungen der Blonden. Er konnte ihrer Logik folgen und wenn er sein rationales Denken zurückgewinnen könnte, würde ihm sein zögerliches Nicken bestimmt auch keinen Kloß im Hals bescheren. Aber seine Fassung war irgendwo tief vergraben unter seiner Flut von Gefühlen.

Verwirrung, Hilflosigkeit und vor allem – so ungern er es auch zugab – Scham.

Jede von ihnen war da und das in einer Intensität, welche ihn Meilen weit von seinem eigentlichen Selbst trennte.

Sasuke Uchiha war weg – und genau deswegen fühlte sich jeder Schritt, den er Tsunade folgte, wie ein lähmender Stich der Angst an.

Versprechen

Stumm starrte er auf die Wasserlache, die er in seinen Händen gesammelt hatte. Das rauschende Wasser aus dem Hahn bildete eine seltsame Untermalung für die kleinen Wellen, die seine zittrigen Glieder verursachten. Ein letzter, stotternder Atemzug und dann fand das eisige Nass den Weg direkt in sein Gesicht.
 

Nichts.
 

Egal wie lange Sasuke wartete, egal wie fest sich seine Finger um den Rand des Waschbeckens schlossen, es geschah einfach nichts. Die erhoffte, belebende Wirkung blieb aus.

Alles was er fühlte war eine zentnerschwere Müdigkeit, seitdem er mit Tsunade den Schutz ihres Büros verlassen und ein sogenannter Yamato gefühlt jeden Millimeter seiner Haut dokumentiert hatte. Die Blonde hatte noch versucht ihm etwas zu beruhigen, ihm klar zu machen, dass dieser für ihn völlig Fremde vertrauenswürdig war. An die genauen Worte erinnerte er sich nicht mehr, dafür aber an die Angst.

Ein quälendes Reißen überall in seinen Gliedern, als er mit freiem Oberkörper vor diesem Mann gestanden hatte.
 

Sasuke hatte es gehasst. Es gehasst, noch einer fremden Person zu offenbaren, wie verletzt er wirklich war. Es gehasst, dass er nicht in der Lage war diese Angst abzustellen. Alles hatte er gehasst an diesem Moment, an dieser Situation. Aber das hatte nachgelassen.

Mit jedem Lichtblitz, mit jedem mechanischen Geräusch das verkündete, dass wieder ein neues Foto geschossen worden war. Mit jedem neuen Bild war seine Angst ein Stück mehr verschwunden und hatte nichts als Müdigkeit hinterlassen.
 

Lieblos drehte der Schwarzhaarige das Wasser ab und griff nach dem kleinen Handtuch, um sich das Gesicht zu trocknen. Tsunade hatte ihn nicht angelogen. Er durfte tatsächlich hier bleiben. Nur ein Bett und ein karger Schreibtisch mit passendem Stuhl standen in dem kleinen Zimmer. Wenn er schätzen müsste, würde er sagen, dass es gerade einmal um die zwölf Quadratmeter groß war, aber das störte ihn nicht. Zumindest hatte es ein kleines Fenster und ein eigenes Bad. Für ihn reichte es.
 

Ein letztes Mal atmete er tief durch, strich sich leicht über den Stoff seines Schlafshirts und wappnete sich für den letzten Teil Angst, der sich hartnäckig an ihm festkrallte. Das Stück, welches auch nach dem gefühlt tausendsten Foto nicht verschwunden war. Nur ein winziger Teil, aber mit Abstand der Schlimmste.
 

Bewusst wich er dem prüfenden Blick aus, der sich direkt an ihn haftete, als er die Schwelle zu seinem provisorischen Zimmer überquerte. Sasuke hatte es wirklich gehasste. Hatte die Blicke gehasst, das Gefühl der Blöße und sich selbst. Weil ihm alles über den Kopf gewachsen war, die Situation ihm entglitt und er damit unweigerlich Naruto seine Probleme auflud. Ein Problem das niemals nach außen hätte dringen sollen.

Am meisten hasste er jedoch, dass er es nicht verstand. Sasuke konnte einfach nicht nachvollziehen, warum Naruto noch immer hier war – und wenn er die orangenen Sporttasche richtig deutete, die neben seiner eigenen stand, auch bleiben würde.

Es war so surreal, dass gerade er, jemand der niemals Schwäche zeigte, es nicht einmal schaffte den Blick der blauen Augen zu erwidern und die Antworten zu geben, auf die der Uzumaki eigentlich ein Recht hätte. Lieber richtete er seine Aufmerksam auf die Schlafstätte. Es lagen zwei Bettgarnituren darauf.

Eine für ihn und eine für Naruto.
 

„Jiraiya hat ein paar Sachen für mich gepackt, bevor wir hier her gefahren sind.“
 

Stumm nahm der Schwarzhaarige die Erklärung hin. Was sollte er auch schon groß antworten?
 

„Da ist auch eine dünne Decke drin. Ich werde auf dem Boden schlafen.“

„Du musst nicht auf dem Boden schlafen.“
 

Seine Stimme war leise und viel zu brüchig. Wie er das hasste.
 

„Sas...“ - „Ehrlich, schon okay.“
 

Das Rascheln von Naruto Pullover zog durch den Raum, als dieser sich durch sein Haar fuhr. Sasuke musste ihn nicht ansehen, um das zu wissen. Sie kannten sich lange genug. Dem Schwarzhaarigen reichte schon das resignierte Ausatmen des Uzumaki, um sich im Klaren darüber zu sein, dass dieser mit einem entmutigten Gesichtsausdruck nach den richtigen Worten suchte.
 

„Du musst dich nicht zwingen. Wenn du nicht...wenn du das Bett...also wenn du Abstand brauchst, dann...“
 

Der Satz hing unvollendet zwischen ihnen.

Der Jüngere wusste nicht was für ein Bild er dem Uzumaki geliefert hatte, als dieser ihn gefunden hatte. Wenn es jedoch nur annähernd so ausgesehen hatte, wie er sich gefühlt hatte, dann... dann war es scheiße, definitiv – und das war wohl noch die netteste Umschreibung.

Davon auszugehen, dass der Blondschopf sich keinen Reim auf alles gemacht hatte, sich zu wünschen, dass er das unordentliche Bett nur angesehen hatte, weil im der Bezug so gefallen hatte, dass alles war utopisch. Viel zu deutlich hatten die blauen Augen ihn danach in seinem Zimmer gemustert und viel zu eindeutig war gerade sein Versuch ihm zu erklären, dass Sasuke nur etwas sagen müsste, um diese Nacht keinen Bettpartner zu haben.
 

Naruto wusste es.
 

Immer und immer wieder hallte diese Erkenntnis in seinem Kopf wider, jagte ihm eine Gänsehaut über den Körper.
 

„Du wärst okay.“
 

Nervös spielte der Uchiha mit seinen Fingern.
 

„Wenn dir das aber unangenehm ist wegen mir, dann-“ - „Halt die Klappe!“
 

Ungewohnt heftig zuckte der Schwarzhaarige zusammen. Nicht, weil der Uzumaki schrie, sondern weil dieser den Raum durchquert und ihn nun Arm packte. Der Griff war nicht so fest wie bei seinem Vater, nicht einmal annähernd, trotzdem stieg in ihm unweigerlich die Panik hoch.

So erbärmlich.
 

„Sag das nie wieder, Sasuke. Du bist mir nicht unangenehm, verstanden?“
 

Kurz wurde es still zwischen den beiden, ehe Naruto ihn los ließ und mit einem „Ich bin dann auch mal im Bad“ seine Tasche schnappte und in diesem verschwand.

Resigniert atmete Sasuke ein und straffte seine Schultern.
 

Es ist Naruto, nur Naruto, wiederholte er in Gedanken, als er anfing den unordentlichen Inhalt seiner Sporttasche nach Klamotten für morgen zu durchforsten.

Einer Tasche, die der Uzumaki für ihn gepackt hatte, bevor sie mit Jiraiya hier her gefahren waren.

Wahllos zog er sich zwei Teile aus dem Kleiderchaos und drapierte sie ordentlich auf den Schreibtisch. Länger als nötig strich er die Falten aus dem Stoff des Pullovers. Immer wieder fuhr er mit seinen Fingern über das dunkle Blau, bis er frustriert inne hielt. Das war doch lächerlich.
 

Mit einem tiefen Atemzug drehte er sich um und ging zum Bett. Langsam zählte er bis zehn, ehe er die Luft geräuschvoll aus seiner Lunge entließ und sich auf die Matratze legte. Noch einmal wiederholte die Prozedur. Einatmen, bis zehn zählen, ausatmen. Solange, bis er nicht mehr steif wie ein Brett da lag. Etwas entspannter drehte der Uchiha sich auf die Seite und fixierte einen willkürlichen Punkt an der Wand. Die Bettwäsche raschelte, als er bis zum äußersten Rand des Bettes robbte.
 

Es ist nur Naruto.
 

Wie ein Mantra wiederholte er diesen Gedanken. Und es half.

Immer weiter lockerte sich seine Muskulatur, immer ruhiger wurde seine Atmung. Alles was jetzt noch seine Sinne beschlagnahmte war die Müdigkeit.
 

Deutlich hörte der Schwarzhaarige, wie sich die Badezimmertür öffnete. Kurz wanderte sein Blick zum Blondschopf, der ihm ein schwaches Lächeln schenkte, bevor er die Tür ein Stück heranzog und auf ihn zuschritt. Das Licht hatte der Uzumaki an gelassen und als dieser kurz darauf die helle Deckenlampe im Schlafraum ausschaltete, verstand er auch warum. Schwach schien das Licht bis in dieses Zimmer und vertrieb die Dunkelheit.

Naruto hatte es für ihn getan, damit er sich besser fühlte.
 

Kräftig schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter und blinzelte heftig. Ob es an der bloßen Dankbarkeit dem Blonden gegenüber lag, oder doch daran, dass die komplette Situation erst jetzt richtig zu ihm durchdrang konnte er nicht sagen. Um ehrlich zu sein wollte er auch nicht darüber nachdenken, er war viel zu müde.

Die Matratze gab leicht nach, als Naruto sich zu ihm legte. Das Geräusch der Bettwäsche, als der Uzumaki die Deck über sich legte, ließ ihn kurz verkrampfen. Wirklich nur kurz. Das Licht half, ließ Sasuke Umrisse von fremden Möbeln erkennen, die ihn daran erinnerten, dass er nicht Zuhause war, nicht bei seinem Vater. Ja, das Licht half.
 

„Sas?“, nur ein flüstern, das mit einem kurzen, fragenden Ton seinerseits beantwortet wurde. Lange kam nichts, nur ihre gleichmäßigen Atemzüge. „Darf ich dich anfassen?“
 

Zittrig atmete er aus. Sein Herz raste, aber Sasuke ignorierte es.

„Wenn du willst.“
 

Zaghaft zog der Uzumaki ihn näher an sich, solange, bis sein Rücken sich an der Brust des Blonden wiederfand. Der Griff war locker, nur ein Arm umfasste leicht seine Hüfte.
 

„Du musst mir was versprechen, Sas. Versprich mir, dass du nicht wieder nach Hause gehst. Du kannst von hier weg, wenn du willst, aber geh nicht wieder zurück“, die Umarmung wurde etwas stärker, fast schon verzweifelt, “Im Gegenzug verspreche ich dir, dass ich dich nicht alleine lasse, okay?“
 

„Das solltest du aber vielleicht.“

„Nein.“
 

Narutos Atem kritzelte angenehm in seinem Nacken.

„Versprich es mir.“

„Versprochen.“
 

Nur allzu deutlich konnte er das Lächeln des Uzumakis spüren, als dieser harmlos mit seiner Nasenspitze durch sein Haar strich.
 

„Du bist so ein Idiot, Naruto.“
 

Das meinte er ernst.

Der Blonde würde nicht gehen, ganz egal was kommt und ganz egal wie negativ es für den Chaoten selbst wäre. Das war einfach nur idiotisch.
 

„Ich weiß, aber hey, in guten wie in schweren Zeiten.“
 

Ganz fein schwang Belustigung in der Stimme des Blonden mit.
 

„Wir sind nicht verheiratet“, protestierte er, „Und jetzt hör' auf so kitschiges Zeug zu labern.“

„Aber-“

„Kein aber, schlaf jetzt.“

„Okay. Gute Nacht, schlaf gut, träum was schönes und-“

„Gott, halt jetzt einfach die Klappe.“
 

Die Brust des Blauäugigen vibrierte angenehm, als dieser leise Lachte.
 

„Schlaf gut, Sasuke“
 

Und das tat er auch. Zum ersten Mal fiel er ganz bewusst in einen ruhigen und entspannenden Schlaf. Daran könnte er sich gewöhnen, auch wenn das Lächeln auf seinen Lippen sich mehr als nur fremd anfühlte.

Drei Wochen

„Es war seltsam, ich war irgendwie total außen vor und doch im Mittelpunkt. Total creepy. Keiner wusste was er sagen sollte und sie haben mich angestarrt. Ich hab mich gefühlt-“

Ab da schaltete Sasuke ab. Er hörte dieser Karin jetzt schon seit zehn Minuten zu und er war sich sicher, dass wenn er es auch nur eine weitere Minute täte, tief in ihm etwas sterben würde.
 

Es war Montag und anstatt in der Schule zu sitzen war er hier. Irgendwo im Keller des Jugendamtes, an einem Tisch mit vier anderen, den Gruppenleiter mitgezählt.

War die Bezeichnung überhaupt richtig? Gruppenleiter?

Und durfte sich etwas mit so wenig Teilnehmern wirklich Gruppentherapie nennen?

Aber vor allem: Hatte dieser Sasori wirklich die erforderliche Befugnis für das alles hier?
 

Der Schwarzhaarige war kein Mensch der andere Verurteilte, voreilige Schlüsse zog, oder jemanden anhand von Klischees bewertete – zugegeben, dass lag größtenteils daran, dass er seine Mitmenschen weitestgehend ignorierte – aber der Rothaarige war seltsam. Wirklich seltsam. Er wirkte mehr wie eine Puppe und das aufgesetzte Lächeln machte es nicht besser.

Nun gut, der Ältere war auch dazu gezwungen sich die Geschichte von Karin komplett anzuhören und dabei interessiert zu wirken. Trotzdem war der Typ ihm suspekt. Irgendwie wurde Sasuke das Gefühl nicht los, dass er ihn beobachtete. Vielleicht musste das aber auch so sein, immerhin sollte ihm hier ja geholfen werden.
 

Der Schwarzhaarige musste sich kurz zusammenreißen, um nicht aufzulachen. Karin hatte eine Zwangsneurose, immer wenn ihr etwas zu viel wurde, biss sie sich selbst in den Arm – und ihr wurde es oft zu viel. Suigetsu war, neben seiner Leidenschaft die Rothaarige auf die Palme zu bringen, ein Kleptomane. Allerdings bezog sich das wohl nur auf Messer und Schwerter. Und dann war da noch dieser Juugo. Die Ruhe in Person, die allerdings glaubte mit Tieren sprechen zu können. Er wagte es einfach mal zu bezweifeln, dass der Erfolg, den Tsunade sich hiervon für ihn erhoffte, ausbleiben würde.
 

„Sasuke?“
 

Gelangweilt wand er seinen Blick zurück zu Sasori.
 

„Möchtest du uns vielleicht heute etwas über dich erzählen?“

„Nein.“
 

Aus dem Augenwinkel konnte er das enttäuschte Gesicht von Karin, sowie das amüsierte Grinsen von Suigetsu erkennen. Wieso zur Hölle kam jemand auf die Idee sich freiwillig die Haare weiß zu färben? In seinen Augen sah das einfach nur lächerlich aus.
 

„Nach der ganzen Scheiße die Karin gerade gelabert hat, hätte ich auch keinen Bock mehr was zu sagen“, offenbarte der Hellhaarige.

„Wenigstens besteht mein Wortschatz aus mehr als dreißig Worten!“

„Und jedes zweite ist ichbezogen.“
 

Mit einem Ruck war die Rothaarige auf den Beinen und schlug energisch ihre Hand auf den Tisch. Das Geschirr darauf klapperte verdächtig.
 

„Nimm das sofort zurück, du minderbemittelter Arsch!“
 

Der Schrei hallte nach, nicht nur in seinen Ohren. Wahrscheinlich wurde gerade das ganze Gebäude unterhalten.
 

Zweimal die Woche würde er das alles über sich ergehen lassen müssen. Über welchen Zeitraum war ihm nicht gesagt worden, aber er hoffte inständig, dass es ein kurzer sein würde. Mittlerweile war der Uchiha schon drei Wochen von Zuhause weg. Drei Wochen, sechs Sitzungen und jedes Mal war es dasselbe.
 

„Was denn du Freak? Die Wahrheit?“
 

Genervt rollte der Schwarzhaarige mit den Augen und versuchte das Geschrei zu ignorieren.
 

„Jedes Mal das Gleiche mit den beiden.“

Aus dem Augenwinkel fokussierte er Juugo, der nach seiner Aussage mit einem leichten Lächeln den Kopf schüttelte. Also war der Lautstärkepegel hier tatsächlich nicht nur eine Phase, sondern Normalität. Kein Wunder, dass dieser Kindergarten im Keller statt fand. Wunderbar...
 

Es kam ihm wie eine weitere Ewigkeit vor, bis Sasori es endlich schaffte die beiden Streithähne zu zügeln und kurz darauf die Sitzung für beendet erklärte. Sasuke war einfach nur froh darüber, dass er wieder Abstand zu diesen Leuten nehmen konnte. Zwar dauerte die Pause nur bis Freitag, aber immerhin.
 

Ohne Umwege machte er sich auf den Weg zu seinem Zimmer. Es war noch immer seltsam diesen mehr als provisorisch eingerichtete Raum so zu nennen, aber es fühlte sich bei weitem weniger sonderbar an, wenn ein leise schnarchender, blonder Vollidiot dort lag.

So leise wie möglich schloss der Uchiha die Tür hinter sich und sah danach kurz auf die Uhr. Naruto musste direkt nach der Schule hier her gefahren sein und auf ihn gewartet haben. Dieser Idiot.

Er hoffte nur, dass der Uzumaki wenigstens Jiraiya Bescheid gesagt hatte.
 

Ohne groß darüber nachzudenken, griff er nach der dünnen Decke am Fußende des Bettes und breitete sie über dem Blonden aus. Er konnte das kleine Lächeln auf seinen Lippen nicht verhindern, als er das Buch auf dem Schreibtisch sah. Naruto hatte ihm etwas zu lesen mitgebracht. Der Stuhl gab ein knarrendes Geräusch von sich, als er sich, das breite Schriftstück fest in der Hand, darauf niederließ. Ein letztes Mal wanderte Sasukes Blick zum Blonden, ehe er den Einband aufschlug und anfing zu lesen.
 

~
 

Es war ruhig in dem kleinen Zimmer, nur ab und an erklang ein leises Rascheln, wenn der Schwarzhaarige die nächste Seite aufschlug. Mit jeder Zeile die er las, entspannte er sich mehr und jetzt, knapp nach der Hälfte des Krimis, war er vollkommen gelöst. Alles war nebensächlich, er war vollkommen in der Literatur versunken. Das erneute Rascheln von Papier und dann fing seine Haut an zu kribbeln. Er fühlte sich beobachtet. Die nächste Seite. Sasuke versuchte es einfach zu ignorieren, er wollte zumindest das Kapitel zu Ende lese.

Es blieb bei dem Versuch.
 

Resigniert merkte er sich die Seitenzahl, wunderte sich kurz darüber wie weit er schon gekommen war und drehte dann seinen Kopf ruckartig nach rechts.

„Hör' sofort auf mich anzustarren.“
 

Heftig zuckte der Blondschopf zusammen und ein leichter Rotschimmer legte sich auf dessen Wangen. Wenn es nicht den Effekt zerstören würde, hätte der Schwarzhaarige gelacht.
 

„Verdammt, ich hab fast 'nen Herzinfarkt gekriegt, Sas. Willst du das ich sterbe?“

„Es wäre nicht unbedingt ein Verlust für die Welt“, erwiderte er kühl.

„Bastard.“
 

Die Beleidigung wurde stark durch das breite Grinsen Narutos abgemildert.
 

„Du würdest mich vermissen. Weil ich toll bin. So toll, dass ich dir deine Hausaufgaben hinterher trage.“
 

Interessiert beobachtete er, wie Naruto sich aus der Decke kämpfte und umständlich zu seiner Tasche robbte. Kurz durchwühlte dieser die einzelnen Fächer, ehe er triumphierend eine Stapel Blätter in die Luft hob.
 

„Das sind die Aufgaben für die ganze Woche. Offiziell bist du noch immer krank.“

Verwundert zog der Uchiha eine Augenbraue hoch.

„Ich soll dir sagen, dass Tsunade mit dem Schulleiter geredet hat. Die beiden sind irgendwie verwand. Ich zitiere“, kurz räusperte sich der Blauäugige, „Ich hab nur gesagt, dass du bei mir bist. Kein Wort mehr.“
 

Ungeschickt erhob Naruto sich aus dem Bett.
 

„Es war ihr wichtig, dass du das weißt. Echt jetzt. Sie hatte einen total gruseligen Blick drauf und meinte, ich soll dir das genau so sagen. Und ich soll dir ausrichten, dass du immer zu ihr kommen kannst, wenn du soweit bist.“
 

Erleichtert atmete der Schwarzhaarige aus. Also hielt die Ältere tatsächlich ihr Versprechen. Nichts desto weniger fing es langsam an unrealistisch zu werden. Sasuke hatte niemals in der Schule gefehlt und nun war er schon in der dritten Woche krank.
 

„Sie ist eine von den Guten, ganz ehrlich“, riss Naruto ihn aus den Gedanken und fixierte ihn mit einem mehr als nur eindringlichen Blick. Aber so schnell wie dieser gekommen war, verschwand er auch wieder. Da war nur noch das typische, breite Grinsen des Uzumakis, mit dem dieser ihm nun die Aufgabenzettel auf den Schreibtisch legte.
 

„Du willst mit Mathe anfangen.“

„Will ich das?“, hakte er argwöhnisch nach.

„Oh, du bist ganz versessen darauf. Die ganzen Zahlen, Formeln und erst die Buchstaben. Sieh dir das nur an. Eine perfekte Symbiose der Mathematik. Makellos, ästhetisch und berührend. Eine wahre Schönheit!“

Mit einem dramatischen Handbewegung schloss Naruto seine heroisch angehauchte Rede ab.
 

„Nein.“

„Doch, guck nochmal genau-“

„Nein, du wirst nicht bei mir abschreiben.“

„Aber-“, setzte der Blauäugige an.

„Und weißt du überhaupt was eine Symbiose ist?“
 

Theatralisch griff Naruto sich an die Brust.

„Mah Sasuke, das tat weh.“

„Was? Die Tatsache, dass du nicht von mir abschreiben darfst, oder dein nicht ganz so weit vorgeschrittener Bildungsgrad? Wobei das eine das Andere nicht unbedingt ausschließt.“

„Wow“, ernsthaft überrascht riss der Ältere die Augen auf, „Ich hatte fast schon vergessen wie viel Arschigkeit du besitzt.“

„Arschigkeit?“, hakte der Schwarzhaarige nach, „Ein interessantes Substantiv.“

„Ach halt die Klappe, du Arsch!“
 

Sichtlich eingeschnappt und mit einem immer tiefer werdenden Rotton im Gesicht, verschränkte Naruto die Arme vor seiner Brust.
 

„Erklär' mir lieber was ich machen muss, wenn du mich schon nicht abschreiben lässt.“
 

~
 

Knappe zwei Stunden später war der größte Teil der Aufgaben geschafft und Sasuke gab der Bitte des Uzumakis nach, es für heute gut sein zu lassen.

„Mein Kopf platzt gleich.“

Mit einem lauten Seufzer massierte Naruto seine Schläfen und ließ sich rücklings aufs Bett fallen.
 

„Stell dich nicht so an, so schlimm war es gar nicht.“

„Du hast leicht reden“, hörbar schnaubte Naruto, „Musst du überhaupt nachdenken, bevor du die Aufgaben bearbeitest?“
 

Sasuke überging die Frage einfach.

„Zumindest hast du das mit der Kurvendiskussion jetzt besser verstanden. Das ist doch schon mal was.“
 

Ruckartig setzte Naruto sich wieder auf. Deutlich genervt fokussierte er den Schwarzhaarigen.
 

„Oh, auf jeden Fall, das ist super. Wie oft dachte ich mir schon 'Oh Naruto, jetzt eine schöne Kurvendiskussion zum runterkommen' und ich konnte nicht, weil ich die Formeln nicht drauf hatte. Danke Sasuke. Danke für diese Chance.“
 

Es fiel ihm schwer das aufkommende Schmunzeln zu unterdrücken.

„Ich würde es eher als Chance sehen, nicht durch die Prüfung zu fallen.“
 

Gepeinigt verzog der Blonde das Gesicht.

„Ich weiß. Wenn ich dieses Jahr nochmal durchfalle, zerreißt Jiraiya mich in der Luft.“
 

Schwer seufzte der Uzumaki auf, eher er Sasuke einen undefinierbaren Blick zu warf. Die Atmosphäre änderte sich, wurde irgendwie schwere und rückte die Entspannung zwischen ihnen immer mehr in den Hintergrund.
 

„Also“, setzte der Blauäugige an. Sasuke nahm sehr wohl wahr, wie der Chaot nervös mit seinen Fingern spielte.

„Du musst nicht...naja, wenn du nicht willst-, also...ich wollte fragen-“, stammelte Naruto, senkte immer wieder kurz den Blick und brach schlussendlich ganz ab, um sich mit den Händen übers Gesicht zu fahren.
 

Sasuke hatte kurz das Gefühl nicht atmen zu können, so intensiv breitete sich das Sentiment der Beklommenheit in seiner Brust aus. Er wusste was der Ältere ihn fragen wollte. Er wusste es einfach.

Ehrlich gesagt konnte er ihn auch verstehen. Wenn der Schwarzhaarige an seiner Stelle wäre, wenn das alles hier umgekehrt wäre...Sasuke verstand es. Außerdem war Naruto sein Freund. Er kannte ihn. Es war Naruto. Kein Fremder. Kein Teil irgendeiner idiotischen Gruppe – es war Naruto. Unbewusst biss er sich auf die Unterlippe. Immer und immer wieder, bis er es realisierte und sich selbst ermahnte es zu unterlassen. Besonders bei dem intensiven Blick, mit dem sein Gegenüber ihn musterte.
 

„Also“, setzte der Uzumaki erneut an und Sasuke versuchte durchzuatmen. Es war Naruto, er hatte ihn hier her gebracht, es wäre in Ordnung. Alles in Ordnung.
 

„Ich weiß nicht wie ich es sagen soll, naja...ich bin nicht gut in sowas.“
 

Es war in Ordnung. Weil es Naruto war. Es war okay. Immer wieder sagte er sich das selbst, versuchte sich damit zu beruhigen.
 

„Sasuke?“
 

Es war nicht okay.

Alles in ihm blockierte, verkrampfte sich. Unweigerlich begann er erneut seine Unterlippe zu malträtieren.
 

