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Anfang aller Feindschaft

aus den Schatten der Vergangenheit
von

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Wölfe und Hunde

Ich danke für die ermunternden Kommentare zum Prolog meiner zweiten FanFic. Sie haben mich sehr gefreut (denn ich LIEBE den Prolog und habe viel ,Herzblut' da rein gesteckt...:)). Hoffentlich werde ich eventuellen Erwartungen mit dem weiteren Verlauf der Geschichte gerecht.

Endlich folgt nun das erste Kapitel. Ein kleiner Zeitsprung führt uns in die konfliktbetonte Welt von Wolfs- und Hundedämonen, in dessen Streitereien Koga und Sesshomaru involviert werden...

Enjoy reading!
 


 

Tief in einem der zahlreichen, urwüchsigen Wälder, die die westlichen Gefilde Japans überzogen, nahm eine kleine Gruppe Wildschweine genüsslich ein Schlammbad. Keines der Tiere bemerkte, dass sie von einem Paar funkelnder Augen aus einem Busch heraus beobachtet wurden.

Ein kleiner Frischling entfernte sich weiter von seiner Mutter und näherte sich am Boden schnüffelnd arglos dem Busch. Das stets besorgte Muttertier grunzte ermahnend, doch eine Warnung kam bereits zu spät.

Lautes Krachen ertönte, eine Gestalt sprang blitzartig aus dem Busch auf den abtrünnigen Frischling zu und packte das kleine Tier am Genick. Der Frischling quiekte schrill auf und die restlichen Wildschweine stoben hastig davon in die schützenden Schatten des Waldes.
 

"Pah, das reicht ja gerade mal für den hohlen Zahn."

Auf dem schlammigen Waldboden, in dem sich gerade noch die Schweine gesuhlt hatten, stand jetzt ein kräftiger, mit Wolfsfellen bekleideter, junger Bursche mit schwarzem Haar. Er hielt das eben erbeutete Ferkel in der Hand. Seine harten, krallenartigen Fingernägel hatten sich fest in den Nacken des Tieres gebohrt. Ein wenig enttäuscht schnüffelte er an seiner Beute herum.
 

"Koga", rief in diesem Moment eine Stimme, "hey, bist du da irgendwo?"

Der schwarzhaarige Jäger zuckte kurz und schnupperte in den Wind. Dann grinste er und entblößte dabei seine dolchartigen Eckzähne. Weiterhin grinsend klemmte er sich sein erbeutetes Ferkel unter den Arm und schlich lautlos in Richtung der eben gehörten Worte, zu denen sich nun eine weitere Stimme gesellte:

"Ach Mann, Ginta. Du hast bestimmt wieder nur irgendeinen Mist gerochen. Das war doch bloß eine Horde Wildschweine!"

Nahe der Wildschwein-Suhle tauchten nun zwei weitere junge, mit Wolfsfellen und hartem Leder bekleidete Kerle zwischen den Bäumen hervor auf. Sie sahen wie 15-17 jährige Menschen aus, ihre spitzen Ohren verrieten jedoch, dass sie Dämonen waren. Der etwas jüngere der beiden hatte kurzes, weißes Haar mit einer breiten, pechschwarzen Strähne in der Mitte, die sich von seiner Stirn über den Scheitel zog. Sein Kumpan wirkte etwas größer, was aber hauptsächlich auf die hoch aufragende Irokesenschnitt-Frisur zurückzuführen war. Unschlüssig blieben die beiden stehen und sahen sich um.

"Ich hab dir ja gleich gesagt, dass Koga sich hier nicht rumtreibt", meinte Letzterer von beiden. "Wär ja auch schön blöd von ihm sich ausgerechnet hier im Revier von... AAAaaah... AU!"
 

"Wer ist hier blöd?!"

Plötzlich lag der Dämon mit der Irokesenfrisur bäuchlings auf dem Boden. Auf seinem Rücken hockte der schwarzhaarige Jäger mit seinem Schwein im Arm und grinste den zu Boden Gestoßenen schief an.

