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Fürst der Finsternis

Zweiter Platz Herbst-Winter-FF Wettbewerb 2003
von

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Aster - 3: Lebenslichter

Kapitel 3: Lebenslichter
 

"Das sieht bescheuert aus! Das will ich nicht!"

Gelbe Augen starrten erst hasserfüllt auf ein freundlich lächelndes Mädchen, dann in einen großen Spiegel. Darin konnte man einen kleinen Jungen sehen, der wütend an einem Pullover zerrte. Zwar hatte das Kleidungsstück die gewünschte Farbe, Schwarz, bestand jedoch aus reiner Baumwolle.

Ich will aber Seide!

Der Junge ergriff den nächsten Kerzenhalter und schmetterte ihn gegen sein Ebenbild, noch bevor das Mädchen hatte reagieren können. Glas barst und mit ihm das Lächeln auf ihrem Gesicht.

"Ich will meinen Umhang! Ich will diesen Rotz nicht haben! Ich will, will, will!" Der kleine Junge stapfte mit seinen kleinen Füßen auf dem harten Steinfußboden auf und ballte ihr seine Fäuste entgegen. "Ich will das machen, was ich will!"

"Aber, Ren-chan..."

"Heute ist meine Weihe, da kann ich nicht so rumlaufen!" Ren zerrte sich den Pullover vom Kopf und warf ihn hasserfüllt in die Ecke seines Kinderzimmers. Eines Zimmers, wie es das wohl kein zweites Kind auf der Welt besaß. Die kalten Steine wurden von schwarzen Teppichen überdeckt, in der Mitte stand ein großes Himmelbett, dessen Lacken ebenfalls dunkel waren. Licht drang in dieses Gemach nicht einmal an den hellsten Sommertagen. Genauso, wie es das der Erbe der altehrwürdigen chinesischen Dynastie brauchte.

Entschlossen öffnete der kleine Junge den Deckel einer alten Truhe, der beinahe genauso groß war wie er. Das Mädchen eilte ihrem Bruder zu Hilfe, damit er sich nicht verletzte. Tränen schimmerten in ihren blauen Augen, als er einen ihr wohl bekannten Anzug heraus kramte, sowie den dazu passenden Umhang.

"Das sollte ich an einem Tag wie diesen anziehen!" entschied der kleine Ren mit Befehlsstimme und setzte sich auf sein Bett, damit sie ihm beim Umziehen helfen konnte. "Du weißt doch, dass heute ein ganz wichtiger Tag ist, oder?"

"Ja, Ren-chan. Heute ist dein fünfter Geburtstag." Flüsterte das Mädchen traurig und breitete den Anzug auf dem Bett aus, um die Falten ein wenig zu glätten. Kein kleiner Junge sollte solch einen Anzug besitzen, er sah darin einfach nicht mehr wie ein Kind aus.

Wie ein kleiner Fratz.

Mein kleiner Fratz...

"Heute wird sich mein Schicksal entscheiden, Jun!" Ren machte eine wichtige Miene, obwohl er den Sinn seiner Worte wohl kaum verstand. Aber sie wusste genau, was seine kindliche Aussage bedeutete. An dem fünften Geburtstag eines jenen Kindes, das in eine Schamanenfamilie hereingeboren wurde, entwickelten sich seine Fähigkeiten. Heute würde sich entscheiden, ob Ren ebenfalls ein Schamane werden und damit das Erbe der mächtigen Tao Dynastie antreten würde, oder ob er, genauso wie seine Schwester, ein Totenbeschwörer wurde. Auch damit konnten seine Eltern ganz gut leben, aber Jun wusste, dass seine Eltern auf einen Schamanen hofften, der eines Tages Shaman King werden würde. Dieses Ziel zu erreichen war für Totenbeschwörer ungleich schwerer.

Was mach ich, wenn er ein Schamane wird?

Jun half einem vor Unruhe strampelnden Jungen in die Anzugshose und schlug die Beine um. Er war für sein Alter noch zu klein, um den Anzug zu tragen, der einst seinem Großvater besessen hatte, als dieser noch ein Kind gewesen war.

Was mach ich, wenn er mir Li wegnehmen will?

Besagter Zombie stand wie immer unbeweglich an der Tür, sein Gesicht lag in tiefen Schatten. Aber sie wusste, dass auch er sich Sorgen machte, große Sorgen, um seine Herrin, aber auch um den kleinen Erben.

"Heute bekomme ich endlich meinen Geist!" Ren schien die Möglichkeit, dass er ein Totenbeschwörer werden könnte, gar nicht in Betracht zu ziehen. Seit Wochen sprach er von nichts anderem mehr als von seinem Geist, konnte nachts vor Aufregung nicht mehr schlafen und schlich heimlich durch die langen Gänge des Palastes, immer in der Hoffnung, einen neuen Geist zu erspähen, der der Seinige werden könnte.

Jun betrachtete ihn traurig, half ihm schließlich in das dunkle Hemd, das zu viele Knöpfe für kleine Kinderhände besaß. Ungeduldig zappelte er auf dem Bett herum, ließ sie aber gewähren. Er wusste genau, wie sehr es ihr Vater verabscheute, wenn er nicht ordentlich gekleidet war, also musste er diese langweilige Tortur eben über sich ergehen lassen, wenn auch zähneknirschend.

"Dann hast du mir nichts mehr zu befehlen, wenn ich erst einmal meinen Geist habe!" zischte er sie an, seine gelben Augen schienen sie zu durchbohren.

"Wenn dein Geist dir auch die Schnürsenkel zubinden kann, bitte schön, kann mir recht sein. Dann hab ich mehr Zeit, um meine Bücher zu lesen und neue Zaubersprüche zu erlernen. Vater tadelt mich immer, dass ich noch nicht genug weiß."

Für einen Moment zögerte Ren, unsicher, ob er sich jetzt wirklich ohne fremde Hilfe anziehen sollte, und sie konnte ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken.

"Du machst dich lustig!" Zornig schrie er sie an, gab ihr dann jedoch seinen linken Fuß, damit sie ihm gnädigerweise half. "Na warte, wenn ich meinen Geist habe, dann wirst du mich auch als einen Mann behandeln!"

Mit fünf Jahren?

Willst du da wirklich schon erwachsen sein, Ren-chan?

Aber Jun wusste, dass ihr Bruder niemals ein normales Kind sein würde. Wo andere Kinder im Sandkasten spielten, hob er mit seiner kleinen Schaufel Gräber für Spinnen und andere ekelige Tiere aus, die er extra dafür zertreten hatte. Vielleicht waren all die Worte, die ihm seine Eltern eintrichterten, für ihn als einen Fünfjährigen normal, vielleicht stellten sie für ihn auch nur ein lustiges Spiel dar.

Was mach ich, wenn er eines Tages erkennt, dass das alles kein Spiel ist?

Jun befestigte den Umhang an der Anzugsjacke und seufzte tief, als der schwarze Schatten vom Bett sprang und Richtung Tür rannte.

Ich will doch nur, dass du glücklich bist, Ren-chan...

"Jetzt werde ich endlich einen Geist erhalten!" Der kleine Junge klatschte kräftig in seine Hände. Dann nahm er den kleinen Dolch, den er immer mit sich herum trug, und verließ sein Zimmer. Jun strich sich ihr dunkles Kleid glatt, fuhr über ihre müden Augen.

>Jun-chan?<

"Wieso kann ich nicht eine normale Familie haben, Li?" fragte sie leise und ergriff kurz seine kalte Hand, um bei ihm den Trost zu erhalten, den ihr niemand in ihrer Familie geben konnte. "Er ist doch nur ein kleines Kind. Ein kleines Kind! Und sie vernichten ihn systematisch für ihren Wahn!"
 

***
 

Die Zeremonie dauerte dem kleinen Jungen viel zu lange. Seit drei Stunden saß er schon auf dem vergammelten Stuhl, den sein Vater >Thron der Ahnen< nannte und starrte auf seine Hände. Das war ja so langweilig! Wieso hatte ihn denn keiner vorgewarnt, dass diese Prüfung aus Rumsitzen bestand? Dann hätte er sich ein paar Käfer von seiner Sammlung mitgebracht und mit seinem Dolch aufgeschlitzt. Aber nein, jetzt musste er hier sitzen und darauf warten, dass etwas passierte. Irgendetwas, das sich verdammt viel Zeit nahm!

"Vater..."

Ren hob seinen Kopf und blickte in den dunklen Saal. Er konnte seine Verwandten nicht erkennen, aber er wusste, dass sie alle da waren. Heute war schließlich ein besonderer Tag, den niemand hätte missen wollen.

"Sei still und konzentrier dich!" dröhnte die tiefe Stimme sofort durch den gesamten Palast und Ren zuckte ein wenig zusammen, um mit schmollender Miene wieder auf seine Hände zu starren. Er sollte sich konzentrieren? Worauf denn? Auf die Kerze, die neben ihm auf der Armlehne brannte, als einzige im ganzen Raum ein schwaches Licht spendete? Oder auf seine frisch geputzten Stiefel? Oder auf den Dolch, der an seinem Gürtel hing, im Feuerschein rötlich glänzte?

Da erhob sich ein unheimlicher Wind, obwohl es in dem Raum keine Fenster gab, durch die er hätte eindringen können. Die Kerze flackerte und erlosch. Dennoch konnte Ren seinen Dolch ganz genau erkennen, nun leuchtete er in einem grünen Schein.

Was?

Ren hob seinen Kopf und sah in der Mitte des Saales, direkt vor seinem Thron, eine Gestalt schweben. Sie war in eine goldene Rüstung gehüllt. Rote Augen starrten aus der Dunkelheit eines massiven Helmes direkt in Rens verwirrtes Gesicht.

Wer ist das?

Ren zog seine Stirn in Falten, bis er sah, dass die Gestalt über dem Boden schwebte, er die Säule hinter dem goldenen Metall erkennen konnte.

Durchsichtig!

Ein freudiges Lächeln erschien auf dem Gesicht des kleinen Jungen. Das bedeutete nur eines: Er war ein Schamane und dies war sein Geist. Sein Geist!

Von Li Pailong wusste er, dass ein Zombie immer einen toten Körper brauchte, nicht einfach so durch die Luft fliegen konnte. Auch konnte man durch den Untoten seiner Schwester nicht einfach so hindurch schauen.

Ich bin ein Schamane!

Gerade wollte Ren von seinem Thron springen und zu dem fremden Geist laufen, als sich plötzlich eine Gestalt aus der Dunkelheit löste.

Juns Herz schlug bis zum Anschlag und sie spürte, wie Li all seine Muskeln spannte, um sie im Ernstfall zu beschützen. Denn sie war nicht die zukünftige Herrscherin des chinesischen Kriegers, der gerade vor dem Thron der Tao Dynastie aufgetaucht war. Aber sie musste mit ihm sprechen! Egal, was ihre Tat auch für Folgen haben mochte, egal, ob ihr Vater sie dafür verbannte, sie musste jetzt handeln, oder sie würde es für den Rest ihres Lebens bitter bereuen.

Langsamen Schrittes trat Jun auf den Geist zu, der seine Aufmerksamkeit nur kurz von dem kleinen Jungen lenkte, der genauso geschockt aussah, wie das die restlichen Verwandten wohl auch waren. Jun hörte nur erschrockenes Luftholen, wusste, dass ihr nur Sekunden blieben, bis sich ihre Eltern von dem Schock erholten und eingriffen. Denn es war niemandem erlaubt, das Zeremoniell zu stören. Selbst dann nicht, wenn das Kind sich zu Tode fürchtete und laut nach Hilfe schrie. So wie sie vor dreizehn Jahren hysterisch geweint hatte, als plötzlich Li aufgetaucht war, um ihr für den Rest ihres Lebens zu dienen, und sie zu beschützen, wie sich später herausstellte.

Was ist, wenn dieser Geist nicht so lieb wie mein Li ist?

Was ist, wenn er meinem Ren weh tut?

Was ist, wenn er genauso schlimm wie unser Vater ist?

"Wer bist du?" fragte sie laut und versuchte, so selbstsicher auszusehen, wie das von der Tochter des Tao Hauses und einer Totenbeschwörerin auch erwartet wurde. Nur keine Angst zeigen, das konnte ihr Ende bedeuten!

>Bason.<

Jun stockte für einen Moment, als sie die tiefe Stimme in ihren Gedanken hörte. Hatte sie sich verhört? Hatte dieser Geist wirklich den Namen Bason gesagt? Den Namen des Bason, des berühmten Kriegers, der vor über fünfhundert Jahren bei den großen Kriegen gestorben war? Des Bason, der laut einer alten Legende über tausend Mann tötete, bevor er von einem Pfeil getroffen wurde?

Bason, der Blutrünstige?

Na prima!

Jun blinzelte und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Ihre blauen Augen blitzten nun wütend. Wütend auf ihre Eltern, die zuließen, dass ihr kleiner Bruder als ersten Geist einen so brutalen Krieger erhielt, und damit noch tiefer in diesen ganzen Erbe-Mist hereingezogen wurden.

Ich hasse sie!

Jun blickte direkt in rote Augen, hielt Basons Blick unverwandt starr.

Aber ich liebe meinen kleinen Ren-chan...

"Dort auf dem Thron sitzt Tao Ren, dein zukünftiger Herr, Bason." Jun trat näher an den Geist heran, ohne ihn aber auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen. "Er ist der Erbe der mächtigen Tao Dynastie, und er ist mein kleiner Bruder." Jun hörte Schritte auf sich zukommen, rasche Schritte, aber es war ihr egal. Wichtig war die Botschaft, die sie zu überbringen hatte, und, dass der Geist diese auch verstand.

"Solltest du Ren weh tun, dann wirst du dir wünschen, in die Hölle gekommen zu sein, anstatt meinen Zorn zu spüren!"

Der chinesische Krieger erwiderte ihren entschlossenen Blick, dann nickte er leicht, er hatte verstanden.

"Was soll das, Jun?! Das ist mein Geist! Du hast schon Li!" Zwei Kinderhände zerrten an ihrem Gewand, wollten sie von dem Krieger fortziehen. "Hau ab, hörst du mich? Verschwinde, du doofe Ziege!" Tränen der Wut standen in Rens Augen. Das hier war sein großer Moment, sein fünfter Geburtstag, seine Ernennung zum Schamanen. Und sie kam und machte alles kaputt, indem sie den Krieger zuerst ansprach! Wie konnte sie nur?!

