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Vierter Teil: Wir leben!

Fortsetzung von "Dkmnudhdm", "GiKuS" und "DLdW"
von

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Wege zum Glück

"Bitteschön." Grinsend stellte Joey eine Tasse Kakao vor dem Jungen ab, dem die Haare zerzaust zu Berge standen. Mit müden Augen starrte Mokuba auf die Tasse, gähnte und tastete nach ihr. Joey war in der Zwischenzeit mit seinem dritten Kaffee beschäftigt, nippte an der Tasse und ließ sich Mokuba gegenüber nieder, während Kurai den bereits leeren Fressnapf mit der Schnauze über die Fliesen schob.

Nun war also auch der Junge aus den Federn gekrochen und Joey hatte sich, bis es soweit gewesen war, im Poolraum aufgehalten. Während er einige Bahnen gekrault war, hatte Kurai lieber geschlafen und jetzt saßen sie hier und Mokuba kratzte am Henkel der Tasse. An seinen Augen konnte man erkennen, dass er noch nicht vollständig anwesend war und dazu wohl noch eine Weile benötigte. Joey unterdrückte ein Gähnen, leerte die Tasse mit einem großen Schluck und sah sich unentschlossen um. Ihm fehlte jegliche Lust, sich mit einem langweiligen Schulfest zu beschäftigen. Viel lieber wollte er sich mit Ace und Duke treffen, um sich endlich an Vorbereitungen setzen zu können. Er rümpfte die Nase und starrte trübe in die leere Tasse. Dagegen... wirkte das Schulfest in diesem Moment etwas realistischer.

Ach, wie deprimierend.

Er schüttelte verwerfend den Kopf, zog die Nase hoch und rutschte vom Stuhl.

"Wo ist Seto?", nuschelte Mokuba in diesem Moment und der Blonde drehte sich kurz zu ihm um. Ein knapper nachdenklicher Blick streifte den Jungen, bevor Joey tief Luft holte und seinen Weg zum Kühlschrank fortsetzte.

"Wo ist er wohl?", antwortete er ihm scherzend. "In der Firma. Also da, wo er immer ist."

"Ach... mm...", Mokuba blinzelte, zupfte an seinem blauen Pyjama und schloss beide Hände um die Tasse. Leise klirrten die Flaschen, als Joey den Kühlschrank öffnete. Abermals lugte er zu Mokuba zurück und grübelte kurz.

"Weißt du...", fix klaute er sich einen O-Saft, schloss den Kühlschrank schwungvoll und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Verschmitzt grinste er und Mokuba blinzelte zu ihm, "... wärst du nicht so ein Langschläfer, dann hättest du ihn vielleicht noch erwischt. Vor zehn Minuten ist er weg und hat heute viel Arbeit vor sich. Außerdem... Kurai." Stöhnend ging Joey in die Knie und zog diesem den Fressnapf fort. Dieses dauerhafte Gequietsche musste nicht sein und am frühen Morgen erst recht nicht.

"Joey!" Plötzlich rang Mokuba nach Luft und als der Angesprochene aufblickte, wurde er mit großen Augen angestarrt. "Aber heute ist doch Elternabend!"

"Was?" Joey hob die Augenbrauen, doch des Rätsels Lösung fanden sie schnell und einige Sekunden vergingen, in denen sie sich erschrocken ansahen. Dann unterbrach Mokuba die Atmosphäre und zog einen Schmollmund.

"Er kommt doch heute Abend wieder? Er hat gesagt, diesmal er geht hin."

"Eh...", unentschlossen öffnete Joey den Mund, bewegte ihn stumm und schloß ihn wieder.

>Mein gesamtes Vermögen darauf, dass er es schon längst vergessen hat.<

Letztendlich blähte er die Wangen auf, befreite sein Hosenbein aus Kurais Schnauze und stützte sich seufzend neben Mokuba auf den Tisch.

"Weißt du was?", lächelte er. "Jetzt machst du dich erst einmal fertig und dann bringe ich dich zur Schule. Und danach...", er hob den Zeigefinger und Mokuba gähnte, dass ihm beinahe der Unterkiefer abfiel, "... danach sehen wir weiter."
 

Mit Kaffee Nummer vier schlenderte Joey in der Gruppe durch die gefüllten Schulgänge. Überall wurde gelacht und geredet und Eltern tummelten sich unter den Schülern, die an vielen Ständen ihre Werke aus den praktischen Fächern präsentierten. Nicht weniger beliebt waren die Kuchenstände, zu denen sie nun unterwegs waren. Im Gegensatz zu Joey waren Tristan, Tea, Yugi und Bakura heiter und erfreuten sich an dem entspannten und schulfreien Tag. Aufmerksam besahen sie sich die Stände und kamen bei den Eindrücken beinahe nie dazu, ihre Münder zu schließen. Tea kicherte, Yugi lachte, Tristan quatschte und Bakura brummte. Nur flüchtig besah sich Joey die Bilder der jüngeren Schüler, hob den Kaffee zum Mund und versuchte die Müdigkeit mit einem weiteren großen Schluck zu bekämpfen. Es war nicht leicht...

Und immer wieder der Gedanke: >Wäre schön, wenn er da wäre... auch, wenn es ihn vermutlich furchtbar langweilen würde.<

Doch Kaiba war nicht hier und würde auch nicht mehr kommen. Also mussten sie sich die Zeit alleine vertreiben und wenn man es recht bedachte, genügte schon ein langes Gesicht an diesem herrlichen Tag. Heiter führten die Schüler ihre Eltern durch die ihnen vertrauten Gänge, stellten Lehrer vor und ließen die Eltern gern an allem teilhaben. Joey gab sich einem Gähnen hin, rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf.

>Ich habe es wohl übertrieben.< Auch einer der Gedanken, die ihm öfter kamen. >Morgens um drei gehört man in's Bett und nicht auf die Bühne einer Bar.<

"Schaut euch das an!", juchzte Tea und die Gruppe schwenkte zu einem Kuchenstand um. "Oh mein Gott!" Mit großen Augen besah sie sich die Leckereien und suchte nebenbei schon nach ihrer Brieftasche. "Da werde ich schon beim Anblick weich." Woraufhin sie schwer seufzte und sich ihrer Schwäche ergab.

Etwas teilnahmslos blieb Joey neben dem chronisch teilnahmslosen Bakura stehen und verfolgte, wie auch Tristan und Yugi Teas Beispiel folgten. Die Hand in der Hosentasche, mit der anderen den Kaffee in der Tasse schwenkend, bearbeitete Joey die Unterlippe mit den Zähnen und sah sich um.

Heute um einen Job erleichtert und vermutlich gleich wieder um einen reicher... nun setzte er sich auch mit Mokubas Anliegen außeinander und kam nicht umhin, sich Gedanken darüber zu machen, was mit dem Elternabend passieren sollte. Falls da aus der Richtung Familie Kaiba überhaupt etwas passierte.

"Schau!"