"Meine Fresse", sagte er, "was seid ihr zwei für Nieten. Erst schreit ihr den halben Wald zusammen und dann kriegt ihr nicht mal mit, wenn ich direkt vor eurer Nase auf einen Baum klettere. Euch kann man überfallen wie menschliche Dorftrottel!"

"Äh, hallo Koga", murmelte der bedauernswerte Kerl am Boden und drehte sich etwas. Koga sprang von seinem Rücken und der Überfallene stand schwerfällig auf, wobei er schmerzerfüllt seinen Nacken rieb.

"Hey, Koga", meldete sich nun der weißschwarzhaarige Dämon zu Wort, "wir haben dich überall gesucht. Ist alles in Ordnung?"

"Klar, Ginta, was glaubst du denn", antwortete Koga. Er warf sein erbeutetes Ferkel zu Boden, setzte sich davor und begann das Tier mit bloßen Händen zu zerlegen.

"Habt ihr Hunger? Hier, Haggaku, nimm, damit du mal etwas Fleisch auf die Rippen kriegst!"

Der Angesprochene hörte auf seinen schmerzenden Nacken zu reiben, setzte sich ebenfalls und nahm dankbar das dargereichte, blutige Fleischstück entgegen. Auch Ginta setzte sich dazu und nahm sich ein Teil des zerlegten Frischlings.
 

"Puh", meinte Koga daraufhin kauend, "das muss echt mein Glücktag heute sein. Erst nur so ein mickeriges Schwein und jetzt fressen das mir auch noch meine Pfeifen von Freunde weg. Was wollt ihr eigentlich hier? Kriegt ihr damit keinen Ärger von Chugo?"

"Pöh", erwiderte Haggaku schmatzend, "was mit dir ist, interessiert unseren Leitwolf nicht. Solange du nicht wieder bei unseren Höhlen aufkreuzt und dich sonst auch aus allen Angelegenheiten des Rudels raus hältst, ist es ihm wurscht, ob wir noch Kontakt mit dir haben."

"Außerdem sorgt sich deine Mutter um dich", ergänzte Ginta und fügte dann stolz hinzu: "Und wir sind auch noch wegen was anderem hier. Stell dir vor, irgendein Hund hat fünf unserer Wölfe kalt gemacht. Einfach so!"

Überrascht hörte Koga auf zu essen und sah Ginta an: "Was? Wer und wieso?"

"Was genau passiert ist, weiß keiner", fuhr Ginta eifrig fort, "Fakt ist, dass zwei unserer Leute mit einigen Wölfen hier in der Nähe jagen wollten. Die Wölfe haben was gewittert und sind abgehauen. Unsere Leute sind ihnen gefolgt und haben sie schließlich auf einer Lichtung hier im Wald gefunden. Alle waren tot, regelrecht zerfetzt. Und auf der Lichtung roch es verdächtig nach Hundedämon."

"Wenn die Wölfe auf einen Hundedämon gestoßen sind, hätte er sie doch nicht gleich töten müssen", knurrte Kog erbost. "es hätte völlig ausgereicht sie zu verjagen. So ein Mistkerl! Na wartet, den kauf ich mir."

"Aber Koga", rief Ginta erschrocken, "das kannst du doch nicht machen. Du sollst dich doch nicht mehr in die Angelegenheiten des Rudels mischen. Und außerdem hat Chugo gesagt, wir sollen nichts überstürzen. Wir sollen nur rauskriegen, was genau passiert ist. Das hier ist Inu Taishos Gebiet und wir sollen uns ja nicht mit den Hunden anlegen."

"Pfft", spuckte Koga aus, "da hat sich Chugo ja zwei schöne, brave Schwachköpfe ausgesucht. Ihr findet ja nicht einmal einen Köter, wenn er schwanzwedelnd vor euch steht. Außerdem ist mir völlig schnuppe, was Chugo sagt. Ich bin vom Rudel ausgeschlossen, also hat er MIR auch nix mehr zu befehlen. Sag schon, wo ist diese Lichtung mit den toten Wölfen?"

