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Letzte Wiederkehr

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XXII


 

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„Yugi? Ryou?“ Die Stimme drang so unerwartet zu Ryou durch, dass er zusammenzuckte. Die seltsame Atmosphäre, die ihn eben noch absorbiert hatte, rückte von ihm ab. „Oh … hey, Leon.“ „Was ist denn los? Ich hab euch überall gesucht!“, beschwerte sich der kleinere von Schroeder, „wollten wir uns denn nicht am Spieleladen treffen?“ „Doch, tut mir echt leid. Aber die Dinge sind hier etwas aus dem Ruder gelaufen.“ Er deutete auf Yugi, der apathisch neben ihm stand.
 

Leon riss erschrocken die Augen auf. „Er … hat er etwa dasselbe wie mein Bruder?“ Ryou nickte ernst. „Leon, wo ist dein Bruder jetzt?“ „Er wartet am Spieleladen“, gab Leon verunsichert zurück. „Dann lass uns ihn schnell einsammeln. Ich schätze, jetzt liegt es an uns, den beiden zu helfen.“ „Kannst du das denn?“, fragte Leon hoffnungsvoll.
 

Eine halbe Stunde später hatten sie es tatsächlich geschafft, Yugi und Zigfried aus ihrer Trance zu holen. Ryou fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Er hatte mächtig Angst gehabt, dass er es vielleicht nicht schaffen könnte und Leon und Yugi im Stich lassen würde. Doch nachdem Ryou Leon erklärt hatte, dass sie den beiden lediglich Mut zusprechen und ihre belastenden Gedanken nehmen mussten, und ihm versichert hatte, dass alles schon gutgehen würde, hatte er sich nahezu selbst geglaubt. Und wirklich hatte er es danach geschafft, zu Yugi durchzudringen. Das hatte zur Folge, dass Ryou sich selbst wieder etwas besser fühlte und ein wenig stolz auf sich war, auch wenn es ihm nach wie vor Sorgen bereitete, dass der Milleniumsring so plötzlich wieder aufgetaucht war.
 

Als Yugi orientierungslos um sich schaute, fiel sein Blick ebenfalls als erstes auf den goldenen Gegenstand um Ryous Hals. „Was … macht der denn hier?“, fragte er alarmiert. „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich hatte so ein merkwürdiges Gefühl und dann … war er einfach da.“ Yugi zog besorgt die Brauen zusammen, sagte aber nichts mehr. „Hast du mir geholfen?“ Ryou nickte lediglich. „Danke dir vielmals! Und tut mir leid, dass ich so dämlich war, in diese Falle zu tappen.“ „Und auch Zigfried ist wieder ganz der Alte!“, machte Ryou Yugi nun auf die beiden Neuankömmlinge aufmerksam. Erst jetzt schien er sie wahrzunehmen und wandte sich überrascht um. „Wunderbar, das freut mich!“
 

„Ich wüsste mal gerne, was hier eigentlich gespielt wird“, fiel Zigfried gleich mit der Tür ins Haus, „könnt ihr mir das erklären? Ich weiß nur noch, dass ich zu Hause ankam nachdem ... naja, und plötzlich … bin ich hier.“ „Du warst ganz seltsam, großer Bruder“, sagte Leon, „da habe ich Yugi angerufen. Ich wusste doch nicht, was ich sonst tun sollte.“ Zigfried lächelte, milder gestimmt. „Danke dir, Leon. Du hast richtig gehandelt.“
 

„Zigfried, du bist also bereits aus dem Königreich der Duellanten aufgebrochen? Kannst du mir denn etwas darüber sagen, wie es Atem geht?“ „Du meinst den Kleinen mit der gesunden Bräune, der so aussieht wie du?“, fragte Zigfried, „ich … also … ich weiß lediglich, dass er und dieser … na, der Typ, der so aussieht wie der da“, er zeigte auf Ryou, „auf der Suche nach der Schrift waren, wie ich auch.“ „Und? Wart ihr erfolgreich?“ Zigfried sah jetzt unbehaglich auf seine Fußspitzen. Was sollte er Yugi sagen? „Ich ja. Ich habe sie … gefunden und bin dann aufgebrochen.“ „Aber nicht ohne einen Deal mit Pegasus!“, platzte Leon stolz heraus. Yugi und Ryou sahen einander an. „Du hast einen Deal mit Pegasus abgeschlossen?“, fragte Ryou misstrauisch. Auch Yugi war sich sicher, dass Zigfried nicht alles sagte, was er wusste. „Wie ist das denn so schnell passiert? Kann es sein, dass du uns was verschweigst?“ Leon blickte verwirrt von einem zum anderen.
 

„Ich … also …“ Yugi blickte ernst drein. „Geht es Atem denn gut?“, unterbrach er den Firmeninhaber. „Soweit ich weiß, ja“, sagte Zigfried etwas gehemmt. „Gut, dann kommt erst mal mit. Es gibt noch einige andere, die deine Geschichte brennend interessiert.
 