Als Joey wieder zu sich kam, wurde ein Stück Schokoladentorte vor seinem Gesicht bewegt und der Geruch strömte in seine Nase, als würde der Kuchen regelrecht darum bitten, vernichtet zu werden. Grinsend verfolgte Tea, wie der Blonde die Brauen hob.

"Joey! Verdammt, jetzt reiss dich mal zusammen!" Stürmisch legte sich ein Arm um den Hals des Blonden und der Kaffee schwapperte aus der Tasse, als Joey kameradschaftlich von Tristan angerempelt wurde.

"Au!"

"Zieh nicht so ein Gesicht, mensch! Heute ist ein..."

"Ich hab mir die Hand verbrannt!", flehte Joey, als er einen nahenden Schwitzkasten spürte. "Ich bin verletzt, wie kannst du nur!"

"Tristan", meldete sich auch Yugi seufzend zu Wort. "Lass ihn doch in Ruhe, er ist müde."

Hastig hob Joey den Kopf und nickte. Und endlich ließ Tristan ihn los.

"Nein, ehrlich." Tea stemmte eine Hand in die Hüfte und bewegte den Kuchen in der Luft. "Wir wollten doch heute Spaß haben und faul sein."

"Sag das nicht!" Erschrocken hob Tristan die Hand. "Das fasst er ganz schnell falsch auf und dann schläft er noch!"

Überfordert blähte Joey die Wangen auf und schüttelte den Kaffee von der Hand.

"Das meinte ich doch gar nicht", wandte sich Tea nebenbei an Tristan und Yugi betastete seinen Kuchen mit den Fingern, während Bakura ein Buch aus seinem Rucksack zog. "Ich dachte nur, wir mischen uns ein bisschen unter die Leute und sind gut drauf, aber jetzt ist Joey..."

"Wir sind doch unter den Leuten!" Tristan schnitt eine Grimasse und Tea plusterte sich auf.

"Unterbrich mich nicht!", schniefte sie gekränkt und Joey starrte unentschlossen auf seine nasse Hand. "Wir sind hier unter Leuten, stimmt."

"Siehst du?", triumphierte Tristan.

"Du sollst mich nicht unterbrechen!"

"Eh...", nachdenklich wandte sich Joey an Bakura, "hättest du mal..."

"Gut gut", stöhnte Tristan. "Also?"

"Also was?", erwiderte Tea, die so früh am Morgen auch leicht entzündbar war. "Wir wollten außerdem gut drauf sein und das können wir nicht, weil Joey total übermüdet ist und das weil... ja, warum eigentlich?" Sie weitete die Augen, presste die Lippen aufeinander und wandte sich an den Blonden, der dankend nach einem Taschentuch griff. "Warum bist du müde, Joey?"

"Mm." Lustlos begann Joey seine Hand abzutrocknen und Tea wandte sich wieder an Tristan.

"Siehst du?", sagte sie überzeugt.

"Was sehe ich?"

"Gehen wir in den Musikraum?", mischte sich plötzlich Yugis Stimme in das Streitgespräch und sofort verstummten beide. Mit großen Augen starrte der Junge nach oben und piepelte eine Ecke des Kuchens ab. "Da stellen sie Instrumente aus."

"Gehen wir", murmelte Bakura und schlenderte schon vorbei.

"Eh..." Tea räusperte sich. "In Ordnung...?"

"Weißt du, was du jetzt machst?" Joey traf ein weiterer Schlag an der Schulter und fasziniert verfolgten die braunen Augen, wie der Kaffee erneut aus der Tasse schwappte und über seine Haut rann. Grinsend rüttelte Tristan an ihm. "Du gehst in's Bad, wäschst dir das Gesicht und kommst hoch, sobald du vollständig erwacht bist."

"Okay." Joey rümpfte die Nase und starrte weiterhin auf die Tasse.

Ging denn heute alles schief...?

Lachend und scherzend kehrte ihm Tristan auch schon den Rücken und die Gruppe war kurz darauf in der Menge verschwunden. Und Joey musste sich eingestehen... er fand es nicht sonderlich schlimm, nun alleine hierzustehen. Seine Lippen formten stumme Flüche, als er die Tasse abermals in die andere Hand wendete, die Nasse schüttelte und mit dem Taschentuch kämpfte. Aber Tristans Vorschlag...

>Gute Idee.<

Gemächlich drehte er sich um, blickte kurz auf und hielt inne, als seine Augen einen bestimmten Punkt streiften. Langsam ließ er den Kaffee sinken, verzog die Brauen und legte den Kopf schief. Ein schwarzer Schopf hatte dort in der Menge seine Aufmerksamkeit geweckt. Ein letztes Mal wendete Joey das Taschentuch in der Hand, runzelte die Stirn und ging los. Zielgerichtet bahnte er sich einen Weg durch die Menge, hielt immer wieder Ausschau und mit jedem Augenblick wurde seine Miene mehr und mehr von purer Verblüffung befallen. Seine Brauen hoben sich, als er einem Ehepaar auswich und das letzte Stück des Weges hinter sich brachte.

Entspannt besah sich Duke die aus Ton gefertigten Figuren, ließ kurz die Hände in den Taschen seines Baumwollmantels verschwinden und blickte auf, als der Blonde vor ihm zum stehen kam. Überrascht öffnete er den Mund, begrüßte Joey dann jedoch mit einem Grinsen und hob die Hand.

"Morgen."

Wortlos sah dieser ihn an, neigte den Kopf zur Seite und brachte ein unentschlossenes Murmeln hervor. Dukes Grinsen schwächte zu einem Lächeln ab, als er wie Joey den Kopf senkte und an sich hinunterblickte. Unsicher klammerten sich die Hände des kleinen Mädchens in den Stoff seines Mantels und als der Blonde den Blick sinken ließ, verschwand ein schwarzer Schopf hinter Duke und es waren nur noch hellblaue, kleine Stiefel und eine bunt gestreifte Strumpfhose zu erkennen. Kleine Füße, die sich aufgeregt bewegten, sich an Ort und Stelle vertraten. Joey bekam immer noch kein Wort hervor, als er sich die kleine Hand betrachtete, die sich aus dem Stoff des Mantels löste und ebenso dahinter verschwand, wie der Rest des Kindes. Mit großen Augen starrte er wieder auf die Stiefel und Duke hob flüchtig die Hand, bevor er sich hinabneigte und drehte. Er kehrte Joey kurz den Rücken und dieser traute seinen Augen immernoch nicht.

"Evangeline...", hörte er Duke behutsam flüstern, "... komm mal her, ich möchte dir jemanden vorstellen. Komm... nur keine Angst."

Er raunte noch etwas Unverständliches und als er sich Joey wieder zuwandte, zog er vorsichtig die kleine Hand mit sich und zögerlich trat ein kleines schwarzhaariges Mädchen neben ihn, sah den Blonden nur flüchtig an und klammerte sich erneut in den Mantel seines Bruders.

"Joey, darf ich vorstellen? Meine Schwester." Lächelnd umfasste Duke die Hand des Mädchens sicherer, ging in die Knie und legte den Arm um das Kind. "Evangeline? Schau mal, das ist Joey, einer meiner besten Freunde."

