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Another Life

Another World, another Wesker
von

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Kapitel 6: Ich bin nicht die Jill, die du kanntest


 

Am nächsten Vormittag stand Jill wieder im R.P.D., das so lebhaft wie bei ihrem letzten Besuch war. Selbst ohne einen Zombie-Ausbruch gab es hier mehr als genug für die Polizisten zu tun. Kevin stand heute nicht am Tresen, so dass die Sekretärin ihrer Arbeit nachgehen konnte. Auch Jill musste sich so heute nicht aufhalten lassen. Sie ging die Westtreppe hinauf und direkt zum Büro, wo im Gegensatz zum Rest der Station weniger Leben herrschte. Genau genommen war sogar nur eine Person hier. Wie so oft war Barry in die Reinigung seiner Magnum vertieft, eine Tätigkeit, der er mit Leidenschaft nachging. Das erinnerte sie daran, dass sie ihre Waffen auch mal reinigen sollte, besonders da sie nicht wusste, wann die andere Jill das zuletzt gemacht hatte. Vorerst war das aber nicht weiter wichtig.

Als sie ihn begrüßte, hob Barry den Kopf. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Jill, womit haben wir deinen Besuch verdient? Wesker meinte, du wärst noch eine Weile krank.«

Da Albert sie nicht gefragt hatte, ob sie das überhaupt wollte, nahm sie das eher als Zeichen, dass er sie erst mal nicht sehen wollte. Aber egal, im Moment schien er ohnehin nicht hier zu sein, wie sie nach einem Blick in sein Büro feststellte.

»Ich wollte mit dem Captain reden«, antwortete sie. »Wo sind denn alle?«

Barry seufzte. »Rebecca und Enrico sind noch mit den Gesprächen wegen Coen beschäftigt, Brad begutachtet den Heli, und Kevin macht Kaffeepause, der kommt also wahrscheinlich erst in einer Stunde wieder.«

Er schüttelte mit dem Kopf, sichtlich genervt davon, dass sein junger Kollege die Pflicht derart schleifen ließ. Jill musste derweil ein sehnsuchtsvolles Seufzen unterdrücken; ein Kaffee wäre eine gute Idee gewesen, bevor sie losgegangen war. Am Tag zuvor hatte sie wegen möglicher Kopfschmerzen darauf verzichtet, aber heute wären ihr diese sogar egal.

Barry sah zu Alberts Büro und fuhr fort: »Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, mit Wesker zu sprechen. Gestern war er ziemlich schlecht drauf, sah aus, als hätte er einen Kater.«

Noch ein Kopfschütteln, diesmal das Unverständnis, dass man so zur Arbeit erschien.

Hatte er sich nach diesem missglückten Essen wirklich betrunken? Jetzt hatte sie noch mehr das Bedürfnis, sich zu entschuldigen. Aber wenn er nicht hier war …

»Weißt du, wann er ins Büro kommt?«, fragte sie.

Barry zuckte mit den Schultern. »Er hat nicht viel geredet. Vielleicht kommt er bald. Wenn es wichtig ist, kannst du ja hier warten.«

Mit einer einladenden Geste deutete er auf den Stuhl am Tisch neben sich. Sie hatte nichts anderes zu tun, und die Aussicht, ein wenig Zeit mit Barry zu verbringen, war auch nicht die Schlechteste, also setzte sie sich. Er fuhr derweil mit der Reinigung fort. Bei ihm wirkte das wie eine Zen-Übung, sie entspannte sich allein beim Zusehen.

»Ist eigentlich irgendwas bei euch passiert?«, fragte er. »Wesker wirkte mies gelaunt, als ich ihn gefragt habe, wie es dir geht.«

Offenbar war das außergewöhnlich genug, dass er es bemerkt hatte. Sie wiegelte aber sofort ab: »Wir hatten nur wieder ein Gespräch über Chris.«

Das genügte schon, dass Barry verstehend nickte. »Niemand hier glaubt, dass Chris uns wirklich verraten hat. Aber wir müssen erst einmal davon ausgehen, das ist ein ziemliches Problem.«

Es war schön, dass auch die anderen an Chris' Unschuld glaubten. Doch für den unwahrscheinlichen Fall, dass er sie doch verraten hätte, wäre das der sichere Untergang von S.T.A.R.S., eine Tatsache, die bitter war, aber dennoch der Realität entsprach. Das musste der Grund sein, warum Albert als Kommandant der Einheit so sehr darauf bestand, keine Schwäche zu zeigen, obwohl er auch einfach nur Chris' Unschuld beweisen wollte. Das musste sehr belastend sein für ihn. Und dann kam sie daher und zerstörte ihn auch noch vollends, sie war wirklich eine Heldin.