Als ihm keiner seiner Freunde antworten wollte, sprang Koga erregt auf und packte Ginta am Kragen. Wild schüttelte er ihn durch.

Der so unsanft Behandelte verschluckte sich an seinem Fleisch und hustete. Widerwillig antwortete er schließlich keuchend: "So ein oder zwei Stunden von hier in südöstlicher Richtung, nicht weit von der Grenze zum Drachenreich. Du kannst sie nicht verfehlen..."
 

Weitere Erläuterungen wartete Koga nicht ab. Er ließ seinen Freund wieder los und war im Nu hinter den Bäumen Richtung Südosten verschwunden.

"Na toll," sagte Haggaku und wischte sich seinen Mund ab, "das gibt Ärger! Wieso musstest du ihm auch davon erzählen? Kannst du nicht einmal deine Klappe halten? Du weißt doch wie er ist. Vor allem seit Chugo ihn besiegt und verstoßen hat."

Ginta sah zu Boden. Es stimmte, es war wirklich nicht sehr klug gewesen Koga von den getöteten Wölfen zu erzählen. Allerdings hätte er nie gedacht, dass sich der verstoßene Wolfsdämon zur Zeit noch um Belange des Rudels kümmern würde. Außerdem war Ginta einfach zu stolz auf seinen ersten richtigen Auftrag, mit dem sein Anführer Chugo ihn und Haggaku betraut hatte. Er hatte unbedingt davon erzählen müssen, sonst wäre er geplatzt.

Seufzend stand Ginta auf.

"Besser wir gehen ihm nach, sonst stellt er wer weiß was an und wir müssen es ausbaden."
 

Haggaku schlang schnell noch den Rest vom Wildschweinmahl herunter. Schließlich musste man es seines Erachtens ausnutzen, wenn einem so einfach etwas zu essen vor die Nase gesetzt wurde.

Nach einem ausgiebigen Rülpser folgte er seinem Kumpan und Koga nach Südosten.
 

* * * * *
 

"Sesshomaru-sama, bitte. Ihr solltet endlich damit aufhören und lieber mit mir ins Schloss kommen. Ich habe es Eurem Vater versprochen. Ihr seid jetzt schon seit Wochen fort... Hach,... es ist hoffnungslos..."
 

Am Rande einer ausladenden Wiese hockte ein winziger Flohdämon auf dem Zweig eines Rosenstrauchs und beobachtete kopfschüttelnd die Szenerie, die sich vor ihm abspielte.

Inmitten von wogenden Gräsern und üppigen Blumen standen sich zwei junge Männer gegenüber. Wie deren spitze Ohren und scharfe Krallen an den Händen bewiesen, handelte es sich bei ihnen ebenfalls um Dämonen, genauer gesagt um Hundedämonen. Beide trugen weite Hosen aus edler Seide, ihre Oberkörper waren nackt, und jeder von ihnen hatte ein glänzendes Schwert in der Hand.

Einer von ihnen hatte schneeweißes, fast hüftlanges Haar. Seine Haut war hell und in seinem Gesicht waren je zwei rote Streifen auf den Wangen und ein blauer, abnehmender Sichelmond auf der Stirn zu sehen. Mit goldglänzenden Bernsteinaugen beobachtete der Dämon aufmerksam sein Gegenüber.

Dieser war dunkelhäutig. Sein Körperbau war derber und kräftiger, und er hatte schulterlanges, kastanienbraunes Haar, das er als knappen Zopf in seinem Nacken bändigte. Mit tiefblauen Augen erwiderte er den herausfordernden Blick seines weißhaarigen Gegners.
 

Im nächsten Moment sprangen sich die beiden Kontrahenten an. Ihre Schwerter trafen aufeinander, blitzten in der Sonne hell auf und brachen wieder auseinander. Die beiden Dämonen wichen voneinander weg, umkreisten sich kurz und griffen sich wieder gegenseitig an. Erneut traf Stahl auf Stahl.
 

Der Flohgeist im Rosengebüsch beobachtete den temperamentvollen Kampf und schüttelte wieder seinen Kopf.