Abermals erblickte Joey die grünen Augen, die ihn etwas schreckhaft streiften und unter einem trotzigen Brummen lehnte sich das Mädchen gegen Duke und klammerte sich wieder in seinen Mantel.

Über der bunten Strumpfhose trug sie ein kurzes, niedliches Röckchen. Eine rosa Jacke wärmte ihren Körper und hinter einem kuscheligen, weißen Schal verbarg sie ihre Nase und versteckte sich. In der Zwischenzeit hatte Joey es geschafft, den Mund zu schließen. Irritiert wechselten seine Pupillen von einer Seite zur anderen, bevor er knapp den Kopf schüttelte und vor Duke in die Knie ging. Wieder sah er das ängstliche, kleine Mädchen an und wandte sich an den Schwarzhaarigen.

"Duke", flüsterte er angespannt. "Seit wann hast du eine Schwester?"

"Lange Geschichte." Duke wirkte sehr ruhig, als er die Jacke des Mädchens zurechtzog und die Hand auf dem schwarzen, zu zwei Zöpfen geflochtenen Haar bettete. "Die kann ich dir erzählen, wenn wir Zeit und Ruhe haben."

"Aber..."

"Joey." Duke sah ihn abschätzend an. "Tatsache ist, ich habe sie aufgenommen und sie wird bei mir bleiben."

Sprachlos starrte Joey zurück, brummend kuschelte sich das Mädchen an Dukes Brust und zog am Mantel.

"Warst du deswegen nicht in der Schule?" Stockend stellte Joey die Tasse ab. "Was ist denn passiert?"

"Viel", versicherte Duke und weitete die Augen. "Sehr viel. Lass uns irgendwo anders hingehen, ja?"

"Sicher." Sofort nickte Joey und tastete nach der Tasse. Auch Duke wollte schon aufstehen, hielt jedoch inne.

"Ach, weißt du, wo Kaiba ist?"

"Arbeiten", seufzte Joey und kam auf die Beine. "Der kommt heute nicht und morgen vielleicht auch nicht. Hat viel zu tun."

"Oh..." nachdenklich nickte Duke, "... okay."

Somit fasste er das Mädchen unter den Armen, stand auf und hob sie hoch. Sicher stützte er sie mit dem Arm, sofort wurde sein Hals umklammert und unsicher wühlte sich eines der grünen Augen frei und durchmusterte die Umgebung.

"Wo sind die anderen?" Duke raffte sie höher, zog erneut an der kleinen rosanen Jacke und folgte Joey durch die Menge.

"Oben im Musikraum", erhielt er zur Antwort. "Ich wollte eigentlich nachkommen... egal." Überfordert verdrehte Joey die Augen, stellte die Tasse auf der nächstbesten Ablage ab und hob die Hand. "Gehen wir raus?"
 

Entspannt ließen sie sich auf einer der Bänke nieder, die sich im hintersten Teil des Gartens versteckten und kaum besucht waren. Nur selten näherte sich ein Besucher dem Ort und so waren sie weitestgehend ungestört.

Duke nahm das Mädchen auf den Schoß und es war, als würde ihr alles in der Umwelt Angst einjagen, so permanent haftete sie an ihm, klammerte sich an ihn und sah nur selten zu Joey, der sich kaum regte und Dukes Erzählung lauschte. Unschlüssig verzog der Blonde die Miene, starrte Duke erschüttert an und schluckte schwer. Die Geschichte klang, als entsprünge sie der Feder eines Horrorfilm-Reggiseurs... öfter blähte Joey die Wangen auf, schüttelte stumm den Kopf und verschränkte die Arme vor dem Bauch.

"So habe ich es also erfahren", seufzte Duke und lehnte sich langsam zurück. Joey nickte schweigsam, rieb sich die Stirn und presste die Lippen aufeinander. Kurz schwiegen sie beide, bis Joey eine Grimasse schnitt.

"Aber warum hast du mir denn nichts gesagt?" Flehend starrte er seinen Gegenüber an und gestikulierte mit den Händen. "Mein Gott, ich hätte dir doch sofort geholfen. Das weißt du."

"Ja." Duke senkte die Lider und nickte bedauernd. "Um ehrlich zu sein, wollte ich dich auch aufsuchen und mit dir reden, aber..."

"Aber?" Joey lehnte sich zu ihm und Duke erwiderte seinen Blick nachdenklich.

"... du warst nicht da."

"Wann war denn das?", fragte der Blonde vorsichtig und die Beine des Mädchens begannen sich zu bewegen. Sie hoben sich und ruderten in der Luft.

"Ich... meine Güte, ich weiß es nicht." Duke lachte leise auf. "Den genauen Tag kann ich dir weiß Gott nicht mehr sagen. In letzter Zeit war alles etwas durcheinander, weißt du?"

"Verdammt, das tut mir so leid." Joey zog die Füße auf die Bank und umschlang die Knie mit den Armen. "Und hast du dich an irgendjemand anderes wenden können? Hat dir jemand geholfen? Wie hast du das geschafft?"

"Mm...", ein zögerliches Grinsen zog an Dukes Mund, als er den Blick abwandte, nach unten starrte und mit den Schultern zuckte.

"Was?" Joey verstand nicht. "Was ist denn?"

Dukes Grinsen vertiefte sich. "Um ehrlich zu sein, wollte ich mich an niemanden außer dich wenden. Aber es gab jemanden, der hat sich an MICH gewendet und war mir eine verdammt große Hilfe."

"Wer?" Joey wurde hellhörig. "Tristan? Yugi? Tea? Bakura? Nein warte", er rümpfte die Nase, "die wussten ja auch von nichts."

Verschmitzt bearbeitete Duke die Unterlippe mit den Zähnen, sah auf und fixierte Joey abwartend. Grübelnd starrte der Blonde zurück, schüttelte unschlüssig den Kopf und juckte sich am Kinn. Dukes Brauen hoben sich erwartungsvoll und Joey presste die Lippen aufeinander, spreizte die Finger und wandte den Blick ab, um sich flüchtig umzuschauen. Und es dauerte nicht lange, da entspannte sich sein Gesicht. Er hielt inne, öffnete den Mund und sah zu Duke zurück, der seine entsetzte Miene mit einem zustimmenden Nicken kommentierte. Joeys Augen weiteten sich.

"Nein...", hauchte er ungläublig, doch Duke nickte erneut. Stockend löste Joey die Arme von den Knien und beugte sich näher.

"Er?"

"Genau der."

"Das... das glaube ich nicht!" Joey lachte auf. "Er hat mir gesagt, du wärst krank."

"Tja." Duke zuckte mit den Schultern und Joey presste sich die Hand auf den Mund, schüttelte wieder und wieder den Kopf und kam nicht aus dem Lachen. Plötzlich begann sich Evangeline zu regen. Sie richtete sich auf dem Schoß ihres Bruders auf, hob die Hände und streckte die Arme in eine Richtung. Sofort wurde Duke aufmerksam, drehte sich um und erspähte eine junge Frau, die dem kleinen Mädchen aufgefallen war. In eiligen Schritten kam Shanaya über den Schulhof auf sie zu und Duke lachte leise auf.