"Ich hasse dich!" Ren schrie und trat mit seinem rechten Stiefel nach ihr. "Ich hasse dich dafür!"

Jun betrachtete den kleinen Erben schweigend, dann den Geist, bevor sie sich umdrehte und langsam den Saal verließ. Li folgte ihr. Dem Mädchen war es egal, was für Strafen sie jetzt erwarteten, der Geist würde sich benehmen, für dieses Wissen nahm sie auch monatelangen Gruftarrest in Kauf.

"Ich hasse dich!" hallte die zornige Kinderstimme ihr nach und traurig musste sie gegen ihren Willen lächeln.

Und ich liebe dich, mein kleiner Fratz.
 

***
 

"... ich liebe dich, Ren-chan..."

Zärtlich wiegte Li Pailong seine kranke Herrin in seinen starken Armen, strich tränenfeuchte Strähnen aus ihrem bleichen Gesicht. Zumindest litt sie keine Schmerzen mehr, schien sogar etwas Schönes zu träumen, vermutlich von ihrem kleinen Bruder, den Jun trotz aller Widrigkeiten ihr ganzes Leben lang vergöttert hatte. Zu Beginn hatte der Zombie die junge Frau nicht verstanden, warum sie sich überhaupt für diesen missratenen Bengel interessierte, der ihr immer wieder weh getan, sie immer wieder beschimpft hatte. Aber rasch hatte er erkennen müssen, dass Juns Herz sehr groß, ihre Geduld unendlich und ihre Liebe grenzenlos war, wenn es ihren kleinen Bruder betraf.

>Ich wünschte, er wäre jetzt hier...< Li Pailong akzeptierte die Entscheidung seiner Herrin, dass sie all diese Pein, all diese Qual ihrem geliebten Brüderchen ersparen wollte, aber er spürte ihren Wunsch, Ren noch einmal zu sehen.

Zumindest würde er es dem Jungen nicht erzählen müssen. In dem Moment, wo Jun diese Welt für immer verlassen musste, würde er ihr ohne zu zögern folgen. Nein, darum hatte sich Jun bereits vor einigen Wochen gekümmert, als Faust die endgültige Diagnose traf. Die Briefe lagen versiegelt, sicher verwahrt in Juns Schreitisch. Der Arzt würde sie mit sich nehmen, wenn er das Schloss verließ.

>Ich wünschte, ich hätte mehr für dich tun können.< Li lehnte sich vor und drückte seine kalten Lippen auf eine heiße Stirn. Statt dessen hatte er hilflos zusehen müssen, wie seine Herrin immer mehr verfiel. Seine Herrin und seine Geliebte.

Leise wurde die Tür geöffnet und Faust kam herein. Der Doktor sah so müde aus, wie Li ihn noch nie gesehen hatte, auch damals während des Shaman Fights nicht. Er hatte gekämpft und verloren, das wog verdammt schwer.

"Ren-chan..."

Faust zuckte merklich bei ihrer leisen Stimme zusammen, dann ergriff er vorsichtig ihren Arm und überprüfte ihren Puls. Er war schwächer geworden, würde bald vollständig verklingen.

"Sie ist eine Kämpferin, bis zum Schluss." Flüsterte der Doktor gebrochen und verabreichte ihr eine weitere Spritze, die ihre gelinderten Schmerzen erst gar nicht wieder auferstehen ließ. Sie sollte friedlich einschlafen, wenigstens das.

>Ja, das ist sie....<

Der Arzt nickte und verließ wieder das Gemach, um sich einen Kaffee zu brauen. Obwohl der Tag gerade einmal anbrach, versprach er, sehr lang zu werden. Und sehr hart.

>Ja, das warst du schon immer, Jun-chan.<

Die aufgehende Sonne lugte über die Bergspitzen durch das offene Fenster in das kleine Schlafzimmer, spiegelte sich in den klaren Tränen eines einst so mächtigen Kun-Fu-Kämfpers.
 

***

>Stell mir dieselbe Frage noch einmal in zehn Jahren, Kleiner.<

Yoh saß in seinem Zimmer auf seinem Futon, rieb sich die müden Augen. Die letzte Nacht hatte er kein Auge zugetan, sich von einer Seite auf die andere gewälzt. Im Morgengrauen hatte er dann das kleine Gerät ergriffen und hielt es seitdem fest an seine Brust gepresst, den tiefen Schmerz darin zu ignorieren versuchend. Amidamaru befand sich noch in seiner Totentafel und Yoh war das auch lieber so. Er wollte jetzt mit niemandem reden, erst recht nicht mit dem Geist, der ihn besser zu verstehen schien, als all seine Freunde, als Anna, ja sogar besser als er sich selbst verstand.

Also beobachtete er den Sonnenaufgang und hörte, wie die ersten Freunde aufwachten. Bestimmt würde Manta gleich mit einem großen Beutel voll warmer Brötchen kommen. Und dann würde er ihnen zuliebe wieder fröhlich sein, obwohl er sich eher traurig fühlte. So wie immer, wenn er an den letzten Shaman Fight, den endgültigen Kampf denken musste. Er hatte so vieles falsch gemacht in seiner Unwissenheit, auch wenn das die anderen wohl nicht verstanden hätten. Viel eher hätte er reagieren sollen, um das gröbste Unglück abzuwenden. Statt dessen suchte er nach diesem verwunschenen Patch Village, glaubte all den anderen, die ihm erzählten, dass Hao schlecht, sein größter Feind, der Vernichter der Welt sei.

Ich hätte es besser wissen müssen!

Schließlich konnte er Geister sehen!

"Yoh?"

Die Papiertür wurde aufgeschoben und Anna trat herein. Auf dem ersten Blick sah sie das Gerät in seinen Händen, ignorierte es jedoch. Energisch umfasste sie seine Schulter und versuchte, ihn Richtung Flur zu ziehen.

"Komm, steh auf und zieh dir was an! Manta-kun ist gerade eingetroffen und wir haben beschlossen, das Wohnzimmer vorzurichten. Das Papier sieht einfach ekelig aus, wir können es ja mit dem restlichen Papier austauschen, das noch im Schuppen lagert." Dass dies kein Vorschlag war, wusste Yoh. Auch ahnte er, dass Anna diese ganze Aktion nur startete, um sie alle von ihren trübseligen Gedanken abzubringen.

Rasch schloss die das Fenster. Obwohl es die ganze Nacht über geregnet hatte, zogen bereits neue Wolken aus, die sich breit und dunkel vor die Sonne schoben, einen stürmischen Tag verkündeten.

"Falls das Wetter aufklart, können wir ja heute Nachmittag wieder Drachensteigen gehen. Ich brauch sowieso neuen Reis, den können wir auf den Rückweg gleich kaufen."

Yoh betrachtete Anna stumm und wunderte sich, woher sie all diese Energie nahm, seinen Tagesablauf wieder bis ins kleinste Detail zu planen. "Wenn es weiterhin regnet, könnt ihr ja trainieren gehen, das wird sicher auch im Sinn von Horo-kuns Schwester sein." Anna lächelte zuckersüß, aber Yoh schenkte ihr nicht sein übliches Grinsen, sondern blickte wieder hinaus zum Fenster, sah den ersten Tropfen zu, die gegen das Glas schlugen.

"Yoh?"

"Ich bin gleich da."

Anna musterte die stille Gestalt ihres Verlobten, bevor sie sich mit einem leisen Seufzer vorbeugte und seine Haare zerwuselte. Der Kopfhörer lag um seinen Hals, langsame Musik füllte für den Moment ihre Ohren, als sie Yoh kurz umarmte.

"Zieh dir was Altes an, heute wird tapeziert." Mit energischen Schritten verließ sie sein Zimmer, in das er letzten Abend zurück gekehrt war. Nun bestand keine Bedrohung mehr für Horo Horo und Yoh zog es vor, die Nacht allein zu sein, anstelle dem müden Geplapper eines schlafenden Ainu zu lauschen.

Wie in Zeitlupe legte Yoh das kleine Gerät beiseite, bevor er seinen alten Trainingsanzug ergriff und sich umzog, noch immer tief in Gedanken versunken.

>Stell mir dieselbe Frage noch einmal in zehn Jahren, Kleiner.<

Ja, er hatte Hao die Frage gestellt.

Jedoch viel zu spät.
 

***
 

"Das ist wirklich sehr schönes Papier, Anna-san."

Das Chaos war bereits in vollem Gang, als Yoh schließlich die Küche betrat. Die Möbel waren in ein anderes Zimmer getragen und die Tür lag quer im Zimmer. Ryu beugte gerade darüber und schnitt sorgsam das alte Papier heraus, während Manta neben ihm den Leim anrührte. Natürlich piepte sein Computer unentwegt, aber heute erzeugte er nur leise Musik, sein Spiel würde warten müssen.

>So etwas hab ich noch nie gesehen.< Amidamaru flog interessiert zu Ryu hinüber, wohl wissend, dass er nicht wirklich helfen konnte. Ja, wenn man nur zuschaute, konnte so ein Renovierungstag richtig lustig sein.

"Aber macht mir keine Flecke auf den Teppich!" Anna hatte sich herab gelassen und den anderen geholfen, die Küche mit Zeitungspapier auszulegen. Nun stand sie im Bademantel im Wohnzimmer, wahrscheinlich wollte sie gleich im Badezimmer verschwinden.

"Natürlich nicht, Anna-san."

"Würde uns niemals im Leben einfallen, Anna-san."

Ryu und Manta grinsten unsicher, bevor sie sich gemeinsam über die Tür hermachten. Ganz vorsichtig, natürlich. Eine falsche Bewegung und das Papier könnte reißen oder der Leim an den falschen Stellen kleben bleiben. Das wäre fatal, besonders für ihre Mägen, denn dann würde ihnen Anna bestimmt nicht das versprochene Abendessen zubereiten.

"Das ist auch gut so." Anna schaute sich noch einmal kurz um und, nachdem sie sicher gestellt hatte, dass alles vor dem Leim beschützt wurde, verschwand Richtung Bad. Die Jungs kamen auch ohne sie zurecht, schließlich waren sie ja zu viert - und so groß war das Wohnzimmer nun auch nicht!

"Wann ist ihr denn diese Idee gekommen?" Yoh setzte sich hinter seine Freunde und übernahm den Leimtopf von Manta. Es war ungefährlicher, wenn er einfach nur rührte, da konnte weitaus weniger schief gehen.

"Keine Ahnung, aber vor einer Stunde stand sie plötzlich in unserem Zimmer und verkündete ihre tolle Idee." Ryu zuckte nur mit seinen Schultern und konzentrierte sich wieder auf den Holzrahmen. Ein wenig war es ja wie Drachenbauen, aber Anna wäre mit Sicherheit nicht besonders glücklich gewesen, wenn er die Papiertür ebenfalls in ein Motorrad verwandelt hätte.

"Falls du frühstücken willst, Brötchen sind in der Küche. Horo-kun isst auch noch." Manta beugte sich über seinen Computer und schnellere Rockmusik füllte das Wohnzimmer. Anna mochte harte Gitarrenklänge nicht, deshalb war der kleine Japaner gar nicht so traurig, dass sie baden ging. Dann war die Chance, dass sie nicht ständig über ihre Schultern sah und sie einfach in Ruhe arbeiten ließ, ebenfalls besser.

"Lass dir Zeit, Yoh-kun. Die Tür kriegen wir zwei schon hin." Ryu blickte kurz auf und seufzte, als er die Wand betrachtete. Fettflecken klebten daran, so als hätte hier erst vor kurzem eine Essensschlacht statt gefunden. Anna hatte schon Recht, Renovieren hatte wirklich seinen Sinn. Dennoch konnte das ganz schön anstrengend sein. "Bei der Wand da hinten brauchen wir euch dann aber."

"Ist klar." Yoh grinste sein typisches Grinsen, stellte den Leimtopf beiseite und schlenderte Richtung Küche. Amidamaru blieb bei den anderen, immerhin wurde nicht jeden Tag eine Tür neu beklebt, da durfte er keine Minute verpassen.

Yoh traf in der Küche auf Horo Horo. Aber anstelle eines Tellers mit einem belegten Brötchen oder einem Reisbällchen vom letzten Tag hatte er einen Blumentopf vor sich stehen. Statt mit Tee hatte er seine Tasse mit einem weißen Pulver gefüllt.

"Hm, lecker. Ich seh schon, ich hab von natürlicher Ernährung keine Ahnung." Yoh konnte sich so einen Kommentar einfach nicht verkneifen und als ein feixender Horo Horo aufsah, musste der junge Japaner sogar leise kichern. "Ich hoffe, du vergibst mir, wenn ich mir lieber ein Brötchen nehme."

"So wirst du nie hundert Jahre alt." Horo Horo ergriff seinen Löffel und verstreute den Dünger auf die frische Erde, mit der er die kränkelnde Pflanze umgetopft hatte, die Ren gestern so achtlos zurück gelassen hatte. Egal, ob Ren diese Blume einfach vergessen hatte oder ob sie tatsächlich das Gastgeschenk an Yoh und Anna darstellte, sie war krank und er als Ainu musste sie einfach pflegen! Kororo flog von seiner Schulter und hielt einige Blätter in die Höhe, die schlaff nach unten hingen, damit er seine Arbeit besser verrichten konnte.

"Arigatou." Murmelte Horo Horo und goss ein wenig Wasser hinterher. Zufrieden lehnte er sich zurück und betrachtete sein Werk eingehend.

"So, das müsste reichen." Sagte er schließlich laut und nickte Kororo zu. "Bei meiner guten Pflege müsste das Pflänzchen hier morgen wieder gesund sein, bestimmt fehlte einfach nur das Wasser."

Yoh setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und biss herzhaft in sein Brötchen. Plötzlich verspürte er Hunger, obwohl ihn vor einigen Minuten noch furchtbar schlecht gewesen war.

Anna hat Recht, ich sollte nicht immer grübeln!