"Hach, wieso überträgt mir Inu Taisho-sama immer nur solch undankbare Aufgaben. Ich bin wirklich nicht dafür geeignet Aufpasser zu spielen oder seinen Sohn zu erziehen. Meine Nerven, irgendwann bringt mich das ins Grab..."
 

Ein heftiger Aufprall lenkte die Aufmerksamkeit des Flohdämonen wieder auf die Wiese vor ihm.

Dort lag nun der braunhaarige Dämon entwaffnet am Boden und starrte entgeistert auf die scharfe Klingenspitze, die ihm sein Kontrahent an den Hals hielt. Der dunkle Dämon schluckte, dann hob er leicht seine Hände zum Zeichen der Aufgabe und begann laut zu lachen.

"Hey, was war das nun wieder für ein Trick, Sesshomaru? Ich habe nicht einmal gemerkt, was du eigentlich gemacht hast."

"Das war kein Trick, Yoshio", kam die kühle Antwort des weißhaarigen Dämonen, "das war Können."

Sesshomaru zog sein Schwert vom Hals seines Gegners weg und trat einige Schritte zurück. "Willst du es noch einmal versuchen?"

"Nein danke, mir reicht es für heute!" Ächzend stand der Dämon namens Yoshio auf und suchte seine verlorene Waffe im Gras.

Währenddessen steckte Sesshomaru sein Schwert in die Scheide, ging zum Rosenstrauch, in dem der Flohgeist saß, und griff nach seinem daneben abgelegten Obergewand. Der Floh sprang plärrend aus dem Gebüsch auf seine Schulter.

"Bitte Sesshomaru-sama, können wir jetzt endlich zu Eurem Vater gehen?"

"Schrei mir gefälligst nicht so ins Ohr, Myoga, das nervt!"

"Entschuldigt, Sesshomaru-sama", sagte der Flohdämon deutlich leiser und mit ängstlichem Unterton, "aber ich..."

Ein kräftiges Schnippen mit scharfen Krallen beförderte den Winzling, bevor er weiter sprechen konnte, zu Boden. Sesshomaru lächelte neckisch und wandte sich ab. Verzweifelt hüpfte ihm der Flohgeist nach und schimpfte kaum vernehmbar vor sich hin.
 

"Gib es auf, Myoga", sagte Yoshio, der mittlerweile sein Schwert wiedergefunden hatte und dabei auf den Flohdämonen zwischen den Grashalmen stieß. "Er hört eh nicht auf dich. Und seinen Alten will er zur Zeit sicher sowieso nicht sehen."

Sesshomaru blieb ruckartig stehen, versteifte sich und drehte sich zu Yoshio um.

"Rede nicht so respektlos von meinem Vater und deinem Herrn!" fauchte er und fixierte mit goldfunkelnden Augen seinen Begleiter.

"He, ist ja gut. Habe es nicht so gemeint. Meine Güte, bist du heute wieder geladen..."

Wortlos wandte sich Sesshomaru wieder um und ging weiter. Yoshio folgte ihm schweigend und nahm Myoga, der auf ihn gesprungen kam, auf seiner Schulter mit.
 

Die Drei ließen die Wiese hinter sich, überquerten einige Hügel und rasteten nach einer kurzen Weile an einer kleinen Quelle. Genussvoll erfrischten die beiden Hundedämonen ihr Gesicht und ihre Arme in dem kühlen Nass, während der Flohgeist Myoga unverständlich vor sich hin brabbelte.

Plötzlich hob Sessshomaru den Kopf und lauschte. Sein Gefährte sah ihn erstaunt an: "Was ist?"

"Blut...", sagte Sesshomaru leise, "Schreie, Menschen... und Wölfe."

"Wölfe?" Yoshio schnupperte in die Luft. "Du hast recht. Scheint, als hätten Wolfsdämonen eins von den Dörfern angegriffen, die nahe der Grenze nach Osten liegen. Stehen die nicht unter Inu Taishos Schutz?"