"Wer ist denn da?" Grinsend schmiegte er sich an das Gesicht des Mädchens und dieses quiekte leise auf. Joey verfolgte, wie Duke sie auf den Boden setzte.

"Na dann mal los, hol sie dir."

Und schon tapste das kleine Mädchen los und Shanaya streckte ihr die Arme entgegen. Die beiden jungen Männer verfolgten das Geschehen kurz, bevor sie sich zueinander wandten. Joey grinste zufrieden.

"Und sie hilft dir bei der Kleinen?"

"Ja." Duke streckte die Arme von sich und verschränkte sie vor dem Bauch. Er wirkte glücklich; in nicht allzu weiter Entfernung ertönte ein leises Juchzen, als Evangeline Shanaya erreichte und auf den Arm genommen wurde. Joey beschattete die Augen mit der Hand, holte tief Luft und lehnte sich zurück.

"Ich freue mich für dich."
 

Entspannt umschlossen die gepflegten Zähne den schwarzen Füller, während die blaugrauen Augen das oberste Blatt eines Blocks studierten. Charlie verzog die Augenbrauen, legte den Kopf schief und griff unter einem ruhigen Nicken nach dem Füller, um in säuberlicher Handschrift die Hausaufgaben zuende zu führen.

Bequem saß er auf einem großen, weißen Teppich, umgeben von Schulbüchern, Taschenrechnern und Stiften, ging er seinen Pflichten nach. Um ihn herum erstreckte sich ein gewaltiger Raum mit hohen Fenstern und modischer Einrichtung. Schränke, gefüllt mit Büchern und Notizen erstreckten sich bis unter die hohe Decke, der Schreibtisch war überfüllt mit Akten, Blöcken, Büchern und anderen Utensilien, mit denen es sich besser lernen ließ. Geschmackvolle Lampen tauchten die teils dunkelblaue Wand in einen angenehmen Schein und hinter dem Gitter eines riesigen Käfigs tapsten zwei bunte, exotische Vögel auf dünnen Holzstangen ihrer Wege. Das Zimmer des jungen Mannes befand sich im Erdgeschoss der voluminösen Villa, die Äste des Kirschbaumes neigten sich bei leichten Windbrisen vor das Glas seiner Fenster.

Ace presste die Lippen aufeinander, saß ihm gegenüber und wippte den Bleistift zwischen Zeige- und Mittelfinger.

"Mm...", Charlie hielt inne, schnalzte mit der Zunge und hob den Kopf, um Ace anzusehen. Zufällig wurde dieser auf die Beobachtung aufmerksam, starrte zurück und zupfte nachlässig an der säuberlichen, schwarzen Schuluniform.

"Was ist?"

Charlie holte tief Luft, streckte den Kopf nach vorn und verengte die Augen.

"Ist dir schon einmal aufgefallen...", raunte er geheimnisvoll und Ace hob die Augenbrauen, "... dass es nichts langweiligeres gibt, als die Singulärwertzerlegung?"

Unter einem leisen Lachen ließ Ace den Stift sinken.

"Lass uns die Sache einfach hinter uns bringen." Er blähte die Wangen auf, zückte den Bleistift und wandte sich seiner Aufgabe zu. Charlie tat es ihm gleich. "Die allgemeine Form eines Ausgleichproblems ist..."

"AX-B=min", raunte Charlie und Ace hob flüchtig den Stift.

"Bingo, mein Lieber. Es wird ein Vektor X gesucht, der im Sinne des quadratischen Fehlers das überbestimmte Gleichungssystem optimal löst."

Charlie kratzte sich mit dem Füller am Kinn.

"Mit Hilfe der Normalengleichungen erhält man nur dann eine Lösung", las er dann etwas lustlos weiter, "wenn A keinen Rangverlust erleidet, also keine redundanten Spalten besitzt."

"Meine Lösung", murmelte Ace und gemächlich tauschten sie die Blöcke aus. Eine kurze Stille brach über sie herein, als sie die Rechnungen studierten und kurz darauf verzog Charlie die Miene.

"U ist eine unitäre Matrix", erläuterte er. "Also bleibt die Norm des Vektors bei der Multiplikation mit Ut invariant."

"Dann ist deine Gleichung wohl die Korrekte", seufzte Ace und ließ grinsend den Kopf durchhängen. "Ich befürchte fast, du wirst immer der Begabtere von uns beiden bleiben."

Charlie gluckste leise, ließ den Füller fallen und lehnte sich unter einem müden Seufzen zurück. Er stemmte sich auf die Arme, streckte die Beine von sich und beobachtete Ace verschmitzt.

"Weißt du was?", entschloss sich dieser und legte den Block zur Seite. "Ich mache das Zuhause."

Charlie grinste, befreite einen Fuß aus den kuscheligen Hauspantoffeln und beobachtete seine Zehen, die sich streckte und spreizten. Währenddessen wurde er selbst in's Visier genommen und Ace bewegte sich langsam, als er sich auf die Knie erhob, sich auf allen Vieren durch die Materlialien schlängelte und seinen Freund erreichte. Träge ließ sich dieser zurückfallen, streckte die Beine durch und bettete den Hinterkopf bequem auf den Armen, die er unter ihm verschränkte. So schürzte er die Lippen und verfolgte die Bewegungen seines Freundes, der sich behaglich auf seiner Hüfte niederließ, nach vorn beugte und sich zu beiden Seiten seines Kopfes abstützte. Eine lange Haarsträhne entglitt dem nachlässig gebundenen Haargummi und Charlie gluckste leise auf, als sie sein Gesicht kitzelte. Ace blies sie zur Seite, presste die Lippen aufeinander und studierte die blaugrauen Augen, die sich sogleich wieder auf ihn richteten. Erwartungsvoll blieb Charlie liegen und wippte mit den Füßen. Ace' Miene verzog sich vor Nachdenklichkeit und nachdem er einige Augenblicke lang geschwiegen hatte, lachte er leise und strich seinem Freund eine Strähne von der Stirn. Wie immer war Charlies Frisur in der Eile entstanden und der geflochtene Zopf war kaum mehr als so einer zu erkennen. Der junge Mann schloss unter der zärtlichen Berührung die Augen und Ace platzierte einen zärtlichen Kuss auf seiner Nase, unter dem er abermals leise aufgluckste und unter einem niedlichen Grinsen seine Zähne zeigte.

"Hey." Ace sah ihn verschmitzt an. "Was hältst du davon, wenn ich dich nachher entführe?"

"Entführen?", wiederholte Charlie und wirkte dabei positiv überrascht.

"Mm-mm, in ein Restaurant... wohin du willst."

"Oh." Die Augen des jungen Mannes weiteten sich. "Davon halte ich viel, nur...", er zischte schmerzvoll und leise auf, "... es geht nicht. Ich habe keine Zeit... heute nicht, morgen wieder."

Ace zeigte sich nicht sonderlich deprimiert, schien Antworten dieser Art gewohnt zu sein. Bedauernd verzog er die Brauen und setzte sich auf.