"Das ist schön." Breit lächelte er und beobachtete, wie der junge Ainu die Pflanze behutsam auf das Fensterbrett stellte. Dann nahm auch Horo Horo sich etwas zum Frühstück.

"Als Anna-san heute morgen in Ryu und meinem Zimmer aufgetaucht ist und uns geweckt hat, dachte ich schön, wir müssten das Badezimmer schrubben. Aber Renovieren geht noch, solange ich einfach nur etwas halten muss. Im Kleben bin ich nicht so gut." Horo Horo grinste schief, als er an seinen Drachen zurück dachte, den er beinahe in die Ecke geworfen hätte, weil nichts richtig halten wollte.

Tao Ren hat mir geholfen...

Horo Horo starrte gedankenverloren auf sein Brötchen, bevor er hinein biss. Von dem Verschwinden des Chinesen hatte er nichts mitbekommen, weil er viel zu tief schlief, aber am Morgen war es ihm gleich aufgefallen, dass der Futon auf der anderen Seite leer geblieben war. Ryu erzählte ihm die ganze Geschichte brühwarm, dennoch konnte sich Horo Horo keinen Reim darauf bilden. Auch nicht auf seine enttäuschte Reaktion. Immerhin hätte er doch froh sein sollen, dass die Killermaschine verschwunden war und ihn in Ruhe ließ. Jetzt konnte der Ainu wieder seine Witze reißen, ohne befürchten zu müssen, von einem wütenden Jungen dafür erwürgt zu werden.

Aber Horo Horo war nicht froh, statt dessen war er besorgt, aus einem Grund, den er nicht verstand. Ein Blick in Yohs blasses Gesicht bestätigte ihm, dass seine Gefühle vielleicht unlogisch, er damit aber zumindest nicht allein auf dieser Welt wäre.

Auch Yoh-kun macht sich Sorgen...

"Ich auch nicht, aber die anderen stellen sich mit der Tür ganz geschickt an." Yoh blies an seinem Tee, bevor er mehrere Schlucke trank. "Außerdem, was kann im allergrößten Notfall schon passieren?"

"Kein Abendbrot."

"Ach, wir können doch zu McDoof gehen."

"Hast du noch so viel Taschengeld?"

"Mist."

Beide kicherten, aber es klang leiser als normal. Auch schienen sie nicht wirklich an einem üppigen Mahl interessiert zu sein. Aber zumindest wollte niemand von ihnen Annas Zorn spüren, also würden sie sich alle Mühe geben, das Wohnzimmer nach ihren Vorstellungen vorzurichten.

Horo Horos Handy piepte leise und er ließ fast sein Brötchen fallen, um es so rasch wie möglich aus seiner Hosentasche zu ziehen. Im Gegensatz zu Rens oder gar Mantas Wunderwerken der Technik war seines bereits zwei Jahre alt, besaß keinen Internetzugang und klingelte in fremdartigen Tönen, die heutzutage niemand mehr benutzte, aber es funktionierte, das war die Hauptsache. Er als Ainu mochte die modernen Apparate sowieso nicht, aber seine Schwester machte sich immer so große Sorgen, deshalb hatte sie ihm damals ein Handy geschenkt, mit dem Ergebnis, dass er es die größte Zeit lieber auf off schaltete, sonst rief sie ihn ständig an. Außerdem waren die Gebühren sehr hoch, so dass er immer Anna fragte, ob er ihren privaten Anschluss benutzen durfte, um sich bei Pirika zu melden.

Daher zog Yoh fragend seine Augenbrauen in die Höhe, als Horo Horo sein Steinzeithandy hervorkramte und aufgeregt auf den Tasten umher tippte, nur, um es mit einem verächtlichen Schnauben auf die Tischplatte zu werfen.

"SMS konnte nicht versendet werden, Empfänger nicht erreichbar." Brummelte er genervt. "Sag ich doch, moderne Technik, nix funktioniert, wenn man's mal braucht!"

Mit einem leicht schmollenden Gesicht biss er erneut in sein Brötchen und strich durch Kororos Haare, als die kleine Pokkuru sich auf seine Schulter setzte und sich an seinem Hals anschmiegte.

"Vielleicht ist deine Schwester ja gerade bei einer Freundin." Schlug Yoh vor, der sich nicht sicher war, ob Pirika auch ein Handy besaß. Auch hatte Horo Horo sie erst gestern angerufen und begeistert von seinem Drachen erzählt, wobei er die ganze Episode mit dem Baum natürlich aus ließ. Deshalb erwartete das Mädchen seinen Anruf mit Sicherheit nicht und war nicht zu erreichen.

Yoh lächelte in Horo Horos erstauntes Gesicht und versuchte, die Eifersucht in seinem Inneren zu unterdrücken. Die Eifersucht auf Horo Horo und Ren, die genau wussten, wie es war, ein sorgender Bruder zu sein.

"Ich hab gar nicht meine Schwester angepiept." Für dieses Wort hätte ihn Manta vermutlich ausgelacht, aber Yoh störte das nicht, kannte er doch ebenso wenige Fachausdrücke wie der junge Ainu, der leicht errötete und das Handy in seine Hosentasche zurück steckte.

Yoh wollte gerade weiter fragen, blieb dann aber still, als er sah, wie Horo Horo nach seinem Tee griff und mit sich zu kämpfen schien.

"Tao-kuns Handy lag auf seinem Futon und da hab ich mir einfach seine Nummer abgeschrieben." Horo Horo errötete noch stärker, so als sei er beim Stehlen von frischen Plätzchen erwischt worden. "Und da hab ich ihm jetzt einfach eine SMS geschrieben und ihn gefragt, warum er einfach so abgehauen ist, ich mein, so schlimm ist das Vorrichten eines Wohnzimmers nun auch nicht." Horo Horo blickte in Yohs lächelndes Gesicht, sie beide verstanden sich auch so. Der junge Ainu hatte sich ebenfalls Sorgen gemacht, obwohl er das niemals zugegeben hätte, und Yoh war ihm dankbar dafür, besonders nach Rens Ausrutscher vor einigen Tagen.

Freunde verzeihen sich.

"Er ist aber nicht zu erreichen?"

"Nein." Horo Horo schüttelte seinen Kopf und trank ein wenig von seinem Tee, nur, um sein Gesicht zu verziehen und ein paar Stückchen Würfelzucker darin zu versenken. "Manta-kun hat mir erklärt, dass das entweder bedeutete, dass das Handy ausgeschaltet ist, oder dass er sich im Ausland befindet." Horo Horo biss sich auf die Unterlippe, nagte nachdenklich an dieser und zuckte zusammen, als er die Wunden von gestern berührte. "Mein Handy ist uralt, Yoh-kun, ich kann damit nur innerhalb von Japan telefonieren, deshalb hab ich's in Amerika nie verwendet, und Tao-kun hatte das Ding eigentlich immer an, vermutlich, weil er nicht wusste, wie es auszuschalten geht."

Oder aber, weil er für seine Schwester immer erreichbar sein wollte.

Keiner von beiden sprach den Gedanken laut aus, weil er auf der einen Seite absolut nicht zu dem mächtigen Erben der Tao Dynastie gepasst hätte, andererseits aber typisch für ihren Freund, Ren, gewesen wäre.

"Dann könnte Ren also wieder in China sein." Murmelte Yoh und schob sein angebissenes Brötchen von sich. Mit einem Mal war sein Hunger komplett verschwunden.

"Oder auf den Weg nach China. Man fliegt trotzdem ein paar Stunden, besonders in das abgeschiedene Tal, wo er lebt." Gab der junge Ainu zu bedenken und blickte auf die Uhr. Seit Rens Verschwinden waren gerade zwölf Stunden vergangen.

"Aber wieso?"

"Vielleicht war's ihm mit uns zu langweilig geworden."

Yoh hob seine rechte Augenbraue, als er Horo Horos sarkastische Stimme hörte. Beide konnten sie diesen Worten keinen rechten Glauben schenken. Bevor sie jedoch weiter darüber grübeln konnten, hörten sie Ryu und Mantas Stimmen, die um Hilfe riefen, da die Tür nicht im Rahmen halten wollte und umzukippen drohte.

Jeglicher Gedanke an Ren war erst einmal verdrängt, als Horo Horo und Yoh auf ihre Beine sprangen und zu ihren Freunden eilte, schließlich wollten sie Annas Ärger nicht auf sich ziehen.
 

***
 

"Dass aus dem Drachensteigen bei dem Wetter nichts werden würde, das war mir ja klar geworden. Aber dass sie uns bei dem Regen rausschickt, das find ich unfair."

Horo Horo sprintete hinter Yoh her, der durch die tiefen Pfützen joggte, die sich überall in der Stadt gebildet hatten. Unaufhörlich fiel der Regen vom Himmel und schon nach wenigen Metern waren sie beide komplett durchnässt gewesen. Aber es nützte nichts, Anna brauchte den Reis für ihr Abendbrot, also hatte sie die zwei Jungen losgeschickt, die sich im Renovieren am ungeschicktesten angestellt hatten: Horo Horo und ihn. Manta und Ryu schwitzten gerade über der zweiten Wand und Yoh beneidete sie kein bisschen.

"Willst du lieber hungern? Ein Anna-Abendbrot geht eben nicht ohne Reis." Meinte er und sprang über eine kleine Pfütze, nur, um direkt in einer tiefen zu landen, wo ihm das kalte Wasser sogar in die Schuhe lief.

"Wir haben noch Brötchen vom Frühstück, die hätten gereicht." Horo Horo war ein Kind der Natur, aber wenn ihm die Brühe, wie er es nannte, bereits das Unterhemd durchweichte und in seine Unterhosen lief, da hörte selbst seine Liebe zur Natur auf.

>Dann erkläre das Anna-san.< Amidamaru drehte sich zu ihm um und Horo Horo wusste, dass er Recht hatte. Außerdem waren sie schon nass, da machte es nun auch nichts mehr aus. Trotzdem...

"Hat sie wenigstens gesagt, was noch so alles zur Neige geht? Denn nochmals will ich nicht in die Innenstadt schwimmen." Eisiger Wind fuhr durch seine Haare und Horo Horo zuckte fröstelnd zusammen. Nasses Laub klatschte unter seinen Turnschuhen und er fühlte sich beinahe wie ein Fisch. Fehlten nur noch die Flossen!

"Ja, Zucker." Yoh sah zum Himmel und wischte sich einige Regentropfen vom Gesicht. "Aber ich denke, den schenken wir uns, der kommt nie im Trockenen zu Hause an."

"Ok."

Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander her. Selbst Amidamaru, der den Regen nicht einmal spüren konnte, schien sich ein wenig unwohl zu fühlen, vermutlich, weil er die Kälte spürte, die langsam von seinem Herrn Besitz ergriff.

"Ich habe Manta-kun nach dem Mittagsimbiss eine SMS zu verschicken, da sein Handy moderner ist." Mittagsimbiss. Dieses Wort schmeichelte noch seiner Beschreibung, denn Anna hatte ihnen einfach den Rest des Kirschkuchens hingestellt und sich daran gemacht, das Abendbrot vorzubereiten. Das Mädchen hatte schon immer das Abendmahl für die wichtigste Speise des Tages gehalten und deshalb sah sie auch nicht die enttäuschten Gesichter der hungrigen Jungen. Horo Horo hoffte, dass ihn die leckeren Düfte, die seitdem das Haus füllten, nicht enttäuschten und Anna wirklich nur noch der dumme Reis fehlte, bevor sie alle über die Pfanne und Kochtöpfe herfallen durften, die auf dem Herd standen und leise vor sich hin kochten.

"Und?" Yoh fiel vom raschen Laufen in den Schritt zurück, obwohl ihm sichtlich kalt war. Ihn interessierte das Thema jedoch zu sehr, er wollte nicht zehn Mal nachfragen, weil er beim entscheidenden Wort gerade in eine Pfütze gerannt war.

"Tao-kun ist im Ausland, ohne Zweifel. Es kam eine SMS mit seltsamen Schriftzeichen zurück, von denen Manta-kun und ich glauben, dass es chinesische sind. Eine direkte Antwort schien es aber nicht gewesen sein, sondern eher eine allgemeine Mitteilung, vielleicht vom Informationsdienst der dortigen Telefongesellschaft." Horo Horos Gesicht sah ernst aus, nicht nur, weil er sich auf die komplizierten Begriffe konzentrierte, die ihm das kleine Computergenie genannt hatte. "Auf jeden Fall ist Tao-kun wieder in China."

"Seltsam..." Yoh kratzte sich am Kopf und blieb stehen, den Regen mit einem Mal gar nicht mehr spürend.

"Es ist fast wie damals, als er sich gegen seinen Vater aufgelehnt hat." Erinnerte sich Horo Horo, der zu jener Zeit zusammen mit den anderen nach China gegangen war, um Ren vor seinem verrückten Vater zu beschützen, der seinen untreuen Sohn mit roher Gewalt auf den Pfad der Urahnen hatte zurück bringen wollen.

"Hai..."

"Aber er hat seinen Vater damals doch besiegt, oder? Also kann es daran nicht liegen." Horo Horo machte ein genervtes Geräusch und trat mit beiden Füßen wütend in einer Pfütze herum. Er verstand sich selbst nicht mehr. Warum zum Geier machte er sich Gedanken um diesen arroganten, eingebildeten Chinesen?

>Schon ok.< hörte er die tiefe Stimme sanft in seinem Kopf und ballte verwirrt seine Fäuste. Machte er sich deswegen Sorgen um diese Killermaschine, weil er einmal in seinem Leben freundlich zu ihm gewesen war?

Vielleicht hat er sich gerade für dieses nette Verhalten geschämt und ist deshalb gegangen? Vermutlich haben wir ihn einfach nur angeödet und er ist abgehauen, bevor ihn die Langeweile zugrunde richtet? Machen wir uns alle einfach nur zu viele Sorgen? Hat uns der Shaman Fight so sehr geprägt, dass wir jetzt aus jeder Mücke einen Elefanten zaubern müssen?

Yoh stand noch immer bewegungslos im strömenden Regen, zupfte an einer braunen Strähne und blickte mit gläsernen Augen auf seine durchweichten Tennisschuhe.