"Nein", antwortete Myoga an der Stelle von Sesshomaru, "die Menschen dort haben zu große Angst vor möglichen Angriffen der Drachendämonen, die die östlichen Länder beherrschen. Inu Taisho-sama geht selten zur Ostgrenze, um die Drachen nicht zu provozieren und damit die dort wohnenden Menschen zu gefährden."

"Na, dann gehen wir am besten auch nicht da hin, oder?" sagte Yoshio heiter.
 

Sesshomaru erhob sich schweigend. Erstaunt sah Yoshio, dass er Kraft sammelte und sich offenbar zum Fliegen bereit machte. Myoga erkannte diese Anzeichen auch und sprang sofort entsetzt in die Höhe.

"Nicht, Sesshomaru-sama. Ihr wisst genau, dass Inu Taisho-sama befohlen hat neue Streitigkeiten zwischen Wolfs- und Hundedämonen zu vermeiden!"

"Ich lasse nicht zu, dass respektlose Wölfe ständig unsere Reviere missachten. Das ist nicht ihr Jagdgebiet und sie haben hier nichts zu suchen."

Mit einem schnellen Sprung katapultierte sich Sesshomaru in die Höhe und verschwand in den Lüften Richtung Osten.
 

"Ah, wie ich seine Herumfliegerei hasse", schimpfte Yoshio und spannte seinen Körper an. "Ich kann dann immer sehen wie ich nach komme. Halt dich gut fest Myoga!"

"Ach, vielleicht ist es besser wenn ich hier blei..."

Der Flohgeist wollte von Yoshios Schulter springen, doch in diesem Moment verwandelte sich der dunkle Dämon in einen fast drei Meter großen, schwarzbraunen Wolfshund und preschte los. Myoga wurde vom Laufwind erfasst, fiel kopfüber auf den Rücken des riesigen Hundes und blieb betäubt zwischen dessen Fellhaaren hängen.

Rasend schnell lief Yoshio ostwärts seinem verschwundenen Freund hinterher.
 

* * * * *
 

Einige Zeit später erreichte der schwarzbraune Wolfshund ein kleines abgelegenes Dorf, das sich an einen buckeligen, von blütenreichen Wiesen überzogenen Höhenrücken schmiegte. Bei dieser menschlichen Siedlung handelte es sich um eine Ansammlung weniger, bescheidener Hütten, die von kleinen Ackerflächen und umzäunten Viehweiden umrahmt wurden.

Die Menschen, die hier wohnten, waren nicht reich. Sie besaßen gerade das Notwendigste, um zu überleben. Doch nun war ihnen selbst dieses bescheidene Leben genommen worden.

Schon von der Weite konnte Yoshio den süßlichen Blutgeruch wahrnehmen, den der Wind von den Holzhütten zu ihm trieb. Es war der Geruch von Männern, Frauen und Kindern. Ein Geruch des Todes. Jemand hatte alle Bewohner des Dorfs ausnahmslos getötet. Und dieser Jemand roch nach Wolf.
 

Ein Stück vor Yoshio war Sesshomaru gelandet und stand reglos im Gras in Sichtweite des unglückseligen Dorfs. Starr blickte er zu der Siedlung, seine weißen Haare flatterten unruhig im vom Blutgeruch verpesteten Wind.

Yoshio verwandelte sich von seiner Wolfshundegestalt zurück in seine menschliche Form und kam zu seinem Freund. Myoga beäugte ängstlich die Siedlung vor ihnen.

"Haaah, Wölfe!" schrie der kleine Flohgeist auf und hüpfte erschreckt von Yoshios auf Sesshomarus Schulter. Furchtsam versteckte er sich in den langen, weißen Haaren des Dämons.
 

Aus dem Dorf raste in diesem Moment eine Horde von etwa zwanzig Wölfen mit bluttriefenden Mäulern jaulend und unter drohendem Knurren auf die beiden Hundedämonen zu. Yoshio wich vorsichtig ein Stück zurück. Sesshomaru blieb unbewegt stehen und sah den angreifenden Tieren ruhig entgegen.