"Familieninternes?", lächelte er.

"Es lässt sich nicht vermeiden." Charlie verdrehte die Augen und blieb faul liegen.

"Und lässt es sich vermeiden, dass ich dich morgen ausführe?", erkundigte sich Ace, während er von Charlies Schoß stieg und sich zu seiner Schultasche neigte.

"Aber nein", hauchte Charlie entsetzt und rollte sich auf den Bauch, um Ace gemütlich beobachten zu können. "Ich befürchte, dagegen werden wir nichts unternehmen können."

"Will ich hoffen... komm schon." Mit den Fingerspitzen erreichte Ace ein Buch, schnappte danach und ließ es in der Tasche verschwinden. Charlie begann mit den Beinen zu wippen, stützte das Kinn in die Handfläche und zupfte an den Flusen des Teppichs. Er blähte die rechte Wange auf, dann die linke und dann erhellte sich sein Gesicht.

"Hey, wie geht's denn jetzt eigentlich mit der Band weiter?", fragte er aufgeregt.

"Ach...", Ace sammelte alle möglichen Stifte ein, "... das müssen wir sehen. Joey meldet sich, ein weiteres Mal gibt es auf jeden Fall."

"Na sowas!" Charlie erschrak. "Nur ein weiteres Mal? Keine zwei oder drei oder vierzig?"

Ein knapper, skeptischer Blick traf ihn. Kurz darauf ertönte ein leises Lachen und der letzte Block verschwand in der Tasche, deren Gurt sogleich ihren Platz über Ace' Schulter fand.

"Wir werden sehen", meinte er dann, während er durch Charlies Materialien stieg und sich vor diesen hockte. "Ich muss los, bis morgen."

Charlie nickte lächelnd und zupfte an einer losen Strähne des Anderen, während er ihn kurz küsste.

"Mach's gut." Er winkte und sah Ace zur weit entfernten Tür schlendern. Ein letzter Blick wurde gewechselt, die Hand zum letzten Abschied gehoben und anschließend verschwand der Blonde. Charlies Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug, als er das Kinn in die Handfläche zurückstützte, die Wangen aufblähte und träge liegen blieb. Den Augen auf die Tür fixiert, blies er sich kurz darauf eine Strähne aus dem Gesicht, schürzte die Lippen und lauschte in die Stille, die nur durch das seltene Zwitschern der Vögel unterbrochen wurde. Seine Miene wirkte entspannt, als er sich all die Bücher, Hefte und Utensilien betrachtete. Er blickte nach links, nach rechts, streckte die Hand nach einem Stift aus und schnippte diesen gelangweilt vom Teppich, um sich bald darauf mit einem gedrungenen Seufzen von diesem zu erheben. Etwas tapsig kam er auf die Beine, strich nachlässig das wirre Haare zurück und trottete zu einem der großen Fenster. Abwesend suchte seine Hand nach einer Stelle am Hals und kratzte diese langsam, während die andere nach dem kunstvollen Stoff der Gardine griff und diese zurückzog.

Die Miene des jungen Mannes zeigte keine Regung, als Ace auf dem Schotterplatz vor der Villa in das Taxi stieg und die Tür hinter sich schloss. Die Bewegungen der Finger verlangsamten sich, bis sich die Hand flach auf dem Hals bettete. Langsam ließ er die Gardine los, schob die Hand zum Nacken und kehrte dem Fenster den Rücken, um zur Decke des Raumes aufzublicken. Er zwinkerte, weitete die Augen, blinzelte müde und saugte an seinen Zähnen, als er den Kopf sinken ließ. Geschmeidig fielen die Strähnen des brünetten Haares in seine Stirn. Seine Lider senkten sich träge und er wirkte müde, bis ein unauffälliges Zucken sein Gesicht durchfuhr. Die zierlichen Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug und an den hellen Lippen zog ein unauffälliges Grinsen. Charlie richtete sich auf, schmunzelte in den Raum hinein und löste die Hand vom Nacken. Er stieß ein behagliches Seufzen aus, schüttelte ironisch den Kopf und setzte sich in Bewegung.

Die kurzen, unsicheren Schritte des jungen Charlie verloren sich in kontrollierten, gar geschmeidigen Bewegungen, in denen er sich einem riesigen Schrank näherte. Zielstrebig tasteten die feinen Hände nach den Knöpfen der Uniform, drehten sie aus den Löchern und streiften die schwarze Jacke von den Armen. Lässig warf er sie nach dem nächsten Stuhl, erwischte den Haargummi mit einem knappen Griff und löste ihn. Ein ruhiges Kopfschütteln genügte, um den geflochtenen Zopf zu lösen und nur flüchtig betrachtete er sich selbst im Spiegel, bevor er die Schranktür mit dem Fuß aufstieß, mit beiden Händen das Haar durchfuhr und es zurückkämmte, um es zu einem straffen, ordentlichen Knoten zu binden.

"Mm...", er brummte, grabschte nach einem schwarzen Seidenhemd und zerrte es von einem Bügel, noch während er sich umdrehte.

Rasch die Haare gebunden, das Hemd übergestreift und die Haltung gefestigt... so wirkte der junge Mann älter, größer... beiläufig und desinteressiert sah er nach beiden Seiten, rollte verspannt mit der Schulter und schnalzte mit der Zunge, während er eine große hölzerne massive Schiebetür erreichte. Beherrscht griff er nach dem kunstvollen, metallenen Hebel, stellte ihn um und schob die Tür zurück. Zum Vorschein kam ein großer, ordentlicher Büroraum. Die Wände waren mit hohen Schränken verkleidet, in denen sich strukturiert Bücher reihten, vor dem großen Fenster war eine reinlich weiße Schallosie angebracht, die nur wenig Tageslicht in das Zimmer ließ. Sauber glänzte die gläserne Fläche des großen Schreibtisches, der das Zentrum des Raumes darstellte. Auf ihm standen ein Monitor, ein Laptop, zwei Telefone, Drucker und weitere Geräte, die beinahe die gesamte Fläche einnahmen. Ohne dem Raum Aufmerksamkeit zu spenden, zog er die Tür hinter sich zu, schloss sie zur Hälfte und schlenderte auf den mit schwarzem Leder bezogenen Stuhl zu. Das Grinsen war längst aus seiner Miene gewichen und nun machte sie vielmehr einen recht verbissenen, ernsten Eindruck, wirkte beinahe schon wütend, als er sich in den Stuhl warf und zurücklehnte. Zielstrebig öffnete er ein Schubfach und kurz darauf fand eine Zigarette ihren Patz zwischen seinen Lippen. Lässig entzündete er den Tabak, warf das Feuerzeug auf den Schreibtisch und öffnete in derselben Bewegung den Laptop.

Er stieß Luft aus der Lunge, nahm einen tiefen Zug und drehte sich im Stuhl, um grob die Füße auf den Tisch zu legen und ein anderes Schubfach zu öffnen.