Aber wenn er sich Sorgen macht, dann muss etwas dran sein. Yoh-kun ist sonst zu leichtlebig, um sich deswegen großartig den Kopf zu zerbrechen!

>Schon ok.<

ARG! Der Typ macht mich noch wahnsinnig!

"Komm, lass uns den Reis holen, bevor wir des Hungers sterben." Horo Horos Magen meldete sich und er bewegte sich zielstrebig in Richtung Supermarkt, als er das hell erleuchtete Schaufenster sah. Darin lagen lauter glitzernde Gegenstände auf hellem Untergrund. Horo Horo erkannte das Emblem sofort. Es hatte sich auf dem kleinen Tütchen befunden, das Tao Ren mit sich herum trug, als der junge Ainu auf seine Freunde traf - und den jungen Chinesen natürlich sofort damit aufziehen musste.

"Was hatte Tao-kun eigentlich damals gekauft gehabt?" fragte er Yoh, der ihm langsam hinterher schlenderte. "Bei mir war es ein schöner Schal für Pirika gewesen."

Der junge Japaner blickte auf und blinzelte, als er in das Schaufenster blickte. Es dauerte eine Weile, bis er aus seiner Traumwelt wieder zurückgekehrt war.

"Es war eine goldene Haarspange, mit einem Drachen und einem Diamant drauf." Murmelte Yoh langsam, so als müsste er sich die Worte aus weiter Ferne zusammen legen. "Er hat sie für seine Schwester gekauft, als Souvenir."

"Wow, das ist aber ein teures Geschenk! Entweder seine Familie schwimmt im Geld oder er mag seine Schwester mehr, als er uns das merken lässt."

Was typisch für ihn wäre.

Ach ja, seit wann bist du denn ein Tao Ren Experte?

Sei bloß still!

Horo Horo hätte noch weiter stumm mit der inneren Stimme in seinen Gedanken gestritten, wenn Yoh nicht plötzlich herumgewirbelt wäre. Der junge Japaner wirkte so munter, wie er das den ganzen Tag nicht getan hatte, nicht einmal in dem Moment, wo beinahe die erste, frisch renovierte Papierwand einzustürzen drohte und alle hektisch durch die Gegend gelaufen waren. Dunkle Augen waren weit aufgerissen, als Yoh seinen Einkaufsbeutel fallen ließ, um schneller zurück rennen zu können.

"Er hatte für seine Schwester nicht nur diese Spange gekauft, Horo-kun!" Yoh rutschte in der nächsten Pfütze aus, konnte aber gerade noch sein Gleichgewicht halten. Ohne es weiter zu bemerken, rannte er noch schneller durch den dichten Regen, der immer härter auf ihre bereits durchgeweichten Körper prasselte. "Verdammt, wie hatte ich das nur übersehen können! Das ist der Grund, warum er gegangen ist! Ich Baka!"

Horo Horo und Amidamaru wechselten verwirrte Blicke, dann folgten sie Yoh, der nur noch ein Schatten am Horizont war. Was hätten sie auch anderes tun sollen?

Beide hofften sie, dass Yoh einen triftigen Grund hatte, ohne Reis nach Hause zu kommen, sonst würde Anna sie erbarmungslos bestrafen - ohne Abendbrot.

>Schon ok.<

Hoffentlich weiß Yoh-kun wirklich, was hier los ist, sonst werd ich mit Sicherheit noch wahnsinnig.
 

***
 

Sein ganzer Körper rief nach Schlaf. Seine Augen brannten, sein Kopf zerbarst beinahe und seine Beine zitterten, aber er gönnte sich keine Ruhe. Nein, erst musste er nach Hause kommen und sehen, dass er sich geirrt hatte, dass alles in bester Ordnung war. Dann er würde er sich hinlegen und sich ein paar Stunden Erholsamkeit gönnen, bevor er zurück nach Japan flog und sich bei seinen Freunden entschuldigte.

Tao Ren schulterte seine schwere Reisetasche zum tausendsten Mal, wie ihm erschien, und zwang sich, weiterhin einen Fuß vor den anderen zu setzen. Normalerweise hätte er ja ein Taxi genommen, aber in seinem unendlichen Glück hatte er keines am Flughafen gefunden. Per Handy konnte er zwar die Zentrale erreichen, wollte aber keine zwei Stunden warten. Nein, er musste sofort aufbrechen, was ihm nun langsam zum Verhängnis wurde. Zwar war er diesen Weg schon oft gegangen, jedoch nie in so müdem Zustand. Auch schien die Angst ihn zu lähmen, ihn jeglicher Kraft zu berauben.

Jun ist gesund!

Ich bilde mir das alles nur ein!

Entschieden umgriff er den Ast, den er vor einigen Stunden gefunden hatte und nun als Wanderstock missbrauchte, stärker und schleppte sich die Stufen empor, die in das Hochtal führten, in dem der Palast seiner Urahnen stand.

Und was, wenn nicht?

Seit über zehn Stunden lief er nun schon durch China, aber es kam ihm fast wie eine Ewigkeit vor. Die Sonne senkte sich bereits dem Horizont entgegen und mit jeder Minute, die verging, hatte er das Gefühl, zu spät zu kommen. Normalerweise hätte er es erneut versucht, mit seiner Schwester in Kontakt zu treten, aber er wusste, dass es in seiner jetzigen körperlichen und seelischen Verfassung nichts bringen würde. Wenn er sich nicht hundertprozentig konzentrieren konnte, dann war dieser Zauberspruch nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich für ihn. Das hatte er vor zwei Tagen ja bemerkt.

Wenn dieser Schmerz wirklich nur von meiner Unfähigkeit gekommen ist...

Ren schluckte hart und schlug den Kragen seines Pullovers hoch. Obwohl er sich körperlich anstrengte, fror Ren. Und das lag bestimmt nicht nur daran, dass der Winter in Chinas Gebirge sehr zeitig Einzug hielt und die Luft bereits nach Schnee roch.

Jun wird's gut gehen. Bestimmt wird sie mich auslachen, wenn sie erfährt, warum ich einfach so von Yoh-kun und den anderen weggegangen bin!

Aber Ren wollte jetzt nichts anderes hören als das amüsierte, das fröhliche, das liebevolle Lachen seiner Schwester, wollte nichts anderes fühlen als ihre liebevolle Umarmung, wollte nichts anderes sehen als ihr strahlendes Gesicht.

Wenn alles in Ordnung ist, geh ich zurück nach Japan und erkläre alles. Yoh-kun wird mich schon verstehen.

Und irgendwo tief in seinem Inneren hoffte Ren, dass auch die anderen ihn verstehen würden, besonders Horo Horo, der nur langsam begann, ihm den Angriff von letzter Woche zu verzeihen.

Horo-kun ist selbst ein Bruder, er hätte genauso reagiert!

Gut, vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn Ren versucht hätte, seine Schwester auf dem normalen Weg zu erreichen, wie Polizei oder Post, aber er traute außer seinen Freunden niemandem, deshalb erachtete er es auch für richtig, persönlich nach China zu fliegen, egal, wie viel Aufwand das auch bedeutete.

Jun ist in Ordnung!

Ren holte tief Luft, die eiskalt in seinen Lungen stach. Endlich erreichte er das Hochplateau, in welchem, umgeben von massiven Bergen, der Palast seiner Ahnen stand. Rot leuchteten die Dächer im Licht der untergehenden Sonne, rauschten leise die Wipfel der Bäume im Abendwind. Alles wirkte so friedlich, dass Ren sich für einen Moment ziemlich dämlich vorkam. Warum war er hier her gekommen? Wegen einer Blume, die eingegangen war? Vermutlich war dies seine Schuld gewesen, weil er sie nicht regelmäßig goss, in Papier gewickelt quer durch die Stadt schleppte - in seiner Manteltasche! Nur, weil diese Blume zufällig die Lieblingsblume seiner Schwester war und er diese mit einem Zauberspruch belegte, den er noch nicht einmal hundertprozentig beherrschte, hieß das noch lange nicht, dass es seiner Schwester genauso schlimm erging wie der Pflanze.

Und was ist, wenn ich den Spruch richtig angewandt habe?

Was ist...

Ren holte zitternd Luft und schüttelte den Kopf, als Bason sich aus seiner Totentafel materialisierte und etwas sagen wollte. Der junge Chinese wusste auch so, dass es klüger wäre, eine kurze Rast einzulegen und etwas von den Reisbällchen zu essen, die er sich im Flugzeug eingewickelt hatte, aber alles in seinem Inneren drängte ihn, weiterzugehen. Also setzte er einen Fuß vor den anderen, strauchelte, fiel hin, stand wieder auf und zwang seinen bebenden Körper, einfach nur gerade aus zu gehen. Der Palast war schon so nah, er konnte ihn doch sehen! Dort musste er einfach nur das Lächeln seiner Schwester sehen, dann würde es ihm besser gehen, dann dürfte er sich hinlegen und schlafen, für den Rest der gerade hereinbrechenden Nacht, für den Rest des Wochenendes. Ja, er würde erst dann wieder ruhen können, wenn er wusste, dass mit seiner Schwester alles in Ordnung war.

Ich werde mich unendlich blamieren!

Der Erbe der Tao Dynastie hält es nicht einmal eine Woche ohne sein Schwesterchen aus!

Aber es war ihm egal. Wenn Jun gesund war, so wollte er sich gerne blamieren und sich für den Rest seines Lebens für diese Schwäche schämen. Alles war besser, als mit dieser Sorge, mit dieser unbändigen Angst in seinem Herzen weiter zu leben.

Laub knirschte unter seinen Stiefeln, sein Atem hing in Wölkchen vor seinem Gesicht. Mit dem Verschwinden der Sonne hielt nicht nur eine Finsternis, die ihn einen Schauer über den Rücken jagte, Einzug in das Tal, sondern auch die eisige Kälte des nahen Winters. Tief ballte er seine Fäuste in den Taschen seines Mantels, aber ihm mochte nicht wärmer werden. Jeder Schritt in Richtung Palast schien ihm schwerer und schwerer zu fallen, seine Brust war zugeschnürt, jeder Atemzug glich einem Nadelstich.

Warum benehm ich mich so bescheuert?

Ren hatte in seinem Leben bisher nur einmal Angst verspürt: Als sein Vater ihn vor einem Jahr zum Zweikampf herausforderte und keine Zweifel offen ließ, dass er ihn töten würde, sollte er versagen. Erneut versagen. Aber damals war Ren mehr wütend als ängstlich gewesen, hatte die Angst tief in seinem Innersten mit einer Schicht aus Zorn und Enttäuschung bedeckt. Nun aber herrschten in seinem Herzen nur die Angst, und er hatte nichts, unter was er sie begraben könnte.

Nein, es war komplett anders als vor einem Jahr. Vor einem Jahr hätte er Angst um sich selbst haben müssen, dieses Mal war er jedoch außer sich vor Sorge um seine Schwester. Wenn ihm etwas zustieß, damit konnte er umgehen, wenn jedoch seiner Schwester Gefahr drohte, so konnte ihn das um den Verstand bringen.

Jun wird nichts geschehen sein!

Ren hatte sich früher nie großartige Gedanken um andere Menschen gemacht, am wenigsten um seine eigene Familie, die ihn zum Herrschen in Finsternis und Einsamkeit erzogen. In seiner Kindheit erfuhr er nie, was Liebe oder gar Geborgenheit bedeuteten, statt dessen beherrschte er seinen kriegerischen Geist und seine Diener mit eisigem Kalkül, beschimpfte jeden und war das verzogenste Kind, das es wohl in ganz China gegeben hatte.

Jun...

Sie war die einzige Person gewesen, die ihm trotzte, die ihm Grenzen setzte... und die ihn liebte. Bedingungslos liebte. Ren sah es all die Jahre nicht, in denen sie für ihn nur eine bedeutungslose Schwester, ein nerviges Anhängsel der Familie, eine ewige Besserwisserin gewesen war, die es gewagt hatte, seinen Geist, Bason, als erste anzusprechen, obwohl diese Ehre nur ihm allein gebührt hätte.

Jun...

Ja, sie hatte ihn all die Jahre beschützt. Gegen seine Familie, gegen die grausamen Traditionen, gegen sich selbst. Immer hatte sie an das Gute in ihm geglaubt und die tiefe Freundschaft gesehen, die Yoh und ihn verband, noch bevor Ren selbst in der Lage gewesen war, sich einzugestehen, dass er Freunde brauchte und wollte... und auch hatte.

Du bist bestimmt in Ordnung, Jun!

Ren erreichte schließlich die Eingangspforte. Mittlerweile war es dunkelste Nacht geworden, eine dichte Wolkenwand hatte sich vor den Himmel geschoben, versperrte jeglichem Mondlicht den Zutritt in das Tal der Tao-Dynastie. Rauer Wind riss an den Schindeln, Wasserspeier in Drachenform schienen auf den Eindringling herab zu grinsen. Kein Vogel zwitscherte, der Palast lag immer noch in völliger Stille. Aber mit einem Mal kam Ren diese Ruhe nicht mehr friedlich, sondern bedrohlich vor. Sein Herz schlug noch heftiger in seiner Brust und seine Hand zitterte, als er sie hob, um das hohe Portal zu öffnen. Sein gesamter Körper bebte und erneut schalt er sich für sein seltsames Verhalten, das er doch nicht beeinflussen konnte.

Du wirst sehen, als ist in Ordnung.

Jun ist in Ordnung.

Er sagte die Worte beinahe wie ein Gebet und betrat den Palast, als die Tür von allein aufschwang und hinter ihm wie von Geisterhand gesteuert wieder ins Schloss fiel. Bason blieb immer an der Seite seines Herrn, aber er schien dessen Unwohlsein zu spüren, denn auch er schielte beunruhigt auf die so vertrauten Mauern um sie herum. Durch diese Gänge war Ren einst als Kind gejagt, hatte Mäuse und anderes Ungeziefer mit seinem Dolch und später mit seiner Sense geköpft, und war wenigstens für einige Momente in seinem Leben ein Kind gewesen, wenn Jun ihm neue Zaubersprüche beibrachte. Harmlose Zaubersprüche, wie er später erfuhr, aber zu dem damaligen Zeitpunkt hatte er sich wie ein Herrscher gefühlt.