Als die ersten Wölfe den weißhaarigen Dämon fast erreichten, durchzog ein roter Schimmer seine goldfarbenen Augen. Der Körper des Hundedämonen spannte sich unmerklich an und dann, mit einer blitzartigen, heftigen Armbewegung, schleuderte Sesshomaru den ersten Wolf, der ihn zähnefletschend ansprang, zurück. Das Tier prallte gegen die nachfolgenden Wölfe und blieb betäubt am Boden liegen. Leicht verängstigt jaulten die Wölfe auf und zogen sich etwas zurück. In einem achtsamen Abstand umkreisten sie drohend die beiden Hundedämonen, wagten jedoch vorerst keinen weiteren Angriff.
 

"Oh, sieh mal einer an. Wen haben wir denn da?"

Eine glockenhelle, weibliche Stimme mischte sich in das Geschehen.

Sesshomaru und Yoshio wandten ihre Aufmerksamkeit von der Wolfshorde ab und sahen nun eine schlanke, aber kräftige und äußerst attraktive Frau aus dem Dorf auf sie zukommen. Sie hatte langes, nussbraunes, zu einem Zopf geflochtenes Haar, das fast zu ihren Kniekehlen reichte. Gekleidet war sie in die seltenen Felle weißer Hirsche. Ein schmaler, filigran gearbeiteter Silberreif mit einem Smaragd in der Mitte schmückte ihre Stirn. Ihre Augen waren strahlend grün, wie ein frisch ausgetriebenes Laubblatt.

Amüsiert lächelnd musterte die weibliche Schönheit die beiden Hundedämonen, die ihr staunend entgegen sahen, und enthüllte dabei ihre glänzend weißen, scharfen Eckzähne. Eine starke dämonische Aura ging von ihr aus und ein wilder, aber sehr erregender Duft umhüllte sie. Ein Duft ähnlich dem der Wölfe, die weiterhin Sesshomaru und Yoshio umkreisten. Der Duft einer Wolfsdämonin.
 

"Wer bist du?" fragte Yoshio mit belegter Stimme. Bewundernd starrte er die Schönheit unverwandt an.

"Für dich heißt das ,wer seid Ihr', du unverschämtes, niederes Kötermischblut!" antwortete die faszinierende Wolfsdämonin scharf.

Yoshio zuckte zusammen. Er war es zwar gewohnt von Wolfsdämonen und auch von einigen Hundedämonen verächtlich behandelt zu werden, weil er in ihren Augen ein sogenanntes ,Mischblut' war, dennoch schmerzten ihn solch abfällige Kommentare immer noch. Vor allem, wenn sie von einem so attraktiven Wesen kamen. Es ließ sich zwar nicht verleugnen, dass Yoshios Mutter eine Wolfsdämonin gewesen war, doch darin lag prinzipiell keine Schande. Als schändlich galten eigentlich nur Halbdämonen, diese verdorbenen Mischungen aus Dämon und Mensch. Was bedeutete es da schon, dass in seinen Adern neben Hunde- auch Wolfsblut floss? Trotzdem war er schließlich ein vollwertiger Dämon und Hundedämonen wie Inu Taisho hatten ihn längst als einen der ihren akzeptiert. Yoshio war überzeugt davon ein mindest genauso wertvoller Hundedämon wie Sesshomaru zu sein, auch wenn er nicht so stark war. Doch dieses hochnäsige Wolfsdämonen-Biest sah das wohl anders.
 

Die stolze Wolfsdämonin kümmerte sich nicht mehr um den gekränkten Hundedämon, stattdessen wandte sie sich lächelnd an Sesshomaru.

"Ich bin Fuyuko, Anführerin der Wolfsdämonen", sagte sie.

Sesshomaru betrachtete sie nachdenklich.

"Ich dachte, der Anführer der Wolfsdämonen von hier ist ein Mann namens Chugo."

"Pah", meinte Fuyuko verächtlich, "mit diesem Schwächling und seinem noch schwächlicheren Rudel aus den westlichen Bergen habe ich nichts zu tun. Seine Gruppe hat sich schon vor ewiglangen Zeiten von der unseren abgetrennt. Ich bin nicht von hier, ich bin die Leitwölfin des Rudels aus dem Norden. Die Wölfe des Nordens sind dir sicherlich bekannt, nicht wahr?"

