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Monogatari

Eine Geschichte der Uchiha-Familie
von

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[Madara] Der Puppenspieler

1986 - 1987
 

Über ein dreiviertel Jahr lang baute sich ein gewisser Alltag auf, ein täglicher Rhythmus, dem Madara und die beiden Kinder nachgingen. Nagato lernte in dieser Zeit gut lesen und schreiben, und nachdem klar war, dass auch Konan, obwohl viel jünger, auch schon vieles verstand, unterrichtete Madara die beiden gleichzeitig. Nachmittags ließ er die beiden Kinder dann öfter allein, um sich auf langen Streifzügen durch die Umgebung ein Bild des Landes und seiner Bewohner zu machen.
 

Die Gegend war bis auf einzelne Bauerndörfer recht dünn besiedelt und die nächste Stadt einen Weg von sechs Stunden entfernt. Madara lernte auf diesen Streifzügen einige Leute kennen, Bauern, Handwerker, Kaufleute, deren Dienste er in Anspruch nahm, um das Haus zu einem schönen Heim zu machen und darum herum einen kleinen Garten anzulegen.
 

Das weitere Land um das Haus herum war, wie der Vorbesitzer schon gesagt hatte, tatsächlich wenig fruchtbar, und so beschloss Madara, diesen Grund und Boden nach und nach mit Häusern zu bebauen. Dafür brauchte er Arbeitskräfte und Material, also nahm er wieder Kontakt mit dem Bauern auf, und dieser vermittelte ihm Zimmerleute, die ihm dabei halfen, die erste kleine Hütte auf das weite Feld zu stellen. Die Leute in den Bauerndörfern hier schienen sich kaum dafür zu interessieren, für wen genau sie arbeiteten, jedenfalls stellten sie kaum Fragen, auch nicht nach dem Grund, warum Madara hier oben Häuser bauen wollte.
 

Bei diesen Bauarbeiten stellte sich heraus, dass es hier oben doch einige fruchtbare Stellen im Boden gab, vor allem am Rand um die harten Flächen herum und in der Nähe der bereits bestehenden Hütte. Diese Bereiche wurden dann natürlich nicht bebaut, stattdessen probierte man aus, welche Früchte dort wuchsen.

Reisanbau stellte sich als schwierig heraus, doch der Bauer, bei dem Madara schon das Haus und das Land gekauft hatte, zeigte ihm eine Stelle etwas weiter unterhalb der Hochebene, wo sich Reis anbauen ließ und diese stellte er zur Verfügung.
 

Und als die räumlichen Grundlagen gelegt waren, machte Madara sich wieder auf die Suche nach Leuten, mit denen er das Dorf aufbauen konnte.

Diese Suche nach Mitbegründern des Dorfes war der Moment, in dem Madara sein Verlassen von Konoha bereute, denn so war er gezwungen, sich mit Leuten zu umgeben, die schon im Untergrund lebten. Das war eigentlich nicht der Typ von Kämpfer, den er für sein Projekt, ein Dorf nach den Regeln des Ersten Hokage aufzubauen, dabei haben wollte, denn schließlich ging es um Sicherheit für Kinder.

Schließlich, als das letzte der ersten Häuser fertig war, das erste Feld angelegt und bepflanzt, und Konan und Nagato gut genug darin, mal zwei Tage allein zu Hause zu bleiben, beschloss Madara, sich doch auf die Suche nach Izuna zu machen. Der erste Ort, den Kakuzu ihm genannt hatte, befand sich ja im Windreich, in der Wüste, und für diesen Weg brauchte Madara zwei Tage.
 

Er kaufte also großzügig Essen für die Kinder ein, bat eine Frau aus dem Bauerndorf, ein bisschen auf die beiden zu achten, und machte sich auf den Weg in Richtung Suna Gakure. Irgendwo dort in der Wüste gab es offenbar ein paar Höhlen, und deren Koordinaten standen auf dem Zettel, den er von Kakuzu bekommen hatte.

Der Weg durch die Wüste war lang und anstrengend. Und als auch noch ein Sandsturm aufkam, musste Madara sich dringend nach Schutz umsehen. Er fand tatsächlich, glücklicherweise, eine kleine Höhle in einem Felsen, ging hinein und wollte, musste hier den Sandsturm abwarten. Als dieser jedoch stärker wurde, lief er tiefer in die Höhle hinein. Er leuchtete sich den Weg mit einer kleinen Öllampe und stellte fest, dass sie viel größer war, als es von außen aussah. Sie ging in die Erde hinein, unter dem von oben her klein aussehenden Felsen befanden sich unterirdisch mehrere Kammern, ähnlich wie der untere Teil eines Eisbergs.
 