Jun...

Ren bog um die Ecke, wissend, dass dieser Gang ihn zu den Gemächern seiner Schwester bringen würden, so wie er das in den letzten zehn Jahren auch getan hatte, und stockte mitten in der Bewegung. Jegliche Erinnerung an einen kleinen Jungen, der sich nicht vor Geistern, Spinnen, lebenden Toten, wohl aber vor Gewittern gefürchtet und unter der warmen Bettdecke seiner für ihn so nutzlosen Schwester versteckt und insgeheim ihre Streicheleinheiten und ihre Geschichten genossen hatte, war aus seinen Gedanken verschwunden, als er den jungen Mann sah, der sich langsam zu ihm umdrehte.

Nein!

Rens Reisetasche fiel schwer zu Boden, verursachte ein dumpfes Geräusch, das noch lange in dem Palast - und in seinen Ohren - nachzuhallen schien.

Nein!

Er kannte den jungen Mann vor sich gut genug, hatte er doch die letzten Wochen während des Shaman Fights mit ihm gekämpft. Er wusste um die Vergangenheit des jungen Mannes, um dessen Beruf, den er seit dem Ende des letzten Kampfes wieder ausübte. Sehr gut ausübte.

Jun...

Ren wusste sofort, dass etwas nicht stimmte, als er in Faust VIII müdes, angespanntes Gesicht blickte. Der junge Chinese fühlte sich ausgelaugt, sein ganzer Körper schrie nach Schlaf. Faust schien diesen Zustand schon vor langer Zeit übergangen zu haben. Tiefe Ringe lagen um seine Augen, die feucht glänzten. Obwohl der junge Mann schon immer dünn gewesen war, sah er heute ausgemergelt, geradezu verhungert aus.

Er ist ein Doktor...

"Was macht Ihr hier? Wolltet Ihr nicht in Japan bei Euren Freunden sein?" fragte Faust freundlich, aber sein Lächeln erreichte seine leblosen Augen nicht. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und Ren bemerkte, dass sie genauso bebten wie sein eigener Körper.

"Was geht hier vor? Was machst du hier?" verlangte der junge Chinese lautstark zu wissen. "Was macht ein Doktor hier in diesem Palast, wo die Dienerschaft aus Untoten besteht?"

Die Dienerschaft, aber nicht die Herrscher.

"Geht wieder zurück nach Japan, Tao-san." Faust wirkte mit einem Mal noch müder. "Eure Schwester wünscht es so."

"Jun wünscht es so? Was wünscht sie so? Und warum?" Rens gelbe Augen wurden tellergroß, als er die Krankenschwester sah, die hinter dem Doktor aus einem Zimmer trat. Sie schnaubte leise in ein Taschentuch und Ren brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass Eliza weinte.

Das ist Juns Schlafzimmer!

"Was ist los?!" Ren dachte gar nicht weiter nach. Automatisch griff er nach seiner Sense, die sich in seinen Händen entfaltete und bläulich zu leuchten begann. Faust wollte sich ihm erst in den Weg stellen, aber Ren stieß ihn unsanft beiseite. Der geschwächte Doktor stellte keinen Widerstand für ihn dar.

Jun...

Rens Herz schlug zum Zerbersten... und setzte aus, als er die Tür aufbrach und mitten im Schlafzimmer seiner Schwester stehen blieb. Das erste, was er wahrnahm, war das geöffnete Fenster, in dem sich einige Bambusröhrchen im Wind drehten, leise klirrten. Es war ein Geräusch, das er in seiner Kindheit so oft gehört, und das er so sehr geliebt hatte. Nun bereitete es ihm plötzlich Angst. Fürchterliche Angst.

"Ren-kun?"

Der Junge wirbelte herum und sah eine wohlbekannte Gestalt, die auf dem Bett saß, sich nicht fortbewegte, obwohl dies gegen die Etikette verstieß. Li Pailong war nur ein einfacher Zombie, wenn auch der Hauptzombie von Rens Schwester, er hätte eigentlich aufstehen und sich vor dem Erben der Tao-Dynastie verbeugen müssen. Aber weder Ren noch er dachten in diesem Moment daran.

"Was geschieht hier, Li?" Ren trat näher an das Bett heran und konnte im Licht einer einzigen Kerze, die auf dem Nachttisch brannte, seine Schwester sehen, die in Lis Armen lag. Ren schockte diese Tatsache kein bisschen. Er wusste schon länger, dass Jun ihren Zombie nicht durch Zaubersprüche oder Bannflüche beherrschte, sondern durch ihre tiefe Freundschaft zu ihm. Vielleicht sogar mit etwas, das weiter ging als Freundschaft.

Was den Jungen jedoch zu Tode fürchtete, war der Umstand, dass seine Schwester selbst wie ein Geist aussah. Im Gegensatz dazu wirkte Faust wie das blühende Leben.

"Li?" Ren versagte die Stimme. Ängstlich hielt er den Atem an und fühlte sich mit einem Mal wie ein kleiner Junge, als er sich vorbeugte und vorsichtig über Juns Gesicht streichelte. Die Haut war schweißbedeckt und unglaublich heiß, so als hätte sie hohes Fieber. Die Angesprochene reagierte nicht, schien ihren kleinen Bruder nicht einmal zu hören.

"Li?" Der Junge wollte so gern von dem Untoten hören, dass alles in Ordnung war, dass Jun sich nur eine Erkältung eingefangen hatte und bald wieder gesund und munter sein würde. Der Zombie blieb jedoch still. Statt dessen hielt er die leblose junge Frau stärker in seinen muskulösen Armen. Hätte Ren seinen Blick von seiner Schwester abgewendet, hätte er bemerkt, dass Li lautlos weinte, ihretwegen.

"Sie wollte nicht, dass Ihr sie so seht." Faust kam in das Zimmer, dicht gefolgt von seiner Eliza. In seinen Händen hielt er eine Spritze, die letzte Spritze. "Sie wollte nicht..."

"Was wird hier gespielt?!" Rens Stimme überschlug sich in panischer Angst und er stellte sich schützend zwischen seine Schwester und dem so traurig aussehenden Arzt. "Verdammt! Erkläre dich!"

Faust seufzte tief.

"Eure Schwester hat Krebs im Endstadium, Tao-san." Mitleidig sah er auf den Jungen, der erbleichte und seine Sense hob, als könnte er den Tod persönlich damit aufhalten. "Sie wird diese Nacht nicht überleben. Es tut mir leid."
 

***
 

Noch bevor Anna etwas sagen konnte, huschte der Schatten ihres Verlobten durch die Küche, hinterließ tiefe Pfützen auf den Dielen. Erst wollte das Mädchen nach dem Reis fragen und ein Donnerwetter darüber beginnen, dass sie weit und breit keinen sehen konnte, aber sie entschied sich dagegen, als sie Yohs geweitete Augen sah. Irgendetwas war hier ganz und gar nicht in Ordnung.

"Anna?" Yoh nahm die Pflanze vom Fensterbrett und stellte sie zwischen den geschälten Gurken und den gehackten Tomaten auf den Küchentisch. Horo Horo hatte wahrscheinlich sein Bestes versucht und die Blume mit viel Liebe gepflegt, aber Anna sah sofort, dass sie keine Chance hatte. Lediglich ein einziges Blatt war noch grün, hing nicht verwelkt vom Stamm herab. Die Nacht würde sie das bedauernswerte Geschöpf noch in der Küche dulden, morgen würde sie es wegwerfen müssen, egal, ob der junge Ainu ihr nun zustimmte oder nicht.

"Was hast du, Yoh?" Selten hatte sie ihren Freund so aufgeregt gesehen. Horo Horo erschien nun auch im Türrahmen. Er war genauso durchweicht wie ihr Verlobter, und er war außer Atem. Also war Yoh den ganzen Weg nach Hause gerannt - und Anna wusste, dass er viel schneller als sein Freund sein konnte, schließlich bestimmte sie ja seine Trainingseinheiten.

"Ich bin nicht besonders gut darin, Anna. Liegt auf dieser Pflanze irgendein Zauber?" Yoh schob ihr die Pflanze quer über die Platte entgegen und zuckte nicht einmal zusammen, als eine Schüssel Sojabohnen dabei vom Tisch rutschte, zum Glück aber nicht auf den Boden zerbarst, sondern lediglich ihren nassen Inhalt quer über den Dielen verteilte.

"Ein Zauber?" Sie fragte nicht weiter, als sie Yohs flehenden Gesichtsausdruck sah. Er würde alles für sie tun, wenn sie ihm jetzt einfach eine Antwort gab, eine ehrliche Antwort.

"Na schön..." murmelte sie und zog ihre Perlenkette vom Hals, um sie drei Mal um den Blumentopf zu legen. Der Kochtopf hinter ihr pfiff, aber sie kümmerte sich nicht darum. Auch hörte sie nicht Horo Horos Fluchen und das Scheppern von Metall, als etwas schwungvoll in die Spüle geworfen wurde. Um sie herum breitete sich Dunkelheit aus. Dunkelheit und Ruhe, in der nur die Pflanze und sie übrig blieben. Eine wunderschöne Aster, die tief in ihrem Inneren noch immer am Leben war.

Anna beugte sich über die Pflanze und strich behutsam über verwelkte Blütenblätter, die rötlich schimmerten. Als das Mädchen ihre Hand wieder wegzog, sah sie, dass der Blütenstaub an ihren Fingern hängen geblieben war. Große, rote Tropfen rannen über ihre Handinnenfläche und mit einem Mal wusste Anna, dass es sich hierbei um Blut handelte. Verwundert schaute sie auf die blutende Aster, die all ihre Blätter hängen ließ, dem Tod näher als dem Leben stand.

Oh mein Gott...

Anna tauchte so rasch aus ihrer Geisterwelt auf, dass ihr schwindelig wurde. Sie strauchelte und wäre wohl sicherlich hingefallen, wenn sie nicht jemand gehalten hätte. Wie aus weiter Ferne bemerkte sie, dass ihr jemand einen Stuhl hinschob. Automatisch setzte sie sich darauf und holte tief Luft. Einmal. Zweimal. Dann sah sie ihrem Verlobten direkt in das bleiche Gesicht.

"Was genau ist diese Pflanze?" brachte sie schließlich hervor und faltete ihre Hände in ihrem Schoß. Sie wollte die Blume kein zweites Mal berühren.

"Ren hat sie für seine Schwester gekauft, es ist ihre Lieblingsblume." Yoh bemerkte nicht einmal, wie sich unter seinem Stuhl eine große Pfütze bildete. Genauso wenig wie er mitbekam, dass Ryu und Manta in der Küche erschienen. Beide hielten sie eine große Rolle Papier und einen alten Lappen in den Händen.

"Auf dieser Pflanze liegt eindeutig in Zauberspruch, Yoh." Anna schüttelte leicht ihren Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. "Aber es ist seltsam, es ist kein typischer Schamanenspruch, sondern ein Totenbeschwörerspruch. So etwas würde vielleicht Faust-san anwenden, aber nicht Ren."

"Oder aber Jun-kun." Meldete sich Manta zu Wort, der in seinem unendlichen Wissensdurst nach Informationen über seine neuen Freunde so manches Buch gelesen und so manch neugierige Frage gestellt hatte, auch Rens Schwester gegenüber. "Sie ist eine Totenbeschwörerin und Li Pailong ist ihr Kyonshi, ihr Zombie, nicht wahr?"

Für einen Moment starrten alle schweigend auf die Pflanze.

"Vielleicht hat Jun-san ja ihrem Bruder einige Tricks beigebracht?" schlug Ryu als Lösung des Rätsels vor, während er seine schwere Papierrolle an die Wand lehnte und seine Hände an dem alten Tuch säuberte. "Meine Jungs haben mir auch damals beigebracht, wie man einen Motor auseinander nimmt und..."

"Unmöglich." Unterbrach ihn Anna vehement und stand schließlich auf, um sich wieder dem Abendbrot zuzuwenden. "Ein Schamane kann keine Zaubersprüche von Totenbeschwörern ausüben, es könnte ihn umbringen!"

"Stimmt." Gab Manta ihr Recht, der sich an ein entsprechendes Kapitel in einem von Yohs alten Büchern erinnerte, die der junge Japaner hatte lesen sollen, sein bester Freund dann aber für ihn durch schmökerte und ihm immer dann ein paar wertvolle Tipps gab, wenn Not am Mann war.

"Also liegt ein Zauberspruch darauf." Yoh ergriff die Blume und zog sie wieder zu sich herüber. Nachdenklich betrachtete er sie, während Anna ihn beobachtete.

"Ok! Ihr geht jetzt alle ins Bad und wascht euch die Hände oder, was in deinem Fall zutrifft, Horo-kun, legt euch erst einmal trocken! In einer halben Stunde gibt es Abendbrot, auch wenn ihr zwei Trantüten den Reis vergessen habt. Müsst ihr eben ohne Reis leben oder harte Brötchen von heute morgen essen!"

Ihr strenger Ton ließ keine Widerrede zu. Die anderen stöhnten genervt, ergaben sich aber in ihr Schicksal und trotteten langsam Richtung Bad davon. Wenigstens rochen die bisherigen Sachen, die Anna zubereitet hatte, ganz gut, vielleicht würde das Abendbrot gar nicht so schlecht ausfallen wie der Mittagsimbiss.

"Anna?" Yoh sah nicht von der Pflanze auf, als sie hinter ihn trat und ihm beide Hände auf die Schultern legte.

"Ich will, dass du wenigstens mit vollem Magen nach China startest." Flüsterte das Mädchen, das die Gedanken ihres Verlobten besser lesen konnte, als jeder andere Mensch um ihn herum, von Amidamaru einmal abgesehen, der über dem Herd schwebte und sehr besorgt drein schaute.

"Also bist du auch davon überzeugt, dass etwas nicht stimmt?"

"Ja. Diese Pflanze blutet."

Anna hielt Yoh fest, als dieser aufspringen und sofort wieder hinaus in das kalte Wetter laufen wollte. Zuerst mussten einige Vorbereitungen getroffen werden, damit er auch heil in China ankam. Darum würde sie sich schon kümmern.
 