"Amateur", zischte er leise, verengte erbost die Augen und es folgte ein leiser Fluch auf bestimmte Personen und den Rest der Welt. Während der Laptop ein leises "Piep" von sich gab und der Bildschirm Farbe annahm, zog er sich ein Headset über, bog das Mikrofon zum Mund und grinste bitter. Somit lehnte er sich aus dem Stuhl, schaltete auch den Computer ein und schürzte die Lippen, bevor er ruppig eine Taste des Telefons wählte.

Das leise Rufsignal ertönte über das Headset und er wandte sich dem Laptop zu. Gekonnt begannen seine Finger die Tasten zu bearbeiten. Ein einziges Klappern erfüllte den Raum kurz darauf und die graublauen Augen blieben scharf auf den Bildschirm gerichtet, bis das Rufsignal endete. Ohne innezuhalten holte er Luft und tippte weiter.

"Du hast zehn Sekunden, um mir eine plausible Erklärung zu liefern." Charlies Stimme erhob sich in monotonem Ausdruck, empfindungslos und in kalter Professionalität. "Und zehn Minuten, bis meine Männer bei dir sind, um einen grenzdebilen Idioten von dieser Welt zu wischen."

Somit verstummte er und führte seine Arbeit ungestört fort. Seine Finger blieben ständig in Bewegung, seine Augen durchforsteten die Fenster, die sich öffneten und schlossen. Eine aufgeregte Stimme meldete sich im Hörer und Charlie klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen.

"Die Zeit ist um", nuschelte er beschäftigt und die Stimme fuhr gehetzt fort, bis Charlie sinnierend die Augen verengte, in den Bewegungen innehielt und nach der Zigarette griff.

"Halt deine verfluchte Klappe, du unnützer Versager!", fauchte er und unterbrach den geschwätzigen Mann. "Hältst du mich für einfältig? Denkst du, ich bin so unterbelichtet wie du, dass ich deine lächerlichen Geschichten schlucke?" Ein humorloses Grinsen zerrte an seinen Lippen. "Wir haben ein Abkommen geschlossen, verstehst du? Ja? Schön." Er blinzelte lieblich. "Dein Job ist noch nicht erfüllt und ich schätze es nicht, wenn vereinbarte Anrufe ausbleiben." Er blies den Rauch gen Zimmerdecke, warf die Zigarette in den Aschenbecher zurück und zog die Nase hoch. "Es geht nicht nur um die Unterlagen, du geistesgestörter Trottel." Träge zog er die Füße vom Tisch, lehnte sich hinab und erreichte mit der Hand einen Display, auf dem er einen schnellen Code eingab. Mit einem leisen "Klick" öffnete sich der moderne Tresor und mit einer finsteren Miene zog er einen Stapel Mappen und Unterlagen hevor, die er lustlos vor sich auf den Tisch knallte. Wieder hatte sich die Stimme erhoben und nach wenigen Sekunden schnitt Charlie eine angewiderte Grimasse, als würde er es kaum ertragen, etwas Bestimmtes zu hören.

"Ah." Er verzog die Miene und hob die Hand. "Noch ein Wort der Klage und es kommt mir hoch. Heldenlicht steht dir nicht, Mosune, es lässt deine hässliche Visage aufleuchten und die will niemand sehen. Tatsache ist", ein kaltes Funkeln durchzuckte seine Augen, als er sich im Stuhl aufrichtete, "dass dein Job noch nicht erfüllt ist und wenn du es noch einmal versäumst, einen Anruf zu tätigen, den ich angeordnet habe, dann wirst du dazu auch nicht mehr imstande sein und ich suche mir einen Neuen." Er verstummte, blickte schmerzerfüllt zu dem Fenster und seufzte gedrungen, schien sich zu entspannen. "Warum verschwende ich eigentlich meine teure Zeit und Kraft damit, mich mit dir abzugeben." In der Leitung herrschte Stille. Nicht lange, bis sich die Stimme erneut erhob und Charlie lustlos eine weitere Taste des Telefons drückte. Über den Außenlautsprecher meldete sich ein aufgeregter Mann, der mit gedrungener, leiser Stimme sprach.

"... so gekommen, wir Sie es vermutet und eingeplant haben, Herr Bankroft. Die Kopien sind bereits an Herrn Kaiba gelangt und wie Sie sagten...", Charlie verdrehte die Augen, "... hat er sofort darauf reagiert. Die Chefetage ist verlassen, die Büroplätze wurden nach unten verlegt."

"Selbst die der höheren Angestellten?" Charlie betrachtete sich die Zigarette.

"Nein", widersprach der Mann flüsternd, im Hintergrund waren leise Geräusche zu vernehmen. "Ich habe noch die Möglichkeit, ständig um ihn herum zu sein. Bisher hat niemand Verdacht geschöpft."

Ein Grinsen entfaltete sich auf dem jungen Gesicht, bis Charlie sogar in leises Lachen ausbrach.

"Natürlich nicht", amüsierte er sich. "Ich selbst habe den Plan erarbeitet und es sollte mich wundern, wenn Kaiba in den nächsten Tagen nicht so hilflos wie ein Fisch wäre, der in einem Netz festhängt." Er presste die Lippen aufeinander, lachte kurz darauf abermals los. "Ist es nicht eine ironische Form der Neutralität, Mosune?"

Stille.

"So viele kamen in Frage und wen trifft es?"

"Mm, da haben Sie recht, Herr Bankroft. Ich habe auch..."

"Ach", unterbrach Charlie ihn, das Grinsen schwand. "Du hältst mich unnötig auf, Mosune. Du kannst haben, was du willst. Ich will den Bericht bis morgen und dabei solltest du auf das eigene Haben Haben einmal verzichten und etwas Engagement zeigen, um mich zufrieden zu stellen! Morgen werde ich den zweiten Schritt einleiten. Morgen melde ich mich und wage es dir, mich anzurufen."

"In Ordnung, ich..."

Einen leisen Fluch spuckend, legte Charlie auf und drückte die Zigarette in den Aschenbecher.

"Wie wundervoll wäre die Welt, wenn man alles selbst in die Hand nehmen könnte." Er holte tief Luft, lehnte sich zurück und rieb sich den Mund, nachdenkliche Blicke in den Raum werfend. Die Kontrolle war in keinem Augenblick aus seiner Miene gewichen. Beherrscht begann er zu sinnieren, bearbeitete die Kanten der Mappen kurz darauf mit den Fingern und lehnte sich kurz darauf erneut zum Telefon, wo er eine weitere Taste betätigte, kurz in das Headset lauschte und finster auf den Monitor des Computers starrte.

"Hättest du die unermessliche Güte, kurz zu mir zu kommen?", murmelte er kühl in das Mikrophon und verengte kurz darauf die Augen. "Ich sitze gerade sehr bequem. Mm... wir haben etwas zu besprechen."