»Barry, hat Chris vor seinem Verschwinden eigentlich auch mit dir geredet?«

Er erstarrte in seiner Bewegung und ließ die Waffenteile in seiner Hand sinken. »Ich glaube, er hat darüber nachgedacht, mit mir über Umbrella zu sprechen. Ich meine, wir wissen ja alle, dass er denen nachrecherchiert hat. Aber schlussendlich hat er es nicht getan.«

Das wunderte sie nicht. Chris hatte sich bestimmt nach Verbündeten gesehnt, aber weder Jill noch Albert hatten ihm geglaubt, sein bester Freund Forest war tot, und Barry hatte eine Familie, die Chris nicht in Gefahr bringen wollte. Die Situation musste für ihn verfahren gewesen sein, deswegen war er so am Ende gewesen bei seinem letzten Gespräch mit der anderen Jill. Alles in allem hatte sie gerade das Gefühl, sie war für keinen der beiden Männer wirklich gut.

Barry hob die Schultern. »Es bringt nichts, zu verfluchen, wie es gelaufen ist. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass alles zu einem guten Ende kommt.«

»Wir bekommen das wieder hin, Barry. Wir holen Chris zurück.«

Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu und nickte dabei. Ihn auch auf ihrer Seite zu wissen, beruhigte sie noch weiter. Solange sie alle zusammenhielten, schafften sie das, und so oft wie sie in ihrer Welt die Menschheit gerettet hatten, gab es da keinen Zweifel.

Die Tür zum S.T.A.R.S.–Büro öffnete sich. Jill sah direkt hinüber – und erstarrte, als sie sah, wie Wesker eintrat. Er trug einen dunklen Anzug und dazu eine undurchdringlich schwarze Sonnenbrille, hinter der man seine Augen nicht sehen konnte. Ihr Puls beschleunigte sich, sie wollte zur Waffe greifen, um die Bedrohung zu beseitigen, aber gleichzeitig auch einfach nur von hier fliehen, bevor er sie wieder schnappte, ihr das Genick brach, um sich danach zum Gott einer neuen Menschheit aufzuschwingen.

Erst als ihr nervöser Blick auf seine Hand fiel, in der er einen Coffee-to-go-Becher hielt, entspannte sie sich wieder etwas. Wesker würde niemals Kaffee aus einem Pappbecher trinken – nein, wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte sie ihn nie irgendetwas trinken oder essen sehen. Das hier war nicht Wesker, es war Albert, und sein Körper versteifte sich auch, als er sie bemerkte.

»Oh, Jill.« Seine Stimme klang noch so hohl, wie am Ende ihres letzten Gesprächs. »Du bist krankgeschrieben, was willst du hier?«

Obwohl es ihr schwerfiel, nicht direkt wegzulaufen oder ihn doch anzugreifen, ging sie einfach nur langsam auf ihn zu. »Ich wollte mit dir reden.«

Seine Mundwinkel zuckten, vielleicht freute er sich sogar, aber zeigen wollte er es nicht. »Ist es denn wichtig?«

Sie blieb vor ihm stehen. »Ist es.«

Hinter seiner Stirn glaubte sie seinen inneren Kampf zu sehen, einerseits mit ihr sprechen zu wollen, andererseits sie aber auch abzuweisen, um sich selbst zu schützen. Schließlich gab er aber seufzend nach. »Okay, dann komm in mein Büro. Aber ich habe nicht viel Zeit.«

Albert nickte Barry zur Begrüßung nur kurz zu. Jill folgte ihm, obwohl ihr Körper immer noch dagegen demonstrierte. Alles in ihr schrie nach Flucht, besonders da der Weg nun wieder frei war. Doch sie zwang sich, das Büro zu betreten, die Tür hinter sich zu schließen und sich dann auf den Stuhl vor seinem Tisch zu setzen, während er auf seinem Sessel Platz nahm.

»Also.« Er stellte den Kaffee ab. »Was willst du?«

»Kannst du mir … vorher einen Gefallen tun und die Sonnenbrille abnehmen?«

Er stutzte. »Was?«

»Ich erklär dir das noch, aber sie macht mich wirklich nervös.«

Das gefiel ihm offensichtlich nicht, vielleicht fürchtete er ja, dass sie nur seine Schwäche ausnutzen wollte, um ihn noch mehr zu verletzen. Sie wiederum befürchtete, dass er einfach ablehnte und sie hinausschmiss, sie hätte es sogar verstanden.