***
 

Sie saßen im Fernsehzimmer, dem einzigen Raum, in dem Anna einen Fernseher duldete, und diesen auch recht selbst oft in Beschlag nahm. Das Wohnzimmer war noch immer unbewohnbar. Ryu und Manta hatten sich wirklich Mühe gegeben, aber mehr als eine Wand hatten sie nicht auswechseln können, immerhin renovierten sie das erste Mal in ihrem Leben.

"Natürlich werden wir dich begleiten, Yoh-kun!" Ryu war sofort Feuer und Flamme, als er von den Plänen des jungen Japaners hörte, Ren nach China zu folgen. Anna, die ihm gerade eine Schüssel mit gegarten Gemüse reichen wollte, war jedoch ganz und gar nicht seiner Meinung.

"Das könnte dir so passen! Mich hier mit einem halb renovierten Wohnzimmer ganz allein lassen! Schlag dir das aus dem Kopf! Manta-kun und du, ihr bleibt hier!" Entschieden knallte sie die Schüssel vor Ryu auf den Tisch und blitzte ihn warnend an. Entweder er war auf ihrer Seite oder ihn ereilte ein furchtbares Unglück.

"Aber... Yoh-kun wird mich sicherlich brauchen..."

"Yoh kann auf sich selbst aufpassen, aber ich krieg das Wohnzimmer allein nicht wieder in Ordnung!"

"Trotzdem..."

"Noch einen Widerspruch und ich werde mal so richtig wütend!"

"Menno..." Ryu schmollte offensichtlich. Es war ihm anzusehen, dass er viel lieber mit nach China ging, als hier irgendwelche Papierrollen zu verkleben. Aber gegen Anna kam niemand an. Das wusste Manta schon lange und er, Bokutou no Ryu, begriff es langsam, auf die harte Tour.

"Nimm das hier mit, ja? Und wenn etwas ist, ruf bitte an." Manta reichte Yoh sein Handy, nachdem er in dieses einige Sachen eingetippt hatte. "Einfach den grünen Knopf drücken und schon wirst du mit dem Telefon da drüben verbunden." Er deutete auf das Telefon, das nun im Fernsehzimmer stand, und für das er monatlich die Grundgebühr bezahlte. Anna betrachtete ihn für einen Moment, entschied sich dann aber dagegen, ihn zu fragen, was für einen Sinn es hatte, mit Yoh ein Gespräch zu führen, wenn dieser mehrere tausend Kilometer entfernt war. Dann konnten sie ihm ja auch nicht helfen.

Andererseits, es schien Manta zu beruhigen und seine Komplexe zu besänftigen, die er manchmal hatte, wenn ihm schmerzlich bewusst wurde, dass er kein Schamane wie sein bester Freund war, sondern nur ein einfacher Mensch. Also schwieg Anna und beobachtete, wie Yoh mit einem "Arigatou, Manta." Das Handy an sich nahm und vorsichtig in dem Rucksack verstaute, den Anna ihm bereits mit Essen und Wechselkleidung gepackt hatte. Manta bestellte telefonisch das Taxi, das in etwa einer Stunde eintreffen würde, um Yoh zum Flughafen zu bringen. Um die Flugtickets hatte sich der kleine Japaner ebenfalls gekümmert, selbstverständlich per Internet.

Anna wusste noch nicht, wie sie es wieder gutmachen sollte, aber sie würde sich schon etwas für Manta einfallen lassen, der ohne zu murren die Kosten für Yohs Reise nach China übernahm. Sie wusste, dass er aus einer reichen Familie stammte und für die wenigen Freunde, die er hatte, alles tun würde, aber sie wollte ihn nicht ausnutzen, nun, zumindest nicht so sehr. Die Telefonrechnung, das war die eine Sache, aber gleich mehrere Flugtickets... Manta hatte jedoch nur lachend ab gewunken und die Kreditkartennummer seines Vaters eingegeben.

Das Mädchen wusste, dass Manta im Januar Geburtstag hatte. Bis dahin würde ihr sicherlich etwas Nettes einfallen.

"Und du gehst jetzt nach China, nur weil diese komische Pflanze da eingeht?" Horo Horo zeigte mit seinen Stäbchen auf die Aster, die neben Yoh auf den weichen Kissen stand. Sie schien mit jeder Minute mehr und mehr in sich zusammen zu fallen. "Ich mein, vielleicht hat Tao-kun sie nicht gegossen oder fallen gelassen, Astern nehmen einem das sehr schnell übel."

Anna und Yoh tauschten kurze Blicke, dann schüttelte der junge Japaner seinen Kopf, aß ein Stück Möhre, auf dem er länger als normal kaute.

"Ich mach mir einfach Sorgen, Horo-kun. Es ist irgendetwas nicht in Ordnung, ich weiß das. Es liegt nicht nur an dieser Pflanze, aber sie ist der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt."

Horo Horo faltete seine Hände vor dem Gesicht und dachte nach. Erneut sah er den jungen Chinesen vor sich, der so hasserfüllt auf ihn nieder geschaut hatte, während seine Finger sich tief in den Hals des junge Ainu gebohrt hatten. Dann erinnerte er sich jedoch an warme Arme, die ihn so sanft gehalten hatten, an eine Stimme, die beruhigend zu ihm gesprochen hatte.

> Schon ok.<

Er konnte diese verschiedenen Seiten, die er von Tao Ren kennen gelernt hatte, nicht unter einen Hut bekommen, aber er wusste tief in seinem Inneren, dass er sich genauso große Sorgen um den jungen Erben der wohl mächtigsten Dynastie Chinas machte. Das letzte Mal, dass er einfach so verschwunden war, das war vor einem Jahr gewesen, als er seinen Vater herausforderte und an dem Kampf beinahe zugrunde ging.

Damals ist Bason gekommen und hat uns um Hilfe gebeten.

Dieses Mal besuchte sie kein aufgeregter chinesischer Geist, aber das garantierte auch nicht, dass es Ren gut ging. Auch Geister konnten in ihre Totentafeln eingeschlossen, zur völligen Tatenlosigkeit verbannt werden.

Was ist, wenn wir das alles überbewerten?

Wenn dieser arrogante Schnösel uns nur auslacht?

Wenn...

Horo Horos Fragen wurden von Yohs fest entschlossenem Blick nicht beantwortet, aber zumindest war sich der junge Ainu sicher, nicht der einzige zu sein, der sich im Fall eines Falles zum Clown machte. Zusammen mit Yoh ausgelacht zu werden, das konnte gar nicht so schlimm sein, besonders, weil der junge Japaner dann mit Sicherheit lauthals mitlachen würde. Wenn Yoh dabei war, konnte gar nichts schief gehen. Ren hörte auf Yoh, sah in ihm irgendwie eine Art Vorbild, auch wenn er das nicht zugegeben hätte. Selbst wenn sie umsonst in China auftauchten, Ren würde nicht böse auf Yoh sein.

Und wenn wir nicht umsonst auftauchen, umso besser...

Horo Horo schoss in die Höhe, als Yoh das Fernsehzimmer verließ, um letzte Vorbereitungen zu treffen. Anna bestand darauf, dass er seine Winterjacke mitnahm, denn immerhin reisten sie ins Gebirge, da konnte man schon mit dem ersten Schnee rechnen.

"Yoh-kun?"

Der Junge und sein Geist drehten sich um und das erste Mal seit Stunden sah Horo Horo wieder das glückliche Grinsen auf dem Gesicht des jungen Japaners.

"Das ist schön, dass du mitkommen willst, Horo-kun." Grinste Yoh, der immer genau zu wissen schien, was in seinen Freunden vor sich ging. Horo Horo war das nur Recht, so musste er sich nicht erklären und sich selbst in peinliche Situationen bringen. Denn es wäre ihm nicht leicht gefallen, zuzugeben, dass er sich Sorgen um den jungen Chinesen, die Killermaschine, seinen ärgsten Feind machte. Nicht einmal vor Asakura Yoh, den er vor wenigen Monaten noch als seinen Shaman King akzeptiert hatte.

"Ich kann dich doch nicht allein lassen. Außerdem hab ich zwei linke Hände, ich wäre den anderen beim Renovieren nur im Weg." Murmelte Horo Horo nach einigen Minuten verständnisvollen Schweigens.

"Genau." Yoh nickte zustimmend. "Ren wird sich freuen, dass du mitkommst."

"Ich..." Horo Horo wusste selbst nicht, warum er errötete und warum ihm dieser Gedanke gefiel. Den letzten Menschen, den Tao Ren auf dieser Welt in seinem Palast sehen wollte, war er, neben seinem Vater, natürlich. Warum sollte er sich da freuen? Aber wie Yoh es so sagte, klang es gar nicht so schlecht...

"Ich hol nur noch mein Snowboard, dann können wir starten." Horo Horo wirbelte herum und polterte laut die Treppe hinauf, um seine Sachen zu holen. Kororo saß auf seiner Schulter und hielt sich an seinen Haaren fest. Sie lächelte, schien sich auf einen Ausflug zu freuen. Auch ihr hatte das Renovieren nicht viel Freude bereitet, Abwechslung von dieser öden Tätigkeit war ihr mehr als willkommen.

"Hier, dein Rucksack. Horo-kuns Essen ist auch mit drin." Anna trat neben ihren Verlobten und drückte ihm die große Tasche in die Hand, hielt diese einen Augenblick länger fest als nötig.

"Passt auf euch auf."

Yoh grinste nur und erwiderte ihren Händedruck. Im nächsten Moment errötete er tief, als sich seine Verlobte an seinen Geist, Amidamaru, wandte und ihn sehr ernst ansah.

"Wehe, du lässt zu, dass dem Vater meiner zukünftigen Kinder etwas geschieht! Dann mach ich Sushi aus dir!"

"Anna!"
 

***
 

"Wow! Schau mal! Tokio bei Nacht!"

Horo Horo lehnte sich zum runden Fenster hinüber und blickte hinaus. Manta hatte ihnen einen Platz am Fenster und einen in der Mitte gebucht, Yoh hatte Horo Horo den besseren überlassen, nachdem dieser ganz aufgeregt hin und her gesprungen war. Der junge Ainu war schon oft geflogen, das letzte Mal erst zu dem Shaman Fight Richtung Amerika, aber sie hatten noch nie in der Business Class gesessen. Rens Privatmaschine war auch nicht schlecht, aber bei weitem nicht so geräumig gewesen. Auch würden sie dieses Mal wohl keinen Absturz über der Wüste erleiden müssen.

Manta hat eindeutig was gut!

In einigen Stunden würden sie in China landen, dann war es noch einmal ein weiter Fußmarsch bis zu dem Tao Palast. Selbst wenn sie das Taxi nahmen, mussten sie weitere Stunden in Kauf nehmen. Wenn sie Glück hatten, würden sie zu Anbruch der nächsten Nacht bei Ren ankommen. Yoh hoffte inständig, dass dies nicht zu spät sein würde. Für was auch immer.

"Wir sollten vielleicht ein wenig schlafen, Horo-kun, morgen wird ein anstrengender Tag." Meinte er deshalb zu dem jungen Ainu und wollte gerade seinen Sitz nach hinten verstellen, um den vollen Luxus der Business Class zu genießen, als sein Blick auf seinen Rucksack fiel. Vorsichtig zog er diesen zu sich heran und öffnete ihn.

"Du hast die arme Pflanze mitgenommen?" fragte ihn Horo Horo mit einem Seitenblick auf die vertrocknete Aster. "Glaubst du nicht, dass sie zu Hause eine höhere Überlebenschance als in deinem Rucksack hat?"

Yoh schluckte hart, als er die Blume in seinen Händen hin und her drehte, aber egal, wie genau er auch hin sah, er konnte kein grünes Blatt mehr erkennen.

"Horo-kun? Ist die Pflanze noch am Leben?" fragte er den junge Ainu, der sich besser mit Blumen auskannte, als alle Menschen, die Yoh je kennen gelernt hatte. Selbst sein Biologielehrer verblasste gegenüber dem Jungen.

Behutsam nahm Horo Horo ihm die Pflanze ab und betrachtete sie noch eingehender. Dann schüttelte er traurig seinen Kopf und stellte sie zurück auf den Fußboden.

"Tut mir leid, Yoh-kun, du hättest sie zu Hause lassen sollen. Die Aster ist vollkommen vertrocknet, der kann niemand mehr helfen."

Yoh schluckte erneut und tastete nach seiner Decke über sich in der Ablage. Plötzlich fror ihn fürchterlich, was nicht daran lag, dass seine Haare noch immer feucht in seinem Nacken klebten.

"Anna und ich, wir sind uns nicht sicher, aber wir glauben, dass Ren durch diese Pflanze eine Verbindung zu seiner Schwester aufgebaut hat." Yoh hüllte sich bis zu seiner Nasenspitze in die weiche Wolle und lehnte sich gegen die Lehne seines Sitzes. Obwohl er vor Müdigkeit zitterte, war an Schlaf wohl so rasch nicht zu denken.

"Also doch eine Totenbeschwörerformel?" Horo Horo schaute von der Pflanze zu Yoh und wieder zurück. "Aber Anna-san sagte doch..."

"Vielleicht eine einfache, die Ren anwenden kann. Vergiss nicht, er ist für einen Schamanen außergewöhnlich stark Zudem haben die beiden eine enge Bindung als Geschwister, da kann das durchaus möglich sein, dass er einen Spruch von ihr benutzt."

Erneut wanderten Horo Horos blaue Augen zwischen der verdörrten Pflanze und dem offensichtlich frierenden Yoh hin und her. Eine nachdenkliche Stille trat ein, die nur von der Durchsage des Kapitäns unterbrochen wurde, der ihnen Flughöhe, Geschwindigkeit und Außentemperatur mitteilte.

"Warte mal, hab ich das jetzt richtig verstanden, Yoh-kun? Ren hat eine Verbindung zu seiner Schwester aufgebaut, und daraufhin ist diese Pflanze hier eingegangen?"

"Hai." Yoh nickte, seine Stimme klang durch die Decke gedämpft. "Er hat mir die Aster am Abend vor seiner überstürzten Abreise gezeigt, da war sie noch ganz grün und gesund gewesen."