Madara ging eine der Treppen hinunter, die in den Stein gehauen waren, und als im Licht der Lampe dann plötzlich ein Gesicht vor ihm an der Wand hing, erschrak er so, dass ihm ein heiserer Laut entwich. Im nächsten Moment erkannte er aber, dass es sich nicht um einen Menschen handelte. Es war der hölzerne Kopf einer Marionette, wie man sie aus Suna Gakure kannte.

Und als er weiter leuchtete, sah er, dass die Wände der Höhle hier mit hunderten dieser Marionetten besetzt waren. Köpfe, Körper, Hände, Beine, und jede Menge Waffen.

Madara blickte sich um, verwundert und neugierig zugleich. War das hier ein geheimes Waffenlager der Marionettentruppe von Suna Gakure? Aber da war kein Schild gewesen, keine Warnung, keine Siegelbombe, nichts dergleichen.
 

„Hallo?“, fragte er leise in die Dunkelheit. „Ist da jemand?“ Er hatte schon ein Kunai in der Hand, aktivierte seine Sharingan und machte sich auf eine Antwort gefasst.

Doch statt einer fliegenden Waffe oder einem anderen Angriff waren nur leise Schritte zu hören, die aus dem Dunkel auf ihn zu kamen. Madara hielt die Lampe hoch, in die Richtung, aus der die Schritte kamen, und aus der Dunkelheit tauchte das Gesicht eines Jungen auf, vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, mit rotem Haar, zarten Gesichtszügen und großen, dunkelbraunen Augen. Er trug ein einfaches, langes Gewand, so wie die meisten in Suna Gakure.
 

Der Junge blieb stehen, sah Madara mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. Es war nicht zu erkennen, was er dachte, sein hübsches Gesicht wirkte ungerührt und distanziert, doch der Junge war in einer Art und Weise schön, um die zu bewundern Madara nicht herumkam. Er sah aus wie eine ewig milde, lächelnde Porzellanpuppe.
 

„Wer bist du?“, fragte der Junge, seine Stimme klang so ungerührt und neutral, dass Madara sich einen Moment lang fragte, ob dieser Junge nicht einfach nur eine äußerst gut gemachte Marionette war, und er den, der sie führte, im Dunkeln einfach noch nicht sehen konnte. Es konnte noch jemand hier sein …

„Ich bin allein hier“, sagte der Junge, als hätte er Madaras Gedanken gelesen.

„Und was tust du hier?“, fragte Madara.

Der Junge antwortete nicht sofort, sah Madara nur mit diesem ungerührten Gesicht an.

„Ich baue Marionetten“, sagte er dann.

„Bist du aus Suna Gakure?“

„Ja. Aber ich bin weg gegangen.“

„Warum?“

„Dort warten alle auf irgendwas. Ich kann Warten nicht ausstehen.“
 

Madara versuchte, zu verstehen, was der Junge meinte, doch der sagte nichts weiter dazu und wirkte so regungslos, dass es Antwort genug war, um zu wissen, dass dieses Thema des Wartens für diesen Jungen irgendeinen traumatischen Hintergrund haben musste.
 

„Wie heißt du?“, fragte Madara, vor allem um die Stille zu brechen.

„Ich bin Sasori“, antwortete der Junge. „Wie heißt du?“

Madara zögerte einen Moment, ob er gleich seinen Namen verraten sollte. Er ließ es erst mal sein und sagte: „Ich bin Dara.“

Wieder dieser ungerührte, undurchschaubare Blick. Dieser Junge hatte mehr Pokerface als Kakuzu!

Der kurze Gedanke an die Begegnung im Casino klappte die Izuna-Schublade in Madaras Innenleben auf, und er fragte ganz einfach:

„Kennst du einen Mann namens Izuna Uchiha?“

Sasori sah kurz so aus, als suchte er in seiner Erinnerung nach diesem Namen, dann sagte er: „Hab ihn mal gesehen, er war auch hier.“

„Wann?“

„Zwei oder drei Monate her …“ Wieder ein ungerührter Blick, dann leuchtete ein winziges bisschen sichtbares Interesse in den Augen des Jungen und er fragte: „Woher kennst du ihn?“

Madara war sich erst nicht sicher, ob er doch jetzt sagen sollte, wer er war, doch während er nachdachte, spürte er, dass der Junge ungeduldig wurde. Sasori sagte nichts, doch er strahlte diese Ungeduld aus.