Aber sein Widerstand brach an ihrem bittenden Gesichtsausdruck. Er nahm die Brille ab, worauf seine Augen sichtbar wurden, die glücklicherweise immer noch nicht leuchteten. Dafür waren sie rot unterlaufen, mit tief sitzenden Schatten darunter. So wie er direkt das Licht abdunkelte, musste Jill Barry recht geben: Albert hatte einen Kater.

Da bereute sie es noch mehr, ihm nicht von Claires Besuch erzählt zu haben. Immerhin wäre es dann nicht zu dem Streit gekommen, der ihn so fertig zu machen schien.

»Ich bin ganz Ohr.« Er lehnte sich im Sessel zurück. »Was willst du mir sagen?«

Sie hätte es vielleicht im Vorfeld besser überdenken sollen, aber so strömte es einfach aus ihr heraus: »Es tut mir leid, dass ich dir nichts von Claire erzählt habe. Das war definitiv ein Fehler. Aber es gibt einen Grund, warum ich so … misstrauisch bin. Es ist nicht deine Schuld, aber ich kann einfach nicht anders.«

Er seufzte lautlos und rollte mit den Augen. »Und was ist das für ein Grund? Hat es irgendetwas mit Umbrella zu tun? Hab ich irgendwann etwas Falsches zu dir gesagt? Oder hat Chris etwas gesagt?«

»Es ist wirklich schwer zu erklären, garantiert unmöglich in ein paar Minuten. Und vielleicht würdest du es mir nicht mal glauben, weil es einfach so … verrückt ist.«

»Jill.« Seine Stimme klang ungeduldig. »Wir haben vor einigen Monaten ein Herrenhaus gesäubert, in dem uns Zombies und sogar mutierte Pflanzen angegriffen haben. Das war verrückt, aber es war Realität. Warum sollte ich dir andere seltsame Dinge nicht glauben?«

Prinzipiell stimmte das wohl. Außerdem wollte sie ihm ohnehin alles erzählen, also warum sollte sie nicht einfach damit anfangen, um ihm zu zeigen, von welcher Größenordnung sie da sprach?

»Ich bin nicht die Jill, die du kanntest.«

»Schon klar. Es sind viele Dinge passiert, und du wurdest am Kopf verletzt, da kommt es schon mal vor, dass-«

»Das meine ich nicht. Ich, also meine Erinnerungen, sind aus einer ganz anderen Welt, einer anderen Zeit, in der alles ganz anders gelaufen ist.«

Nachdem sie das gesagt hatte, verhärtete sein Blick sich. Sie wappnete sich für eine empörte Erwiderung, die auch sofort kam: »Machst du dich über mich lustig? Bist du deswegen hergekommen? Um mich fertigzumachen?«

»Ich sagte ja, dass es verrückt ist«, verteidigte sie sich. »Aber ich schwöre dir, dass es die Wahrheit ist. Ich bin vor ein paar Tagen in dieser Welt aufgewacht, deswegen weiß ich so wenig über das, was hier passiert ist.«

Er öffnete bereits den Mund, um noch einmal etwas zu erwidern, aber dann runzelte er seine Stirn. Sicher dachte er gerade an all die Gespräche, die sie in den letzten zwei Tagen geführt hatten, zählte eins und eins zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass ihre Erklärung im Moment die einzig logische war. Aber sein Gesicht zeigte, wie sehr es ihm widerstrebte, so etwas wirklich zu glauben. Die Zombies hatte er wenigstens live gesehen, aber hier konnte er nur zuhören, ohne einen Beweis zu erhalten. Es war auch gut möglich, dass sie ihn einfach anlog. All das musste ihm durch den Kopf gehen, verbunden mit zwei Fragen: Sollte er darauf eingehen? Oder sie doch hinauswerfen?

»Okay«, sagte er genervt seufzend. »Nehmen wir an, ich glaube dir das einfach mal. Was genau in dieser … anderen Welt sorgt dann dafür, dass du mir so sehr misstraust?«

Er legte die gespreizte Hand auf seine Brust und sah sie so verletzt an wie zuvor. Wahrscheinlich fiel es ihm schwer, sich vorzustellen, dass er ihr in irgendeiner anderen Realität etwas getan haben könnte, um dieses Misstrauen zu verdienen. Sie wollte es ihm auch nur ungern erzählen, aber ihr blieb keine Wahl.