„Würdest du mit mir für die Prüfungen lernen?“
 

Das war nicht die Frage, die Naruto ihm eigentlich stellen wollte, dafür war das Lächeln des Uzumaki eine Spur zu sanft. Auch wenn Sasuke es hasste, dass man ihn in Watte packte, war er seinem Freund trotzdem dankbar. Sein Körper entspannte sich schlagartig und ohne darüber nachdenken zu müssen nickte er, während es zeitgleich an der Tür klopfte.
 

„Ja?“, rief Naruto.

Genervt sah der Uchiha ihn an, nicht lange genug um wirklich einschüchternd zu wirken, denn Tsunade öffnete die Tür.
 

„Pack deine Sachen, Sasuke. Wir fahren in 15 Minuten los.“
 

Überrumpelt, so fühlte er sich.

„Und wohin?“, stellte der Blondschopf die Frage, die sich auch ihm stellte.

„Ich habe eine Wohnung für Sasuke gefunden. In 15 Minuten am Haupteingang.“
 

Und dann wurde die Tür auch wieder von außen geschlossen.

In die eintretende Stille blinzelte der Schwarzhaarige ein paar Mal irritiert, ehe er kurz zusammenzuckte. Naruto war mit einem euphorischen Schrei aufgesprungen und fing an die wenigen, persönlichen Gegenstände im Raum zusammen zu suchen.
 

„Na los, du hast sie doch gehört. Hol' endlich deine Tasche.“

Eingeständnisse

Argwöhnisch sah er sich in der möblierten Wohnung um, in der er von nun an wohnen sollte. Ein kleiner Flur von dem rechts und links Badezimmer und Toilette abgingen, ein heller Wohnbereich mit offener Küche und zwei Schlafräumen, die er sich bis jetzt noch nicht angesehen hatte. Fest hielt Sasuke den Riemen seiner Tasche umschlossen. Das gefiel ihm nicht.

Es war weniger die Wohnung an sich, sondern viel mehr ein ungutes Gefühl. Etwas stimmte hier nicht. Er sollte hier alleine wohnen. Nicht, dass er etwas dagegen hatte. Ihm reichte es schon, dass er zweimal die Woche diese Leute aus der Therapie ertragen musste, aber für einen alleine war dieses Apartment erstaunlich geräumig. Skeptisch hob der Uchiha eine Augenbraue. Nein, das gefiel ihm ganz und gar nicht.
 

„Alles was du hier findest kannst du auch benutzen. Das Internetpasswort steht unter dem Router und das Telefon ist auch angeschlossen. Ich hab dir ein paar Nummern aufgeschrieben und daneben gelegt.“
 

Abschätzend sah er zu der schmalen Telefonstation neben dem Sofa. Er bezweifelte stark, dass er jemanden anrufen würde.
 

„Du musst hier nichts bezahlen, nur Einkaufen musst du selbst. Dafür bekommst du aber monatliche eine Unterstützung, vorausgesetzt natürlich du gehst weiterhin zu Sasori.“

Der strenge Blick von Tsunade entging dem Schwarzhaarigen keineswegs.
 

„Ich habe auch mit deinem Schulleiter geredet. Ich bin nicht ins Detail gegangen, wie versprochen. Wir haben ausgemacht, dass du dir den Lernstoff eigenständig aneignest und alle zwei Wochen einen Test schreibst. Das passiert bei Sasori, nach den Sitzungen. Er wird ihn einsammeln und über mich an Herrn Sarutobi weitergeleitet. Wenn das alles passt, kannst du am Ende des Schuljahres die Abschlussprüfung schreiben. Wie das dann abläuft, kommt dann ganz auf die Situation an.“
 

Das konnte Tsunade doch nicht wirklich ernst meinen. Noch einmal prüfte er die Wohnung mit seinen Blick und blieb bei der Küche hängen. Naruto war schon fleißig dabei die Schränke zu durchsuchen. Er kannte den Blonden lange genug um zu wissen, das es ihm nicht wirklich interessierte was alles da war. Dem Idioten ging es mehr darum, dass der Schwarzhaarige und Tsunade mehr Raum hatten um alles zu besprechen.

Irgendwie machte ihn das wütend. Naruto hatte ihn von Zuhause weggeschleppt, irgendwie war es seine Schuld, dass Sasuke sich nun in dieser Situation befand. Und nun stand der Uzumaki fast schon unbekümmert in der Küche und ließ ihn alles ausbaden. Allein. Ganz toll.
 

„Das gefällt dir nicht“, stellte die Ältere fest.

„Was hat mich verraten?“ Der Schwarzhaarige konnte einfach nicht anders, als sarkastisch zu klingen. Das alles hier war einfach, einfach...es überspannte einfach seinen Toleranzbogen. Vielleicht, wenn er ganz ehrlich war, auch sein Verständnis.
 

Das hier war viel zu seltsam, dass konnte doch nicht nur ihm auffallen. Irgendwas stimmte hier nicht. Sogar abgesehen davon, dass dieser Möchtegern-Plan nicht wirklich vertrauenerweckend klang.

Angenommen, dass das mit der Schule klappen sollte – was er im übrigen sehr bezweifelte – aber diese Wohnung?

Wenn er eins mitbekommen hatte in der Gruppentherapie dann, dass kein anderer der drei Nervensägen je eine eigenen Wohnung gehabt hatte. Ein Einzelzimmer im Jugendheim war schon fast Luxus und jetzt sollte er selbst einfach so eine ganze Wohnung für sich haben? Natürlich.
 

„Naruto? An der Ecke ist ein kleiner Supermarkt. Geh und kauf schon mal ein bisschen ein.“

Das Kramen in den Schränken hörte auf.

„Ich will nicht.“

Der Blondschopf klang gequält, aber das schien die Ältere kein Stück zu interessieren.
 

„Das war keine Bitte und kauf nicht nur Ramen.“

Grummelnd wurden die Schranktüren geschlossen. „Kein Wunder, dass du und Jiraiya-“

„Naruto“, unterbrach Tsunade ihn und in ihrer Stimme schwang eine unausgesprochenen Warnung mit, „Beweg dich.“
 

Tatsächlich schnappte sich der blonde Chaot daraufhin seine Jacke und ließ sie allein. Es dauerte einen Moment bis man die Schritte des Uzumaki nicht mehr im Flur hörte und darauf schien die Ältere gewartet zu haben. Mit einem leisen Seufzer setzte sich die Blonde auf die Couch, bot ihn mit einer Geste an sich dazuzusetzen, aber er ignorierte sie.

Abwartend stand er da. Tsunade hatte Naruto weggeschickt und das nicht, weil es ihr tatsächlich um den Einkauf ging.
 

„Ich verstehe, dass dir das alles sehr suspekt vorkommt“, fing sie an. „Besonders unter diesen Umständen. Leute die du kaum kennst treffen für dich Entscheidungen und erwarten, dass du alles einfach dankend annimmst. Das ist scheiße, besonders weil keiner dich nach deiner Meinung fragt, obwohl es ja um dich geht. Außerdem erklärt dir keiner irgendwas, außer natürlich was du zu tun hast. Das sieht nicht nur für dich so aus, es ist wirklich so.“
 

Kurz brach die Ältere ab und lehnte sich zurück, ohne dabei den Blickkontakt zu lösen.
 

„Das soll jetzt keine Rechtfertigung werden, aber ich steh irgendwie dazwischen und versuche das bestmögliche Mittelmaß für dich zu finden. Ich kenne dich nämlich auch nicht, Sasuke. Ich hab keine Ahnung wer du bist, was du alles kannst und besonders nicht wie belastbar du bist. Sei mir nicht böse, aber ich hab auch einfach nicht die Zeit das alles selber herauszufinden, nicht in diesem Job. Ich hab Meinungen von anderen. Die Einen würden dich am liebsten den ganzen Tag in Watte packen und mit den Anderen redest du nicht.“
 

Sofort kam dem Uchiha der rothaarige Psychologe in den Sinn. Tsunade hatte recht, er hatte bei Sasori nie wirklich geredet. Was die andere Partei anging, es war nicht schwer darin Naruto zu erkennen.
 

„Also, werde ich jetzt etwas machen, dass ich schon viel früher hätte tun sollen. Ich verlasse mich auf meine Intuition. Aber ich möchte das du dich dafür hinsetzt und mir wirklich zuhörst.“

Noch einmal deutete die Blonde mit einer Handbewegung an, dass er sich setzten solle. Und diesmal kam Sasuke der Aufforderung nach.
 

„Zuerst das Schulische. Die Tests sind Teil des Fernschulprogramms, das von deiner Schule schon seit Jahren angeboten wird. Du hast zwar keine feste Klasse mehr, aber deine Prüfungsleistungen werde voll anerkannt. Du bekommst sogar ein Zeugnis, wenn du bestehst. Also hättest du wirklich einen Abschluss. Was die Wohnung angeht, solltest du zuerst etwas wissen.“
 

Kurz machte die Blonde eine Pause und sah ihn abschätzend an. Irgendwie beunruhigte in das etwas.
 

„Dein Vater war bei Naruto und Jiraiya Zuhause.“

Er konnte deutlich spüren, wie sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte, bis hin zu seiner Stimme. „Wann?“, fragte er.

„Vor knapp einer Woche. Naruto möchte nicht, dass du das weißt, aber ich finde, dass solltest du. Dein Vater war wütend und hat ein paar unschöne Worte gesagt. Jiraiya hat ihn daraufhin rausgeworfen.“

Zögerlich nickte Sasuke, zu mehr war er nicht in der Lage.

„Er war auch in der Schule und gestern wurde mir mitgeteilt, dass eine interne Ermittlung gegen mich läuft. Es sucht dich und er ist verdammt schnell.“
 

Er fühlte sich wie gelähmt. Sasuke hatte natürlich nicht damit gerechnet, dass Fugaku einfach so hinnehmen würde, dass er weg war. Trotzdem traf es ihn unerwartet hart, dass er bei dem Blonden Zuhause gewesen war. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sehr der Ältere getobt haben musste.
 

„Keiner von uns ist eingeschüchtert. Dein Schulleiter hat mir versichert, dass Naruto bis zu seinem Abschluss an der Schule bleiben kann und auch der Verlag wird Jiraiya nicht raus werfen. Da kann dein Vater noch so viel drohen. Außerdem hat er keinen handfesten Beweis, dass du bei mir warst. Es gibt keine Akte mit deinem Namen und ich vertraue meinen Leuten.“
 

Nur ganz kurz legte Tsunade ihre Hand auf seine und drückte zu.
 

„Ich kann Naruto nicht davon abhalten dich zu besuchen, aber du solltest nicht bei ihm Zuhause aufkreuzen, auch nicht an der Schule oder am Jugendamt.“

„Deshalb die Wohnung“, schlussfolgerte er.
 

„Genau. Du kannst hier so lange bleiben wie du möchtest und zwar kostenfrei. Kein Amt, keine Behörde hat hiermit was zu tun. Sie gehört einem Freund von Sasori, der momentan im Ausland lebt. Ich hab versucht an einem Namen zu kommen, weil er mir keinen geben wollte. Aber es war nur ein Firmenname hinterlegt. Ich hab sie geprüft und sie wirkt sauber. Es macht mich offengestanden etwas nervös dich hier zu lassen, aber Sasori hat mir versichert, dass das hier eine sichere Option ist und ich vertraue Sasori. Besonders bei so etwas. Er wirkt zwar etwas seltsam, aber er ist sehr ambitioniert, was seine Schützlinge angeht.“

„Ich bin nicht sein Schützling“, protestierte er.

„Für ihn schon. Und auch wenn du nicht wirklich redest, möchte ich, dass du weiterhin zu ihm gehst und es zumindest versuchst.“

„Ich kann ja schlecht einfach weiter zu den Treffen. Ich soll mich ja fernhalten.“

„Deshalb wirst du zu seiner Praxis gehen. Montags finden die Gruppentreffen dort statt und Donnerstags hast du einen Einzeltermin, die Freitagssitzung fällt für dich aus. Die Änderungen treten ab diesen Donnerstag in Kraft.“
 

Natürlich taten sie das. Warum nur wunderte es ihn nicht, dass er weiterhin zu diesem Spinner sollte? Aber ehrlich gesagt war das nicht sein größtes Problem. Sasuke konnte immer noch nicht fassen, dass sein Vater tatsächlich bei dem Uzumaki und dessen verschrobenen Onkel gewesen war. Kaum zu fassen, dass er vor kurzem noch wütend auf Naruto gewesen war. Eigentlich wäre es das Recht des Blonden wütend auf ihn zu sein. Zumindest genervt genug, um Abstand zu suchen. Er verstand Naruto einfach nicht. Vielleicht machte der Idiot das aber auch mit Absicht. Denn solange Naruto nicht aufhörte hinter ihm her zu laufen und sich geradezu festzukrallen, war es Sasuke nicht mehr gleichgültig was passierte. Denn egal was es auch wäre, der Blonde würde zumindest einen Kollateralschaden abbekommen. Was er eigentlich ja schon tat. Zumindest einen Warnschuss und trotzdem nahm der Blauäugige keinen Abstand.

Sasuke versuchte seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Die Beweggründe des Blonden waren momentan etwas, mit dem er sich nicht beschäftigen wollte.
 

„Und welcher Firmenname steht im Mietvertrag?“
 

Wenn er schon hier wohnen sollte, wollte er zumindest etwas an Information haben. Wobei er sich dessen nicht mehr ganz so sicher war, als Tsunade sich versteifte. Sie sah ihn nicht an und auch ansonsten machte es nicht den Eindruck, als wolle sie drauf antworten, aber er ließ nicht locker.
 

„Ich werde ganz bestimmt nicht in einer Wohnung bleiben, von der ich nicht weiß wem sie gehört. Das meine ich ernst.“
 

Ein letzter schwerer Atemzug und dann: „Akatsuki“
 

Fassungslos sah er sie an.
 

„Ich hab mir den Arsch aufgerissen, verstehst du? Seit zwei Jahren versuche ich ein Treffen mit diesen Idioten von Akatsuki zu vereinbaren und dafür zu sorgen, dass sie als Tochterfirma einsteigen.“

Siedend heiß flammte die Erinnerung auf und schien jede Faser seines Körpers zu schmelzen.
 

„Nein“, kam es ihm leise über die Lippen.

„Hör' zu- “ - „Nein“, unterbrach er die Blonde brüchig.

„Ich weiß-“

„Sie wissen gar nichts.“
 

Sasuke wurde schlecht. Tonlos lachte er auf. Er sollte gehen, am besten nach Hause. Vielleicht würde Fugaku nicht ganz so wütend sein, wenn er von allein wiederkam. Vielleicht würde die Konsequenz eine Kurze sein. Damit würde Sasuke umgehen können. Zumindest bis der Schwarzhaarige sich wieder daran gewöhnt hätte. Und wenn er seinem Vater versicherte, dass er nicht wieder gehen würde, würde dieser vielleicht alles auf sich beruhen lassen. Es würde wieder werden wie früher.

Kurz blieb ihm die Luft weg. Alles in ihm signalisierte Sasuke, dass er das nicht wollte. Trotzdem konnte er nicht aufhören darüber nachzudenken. Seine Gedanke überschlugen sich und das obwohl er wirklich geglaubt hatte, dass er sich selbst wieder im Griff hatte, dass er wieder Sasuke war. Wie dumm von ihm. Als ob irgendwas wieder normal werden würde. Es wurde doch immer nur schlimmer. Das hätte er wissen müssen. Erst seine Mutter, dann Itachi und dann...

Sasuke zwang sich selber aufzuhören. So wollte er nicht sein. Das war jämmerlich und so war er nicht. Sasuke Uchiha war nicht jämmerlich.

Endlich meldete sich sein rational denkender Teil zurück. Langsam und viel zu leise, aber es war genug, damit sich sein Puls wieder beruhigte
 

„Akatsuki sind große Konkurrenten deines Vaters. Ich denke-“

„Die Größten“, unterbrach er sie und wenn das nicht so absurd wäre gerade, hätte er bei dem fragenden Gesichtsausdruck von Tsunade sicherlich kurz geschnaubt. „Sie sind die größten Konkurrenten auf dem Weltmarkt und fangen jetzt auch langsam an sich hier niederzulassen. Deshalb ist mein Vater besorgt und deshalb wollte er sich auch vor ein paar Wochen mit ihnen treffen, um eine mögliche Fusion zu besprechen.“
 

Das anschließende „Oh“ von der Blonden war eine mehr als dünne Erwiderung.
 

„Das versucht mein Vater schon seit zwei Jahren und damit wird er auch ganz sicher nicht aufhören.“
 

Tatsächlich wirkte die Blonde nach seiner Aussage schuldbewusst, aber das war ihm egal. Es half ihm nicht. Ihr Schuldbewusstsein brachte Sasuke kein Stück weiter. Nichts brachte ihn momentan wirklich weiter. Einfach gar nichts.
 

Auch wenn es nie aussprechen würde, alles kotze ihn gerade an. Warum brachte ihn das so dermaßen aus der Fassung? So war er nicht. Sasuke entschied immer mit dem Kopf. Das gab ihm Sicherheit. Besonders nach Itachis Verschwinden gab ihm genau das Sicherheit, jedes verdammte Mal. Er hatte über Dinge nachgedacht, bis ins kleinste Detail und rational. Etwas, dass ihm jetzt einfach nicht mehr gelang. Er konnte nicht nüchtern nachdenken, weil alles in ihm sofort blockierte. Egal wie sehr er auch wollte, es ging einfach nicht.

Und das kotze ihn an.

Was auch immer gerade mit ihm los war, dass musste aufhören. Unbedingt.
 

Sasuke Uchiha war nicht jämmerlich.

Diesen Gedanken wiederholte er immer und immer wieder, bis zu dem Punkt, an dem ein winziger Teil in seinem Kopf aufhörte zu boykottieren.

Diese Wohnung war tatsächlich nicht die schlechteste Option. Das wusste er. Wie hoch war schon die Wahrscheinlichkeit, dass sein Vater ihn hier vermuten würde? Ausgerechnet bei der größten Konkurrenz. Selbst wenn es irgendwann dazu kommen sollte, dass die beiden Firmen sich zusammen schlossen, hätte sein Vater besseres zu tun, als Sasuke in einer Wohnung von Akatsuki zu suchen. Streng genommen war dieser Ort etwas Gutes. Trotzdem fühlte es sich für ihn nicht so an. Wahrscheinlich wäre es anders, wenn er in Ruhe und frei vom Gefühl des Erstickens darüber nachdenken könnte. Aber im Moment war das alles. Mehr bekam Sasuke von sich selbst nicht. Aber für den Moment reichte es.
 

„Mir wird in Zukunft gesagt was passiert, wann es passiert und wieso etwas passiert. Dabei ist es egal, ob es mir gefallen könnte oder nicht“, fing er an, „ Ich weiß, dass mir wahrscheinlich nichts davon gefallen wird, aber trotzdem wird das dann besser sein, als das heute. Ich bin keine acht mehr, auf Überraschungen kann ich gut verzichten.“
 

Unweigerlich zog sich Sasukes Hals erneut zu, aber er schluckte es einfach herunter.
 

„Im Gegenzug werde ich hier bleiben, zu Sasori gehen und die Tests schreiben. Ich werde Naruto so gut es geht raus halten und ihm nicht sagen, dass ich weiß, dass mein Vater bei ihm war. Außerdem werde ich auch nicht erzählen, dass die Wohnung einer Firma gehört, mit der mein Vater versucht zu kooperieren. Und falls das-, nein, wenn das hier den Bach runter geht, werde ich meinem Vater sagen, dass ich weder eine Tsunade, noch jemanden ihrer Mitarbeiter kenne, geschweige denn jemals gesehen habe. Das ist nicht verhandelbar.“
 

Fest sah er sie an. Es war lange her, dass Sasuke so viel hintereinander gesprochen hatte, aber es war ihm wichtig. Das waren seine Bedingungen.
 

„Schließt das auch mit ein, dass Sasori gelegentlich auch andere Antworten als Schweigen oder 'Nein' von dir bekommt?“ Fragend wurde er angesehen.

„Wenn er mir einen Grund dazu gibt.“

„Okay. Dann haben wir eine Abmachung, Sasuke“
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Mit einem resignierten Seufzer schloss der Schwarzhaarige mit der Erinnerung ab. Mittlerweile war es Donnerstag und weil er nun einmal zu seinem Wort stand, saß er tatsächlich bei Sasori. Zumindest in dessen Wartezimmer. Es hatte ihn wirklich gewundert wie unscheinbar die Praxis von außen wirkte, aber das war gerade nicht der springende Punkt. Sasuke war genervt, denn mittlerweile wartete er schon seit knapp fünfzehn Minuten. Zehn davon war der Rothaarige inzwischen schon zu spät. Ein Umstand der dem Uchiha noch weniger gefiel, als das dichte Gedränge während seiner Anreise. Er hasste es zu warten, besonders auf etwas so überflüssiges.

Eigentlich sollte es ihn ja nicht wundern. Der Psychologe hatte schon bei ihrer ersten Begegnung nicht sonderlich kompetent gewirkt, warum sollte es bei dessen Zeitmanagement also anders sein?

Verstimmt verzog er das Gesicht. Er würde die Zeit ganz bestimmt nicht hinten dran hängen, so viel war sicher.

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gefasst, ging auch endlich die Tür von Sasoris Büro auf.

Doch der Ältere war nicht allein. Neben ihm stand eine junge Frau, die ihr Haar in einem eigensinnigen Blauton gefärbt hatte.
 

„Du hast wirklich eine schöne Praxis. Es war gut, dass du was eigenes gemacht hast. Das hier passt besser zu dir.“
 

Nach der Aussage umarmte die Blauhaarige den jungen Mann und Sasukes Laune sank noch ein Stück. Er musste also wegen eines privaten Termins so lange warten, wie überaus professionell. Was auch immer der Typ vorher gemacht hatte, der Uchiha war sich nicht sicher, ob die Selbstständigkeit wirklich besser passte.
 

Ein leises „Danke“, kam vom Rothaarigen und dann endlich schien Sasuke bemerkt zu werden.
 

Fast schon ruppig löste Sasori sich aus der herzlichen Umarmung. „Hallo Sasuke.“

„Sie sind zu spät.“ Seine Stimme klang kühl. „Ihre Ambitionen wirken nicht gerade qualitativ“, fuhr er fort und kurz sah etwas in der Mimik des Rothaarigen aufflackern. Was auch immer es war, der Uchiha hoffte sehr, dass es dazu beitrug nicht noch einmal so lange warten zu müssen.
 

„Das gibt’s ja nicht.“, die Blauhaarige hatte sich nun auch zu ihm umgedreht und sah ihn fast schon fasziniert an. Was sollte das denn?

„Hallo, ich bin Konan.“
 

Freundlich wurde ihm die Hand gereicht. Nur widerwillig kam er der Geste entgegen. Ja, er war genervt und nicht wirklich daran interessiert nett zu sein, aber er war auch anständig erzogen worden.
 

„Das gibt’s ja nicht“, sagte sie noch einmal, diesmal leiser. Wahrscheinlich sprach Konan gerade mit sich selbst. „Das glaubt mir doch keiner.“
 

Vielleicht war die Frau doch eine Patientin. Wundern würde es den Schwarzhaarigen keineswegs.
 

„Das reicht jetzt.“
 

Der Tonfall von Sasori klang ungewohnt streng und kurz, nur ganz kurz, erinnerte er Sasuke an seinen Vater. Wobei der Rothaarige nicht annähernd so viel Missachtung ausstrahle. Kurz schluckte er. Nein, Sasori war ganz anders.
 

„Schon gut, ich wollte sowieso gerade gehen. Ich grüße einfach alle.“ Das letzte Wort betonte Konan etwas seltsam und ihr Augenzwinkern danach war ebenfalls eigenartig.
 

„Ich glaube von dir bestelle ich auch schöne Grüße, Sasuke.“ Und dann war sie auch schon weg.

Okay, diese Frau brauchte eindeutig mehr Hilfe als er. Professionelle Hilfe.
 

„Entschuldige, Sie ist etwas speziell. Wenn du soweit bist, können wir jetzt aber anfangen.“
 

Ohne eine Erwiderung stand er auf und folgte dem Angebot. Sasuke war nicht gerade motivierte, als er in das Büro trat, aber je schneller er das hier hinter sich hatte, desto besser.
 

Mit einem leisen Klicken rastete die Tür ins Schloss und Sasuke war mit dem Therapeuten allein. Etwas unschlüssig stand er da. Das war alles neu für ihn und dass dieses Zimmer aussah wie aus einem klischeehaften Film, half ihm nicht.
 

„Setzt dich doch“, wurde ihm angeboten und zögerlich kam er dem nach.
 

Irgendwie kam es Sasuke wie ein neuer Tiefpunkt vor. Das hier war anders als im Keller des Jugendamtes, realer. Immerhin saß er nicht auf einem harten, ausgefransten Stuhl, sondern auf einer Couch. Ein weiteres Klischee wie er fand. Aber auch wenn er versuchte es für sich ins lächerliche zu ziehen, der weiche Stoff fühlte sich seltsam an seinen Handflächen an, irgendwie beengend. Unwohl faltete er seine Hände ineinander und legte sie in seinen Schoß.

Der Uchiha sah sich um. An der Wand hing ein säuberlich eingerahmtes Abschlusszertifikat und es dauerte nicht lange, bis Sasuke erkannte, dass es von einer renommierten Uni war. Also hatte Sasori wirklich eine Zulassung.

Eigentlich sollte ihn das ja beruhigen, aber das tat es keineswegs, im Gegenteil. Der Schwarzhaarige spürte nur zu deutlich, wie nach und nach Unruhe in ihm aufstieg. Das Schlimmste daran war, dass Sasuke es nicht schaffte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Nichts lenkte ihn ab. Da war nur Unbehagen und sein eigenes Herzklopfen, das mit jeder Sekunde schneller und lauter zu werden schien. Das war nicht gut. Krampfhaft versuchte der Uchiha das einzudämmen. Er wollte das nicht, ganz besonders nicht hier. Fest biss er sich von innen auf die Wange und endlich hörte das Rauschen in seinen Ohren auf.

Fast schon begierig konzentrierte er sich auf das leise Rascheln, dass ihn nun vollkommen von seinem seltsamen Ausbruch ablenkte. Das musste aufhören. Definitiv musste das aufhören.

Sasuke wollte die ganze Prozedur hier einfach nur hinter sich bringen und wieder gehen. So schnell wie möglich.
 

Ein letzter tiefer Atemzug und dann sah er zu Sasori. Der Rothaarige hatte sich vor ihm auf einen Sessel gesetzt, die Beine überschlagen und jetzt konnte der Schwarzhaarige auch das Rascheln zuordnen. Das war doch wohl ein Scherz, das musste einfach einer sein. Der Ältere saß tatsächlich mit Stift und Mappe vor ihm und machte sich eine Notiz.
 

„Möchtest du mir erzählen wie es dir geht, Sasuke?“
 

Nein, nein das wollte er ganz und gar nicht. Er wollte einfach nur gehen. Vielleicht noch einen zynischen Kommentar abgeben, aber dann definitiv gehen.
 