„Er ist mein kleiner Bruder“, sagte Madara schließlich.

Ein winziges Lächeln huschte über Sasoris Gesicht. „Du heißt gar nicht nur ‚Dara‘, oder?“

„Nein.“

„Ich verrate nichts. Ich kenne niemanden mehr.“

„Du bist alleine?“

„Ja“, sagte Sasori.
 

Und wieder setzte sich in Madaras Innenleben etwas wie ein Puzzle zusammen. Dieser Junge war erstens heimatlos, zweitens in irgendeiner Weise traumatisiert und drittens offenbar ein guter Marionettenspieler und damit Kämpfer. Er war ideal dafür, ihn mitzunehmen.

„Mein Name ist Madara Uchiha. Ich bin gerade dabei, ein neues Dorf aufzubauen. Hättest du Interesse, mitzukommen? Ich brauche gute Kämpfer.“

„Wenn ich dir nicht zu jung bin …“

„Nein, das ist genau richtig.“

„Wo wäre das?“

„Wir sind im südlichen Regenland, gleich hinter den Bergen, ich habe dort Land und Häuser.“

„Wer ist ‚wir‘?“

„Ich und meine beiden Kinder. Er ist acht, sie ist fast drei.“

Sasori blinzelte, blickte kurz ins Leere, dann sagte er: „Okay. Ich komme mit.“
 

Als Madara etwa zwei Stunden später wieder aus der Höhle trat, hatte sich der Sandsturm gelegt. Sasori hatte seinen ganzen Besitz in zwei große Taschen verpackt, die Marionetten in ihren Schriftrollen verstaut und trat hinter Madara aus der Dunkelheit in den heißen Sonnenschein der Wüste.
 

Als sie schon ein gutes Stück weit gegangen waren, stellte Sasori eine zusammenhanglose Frage: „Was denkst du, was ist Kunst?“

„Kunst?“

„Ja. Wie definierst du sie?“

„Hm … Ich denke, das, was man schön findet?“

„Das, was für immer schön bleibt …“, sagte Sasori.

Madara dachte an die Dinge, die er selbst schön fand. Er hatte sich noch nie wirklich Gedanken um Kunst in dem Sinne gemacht. Kampfkunst, Jutsu, diese Art von „Kunst“. Aber bildende, dekorative Kunst war nicht gerade sein wichtigstes Interesse …

„Bist du denn ein Künstler?“, fragte er.

Sasori lächelte. „Ja. Ich kann schöne Dinge bauen, die für immer schön bleiben. Die nicht alt und hässlich werden …“

„Deine Marionetten?“

„Ja.“
 

Madara dachte an Konan, die inzwischen alle Origamiformen beherrschte, die in dem Buch, was er mitgebracht hatte, aufgeführt waren.

„Meine kleine Ziehtochter ist auch eine Künstlerin“, sagte er. „Sie macht Origami.“

„Wie alt ist sie?“

„Ungefähr drei, ich weiß es nicht genau. Ich hab sie und einen älteren Jungen in Ame Gakure aufgesammelt.“

Sasori lächelte. „Du sammelst Kinder?“

„Irgendwie schon.“ Madara musste ein wenig lachen über seine eigene Antwort. „Ich mag Kinder und möchte, dass sie gesund und glücklich aufwachsen.“

„Ich bin dreizehn. Zählt das noch als Kind?“, fragte Sasori.

„Ich denke schon. Aber egal ob du ein Kind bist oder nicht, du wirst zu uns passen.“
 

Wieder gingen sie ein ganzes Stück, ohne zu sprechen. Sasori war offenbar jemand, der vieles in sich zurückhielt, viel nachdachte und wenig reden musste. Madara ertappte sich selbst dabei, wie er die Stille unangenehm fand, denn er selbst war eher jemand, der Gespräch mochte und brauchte.

Doch hin und wieder stellte Sasori dann Fragen, die zeigten, dass er während er nach außen hin schwieg, innerlich über viele Dinge nachdachte. Madara fühlte sich dadurch ein wenig an Itachi erinnert, denn der war ähnlich gestrickt, dachte auch spürbar über vieles nach und sprach dann erst das aus, was in ihm innerlich schon durchgedacht war.
 