"Dann..." Horo Horos Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Eine Gänsehaut überzog seine Arme, als er die Lösung vor Augen hatte. "Dann bedeutet das also, dass seine Schwester in Lebensgefahr schwebt."

"So könnte man es interpretieren." Yoh ließ seinen Sitz bis in die Horizontale herab fahren und rollte sich auf der weichen Oberfläche zusammen. "Aber das sind alles nur Vermutungen, Horo-kun. Wir sind auf dem Weg und morgen Abend werden wir bei ihm sein. Dann wissen wir mehr."

Es klang ganz typisch nach Asakura Yoh. Erst einmal zum Ort des Geschehens eilen und dort überlegen, was zu tun galt. Sein Gesichtsausdruck verriet jedoch, dass er sich mehr Gedanken als gewöhnlich machte, denn dieses Mal ging es nicht um den Shaman Fight oder einen Kampf, den er, Yoh, allein auszutragen und zu gewinnen hatte. Dieses Mal ging es um einen Freund, der Yoh sehr viel bedeutete und... Horo Horo schaute noch einmal zu der Pflanze herab, bevor er sie unter seinen Sitz außer Reichweite schob... der offensichtlich ihre Hilfe dringend benötigte.

Was würde ich machen, wenn Pirika in Gefahr schweben würde?

Horo Horo wurde ganz schlecht bei dem Gedanken. Nein, er würde es nie überleben, wenn seiner kleinen Schwester etwas zu stöße. Genauso wenig, wie wohl Ren jemals zugelassen hätte, dass man seiner Jun etwas antat.

Mit einem Mal konnte der junge Ainu die Beweggründe des jungen Chinesen verstehen. Deshalb war er einfach so in der Nacht fortgelaufen, hatte sie nicht mit in seinen Plan eingeweiht, weil vermutlich alles, was er besessen hatte, die gleichen Vermutungen gewesen waren, die sie nun dazu bewogen, nach China zu fliegen.

Er kennt uns noch nicht gut genug, um zu wissen, dass wir genauso verrückt sind wie er...

"Schlaf jetzt, Horo-kun."

"Hai."

Yoh beobachtete hinter halb geschlossenen Lidern, wie der junge Ainu ebenfalls seinen Sitz verstellte und sich tief in seine Decke einhüllte. Kororo ließ sich auf seine Schulter nieder und kuschelte sich sanft an seinen Hals, um seinen Schlaf zu beschützen. Amidamaru verweilte noch in seiner Totentafel. Der Geist fühlte sich nicht wohl in Flugzeugen, auch wenn er bei einem Absturz nicht ums Leben kommen konnte. Also drängte ihn Yoh nicht, er wollte im Moment sowieso mit niemanden reden. Nicht, bis er seine Gedanken wieder geordnet hatte.

Keine zehn Minuten später ging Horo Horos Atem tief und gleichmäßig. Sein leises Murmeln über Tropenwälder verriet Yoh, dass der junge Ainu eingeschlafen war. Ein wenig beneidete Yoh ihn, denn irgendwie konnte sein Körper nicht zur Ruhe kommen. Aufgewühlt drehte er sich von einer Seite auf die andere, bis er schließlich aufgab und einfach still liegen blieb, um Horo Horo nicht zu wecken. Starr richtete er seinen Blick auf die Dunkelheit, die vor dem Fenster allmählich einer verspäteten Dämmerung Platz machte und sie nach China beförderte. Noch etwa zwölf Stunden trennten sie von Ren. Yoh hoffte inständig, dass sie nicht zu spät kamen. Egal, was auch in dem Palast der Tao-Dynastie gerade vor sich ging, er durfte nicht zu spät kommen!

>Stell mir dieselbe Frage noch einmal in zehn Jahren, Kleiner.<

Nicht noch einmal...
 

***
 

Kalt war es in dem Verließ, das sie schon zur Genüge kannte. Oft hatte sie hier ganze Tage verbracht, wenn ihre Eltern sie wieder einmal unter Hausarrest stellten. Natürlich fehlte ihr es nie an etwas, sie erhielt warme Decken, drei Mahlzeiten am Tag und, wenn ihre Mutter ihr gnädig gesonnen war, eines ihrer Bannbücher. Aber sie durfte während dieser Zeit diese Zelle nicht verlassen, was bedeutete, dass sie ihren kleinen Bruder nicht besuchen konnte, ihn völlig in die Obhut ihrer wahnsinnigen Eltern überlassen musste.

Heute war das jedoch anders. Heute saß ihr kleiner Bruder, der gar nicht mehr so klein war, neben ihr auf der Decke, die noch vom letzten Hausarrest stammte. Dieses Mal würde es keine Mahlzeiten geben, keine Bücher. Dieses Mal erwarteten ihre Eltern, dass sie sich nicht nur bei ihnen entschuldigten, sondern, dass sie wieder auf den Pfad der Urahnen zurückkehrten. Besonders Ren, der mächtige, der einzige männliche Erbe.

In diesem Moment war der zukünftige Fürst jedoch weit davon entfernt, seinem Vater je wieder zu gehorchen. Sein Gesicht zu einer Maske des Hasses verzogen starrte er auf die Mauerwand ihnen gegenüber und kämpfte sichtlich mit seinen Tränen. Sein ganzer Körper zitterte und sie wusste, dass dies nicht nur an der Kälte des Verlieses oder seinen Wunden lag, die seinen nackten Oberkörper zierten. Ihr Vater hatte sich wirklich kein bisschen zurückgehalten, als er nach ihm schlug.

"Wie konnte ich nur so blind sein, Jun?" flüsterte der Junge schließlich, schreckte sie auf, denn er hatte die letzten Stunden geschwiegen. Auch, als ihr Vater kurz vorbei kam und versuchte, ihn zurück auf seine Seite ziehen, natürlich mit Gewalt, was keinerlei Früchte trug.

"Ren-chan?"

"Wie konnte ich all die Jahre glauben, dass Gewalt und Einsamkeit alles sind, was auf dieser Welt zählt? Wie konnte ich all die Zeit meine Augen vor der Freundschaft verschließen?" Der Kampf gegen die Tränen schien immer härter zu werden und Jun schluckte. Kurz sah sie zu ihrem Li hinüber, der bewegungslos an der Wand lehnte. Jetzt stand er unter der Gewalt ihres Vaters, und sie wusste, dass seine Zaubersprüche mächtiger als die ihren waren. Der Zombie würde nicht eher wieder für sie da sein, bis sie sich bei ihrem Erzeuger gebührend entschuldigt hatte.

"Wie konnte ich all die Zeit nur deine Liebe übersehen, Jun? Wie...?" Rens Stimme brach und der Junge, der mächtige Erbe der alten Tao-Dynastie, senkte seinen Kopf, um seine Tränen im Schatten zu verbergen. Jun hörte dennoch sein stockendes Luftholen, seinen Kampf gegen die Tränen, den er schon längst verloren hatte.

"Jetzt siehst du sie doch, Ren-chan." Jun konnte sich nicht länger zurück halten. Entschieden streckte sie ihre Arme nach ihrem kleinen Bruder aus und drückte ihn sanft an sich. Erst wollte der Junge sich wehren, weil das so ziemlich all den Prinzipien widersprach, mit denen er erzogen wurde, dann aber klammerte er sich regelrecht an sie, weinte offen, ohne Scham, ohne Reue. Sie war schließlich seine große Schwester, die ihn sein ganzes Leben lang beschützt hatte. Die ihn liebte, auch nach all dem, was die letzten Jahre vorgefallen war. Die immer für ihn da sein würde, egal, was auch geschah.

"Alles wird gut, Ren-chan." Jun wiegte ihren Bruder zärtlich, strich ihm liebevoll durch die schwarzen Haare. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so weinen gesehen zu haben. Nicht ein Mal in den letzten neun Jahren, da sie ein tollpatschiges Kleinkind das erste Mal sah und sofort zu lieben begann.

Vermutlich hätten sich ihre Eltern zu Tode geschämt für diese sogenannte Schwäche ihres Sohnes, Jun jedoch war froh über jede einzelne Träne, die bewies, dass Ren unter seiner rauen Schale gar nicht so hart war, wie sich das die Tao-Familie immer wünschte. Nein, er würde kein nächster Fürst werden, auch wenn er auf ewig der Erbe blieb.

"Es... es..." er hustete und sie klopfte ihm beruhigend auf den wunden Rücken, während sie ihm sanfte Worte zuflüsterte. "Es tut mir leid..."

Rens Stimme war weinerlich und so leise, dass sie sein gerauntes Geständnis beinahe nicht gehört hätte. Zärtlich drückte sie ihn an sich und küsste seine heiße Stirn.

"Alles schon längst vergeben, Ren-chan. Alles schon längst vergeben."

Mein kleiner Fratz.

Jun hielt ihren kleinen Bruder, bis sich dieser entspannte und in einen ruhigen Halbschlaf glitt. Dass er die letzten Nächte kaum geschlafen hatte, hatte sie bereits vermutet, jetzt holte sich sein Körper die versäumte Ruhe wieder zurück.

Gut, dann wird er wieder stark sein für den Kampf.

Obwohl sie keine Ahnung hatte, wie sie gemeinsam gegen ihre Eltern ankommen sollten. Sie, Jun, war noch nie so mächtig wie ihr Vater gewesen und Ren fehlten einfach Alter und Erfahrung. Zwar war er sehr stark für seine zwölf, knapp dreizehn Jahre, aber gegen seinen Erzeuger, das Wissen der Urahnen und die Wut der gesamten Familie kam auch er nicht an.

Nicht allein...

Jun blickte hinüber zu Li Pailong, wusste jedoch, dass ihr bester Freund ihnen auch nicht helfen konnte, war er in einem Zauberbann ihres Vaters gefangen. Und Bason, Rens Krieger, hatte im ersten Kampf auch nichts gegen den mächtigen Herrscher der Tao-Dynastie ausrichten können, war gegen seinen Willen, dafür aber auf Rens Befehl hin geflohnen.

Holt er Hilfe?

Die junge Frau wusste jedoch nicht, wen der Geist um Hilfe bitten sollte. Die Tao-Geschwister hatten sich im Ausland nicht gerade beliebt gemacht, besonders nicht unter den zukünftigen Mitstreitern im Kampf um den Titel des Shaman Kings.

Die Tür bebte mit einem Mal und Juns Herz setzte für einen Moment aus. Was war, wenn das ihr Vater war? Ren konnte jetzt nicht mit ihm kämpfen! Nicht in dieser Verfassung! Er brauchte noch ein paar Stunden, mindestens!

Was soll ich tun?

Jun sah sich verzweifelt um, aber sie besaß nicht einmal mehr einen Zauberspruch, den sie ihrem Erzeuger hätte entgegenschleudern können.

Da brach die Tür aus ihren Angeln und fiel scheppernd zu Boden. Jun hielt Ren, der sich unruhig in ihren Armen bewegte, schützend fest und blickte entschlossen zur Tür hinüber. Entschlossen, ihren Bruder bis zum Äußersten zu verteidigen.

Es war jedoch nicht ihr Vater, der den Raum betrat, sondern es war ein anderer Junge, den sie oft in Japan gesehen hatte, weil Ren fast ununterbrochen von ihm gesprochen hatte - um ihn zu töten.

"Asakura Yoh?" fragte sie ungläubig, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand, den ihr Bruder noch vor wenigen Tagen hatte umbringen wollen, bis nach China reiste, um ihnen zu helfen. Und dennoch stand genau dieser Japaner in dem Verließ ihrer Ahnen und grinste sie breit an.

"Hai." Lächelte er und ging vor ihr in die Knie. Behutsam strich er schwarze Haare aus Rens Gesicht und war sichtlich erleichtert, als er feststellte, dass der andere Junge nur schlief, nicht ernsthaft verletzt war. "Mir ist da so ein chinesischer Krieger zugelaufen."

In dem Moment kam Asakura Yoh Tao Jun wie ein Engel vor, der gekommen war, um ihren Bruder zu retten und zurück ins Licht zu führen.
 

***
 

Lautes Donnern rollte durch das Tal, weckte Jun auf. Die junge Frau gähnte und reckte sich, bevor sie sich umdrehte und weiter schlafen wollte. Schließlich war es mitten im Hochsommer, da waren solche Wärmegewitter nichts Ungewöhnliches. Der Palast war gut gegen Blitzeinschlag geschützt, also konnte ihr nichts geschehen.

Mit dem nächsten Donner jagte ein Schmerz durch ihren Bauch und sie setzte sich genervt auf und zündete die Kerze auf ihrem Nachttisch an. Ihre Hände zitterten ein wenig, als sie die Schublade aufzog und eine kleine Packung mit Tabletten hervor kramte. Hastig nahm sie eine Pille, und dann noch eine. Dass Li sie die ganze Zeit über beobachtete, das war ihr bewusst, auch sein besorgter Gesichtsausdruck.

"Ich habe nächste Woche eine Verabredung mit Doktor Faust." Flüsterte sie leise, um ihn zu beruhigen. "Bestimmt ist es nichts Ernstes."

Li nickte nur, aber die Sorge wich nicht aus seinem Gesicht, als er sie in seine Arme nahm, sie zärtlich an sich drückte. Gerade fanden sich ihre Lippen, als sie tapsige Schritte auf dem Flur hörten. Sie ähnelten ein wenig dem kleinen Jungen, dem Jun so viele Jahre lang Unterschlupf bei Gewittern wie diesem gewährt hatte.

Ein Blick genügte und Li verließ das Bett. Ren wusste zwar, dass er auf freiwilliger Basis bei Jun blieb und dass er ihr bester Freund war, aber sie wollten den Jungen nicht all zu sehr überfordern, wollten ihm erst nach und nach ihre Liebe gestehen und hoffen, dass er sie für nicht vollkommen verrückt erklärte, dass sie sich in ihren Haupt-Kyonshi verliebt hatte. Also setzte sich Li in einen Sessel nahe des offenen Fensters und blickte wachend auf seine Geliebte, die die Bettdecke ein wenig ordnete. Gerade noch rechtzeitig, denn die Tür öffnete sich wie von selbst und ein verschlafener Ren tapste ins Zimmer. Nun war er dreizehn, beinahe vierzehn, war schon lange kein Kind mehr, dennoch kam er jedes Mal, wenn so ein heftiges Gewitter über das Tal herein brach. Während der letzten Monate hatte er noch Shaman King werden wollen, hatte die haarsträubensten Kämpfe geführt, gegen so manch gefürchteten Gegner gewonnen, aber wenn es zu Gewittern kam, da war er wieder der kleine Bruder, der einfach nur Geborgenheit und Schutz suchte vor einer Welt, die das für ihn nicht vorgesehen zu haben schien.