„Nein“, seine Stimme hatte einen fast schon trotzigen Unterton und sein Gegenüber schrieb wieder etwas auf. Das war doch grotesk. Grotesk und lächerlich.
 

„Möchtest du gehen?“
 

Fast hätte der Schwarzhaarige aufgelacht, aber er blieb stumm.
 

„Weil du dich unwohl fühlst?“
 

Darauf antwortete er nicht, er würde ganz bestimmt nicht über seine Gefühle reden.

Eine weitere Notiz
 

„Oder weil du das hier für lächerlich hältst?“
 

Auch darauf sagte der Uchiha nichts.
 

„Vielleicht beides?“, fragte Sasori weiter. Wartete einen Moment, bis ihm wahrscheinlich klar wurde, dass er auch darauf keine Antwort bekommen würde.
 

„Gibt es etwas anderes über das du sprechen möchtest?“
 

Sasuke wollte nicht reden, weder über seine Gefühle, noch über irgendetwas anderes. Er sah den Rothaarigen einfach nur an, während er demonstrativ weiter schwieg und hoffte, dass das auch seinem Gegenüber bald klar werden würde.
 

„Okay. Dann anders.“

Der Ältere lehnte sich ein Stück zurück und taktierte ihn regelrecht.
 

„Die Wohnung in der du gerade wohnst gehört einen Freund von mir. Ich hab ihn damals in Amerika, während meines Auslandssemesters kennengelernt. Wir hatten den selben Freundeskreis und obwohl wir alle verschieden waren, haben wir uns auf Anhieb verstanden.“
 

Sasuke musste kurz blinzeln. Eine Geschichte aus Sasoris Leben war das Letzte mit dem er gerechnet hatte. Und offengestanden auch das Letzte was er hören wollte. Trotzdem konnte er es nicht ignorieren, der Ältere sah ihn immer noch so eindringlich an, hielt ihn irgendwie damit fest.
 

„Es war eine tolle Zeit und irgendwann kam der Punkt, an dem ich da bleiben wollte. Also hab ich meine Abschluss in Amerika gemacht. In Wirtschaftspsychologie um genau zu sein. Ich hab zusammen mit meinen Freunden in einer Firma gearbeitet. Es war eine Zeit, die ich um nichts in der Welt eintauschen würde. Aber irgendwann war mir das nicht genug. Ich wollte nicht unbedingt mehr, ich wollte einfach nur etwas anderes. Und irgendwie war ich in der Zwickmühle. Ich wollte was anderes, aber sollte ich das was ich hatte wirklich aufgeben? Wäre es das wert? Was wenn das ein totaler Reinfall werden würde? Was wäre mit meinen Freunden, die schon viel mehr eine Familie für mich waren? Jeden Tag habe ich mir diese Fragen gestellt und mich selber damit isoliert. Obwohl ich inmitten meiner Freunde, meiner Familie war, hab ich mich verloren gefühlt. Ich hab trotzdem weiter gemacht, nur noch funktioniert und es ist keinem wirklich aufgefallen. Dachte ich zumindest.“
 

Das Lächeln, dass sich auf Sasoris Gesicht ausbreitete wirkte irgendwie sanft und beängstigend zugleich.
 

„Er hat mich in sein Büro gerufen, denn ihm war es aufgefallen. Und obwohl auf der Arbeit alles drunter und drüber gegangen war, hat er sich Zeit genommen. Zeit für mich. Stunden um genau zu sein und er hat mir geholfen. Sowohl hier einen Studienplatz für angewandte Psychologie , als auch einem Raum für meine Praxis zu finden. Er hat mir geholfen.“
 

Sasuke wartete nach diesem Monolog eine kurze Zeit lang. Hoffte fast schon, dass da noch etwas kommen würde. Nicht weil ihn die Geschichte interessierte, sondern weil er auf einen Sinn dahinter wartete. Aber er kam nicht mehr. Oder Sasuke hatte ihn einfach nur verpasst.
 

„Und warum genau musste ich mir das jetzt anhören?“, fragte er deshalb nach.
 

„Du hast Tsunade gesagt, dass du wissen willst was passiert. Ich versuche gerade herauszufinden, ob mein Beitrag dazu führen könnte, dass wir irgendwann ansatzweise so etwas wie ein Gespräch führen. Was sagst du dazu? Könntest du mir gegenüber etwas weniger desinteressiert sein? Es muss nicht gleich ein ganzes Buch sein, aber zumindest mehr als Schweigen oder ein gelegentliches 'Nein'. Wäre das erträglich?“

„Und Sie denken wirklich, dass ihre Lebensgeschichte ein guter Einsatz ist?“

„Falls nicht, kannst du die nächsten Einzelsitzungen gerne Zuhause verbringen und dich produktiveren Sachen zuwenden. Tsunade sollte davon nur nicht unbedingt etwas mitbekommen.“
 

Irgendwie war er sprachlos. Der Rothaarige überraschte ihn. Sasukes Neugier war tatsächlich geweckt, also nickte er kurz.
 

„Nach dem Studium sind meine Freunde und ich nicht nur bei irgendeiner Firma eingestiegen, wir haben eine eigene gegründet. Du hast von ihr gehört, immerhin wohnst du in einer ihrer Wohnungen.“
 

„Akatsuki.“ Es fiel dem Schwarzhaarige immer noch schwer den Namen mit fester Stimme auszusprechen.
 

„Genau.“

Es war so surreal. Sasuke konnte einfach nicht glauben, dass der Rothaarige ernsthaft an der Gründung von Akatsuki beteiligt gewesen war.
 

„Wir haben die Firma kurz nach unserem Abschluss aufgebaut. Keiner hätte damit gerechnet, dass das so ein Erfolg werden würde und auch wenn ich ausgestiegen bin, stehe ich noch immer mit jedem einzelnen in der Führungsebene in Kontakt. Eine davon hast du gerade selber kennengelernt.“
 

Sofort kam ihm Konan wieder in den Sinn. Es fiel Sasuke mehr als nur schwer das zu glauben. Die junge Frau hatte auf ihn nicht wirklich wie eine Person mit Verantwortungsgefühl gewirkt.
 

„Jeder hat andere Aufgaben und einige sind tragender als andere, aber jeder hat etwas zu sagen, ganz besonders-“, kurz stockte der Rothaarige, „Die Person, die dir die Wohnung stellt. Ich werde keine Namen nennen, weil ich darum gebeten wurde und ich stehe zu meinem Wort, immer und ausnahmslos. Was ich dir aber sagen kann ist, dass niemand von Akatsuki eine Gegenleistung erwartete, ganz besonders er nicht.“
 

Höhnisch verzog der Uchiha das Gesicht.
 

„Er hat die Entscheidung getroffen sein Zuhause zu verlassen und das war sehr unschön, weil er etwas zurück lassen musste. Er versteht deine Situation.“

„Vergleichen Sie mich gerade mit ihrem ominösen, wahrscheinlich ausgedachten Freund? Denn wenn ja, ist das ein sehr flacher Trick.“
 

Langsam wurde er wieder wütend, aber nicht genug, um die Praxis zu verlassen.
 

„Das mache ich nicht, auch wenn ihr euch wirklich irgendwie ähnelt. Ich glaube nicht, dass eure tatsächliche Situation gleich ist, was auch immer deine sein mag. Man trifft wichtige Entscheidungen nicht einfach so auf die Schnelle. Dafür braucht man Zeit und einen klaren Kopf. Darin verstehen wir dich beide.“

„Also soll ich darauf vertrauen, dass ihr Freund ein guter Mensch ist. Ein vollkommen Fremder, ohne Name oder irgendeinen Hintergrund.“
 

Natürlich würde er das nicht tun. Bis vor kurzem war Sasuke sich noch sicher gewesen, dass Tsunade die mit den seltsamen Ansichten war, aber jetzt nahm Sasori eindeutig diesen Platz ein.
 

„Er kommt auch eigentlich von hier. Wie schon gesagt, hat er zu seiner Familie seit Jahren keinen Kontakt mehr. Das hat aber persönliche Gründe. Er ist sechsundzwanzig und Gründer sowie CEO von Akatsuki, steht aber nicht gerne in der Öffentlichkeit, weshalb jemand anderes die Firma medial vertritt. Das Wichtigste ist aber, dass er sich lieber in den Kopf schießen würde, als mit Fugaku Uchiha eine geschäftliche Bindung aufzubauen, egal welcher Art. Und das waren seine Worte, nicht meine.“
 

Erschrocken sah Sasuke ihn an. Es gab nicht viele Menschen, die ihre Abneigung gegen seinen Vater so offen äußerten. Wahrscheinlich würde der CEO diese Aussage auch niemals in der Öffentlichkeit wiederholen. Er selbst hasste seinen Vater nicht, besonders nicht so sehr, dass er sich erschießen würde. Trotzdem gab die Aussage ihm etwas. Sasuke konnte sich zwar nicht sicher sein, dass Sasori die Wahrheit gesagt hatte, aber er fing an Sympathie zu empfinden. Sympathie gegenüber eines Mannes, den er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. War er deshalb verrückt?
 

„Hast du sonst noch fragen?“
 

Ertappt richtete der Schwarzhaarige seine Aufmerksamkeit zurück auf den Älteren. Diese Frage würde er definitiv nicht laut aussprechen. Verneinend schüttelte er deshalb mit dem Kopf. Sasuke hatte Informationen bekommen, mit denen er tatsächlich etwas anfangen konnte. Wobei es den Jüngeren sicherlich noch eine ganze Weile in Unglauben versetzen würde, dass der Psychologe wirklich Akatsuki mitgegründet haben soll. Das stand allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Eines auf das er nicht weiter eingehen wollte.
 

„Gut. Möchtest du mir jetzt vielleicht irgendetwas sagen?“
 

Kurz verharrte der Uchiha, wartete darauf, dass seine Gefühle wieder auf ihn einschlugen, oder irgendwas anfing ihm die Luft abzuschnüren. Aber nichts passierte. Rein gar nichts.

Der Jüngere saß einfach nur da und dachte nach. Über das, was er gerade gehört hatte, über die Wohnung und sogar kurz über seinen Vater. Auch wenn der letzte Teil ihn wieder aufwühlte, er hatte denken können. Und zwar ohne direkt von schneidenden Gefühlen übermannt zu werden. Das war mehr, als alle Momente der letzten Wochen zusammen.

So ungern Sasuke es auch zugab, er fühlte sich besser. Nicht ideal, oder so wie früher, aber eindeutig besser.

Abschätzig sah er in die fragende Miene von Sasori, der aufgehört hatte auf eine Antwort zu warten und stattdessen die Sitzung für heute als beendet erklärte. Es dem Uchiha egal, dass sein Gegenüber sah, wie er sich nervös auf die Lippe biss, bevor er aufstand und nach seiner Tasche griff. Es war nebensächlich. Alles was zählte war, dass er sich besser fühlte. Auf unerklärliche Weise fühlte er sich besser.
 

Etwas zu fest umfasste der Schwarzhaarige den schmalen Türgriff und während er diesen nach unten drückte, verstand er es. Wie ein Blitz durchfuhr ihn die Erkenntnis. Endlich verstand Sasuke es. Er hielt diese Sitzungen noch immer für unnötig. Sie würden ihn kein Stück weiterbringen. Das war aber egal, weil es ihm egal war. Es interessierte Sasuke nicht, was der Rothaarige von ihm dachte. Ob er ihn nicht als vollwertigen Uchiha ansah oder fand, dass er zu viele Makel hatte.

Leise lachte er auf, der Schwarzhaarige konnte nicht anders. Denn es war ihm vollkommen gleichgültig, ob Sasori ihn für perfekt hielt.

Tief atmete der Schwarzhaarige durch, bevor er sich wieder umdrehte. Sasori stand mittlerweile an seinem Schreibtisch. Fragend sah er den Schüler an, während er die Mappe mit seinen Notizen langsam auf das schwere Möbelstück legte. Beinahe hätte Sasuke ein weiteres Mal aufgelacht.

Der Ältere war wirklich niemand dem er gefallen musste. Nein, dass stimmte so nicht. Sasori war niemand dem Sasuke gefallen wollte.

Nur zu gut erinnerte sich der Jüngere an das erste Treffen der Gruppe und daran wie lächerlich er dieses gefunden hatte. Besonders die ersten fünf Minuten. Aber jetzt war es ihm total egal.
 

„Ich bin Sasuke Uchiha, siebzehn Jahre alt und ich habe ein Problem, über das ich nicht mit ihnen reden werde.“
 

Er hatte es gesagt. Zum ersten Mal hatte Sasuke vor jemand anderen als Naruto zugegeben, dass er nicht perfekt war.
 

„Hallo Sasuke, es freut mich dich kennenzulernen und falls du deine Meinung ändern solltest, bin ich genau hier.“
 

Und zum ersten Mal kam ihm Sasori nicht komplett inkompetent vor.

Zusammenstoß

Es herrschte ein unangenehmer Lautstärkepegel im Raum. Nicht verwunderlich bei den zwei Streithähnen, die gerade dabei waren sich zu allem Übel auch noch voreinander aufzubauen. Wahrscheinlich sollte es bedrohlich wirken, aber das tat es ganz und gar nicht. Es war schlicht und ergreifend einfach nur lächerlich, aber was hatte Sasuke denn auch bitte erwartet?

Seit fast einem Monat traf sich die kleine Gruppe nun schon in der Praxis von Sasori. Vier gemeinsame Sitzungen und bis jetzt war es jedes Mal eskaliert.
 

„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine verdammte Klappe halten sollst, Suigetsu!?“

„Ich werde damit aufhören, wenn du von deinem hohen Ross runterkommst!“, erwiderte ihr Gegenüber in ebenso lautem Tonfall.
 

Tief atmete der Uchiha durch, als sein Mundwinkel kurz und unkontrolliert nach oben zuckte. Das war mehr als nur nervig, es machte ihn wütend. Warum zum Teufel sprach Sasori nicht endlich ein Machtwort?
 

„Oh nein, Daddy hat mir die Kreditkarte gesperrt und jetzt kann ich mir keine neuen Klamotten mehr kaufen. Ich fühle mich ja sooo benachteiligt. Das wird mir zu viel. Bitte, bitte beiße mich“, äffte der Kleptomane Karin nach, „Werd erwachsen, Schätzchen. Davon geht die Welt nicht unter.“

„Du hast recht, ich sollte das anders kompensieren. Hey, vielleicht fang ich einfach an zu klauen, vielleicht gibt mir das ja den Kick, hilft bei dir ja auch.“
 

Sichtlich darum bemüht die Fassung zu bewahren, lehnte Sasuke sich zurück und massierte sich die Schläfen. Der Schwarzhaarige war die Streitereien zwischen den beiden leid.

Anfangs war es für den Uchiha noch vertretbar gewesen, zugegeben. Die lautstarken Reibereien nahmen fast immer die komplette Sitzungen ein und da es bei dieser Geräuschkulisse unmöglich war ein anderes Gespräch zu führen, war er selbst schön aus dem Schneider gewesen.

Mittlerweile empfand er es aber nur noch als anstrengend.
 

Kurz sah er zu Juugo und anschließend zu Sasori. Die beiden wirkten gefasst und keiner machte Anstalten in nächster Zeit dazwischen zu gehen.

Wunderbar, ganz, ganz wunderbar.

Egal wie sehr Sasuke es auch versuchte, er konnte den Disput der zwei einfach nicht ausblenden. Es war ein konstanter Faktor, der ihn mit jeder Sekunde weiter an den Rand seiner Selbstbeherrschung brachte – und zwar jeden verdammten Montag aufs Neue.
 

„Dann müsstest du dir dieses Problem aber mit mir teilen und es ginge nicht mehr nur um dich“, provozierte Suigetsu weiter.
 

Der laute Wutschrei, der daraufhin folgte, zog sich schmerzhaft durch sein Trommelfell.

Resigniert stellte Sasuke fest, dass er Kopfschmerzen bekam und seine Laune tatsächlich noch ein ganzes Stück weiter sank.

Es reichte ihm, es reichte ihm wirklich.
 

„Du mieser Kleiner-“ - „Du verdammte-“, schrien die beiden zeitgleich los und ohne es kontrollieren zu können platze Sasuke der Kragen.
 

„Haltet beide sofort die Klappe!“
 

Augenblicklich wurde es Still. Die beiden Kindsköpfe sahen ihn mit einer Mischung aus Irritation und Entsetzen an. Juugo hob nur verwundert eine Augenbraue und Sasori hatte tatsächlich den Nerv zu schmunzeln.

So wirklich auskosten konnte er die verschiedenen Reaktionen aber nicht, dafür war der Uchiha gerade viel zu wütend. Was war nur falsch mit diesen Leuten?
 

„Habt ihr zwei wirklich keinen anderen Lebensinhalt, als anderen den Tag zu versauen?“, stellte er die rhetorische Frage und registrierte mit Genugtuung, dass seine Stimme kalt, abweisend und wenn er die Mimik von Karin und Suigetsu richtig deutetet, auch einschüchternd wirkte.
 

Wie oft hatte er selbst diesen Tonfall über sich ergehen lassen müssen?

Ist das ein schlechter Scherz? Die Leistungen sind unzureichend, Sasuke. Du blamierst mich.

Mit einem kurzen Kopfschütteln versuchte er die Stimme seines Vaters zu vertreiben, was ihm auch erstaunlich schnell gelang. Seine schlechte Laune half ihm dabei ungemein und so lenkte der 17-Jährige seine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt.
 

„Du“, wütend fixierte er den Hellhaarigen, welcher bei seinem Blick kurz schluckte, „Hast ein echtes Aufmerksamkeitsproblem. Das ist auch der Grund warum du ständig gegen Karin schießt, weil sie direkt drauf einsteigt und dich dadurch geradezu mit Aufmerksamkeit überschüttet. Dabei würdest du die auch bekommen, wenn du einfach nur warten würdest bist du dran bist. Das kannst du aber nicht, weil du genauso Ichbezogen und kindisch bist wie sie.“
 

Kurz lachte die Rothaarige süffisant in Suigetsus Richtung, aber Sasuke war noch nicht fertig. Er war so unfassbar wütend wie schon lange nicht mehr.
 

„Und du“, ertappt zuckte Karin zusammen, „Hast überhaupt keine Selbstbeherrschung. Du willst wie eine Erwachsenen behandelt werden, tust aber rein gar nichts dafür. Jede noch so kleine Nichtigkeit lenkt dich ab, oder provoziert dich direkt. Kein Wunder, dass deine Pflegefamilie dir versucht Grenzen zu setzen. Das ist ihr schwacher Versuch die abhandenkommende Erziehung bei dir nachzuholen. Und anstatt mit der Situation fertig zu werden, versuchst du nur ihr zu entkommen und dich auf seltsame Weise ablenken zu lassen. Von anderen. Weil die beißen ja dich, du kannst nichts dafür, die Typen könnten ja 'Nein' sagen. Du gibst die Kontrolle darüber ab, wie ein kleines Kind.“
 

Abwertend sah er zwischen den mittlerweile angenehm ruhigen Jugendlichen hin und her.
 

„Ihr zwei seid euch so unfassbar nervtötend ähnlich. Keiner von euch sieht es auch nur annähernd ein, dass der Fehler bei einem selbst liegen könnte. Wie auch? Ihr schafft es ja nicht mal die einfachsten Situationen eigenständig zu reflektieren. Das Leben ist erstaunlich selten fair und alles was in unserem Leben passiert hängt mit uns selbst zusammen. Denkt darüber nach und vor allem denkt leise.“
 

Sasuke fühlte sich besser. Zwar pulsierte die Rage noch immer durch seine Adern, aber sie war zumindest auf ein leises Wummern geschrumpft. Das Beste war jedoch, dass es nun angenehm still war. Niemand sagte mehr etwas.

Karin und Suigetsu hatten sich wieder hingesetzt und gingen betreten ihren Gedanken nach.

Auch wenn der Schwarzhaarige es nicht mochte so viel auf einmal zu reden, besonders nicht vor diesen Leuten, so war es die momentane Situation doch Wert gewesen.
 

„Schön, dass du beschlossen hast dich eigenständig zu Wort zu melden. Das ist ein Anfang.“
 

Fassungslos sah er zu dem Therapeuten, der ihn fast schon selbstgefällig anlächelte. Das war doch wohl hoffentlich ein Scherz.

Der Rothaarige hatte nicht allen ernstest die Streitereien geduldet, damit Sasuke der Geduldsfaden riss, oder?
 

„Das war ganz schön düster“, gab nun auch Juugo zum Besten.

„Und scheiße beängstigend“, ergänzte Suigetsu, „Den Tonfall hat nicht mal mein Bruder drauf, wenn ich was wirklich schlimmes angestellt habe.“

„Aber irgendwie war das auch ganz schön heiß“, mischte sich nun auch die junge Frau ein und erntete daraufhin nur ein genervten Laut vom Blauäugigen.

„Echt jetzt, Karin? Was ist nur falsch bei euch Frauen?“ Ein kurzes Schulterzucken von der Rothaarigen diente als Antwort.
 

Sasuke selbst sagte nichts. Er fühlte sich auf Kreuz gelegt. Das war kein Scherz, wurde ihm nun klar. Das war geplant gewesen und zwar nicht nur von Sasori.

Sasuke Uchiha war reingelegt worden.

Seine Mimik verdüsterte sich.
 

„Woah, nicht wütend werden, okay? Wir haben uns alle nur Sorgen gemacht, weil du echt Still bist“, versuchte Karin ihn zu beruhigen und hob zur Verstärkung abwehrend die Hände.
 

„Sei uns nicht böse, wir haben uns wirklich nur Sorgen gemacht.“ Besänftigend legte Juugo seine Hand auf die Schulter des Schwarzhaarigen und drückte sanft zu. Und obwohl Sasuke es ganz und gar nicht mochte angefasst zu werden, war die Berührung in Ordnung. Mehr sogar, sie beruhigte ihn tatsächlich.
 

„Die Drei haben darauf bestanden. Jeden Freitag haben sie weiter an dem Plan gearbeitet. Erstaunlich konzentriert sogar.“

„Oh bitte, Sasori. Du warst auch nicht gerade abgeneigt.“ Kurz lachte die Brillenträgerin auf.
 

Er wollte sich aufregen. Über das kindische Verhalten und über die mangelhaften Methoden des Therapeuten, aber er konnte nicht.

Noch immer berührte der Älteste der Gruppenteilnehmer seine Schulter und durchflutete ihn mit einer fast schon unheimlichen inneren Ruhe. Er hatte keine Ahnung wie sein Nebenmann das anstellte, vielleicht war es aber auch dem Umstand geschuldet, dass Sasuke mehr als nur überrumpelt worden war.
 

„Das ist euer Ernst“, faste der Uchiha noch einmal das Offensichtliche in Worte und erhielt von den drei Jugendlichen daraufhin ein sehr synchrones: „Natürlich.“
 

„Gruppendynamik, Sasuke. Wir sind jetzt ein Team, ob du willst oder nicht.“

Breit wurde er von Karin angelächelt. Irgendwie erinnerte ihn das an Naruto. Dieser völlig übertriebene Optimismus.

„Freunde sogar“, ergänzte Suigetsu und fing nun auch an ihn überzogen anzugrinsen.
 

„Wir sind keine Freunde“, versuchte er die Situation aufzuklären.

„Oh doch, du weißt das nur noch nicht.“

„Nein, Freunde kennen sich. Wir nicht“, versuchte der Schwarzhaarige es erneut.
 

„Dann fangen wir jetzt an. Wie alt bist du?“, interessiert musterte Juugo ihn.

„Wo kommst du her?“ Die Frage kam vom Hellhaarigen.

„Hast du 'ne Freundin?“ Mit einem Rotschimmer stellte Karin ihm die Frage.

„Was für Musik magst du?“

„Hast du Hobbys?“
 

Die Liste an Fragen ging endlos weiter. Auf keine davon antwortete er. Selbst wenn Sasuke gewollt hätte – was definitiv nicht der Fall war – hätte er gar nicht die Chance gehabt dazwischen zukommen.
 

Der Uchiha fühlte sich mehr als nur erschlagen.

Diese dämlich lächelnden Gesichter der Anderen, die Masse an Fragen und er stand im Mittelpunkt. Das war einfach nur furchtbar.

Außerdem keimte in ihm der schreckliche Verdacht, dass das nicht mehr aufhören würde. Sie würden ihn von nun an sicherlich immer integrieren wollen. Mit ihm reden, Dinge über ihn wissen und Zeit mit ihm verbringen wollen. Alles Sachen auf die er keine Lust hatte.
 

Eigentlich würde den Schwarzhaarigen nun eine genervte Stimmung überkommen, oder vielleicht sogar eine Art von Enge, weil er sich in die Ecke gedrängt fühlte. Alles was jedoch passierte war, dass ihn eine unangenehme Gänsehaut überrollte. Seltsam, wie der Uchiha fand. Besonders weil er nicht umhin kam einzusehen, dass es an der sanften Berührung seiner Schulter lag. Nur daran. Und das rückte diesen Juugo in ein noch seltsameres Licht.
 

„Das reicht für heute. Ihr könnt nach Hause und denkt dran, dass wir uns erst im neuen Jahr wiedersehen.“, beendete Sasori ihre Zusammenkunft.
 

Erleichtert und vielleicht auch etwas zu schwungvoll, stand der Schwarzhaarige auf und zog sich seine Jacke über.

Er wollte weg und zwar schnell.
 

Ohne einen Abschiedsgruß verließ er das Gebäude, nahm einen tiefen Atemzug der kühlen Dezemberluft und genoss die Ruhe.

Es war nur ein kurzer Moment der Stille, denn ehe er sich versah, hakte sich rechts und links jemand bei ihm unter.

Genervt versuchte er sich aus dem Griff von Karin und Suigetsu zu befreien, aber die beiden ließen einfach nicht los.
 

„Was soll das?“, fragte er genervt nach.

„Wir wollten noch was essen gehen und dachten, dass du unbedingt mitkommen musst.“

Der fröhliche Ton der Rothaarigen ließ ihn nur unzufrieden mit den Augen rollen. Er hatte es befürchtet.

Hätte Sasuke doch heute nur den Mund gehalten.
 

„Nein, danke.“
 

Ein weiteres Mal versuchte er sich von den Idioten zu lösen und trat einen Ausfallschritt nach hinten. Augenblicklich stieß er gegen etwas weiches und hätte, nach seinem kurzen Blick nach oben, am liebsten frustriert aufgeschrien. Der Schwarzhaarige hätte sich denken können, dass Juugo nicht weit war.
 

„Wir laden dich auch ein“, eröffnete der Ältere ihm.
 

Mit bemerkenswerter Konsequenz wurde der Schwarzhaarige, der noch immer dagegen protestierte einfach mitgezogen zu werden, ignoriert. Seine Laune war am absoluten Tiefpunkt angelangt. Ein erstaunlicher Umstand, denn bis jetzt hatte Sasuke immer geglaubt, dass einzig und allein Naruto ihn so dermaßen auf die Nerven gehen konnte.
 

~
 

So ungern er es auch zugab, Sasuke hatte keine Chance gehabt. Es war unmöglich gewesen dem Klammergriff der zwei Gestörten zu entkommen. Also hatte er sich weiterhin durch das Stadtviertel schleifen lassen müssen und saß jetzt tatsächlich mit den drei Nervensägen in einem gemütlichen Bistro.