„Hast du noch eine Großmutter?“, fragte Sasori, wieder ähnlich zusammenhanglos, als sie die Berge schon erreicht hatten, welche die Wüste vom Regenland trennten.

„Ja. Sie lebt noch, in Konoha.“

„Wie heißt sie?“

„Yoneko. Hast du noch eine?“

„Ja. Ihr Name ist Chiyo.“

„Magst du sie?“

Sasori schwieg eine Weile, dann sagte er: „Ich hab nur sie. Bin bei ihr aufgewachsen.“ Er sagte das in einer Weise, die ganz deutlich machte, er wollte nicht weiter darauf eingehen, warum er bei seiner Großmutter aufgewachsen war. „Sie ist eigentlich ganz okay.“

„Aber …?“, hakte Madara nach.

„Ich hatte keine Lust mehr auf sie und das ganze Dorf. Dieses ständige Warten …“
 

„Du magst Warten nicht, oder?“

Sasoris Gesicht nahm einen harten, kalten Ausdruck an. „Nein. Überhaupt nicht. Ich hasse es.“

„Bist du denn selbst immer pünktlich?“

„Ja. Natürlich. Ich will auch niemanden warten lassen.“

„Das ist gut. Es ist wichtig, dass man sich selbst daran hält, das nicht zu tun, was man nicht leiden kann. Es anderen nicht auch zumutet, stimmts?“

Sasori nickte.
 

Nach einem langen Weg über die Berge und durch das Regenland, und während Madara Sasori immer mehr kennen lernte und feststellte, dass der Junge wirklich ganz gut in seinen Plan passte, kamen sie wieder am neuen Zuhause an.

Madara öffnete die Haustür und hatte wie so oft sofort eine vor Glück quietschende kleine Konan an sich hängen, die sich riesig freute, dass er wieder da war. „Du warst aber lange weg, Dara!“ Sie ließ ihn wieder los und bemerkte dann Sasori, der hinter Madara das Haus betrat.
 

„Wer ist das denn?“, fragte sie.

„Das ist Sasori. Er lebt jetzt auch hier mit uns.“

Konan stellte sich vor Sasori hin, schaute ihn an, von oben bis unten, und sagte dann: „Hallo Sasori. Woher kommst du?“

„Suna Gakure …“, sagte Sasori. „Das ist in der Wüste.“

„Was ist ne Wüste?“

„Sand, Wind und Sonne“, antwortete Sasori.

„Sonne? Wie schön! Ich mag Sonne!“

„Wirklich?“

„Ja! In Ame gabs immer nur Regen. Ich hasse Regen“, sagte Konan. „Was magst du nicht?“

„Warten“, sagte Sasori knapp.

„Warten?“

„Ja. Ich hasse es.“

„Dann kommst du auch nie irgendwo zu spät?“

„Nein.“

„Gut zu wissen“, sagte Konan.

„Du bist ganz schön schlau für drei“, stellte Sasori fest.

Konan grinste. „Ich weiß. Dara sagt, ich bin begabt.“
 

Madara beobachtete das Gespräch zwischen den beiden fasziniert. Und er lobte sich innerlich selbst dafür, dass er Sasori mitgenommen hatte, denn zumindest Konan schien sich mit ihm ziemlich gut zu verstehen.

Nagato, der bis eben am Herdfeuer gesessen und gelesen hatte, stand nun auch auf und begrüßte Sasori. „Ich bin Nagato.“

Die Stimmung zwischen den beiden war viel weniger elektrisiert als mit Konan, was ziemlich deutlich an Nagatos grundsätzlichem Misstrauen lag. Der jüngere Junge kehrte zum Feuer zurück und setzte einen mit Suppe gefüllten Topf darauf.

„Hast du Essen gekocht?“, fragte Madara.

„Ja.“

„Das ist gut. Dann können wir gleich essen, ich hab auch Hunger.“

„Das Gemüse hab ich gemacht“, sagte Konan stolz. „Ich kann mit dem Kunai Bambussprossen schneiden, hab ich gestern gelernt.“

„Wow, gut gemacht!“ Madara lächelte. „Bist ein gutes Mädchen.“
 

Während des gemeinsamen Essens wurde nicht viel gesprochen, alle waren hungrig und wollten essen.