"Jun?" Ren klang verschlafen und Li musste sich ein Kichern verkneifen, als er die geröteten Wangen im Licht der Kerze sah. Natürlich war das dem mächtigen Erbe der alten Dynastie unglaublich peinlich, aber seine Angst schien größer zu sein. Und das Verlangen, ab und an von seiner großen Schwester in den Arm genommen zu werden. Schließlich war er erst dreizehn, hatte nie wirklich ein Kind sein dürfen.

"Komm her, mein Ren-chan." Jun schlug ihre Decke zurück und lächelte zärtlich, als Ren neben ihr ins Bett kletterte, sich bereitwillig umarmen ließ. Seine Wangen röteten sich noch stärker, aber nun lächelte auch er, wenn auch ein wenig verhalten.

"Soll ich dir eine Geschichte erzählen?" fragte Jun, als sie ihren kleinen Fratz zudeckte und das Licht löschte. Draußen donnerte es immer noch heftig, aber mit einem Mal war das Gewitter gar nicht mehr so gefährlich.

"Aber, Jun! Dafür bin ich doch schon viel..." Ren überlegte einen Moment, bevor er sich an den warmen Körper seiner großen Schwester kuschelte und seufzte glücklich auf. "Ja, bitte." Flüsterte er schließlich, wissend, dass er sich für seine Schwäche nicht schämen musste. Nicht hier, nicht bei seiner Schwester, nicht bei seiner kleinen Familie.

"Also..." Jun überlegte kurz, streichelte abwesend durch rabenschwarze Haare. "Da war, vor vielen, vielen Jahren einst ein alter Reisbauer, der jeden Tag..."

"Jun?"

"Ja?" Jun unterbrach ihre Geschichte, wartete geduldig, bis Ren die richtigen Worte fand. Manchmal fiel es dem Jungen unheimlich schwer, seine Gefühle auszudrücken. Aber sie konnte warten, hatte sie doch ganze zehn Jahre darauf gewartet, endlich einen frechen Fratz als Bruder haben zu dürfen.

"Ich liebe dich, Jun."

Die junge Frau lächelte zärtlich in die Dunkelheit und gab ihrem kleine Bruder einen sanften Kuss auf die Stirn.

"Ich liebe dich auch, mein Ren-chan."
 

***
 

"Es tut dir leid?!"

Rens Sense leuchtete unheilvoll in seinen Fäusten. Angriffslustig hielt er diese vor seinem Oberkörper, während er schützend vor das Bett seiner Schwester trat. Sein ganzer Körper zitterte unkontrolliert. Er glaubte nicht, was er da hörte. Er konnte es einfach nicht glauben!

"Krebs? Was soll der Scheiß! Das ist doch alles gelogen!" Tränen traten in seine Augen, aber er kämpfte erfolgreich gegen sie an. Das alles konnte doch nur ein schlechter Scherz sein. Oder ein Alptraum. Genau, ein Alptraum! Gleich würde er aufwachen und Jun würde ihn wieder in ihre Arme nehmen und ihm sagen, dass er nur schlecht geschlafen hatte. Dann würde sie ihm versichern, dass es ihr gut ging und er unbesorgt zu seinen Freunden nach Japan zurück fliegen konnte, um dort für Horo Horo einen neuen Papierdrachen zu basteln und viel Spaß zu haben. Um ein paar Photos zu machen, die er ihr dann nach seiner Rückkehr zeigen konnte, damit sie zusammen über Yohs verdutztes Gesicht oder über Ren selbst in einer Kochschürze lachen konnten!

"Hört auf, mich zu belügen!" schrie Ren und richtete die Sense direkt auf Faust, der näher an das Bett herangetreten war. Mit einer einzigen Bewegung riss der junge Chinese dem Doktor die Spritze aus der Hand, die auf dem harten Steinfußboden zerbarst. "Sagt mir endlich, dass das alles nur eine einzige Lüge ist! Los! Sagt schon!"

Faust und Li blieben jedoch stumm.

Nein, das kann nicht wahr sein! Jun hat doch geschworen, mich niemals zu verlassen! Sie kann nicht im Sterben liegen! Sie ist doch erst fünfundzwanzig Jahre alt! Ich brauche sie doch!!!

Ren drehte sich zu seiner Schwester um, die leblos in Lis bebenden Armen hing, und ihm wurde mit einem Mal unglaublich schlecht. Beinahe musste er würgen, konnte sich aber gerade noch zurück halten. Statt dessen hielt er die Sense dem Doktor wieder an die Brust, missachtend, dass Faust ebenfalls ein Schamane war, ihm in seiner jetzigen aufgewühlten Verfassung vielleicht sogar überwältigt hätte. Der Arzt unternahm jedoch nichts, sah ihn einfach nur mit diesem mitleidsvollen Blick an, der Ren den Magen umdrehte.

"Los, mach sie wieder gesund!" schrie er Faust ungehalten an. "Mach, dass Jun wieder aufwacht!" Er wusste, dass sich seine Forderungen wie die eines kleinen Jungen anhörten, aber ihm fiel einfach nichts anderes ein. "Du bist Arzt, hilf ihr!"

"Ich habe alles versucht, Tao-san." Waren da tatsächlich Tränen in den Augen des Doktors? Tränen der Trauer und der Resignation? "Aber der Krebs war einfach schon zu weit fortgeschritten, ich habe nichts mehr tun können."

"Nein, ich glaube dir nicht! Ich habe gesehen, wie du dieses todkranke Mädchen in Amerika geheilt hast, dann tut das gefälligst auch mit meiner Jun!"

"Selbst die Medizin hat ihre Grenzen."

"Das glaube ich dir nicht!" Ren deutete zu Eliza, die erneut in ihr Taschentuch weinte, und hob gefährlich seine Sense. Aber er kam nie dazu, sie einzusetzen, da er plötzlich eine leise Stimme hinter sich vernahm. So leise, aber dennoch so liebevoll.

"Ren-chan?"

Der Junge wirbelte herum und blickte in blaue Augen, die müde in das Kerzenlicht blinzelten. So unendlich müde...

"Jun?"

Scheppernd fiel die Sense zu Boden und Ren trat näher an das Bett heran. Erst hier sah Ren, wie bleich seine Schwester wirklich war. Sie schien sich aufrichten zu wollen, besaß dazu aber offensichtlich keine Kraft mehr. Also hob sie lediglich ihre Hand ein wenig, um sie gleich wieder sinken zu lassen, da sie zu stark zitterte, sich ihrer Kontrolle entzog, wie ihr restlicher Körper auch.

Nein...

Der junge Chinese ging auf dem Bettvorleger auf die Knie, als seine Beine ihn nicht länger tragen konnten. Ohne viel zu überlegen ergriff er die Hand seiner Schwester und hielt sie fest, obwohl Schauer seinen Rücken überzogen. Die Finger seiner Schwester waren unnatürlich kalt, fühlten sich leblos an. Also drückte er sie sanft, versuchte, sie mit seinen eigenen Händen zu wärmen. Zärtlich rieb er sie, aber seine Schwester spürte es gar nicht.

"Ren-chan?"

Ihre blauen Augen schienen ihn zu suchen, ihn im fahlen Kerzenlicht nicht sehen zu können. Vermutlich saß er ihr im Weg, wurde von den tiefen Schatten der Nacht verschluckt. Dass Jun im letzten Stadium ihrer Krankheit erblindet sein könnte, das kam ihm nicht in den Sinn, darüber wollte er auch nicht nachdenken!

"Ich bin hier, Jun." Flüsterte der Junge und räusperte sich, als ihm seine Stimme zu versagen drohte. "Mach dir keine Gedanken, Jun, ich pfleg dich wieder gesund. Ich mach dir eine richtig gute chinesische Suppe, die du so magst, und dann geht's dir bald wieder gut, ja?" Ren ignorierte Elizas Schnäuzen, genauso, wie er das Gefühl aus seinem Inneren verbannte, dass er gerade totalen Unsinn redete. Wenn Faust die junge Frau nicht hatte retten können, wie wollte er sie dann mit einer einfachen Suppe heilen?

Aber daran wollte er nicht denken, niemals!

"Du... du..." Das Sprechen schien Jun schwer zu fallen und sie rang heftig nach Luft. Ihr gesamter Körper schien wie gelähmt und sie war dankbar, dass die Medizin wirkte, sehr dankbar. So richtig verstand sie nicht, warum Ren auf einmal bei ihr war. Vielleicht handelte es sich nur um einen Traum oder er hatte über den alten Zauberspruch mit ihr Kontakt aufgenommen. Wie auch immer, sie besaß keine Kraft mehr, großartig darüber zu grübeln. Sie musste ihm noch einen Satz sagen, der ihr sehr am Herzen lag, den sie ihm auch in dem langen, ach so langen Brief geschrieben hatte, den Faust nach ihrem Tod der Post übergeben sollte. Einen einfachen Satz, der ihr so viel bedeutete. Denn sie mussten ihren kleinen Fratz in Sicherheit, in der Geborgenheit einer Familie wissen, bevor sie diese Welt auf immer verließ.

"Du kannst Asakura... Yoh und seinen... Freunden vertrauen, Ren-chan..." Brachte sie stockend hervor und versuchte, die warme Hand ihres kleinen Bruders zu drücken. "...sie lieben... dich... Ren-chan."

"Jun?"

Ren schluckte hart und hielt die erschlaffende Hand in seinen Fingern fest, als könnte er sie im Leben halten.

Nein...

Das muss ein Alptraum sein! Ich brauche dich doch! Bitte, Jun, geh nicht! Lass mich hier nicht allein zurück! Du bist der einzige Mensch, der mich so akzeptiert hatte, wie ich bin! Bitte...

Ren wollte all das sagen, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Eisige Kälte breitete sich in seinem Magen aus, als seine Schwester müde lächelte und schließlich ihre Augen schloss, tiefer in die Arme ihres Haupt-Kyonshi sank.

"Ich liebe dich, Ren-chan..."

Ihre Stimme wurde immer leiser, bis sie kaum mehr zu hören war. Kalter Wind drang durch das offene Fenster, schien sie mit sich zu nehmen. Keiner der anwesenden Personen bemerkte, dass die frostige Brise den ersten Schnee des nahenden Winters mit sich brachte. Kleine Flocken schwebten schwerelos durch die Luft, wogen in einem bizarren Tanz um die Kerze, deren Flamme leicht zitterte und schließlich erlosch.

"NEIN!!!"

Golden leuchtete Rens Sense in der Finsternis.
 

***



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Schneizel
2007-07-15T18:16:40+00:00 15.07.2007 20:16
Hilfe~!!!
Eins habe ich kapiert - man darf nicht Evanescence hören, wenn man dieses Kappi hört. Erst recht nicht am Ende. Und vor allem nicht "My Immortal"!!! Das macht einen nämlich echt fertig, vor allem, wenn man Jun für die beste Rolle in Shaman King hält und krampfhaft an Faust VIIIs Kräfte als Arzt glaubt. Kannst du mir glauben, ich spreche aus Erfahrung T-T
Und Ren tut mir furchtbar leid - hoffentlich kommt Horo² bald, um ihn zu trösten, und um ihn davon abzuhalten, die halbe Welt aus Schmerz und Verzweiflung zu massakrieren (was ich mir bei diesem netten Herrn durchaus vorstellen könnte). Ich muss zwar zugeben, kein Fan des Pairings zu sein, aber das liegt daran, dass ich Shaman King erst vor kurzem für mich entdeckt habe, und immer eine Weile brauche, um mich an Shônen-ai-Gedanken zu gewöhnen. Aber deine FF hat gute Chancen, mich zu bekehren^^
Von:  Sammelbegriff
2006-01-19T15:57:35+00:00 19.01.2006 16:57
Oh Gott ist das kap traurig. kann gar nichts weiter sagen weil ich grad heule.
Von:  elina
2004-12-16T20:35:14+00:00 16.12.2004 21:35
*fast heult*
Wo ist mein Handtuch..?
Traurig, unglaublich traurig... Besonders Rens Gefühle und Gedanken, man könnte sein Schmerz wortlich fühlen. Juns Träume wirkten auch unglaublich real! *dich ohne Ende lob*
Meine Güte! Du schreibst bezaubernd! Und das, obwohl mein deutsch noch weit nicht gut genug ist und ich manchma die Hilfe meines Wörterbuchs brauche! *schäm*
Nun, was ich noch unbedingt sagen wollte - Horo Horo, er sorgt um Ren (natürlich kann ich nicht vergessen, dass Ren auch seine Sorgen macht ^^) und das finde ich so niedlich! Seine innere Kampf, denn Ren in seine Augen nicht mehr ein gefühlloser Mensch ist. Und er weiß nicht, wie er damit ausgehen muss. Tja, du hast wirklich die wunderbare Grenze getroffen, denn - einen Schritt weiter und es könnte shonen-ai sein, aber auch einen Schritt weniger und es würde keinen Sinn mehr über diese Verhältnisse zu sprechen..

Ich möchte mich für deine ens bedanken! ^^ Und etwas mehr fragen ;) Sag mal, da ist ein Mädchen in anime, Tamara, glaube ich. Sie ist auch eine Shamane, aber noch lernt und kann die Zukunft in nebelige Visionen vorhersagen. Um sie schweben immer zwei Geiste, ein fett, sieht wie ein Bär oder so, und anderer dünner und erinnert an Fuchs. Sie beide treiben immer irgendwelches Unsinn.. ^^" Wer ist sie und was für eine Rolle hat? Na ja, wenn's dir nichts ausmacht, natürlich!

Danke und bis zum nächsten Mal, denn ich bin super gespannt, wie deine ff weiter entwickelt!
Ely


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