Der Uchiha hatte befürchtete, dass es so ausarten würde wie in den vier Wänden der Praxis, aber dem war nicht so. Die Streithähne waren zwar nicht wie ausgewechselt, aber doch deutlich netter zueinander – und leiser.
 

„Sorry nochmal wegen heute“, sprach Suigetsu ihn an , bevor dieser sich gierig etwas von seinen Nudeln in dem Mund stopfte. So viel, dass die Hälfte zurück auf den Teller fiel.

Abschätzig verzog der Schwarzhaarige sein Gesicht und nippte kurz an seinem Wasser.
 

„Möchtest du wirklich nichts essen?“ Die Frage klang gedämpft, weil der Blauäugige noch immer dabei war zu kauen.
 

„Gerade nicht“, erwiderte er und das war nicht einmal gelogen. Die nicht vorhandenen Tischmanieren des Hellhaarigen, dämpften seinen Appetit ungemein.
 

„Mensch Sui, iss' doch zumindest wie ein normaler Mensch.“ Resignierte Karin und Sasuke konnte es noch immer nicht glauben.

Warum sprangen die beiden sich in den Sitzungen immer an die Gurgel, wenn es offensichtlich auch anders zwischen ihnen ging?
 

„Eigentlich sind die zwei gar nicht so schlimm.“ Beherzt biss Juugo in sein Sandwich.

„Genau“, keck zwinkerte Karin ihm zu, „Wir streiten nicht immer und vor allem nie so laut wie in den letzten Wochen. Wir wollten einfach nur, dass es dir zu viel wird. Und Junge, du hast eine ganz schöne Toleranzgrenze.“ Anerkennend wurde ihm zugenickt.

„Anders als gewisse Damen hier am Tisch“, wurde Karin daraufhin aufgezogen.

„Halt die Klappe. Das ist immer noch besser als dein Bedürfnis nach Aufmerksamkeit“, schoss sie zurück.
 

Dem Uchiha dämmerte es langsam. Nicht die heutigen Vorkommnisse, sondern das Prinzip an sich.

„Ihr streitet mit Absicht.“

„Jap, Sosori meinte, dass uns das hilft. Suigetsu bekommt von mir Aufmerksamkeit und im Gegenzug zeigt er mir Grenzen auf, weil er nicht nachgibt. Das ist schon länger unsere kleine, interne Therapie.“

Als hätte sie gerade nur übers Wetter geredet, lächelte die Rothaarige ihn an.
 

„Bist du dir ganz sicher, dass Sosori dir nichts über uns erzählt hat? Du hattest vorhin nämlich eine erschreckende Punktlandung.“ Der Blauäugige lehnte sich viel zu nahe in seine Richtung.

„Hat er nicht.“

„Krass. Vielleicht solltest du später auch was in Richtung Psychologie machen.“

Spielerisch stieß Suigetsu ihn mit den Ellenbogen an und Sasuke verzog genervt das Gesicht.
 

„Oder in Richtung Erziehung. Ich krieg immer noch Komplexe wenn ich nur an vorhin denke“, demonstrativ rieb sich Karin über die Arme, „Wo hast du das bitte gelernt?“
 

Augenblicklich versteifte Sasuke sich. Er wollte darüber nicht reden. Nicht jetzt und wenn es nach ihm ging, auch in Zukunft nicht.
 

„Das reicht.“ Ein ungewohnter Tadel lag in der Stimme von Juugo. „Du musst nicht darüber reden wenn du nicht willst, Sasuke. Manche Leute wissen einfach nicht wann es genug ist.“
 

„War ja klar, da ist er wieder.“ Mit einem leisen Lachen lehnte Suigetsu sich zurück.

„Papabär“, ergänzte die Rothaarige und verdrehte belustigt ihre Augen.
 

Wo war er da nur hineingeraten?

Die Frage war berechtigt, wie er fand.

Die drei waren seltsam und auf unangenehme Art sehr auf Körperkontakt aus. Zumindest Karin und Suigetsu.

Kaum hatten sie das Lokal verlassen, klebten die beiden nämlich wieder an ihm und beschlagnahmten seine Arme.

Das war einfach nur nervig.
 

Immerhin war Sasuke jetzt nicht mehr im Gesprächsmittelpunkt.

Die Maßregelung vom Größeren schien wirklich etwas gebracht zu haben. Seither ging es in der Konversation um banale Dinge. Filme, Hobbys und irgendeine Band, welche die Brillenträgerin toll fand.

Mit halben Ohr hörte er zu. Überwand sich ab und an sogar zu einem eigenen, kurz abgebundenen Beitrag am Gespräch.
 

Ja, diese Leute waren nervig und anstrengend. Nichts desto weniger fühlte Sasuke sich gerade normal.

Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal einfach nur so durch die Straßen geschlendert war. Irgendwie störte es ihn nicht einmal, dass das hektische Treiben um ihn herum noch unruhiger war. Immerhin war es kurz vor Weihnachten.
 

„Wow, guckt euch mal den Schlitten an.“ Der Blauäugige ließ ihn tatsächlich los und ging auf den glänzend schwarzen Mercedes zu, der fein säuberlich vor den Stufen der Aktienbank parkte.
 

„Suigetsu, du kannst da doch nicht einfach so hingehen. Da sitzt jemand drin.“ Auch Karin löste endlich ihren Griff und folgte dem jungen Mann.
 

„Ja, ein verdammter Chauffeur. Was muss man im Leben richtig machen, um so ein Auto mit Chauffeur zu bekommen.“
 

Fast hätte Sasuke gelächelt. Er wusste, dass der Hellhaarige aus einer nicht ganz so betuchten Umgebung kam, dass Suigetsu aber schon ein einfacher Benz so in Aufruhr versetzte war irgendwie amüsant. Bei einem Porsche könnte der Schwarzhaarige es ja verstehen, aber bei diesem Modell eher weniger.

Vielleicht lag es aber auch daran, dass der Uchiha mit diesem Autotyp fast schon groß geworden war.
 

„Es sind die einfachen Dinge“, schmunzelte der Älteste und drückte leicht seine Schulter, „Ich hol die beiden Mal kurz zurück in die Realität.“

Damit war die Hand auch schon wieder verschwunden und den Worten folgten Taten.
 

Nun kam der Uchiha doch nicht umhin zu schmunzeln. Es war ein komisches Bild, dass das Trio abgab.

Ein völlig begeisterte Suigetsu, der die Triade von Karin vollkommen ignorierte und Juugo, der hinter ihnen stand und versuchte die Rothaarige davon abzuhalten dem Blauäugigen eine zu verpassen.
 

Er nahm es zurück.

Das hier war nicht normal. Wahrscheinlich war nichts, was mit diesen Chaoten zu tun hatte normal. War es nie und würde es mit Sicherheit auch nicht, aber im Moment war das okay. Sasuke fühlte sich ungewohnt wohl.
 

So ungern er es auch zugab, im Laufe des heutigen Tages hatte er sich entspannt. Auch ohne die skurrile Wirkung von Juugos Berührungen. Rückblickend war es gar nicht so schlimm mit dieser Gruppe unterwegs zu sein. Irgendwie war es sogar ganz beruhigend zu wissen, dass die anderen nicht Makellos waren.
 

Kurz schüttelte er mit dem Kopf. Was war das denn bitte?

Auf keinen Fall würde er jetzt in so etwas wie Sentimentalität abdriften. Es war ihm egal was Sasori von ihm dachte, aber er würde diese Charakterschwäche sicherlich nicht ausarten lassen. Ganz besonders nicht bei diesen Leuten. Das war-
 

„Sasuke!“
 

Er erstarrte und selbst die drei Chaoten stellten ihr Tun nach dem strengen Ausruf seines Namens ein.

Abschätzig sahen sie zwischen ihm und der Richtung aus der die Stimme kam hin uns her.

Eine profane Nebensächlichkeit, als er sich das Nummernschild des Mercedes genauer besah und die Gewissheit seine Sinne überflutete.
 

Das war der Wagen seines Vaters.

Er war direkt in die Arme von Fugaku gelaufen.
 

„Hab ich dich endlich gefunden.“

Die Stimme des Älteren war kalt und einschneidend.
 

Zögerlich drehte der Schwarzhaarige seinen Kopf und sah direkt in das wütende Gesicht des Firmenchefs. Der Ältere stand keine zehn Meter von ihm entfernt, auf der obersten Stufe der breiten Treppenlandschaft.
 

Sasuke konnte förmlich spüren, wie ihm die Farbe aus dem ohnehin schon blassen Gesicht fiel und seine Atmung schwer wurde.

Es war lächerlich, dass wusste der Uchiha, aber er hatte das Gefühl, als würde sein Vater ihn direkt an der Kehle packen und die Luft abdrücken.

Genau hier, auf offener Straße.
 

Er konnte nicht denken, sein Kopf war wie leergefegt. Bis auf ein einziges, kleines Wort, das immer lauter wurde und sich verbissen in seine Synapsen krallte.

Nur aussprechen konnte er es nicht, denn noch immer lähmte die Anspannung fast jeden seiner Muskeln.
 

„Steig ins Auto“, wurde er aufgefordert, aber der junge Uchiha bewegte sich nicht. Ein Umstand, der seinem Vater ganz und gar nicht zu gefallen schien.
 

Sasuke erkannte die Anzeichen. Es waren nur feine Nuancen die als Vorboten dienten.

Das kurzes Zucken im rechten Zeigefinger, das kaum wahrnehmbare Kräuseln der Lippen und die kurze Spannung in der Kiefermuskulatur – egal was, egal wie klein und unscheinbar, Sasuke sah jede Feinheit und konnte sie deuten.

Die Fassung von Fugaku geriet ins wanken.
 

„Das war keine Bitte. Steig in das Auto. Sofort.“

Die Stimme des Witwers war nicht laut, trotzdem war der bedrohliche Unterton nicht zu überhören.
 

Der Schwarzhaarige musste schlucken, trotzdem klang seine Erwiderung viel zu kratzig.

„Nein.“
 

„Wie bitte?“

Ermahnend hob das Familienoberhaupt seine Augenbrauen.

„Du bist mein Sohn und du hast nicht das Recht einfach zu verschwinden, nur weil du dich ungerecht behandelt fühlst.“
 

Die Anspannung zwischen ihnen war fast schon greifbar, das war nicht gut.

Das war ganz und gar nicht gut.

Trotzdem konnte Sasuke nicht weg sehen, geschweige denn einfach gehen.

Er konnte einfach nicht.
 

Fest ballte Fugaku seine Hände zu Fäusten. Die Pranken zitterten leicht und Sasuke wusste, dass er sich bis jetzt nur noch keine Gefangen hatte, weil sie in der Öffentlichkeit waren.

Weil das etwas zur Folge hätte, dass Fugaku um jeden Preis verhindern wollte – Gerede.

“Lass die Leute nicht reden“, schoss ihm die Erinnerung durch den Kopf. Der Satz, der ihm eigentlich garantierte, dass ihm hier, inmitten von Menschen nichts passieren würde. Dennoch half er dem Jüngeren kein Stück.
 

Das hier war so abwegig.

Die ganze Situation war so absurd und völlig anders als er sie sich ausgemalt hatte.

Genau hier, inmitten von völlig Fremden, die auf die Schnelle ihre letzten Weihnachtseinkäufe erledigten, wirkte die eigentlich ernste Thematik nur noch lächerlich.

Fast hätte Sasuke gelacht.

Ja fast, wenn er sich nicht eingestehen müsste, dass er Angst hatte.
 

Diese Erkenntnis brachte ihn beinahe noch mehr zum Lachen.

Ausgerechnet jetzt wurde Sasuke bewusst, dass er Angst hatte.

Jetzt.

Im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, vor der wohl schlechtesten Kulisse und vor allem allein.
 

„So habe ich dich nicht erzogen.“
 

Instinktiv trat er einen Schritt zurück, als Fugaku Anstalten machte auf ihn zuzugehen. Seine Gedanken rasten. Erinnerungen zogen an ihm vorbei und verblasste Gefühle von rauen Fingern auf seiner Haut.

Das machte ihn Wahnsinnig, riss seinen letzten Rest an klaren Verstand mit sich und veranlasste ihn dazu seinen Gegenüber nur noch mehr zu provozieren.
 

„Hast du Itachi auch nicht und wo ist der jetzt?“
 

Das kurze Auflachen seines Vaters war die einzige Warnung, bevor der Ältere auf ihn zulief.

Sasuke sah es, fast schon wie in Zeitlupe, trotzdem schaffte er es nicht sich zu bewegen.

Obwohl er es wirklich sollte.

Der Schwarzhaarige sollte Laufen. Weg von hier, weg vor seinem wütenden Vater, dessen Hände noch immer geballt waren.

Aber Sasuke konnte nicht, der starre Blick seine Erzeugers lähmte ihn regelrecht.

Alles was er schaffte war ein Blinzel.

Mehr nicht.

Ein kurze Moment der Schwärze.
 

Das Nächste was er sah, war wie der Witwer gegen die breite Schulter von Juugo stieß und ins straucheln kam. Der Größe packte ihn darauf hin am Arm und entschuldigte sich beim älteren Uchiha für seine Unaufmerksamkeit. Viel zu lang und mit fadenscheinigen Argumenten.

Und die ganze Zeit über, ließ Juugo nicht eine Sekunde den Arm seines Vaters los. Hastig redete der Teenager weiter auf den Älteren ein, überspielte den Versuch des anderen sich loszureißen mit Besorgnis.
 

Sasukes Verstand schaffte es nicht wirklich die Information zu verarbeiten. Was passierte da? Juugo hatte doch mit den anderen weiter hinten am Auto gestanden.

Er konnte sich keinen Reim auf die Situation machen, besonders nicht, als nun auch Karin und Suigetsu in die verwirrende Situation mit einstiegen.

Die zwei flankierten Fugaku, erkundigten sich ebenfalls ob alles in Ordnung war und drängten den völlig überrumpelten Mann ein ganzes Stück nach hinten.

Ein Manöver auf das Juugo anscheinend gewartet zu haben schien.

Fest sah er Sasuke ins Gesicht und formte lautlos ein einziges Wort, dass den Jüngeren endlich das Schauspiel verstehen ließ.
 

„Verschwinde.“
 

Das Trio verschafften ihm einen Vorsprung. Einfach so, ohne genau zu wissen was eigentlich los war und ohne den Schwarzhaarigen wirklich zu kennen.

Sasuke sollte es nicht tun, aber er empfand Dankbarkeit. So intensiv, dass die lähmende Furcht überdeckt wurde. Endlich konnte er sich wieder bewegen und das tat er auch.
 

Er rannte, so schnell er konnte flüchtetet er.

Blindlings stürmte er in die nächste U-Bahnstation und erwischte die Bahn haarscharf, bevor sich die Türen schlossen.

Sasuke wusste nicht wohin er nun fuhr, aber das war egal. Wo auch immer es gerade hinging, es brachte Abstand zwischen ihn und seinen Vater. Das war alles was momentan von Bedeutung für ihn war.
 

Erst als das mechanische Quietschen der Bahnräder zu ihm durchdrang, beruhigte sich sein Puls wieder. Bemüht gleichmäßig holte der Uchiha Luft und konzentrierte sich angestrengt auf den Rhythmus seiner Atmung, bis er selbst davon überzeugt war sich weit genug beruhigt zu haben.
 

Die Sonne kitzelte leicht auf seinem Gesicht, als die Tram den dunklen Tunnel verließ und auf die Straßenschienen wechselte.

Zögerlich zog Sasuke sein Handy aus der Tasche und überprüfte, ob er Empfang hatte. Konsequent ignorierte er dabei das leichte Zittern seiner Hände.

Ein letzter tiefer Atemzug und dann wählte er auch schon die Nummer. Es dauerte einen kurzen Moment, bevor sein Gesprächspartner abnahm.
 

„Wie komm ich denn zu der Ehre?“

Die fröhliche Stimme von Naruto durchflutete ihn schon beinahe und Sasuke wurde angenehm warm, beruhigte sich sogar noch ein Stück mehr. Dennoch konnte er noch nicht Antworten, seine Zunge lag schwer wie Blei in seinem Mund.
 

„Sas?“
 

Akribisch konzentrierte der Angesprochene sich auf die vertraute Stimme des Blonden. Deutlich hörte er die Besorgnis, aber er konnte noch immer nicht Antworten.
 

„Ist alles okay? Wo bist du?“
 

Endlich flaute die Beklommenheit weit genug ab.
 

„In der Bahn.“ Er klang angeschlagen und ungewohnt müde.
 

„Okay“, kam es zögerlich von seinem besten Freund, „Und wo geht’s hin?“

„Weiß ich nicht“
 

Kurz war es still am anderen Ende der Leitung und Sasuke sah förmlich vor sich, wie der Chaot stutzig seine Stirn in Falten legte.

Sasuke Uchiha fuhr nicht einfach und ohne Grund durch die Gegend. Dafür war er nicht der Typ – und das wusste sein Gesprächspartner nur zu gut-
 

„Was ist los?“

Ein kurzer Stich durchfuhr ihn bei dem alarmierten Tonfall des Älteren.

Der Schwarzhaarige wollte es nicht erzählen und Naruto noch mehr mit seinen Problemen belasten.
 

„Erzähl mir was“, bat er ungewohnt sanft und versuchte so die Frage einfach zu umgehen.

„Sasuke.“ Sein Name klang ungewohnt mahnend. Nicht ansatzweise so wie gerade von seinem Vater, dennoch verzog er fast schon gepeinigt das Gesicht.

„Bitte, Naruto.“
 

Eine weitere Stille folgte, länger dieses Mal.
 

„Jiraiya hat tatsächlich versucht Kekse zu backen. Es war eine Katastrophe“, gab der Blondschopf schließlich nach.
 

Lange erzählte der Uzumaki ihn von dem Ereignis. Davon, dass die Küche aussah wie ein Schlachtfeld und man, mit den verkohlten Resultat der Backaktion, Leute erschlagen könne. Ab und an lachte der Blauäugige bei seiner Erzählung amüsiert in Sasukes Ohr.

Nahtlos lenkte Naruto die Konversation auf andere Themen.

Die Schule.

Weihnachtsstress.

Und viele andere, belanglose Dinge.
 

Sasuke war einfach nur froh der Stimme lauschen zu können. Der Blonde erwartete nicht ein einziges Mal, dass Sasuke ihm antwortetet. Naruto fuhr einfach immer weiter fort und mit jedem Moment der verstrich beruhigte der Schwarzhaarige sich mehr.
 

Nicht einen Moment ließ sein bester Freund ihn mit der Stille allein. Kein Moment, in dem Sasuke sich Gedanken um die beängstigende Begegnung heute machen konnte.

Die Erzählungen ebbten nicht an.

Weder als Sasuke im Dunkeln, an der noch immer fremden Wohnung ankam.

Auch nicht, als er sich umzog und sich in das weiche Bett legte.

Stundenlang erzählte Naruto ihm Dinge, begleitete den Schwarzhaarigen mit seiner beruhigenden Stimme.
 

Solange, bis Sasuke endlich eingeschlafen war.

Horror hat viele Gesichter

Es war dunkel, nur die flackernden Fernsehlichter irgendeines Horrorfilmes, erleuchtete das Wohnzimmer. Gelangweilt griff Sasuke zu der Schale mit Popcorn und fischte sich eine Handvoll der salzigen Knabberei heraus.

Er war noch nie ein großer Fan von diesen Filmen gewesen, einfach weil sie ihn unheimlich langweilten. Trotzdem hatte er nicht nein sagen können, als Naruto, mit einem breiten Grinsen und den DVD´s in der Hand, vor der Tür gestanden hatte. Halloween nachholen, hatte der Blonde gesagt und das es super lustig werden würde. Und jetzt, knapp fünf Stunden später, war der Schwarzhaarige fast am einschlafen, während sein bester Freund angespannt neben ihm saß und bei jeder Kleinigkeit zusammen schreckte. Fehlte eigentlich nur noch, dass Naruto ein Kissen umklammerte und so ziemlich jedes Klischee wäre erfüllt. Aber Sasuke sagte nichts, weil er wusste wie viel Naruto das hier bedeutete. Besonders, da der blonde Chaot den Silvesterabend lieber so verbrachte, als in gemütlicher Runde mit Jiraiya, oder auf irgendeiner Party.
 

Mit einem sanften Lächeln, von dem er hoffte, dass man es in der schummrigen Dunkelheit nicht sah, wendete Sasuke den Blick ab und schloss die Augen. Auch wenn ihn die Filme langweilten, dieses entspannte Beieinander hatte dem Schwarzhaarigen gefehlt.

Immer mehr lockerte der Jüngere sich, genoss die zwanglose Umgebung und driftete in eine einladende, schwerelose Schwärze. Das letzte was er wahrnahm, bevor der Schlaf ihn komplett einhüllte, war wie der Uzumaki neben ihm kurz zuckte und dann leise fluchte.

Das Lächeln auf seinem Lippen blieb und er fragte sich wirklich, wie man nur so ein Idiot sein konnte.
 


 

~*~

„Ich kann nichts dafür.“ Sanft wurden ihm die Worte ins Ohr geflüstert, bevor rauen Lippen auf seinen blassen Hals gedrückt wurden. Augenblicklich versteifte sich der schmale Körper.

„Ich weiß“, kam es brüchig über die Lippen des Schülers.

„Du siehst ihr so ähnlich.“

„Ich weiß.“

„Du fühlst dich sogar an wie sie.“ Der tiefe Bass klang verzweifelt.

„Ich weiß.“

Fest wurde er an der Schulter gepackt und auf den Rücken gedreht. Das Rascheln der Decke wirkte in dem dunklen Raum viel zu laut.

„Dafür liebe ich dich.“ Sanft strichen die breiten Finger die frischen Tränenspuren beiseite.

„Ich weiß, Otou-San.“

„Hab ich dich endlich gefunden.“

~*~
 

Ruckartig fuhr er hoch.

Zu deutlich spürte Sasuke den Griff an seinem Arm und bevor er überhaupt  realisierte was los war, holte er aus. Ein dumpfer Aufschlag, anschließendes Poltern.
 

Sasukes Atmung war flach, unregelmäßig und er hatte das Gefühl nicht genug Sauerstoff zu bekommen. Es fühlte sich an als würde ihm jemand den Brustkorb eindrücken, zentnerschwer und erbarmungslos. In seinen Ohren klang ein zerreißendes Rauschen. Seine Muskeln verspannten, wahrscheinlich zitterte er, aber er war viel zu erschlagen von dem Moment, als das er diese Nuance herausfiltern könnte.
 

Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Kopf, als es um ihn herum schlagartig hell wurde, viel zu hell. Fest schloss Sasuke die Augen und vergrub sein Gesicht in die Hände. Durch das schreiende Summen in seinen Ohren, konnte er leise Schritte und eine dumpfe Stimme hören, aber das interessierte ihn nicht. Der Schwarzhaarige hatte noch immer das Gefühl zu ersticken.
 

Panik durchflutete jeden Millimeter seines Körpers, als sich von hinten Arme um ihn schlangen und ihn festhielten. Der warme Atem an seinem Ohr fühlte sich heiß an, viel zu heiß. Da waren Worte die er nicht verstand und diese verdammten Arme. Heftig schüttelte er mit dem Kopf, während er zeitgleich versuchte sich aus dem Griff zu winden.
 

„Nein.“
 

Sasuke hatte keine Ahnung, ob er das Wort wirklich laut aussprach, noch immer war da nur Rauschen.
 

„Nein!“
 

Endlich wurde er losgelassen.

Der Schwarzhaarige versuchte sich zu beruhigen, aber es ging einfach nicht. Seine Atmung war immer noch viel zu schnell, das konnte er hören. Wie eine Sirene, ohrenbetäubend und viel zu hastig. Warum bekam er keine Luft, obwohl er doch offensichtlich atmete? Er verstand es nicht.
 

Mit jedem Herzschlag konnte Sasuke spüren, wie das Blut durch seinen Körper gepumpt wurde. Viel zu zähflüssiges Blut, das viel zu schnell durch jede seiner verdammten Venen gepresst wurde. Es tat weh.

Sasuke wollte nur, dass es aufhörte, aber das tat es nicht. Sein Herz pumpte einfach weiter, immer schneller, immer schmerzhafter. Das Rauschen in seinen Ohr, sein schneller Atem und das unerträgliche Pulsieren in seinen Adern vermischte sich zu einer einzigen Masse.
 

„Hör auf.“
 

Immer wieder ermahnte er sich selbst, aber es half einfach nicht.
 

Der Uchiha hatte das dumpfe Gefühl, dass ihn jemand am Arm packte und nach oben zog. Er wehrte sich nicht. Es war surreal, fühlte sich Kilometer weit weg an und war offengestanden sein geringstes Problem.
 

Immer wieder flackerten Bilder vor ihm auf. Wie er mit seiner Mutter stritt. Dann wie er mit seinem Bruder für irgendeinen Test lernte und zwischendurch immer wieder Sequenzen von seinem Vater.

Unzählige Erinnerungen. Jede raste vorbei, blieb nicht länger als den Bruchteil einer Sekunde. Trotzdem fühlte es sich für ihn wie Stunden an.

Es war zu viel, viel zu viel.
 

Sasuke hatte das Gefühl zu sterben.

So musste sich sterben einfach anfühlen. Ein winzig kleiner Teil in ihm hieß das willkommen, denn es wäre endlich ein Ende und das wollte er. Sasuke wollte unbedingt, dass es aufhörte. Dieser widerliche Strom aus allem, in dem er gefangen war, sollte einfach nur aufhören. Er zerriss ihn in winzig kleine Fetzten und setzten ihn augenblicklich wieder zusammen. Immer wieder.

Und wieder.

Und wieder.

Das machte ihn wahnsinnig.
 

Qualvoll durchlebte er weitere Sekunden, von denen sich jede endlos anfühlte und dann, irgendwann zwischen Erinnerungen und Schmerz, kapitulierte er einfach. Versuchte es zumindest, aber es gelang ihm nicht. Oder vielleicht doch? Der Schwarzhaarige konnte nichts mehr zuordnen, er war gefangen in der zerstörerischen Wut dieses absurden Ausbruchs. Alles wurde einfach verschlungen. Bis zu dem Punkt, an dem es noch unerträglicher wurde.

Noch lauter.

Noch zerreißender.

Noch schmerzhafter.
 

Warum hörte es nicht? Sasuke wollte doch nur, dass es aufhörte.

Aber das tat es nicht. Unzählige Momente lang, ging er einfach weiter durch diese Hölle. Schutzlos und ohne irgendetwas dagegen unternehmen zu können. Jedes Mal, wenn es ihn zerfetzte, ging ein Teil von ihm verloren. Einfach so wurde er weniger. Stück für Stück, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.
 

Jedwedes Gefühl von Zeit hatte sich verabschiedet und auch seine Konzentration wurde einfach zerschlagen. Alles an ihm, alles was übrig war, war von dieser Qual ausgefüllt, nichts anderes hatte Platz in seiner Wahrnehmung. Sasuke war darin gefangen und es hörte einfach nicht auf.
 