Doch danach, als es Zeit fürs ebenfalls gemeinsame Lernen war, hängte Konan sich gleich an Sasori und stellte ihm weiter alle möglichen Fragen.

Der rothaarige Junge hatte gerade begonnen, seine Marionetten auszupacken und wollte an ihnen weiter bauen, und Konan war von dieser Arbeit sichtlich fasziniert. Sie nahm sich einfach einen Stapel Papier aus ihrem eigenen Schränkchen und setzte sich damit neben Sasori hin, und beide begannen mit ihrer Arbeit.

Konan faltete unermüdlich kleine Hasen, Katzen, Vögel, Blumen, und Sasori feilte an den Holzkugeln, die seine Puppen gelenkig machten. Beide schienen neben ihrer eigenen Arbeit auch interessiert an der Kunst des anderen und besonders Konan fragte unablässig alles, was sie an Sasoris Puppen interessierte: Welches Holz man benutzte, wie die Gelenke funktionierten, wie die Waffen derjenigen Marionetten hießen, die man im Kampf einsetzte, und so weiter …

Und schließlich fing das kleine Mädchen einfach so an, anstelle von Tieren und Blumen vielmehr die Waffen von Sasoris Marionetten aus Papier nachzubilden.
 

Madara beobachtete die beiden mit steigender Freude und Zufriedenheit. Konans offenes, fröhliches Temperament und Sasoris offensichtlicher Perfektionismus harmonierten in einer so ertragreichen Art und Weise, dass es für den begeisterungsfähigen Madara eine wahre Freude war, ihnen zuzuschauen. Die beiden waren so unterschiedlich und doch gleich, und Konan wirkte längst nicht mehr wie eine Dreijährige.

Aus dem hungrigen, unzufriedenen Kleinkind aus Ame Gakure war inzwischen eine selbstsichere, klare kleine Person geworden, und Madara dachte darüber nach, wie Konan das geschafft hatte … Ein Faktor dabei war sicherlich das Sonnenlicht, denn dass Konan Licht liebte, war mehr als offenbar. Aber es hatte, lobte Madara sich auch selbst, sicher auch mit guter Förderung zu tun. Und da war er genau in seinem Element, denn er liebte es, Kinder in ihren Talenten zu fördern, und Konan empfing diese Förderung mit Begeisterung.
 

Während Konan und Sasori ihre kleine Kunsthandwerker-Werkstatt gründeten, übte Nagato am anderen Ende des Raumes Schreiben und Lesen. Madara setzte sich zu ihm, der Junge blickte auf, doch es kam kaum ein Gespräch zustande. Nagato schien sich an irgendetwas zu stören, das war spürbar, doch er sagte von sich aus nichts.

„Was ist los?“, fragte Madara. „Ich merke doch, da ist was …“

Nagato schüttelte den Kopf.

„Sag schon.“

Der Junge stand auf, nahm sein Buch und das Heft zum Schreiben und verließ die Hütte, setzte sich draußen hin. Madara folgte ihm.
 

„Jetzt sag schon. Ist irgendwas mit Sasori?“

Der Blick der lila Augen sah wütend aus, wütend und verschlossen.

Madara wagte einen Stich ins Blaue: „Bist du eifersüchtig?“

Nagato biss die Lippen zusammen. „Ja …“, presste er schließlich knapp heraus.

„Das musst du nicht sein.“

„Konan ist … meine Schwester!“, sagte Nagato, und die Art, wie er „meine“ sagte, machte deutlich, er war wirklich eifersüchtig.

Madara setzte sich zu seinem Jungen ins Gras, sah ihn aufmerksam an und überlegte, wie er ihm erklären sollte, dass Eifersucht zwar normal, aber nicht unbedingt richtig war …

„Ich hab sie gerettet. Ich hab mich um sie gekümmert“, sagte Nagato. „Nicht Sasori.“

„Sasori ist einfach neu hier. Und Konan versteht sich gut mit ihm, weil sie Dinge gemeinsam haben. Aber ich bin mir sicher, dass Konan trotzdem weiß, dass du ihr Bruder bist. Sie hat dich gern, weil du ihr Bruder bist. Auch wenn sie gerade begeistert von Sasoris Kunst ist.“
 

„Ich kanns nicht leiden, wenn … jemand sie wegzieht.“

„Es zieht sie niemand weg“, widersprach Madara. „Aber wenn du möchtest, dass sie sich auch mit dir so unterhält wie mit Sasori gerade, dann musst du auf sie zu gehen und ihr das sagen. Sag ihr, dass du sie lieb hast und dass du dich zurückgesetzt fühlst. Konan ist ein liebes, kluges Mädchen, sie muss nur wissen, was los ist.“

Nagato biss wieder die Lippen zusammen.