"Wenn du aus dem Norden kommst", sagte Sesshomaru unbeeindruckt, "haben du und deine Wölfe hier noch weniger etwas zu suchen als Chugos Wölfe. Und du hast vor allem kein Recht hier deine Wölfe auf ein Menschendorf loszulassen."

"Und wer bist du, um mir Vorschriften machen zu wollen?" fragte die Wolfsdämonin schnippisch.

"Mein Name ist Sesshomaru und das hier ist das Reich von Lord Inu Taisho. Kein Dämon überschreitet diese Grenzen ohne seine Erlaubnis. Erst recht keine ungebetene Wolfsprinzessin aus dem Norden!"

"Oh, sieh mal einer an", kicherte Fuyuko, "der Sohn des Hundefürsten erweist mir die Ehre und will mich über Grenzen aufklären. Sehr amüsant. Als ob es mich interessieren würde, was Inu Taisho erlaubt oder nicht. Mit diesem Hund, der meinen Vater ermordet hat, habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen!"

Sesshomaru knurrte leicht und seine Augen verengten sich zu Schlitzen.

"Das war kein Mord, meine liebe Prinzessin, das weißt du genau. Der Wolfsfürst hat meinen Vater herausgefordert und wurde im fairen Kampf besiegt. Es war eine Fehde auf Leben und Tod. Dein Vater wusste genau, worauf er sich einließ. Sein Tod war seine eigene Schuld!"

"Von wegen", fauchte die Wolfsdämonin wütend, "dein Vater hat nicht fair gekämpft. Für diese unverschämte Lüge werde ich dich von meinen Wölfen zerreißen lassen!"

"Versuch es", sagte Sesshomaru kalt, "und deine Haustiere sind allesamt tot!"
 

"Anmaßendes Großmaul!"

Fuyuko pfiff ihre Wölfe zurück, die daraufhin sofort von den beiden Hundedämonen abließen und sich hinter der Wolfsdämonin versammelten. Die Dämonin ging etwas vor und zog ein helles, silberverziertes Schwert. Auffordernd stellte sie sich in Kampfposition und blickte Sesshomaru mit grünglitzernden Augen zornig an.

"Dann lass mich doch mal sehen, wie stark du bist, dreister, widerlicher Hund. Wie mein Vater einst den deinen fordere ich nun dich. Kämpfe mit mir auf Leben oder Tod!"

Sesshomaru erwiderte den auffordernden Blick der stolzen, schönen Wolfsdämonin schweigend. Lange sahen sich die beiden Dämonen unverhohlen und stumm an. Keiner senkte die Augen und eine unerträgliche Spannung erfüllte die Luft.
 

Zaghaft sah Yoshio von einem der Kontrahenten zum anderen und schluckte. Was würde geschehen?

Myoga kam aus Sesshomarus Haaren hervor gekrabbelt und sprang bestürzt in die Höhe.

"Sesshomaru-sama", flehte der Flohgeist inständig, "denkt daran, was Euer Vater dazu sagen würde. Ihr dürft auf keinen Fall kämpfen!!!"

Das flehentliche Gekreische des Flohdämonen entlockte Fuyuko ein höhnisches Grinsen. Sie ging einen weiteren Schritt vor und hob keck ihr Schwert in die Höhe.
 

Sesshomarus goldschimmernde Augen wurden hart und ein rötlicher Glanz überzog die bernsteinfarbene Iris. Mit einem heftigen Handrückschlag beförderte er den verzweifelt bettelnden Flohgeist von seiner Schulter auf den Boden. Halb besinnungslos kullerte Myoga ins Gras.

Bedächtig zog der weißhaarige Hundedämon sein Schwert.

"Ich nehme deine Herausforderung an", sagte er langsam und ging auf die Wolfsdämonin zu.
 


 

Soweit das erste Kapitel.

Hat es euch gefallen?

Bitte hinterlasst mir doch wieder ein paar Kommentare. Dankeschön!