»Ich war auch in meiner Welt bei S.T.A.R.S., und wir hatten auch einen Captain Wesker, aber er war komplett anders als du. Er war unnahbar, kalt, arrogant – und er hat immer eine Sonnenbrille getragen.«

Sie nickte zu der von Albert, die inzwischen auf dem Tisch lag. Er sah darauf hinunter und hob eine Augenbraue. Offenbar verstand er gerade, weswegen sie ihn darum gebeten hatte, sie abzusetzen.

»Außerdem hat er für Umbrella gearbeitet und uns alle verraten.«

Diesmal wanderten beide Augenbrauen nach oben. »Ich … was?«

»Der Wesker meiner Welt, meiner Erinnerung, hat uns verraten, um Kampfdaten für die Biowaffen Umbrellas zu erhalten. Das hat eine Kettenreaktion ausgelöst, wegen der Raccoon City von Zombies überrannt und dann von der Regierung vernichtet wurde.«

Das waren die Ergebnisse der Aufarbeitung, die sie mit Chris getätigt und die zum endgültigen Fall von Umbrella geführt hatten.

Allein die Vorstellung versetzte Albert in einen schlimmen Zustand. Er sank scheinbar geschlagen tiefer in seinen Sessel und murmelte etwas vor sich hin. Mit so einer Geschichte hatte er nicht gerechnet. Was ihn wohl mehr irritierte? Dass er der Verräter war oder dass Umbrella sich verantwortlich zeigte? Oder dass sogar die gesamte Stadt, in der sie sich gerade aufhielten, dem Erdboden gleichgemacht worden war?

»Und das war noch nicht alles«, begann Jill, doch Albert hob kraftlos die Hand.

»Das reicht erst mal.« Seine Stimme klang wieder hohl, aber diesmal schob sie das auf die Überforderung durch diese Erzählung. »Ich glaube, bevor ich mir mehr dazu anhöre, brauch ich erst einen guten Drink.«

Noch dazu klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch und erinnerte daran, dass er eigentlich für die Arbeit gebraucht wurde. Die paar Minuten, die er sich für sie nehmen konnte, waren vorbei. Sein Blick wanderte vom Telefon zu ihr. »Ich bin mir noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Aber ich bin bereit, mir mehr davon anzuhören. Denn ich will dir weiterhin vertrauen, auch wenn du nicht die Jill sein solltest, die ich kenne.«

Bildete sie sich seine Kritik an ihr in diesen Worten nur ein? Sie fragte ihn lieber nicht.

»Ist es okay, wenn ich heute Abend wieder zu dir komme? Dann hast du auch mehr Zeit, mir alles zu erzählen – und wir werden dabei nicht die ganze Zeit beobachtet.«

Sie wollte ihn fragen, was er meinte, da nickte er aber schon zu den Fenstern seines Büros. Kevin musste irgendwann zurückgekehrt sein, nun lehnte er mit der Hüfte gegen einen Schreibtisch und betrachtete sie neugierig durch die Scheibe. Er besaß sogar die Dreistigkeit, ihr lächelnd zuzuwinken.

»Stimmt, wir sollten bei mir weiterreden.«

Sein Telefon klingelte weiterhin. Wer auch immer mit ihm sprechen wollte, ließ nicht locker.

»Gut, ich komm dann gegen Acht zu dir.« Das war seine einzige Verabschiedung, dann hob er den Hörer ab und knurrte ein schlecht gelauntes »Hallo« hinein.

Jill verließ das Büro, bevor sie Alberts Tag noch weiter ruinierte. Sie winkte Kevin nur kurz zu, obwohl er sie grinsend begrüßte und sie sogar fragte, was sie mit Albert besprochen hatte.

»Keine Zeit«, erwiderte sie und trat zurück in den Gang.

Mit schnellen Schritten entfernte sie sich vom Büro, bevor Kevin auf die Idee käme, ihr doch noch zu folgen, um mehr zu erfahren.

Auf dem Weg zur Haupthalle kam sie an einem Kaffeeautomaten vorbei, was sie daran erinnerte, dass ein Kaffee eine wirklich gute Idee wäre, selbst wenn das Koffein vielleicht wieder Kopfschmerzen auslöste.

Sie griff in ihre Tasche – und wurde blass, als sie statt dem benötigten Kleingeld einen Schlüssel mit einer schwarzen Plastikhülle hervorzog. Nun hatte sie ihn extra mitgebracht, aber ganz vergessen, Albert deswegen zu fragen. Sie fluchte innerlich. Aber sie konnte auch nicht nochmal zu ihm zurück. Wie käme das denn bei ihm an? Und vielleicht war er ohnehin auch ratlos, dann wäre es für ihn nur eine unangenehme Situation mehr, die sie ihm aussetzte.