„Nagato, hör mal, wir leben hier jetzt nun mal zu viert. Und Konan ist eine eigene Person. Wenn du willst, dass sie mit dir redet, musst du dich auch … dafür attraktiv machen. Und das kannst du. Du bist ihr Bruder, sie hat dich lieb, aber wenn du ihr nicht zeigst, was du dir wünschst, kann sie das nicht wissen.“

„Ich … kann so was nicht …“

„Wie Sasori?“

„Ja. Ich bin halt nicht so.“

„Aber du hast andere Dinge, die du zeigen kannst. Sag ihr einfach, dass du auch noch da bist, und dass du sie lieb hast. Das ist in Ordnung, man darf das. Es fühlt sich vielleicht komisch und beängstigend an, wenn du jetzt zu ihr gehst und sagst, wie du dich fühlst, aber nur so wird ein Schuh draus“, sagte Madara, streckte die Hand aus und legte sie Nagato auf die Schulter. „Komm, du schaffst das.“
 

Nagato stand auf, ging wieder hinein, und Madara folgte ihm. „Komm, das schaffst du“, flüsterte Madara ihm noch mal zu.

Nagato machte ein paar Schritte auf Konan und Sasori zu. Konan hatte sich umgedreht, sie hatte bemerkt, dass Nagato eben hinausgegangen war und konnte sich schon denken, was los war. Sasori sah etwas verlegen aus, schien nicht recht zu wissen, was er tun sollte, seine Hände drehten einen hölzernen Marionettenfinger hin und her.

„Konan …“, begann Nagato leise … „Ich …“

Das kleine Mädchen sah ihn an, aufmerksam und wartend.

„… ich hab … dich gern und … ich … möchte, dass du …“ Nagato war sehr anzusehen, wie schwer ihm diese Worte fielen.

„Du willst mitmachen?“, fragte Konan.

„Ich will … nur so … dass du weißt … dass …“

„Komm, raus damit, Nagato“, flüsterte Madara hinter ihm.

„… ich … ich bin ein bisschen …“

Konan lächelte, stand auf, ging zu Nagato hin und nahm seine Hände in ihre. „Alles gut“, sagte sie.

„Ich bin ein bisschen … eifersüchtig …“, flüsterte Nagato, tonlos und mit roten Wangen.

„Musst du gar nicht sein“, sagte Konan, sie reckte sich auf die Zehenspitzen, Nagato senkte den Kopf ein wenig und Konan gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Musst du gar nicht sein.“

„Hast du … mich auch … gern?“

„Natürlich! Du bist doch mein großer Bruder!“

Nagato sah deutlich erleichtert aus, ihm war sehr anzusehen, wie viel Überwindung ihn das gerade gekostet hatte. Er schien in sich große Ängste zu haben, Verlustängste vor allem, logischerweise, denn er hatte seine Familie, seine Heimat und sicher noch vieles andere verloren, und so konzentrierte sich alles in ihm auf Konan.

„Gut gemacht, Nagato“, sagte Madara. „Wirklich.“
 

Am späteren Abend, als Konan und Nagato sich beide schon schlafen gelegt hatten, saß Madara mit Sasori noch ein wenig draußen vor dem Haus.

„Warum bist du weg aus Konoha?“, fragte Sasori. „Hat es dir dort nicht mehr gefallen?“

„Nein. Ich bin nicht gegangen, weil ich nicht mehr dort sein wollte. Ich liebe das Dorf und den Wald und das alles …“

„Warum bist du dann weg?“

„Weil ich etwas gefunden habe, was mir wichtiger ist, als dass ich in meiner Heimat bleibe. Ich liebe die Lehren des Hokage der Ersten Generation und ich will sie über das Dorf hinaus weitertragen. Ich möchte einfach, dass mehr Menschen so leben können, nicht nur in Konoha Gakure.“

„Du bist auf einer Mission“, sagte Sasori.

Madara nickte, lächelte. „Genau.“
 

„Was sind denn die Lehren des Hokage der Ersten Generation?“, wollte Sasori wissen.

