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Diagnose: Schreibblockade

Dreimonatige Challenge
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
31 Tage und 31 Geschichten – Ich hab es tatsächlich geschafft und gerade die letzte Geschichte für diesen Monat fertiggestellt. Aber ich finde auch, dass es Zeit für ein kleines Resümee ist. Also folgt heute eine Extrageschichte zum Thema „Schreiben“. Ans Zeitlimit habe ich mich dieses Mal bewusst nicht halten. Komplett anzeigen

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Extrathema: Schreiben

Fast 20 Jahre – kaum zu glauben, dass das Schreiben für mich zu so einem langen und treuen Begleiter wurde! Dabei hatte ich für das geschriebene Wort eigentlich nicht viel übrig…

Gelesen habe ich nie gern. Die einzigen Bücher, die ich freiwillig in die Hand nahm, waren Mangabücher und seien wir mal ehrlich: bei den meisten von ihnen ist der Text eher schmückendes Beiwerk. Meine eigenen Geschichten wollte ich darum auch immer in gezeichneter Form zu Papier bringen. Es gab nur ein kleines Problem: Die fehlende Lust. Einzelne Bilder zu zeichnen machte mir großen Spaß, aber bei Geschichten verlor ich sehr schnell die Freude. So startete ich immer wieder neue Versuche, die letztlich doch scheiterten. Und trotzdem wollte ich nicht aufgeben. Aber was sollte ich machen? Eines Abends kam mir eine Idee, die alles änderte: Ich hielt meine Überlegungen für eine Geschichte erstmals schriftlich fest.

Eigentlich hatte ich nur ein paar Szenen aufschreiben wollen, um sie im Nachgang nicht zu vergessen, aber dann fiel mir auch wieder eine Klassenarbeit aus der 10. Klasse ein. Damals hatte ich in nur zwei Unterrichtsstunden das Märchen von Rapunzel umgedichtet – ohne Vorbereitung und ohne Probleme. Es war mir so leicht von der Hand gegangen, wie nun die Notizen für meine Geschichte und plötzlich eröffneten sich mir so viele neue Möglichkeiten! Auf eine ganz andere Weise konnte ich durch das Schreiben in meine Welten eintauchen. Ich liebte das Jonglieren mit den Worten, während ich die Szenen klar vor mir sah und meine Finger über die Tastatur huschten, um das Kopfkino festzuhalten. Manche Geschichten waren gerade einmal eine halbe Seite lang, andere über zweihundert. Ich konnte über Stunden hinweg an einer Idee arbeiten, ohne ins Stocken zu geraten oder müde zu werden. Und in gewisser Weise hatte ich auch ein Händchen dafür, obwohl ich mich nie bewusst mit irgendwelchen Schreibregeln befasst hatte. Aber genau das wurde irgendwann zum Problem, wie ich heute weiß.

Langsam, fast unbemerkt, stellte ich mich meiner eigenen Leidenschaft immer mehr in den Weg. Verschiedene Faktoren führten zu der späteren Schreibblockade, aber ein ganz wichtiger war mein wachsender Perfektionismus. Ich schrieb nicht mehr nur aus Freude heraus, sondern zunehmend mit dem Gedanken an potentielle Leser im Hinterkopf. Meine Texte wurden besser und ich stellte selber immer höhere Erwartungen an mich. Gleichzeitig beging ich den Fehler, eine gemeinsame Geschichte mit jemandem zu schreiben. Ich verband das Schreiben mit dieser Freundschaft und das Ende der Freundschaft wurde zum Ende meines Schreibens. Erst waren da nur die Scherben der Freundschaft und der gemeinsamen Geschichte, dann wuchs die Erkenntnis in mir, dass mein kreativer Schreibfluss zunehmend versiegte. Kopf und Finger waren nicht mehr synchron. Entweder hatte ich eine Szene vor Augen und es fehlten mir die Worte oder ich wollte tippen und es kam kein Bild zustande. Und je länger dieser Zustand andauerte, desto mehr Druck machte ich mir. Mehr und mehr Schreibtipps verschlang ich und wollte mit dem Kopf, statt mit dem Gefühl, an die Sache heran gehen. Motivation war keine mehr da, also musste es auf andere Weise klappen – dass meine reale Welt nicht nur durch die zerbrochene Freundschaft sehr lange Kopf stand, war mir in der Zeit gar nicht richtig bewusst. Und so zogen Jahre voller Demotivation, Unzufriedenheit und Freudlosigkeit hinüber, in denen ich schon über den kleinsten Gedankenblitz froh war. Ja, manchmal wollte ich es auch ganz aufgeben, aber zu stark war die Erinnerung daran, wie sehr mich das Schreiben einmal erfüllt hatte. Aber was sollte ich tun? Nach vielen Anläufen wusste ich es nicht mehr. Und dann kam das Jahr 2023…