Immer mehr von ihm ging verloren, wurde weggerissen und verschwand im Nichts.

Dann ein letztes Auseinanderreißen, ein letztes Zusammensetzten und anschließende Stille. Nur noch Stille. Genauso schlagartig wie es gekommen war, hörte es wieder auf. Bis auf die Bilder. Sie blieben, bildeten einen grotesken, viel zu schnellen Stummfilm.
 

Zusammenhangslos rauschten die Erinnerungen vorbei, so viele, dass er nicht einmal sagen konnte, ob sie sich nicht vielleicht sogar wiederholten. Es war einfach zu schnell, trotzdem nahm er jede Szene grauenvoll genau wahr. Erinnerte sich an sie, versank in ihnen.

Nebensächlich registrierte der Schwarzhaarige, dass sie irgendwann langsamer wurde und ihn damit nur noch besitzergreifender einnahmen.
 

Itachi und er vor dem Konzerthaus, allein, weil sein Bruder etwas mit ihm unternehmen wollte. Amüsiert schnippte der Ältere ihn vor die Stirn, nachdem sie zusammen ein Foto gemacht hatten.
 

Beim Abendessen. Sein Vater und Itachi stritten sich, wiedereinmal. Weil sein Bruder nicht einsah nach seinem Bachelor in die Firma einzusteigen.
 

Sie alle im Wohnzimmer ihrer alten Wohnung. Eine fast schon idyllische Szenen, wenn sein Vater nicht gerade erzählen würde, dass sie kurz davor standen umzuziehen, weil er bald die Sicherheitsfirma von Sasukes Großvater übernahm.
 

Ein grotesker Stummfilm, der immer langsamer wurde, immer zäher, bis er letztlich mit einem Flackern erlosch.
 

[style type="bold"]So musste sich sterben definitiv anfühlen.
 

Aber er war nicht tot, dafür spürte er viel zu deutlich den Sauerstoff, der nun endlich wieder in seiner Lunge ankam.

Nein, das war definitiv nicht das Ende.
 

Tief sog Sasuke die Luft ein, konzentrierte sich darauf und versuchte sich zu sammeln.

Ich bin nicht tot, wiederholte er bei jedem Einatmen und bemühte sich aus diesem – was auch immer das gerade gewesen war – wieder aufzutauchen. Langsam und Stück für Stück.

Immer wieder rief er sich die Erkenntnis ins Gedächtnis und ignorierte dabei das stechende Gefühl, das sich daraufhin in ihm ausbreitete.
 

Ich bin nicht tot.

Ich bin nicht tot.

Ich bin nicht tot.
 

Er hatte definitiv gezittert, tat es immer noch. Jetzt, wo seine Sinne sich wieder sammelten, spürte er nur zu deutlich die unkontrollierten Muskelbewegungen.

Erbärmlich, schoss es ihm durch den Kopf, so erbärmlich. Mit einem tiefen Atemzug versuchte er diesen Gedanken zu vertreiben, konzentrierte sich vollkommen auf seinen Körper, der sich Gott sei Dank wieder beruhigte.
 

Alles schien sich wieder zu normalisieren. Das einzige was blieb war das Zittern. Aber es war anders. Nicht mehr hervorgerufen von diesem...diesem Moment, sondern weil Sasuke fror.
 

Immer klarer wurde der Verstand des Schwarzhaarigen, auch wenn es etwas dauerte, bis seine Sinne wieder griffen und ihn in die Realität zogen.
 

Anscheinend saß der Uchiha und es war dunkel. Es dauerte einen beschämenden Moment, bis er verstand, dass er die Augen geschlossen hatte. Dafür verstand er schneller, dass seine Stirn auf seinen angewinkelten Knien ruhte. Ein weiterer, tiefer Atemzug und er realisierte, dass seine Finger so fest in sein Haar gegraben waren, dass seine Kopfhaut schmerzte. Sasuke wollte loslassen, aber es ging nicht. Erst als eine dumpfe Stimme zu ihm durchdrang und er sich auf die undeutlichen Worte konzentrierte, gelang es ihm. Langsam entkrampften sich seine Finger, ließen los und er konnte seine Arme kraftlos sinken lassen.
 

Sasuke war definitiv kalt, aber das stellte er in den Hintergrund. Viel wichtiger war ihm diese Stimme. Dumpf und trotzdem irgendwie beruhigend, fast schon vertraut. Sasuke verstand nicht was sie sagte, also versuchte er sich zu konzentrieren.
 

„Ich“, war das einzige Wort, das er wirklich verstand. Weiterhin konzentriert er sich auf die Stimme, wollte nicht nur dieses Fragment verstehen.
 

„Ich bin“
 

Kraftlos biss der Schüler sich auf die Lippe.
 

„Ich bin hier.“
 

Zu deutlich spürte Sasuke, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten und er war in diesem Moment mehr als nur froh, dass seine Lider noch immer geschlossen waren. Er wollte sich nicht die Blöße geben und weinen, nicht jetzt, nicht vor dieser angenehmen Stimme. Also versuchte er sich zu sammeln.
 

„Ich bin genau hier. Nur du und ich, niemand sonst. Es ist okay, es ist alles okay, hörst du?“
 

Am liebsten hätte der Schwarzhaarige geantwortet, aber seine Kehle schnürte sich zu. Nicht vor Angst, sondern vor Dankbarkeit. Das alles hier war so demütigend, aber Sasuke klammerte sich daran. An diese Stimme und an das, was sie ihm zu vermitteln versuchte. Er glaubte ihr. Einfach so, ohne groß darüber nachzudenken.
 

Instinktiv umfasste er seine angewinkelten Knie. Wo genau er gerade war, konnte Sasuke nicht sagen, aber irgendwie war das in Ordnung. Er lauschte einfach weiter.
 

„Ich tu dir nichts. Es ist alles okay. Wirklich, alles okay. Ich bin genau hier und ich geh auch nicht weg. Ich tu dir nichts, versprochen. Es ist alles okay.“
 

Das Brennen in seinen Augen ließ endlich nach, trotzdem verweilte er noch einen kurzen Moment. Sein Herz schlug wieder gleichmäßig, fast schon langsam und darauf konzentrierte er sich. Im Hintergrund war immer noch diese angenehme Stimmmelodie.
 

Kraftlos fuhr er mit dem Kopf nach oben, strich mit seinem Gesicht über die Knie, bis er sein Kinn auf ihnen abstützen konnte. Träge blinzelte er. Das helle Licht war irgendwie seltsam, aber das ignorierte er. Alles an Sasuke fühlte sich taub an, abgestorben.
 

„Sas?“
 

Monoton drehte er seinen Kopf der Stimme entgegen. Naruto war neben ihm und der Jüngere brauchte einen Moment, bis er den Ausdruck in dessen Gesicht als schwindende Panik deuten konnte.
 

„Oh Gott.“
 

Die Stimme des Blonden war leise, trotzdem konnte man die Erleichterung deutlich heraushören.
 

Sasuke blinzelte ein weiteres Mal, ihm war noch immer kalt und irgendwie fühlte er sich nass.

Matt ließ er seinen Blick schweifen und verstand kurz darauf, dass er in der Badewanne saß und kaltes Wasser auf ihn niederprasselte. Kein wunder, dass Sasuke fror.

Erschöpft richtete der Uchiha seine Aufmerksamkeit wieder auf den blonden Chaoten neben sich.
 

„Oh Gott“, wiederholte der Uzumaki atemlos und bettet kurz seine Stirn auf den Rand der Wanne.

„Geht´s wieder?“  Fragend wurde der Schwarzhaarige angesehen. Alles was er erwidern konnte war ein schwaches Nicken.

Lüge, schrie es sofort in seinem Kopf auf. Sasuke beachtete es nicht, fokussierte sich nur darauf, dass sein bester Freund aufstand und kurz darauf das Wasser ausstellte. Erst jetzt verstand der Schwarzhaarige, dass der Andere neben ihm gekniet hatte. Irritiert zog er die Brauen zusammen. Der Jüngere konnte sich beim besten Willen gerade keinen Reim auf die Situation machen.
 

„Kannst du aufstehen?“
 

Der besorgte Blick des Älteren brannte sich bei ihm ein. So richtig verarbeiten konnte Sasuke ihn aber nicht. Noch immer steckte ihm der Ausbruch von gerade in den Knochen. Trotzdem nickte er, faste den Rand der Badewanne und drückte sich nach oben.

Naruto half ihm, als er über den hohen Rand stieg und kaum berührte sein zweiter Fuß die Fliesen, wickelte der Blauäugige ihn in ein Handtuch.
 

Sasuke fühlte sich furchtbar ausgelaugt.

Nebensächlich registrierte er, wie er sanft abgetrocknet wurde. Unweigerlich stieg in ihm die Unruhe wieder auf, verschwand jedoch augenblicklich, als er die blauen Augen erkannte.

Es ist nur Naruto, schoss es ihm erleichtert durch den Kopf.
 

„Ich hol dir trockene Klamotten, warte hier“, forderte sein bester Freund ihn auf und war dann auch schon aus dem kleinen Zimmer verschwunden.
 

Ob der Blonde sich beeilte oder nicht, konnte der Uchiha nicht mit Bestimmtheit sagen. Noch immer fühlte er sich komisch, beinahe schon benommen und sein Zeitgefühl weigerte sich zurückzukommen.

Die Aufregung in seinem Körper brannte noch immer dumpf nach. Wie genau Sasuke hiermit umzugehen hatte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass er müde war und sich mehr als nur zerschlagen fühlte. Der Schwarzhaarige hatte nicht einmal mehr die Kraft zusammenzuschrecken, als der Uzumaki wie aus dem Nichts wieder auftauchte.
 

„Schaffst du es dich alleine umzuziehen?“
 

Nur zu deutlich sah Sasuke, wie der blonde Idiot sich fest auf die Unterlippe biss. Nervös und unruhig war dieser und Sasuke konnte es sich nicht erklären. Wollte es auch überhaupt nicht. Er war einfach nur so unsagbar zermürbt. Dennoch bejahte er brüchig.

Eindringlich musterte Naruto ihn.
 

„Ich mache Tee, wenn was ist ruf mich, okay?“
 

Wieder nickte der Schwarzhaarige nur.

Es dauerte einen Augenblick, bis er allein war und einen weiteren, bis er sich selbst überwinden konnte die nassen Sachen auszuziehen.

Mechanisch wechselte er die Kleidung und ließ sich danach auf den schmalen Rand der Badewanne sinken. Tief atmetet er durch und versuchte zu erfassen, was gerade passiert war.
 

Er war eingeschlafen, dämmerte es ihm. Er hatte geträumt und danach war alles den Bach runtergegangen.
 

Resigniert fuhr er sich mit den Händen durchs Gesicht. Die Bruchstücke in seinem Kopf setzten sich langsam zusammen. Naruto hatte den Schwarzhaarigen gepackt und mit im geredet. Wahrscheinlich hatte der Uzumaki nur versucht ihn zu beruhigen.

Dunkel erinnerte er sich an das Poltern zu Anfang. Hatte er den Blonden geschlagen? Sasuke hoffte aufrichtig, dass dem nicht so war.
 

Er verharrte für einen weiteren Augenblick, sammelte noch mehr Bruchstücke ein und versuchte sie zusammenzusetzen. Es blieb bei dem Versuch. Er war viel zu müde und sein Kopf sträubte sich geradezu dagegen vernünftig zu arbeiten, also beließ Sasuke es für den Moment dabei.
 

Ausdruckslos sah er auf seine Hände. Er hoffte wirklich, aus tiefsten Herzen, dass er Naruto keine verpasst hatte, auch wenn das dumpfe Pochen in seinen Fingern einen anderen Schluss zuließ.
 

Ihm wurde schlecht.
 

Zitternd holte er Luft und versuchte dieses Gefühl zurückzudrängen. Er würde den Teufel tun und sich dem hingeben. Fest umklammerte er den Rand der Wanne und versuchte sich verbissen auf etwas anderes zu fokussieren. Irgendetwas wäre gut, egal was. Ein Fehler, wie er erschreckend feststellen musste. Denn das, was sein Kopf ihm entgegen schleuderte, machte die Situation nur Schlimmer. Viel Schlimmer.
 

Von allen Dingen, auf die er eine Antwort hätte haben wollen, ließ ihn sein Verstand gerade das verstehen.
 

Das stechende Gefühl, als ihm bewusst wurde, dass er nicht tot war.

Es war Bedauern.
 

Sasuke wollte es wirklich nicht, trotzdem erbrach er sich kurz darauf ins Waschbecken.

Geschenk mit Folgen

Die warme Tasse in seiner Hand fühlte sich gut an und der angenehme Duft von Pfefferminz beruhigte seinen angeschlagenen Magen. Trotzdem fühlte sich Sasuke unbehaglich, während er auf dem weichen Sofa saß.

Naruto saß ihm gegenüber und musterte ihn still, aber das war nicht der Grund für sein Unwohlsein. Es lag viel mehr an dem kleinen Eisbeutel, den der Blonde sich dabei an seinen Kiefer hielt. Sasuke hatte dem Blauäugigen eine verpasst. Zugegeben, es war nicht seine Absicht gewesen und der Uzumaki schien ihm auch nicht böse zu sein, trotzdem fühlte er sich deswegen schlecht. Er sollte sich entschuldigen, er wollte sich entschuldigen, aber es ging nicht. So sehr der Schwarzhaarige es auch versuchte, sein Mund gehorchte ihm nicht.

Abgeschlagen nahm er einen kleinen Schluck Tee. Sofort breitete sich eine angenehme Wärme in seinem Inneren aus und verdrängte die mittlerweile schwache Übelkeit noch ein Stück mehr. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er endlich den Blick von seinem Besten Freund nehmen konnte. Müde sah er in seine Tasse.
 

„Sasuke“, fing der Blondschopf an, „Was war das?“
 

Die Frage wühlte Sasuke auf, lähmte ihn, er konnte nichts sagen. Er konnte Naruto nicht sagen, was er geträumt hatte, das ging einfach nicht.
 

„In einem Moment schläfst du tief und fest und dann-, ich meine, dann-, scheiße“, unruhig rutschte der Uzumaki auf dem Sessel hin und her, fuhr sich wahrscheinlich sogar resigniert durch die Haare, „Ich wollte dich nur wachrütteln und dann hast du mir schon eine verpasst.“
 

Das wusste er, soviel hatte sein kaputter Kopf ihn auch schon verstehen lassen.

„Es tut mir leid.“ Die leeren Worte brannten in seiner Kehler.

Schlagartig hörten die unruhigen Bewegung im Sessel auf, verständlich. Wenn Sasuke nicht so verdammt müde wäre, würde ihn seine Stimme wahrscheinlich selber beunruhigen.
 

„Sasuke-“, kurz wurde der Blondschopf still, schien mit sich zu hadern.
 

Ich gehe jetzt, beendete der Schwarzhaarige den Satz still für sich. Es wäre fair. Mehr als das, es wäre vollkommen verständlich. Er selbst würde gehen, wenn er könnte. Sasuke konnte seinem Freund nicht einmal böse sein. Der Blonde hatte schon so viel getan, ohne irgendetwas dafür zu erwarten. Nicht einmal Antworten, Erklärungen zu irgendetwas hatte der Uzumaki je bekommen und doch war er geblieben. Bei ihm. Bei Sasuke, dem wohl schlechtesten Freund aller Zeiten.
 

Der Stich durch seine tauben Glieder blieb aus, als der Ältere aufstand und anscheinend nach seiner Tasche griff. Da war rein gar nichts, was sich in Sasuke regte. Nur das beklemmende Gefühl der Leere. Selbst als Naruto anfing in dem Inhalt herumzukramen, anstatt einfach zu verschwinden.

Nur zu deutlich hörte er das triumphierendes Schnauben des anderen, aber er sah nicht hin. Noch immer konnte er nur ausdruckslos in seine Tasse starren.
 

Fest schlossen sich seine schmalen Finger um das warme Porzellan, als der Blondschopf vor ihm in die Hocke ging. Breit wurde er angegrinst und so sehr Sasuke auch wusste, dass es falsch war, es war ihm egal. Alles war ihm egal, obwohl es das nicht sollte.

Nichts hiervon sollte ihm gleichgültig sein. Diese Freude. Dieses Überspielen von dem was gewesen war. Sasuke sollte es interessieren, weil Naruto es für ihn tat – schon wieder.
 

„Ich weiß, Weihnachten ist vorbei und so, aber na ja, ich finde trotzdem, dass du was verdient hast.“
 

Langsam richtete Sasuke seinen Blick wieder auf und sah ausdruckslos in das Gesicht seines Freundes. Er fühlte sich noch immer leer, trotzdem bemühte er sich. Für Naruto.
 

„Keine Sorge, ich hab kein Geld ausgegeben“, verlegen lachte der Uzumaki, „Du musst mir aber trotzdem versprechen, dass du nicht ausflippst.“
 

Träge blinzelte Sasuke.
 

„Keine Sorge, es ist nichts passiert. Trotzdem würde es mich beruhigen, wenn du die Tasse wegstellen könntest.“
 

Kurz sah er zu dem flachen Päckchen in Narutos Händen. Er versuchte die Worte zu verarbeiten. Irgendwie fiel ihm das schwer. Es lag weniger an Naruto, sondern eher an seinem eigenen Verstand.

Viel zu langsam sickerte die Bitte zu ihm durch.

Was hatte der Blonde jetzt schon wieder angestellt? Sasuke bezweifelte stark, dass es ihm gefallen würde, trotzdem kam er der Bitte nach und stellte die Tasse auf den kleinen Beistelltisch.

Mit einem verspielt dankbaren Ausdruck im Gesicht, wurde ihm das eingepackte Geschenk auf den Schoß gelegt.
 

Langsam fuhr er mit den Fingern über das glatte Papier. Es war leicht und für Narutos Verhältnisse sogar ordentlich verpackt. Sasuke würde Lügen, wenn er behaupten würde, dass er Vorfreude empfand. Er hatte noch nie sonderlich viel für Geschenke übrig gehabt, trotzdem wurde ihm warm.

Ein letztes Mal sah er in das erwartungsvolle Gesicht des Blonden, ehe er sich ans Auspacken machte. Sasuke war müde und hatte wirklich keine große Lust auf Geschenke, aber er bemühte sich weiterhin.

Langsam verschwand das Papier und die erste Ecke einer ziemlich mitgenommen Hülle kam zum Vorschein. Sasuke kannte sie, er kannte sie nur zu gut. Trotzdem hoffte er, dass er sich irrte. Er musste sich einfach irren. Nicht einmal Naruto konnte so ein Idiot sein.

Lange redetet Sasuke sich das ein, bevor er sich überwinden konnte die untere Ecke zu fassen und das Plattencover aufzuschlagen. Sofort fiel ihm das Foto ins Auge, danach seine eigenen Handschrift

Verschwunden war das Nichts in seinem Inneren und während er die Schallplatte festhielt, fragte er sich, ob er Naruto damit eins überziehen sollte.
 

„Bist du wahnsinnig?“, hauchte er.

„Ich finde, du hättest sie mitnehmen sollen.“
 

Wütend fuhr er mit dem Kopf hoch, registrierte mit Genugtuung, dass sein Gegenüber leicht zusammenzuckte. Oh ja, auch wenn es unsagbar an seinen Kraftreserven zerrte, Sasuke war wütend. Nicht wegen der Worte, oder wegen der sanften Tonlage, die schon fast an Mitleid grenzte, sondern weil er wusste, was dieses Geschenk bedeutete.
 

„Und deshalb spazierst du in mein Zimmer und holst sie?“ Die Stimme des Schwarzhaarige klang noch immer brüchig, aber das war momentan nicht von Bedeutung. Nicht für ihn. Dieser gottverdammte Idiot war bei ihm Zuhause gewesen.
 

„Ich bin durchs Fenster gestiegen. Mich hat keiner gesehen, echt jetzt“, versuchte der Uzumaki sich zu verteidigen.

„Du Vollidiot.“ Sasuke wollte ihn anschreien, aber es ging einfach nicht, „Hast du auch nur die geringste Ahnung was hätte passieren können? Hast du jetzt auch noch deine letzten, verkümmerten Gehirnzellen verloren?“

„Du flippst aus“, kommentierte sein zurückgebliebener Freund bloß.
 

Er sollte aufspringen und dem Blonden eine verpassen. Definitiv sollte er das. Stattdessen lachte er nur freudlos auf.

Naruto hatte es doch gesehen. Dieser Schwachkopf hatte doch gesehen, wie sein Vater ihn zugerichtete hatte. Egal wie zuwider es dem Uchiha war, dass Naruto es wusste, der Idiot tat es nun einmal. Sogar Jiraiya hatte es gesehen.

Ein weiteres Mal lachte er.

Welcher rational denkende Mensch lässt sein Mündel bei so jemanden einbrechen?
 

„Du bist wirklich dämlich.“ Seine Stimme brach in der letzten Silbe.

„Wahrscheinlich, aber das war es mir wert.“
 

Noch immer pulsierte die Wut in ihm, aber der Uchiha musste resigniert feststellen, dass es ihm nicht gelang darin aufzugehen. Seine Glieder fühlten sich zentnerschwer an, trotzdem schaffte er es sich die Schläfen zu massieren. Sasuke bekam Kopfschmerzen. Großartig.
 

„Und was hättest du gemacht, wenn er zurück gekommen wäre?“, fuhr Sasuke den Blonden ausgelaugt an.

„Dann wäre ich wieder abgehauen?“

Fassungslos strich der Jüngere sich durchs Haar.
 

„Warum zur Hölle tust du so was bescheuertes?“
 

Kurz war es Still. Der Blonde zögerte, schien zu überlegen, ob er darauf wirklich antworten sollte. Wahrscheinlich ihm zu liebe und auch wenn der Uchiha das verstand, löste es nichts in ihm aus. Da war nur Fassungslosigkeit und Schwere. Sasuke wollte kein Gespräch führen. Eigentlich wollte er gar nichts, außer schlafen und am Besten nicht mehr aufwachen.

Erneut drehte sich sein Magen um. Er sollte so etwas nicht denken, so war er nicht. Nicht desto weniger, war seine aufkeimende Übelkeit der einzige Widerstand, den er zustande brachte.
 

„Du hast nicht mal deine Tasche selber gepackt, als du-, als wir an dem Abend abgehauen sind. Ich weiß, dass du ihn wahrscheinlich immer noch hasst und das ist dein gutes Recht, aber du hast nichts mehr von Itachi. Nichts. Weil du das so wolltest. Nur das“, energisch zeigte der Blauäugige auf das Vinyl, „Du bist damals in Itachis Zimmer gegangen, freiwillig, um das zu holen. Also erzähl mir nicht, dass dir das nichts bedeutet.“
 

Abermals sah er auf die Schallplatte. Naruto hatte recht, sie bedeutete ihm etwas. Hatte ihm zumindest einmal etwas bedeutet. Mehr als das sogar, aber das war nicht der Punkt. Naruto war einfach bei ihm eingestiegen. In das Haus seines Vaters.
 

„Sas-“

„Komm mir bloß nicht mit Sas“, unterbrach er den Anderen, „Du hast keine Ahnung was er mit dir gemacht hätte, wenn-.“, er schaffte es nicht den Satz zu beenden.
 

„Doch. Ich weiß es und du weißt, dass ich es weiß.“
 

Augenblicklich versteifte der Schwarzhaarige sich. Er wollte diese Art von Gespräch nicht. Nicht jetzt, nicht mit Naruto.
 

„Hör' auf, Naruto“, bat er heiser, aber sein Gegenüber ignorierte ihn.

„Ich weiß auch, dass dich das wahnsinnig macht. Weil du es hasst zu reden, besonders über Dinge die dir unangenehm sind.“
 

Sanft legte der Uzumaki ihm eine Hand auf das Knie. Sasuke versuchte sie wegzuschieben, ohne Erfolg.

„Hör' auf“, bat er ein weiteres Mal brüchig.

„Nein, Sas. Zumindest einer von uns sollte was sagen.“
 

Deutlich hörte er seinen Gegenüber Schlucken.

Nein, schrie es in seinem Kopf. Sasuke wollte das nicht, aber er konnte sich einfach nicht bewegen. Wie festgewachsen verweilte er auf der Couch. Naruto vor ihm.

Sasuke schaffte es einfach nicht aufzustehen. Alles was ihm gelang, war den Blick zu senken.
 

„Ich war wütend auf dich. Ich wusste schon länger, dass irgendwas bei dir nicht stimmt und ich war sauer, dass du nicht mit mir geredet hast. Du bist immer mehr auf Abstand gegangen und ich hab einfach nicht verstanden wieso. Und dann noch deine ständigen Verletzungen vom Sport. Du hasst Sport, Sas. Es war nicht schwer zu verstehen, dass du mich anlügst und das hat richtig wehgetan.“
 

Sanft drückte der Blondschopf Sasukes Knie, ehe er sich aus der Hocke löste und sich neben ihn auf die Couch fallen lies. Der Jüngere ließ es einfach zu.
 

„Als Jiraiya nach Hause kam und mir gesagt hat, dass Fugaku betrunken aus der Kneipe geflogen ist, war ich wütend. Du warst nicht mit ihm weggefahren. Gott war ich wütend“, kurz stockte der Blauäugig und lachte freudlos auf, „ Also bin ich zu dir. Ich wollte dir sage was für ein Arsch du bist, aber ich war kaum an der Auffahrt, da hab ich schon gehört wie dein Vater rumgebrüllt hat, weil du nicht Zuhause warst. Ich stand draußen und hab jedes verdammte Wort verstanden, jede Beleidigung. Und als ich dann auf dem Friedhof dein Gesicht gesehen hab, deinen Hals und wie du krampfhaft versucht hast mich auf Abstand zu halten-“, ein weiteres Mal geriet der Blauäugige ins Stocken.
 

„Ich hatte recht, nichts war in Ordnung. Trotzdem bist du wieder nach Hause gegangen und ich Idiot hab gewartet. Weißt du warum? Weil ich erwachsen handeln wollte und nicht Hals über Kopf, so wie sonst immer.“
 

Fest biss der Uchiha sich auf die Unterlippe. Er wollte das nicht hören, trotzdem tat er es. Vielleicht für Naruto, vielleicht aber auch für sich selbst.
 

„Ich hatte ein ungutes Gefühl. So stark, dass ich nicht einschlafen konnte. Verdammt, du weißt, dass ich eigentlich immer schlafen kann, Sas. Ich hab Jiraiya davon erzählt und er meinte, dass ich nachsehen sollte. Ich bin nicht von selbst gekommen, verstehst du? Er hat mich geschickt.“
 

Narutos Stimme versagte und als der Schwarzhaarige den Mut fasste ihn anzusehen, versteifte er sich noch mehr. Der sonst so fröhliche Idiot war ernst und die blauen Irden glänzten verräterisch.

Sasuke wollte das nicht. Von allen Dingen war das das letzte, was er jemals gewollt hatte.

„Hör' auf, Naruto“, versuchte er es erneut, aber auch dieses Mal wurde seine Bitte einfach übergangen.
 

„Mein schlechtes Gefühl wurde immer schlimmer und als ich ankam dachte ich, dass ich gleich kotzen müsste.“
 

Fahrig fuhr der Uzumaki sich über die Augen.
 