„Wo soll ich da anfangen? Er hat so viele großartige Ideen entwickelt, und ich lese seine Bücher schon mein Leben lang, seit ich ganz klein war …“ Madara hob den Kopf, blickte zum Himmel, wo der Mond als exaktes Halb zwischen den Sternen leuchtete. „Ihm ging es um die Jugend, die Kinder im Dorf. Sie sollen in Sicherheit aufwachsen und jedes so gefördert werden, dass sie alle ihr Potenzial erleben und entfalten und glückliche, starke Menschen werden.“

„Hört sich gut an“, sagte Sasori nur.
 

„In dem Moment, wo ich Konan und Nagato in Ame Gakure gefunden und mitgenommen habe, war mir klar, dass ich diese Lehren an die beiden weiter geben möchte. Und gerade Konan nimmt schon jetzt so viel davon auf, das macht mich wirklich glücklich!“

Sasori sah nachdenklich aus, er biss sich auf die Lippen und blickte zu Boden. „Hm … ja, das stimmt.“

„Du hast sie ja erlebt heute, wie schnell sie lernt und wie viel Freude sie auch daran hat.“

„Hast du ihr das Papierfalten gezeigt?“, fragte Sasori.

„Nein.“ Madara lachte. „Das hat sie ganz alleine geschafft.“

„Wirklich?“

„Ja. Sie ist da wirklich gut, so schnell und eigenständig …“ Madara dachte wieder an Itachi. „Mein Patensohn in Konoha ist auch so, der konnte auch schon mit drei so viel und schnell lernen.“

„Vermisst du ihn?“, fragte Sasori.

„Manchmal. Aber er braucht mich nicht unbedingt, er hat seine Eltern und die ganze Förderung im Dorf. Er ist gut versorgt. Konan nicht, wenn ich sie nicht gerettet hätte. Und das ist eben meine Mission: Ich will, dass auch Kinder, die nicht das Glück hatten, in Konoha geboren worden zu sein, Zugang zu den Lehren des Ersten Hokage bekommen und auch diese individuelle Förderung …“

„Du bist ein Idealist“, sagte Sasori.

„So was von.“ Madara lachte wieder. „Es gibt Leute in Konoha, die mich ‚naiv‘ nennen deswegen. Aber ich steh dazu. Ich bin ein naiver, enthusiastischer Idealist.“

„Das kannst du, dazu stehen?“

„Ja. Ich war schon immer so.“
 

Eine Weile schwiegen sie, Madara sah wieder nach oben, der Mond schien zwischen den Blättern des Baumes hindurch, der neben der Hausecke stand, und dieses Bild des Mondlichtes und des Laubes war, abgesehen davon, dass es kein Vollmond war, das Sinnbild, das Madara in seiner Philosophie besonders liebte.

„Du magst den Mond, oder?“, fragte Sasori.

„Ja. Für meine Familie, den Uchiha-Clan, hat der Mond immer schon eine besondere Kraft und Bedeutung. Und weil wir in Konoha leben, Teil dieses Dorfes sind, ist es besonders schön, wenn das Mondlicht die Blätter der Bäume berührt. Am besten macht man dann ein Feuer an, besonders an Vollmond.“

„Es heißt ja auch Feuerreich?“, sagte Sasori.

„Genau. Und wir Uchiha haben eine besondere Bindung zum Feuer. Viele von uns, auch ich, haben Chakra vom Feuer-Element.“

Sasori lächelte. „Passt gut zusammen.“

„Genau. Und wir sollen die Menschen beschützen. Das können wir auch ziemlich gut.“

„Besonders die Kinder?“

„Ja. Von daher bin ich eigentlich auch nicht ‚desertiert‘. Ich bin nur auf einer geheimen Mission. Ich sehe das hier als meine Aufgabe an, wie ich schon gesagt habe, die Lehren von Konoha einfach anderen Menschen außerhalb auch zugänglich zu machen. Und wenn ich unser neues Dorf hier fertig gebaut habe, werde ich Konoha natürlich Beziehungsangebote machen.“ Madara sah Sasori an und lächelte. „Ich freue mich, dass du mitgekommen bist. Wir vier werden ein gutes Team.“

„Hm, ja …“, sagte Sasori. „Ich bin nur … nicht so ein Idealist wie du …“

„Das ist in Ordnung.“ Madara lächelte wieder. „Wir müssen nicht alle gleich sein.“



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