Nach erneuten Rückschlägen war es seit langer Zeit das erste Jahr mit vielen positiven Entwicklungen gewesen. Ich verarbeitete Dinge – und tue es noch immer. Ich setzte mich mit mir auseinander, versuchte Muster zu erkennen, alte Wunden und vieles mehr. Zusätzlich hatte ich mit dem Lesen angefangen. Ja, tatsächlich! Ich hatte freiwillig Bücher in die Hand genommen! Mitunter sogar richtige Wälzer, teilweise über 500 Seiten lang! Und dann kam da plötzlich wieder diese Lust auf, selber etwas zu schreiben…

Eigentlich war das erste Projekt für den Neustart gleich klar: Ein mehrbändiger Roman, an dem ich in Gedanken über die letzten 20 Jahre immer wieder gearbeitet hatte. Aber für die Rückkehr zum Schreiben war das eine überwältigende Aufgabe. Erst recht, weil ich schon mehrfach an ihr gescheitert war. Nein, es musste etwas Kleineres her! Etwas, das überschaubarer war und mir den Einstieg erleichtern konnte. Eine Challenge, die mir zum richtigen Zeitpunkt zugeflüstert wurde! Die Regeln sind bekannt und meine Freude umso größer, dass ich mich ihr bisher tatsächlich erfolgreich stellen konnte. Und wenn ich ehrlich bin: Sie hat mir nicht nur geholfen, um wieder regelmäßig zu schreiben, sondern auch, um so einige Erkenntnisse zu gewinnen: In den ersten paar Tagen hatte ich ein unfassbar mulmiges Gefühl gehabt, diese Challenge hier zu teilen. Immer wieder fragte ich mich, ob ich sie wirklich durchziehen würde und wie groß die Enttäuschung bei einem Abbruch wäre. Obendrein die Angst, ob mir jeden Tag eine Geschichte einfiele. Gerade in den ersten Wochen klammerte ich mich darum an die Anzahl der Wörter pro Geschichte. Gleichzeitig beobachtete ich diese Gedankengänge und erkannte noch deutlicher als zuvor, wie ich mich unter Druck setzte. Aber dann platzte auch ein Knoten, als ich mir schließlich sagte: „Scheiß auf die Schreibregeln! Scheiß auf die korrekte Perspektive und sonst was – schreib einfach!“.

Das hatte ich gebraucht! Damit konnte ich auch die ersten kleinen Zeilen an meinem Roman wieder umsetzen. Und noch mehr wurde mir durch die Challenge bewusst: Das Thema war oft gar nicht der ausschlaggebende Punkt für mich, sondern vor allem meine Tagesform und was mein Kopf daraus machte. An machen Tagen liebte ich ein Thema und brachte trotzdem kaum einen Satz zustande. An anderen Tagen fand ich das Thema ätzend und überraschte mich hinterher selbst mit der Geschichte. Und während anfangs die Sorge vor dem weißen Blatt vorherrschte, ist es jetzt eher die Sorge vor der fehlenden Zeit geworden. Darum wird die Challenge auch ein wenig verändert: Ja, ich möchte sie weiterführen! Erst mal bis Ende Februar und dann in kleinen Schritten immer weiter voraus. Die zehn Minuten werden zu einem groben Richtwert und wenn ich sie auf 15 Minuten ausdehne, ist das auch völlig okay (gut, zu lang dürfen sie nicht werden, ich muss auch noch irgendwann mal zur Arbeit, haha. Morgens nach dem Aufstehen ist aber die perfekte Zeit für meine kleinen täglichen Texte <3). Kleine Korrekturen im Nachgang sind okay – ich pass aber auf, dass ich mich nicht in der Nachbearbeitung verlieren, sonst wird diese Regel wieder verschärft! Und fürs Erste nutze ich weiterhin das Wort des Tags als Themenquelle. Zeitweise war ich es leid, aber momentan macht es mir wieder viel Spaß, selbst bei „doofen“ Themen – ich beobachte also erst einmal weiter, wie gut ich mit ihm klar komme. Und auch generell, was diese Challenge mit mir macht. Auf zu den nächsten 29 Geschichten :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Gedankenchaotin
2024-01-31T19:27:28+00:00 31.01.2024 20:27
Ich bin stolz auf dich :-*
Antwort von:  Geminy-van-Blubel
01.02.2024 08:25
Dankeschön :D Es ist so toll, dass du mich auf die Idee für diese Challenge brachtest! <3


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