Daraufhin wurde aufgelegt und Charlie setzte sich im Stuhl auf, nahm Haltung an und wandte sich dem Computer zu, um auf einen kurzen Text zu starren. Grübelnd bearbeitete er die Unterlippe mit den Zähnen, klopfte mit den Fingern einen langsamen Takt auf dem gläsernen Schreibtisch und vertiefte sch in die Schrift, bis sich kurz darauf die hölzerne Tür aufschob. Er blickte nicht auf, schürzte die Lippen, schloss die Datei und lugte flüchtig zu dem Laptop. Ein junger Mann näherte sich ihm in beherrschten Schritten, fasste einen anderen Stuhl an der Lehne und drehte ihn zu sich, um sich auf ihm niederzulassen. Charlie schenkte seinem Besucher noch immer keine Aufmerksamkeit und kratzte sich an der Wange. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schreibtisches ertönte ein langer Atemzug.

"Unser holder Vater hat das Haus verlassen?", murmelte Charlie, bevor er die Tasten abermals bearbeitete. Der andere Stuhl knackte, als sich der Besucher auf ihm bewegte.

"Vor einer halben Stunde", antwortete ihm eine genervte Stimme, die ein arrogantes Desinteresse aufwies. "Was willst du."

Charlie hob die Augenbrauen, während er weitertippte, kurz darauf in dieser Tätigkeit stoppte und den jungen Mann zum ersten Mal ansah. Er musterte ihn abwertend, legte den Kopf schief und hob in einer erwartungsvollen Bewegung die Hände.

"Mehr Enthusiasmus?"

"Derartiges möchte ich mir nicht leisten, wenn ich mit jemandem wie dir zusammenarbeiten muss." Jason schlug die Beine übereinander und wandte in überlegener Gestik das Gesicht ab. "Um es noch zu erwähnen, mein Terminplan weißt keine Lücken auf. Im Gegensatz zu dir bin ich ein geschäftiger Mann."

"Oh ja." Charlie lächelte in trügerischer Anerkennung und sein Bruder ließ sich dadurch nicht stören.

"Ich lasse mich nicht gerne mit dir blicken", stellte er kurz darauf klar und sah den Jüngeren vernichtend an. Dieser lachte und machte es sich im Stuhl bequem.

"Wer fragt heutzutage nach echter Zuneigung?", grinste er. "Mein lieber, lieber Bruder", Jasons Gesicht verfinsterte sich angewidert, "wenigstens für die nächsten Tage sollten wir uns mögen. Zuneigung ist Angewiesenheit und Tatsache ist", Charlies Gesicht entspannte sich, bis er seinen Gegenüber annähernd ausdruckslos ansah, "ohne mich wirst du keine Investoren überzeugen und keinem Vater die Firma entreissen. Du wirst keinen dreifachen Gewinn einstreichen und weniger als alles andere hättest du die nötigen Ideen und Vorlagen für neue Technologien." Gleichzeitig blickten beide zu den Unterlagen der Kaiba-Corperation. Charlie fand zu einem genügsamen Lächeln zurück und faltete die Hände auf dem Bauch. "Nun, ich habe meinen Teil bereits in die Wege geleitet, stehe kurz davor, eine Firma zu ruinieren und einer anderen zum Erfolg zu verhelfen. Deiner Firma, Jason. Ich liefere die Designs, Konzepte und Modelle, um diese an die Spitze Japans zu bringen. Dein Job ist dabei viel geringer und auch, wenn es außerhalb meines Interessenbereiches liegt, würde ich doch gern erfahren, wie du deinen Anteil erbringen willst. Nur, falls ich dich vor möglichen Dummheiten bewahren muss, die uns beide in's Schlamassal reiten könnten."

"Um das Startkapital mach dir keine Sorgen." Jason grinste, wirkte sicher in seinem Plan und von sich überzeugt. "Das Geld lässt sich auftreiben, ohne, dass ich mir die Hände schmutzig machen muss." Mit dem Anflug eines Grinsens wandte er das Gesicht erneut zum Fenster und ballte die rechte Hand zu einer Faust. "In drei Tagen habe ich das Kapital und das Vorhaben wird in die Wege geleitet. Und das", er grinste Charlie an, "unter meiner Aufsicht. Nicht du wirst an die Spitze treten, mein Lieber. Dieser Platz ist für die nächsten Nachkommen reserviert... für die Fähigen."

"Deine Emotionen rühren mich", murmelte Charlie skeptisch. "Du liebst unseren Vater, aber sein Geld liebst du noch mehr."

"Und du liebst ihn nicht", antwortete Jason misstrauisch und starrte ihn an.

"Mag wohl sein." Charlie zuckte lässig mit den Schultern und streckte die Beine von sich. "Mir geht es nur um die Trägheit und um das gemütliche Leben, das ich mit meinem Vater als Hausherr nicht führen kann. Ich verhelfe dir zur Macht, sorge für den Sturz unseres Vaters und du gibst mir die Freiheiten, die ich verlange...", Charlie weitete die Augen, "... die ich verdiene."

Daraufhin brach Jason in leises Lachen aus. Er hob die Hand zum Mund und schüttelte den Kopf. Charlie zeigte sich wenig beeindruckt und zückte eine neue Zigarette.

"Welche Hölle hat deine Bösartigkeit nicht vertragen und dich ausgespien?" Jason stieß auf, holte tief Luft und sah den Jüngeren amüsiert an. "Du warst schon immer ein kleines, durchtriebenes Scheusal."

"Mm-mm." Charlie stützte den Hinterkopf gegen das Polster und sah Jason bequem an. "Manche besitzen Durchtriebenheit, Jason, andere nur die Fähigkeit zu jammern. Auf welchem Weg würdest du dein Ziel lieber erreichen?"

Jasons Gelächter verstummte und eine kurze Stille folgte, in der sich die beiden schweigend ansahen und Charlie die Zigarette zum Mund hob. Bald hob er die Augenbrauen. "Ist noch etwas?"

Jason schürzte die Lippen, rieb sich das Kinn und kam behäbig auf die Beine. Gemächlich streichte er den teuren Anzug glatt, fuhr sich über das gegeelte Haar und versenkte die Hände in eitlen Allüren in den Hosentaschen. Charlie blickte zu ihm auf.

"Kümmer dich um deine Angelegenheiten, Kleiner." Jason hob das Kinn. "Ich kümmer mich um meine und wie ich das tue, geht dich einen feuchten Dreck an."

"Verstanden." Ein verträgliches Lächeln zeichnet sich auf Charlies Lippen ab. "Wir erreichen beide unsere Ziele, nicht wahr?"

Jason bearbeitete die Unterlippe mit den Zähnen, während er die Worte seines Bruders überdachte, diesen ein knappes zustimmendes Grinsen erkennen ließ und sich umdrehte.

>Wenn du wüsstest, was du da redest, kleines Balg.< In sicheren Schritten verließ er das Büro. >Ich schätze deine Dummheit, mir zu einem Posten zu verhelfen, von dem aus ich dich und unseren Vater restlos ausmerzen kann. Freiheit bekommst du... die gebe ich dir. Und nehmen tue ich dir deine Rechte, dein Haus, dein Vermögen. Wie dumm kann man sein, so etwas nicht zu befürchten. Sobald du deinen Teil geleistet hast und ich an der Macht bin, werde ich dich an's Messer liefern.<

Langsam wendete Charlie die Zigarette zwischen zwei Fingern, die Tür zu seinem Büro schloss sich.