„Ich hab den Ersatzschlüssel genommen und bin rein. Als ich die Verwüstung gesehen hab konnte ich nur noch rennen. So schnell ich konnte bin ich gerannt. Zu dir.

Und du hast da gehockt, nur in der Decke und das Bett-“
 

Sasuke wurde schlecht. Er wollte das nicht mehr. Nicht hören, nicht daran denken. Der Schwarzhaarige war kurz davor sich die Ohren zuzuhalten, aber es ging nicht. Er war wie betäubt.
 

„Und dein Gesicht, die ganzen blauen Flecken, du warst so-, so-, du warst weg. Nicht körperlich, aber du warst weg.“

Abermals wischte sich der Blondschopf über die Augen.

„Rein gar nichts war gut, trotzdem hast du nicht um Hilfe gebeten. Du wolltest mich weg schicken. Weg aus dem Haus, weg von dir, weg von deinem Vater. Du hast versucht mich von ihm wegzubringen. Aber wie hätte ich gehen können? Also habe ich einfach deine Sachen gepackt und bin mit dir abgehauen. Du konntest nichts mitnehmen. “
 

Tief holte der Ältere Luft und als er sich danach zu Sasuke umdrehte, wäre dieser beinahe erschrocken zusammengezuckt.

Naruto Augen waren rot und ein entschuldigendes Lächeln lag auf seinen Lippen.

Das war falsch. So sollte Naruto nicht sein. Nicht wegen ihm.
 

„Ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Ich hab deinen Vater doch gehört und ich hab dich gesehen. Wir kennen uns schon ewig, trotzdem musste mich Jiraiya erst schicken. Wenn ich eher gekommen wäre, dann...verstehst du? Also ja, ich bin ein gottverdammter Vollidiot.“
 

Lange war es zwischen ihnen still. Kein Wort, nur dieser intensive Blick, von dem Sasuke ein seltsames Kribbeln auf der Haut bekam. Immer intensiver, aber keineswegs unangenehm.
 

„Das ist nicht deine Schuld, Naruto.“ Nur ein Flüstern, weil sich alles andere einfach falsch anfühlte im Moment.

„Deine auch nicht, auch wenn du das vielleicht anders siehst.“
 

Naruto hatte recht, Sasuke war anderer Meinung. Wie konnte es nicht seine Schuld sein? Jeder war seines Glückes Schmied. So war es schon immer und der Schwarzhaarige war da keine Ausnahme, aber das sprach er nicht aus. Er wollte denn Blonden nicht noch mehr die Laune verderben. Dieser ganze Abend war eine einzige Katastrophe.

Er hatte sich die ganze Zeit über so bemüht den blonden Chaoten raus zuhalten und ihn nicht zu belasten, dabei war es schon zu spät – und das fühlte sich einfach schrecklich an.

Sasuke wollte das nicht.

So seltsam es sich auch anhörte, er wollte einfach nur den völlig aufgedrehten und breit grinsenden Naruto zurück. Vielleicht würde er das aber nicht mehr. Zumindest nicht, wenn er einfach weitermachte wie bisher.
 

So gut wie möglich kratzte der Schwarzhaarige die Reste seiner selbst zusammen. Verbissen ignorierte er dabei das Gefühl des stille Chaos und die Stimme in seinen Gedanken, die ihm verhöhnend mitteilte, dass es sinnlos war. Er glaubte ihr nicht.

Es war nicht sinnlos. Für ihn selbst, ja, vielleicht. Nicht aber für Naruto.
 

Sasuke hatte den Blonden weggestoßen, immer und immer wieder, aber es hatte rein gar nichts gebracht. Fest umklammerte er die aufgeschlagenen Hülle der Schallplatte. Er war keinen Deut besser als Itachi und das musste aufhören. Er wollte nicht so sein wie sein Bruder.

Naruto war nicht gegangen, niemals. Es war dem Schwarzhaarigen egal, dass Jiraiya ihn angeblich geschickt hatte. Das spielte keine Rolle. Denn es war der Blondschopf der hier war. Genau neben ihm.

Naruto verschwand nicht einfach – und Sasuke würde es auch nicht. Einfach, weil er diese Geste erwidern wollte.

Vielleicht war er selbst auch ein Idiot. Damit konnte er umgehen. Nicht aber damit, dass er so war wie Itachi. Feige und nichtssagend. Einfach verschwinden, ohne etwas zu erklären. Niemals würde er in diese Fußstapfen treten, ganz egal wie laut etwas in ihm danach verlangte.
 

Fest biss er die Zähne zusammen.

Nur am Rande nahm er das Knallen der Feuerwerkskörper und die gedämpften Jubelschreie von draußen wahr.
 

Das neue Jahr war da.
 

Irgendwie wirkte sein Vorhaben kitschig vor dieser Kulisse, dennoch drehte er sich zu Naruto.

Aus der Taubheit in seinen Gliedern wurde Schmerz. Nicht annähernd so schlimm wie direkt nach seinem Alptraum, aber der Blick seines besten Freundes half ihm. Die blauen Augen setzte ihn nicht wieder zusammen, aber das war okay, denn sie hielten zumindest das von Sasuke beieinander, was er mühevoll zusammenkratzen konnte. Für den Moment reichte es.
 

Sasuke wollte nicht sein wie Itachi.

Also erzählte er Naruto von der Vereinbarung mit dem Schulleiter, von Sasori und auch von den drei Chaoten mit denen er sich von nun an herumschlangen musste. Es fiel ihm schwer, tat weh, aber Naruto drängte ihn nicht. Der Uzumaki hörte einfach nur aufmerksam zu und gab ihm die Zeit die er brauchte. Auch, als er ihm erzählte, dass er seinen Vater getroffen hatte. Naruto hörte zu und nahm nicht ein einziges Mal den Blick von ihm. Selbst als der Uchiha nach unten sah, zurück zu dem Geschenk, konnte er spüren, wie Naruto ihn weiter beobachtete.
 

„Die Schallplatte war ein Geschenk an Itachi. Es sind Klavierstücke von seinem Lieblingskomponisten“, behutsam strich er mit den Fingern über die lachenden Gesichter von sich und seinem Bruder, „Wir waren vor Jahren im Konzerthaus, weil die Stücke dort gespielt wurden. Er war so begeistert davon. Du hättest ihn danach sehen sollen. Ich hab so ziemlich jeden Laden in der Stadt abgesucht, bis ich die Platte gefunden habe.“
 

Ein unangenehmer Kloß bildete sich in seinem Hals, aber er schluckte ihn einfach hinunter.
 

„Muzio Clementi ist nicht gerade Beethoven. Eine Aufnahme von seinen Stücken zu finden hat mich Monate gekostet, aber das war es wert. Er hat sich so gefreut, Naruto. Jeden Tag hat er die Stücke gehört, jeden verdammten Tag.“
 

Sasukes Augen brannten, es war ihm egal. Er hatte heute schon das Gefühl gehabt zu sterben, also was machte es für einen Unterschied?
 

„Er hat sie nicht mitgenommen. Er ist einfach abgehauen und hat sie nicht mitgenommen. Es ist lächerlich, dass ich sie aufbewahre, aber ich kann nicht anders. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe erinnere ich mich daran, dass er sie jeden Tag gehört hat. Das ist so lächerlich.“
 

Die ersten Tropfen fielen auf die Pappe.

Kurz schüttelte er mit dem Kopf und war froh, dass Naruto noch immer schwieg. Mit einem tiefen Atemzug wappnete der Schwarzhaarige sich für seine nächste Aussage. Ein Eingeständnis. Eines, das er nicht einmal Sasori verraten hatte, obwohl ihm die Meinung des Psychologen egal war. Ganz anders als die von Naruto. Vielleicht lag es daran, dass er einfach nur müde war, oder aber an der Tatsache, dass seine Mauer ohnehin nur noch in kümmerlichen Trümmern lag. Wer wusste das schon? Und wer hatte schon das Recht darüber zu Urteilen?
 

„Ich bin immer noch irgendwie weg, Naruto.“
 

Das breite Lächeln, welches er daraufhin bekam, wirkte so befreiend auf ihn.
 

„Kein Problem, das kriegen wir wieder hin, irgendwann, echt jetzt.“

Normalität

Entspannt warf Sasuke einen Blick in den hohen Kochtopf und rührte die leicht köchelnde Flüssigkeit durch. Es würde noch etwas dauern, bis das Essen fertig war, aber das machte ihm nichts, Naruto schlief eh noch. Wahrscheinlich würde der blonde Chaot das auch noch eine Weile tun, denn der Uzumaki war nun einmal ein Langschläfer. Ganz im Gegensatz zu dem Schwarzhaarigen. Er war schon vor Stunden wach geworden, sanft, ohne irgendwelche Alpträume. Sasuke wusste, dass es an dem Uzumaki lag. So chaotisch sein bester Freund auch war, die bloße Anwesenheit des Älteren beruhigte ihn. Schon seit einer Woche war Naruto hier, sprach mit ihm, schlief mit ihm in einem Bett und gab dem Uchiha das wunderbare Gefühl von Normalität.
 

Ein leichtes Schmunzeln überkam ihn, als er sich das Durcheinander auf dem niedrigen Couchtisch besah. Wild lagen die Schulutensilien von Naruto darauf verteilt, denn der andere hatte ihm tatsächlich weiß machen wollen, dass er nur hier blieb, um mit dem Uchiha zu lernen. Das war eine Lüge, ganz eindeutig, aber Sasuke hatte sie einfach hingenommen. Offengestanden amüsierte es ihn sogar, wie verbissen sein bester Freund versuchte daran festzuhalten. Dabei war es mehr als deutlich, besonders in den Ferien. Naruto hatte noch nie in den Ferien gelernt.
 

Kurz verzog der Jüngere das Gesicht, als er sich fragte, ob seine Lügen auch so offensichtlich gewesen waren. Sasuke wollte eigentlich nicht darüber nachdenken, viel lieber wollte er diese entspannte Atmosphäre genießen und sie in die Länge ziehen. Dennoch kam er nicht umhin nachzudenken. Sein Verstand arbeitete wieder. Es war ein schleichender Prozess gewesen und dann vor zwei Tagen, hatte er einfach vor vollendeten Tatsachen gestanden – der rational denkende Teil von ihm war wieder da. Eigentlich sollte es ihn freuen, denn das hatte er ja gewollt. Seit seinem ersten Treffen mit Tsunade hatte er nachdenken wollen, verstehen wollen. So sehr hatte Sasuke sich das gewünscht und jetzt, wo dieser Charakterzug von ihm endlich wieder griff, wollte er eigentlich nur noch, dass es aufhörte. Denn er konnte es nicht kontrollieren, nicht abstellen. In jedem Moment der Stille dachte Sasuke nach. Über das was war und darüber wie es nun weiter gehen sollte. Es war frustrierend. Nicht, dass er in Gedanken jede Situation, jede verdammte Erinnerung erneut durchspielte, sondern dass er keine Antworten fand. Das bloße Nachdenken brachte ihm gar nichts und doch konnte er einfach nicht aufhören. Zumindest nicht solange es Still um ihn herum war. Die Anwesenheit des Blonden half ihm sich abzulenken, aber in den paar Stunden am Morgen brachte sie ihm nichts, denn in ihnen war er allein. Aber das war okay, damit kam er mittlerweile zurecht.
 

Fast schon automatisch schaltete er den Fernseher an und ließ irgendwelche Nachrichten im Hintergrund laufen. Es war nicht ideal, aber es war besser, als Naruto zu wecken. Der Uzumaki sollte ruhig weiterschlafen, das hatte er sich verdient.
 

Mit halben Ohr hörte er der Nachrichtensprecherin zu. Irgendwas über Sport, es interessierte ihn nicht. Das einzige was zählte war, dass es seine Gedanken davon abhielt die Oberhand zu gewinnen.
 

Entspannt wendete er sich wieder dem Essen zu und musste sogar grinsen, als er sich die Reaktion des Blauäugigen vorstellte. Sasuke wollte seinem besten Freund einen Gefallen tun, deshalb war er heute Morgen auch schon einkaufen gegangen, obwohl ihm nicht wohl dabei gewesen war. Es war wahrscheinlich lächerlich, immerhin war das hier eine riesige Stadt, aber seitdem er seinem Vater direkt in die Arme gelaufen war, ging er nur noch ungern auf die Straße. Auch heute hatte er sich viel zu oft umgesehen und gefühlt in jede Gasse geschaut, ehe er an ihr vorbei gelaufen war. Lächerlich und paranoid, aber Sasuke konnte nichts dagegen tun. Sein Körper reagierte von allein.
 

Kurz schüttelte er mit dem Kopf und machte sich dann daran die nächsten Zutaten kleinzuschneiden. Er konzentrierte sich darauf, lauschte nebenher noch immer dem Fernseher und spürte kurz darauf, dass er sich wieder entspannte. Das gefiel ihm. Vielleicht war sie nur scheinheilig, aber sie gefiel Sasuke trotzdem – diese friedliche Normalität.
 

Nur zu genau erinnerte er sich daran, wie seine Mutter damals immer in der Küche gestanden hatte. Sasuke hatte sie beobachtet. Wann immer seine Zeit es zugelassen hatte, war er bei ihr gewesen und hatte ihr geholfen. Dabei war es ihm weniger um das Zubereiten der Mahlzeit gegangen, der Schwarzhaarige hatte einfach nur gerne Zeit mit ihr verbracht. Irgendwie fühlte er sich ihr gerade unheimlich nahe. Wahrscheinlich war auch das lächerlich, allerdings könnte es ihn nicht gleichgültiger sein. Viel lieber gab er sich dem hin. Führte genauso präzise die einzelnen Arbeitsschritte aus, wie sie damals. Das hatte der Uchiha schon seit einer Ewigkeit nicht mehr getan.
 

Vorsichtig ließ er die Nudeln in das kochende Wasser gleiten, eher er aus der offenen Küche trat und die Tür zum Schlafzimmer öffnete. Seine Mundwinkel hoben sich noch ein Stück mehr, als er in das schlafende Gesicht von Naruto sah. Der andere hatte sich mittig auf der Matratze breit gemacht, alle Viere von sich gestreckt und atmete in gleichmäßigen Zügen. Der Schwarzhaarige blieb einen kleinen Moment im Türrahmen stehen und beobachtete ihn einfach nur.
 

Er war froh, dass Naruto bei ihm war und vielleicht, wenn sich seine Situation irgendwann wieder eingependelt haben sollte, könnte er dem Blondschopf offen sagen, wie dankbar er ihm war. Ja, vielleicht irgendwann. Bis dahin war alles was er tun konnte, so ehrlich wie möglich zu ihm zu sein und etwas zu kochen, von dem er wusste, dass Naruto es wirklich mochte.  
 

Er ließ die Tür offen, als er sich wieder daran machte an den Herd zu gehen. Ohne darauf zu achten leise zu sein, holte er zwei Schüsseln aus einem der Hängeschränke. Es wunderte ihn immer noch ein bisschen, wie gut er sich mittlerweile in dieser Wohnung auskannte. Zugegeben, Sasuke fühlte sich hier noch immer nicht Zuhause, aber wenn er ehrlich war, hatte er das auch nicht bei seinem Vater. Seit Jahren hatte Sasuke zwar ein Dach über dem Kopf gehabt, aber kein Zuhause. Da war ihm diese Wohnung eindeutig lieber. Zwar hatte ihn der zweite, abgeschlossen Schlafraum zu Anfang wirklich Unbehagen bereitet, jedoch hatte Sasuke sich erschreckend schnell damit abgefunden. Er fragte sich zwar immer noch, was hinter der abgeschlossenen Tür war, jedoch kam er auch gut damit zurecht es nicht zu wissen. Außerdem waren die zahlreichen Theorien des Blonden dazu immer wieder amüsant. Meist total abwegig, aber dennoch amüsant. Wahrscheinlich befanden sich dort einfach nur persönliche Gegenstände vom eigentlichen Mieter.
 

„Oh mein Gott, was riecht hier so gut?“
 

Naruto stand im Wohnzimmer, nur in Boxershorts und T-Shirt gekleidet und kratze sich abwesend am Bauch. Er sah genauso verschlafen aus, wie er sich anhörte und doch erkannte der Schwarzhaarige das kleine Funkeln in den Augen, als der Ältere erneut schnupperte.
 

„Oh Sas!“
 

Mit schnellen Schritten war sein momentaner Mitbewohner in der Küche und hob auch schon den Deckel des Kochtopfs an. Das ohnehin schon breite Grinsen auf dessen Gesicht wurde noch eine Spur ausladender und Sasuke fragte sich, ob er einschreiten sollte, denn er war sich nicht sicher, ob Naruto nicht gleich einfach anfangen würde zu sabbern.
 

„Ist es das, was ich denke was es ist?“, wurde die unnötige Frage gestellt.

„Es ist zumindest kein Kuchen.“

„Meh, Sas. Spiel nicht mit mir. Bei Ramen hört der Spaß auf, das weißt du. Oh verdammt, ist das nach dem Rezept deiner Ma?“
 

Sasuke musste sich stark zusammenreißen, um nicht aufzulachen. Der Uzumaki hing noch immer über dem Topf und atmete genüsslich den Duft ein. Es sah fast so aus, als würde der Idiot gleich direkt in die Suppe springen und darin baden wollen.
 

„Ja und jetzt geh dich fertig machen, sonst esse ich allein.“

Empört wurde er angesehen. „Das würdest du dich nicht wagen.“

„Und wie ich das würde“, erwiderte er so monoton wie möglich, „Du hast genau 5 Minuten.“
 

Tatsächlich kam sofort Bewegung in den Blonden. Er stolperte beinahe über seine eigenen Füße, als er schon fast ins Bad rannte.

Nun lachte Sasuke doch. Nur leise, aber hörbar. Irgendwie kratzte der Laut in seinem Hals, aber das war ihm egal. Ebenso wie es ihm egal war, dass er dieses Lächeln nicht aus seinem Gesicht bekam. Weder als er die Nudeln abschüttete, noch als er sich daran machte die Schüsseln zu befüllen. Dieses Lächeln blieb einfach.
 

Fein säuberlich drapierte er die verschiedenen Zutaten in dem hohen Porzellan und goss anschließend alles mit der Brühe auf. Noch immer lief der Fernseher, mittlerweile ging es um einen umstrittenen Gesetzesentwurf. Auch jetzt hörte Sasuke nur flüchtig zu, während er den Tisch deckte und sich kurz darauf setzte.

Ein Lautes Poltern kam aus dem Bad, aber Sasuke ignorierte es. Fast jeden Morgen war es das gleiche mit dem Älteren. Es grenzte fast schon an ein Wunder, dass in der letzten Woche nichts zu Bruch gegangen, oder sein bester Freund sich ernsthaft verletzt hatte.
 


 

“Nach langen Verhandlungen kam es nun endlich zu einer Einigung. Heute Morgen hat Uchiha-Industries die Aktienmehrheit der Immobiliensegelschaft Konoha erstanden.“
 


 

Abrupt fuhr sein Kopf zum Fernseher. Schlagartig galt seine komplette Aufmerksamkeit diesem Beitrag und unweigerlich stieg in ihm ein ungutes Gefühl auf. Sein Vater hatte noch nie viel vom Immobilienhandel gehalten. Egal wie sicher und konstant der Markt war, Fugaku hatte sich stickt geweigert darin zu investieren.
 


 

“Ob und wie sich dieser Handel wirtschaftlich auswirkt ist noch nicht bekannt. Experten schätzen jedoch, dass es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme des Firmenchefs handelt. Seit Anfang des Jahres hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Akatsuki in den vorherrschenden Wirkungsbereichs der Uchiha-Industries expandieren will. Der Konkurre-“
 


 

Das Bild wurde schwarz. Trotzdem schaffte er es nicht wegzusehen. Wenn Akatsuki wirklich ihren Wirkungsbereich bis hier her ausbreiten wollen würde, wäre der Kauf von Konoha keine Absicherung. Nüchtern betrachtet wäre es sogar ein Zusatzrisiko. Sasuke wollte sich nicht einmal vorstellen, was für eine Summe Fugaku in die Hand genommen haben muss. Konoha war eine große Immobiliengesellschaft, eigentlich war sie sogar die Immobiliengesellschaft. Das ergab einfach keinen Sinn.
 

„Denk nicht darüber nach“, riss Naruto ihn aus seinen Gedanken, „Das ist es nicht wert.“
 

Ein leises Stuhlscharren setzte ein und kurz darauf griff der Uzumaki über den Tisch. Sanft umschloss der andere die Finger des Schwarzhaarigen. Nur eine kleine Berührung, aber sie reichte aus, um den Uchiha aus seiner Starre zu lösen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie verkrampft er eigentlich war. Tief atmete er durch, schüttelte kurz den Kopf und versuchte sich zu sammeln.
 

Naruto hatte recht, er sollte darüber nicht nachdenken. Nicht jetzt und am Besten auch nicht zu einem anderen Zeitpunkt. Trotzdem hatte Sasuke ein komisches Gefühl in der Magengegend. Wahrscheinlich völlig zu unrecht. Die Geschäfte seines Vaters hatten ihn nie wirklich interessiert, aber dieser Schritt widersprach Fugaku einfach in jedem Punkt. Hart musste er schlucken. Was, wenn sein Vater bald wissen würde wo er war. Was, wenn er plötzlich vor der Tür stehen würde?
 

„Hey, sieh mich an“, forderte der Uzumaki und als er dem zögerlich nach kam, sah er nur zu deutlich das aufmunternde Lächeln des Älteren.

„Er ist nicht hier, okay. Was gut ist, weil ich ihn mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Fenster werfen würde und dann würde die Polizei kommen und mich festnehmen. Das wäre echt mies, denn seien wir ehrlich, ich sehe viel zu gut aus fürs Gefängnis. Stell dir mal vor was passiert, wenn die anderen Häftlinge das mitbekommen. Nein, nein, ich möchte nicht angetatscht werden. Außerdem hatte ich noch keine Ramen, das geht nicht.“
 

Irritiert blinzelte Sasuke, bei dem leidenden Gesichtsausdruck, der ihm entgegengebracht wurde. Das war einfach-, Naruto war einfach-, einfach ein Idiot.
 

„Oh bitte, als ob dich einer von denen anfassen würde.“
 

Entrüstet riss der Uzumaki die Augen auf. Immer wieder öffnete er den Mund und schloss ihn kurz darauf wieder. Sasuke hatte wirklich Mühe bei diesem Anblick nicht zu lachen, anscheinend hatte es dem Älteren die Sprache verschlagen. Sollte ihm recht sein, irgendwie hatte der Chaot das verdient, auch wenn Sasuke zugeben musste, dass das ungute Gefühl in seiner Magengegend vollkommen verschwunden war.
 

„Du bist so ein Arsch, echt jetzt.“
 

Sasukes Mundwinkel zuckten kurz, aber er schaffte es den Impuls zu unterdrücken. Es war erstaunlich wie leicht es ihm fiel mit Naruto umzugehen, mit ihm zu reden. Wirklich wundern tat es ihn jedoch nicht. So war es schon immer zwischen ihnen gewesen.
 

Mit einem resignierten Seufzer ließ der Uzumaki seine Hand los und machte sich daran die Nudelsuppe zu essen. Wobei verschlingen weitaus treffender war. Naruto war nie wirklich ein Meister der Tischmanieren gewesen, aber augenscheinlich hatte sich nun auch der letzte Rest von diesen verabschiedet. Irgendwie erinnerte ihn dieses Verhalten an Suigetsu, nur mit dem Unterschied, dass es ihn bei seinem besten Freund nicht annähernd so störte.
 

„Jetzt ist es offiziell“, unterbrach der Blondschopf seinen Futterrausch und das Grinsen, dass ihm entgegengebracht wurde ließ Sasuke übles ahnen, „Wir sind ab sofort verheiratet.“
 

„Nein“, widersprach der Schwarzhaarige schlicht und aß unbekümmert weiter.
 

„Oh doch. Du hast mir mit Abstand die besten Ramen auf der Welt gemacht. Da kommst du nicht mehr raus, Sas. Das hier ist jetzt einen solide Ramen-Ehe.“
 

Kurz ließ der Schwarzhaarige die Aussage auf sich wirken, bevor er skeptisch die Stirn in Falten legte.
 

„So etwas gibt es nicht mal.“

„Ach komm, du willst es doch auch.“
 

Spielerisch zwinkerte Naruto ihm zu und zog danach seine Augenbrauen in einem miserablen Flirtversuch nach oben.
 

„Hast du 'nen Schlaganfall?“, fragte Sasuke ihn mit nüchterner Stimme.
 

Unbeschwert lachte der Blauäugige auf.

„Kein Wunder, dass die Mädels dich für 'nen Eisklotz halten. Zum Glück besteht eine Ehe auf gegenseitiger Akzeptanz, also kann ich damit umgehen.“

„Wir sind nicht verheiratet.“

„Rede dir das ruhig ein“, winkte der Uzumaki bloß ab, verschwand aus Sasukes Sichtfeld und setzte dazu an sich summend eine zweite Portion Ramen aufzutischen.
 

„Wir sind nicht verheiratet, Naruto.“

Aber der Uchiha wurde einfach übergangen.
 

„Als Hochzeitsreise könnten wir ja heute in die Stadt. Ganz romantisch an den Crêpestand in der Innenstadt“, sinnierte der Blonde einfach unbekümmert weiter.

„Nein.“

„Oh doch.“
 

Mit einem dumpfen Ton stellte der Uzumaki seine aufgefüllte Schüssel auf den Tisch.

Sasuke nahm es zurück. Die Anwesenheit des Blonden war nicht entspannend, sie war einfach nur nervig. Kaum zu fassen, wie stur der andere sein konnte.
 

„Naruto“, eine unausgesprochene Warnung lag darin, aber den Angesprochenen schien das nicht zu kümmern, im Gegenteil. Herausfordernd sahen der Ältere ihm ins Gesicht.

„Sasuke.“

„Nein“, beharrte er weiter.

„Wir können danach auch in den Buchladen. Komm schon, ich weiß genau, dass du Buchläden magst“, lockte Naruto ihn.
 

Tatsächlich dachte der Schwarzhaarige darüber nach. Er hatte schon lange kein Buch mehr gelesen und sein bester Freund hatte recht, Sasuke mochte Buchläden. Trotzdem schüttelte er kurz darauf verneinend mit dem Kopf.
 

„Ich hab keine Lust.“

„Denk an die Bücher. So viele davon und sie warten nur darauf von dir angefasst zu werden.“

„Nein.“
 

Übertrieben frustriert atmete der Uzumaki aus und Sasuke könnte schwören, ein hämisches Lächeln gesehen zu haben.

„Du wirst mit mir in die Stadt gehen, Babe.“
 

Fast schon schockiert sah Sasuke seinen besten Freund an. „Naruto Uzumaki, wag es dich ja nicht mich nochmal so zu nennen“, drohte er mit kalter Stimme. Der Effekt blieb jedoch aus.
 

„Wie soll ich dich nicht nennen, Babe?“

„Lass das“, ermahnte Sasuke ihn erneut.