Das müsste dann eben bis zum Abend warten. Auch wenn es ihr leid tat, Chris damit ebenfalls warten lassen zu müssen. Wahrscheinlich fragte er sich bereits, warum sie so lange dafür brauchte. Aber es war keine Absicht von ihr, also könnte er es vielleicht verstehen.

Die Lust auf Kaffee war ihr damit erst mal vergangen, sie wandte sich von dem Automaten ab – und prallte gegen einen Polizisten, worauf sich ein Berg von Akten auf den Boden ergoss.

Jill entschuldigte sich rasch bei ihm und kniete sich zu ihm, um beim Aufsammeln zu helfen.

»Schon gut«, erwiderte er, »ich hätte einfach besser aufpassen sollen.«

Die Stimme allein genügte, dass sie wusste, dass es sich um Leon handelte. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln – obwohl er sie nicht einmal kannte – was er erwiderte, nur um dann wieder ernst zu werden: »Zivilisten dürfen nicht in diesen Bereich. Falls Sie eine Besucherin sind, sollten Sie den Besuchsausweis sichtbarer tragen.«

»Oh, nein, nein, ich gehöre zu S.T.A.R.S.« Sie deutete auf die Marke, die sie am Gürtel befestigt hatte und ihm daher sicher nicht aufgefallen war.

»Ah, tut mir leid.« Sein Blick fiel auf die Akte, die sie ihm gerade oben auf den Stapel gelegt hatte. »Vergessen Sie Ihren Schlüssel nicht. Wenn man einen Ersatz will, ist das ein ziemlicher Aufwand. Ich hab ihn schon hinter mir.«

Erst da fiel ihr auf, dass sie Chris' Schlüssel auch oben drauf abgelegt hatte. Sie nahm ihn wieder an sich – und stutzte. »Moment, weißt du, wofür der ist?«

Leon sah sie mit geneigtem Kopf an, als fragte er sich, ob sie das ernst meinte, störte sich aber nicht daran, dass sie ihn duzte.

»Der Schlüssel gehört zu einem Fall«, erklärte sie. »Aber wir konnten noch nicht herausfinden, was er aufschließt.«

»Er sieht jedenfalls aus wie die Schlüssel, die man für einen Lagerraum bei Raccoon Storage erhält. Ich hab auch einen, weil ich ein paar Dinge unterstellen musste. Und ich hab das erste Exemplar schon verloren.«

Wenn es hier wie in ihrer Erinnerung war, lebte er noch nicht sehr lange in der Stadt. Falls er Möbel mitgebracht hatte, mussten diese natürlich irgendwo gelagert werden. Und warum war sie nicht gleich darauf gekommen, dass es auch ein Schlüssel für einen Lagerraum sein konnte? Die Antwort war einfach: Sie hatte nicht gewusst, dass es so etwas in Raccoon City für die Öffentlichkeit gab, weil sie das nie benötigt hatte.

»Es steht keine Nummer oder so drauf«, sagte sie. »Woher weiß man, für welchen Raum er ist?«

Leon streckte die Hand aus und deutete auf die Rückseite des Schlüssels. »Die Mitarbeiter können einen Code in der Hülle ablesen, der beinhaltet alle Informationen. Man ist dort echt stolz auf die Technik.«

Eine Woge von Erleichterung und Ehrgeiz überfiel sie. Sie müsste unbedingt sofort dorthin und sich die Beweise holen. Deswegen fragte sie Leon nach der Adresse, die er ihr bereitwillig nannte. Jill sprang auf, während er sich mit den Akten langsamer erhob.

»Konnte ich bei dem Fall helfen?«

»Absolut«, sagte sie und ging an ihm vorbei. »Danke, Leon!«

Damit rannte sie bereits los, ignorierte sogar seine Frage in ihrem Rücken, woher sie seinen Namen kannte. Sie hatte keine Zeit, ihm jetzt auch noch Dinge zu erklären, sie musste diese Beweise finden. Und wenn Albert heute Abend käme, könnte sie ihm diese direkt präsentieren, dann würden sie zusammen Chris helfen, genau wie sie es sich versprochen hatten.

Alles konnte noch gut werden, es kam nur noch darauf an, ob Chris wirklich alles dort versteckt hatte. Und als sie das R.P.D. wieder verließ, schickte sie ein Stoßgebet gen Himmel, dass dies nicht nur eine Sackgasse war.
 



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