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2006-07-25T23:55:30+00:00 26.07.2006 01:55
cool^^
Von:  Mondvogel
2005-07-13T16:04:30+00:00 13.07.2005 18:04
Hey, wow Lizard! Einfach toll! Diese FF fängt schon mal super spannend an. Mir gefällt vorallem, wie du Sesshomaru beschrieben hast und sein hitziges Gespräch mit Fuyuko. Gute Arbeit!
Toll finde ich auch, dass Koga so gut rüberkommt. Er ist hitzig, impulsiv und regt sich gleich auf, wenn jemand Wölfe tötet. Du hast ihn gut getroffen!
*beide Daumen hochstreckt*
Nach und nach werde ich mir auch die anderen Kapitel vornehmen!
Von: abgemeldet
2005-06-08T18:42:20+00:00 08.06.2005 20:42
Ui, also ich muss sagen, ich bin baff. Das Kapitel ist wirklich klasse und ich bin gespannt, was das Nächste bereit hält, vor allem, was den Kampf angeht. Ob das Mädel wohl verliert? Würde mich ja jetzt schon gern auf das 2. Kapitel stürzen, aber die Dusche ruft, danach falle ich erneut über Deine Story her *es schon gar nicht mehr erwarten kann*
Was wollte ich noch sagen? Ach ja, es ist schön, mal wieder was zu lesen, was einfach anspruchsvoll geschrieben ist und nicht immer dieselben Sachen und Themem beinhaltet, Du hast Dir wenigstens mal richtig Gedanken gemacht, bevor Du das hier angefangen hast.

Mariko
Von:  Sesshoumaru-sama
2005-05-23T11:06:49+00:00 23.05.2005 13:06
Kann mir schon denken, daß die armen Wölflies nicht gut auf Niederlagen reagieren *fg*. Mal abwarten, inwieweit dich die folgenden Kapitel auf den Prolog stützen, daß könnte durchaus für "böses Blut" sorgen.

Myoga ist eine echte Nervensäge. Was will er eigentlich, er lebt doch noch, obwohl er mir ständig vorschriften machen will *g*. Das Kapitel ist gut geschrieben und man kann nur warten, wie der Kampf nun genau verlaufen wird ;).

Sesshoumaru-sama, Lord of the Western Lands
GVD
Von: abgemeldet
2005-05-21T17:32:04+00:00 21.05.2005 19:32
Was soll ich sagen ausser SUPER, GENIAL einfach TOLL!!!
das hast du echt schön geschriben und die art von sessy ist echt gut getroffen
schreib allso schnell weiter, der kampf wird bestimmt ziemlich interessant
Gruß
Engelchendiemau^^
Von: abgemeldet
2005-05-21T15:32:09+00:00 21.05.2005 17:32
Also wow, echt super Kapitel.
Schreib ganz schnell weiter!
Ich bin wirklich gespannt
wie es weitergeht^^
Von: abgemeldet
2005-05-21T12:49:03+00:00 21.05.2005 14:49
Dieses Kapitel steht dem Prolog in nichts nach. Der Schreibstil nach wie vor ausgezeichnet, Spannung ist erhalten. Diese Wolfsdamonin sieht irgendwie wie die aus, die sich an Koga ranschmeisst und an deren Namen ich mich nie erinnern kann. ^^"
Ich bin schon neugierig, wie der Kampf zwischen ihr und meinem lieben Sesshomaru ausgeht.
Und ich werde bestimmt ne kleine Kritik loslassen, sobald ich was finde. Aber noch sieht es nicht danach aus... Warum macht niemand Fehler, nur ich?!

Ich freue mich schon aufs nachste Kapitel. Bis dann. *winkz*
Von:  Hotepneith
2005-05-21T10:12:39+00:00 21.05.2005 12:12
Ja, das war wirklich gut.

Schön geschreiben und spannend. Und es erklärt auch einige Probleme, die später auftauchen. Da können sich ein paar Leute buchstäblich nicht riechen, oder?
Mach nur weiter.
bye
hotep


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