„Gefällt dir Honey besser?“
 

Warnend hob er eine Augenbraue. Er wusste, dass Naruto ihn nur versuchte zu provozieren und der Schwarzhaarige musste zugeben, dass es ihm auch gelang. Der Blauäugige wusste einfach, wie er ihn auf die Palme bringen konnte.
 

„Oder bist du eher der traditionelle Typ, Schatz?“

„Lass es.“
 

Er klang genervt, mehr als das sogar und wahrscheinlich wären die Meisten spätestens jetzt auf Abstand gegangen, aber er sprach nun einmal mit Naruto.
 

„Gehen wir in die Stadt?“

„Nein.“

„Das ist unfair, Hase.“
 

Ruckartig stand Sasuke auf. Er musste hier weg, sonst würde er seinen Kindheitsfreund gleich mit etwas bewerfen. Hart und mit dessen Kopf als Ziel.

Der Uchiha hasste Spitznamen. Es hatte schon ewig gedauert, bis er die Abkürzung Sas akzeptiert hatte. Zwar war es nur Naruto der ihn so nannte und offengestanden mochte er das sogar irgendwie, aber das reichte ihm schon. Ganz zu Schweigen davon, dass diese Kosenamen einfach nur lächerlich waren.
 

Wütend stellte er sein Geschirr in die Spüle und zuckte beinahe zusammen, als er sich wieder umdrehte. Der Uzumaki stand genau vor ihm, nicht einmal einen ganzen Meter entfernt und sah ihn mehr als leidend an. Natürlich konnte der Blonde es nicht auf sich beruhen lassen, immerhin war das seine Art.
 

„Du kannst nicht bei unserem ersten Ehestreit einfach abhauen.“

„Wie gut, dass wir nicht verheiratet sind.“
 

Erfolglos versuchte er an dem Älteren vorbei zu kommen.
 

„Komm schon, lass uns raus gehen und was erleben.“ Motiviert hob der Uzmaki seine Faust in die Luft und öffnetet damit einem Lücke, die Sasuke nur zu gern nutze. Schnell hatte er sich vorbei geschlichen und verschwand direkt im Bad.
 

Er würde jetzt einfach in die Wanne gehen und Naruto ignorieren. Irgendwann würde der Uzumaki schon aufgeben. Sasuke musste nur lange genug abwarten. Mit einem energischen Klicken schloss er die Holztür hinter sich ab und lobte sich gedanklich dafür, dass er schon gestern Wechselkleidung hier deponiert hatte.
 

Er konnte noch immer nicht ganz fassen, was genau Naruto sich gerade zusammen gesponnen hatte. Als ob sie beide heiraten würden. Das war kindisch, trotzdem brachte es ihm zum schmunzeln. Eine Konsequenz, die er versuchte mit einem Kopfschütteln loszuwerden, während er den Wasserhahn aufdrehte.
 

Mit Genugtuung registrierte er, dass das Rauschen jedes mögliche Geräusch seines Gastes übertönte und als er sich schlussendlich in das warme Wasser gleiten ließ, war er beruhigt, dass Naruto immer noch still war. Genüsslich legte er den Kopf in den Nacken und ließ sich tiefer in das warme Nass sinken.
 

Sasuke hatte es doch gewusst, er musste dem Blondschopf einfach nur eine gewisse Zeit ignorieren.

Allerdings hatte er sich wohl etwas zu früh gefreut.
 

„Ach komm schon, dass wird lustig.“ Dumpf drang die Stimme von Naruto durch die geschlossenen Tür.
 

Genervt atmetet der Schwarzhaarige aus. Er würde darauf einfach nicht reagieren.
 

„Wir müssen ja nicht direkt in die Stadt. Das Einkaufszentrum wäre auch okay. Wir können auch zuerst in den Buchladen. Ich verspreche auch feierlich, dass ich ganz still bin und dich in Ruhe gucken lasse. Du kannst dir so viel Zeit lassen wie du willst, echt jetzt. Du wirst kein einziges Wort von mir hören. Ich werde so still sein, dass du nicht mal merkst, dass ich da bin. Das wird lustig. Ach was, das wird super lustig. Nur du und ich. Da gibt’s auch 'nen Crêpestand, ich kann mir ja da einen holen und für dich finden wir bestimmt auch was. Außerdem werde ich dich irgendwie abschirmen. Ich weiß ja, dass du Menschenmassen nicht magst, aber ich hab dich die ganze Zeit im Auge, echt jetzt. Sollte dir irgendjemand zu nahe kommen, schubs ich den einfach weg, bevor er dich anrempeln kann. Also wenn das nicht Einsatzbereitschaft ist, weiß ich auch nicht.“
 

Er musste das ausblenden, einfach ignorieren. Sasuke versuchte es wirklich, aber der Redestrom ebbte einfach nicht ab. Sogar als er vollkommen im Wasser untertauchte, konnte er noch die nervige Stimme hören.
 

„Oder du guckst die einfach böse an, dann gehen die wahrscheinlich nie mehr raus, aber das ist ja dann nicht dein Problem. Meinetwegen kannst du die Leute auch mit was abwerfen und es dann auch mich schieben. Wobei warte, nachher verletzt du die wirklich und dann werde ich angezeigt, oder so. Das muss nicht sein, ich will wirklich nicht ins Gefängnis. Denn ich sehe viel zu gut aus und es ist mir egal was du dazu sagst, du Penner. Verdammt, so war das nicht gemeint, du bist kein Penner, streich das.“
 

Ruckartig tauchte er wieder auf und fuhr sich resigniert über das Gesicht. Sasuke war genervt und wenn er ehrlich war, fing er auch langsam an wütend zu werden. Warum musste ausgerechnet er mit so einer Nervensäge gesegnet worden sein?
 

„Du bist super, Sas. Genau deshalb wird der Tag heute auch super, weil du dabei bist, verstehst du? Alles was mit dir zu tun hat kann nur super werden und so. Auch wenn du manchmal ein Arsch bist. Also ein positiver Arsch, du weißt schon wie ich das meine. Hey, hörst du mich überhaupt?“
 

Demonstrativ hämmerte der Blondschopf gegen die Tür und sorgte dafür, dass Sasuke entnervt das Gesicht verzog. Er musste standhaft bleiben, er hatte immerhin auch einige Sitzungen mit diesen drei Idioten ausgehalten, also würde er das mit Naruto auch schaffen. Immer wieder redete er sich das ein, auch wenn es seinem Geduldsfaden kein Stück entlastete.
 

„Komm schon, du musst auch nicht zeigen, dass du Spaß hast. Wir wissen natürlich beide, dass du den hättest, aber das wäre unser Geheimnis. Du müsstest nicht mal laufen, ich trag dich aus huckepack, oder so. Nicht wie ein Mädchen, sondern so richtig männlich und-“
 

„Was stimmt nicht mit dir?“ Sasuke schrie die Frage schon fast und auch wenn er die Absicht hatte einschüchternd zu klingen, hatte sein Ausruf eher etwas leidendes. Wie schaffte es der Uzumaki bloß so viel sinnloses Zeug von sich zu geben?
 

„Oh, du lebst noch, sehr gut. Also wie gesagt-“, setzte sein bester Freund erneut an, wurde aber direkt wieder unterbrochen.

„Wie kann man dich aus stellen?“

„Indem wir in die Stadt gehen.“

„Oder ich ertränke dich einfach in der Badewanne.“

„Oho, gemeinsames Baden in den Flitterwochen. So hätte sich dich überhaupt nicht eingeschätzt, Sas.“
 

Der spielerische Unterton war deutlich herauszuhören und er konnte sich nur zu gut vorstellen, was für ein dämliches Gesicht sein sein Kindheitsfreund gerade zog. Das durfte doch nicht wahr sein. Er hätte niemals Ramen machen dürfen.
 

„Wir sind nicht-“

„Verheiratet. Schon klar, rede dir das ruhig ein, wenn du dich dann besser fühlst. Fakt ist aber, dass du tief in deinem Inneren weißt, dass dieser Bund sich nicht mehr lösen lässt.“
 

Mehr als nur gereizt stieg Sasuke aus dem Wasser und griff nach einem Handtuch. Wie konnte eine einzelne Person nur so penetrant und nervenaufreibend sein?

Fahrig trocknetet er sich ab, war dabei weiterhin gezwungen sich den Schwachsinn von Naruto anzuhören. Wenn der Schwarzhaarige nicht gerade so genervt wäre, würde er wahrscheinlich sogar Bewunderung für den Redeschwall empfinden, der sogar immer schneller wurde. Eins musste er dem Chaoten ja lasse, er hatte Ausdauer, sehr zu Sasukes Leidwesen.
 

„Ich kann den ganzen Tag so weitermachen“, bestätigte der Blauäugige seine Befürchtung, „Es geht hier nämlich ums Prinzip, Sas. Immerhin-“
 

Ruckartig entriegelte der Schwarzhaarige die Tür und zog sie auf. Wütend funkelte er seinen besten Freund an, der dabei nicht einmal mit der Wimper zuckte.
 

„Wag es dich ja nicht.“ Sein Tonfall war einschneidend, aber auch darauf reagierte sein Gegenüber kein Stück.
 

„Heißt das wir gehen in die Stadt?“
 

Sasuke hatte Mühe den Drang zu unterdrücken, seinen Kopf gegen den Türrahmen zu schlagen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Was hatte er sich da nur eingebrockt? Irgendwie konnte er den Uzumaki ja verstehen. Der Ältere hatte schon seit einer ganzen Woche nicht die Wohnung verlassen. Nichtmal zum Einkaufen war er mitgekommen, weil Sasuke lieber allein gegangen war, anstatt ihn zu wecken.

Genervt sah er in die bettelnde Miene von Naruto.

„Nein.“
 

Der Gesichtsausdruck des Blonden wurde noch eine Spur entmutigter und Sasuke konnte wirklich nicht fassen, dass es ihn dazu brachte den nächsten Satz auszusprechen.
 

„Wir können aber ins Einkaufszentrum, wenn du dann endlich die Klappe hältst“, resignierte er und bei dem lauten Jubelschrei, der daraufhin von Naruto kam, hätte der Uchiha seine Aussage am liebsten direkt wieder zurück genommen.
 

„Das wird super, echt jetzt. Ich wusste, dass du irgendwann ja sagen würdest, Babe.“
 

Wütend funkelte Sasuke den Älteren an. „Übertreib es nicht.“
 

„'Tschuldigung. Das wird super, echt jetzt.“ Mit einem breitem Grinsen wendetet der blonde Chaot sich ab, „Ich wusste doch, dass wir einen Ausflug in den Flitterwoch- Aua!“
 

Sasuke hatte ihn geschlagen. Unsanft und direkt auf den Hinterkopf. Oh ja, Naruto war ein Idiot, deshalb kümmerte es ihn auch nicht, dass der Blondschopf sich nun leicht zusammengekauert die schmerzende Stelle rieb.

Mit großen Augen wurde er angesehen und Sasuke starrte einfach nur selbstgefällig zurück.
 

„Ich hatte dich gewarnt.“
 

Das verschmitzte Lachen, das er daraufhin vom Älteren bekam besänftigte ihn etwas. Sasuke war noch immer nicht wohl dabei vor die Tür zu gehen, aber zumindest war er nicht allein. Naruto würde ihn ablenken, so wie er es immer tat und vielleicht war das ja gut. Auf jeden Fall wäre es ein weitere Schritt zu einem geregelten Tagesablauf und das wollte er. Zum ersten Mal, seit sein Verstand wieder arbeitete, kam er zu einem Ergebnis.

Sasuke wollte Normalität, ganz egal in welchem Ausmaß.

Shoppingtour und Mord

Heyho, ihr Lieben.

Ich weiß: Lang lang ist's her. Bitte steinigt mich nicht. >.<

Falls das hier wirklich noch jemand lesen sollte, so hoffe ich, dass die Länge zumindest etwas die lange Wartezeit entschädigt. Und natürlich, dass euch das Kapitel gefällt <3
 

*****************
 

Sasuke hatte schon vor einer Ewigkeit aufgehört sich zu fragen, welche Aussetzer sein Hirn gehabt haben musste. Ebenso wie er aufgehört hatte die nervigen Rempeleien zu zählen. Das hieß keineswegs, dass der Schwarzhaarige es akzeptierte. Vielmehr war es ein stilles Hineinfressen von Aggressionen. Nicht einfach nur Unbehagen oder Wut, Sasuke hatte wirklich das Bedürfnis jemanden zu schlagen. Vorzugsweise den blonden Vollidioten, der ihn tatsächlich dazu gebracht hatte, dieses gottverdammte Einkaufszentrum zu betreten. Es war nicht nur voll, es war überfüllt und sie wurden eher vorwärts geschoben, als dass sie wirklich gingen. Für Naruto mochte das okay sein, für ihn allerdings nicht. Die ganze Situation war unangenehm. Nicht nur das Gedränge, auch der Lautstärkepegel. Wieso ließen sich Leute freiwillig auf so etwas ein? Kurz verzog er genervt das Gesicht. Wieso ließ er sich auf so etwas ein?

Eigentlich war die Frage unnötig, denn der Grund befand sich direkt neben ihm. Wie ein kleines Kind bestaunte sein bester Freund im Vorbeigehen die Schaufenster. Wie der andere so begeistert sein konnte, war Sasuke ein Rätsel. Gedanklich machte er sich eine Notiz. Sollte Naruto noch einmal mit so einer Idee um die Ecke kommen, würde er ihm einfach vors Schienbein treten und weit weg gehen. Vielleicht, wenn sie noch länger in dieser Flut von Menschen waren, würde er das Schienbein auch gegen eine Region austauschen die mittiger lag. Und vielleicht, wenn ihn noch ein einziger dieser fremden Leute anrempelte, würde er diesen Tritt auf heute verschieben. Ein sehr zeitnahes heute sogar.
 

Resigniert atmete er aus. Am liebsten würde er seinem Unmut einfach Raum geben, aber das würde er nicht tun – denn so war er nicht. Besonders nicht in der Öffentlichkeit. Also fraß er es weiter in sich hinein. Mit jedem Schritt, mit jedem Rempler, atmete Sasuke etwas schwerer und versuchte sich unter Kontrolle zu halten.

„Sas?“

Kurz blinzelte er, als Naruto ihn aus seiner stillen Meditation riss. Sie waren stehen geblieben und erst jetzt bemerkte er, dass der Uzumaki sein Handgelenk locker umfasste. „Was?“, fragte er gereizt.

Abwehrend hob sein Nebenmann die freie Hand. „Ich komme in Frieden.“

Alles was Naruto daraufhin bekam war eine genervtes „Ts“, aber das ging kläglich in dem lauten Tumult unter. Dennoch schien der Blauäugige ihn verstanden zu haben, denn er drückte beschwichtigend Sasukes Handgelenk. Kurz darauf wurde der Uchiha auch schon in das Geschäft hinter ihnen gezogen. Sein Unmut stieg noch mehr. Sasuke wollte etwas sagen, etwas Gemeines, denn er hatte gerade wirklich keine Lust auf einen Einkaufsbummel. Genervt rollte er mit den Augen, wappnete sich innerlich schon für eine weitere, furchtbare Tortour, aber es kam ganz anders.
 

Das erste was ihm auffiel, war der vertraute Geruch und als er sich endlich die Mühe machte sich umzusehen, erkannte er Bücher. Jede Menge davon. Sofort entspannte er sich etwas, blendete sogar das selbstgefällige Grinsen des Blonden aus und befreite sich sanft aus dessen Griff.

„Tada!“, rief seine Begleitung euphorisch aus, „Wie versprochen, der Buchladen. Ich stehe zu meinem Wort, echt jetzt.“ Das ließ er unkommentiert, viel lieber Griff er nach einem der literarischen Werke und begann darin zu blättern. Es war schon viel zu lange her, dass er in einem Buchladen gestöbert hatte, generell irgendein Buch in den Händen gehalten hatte. Das hier war so vertraut für den Schwarzhaarigen wie atmen.

Vielleicht sollte er sich in den nächsten Tagen überwinden und versuchen in die Stadtbibliothek zu gehen. Die Stille, das unregelmäßige Rascheln von Papier – das hatte ihn schon immer beruhigt. Wahrscheinlich lag es an seiner Mutter. Noch genau erinnerte sich Sasuke daran, wie sie ihn manchmal, anstatt zum Klavierunterricht, einfach in die Bibliothek gefahren hatte. Sie waren stundenlang dortgeblieben, ohne dass einem von ihnen langweilig geworden war. Beide hatten sie dagesessen und gelesen. Manchmal sogar auf dem Boden, in einem abgelegenen Gang. Oft hatte seine Mutter ihm durch Haar gestrichen, während sie beide in Büchern versunken waren. Daran erinnerte sich Sasuke nur zu gut. Ebenso wie er sich daran erinnerte, als es vorbei war. Wie sie beide noch einem Moment im Auto sitzen blieben, mitten auf der breiten Auffahrt des viel zu großen Hauses. Jedes Mal hatte seine Mutter ihn angelächelt, ihren erhobenen Zeigefinger gegen ihre Lippen gelegt und ihm zugezwinkert. Das ist unser kleines Geheimnis, mein Schatz. Dein Vater muss davon nichts wissen und beim nächsten Mal versuchen wir Itachi mitzunehmen. Okay?“

Itachi war kein einziges Mal mit ihnen dort gewesen. Viel zu sehr war der Ältere damals von ihrem Vater eingespannt worden. Aber irgendwie glaubte er daran, dass Mikoto auch mit seinem Bruder ein Geheimnis gehabt hatte. So unterkühlt seine Meinung zu Itachi im Augenblick auch war, Sasuke hoffte inständig, dass der Ältere auch solche Momente gehabt hatte.
 

„Wow, du ignorierst mich? Echt jetzt?“, riss ihn die aufgebrachte Stimme des Uzumaki zurück in die Realität. Sasuke musste kurz blinzeln, um auch den letzten Rest seiner Erinnerung abzuschütteln. Widerwillig schielte er zu Naruto. Der Ältere hatte mittlerweile schon die Hände in die Seite gestützt und plusterte seine Wangen auf. Es war lächerlich. Sein bester Freund sah aus wie ein bockiges Kind, trotzdem konnte Sasuke sich ein kurzes Zucken der Mundwinkel nicht verkneifen.

„Wolltest du nicht einen dieser widerlich süßen Dinger?“, versuchte er das Thema zu wechseln und deutete nach draußen, direkt auf den Crêpe-Stand, der gegenüber aufgebaut war.

„Schon, aber ich will nicht allein dahin“, nörgelte der Ältere.

„Und ich will nicht in diesem Einkaufszentrum sein“, hielt der Schwarzhaarige dagegen.

„Aber das sind doch unsere Flitterwochen.“ Resigniert atmete er aus. Nicht zu fassen, dass Naruto noch immer dieses lächerliche Argument brachte. „Wenn du das hier noch ein einziges Mal so nennst, werde ich auf der Stelle gehen und dich richtig ignorieren.“

„Aber du hast mir Ramen gemacht“, versuchte der Uzumaki ihn zu überzeugen.

„Wir machen alle Fehler.“

Das schockierte Gesicht von Naruto gab ihn den Rest. Sasuke wollte es nicht, aber er musste einfach lachen. Es klang falsch in seinen Ohren und kratze etwas im Hals, aber aufhören konnte er nicht. Besonders nicht, als die Mine seines Gegenüber nun auch noch einen fassungslosen Ausdruck bekam. Es dauerte einen kleinen Moment, bevor Sasuke sich wieder unter Kontrolle hatte.
 

„Das solltest du öfter machen“, warf sein bester Freund nach diesem Ausbruch ein und Sasuke konnte nicht anders, als ihn fragend anzusehen. „Ich mag dein Lachen.“ Den sanften Ausdruck, den der Uzumaki dabei auf dem Gesicht trug, verunsicherte ihn. Sasuke konnte es nicht deuten, aber ehe er sich wirklich darüber den Kopf zerbrechen konnte, war der Ausdruck auch schon wieder verschwunden. „So wie die ganzen Mädels hier übrigens auch. Ich kann ihr Schmachten fast schon hören.“

„Idiot“, erwiderte der Schwarzhaarige lediglich und wurde daraufhin beinahe schon angestrahlt. „Ich weiß, aber ich bin dein Idiot. Auf ewig.“

„Drohst du mir gerade?“ Das helle Lachen, das der Chaot ihm darauf entgegenbrachte, zerschlug den letzten Rest seines Unmuts. Der Uchiha mochte das Einkaufszentrum noch immer nicht, aber jetzt gerade war es erstaunlich erträglich.
 

„Du willst wirklich nicht mitkommen?“, versuchte sein Kindheitsfreund noch einmal ihn zu überzeugen, aber Sasuke schüttelte mit dem Kopf. Es war erträglich, aber er musste es ja nicht direkt wieder ausreizen. Besonders weil sie wahrscheinlich ewig anstehen würden und warten war etwas, dass Sasuke noch mehr hasste als Menschenmassen.

„Okay“, gab sich der Blondschopf geschlagen. Es wurde still zwischen ihnen. Naruto ließ ihn stöbern, folgte ihm in den nächsten Gang und sagte kein einziges Wort, egal wie lange Sasuke sich auch umsah. Aber der Jüngere kannte seinen Freund. Er sah wie dieser mit jeder weiteren Minute unruhiger wurde, wie er, in dem Versuch es zu überspielen, seine Hände in die Taschen seiner Jeans vergrub. „Na los“, resignierte Sasuke deshalb, „Geh dir was zu essen kaufen, ich warte so lange hier.“

„Ach was, geht schon.“

„Tut es nicht. Du magst Buchläden nicht. Wahrscheinlich reißt du vor lauter Tollpatschigkeit gleich noch ein Regal um.“

„Sas“, warf der andere argwöhnisch ein, aber Sasuke erstickte diesen Ansatz direkt im Keim. „Geh schon. Ich komm klar.“ Er war 17 Jahre alt, verdammt nochmal. Er würde schon nicht sterben, wenn er mal für ein paar Minuten allein gelassen wurde. Dennoch musterte der Ältere ihn lange abschätzig, zögerte. „Ich meine das ernst, Naruto. Ich komme klar.“

„Okay“, gab der Angesprochene zögerlich nach, „Aber ich bin direkt gegenüber, wenn-“

„Naruto“, rief er dazwischen und schlug zur Untermalung das Buch in seinen Händen geräuschvoll zu, „Geh endlich, sonst prügle ich dich hier raus.“

„Tust du nicht, du liebst mich.“ Sasuke erkannte den Schalk und irgendwie, auf sehr angenehme Art und Weise wurde ihm warm. Ihm war sogar egal, dass dieses Gespräch von irgendjemanden wirklich ernst genommen werden könnte, dafür war dieser Moment gerade zu leicht. Eine einfache Blödelei zwischen Freunden. Trotzdem beendete er sie und erhob drohend die schwere Lektüre.

„Okay, okay! Ich bin ja schon weg“, lachte der Blondschopf mit leicht gehobenen Armen, ehe er sich langsam umdrehte und endlich den Ausgang ansteuerte. Sasuke beobachte ihn. Folgte jedem seiner Schritte mit den Augen und versuchte das ungute Gefühl in seiner Magengegend einfach auszublenden. Der Stand war direkt gegenüber. Es war okay. [style type="italic"]Es war okay[/style], auch wenn er ungewohnt lange brauchte, um seinen Blick vom Ausgang zu lösen.
 

Mit einem leichten Kopfschütteln, legte Sasuke das Buch zurück auf den Stapel der Auslage. Er ging weiter, tiefer in das Geschäft, bloß weg von der Tür und dem Bedürfnis den Blonden am Crêpe-Stand zu stalken. Vorbei an den Reiseführen, der englischsprachigen Literatur und den Kochbüchern. Immer wieder ließ er dabei seine Fingerspitzen über einzelne Buchrücken gleiten, zog ab und an eines heraus und blätterte darin. Er wollte noch nicht daran denken, dass er irgendwann wieder hier raus musste. Zurück in das dichte Gedränge und der penetranten Geräuschkulisse. Natürlich würde er es tun, immerhin mussten sie ja auch irgendwann wieder nach Hause. Offengestanden graute es ihm davor. Nicht vor den äußeren Einflüssen, sondern vor der Stille. Der Moment in dem Naruto vor ihm einschlief und Sasuke allein ließ. Allein mit seinen Gedanken, seinen Grübeleien, seinen Erinnerungen.

Vielleicht sollte der Uchiha nicht daran denken, nicht jetzt. Vielleicht sollte er seinen Fokus verlagern. Kleine Schritte die sich in der Gegenwart bewegten. Angefangen hiermit. Vielleicht musste Sasuke sich nur lange genug einreden, dass das hier eine gute Sache war? Immerhin war er endlich mal wieder draußen. Nicht einfach nur einkaufen und das sogar in Gesellschaft.

Irgendwie kam ihm Sasori in den Sinn. Es war schwachsinnig, dass er gerade jetzt an diesen verkorksten Psychologen dachte, aber irgendwie fragte Sasuke sich, was seine Meinung sein würde.

Verächtlich schnaubte er. So weit war es also schon gekommen, er wollte die Meinung von einem Quacksalber. Abgesehen davon, dass Sasuke den Rothaarigen mehr als nur inkompetent fand, der Ältere wusste nichts über ihn. Wie sollte dieser Pfuscher irgendeine qualifizierte Meinung haben? Lächerlich. Er brauchte Sasori nicht. Immerhin war Sasuke schon seit Anfang des Jahres nicht mehr da gewesen, hatte die Sitzungen einfach geschwänzt, weil er sie ebenfalls lächerlich fand. Er war seitdem wunderbar ohne den Rothaarigen ausgekommen. Trotzdem war da diese kleine Stimme in seinem Kopf, die ihn zuflüsterte, dass das nicht der Grund war. Er verweigerte die Sitzungen nicht, wegen der Inkompetenz des Psychologen. Das Problem war nicht Sasori und genau das war Problem. Denn wenn der Ältere es nicht war, wer dann? Sasuke selbst?

Zittrig atmete er aus. Er musste damit aufhören. Aber wenn er es tat, was war dann?

Er hatte schon einmal versucht es einfach beiseite zu schieben, mit dem Ergebnis, dass er Naruto eine verpasst hatte. Einfach so, ohne, dass der Schwarzhaarige es wirklich mitbekommen hatte. Eine Tatsache, die ihn auch jetzt noch beschäftigte. Er war kein Arzt, aber wenn er den Quellen aus dem Internet trauen konnte, dann hatte er wohl eine Panikattacke gehabt.

Er.

Ausgerechnet ein Uchiha.
 

Tief holte er Luft und stellte das Buch, nach dem er irgendwann wahllos gegriffen hatte, wieder zurück. Sasuke musste unbedingt damit aufhören, sich über so etwas Gedanken zu machen. Er sollte sich einen Dreck um die Werte und Idealvorstellungen des Familiennamens scheren. Er war gegangen. Sasuke war weggegangen, weil- Sein Gedanke brach ab. Nicht, weil es provozierte, sondern weil sich etwas anderes in den Vordergrund drängte. Ein Kribbeln in den Gliedern, das sich schnell zu einer unangenehmen Gänsehaut ausbreitete.
 

Sasuke fühlte sich beobachtet.
 