>Fühl dich geehrt, Jason. Als Mittel zum Zweck bist du für mich von hohem Wert. Streng dich an, begehe eine Straftat nach der nächsten und träume von deinem Posten, der auch immer nur ein Traum bleiben wird. Mein Vater wird es mehr zu schätzen wissen, in den Besitz diverser Unterlagen zu gelangen, als du. Lass dich überraschen, wie schnell die Firmenanteile neu verteilt werden und wie schnell ich in der Gunst meines Vaters stehe und du vor den Scherben deiner zerbrochenen Existenz.< Ein breites Grinsen zeichnete sich auf Charlies Lippen ab. >Dann wird er mich akzeptieren... mich, der den Verrat des Bruders vereitelt und der Firma zu weiterem Ruhm verhilft. Sobald du versuchst, an die Macht zu gelangen, werde ich dich an's Messer liefern... die Firma wird an mich übergehen und bald wird dir unser Vater in die Hölle folgen.<
 

~*to be continued*~



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Kommentare zu diesem Kapitel (15)
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Von: abgemeldet
2011-01-02T12:48:05+00:00 02.01.2011 13:48
Das war echt übel.ich hab mich schon gefragt wo die Dramatik bei diesem Teil bleibt. Ohne geht ja bei dir nen bissl schlecht. xDDD
Von: abgemeldet
2010-04-21T18:16:46+00:00 21.04.2010 20:16
Carlie!! Das hätt ich jetzt ja nieeeemals gedacht. Wie er mit Jason spricht und wie er sich benimmt. Du weißt ja gar nicht wie entsetzt ich war als ich das gelesen habe!!! Wir haben uns also alle von ihm täuschen gelassen.
Von:  Hito
2008-02-18T18:07:17+00:00 18.02.2008 19:07
Here we go!

Ein betrunkener Kaiba... Ein Kaiba, der von einem Bier betrunken wird... das hat was (nur... war Kiaba nicht schonmal mit Joey ein Bier trinken? Hab da was in Erinnerung).
Ich würde ihn auch am nächsten Tag dermaßen aufziehen *Hände reib*

>"Jetzt müsste ich dich fotografieren und das Foto an die
meistbietende Zeitung verkaufen. Seto Kaiba, der Eisliebhaber."<

Joey könnte wirklch verdammt reich werden - aber dann wärs natürlich mit Kaiba vorbei. Aber wir würden doch liebend gerne solche Fotos sehen, nicht wahr ^.~

>„Ich gebe dir einen Namen“, begann Kaiba zu erklären. „Den Namen eines
Angestellten meiner Firma. Und ich will von dir, dass du alles über diesen herausfindest. Ich will seine Kontodaten, Anruflisten, familiären Stand, seine Lebensgeschichte, wenn vorhanden ärztliche Gutachten, ich will alle Menschen, die auch nur einmal seine Luft geatmet haben.“<

Finde nur ich, dass das ungemein sexy rüberkommt? Er weiß, was er haben will, ist kalt, unbarmherzig - ich finde das enorm anziehend.

Wie bist du nur auf die geniale Idee gekommen @ Pizzaworld?
So super! Erstmal, dass Kaiba nicht gleich auflegt und dann WAS er sich alles bestellt... woah!

>„Kaiba-Corporation, 42. Stock, schnurstracks in mein Büro.“
Eine kurze Stille in der Leitung.
„Und… Ihr Name?“
„Kaiba.“
„Oh.“ <

Ich würde da auch nur noch - wenn überhaupt - ein "Oh" herausbekommen!



Von: abgemeldet
2006-09-25T10:27:19+00:00 25.09.2006 12:27
es geht weiter!! ^o^ wieso hast du mich nich benachrichtigt? du hast mich vergessheheheheeeen! ;________;
Und jetzt bekomm ich das beim Schmöckern zufällig mit und fasses nich! Gleich zwei neue? Les ich sofort, moment. >__<
Von: abgemeldet
2006-09-19T15:24:57+00:00 19.09.2006 17:24
*freu*
schön es geht weiter^^
mou~~
wie fies die sind...armes seto....
gott ich krieg ne krise.....ich platze immer vor spannung....
freu mich auf das nächste chap^^
Von:  VegMac
2006-09-19T13:18:22+00:00 19.09.2006 15:18
Hi, danke für die Benachrichtigung! :) Ich hätte trotzdem eifrig nachgeguckt, ob sich was getan hätte XP
Bin nur leider seit Sonntag krank und demenstprechend nicht wirklich aufnahmefähig für so viel Text^^' daher werde ich das Kapi in einigen Tagen lesen und ein feines Kommi schreiben ~_~
*freu*
Veg
Von: abgemeldet
2006-09-17T19:52:42+00:00 17.09.2006 21:52
Hallo =)
Hier is Redi ^^
Yeah, ich bin endlich soweit :DDD
Endlich, endlich bin ich so weit wie alle anderen xDD
Ich hab das 12. Kapitel zwar noch nich gelesen...
aber ich wollt nur nochmal sagen (schon wieder) dass ich's (mal wieder) klasse find xD
Ich wiederhol mich aber ich werds wohl immer und immer wieder sagen ^^
Gruß,
Rory
Von:  Yukarri
2006-09-17T19:19:04+00:00 17.09.2006 21:19
juhu...es geht weiter
also eigentlich ist mir Charlie richtig sympatisch geworden und irgendwie finde ich es schade das er der böse ist...aber naja^^
armer Ace der hat bestimmt keinen plan davon, was da abgeht, also bei Jason wundert mich das nicht, das er damit drin steckt, aber Charlie o.O
hmm...bin gespannt was Seto jetzt macht und ob Joey ihm helfen wird (oder kann)^^
aaargh ich bin schon mega hippelig und kanns kaum erwarten weiter zu lesen
also hop hop *grins*
Von:  Sonna-Eraseus
2006-09-16T13:34:01+00:00 16.09.2006 15:34
Mein erster Gedanke? "Das sind ja schöne Familienverhältnisse". Aber echt... *Kopf schüttel*
Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn Ace von dieser Seite seines Freundes erfährt. Das gibt bestimmt noch einigen Ärger. -_-

Die Kleine ist echt süß. ^^ Kann ich mir so richtig vorstellen, wie sie und Duke da auf der Mauer sitzen, sie auf seinem Schoss... *süß*

by: Sonna
Von: abgemeldet
2006-09-15T22:13:50+00:00 16.09.2006 00:13
Da tun sich ja wirklich Abgründe auf o.O Ich hätte echt nie vermutet, dass er dahinter steckt >_> Diese Hornbrille hab ih ja gleich da hinter vermutet, aber ihn... Ich fands cool, dass du auch Dukes kleine Schwester mal vorgestellt hast. Das war echt süüß ^^
Nun gut, ich werde sehen wies weiter geht, aber ich knabber mir jetzt schon die fingernägel ab, weil ich wissen will, wie das weiter bzw ob das glimpflich für das Liebespärchen ausgeht.
na denn, auf bald ^^
*knuddel*
bye Liz


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