So unauffällig wie möglich sah er sich um, schlenderte dabei weiter die Bücherregale ab. Es waren einige Leute hier. Verschiedene Altersklassen, verschiedene Typen, aber er erkannte niemanden, der speziell ihn im Blick hatte. Der Schwarzhaarig wollte sich einreden, dass es nur ein Hirngespinst war, aber er konnte nicht. So sehr er es auch versuchte, die Gänsehaut und das ungute Gefühl blieben. Deshalb sah er sich weiter um, langsam. Griff ab und an nach einem Buch und blätterte darin, ohne wirklich die Worte zu greifen. Ganz egal wohin er ging, das Gefühl blieb, verfolgte ihm.

Sasuke wollte ruhig bleiben, das wollte er wirklich, aber er konnte nicht. Das erste was er bemerkte war das Zittern in seinen Händen. Danach seinen Herzschlag im Ohr. Das war genug, er wollte hier raus. Er musste hier raus.

So ruhig wie möglich steuerte er auf den Ausgang zu, bemerkte selbst, wie seine Schritte dabei immer schneller wurden. Der Uchiha ermahnte sich selbst. Wenn er jetzt einfach losstürmte, würde das noch viel mehr Aufsehen erregen. Also sah er nach draußen, suchte fast schon fieberhaft nach Naruto, der noch immer für diesen verdammten Crêpe anstehen müsste. Es dauerte einen kurzen Moment, aber dann endlich erkannte er das blonde Haar. Augenblicklich beruhigte er sich etwas und endlich konnte er sein Schritttempo wieder zügeln. Dennoch dauerte es nicht lange, bis er die Tür erreichte und kurz darauf wieder in das rege Treiben der Masse eintauchte.
 

Sasuke wich zur Seite aus, brachte Abstand zwischen sich und der breiten Glasfront. Erst als er sich an einem schmalen Streifen Mauerwerk anlehnte, erlaubte er sich tief durchzuatmen. Den Uzumaki ließ er dabei nicht einen Moment aus den Augen. Er gab ihm Sicherheit. Wenn Sasuke wirklich wollte, würde er nur rüber gehen müssen. Es waren nur ein paar Schritte, die sie voneinander trennten. Aber er wollte nicht. Fest biss der Uchiha sich auf die Unterlippe und verschränkte seine Arme. Fast schon gewaltsam presste er sich mit den Rücken gegen die Wand und verbat sich selbst jedwede Form der Überreaktion. Sasuke würde hier stehen bleiben und einfach auf seinen besten Freund warten, so wie ein ganz normaler Mensch und nicht wie irgendein kaputter Freak. Er musste sich nur weiter auf seine Atmung konzentrieren. Sich weiter davon überzeugen, dass es Einbildung gewesen war. Ein Hirngespinst, nichts weiter. Niemand hatte ihn beobachtet. Wieso auch? Ausgerechnet hier, lächerlich. Es war ein paranoider Schub gewesen, nichts weiter. Sein Kopf hatte ihm einen Streich gespielt. Nicht mehr und nicht weniger. Trotzdem kostete es ihn Überwindung seinen Blick zurück zum Eingang der Buchhandlung zu lenken. Der Schwarzhaarige sah nichts Besonderes, nur das übliche Gewusel von Kommenden und Gehenden. Dennoch brannte seine Gänsehaut geradezu schmerzhaft und jede Faser seines Körpers schien zum Zerreißen gespannt. Nachwehen, die seines Erachtens nach unnötig waren. Ihm würde nichts passieren. Erst recht nicht hier, inmitten von so vielen Menschen. Wiederholt atmete er tief durch und versuchte sich mit Logik weiterhin zu beruhigen.

Bis ihn etwas – jemand – am Arm berührte.
 

Heftig fuhr er zusammen, glaubte sogar seinen eigenen leisen Aufschrei zu hören. Wie verbrannt wich er einen großen Schritt zurück und fuhr zeitgleich mit dem Kopf herum. Jeder Muskel seines Körpers war zur Flucht bereit. Ein Reflex, der erst abklang, als zu ihm durchsickerte wer da eigentlich vor ihm stand.

Ein Kontrast aus Rot und Blau.

Sasori und Konan.
 

Er war wie erstarrt. Sasuke wollte Sasori nicht sehen, ihm nicht begegnen, besonders nicht mit so einer Reaktion wie gerade. Der Schwarzhaarige konnte beinahe schon spüren, wie dem Psychologen klar wurde, dass etwas nicht stimmte. Wahrscheinlich wurde er gerade von Kopf bis Fuß analysiert. Krampfhaft unterdrückte der er den Impuls nach Naruto zu sehen. Alles in ihm widerstrebte der Gedanke daran, dass der Blonde ein Teil hiervon werden würde. Was auch immer das hier gerade war.

„Na hoppla.“ Konan war die erste die das Wort ergriff. Heiter entschuldigte sie sich bei ihm, aber darauf konnte der Uchiha sich nicht konzentrieren. Viel zu intensiv lag der Blick des Rothaarigen auf ihm und Sasuke überkamen tatsächlich so etwas wie Schuldgefühle. Das war so...so...Sasuke fand einfach keine Worte dafür. Grotesk vielleicht, aber das erschien ihm zu kraftlos.
 

Sasori ist nicht das Problem. Immer wieder schoss ihm dieser Gedanke durch den Kopf und er machte ihn wütend. Natürlich war der Rothaarige das Problem. Allein schon, dass er ihn einfach nur anstarrte, ohne irgendetwas zu sagen. Nicht nur hier. Es war immer so gewesen. Jeder sah ihn ständig nur an, ohne etwas zu sagen. Keine Erklärungen, nur leere Worte und Lügen. Ja, darin waren sie alle ganz groß. Darauf konnte er getrost verzichten. Sasuke brauchte das nicht mehr – nein, er wollte das nicht mehr.

Verbissen erwiderte er den Blick des Älteren. Er würde nicht einknicken. Harsch sammelte er jedes Fragment von sich ein, was er finden konnte. Es war ihm egal wie falsch es sich anfühlte die kleinen Bruchstücke wieder zusammen zu setzten und das nach außen zu tragen, was ihm am sinnvollsten erschien. Gleichgültigkeit, Arroganz und der unterschwellige Hauch von Überlegenheit. Alles was er über Jahre hinweg in seiner Familie gelernt hatte. Es war egal, dass nichts davon echt war, in den seltensten Fällen war es das. Wichtig war nur, dass es die anderen einschüchterte und sie zum Rückzug zwang. Das hatte diese Attitüde immer getan und so sehr sich alles in ihm auch gegen diese Haltung sträubte, hielt Sasuke sie aufrecht. Die einzige die jedoch den Hauch einer Reaktion zeigte war Konan. Es war ein ungläubiges Auflachen und ein tonloses Gemurmel, welches er nicht richtig verstand. Das war aber auch nicht von belangen. Viel mehr wurmte es ihn, dass der Ältere keinerlei Reaktion zeigte. Sasori schien ganz und gar unbeeindruckt. „Ich habe dich in den letzten Sitzungen vermisst“, offenbarte er dem Schwarzhaarigen in neutralem Ton, „Auch die anderen haben angefangen sich zu sorgen.“

Sauke holte Luft, setzte gerade zu einer Erwiderung an, die mehr als verdeutlichen sollte, dass er den ganzen Schwachsinn nicht brauchte, dass er sehr wohl allein klarkam, aber jemand kam ihm zuvor.
 

„Wie bitte?“
 

Fast wäre er zusammengezuckt, aber nur fast. Es war ganz eindeutig Narutos Stimme und der Tonfall versetzte den Uchiha in Alarmbereitschaft. Er hätte gehen sollen, sich gar nicht erst so lange mit den beiden rumschlagen sollen. Dann wäre ihm das und das Kommende erspart geblieben. „Sitzungen wie in die Sitzungen, die dir Tsunade aufgebrummt hat?“ Genervt verdrehte der Schwarzhaarige bei der Frage die Augen, es war ein Impuls, den er einfach nicht unterdrücken konnte.
 

Das hier war nicht gut. Sasuke war sich sicher, dass er definitiv Kopfschmerzen bekommen würde, wenn er diese Situation nicht bald auflöste – und mit Auflösen meinte er gehen. Genervt drehte er sich also zu seinem besten Freund, der nun neben ihn stand. Die Süßspeise in dessen Hand wurde geflissentlich ignoriert, ein Umstand der gar nicht gut war. „Oh, gib mir nicht den Uchiha-Blick“, aus verengten Augen sah Naruto ihn an. Der andere war wütend, eindeutig.
 

„Ich denke es sind genau die Sitzungen“, warf Sasori ein und am liebsten hätte Sasuke ihm dafür den Crêpe ins Gesicht geschleudert. Das hier war schon schlimm genug, ohne dass der Psychologe sich einmischte. Besonders weil Naruto nun tatsächlich dem Ältesten ansah, ihm sogar die Hand reichte und sich verdammt nochmal mit dem Rothaarigen bekannt machte. Das war furchtbar, mehr als das. Der Schwarzhaarige hatte nie gewollt, dass Naruto ausgerechnet auf den Seelenklempner traf, schon gar nicht so. Eigentlich niemals. Denn das hier war nicht richtig. Sasori war ein Teil, denn Naruto nicht mitbekommen sollte. Ein abnormaler Teil der zwischen ihnen nichts zu suchen hatte. Sein Hals zog sich unangenehm zusammen. Sasuke wollte das hier nicht. Der Uzumaki war sein Freund, sein Stück Normalität. Keine dunklen Gedanken, nur Ruhe. Das würde er sich nicht kaputt machen lassen. Nicht so und schon gar nicht von dem rothaarigen Pfuscher. Er würde nicht zulassen, dass Naruto ein Teil davon werden würde. Nicht mehr als jetzt gerade. Es durfte einfach nicht mehr werden als dieses Vorstellen, aber ihm fiel einfach nichts ein, um diesen Moment aufzulösen. Kein bissiger Kommentar. Viel mehr hatte Sasuke das Gefühl, als würde ihm jemand die Kehle zuschnüren. Es war wie in einem schlechten Film, denn man einfach nicht ausschalten konnte. Dabei wollte der Uchiha genau das.
 

„Also Naruto, es wäre wirklich schön, wenn du Sasuke-„ Was auch immer es war, diese Worte rüttelten etwas im Schwarzhaarigen wach. „Nein.“, unterbrach er daher den Rothaarigen. Seine Stimme war viel zu laut, sorgte dafür, dass Naruto ihn überrascht ansah. „Naruto wird gar nichts und schon gar nicht für dich.“ Und dann tat er etwas, das gegen jedes seiner Verhaltensmuster sprach. Er packte den Blondschopf am Arm und zog ihn mit. Weg von Sasori. Weg von diesen Höllengemäuern. Einfach nur weg.
 

~
 

Sie redeten nicht miteinander. Weder auf der Rückfahrt, noch als sie wieder in der Wohnung ankamen. Die Stille war unangenehm, dennoch unterbrach er sie nicht. Nicht zuletzt, weil er einfach nicht gut in solchen Dingen war. Es war immer Narutos Stärke gewesen unangenehme Situationen aufzulösen. Situationen wie diese hier. Verübeln konnte der Schwarzhaarige es ihm jedoch nicht. Nicht nachdem was in dem Einkaufszentrum passiert war. Vielleicht sollte Sasuke sich entschuldigen? Für die Situation. Für sein Verhalten. Aber das konnte er nicht. Er schaffte es ja noch nicht einmal seinem Kindheitsfreund in die Augen zu sehen. Deshalb ließ er es lieber. Vielleicht, wenn er fest genug daran glaubte, würde sich das von allein wieder einrenken. Also tat er nichts gegen die Stille. Nicht am Nachmittag, nicht am Abend und auch nicht, als sie zu Bett gingen.

Es fühlte sich seltsam an neben Naruto zu liegen, nachdem sie sich Stundenlang angeschwiegen hatten. Allerdings war der Blondschopf nicht gegangen. Das war gut. Oder?
 

Es war dunkel. Nur ihr Atmen erfüllte das Schlafzimmer und zum ersten Mal fiel Sasuke auf, wie beruhigend die Wärme seines Kindheitsfreundes eigentlich war. Fest biss er sich auf die Unterlippe. Es musste gut sein zwischen ihnen. Es musste sich alles wieder einrenken, denn wenn er ehrlich war wollte er nicht, dass Naruto ging. Nicht jetzt und auch nicht in nächster Zeit.
 

„Reden wir darüber?“ Der Inhalt dieser Frage ließ ihn die Augen schließen. „Ich“, setzte er an, brach jedoch ab. Sasuke hatte keine Ahnung was er sagen sollte. Wie er es erklären sollte. Deshalb wurde es wieder still zwischen ihnen, obwohl der Uchiha das nicht wollte, ganz egal wie unangenehm das Gespräch wäre – und Naruto schien es zu merken, ihn zu verstehen. Das hatte der Blonde schon immer getan.

„Weißt du noch, als ich diesem Kabuto die Nase gebrochen habe?“ Irritiert blinzelte der Schwarzhaarige. Natürlich wusste er das noch. „Ja. Du bist fast von der Schule geflogen deswegen“, bestätigte er leise. Ein kurzes Schnauben von Naruto folgte. „Das war kurz nach dem Tod meiner Eltern. Ich war so wütend. Auf alles und jeden, aber weißt du auf wen ich am meisten wütend war?“ Es klang wie eine rhetorische Frage, trotzdem verneinte Sasuke.

„Auf den Schulpsychologen, mit dem ich reden sollte.“

Er wusste worauf das hier hinauslaufen würde, trotzdem schreckte Sasuke nicht zurück. „Und? Hast du trotzdem mit ihm geredet?“, hakte er nach.

„Nein.“ Nun war es an Sasuke zu Schnauben „Und weißt du warum?“

„Weil reden nichts besser macht“, antwortete er bitter.

„Nein“, warm schlossen sich die Finger Narutos um seine Hand und Sasuke ließ es zu, „Weil ich dich hatte. Ich hab mit dir geredet, weil ich nur mit dir reden konnte.“ Etwas in Sasuke schmolz, ließ ihn die Augen schließen und tief durchatmen. „Und nach jedem Mal war ich ein kleines Stück weniger wütend. Ich sage nicht, dass es einfach ist, oder dass es sich für einen selbst super richtig anfühlt, aber-“, Naruto brach ab und atmete einmal tief durch, ehe er sich vollends zu ihm umdrehte, „Es geht dir nicht gut und reden hilft.“

„Ich rede mit dir“, verteidigte Sasuke sich dünn, während er konzentriert an die Decke starrte. Viel zu deutlich spürte er den Blick aus den blauen Augen auf sich ruhen.

„Nicht so und das weißt du, Sas.“

„Ich rede mit dir“, wiederholte er sich.

„Okay, dann rede mit mir. Was ist passiert, bevor wir zu Tsunade gefahren sind?“ Er musste schlucken, als er spürte wie Naruto mit seinem Daumen sanft über seinen Handrücken strich. Es war eine Form der Nähe, die ihn erstaunlicherweise schon immer beruhigt hatte. Naruto schien instinktiv zu wissen wie er mit dem Schwarzhaarigen umgehen musste, wie er es schaffte seine Abwehr zu zerschmettern. Da war kein bissiger Kommentar auf Sasukes Lippen, kein Impuls zur Flucht. Naruto hatte recht. Der Blonde hatte immer mit ihm geredet, über alles. Er war immer ehrlich gewesen und Sasuke hatte es mit gleichem Vertrauen vergolten. Immer. Bis jetzt.

Wie Blei lag seine Zunge im Mund, seine Lippen fühlten sich an wie zugeklebt. Es ging nicht. Ganz egal wie sehr Sasuke es sich wünschte.

„Ich kann nicht“, brachte er mühsam hervor.

Noch immer strich der warme Daumen Narutos über seine Haut, beruhigte ihn weiterhin. „Das ist okay, Sas.“ Kaum merklich schüttelte er mit dem Kopf. „Es fühlt sich aber nicht okay an.“
 

Sanft verstärkte sich der Druck um seine Hand. Nur für einen kurzen, tröstenden Moment voller Verständnis. Es war Sasuke egal wie kitschig die ganze Situation gerade war. Sie fühlte sich…gut an.
 

„Rede mit Sasori, auch wenn dein Sturkopf dagegen ist. Was hast du schon zu verlieren?“ Ein sanftes Schmunzelt zupfte an Sasukes Mundwinkeln. „Und das von jemanden, der selbst nicht mit so nem Pfuscher geredet hat.“

„Tja“, erwiderte sein Nebenmann mit einem deutlichen Schmunzeln in der Stimme, „Ich würde dir ja meinen Beistand von damals empfehlen, aber der ist gerade auf unbestimmte Zeit im Urlaub.“

Sasukes Abwehr sank bei diesem Worten noch mehr.

„Ich mag Sasori nicht, er ist seltsam“, offenbarte er seinem besten Freund.

„Dann ist es auch nicht schlimm.“ Irritiert zog der Schwarzhaarige die Stirn in Falten und drehte seinen Kopf etwas, um Naruto ansehen zu können. „Wenn du ihn umbringst“, erwiderte der Blonde trocken. „Ich schwöre feierlich, dass ich dir dann auch helfe die Leiche zu entsorgen. Wir müssten noch nen alten Teppich im Keller haben. Da können wir den Toten dann drin einwickeln.“ Die Miene des Uzumaki blieb bei dieser Aussage so ernst, dass Sasuke einfach nicht anders konnte als tonlos aufzulachen. „Du bist so ein Idiot, Naruto.“ Das breite Grinsen, das ihm daraufhin entgegengebracht wurde, war geradezu blendend in der schummrigen Dunkelheit des Zimmers. „Aber ich bin dein Idiot.“
 

Sasuke musste Lächeln. Es war eine warme Geste, das konnte er geradezu spüren, aber es war ihm egal. Tief atmete er ein. Registrierte den beruhigenden Duft des Blonden und ließ sich ein Stück weit darin fallen. „Okay“, resignierte er und sah, wie das breite Lächeln des Blonden zufrieden abflaute, „Ich werde auch versuchen es aussehen zu lassen wie einen Unfall“, schob er mit ein.

„Zu gütig“, antwortete Naruto mit einem schelmischen Funkeln in den Augen und er konnte nicht anders, als drauf einzusteigen.

„Aber falls das auffliegt, werde ich dir die ganze Schuld in die Schuhe schieben.“

Amüsiert hob Naruto die Augenbrauen. „Wir wissen beide, dass du das nicht tun würdest.“

„Doch“, widersprach er, „Denn im Gegensatz zu dir, sehe ich wirklich zu gut aus fürs Gefängnis.“
 

Das Lachen, welches der Blonde daraufhin ausstieß, war hell. Keine Abneigung, keine Wut, nur ehrliches Vergnügen. „Du bist so ein Miststück, Sas. Aber weißt du was? Du bist mein Miststück.“

Und auch wenn Sasuke daraufhin genervt mit den Augen rollte, verriet ihm das warme Prickeln in seinem Körper, dass er damit sehr gut leben konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das wars auch schon mit dem ersten Kapitel. :)
Und ein besonderer Dank an:

sheep_chan
Marylina
Kagome1989


für eure Kommentare zum Prolog. Ich habe mich rießig darüber gefreut! :)
Wenn ihr mögt, bist zum nächsten Mal.

Liebe Grüße,
Fumiko Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es auch schon wieder, ich hoffe es hat euch gefallen.
Auch dieses Mal möchte ich mich bedanken und zwar bei:

Kagome1989
LaLobaLoca
sheep_chan
NaruSasu90


Danke für eure Kommentare zum letzten Kapitel. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es auch schon wieder. :)
Leider auch mit dem Wettbewerb, der nun ausgelaufen ist. Zwar habe ich es nicht geschafft diese FF bis zum Einsendeschluss fertig zu schreiben, aber natürlich werde ich die Arbeit nicht einstellen! Es macht mit unheimliche Freude dieses Thematik schriftlich zu skizzieren und in Bahnen zu lenken, die mir meine Phantasie vorgibt.
Aber genug von meinem Geschwafel! Ich möchte mich auch dieses Mal wieder ganz herzlich bedanken. Und zwar bei:

Kagome1989
LaLobaLoca
sheep_chan
Mickimaus8


Für eure Kommentare zum letzten Kapitel. Vielen, vielen lieben Dank, ich habe mich wirklich über jeden einzelnen gefreut.
Bis zum nächsten Mal (wenn ihr mögt),
eure Fumiko Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es auch schon wieder. Das nächste Kapitel wird länger versprochen!
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei:

Kagome1989
Mickimaus8
NaruSasu90
sheep_chan
LaLobaLoca
Nicky_Chan17


Danke für eure Kommentare zum letzten Kapitel! Ich habe mich über jeden einzelnen sehr gefreut. :)
Bis zum nächsten Mal (wenn ihr mögt),
Fumiko Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich bin wieder da! :)
Entschuldigt bitte, dass das so lange gedauert hat. Meine Kreativität hatte sich irgendwo vergraben, dann hab ich noch die Uni gewechselt und auf der Arbeit war auch die Sau los. Ich kam nicht einmal dazu andere FF zu lesen geschweige denn zu kommentieren. >.<
Aber genug geschwafelt! Es ist Zeit für ein Dankeschön und zwar an:

naruhinaxXx
NaruSasu90
Cute_Sasu
Kagome1989
Kagome1989
sheep_chan
LaMarylina

Für eure super lieben Kommentare zum letzten Kapitel. Ich habe mich sehr darüber gefreut, danke. :)

Ein besonderes Danke gilt dieses Mal:
Cute_Sasu

Für den ersten Platz bei deinem Wettbewerb. Es ist zwar schon etwas her, aber ich kann es immer noch nicht so ganz fassen. Danke, danke, danke. :)

Also dann meine Lieben, bis zum nächsten mal, wenn ihr denn mögt. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es ist geschafft, ein neues Kapitel! Auch wenn es recht kurz geworden ist und vielleicht auch eher als Filler durchgeht...ich wollte diese Szene unbedingt schreiben.
Aber ab den nächsten Kapitel kommt wieder mehr Handlung ins Spiel, ehrlich. :)
Wenn ihr also mögt: Bis zum nächsten Mal. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (41)
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Von:  Scorbion1984
2020-09-11T19:45:01+00:00 11.09.2020 21:45
So jetzt habe ich nochmal alle Kapitel gelesen ,wusste doch nicht mehr so richtig worum es hier geht .
Also ist Itachi immer noch nicht aufgetaucht bei ihm ,aber weiss er was Sasuke von seinem Vater erdulden musste ,seit seinem Weggang ?
Irgendwie hat Fugako aber auch einen ganz schönen Knall ,den sollten sie mal einliefern und den Schlüssel wegschmeißen.
Von:  Nicky_Chan17
2019-07-29T06:39:10+00:00 29.07.2019 08:39
Wunderschönes und sehr trauriges Kapitel, aber Sasuke fängt an sich zu öffnen jemandem dem er anfängt zu vertrauen
Ist wirklich schön zu lesen :)
Freue mich sehr darüber das so einge gute Story weiter geführt wird *-*


Von:  Scorbion1984
2019-07-28T11:33:58+00:00 28.07.2019 13:33
Trauriges Kapitel ,es ist aber gut das er sich nun Naruto anvertraut ! Sich alles von der Seele reden ,bei einem der zuhört ,ist schon die halbe Miete ,wie ich immer sage !
Von:  Scorbion1984
2019-07-19T14:23:21+00:00 19.07.2019 16:23
Ich bin richtig mit gegangen ,so hat mich dieses Kapitel gefesselt !
Sehr spannend geschrieben ,Sasuke war aber sehr dicht am Abgrund ,Naruto hat das bestimmt ebenfalls erschreckt !
Antwort von:  Lilithen
21.07.2019 12:40
Vielen lieben Dank für dein Lob!
Es freut mich wirklich sehr, dass dir das Kapitel gefallen hat und du davon gefesselt warst :) Ich hatte beim schreiben schon ein bisschen Mitleid mit den beiden, aber (nachdem ich endlich richtig drin war) hat sich das irgendwie selbstständig gemacht ^^;

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, ich hoffe sehr, dass dir das nächste Kapitel auch gefallen wir :)

Liebe Grüße,

Lilithen
Von:  Nicky_Chan17
2019-03-27T14:44:06+00:00 27.03.2019 15:44
Das ist so klasse das du an dieser Geschichte weiter schreibst habe sie zwar erstmal noch mal lesen müssen aber das war nicht schlimm wenn es eine gute Story ist kann man es 10mal lesen :D
Jedenfalls klasse Kapitel endlich ist Sasuke ausgerastet und dann trifft er gleich noch auf seinen Vater armer Kerl zum Glück waren die anderen da
Schreib weiter freue mich über jedes Kapitel egal wann es kommt :D
Von:  emymoritz
2019-02-16T11:19:29+00:00 16.02.2019 12:19
Das wird doch wohl nicht ita seine Wohnung sein armer sasu was er durch machen muss ich hoffe die Brüder finden wieder zusammen weiter so
Von: abgemeldet
2017-05-22T16:22:13+00:00 22.05.2017 18:22
Ich habe die ff gerade für mich entdeckt .
und ich muss sagen das sie einfach nur toll ist .
Von:  Scorbion1984
2017-04-27T16:35:04+00:00 27.04.2017 18:35
Tolles Kapitel ,dunkel habe ich die Geschichte noch in Erinnerung !
Muss mich am Wochenende wieder erst in diese Geschichte reinlesen ,schön ist es das Du weiter schreibst ,ich hoffe das es nicht bei diesem einen Kapitel bleibt !
Von: abgemeldet
2016-06-29T08:12:45+00:00 29.06.2016 10:12
Soo jetzt kommentier ich hier gleich weiter ;D

Das macht doch nichts, wenn es kurz geworden ist - gut muss es sein und das ist es! ;D

Ich kann nicht oft genug sagen, wie schön du immer alles beschreibst! Sasukes Gefühle, seine Handlungen, die Umgebung ... du schreibst das jedes Mal aufs Neue wirklich wirklich großartig und ich zergehe immer vor Neid ;P

Im Großen und Ganzen finde ich dieses Kapitel bittersüß traurig ... Der Anfang war sehr drückend zu lesen, weil es Sasuke so schlecht geht, er Angst hat und sich einfach unwohl fühlt und du bringst das richtig gut rüber. Dann aber hat sich die Stimmung mit Naruto wieder aufgelockert und gegen Ende hin fand ich es echt süß. Besonders, weil Sasuke in dieses mehr oder weniger bockige Verhalten zurückfällt, was deutlich zeigt, dass er sich bei Naruto wohl und sicher fühlt. Wieder etwas, was du so toll beschreibst :D

Ich liebe diese Geschichte immer noch, genauso sehr wie ich Mondgeflüster liebe ;D Und ich freu mich schon seeeeehr aufs nächste Kapitel, bin gespannt wies weitergeht! :D

Ganz liebe Grüße,
Marie
Von:  Scorbion1984
2016-06-07T04:52:08+00:00 07.06.2016 06:52
Kann Sasuke wirklich geschützt werden ? Auf so einen Vater kann man wirklich verzichten ,der gehört eingesperrt ! Vielleicht hat er mit Itachi das gleiche gemacht ,darum ist er weg !


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