***

Interessiert sah sich Zigfried um, während die vier das Gebäude der KaibaCorp betraten. Als sie im obersten Stock aus dem Fahrstuhl stiegen, lief ihnen Mokuba bereits entgegen. „Hey Yugi! Gott sei Dank ist bei euch alles okay!“ „Was gibt es Neues?“, fragte Yugi ihn lächelnd. „Mein Bruder hat es endlich geschafft!“, berichtete Mokuba stolz, „auf allen Fernsehern in Japan läuft jetzt unser Hypnose-Programm!“ „Das ist toll!“, nickte Yugi, „wo ist Kaiba jetzt?“ „Er bereitet sich darauf vor, zurück zu Pegasus zu fliegen“, wurde Mokuba nun ernst, „er sagt, es gibt für ihn hier nichts mehr zu tun.“
 

In diesem Augenblick trat Seto aus seinem Büro. Sein Blick fiel sofort auf Zigfried und nahm einen herablassenden Ausdruck an. „Sieh mal an, wolltest du dir mal ansehen, wie eine erfolgreiche Firma von innen aussieht ?“, fragte er. Zigfrieds Augenbraue zuckte gefährlich. „Ist weniger eindrucksvoll, als ich es mir vorgestellt habe. Herr Kaiba. Wie wär‘s? Ich könnte mich ja mal schnell in deine Systeme hacken und alle Daten verändern?“ „Das würdest du nicht wagen.“ „Kommt drauf an. Wenn du mich weiter so provozierst, kann ich für nichts garantieren.“
 

Ein weiteres Pling ertönte und auch Joey und Téa traten nun aus dem Lift. „Hey, was soll das?“, ging Joey sofort zwischen die beiden Streithähne, die sich wütend anfunkelten, „mit Kaiba zu streiten ist allein mein Privileg!“ „Zigfried hat uns eben etwas Interessantes erzählt“, erklärte Yugi, „das dürfte dich auch interessieren, Kaiba. Er hat auf Pegasus Burg mit Atem zusammengearbeitet.“ Sofort wurde Setos Gesicht noch finsterer. „Dann rück mal raus mit der Sprache. Und lass bloß kein Detail aus.“
 

Zehn Minuten später hatte Zigfried der Gruppe seine Geschichte erzählt. Er biss sich auf die Lippe und blickte zu den anderen auf. „Ich habe das Gefühl, Pegasus hat mich gelinkt und ich bin genau in seine Falle getappt. Naja … ihr müsst verstehen, dass ich so lange auf diesen Moment hingearbeitet habe. Ich konnte einfach nicht anders. Aber jetzt habe ich den Verdacht, dass ich nicht ihm, sondern eurem Freund mit der Trendfrisur und seinem stylingresistenten Gespensterfreund hätte trauen sollen. Deshalb glaube ich, es ist richtig, dass ihr wisst, wie es wirklich abgelaufen ist.“ „Niemand kann dir Vorwürfe machen!“, bekräftigte Leon von Schroeder seinen Bruder aufmunternd. „Schön und gut“, sagte Joey nachdenklich und kratzte sich am Kopf, „du bist also getürmt, nachdem du die Rolle und den Deal mit Pegasus hattest. Er wollte uns Glauben machen, dass die Schrift verschwunden ist, während er in Wirklichkeit dich auf die Insel gelockt hat, um sie unbemerkt wegzubringen. Aber was machen wir jetzt daraus?“ „Wir wissen jetzt, dass Pegasus ein mieser Hund ist, dem man nicht trauen kann. Eigentlich haben wir das doch immer schon geahnt, oder nicht? Wisst ihr nicht mehr, als er Yugis Großvater entführt hat, um Yugi auf seine Insel zu locken?“
 

Yugi sah nachdenklich aus. „Aber trotzdem … so kennen wir Pegasus doch gar nicht. Er hat damals aus Verzweiflung gehandelt und war nicht so eiskalt und berechnend.“ Dann wandte er sich an Téa. „Wie geht es meinem Großvater?“ „Ihm geht’s gut. Wir haben ihn vor den Fernseher gesetzt. Da läuft jetzt rund um die Uhr Kaibas Anti-Gehirnwäsche.“ „Gut“, entschied Yugi, „dann gibt es für uns hier auch keine Aufgabe mehr. Ich denke, wir sollten Kaiba begleiten. Und mit der Schriftrolle, die du hoffentlich mitgebracht hast, Zigfried, haben wir einen Grund mehr, zur Burg zurückzukehren.“ „Ich möchte auch mitkommen!“, meldete sich Zigfried zu Wort, „ich will euch helfen. Immerhin habe ich einiges wiedergutzumachen.“ Kaiba knurrte unwillig. „Schon gut, Herr Kaiba, ich habe nicht das geringste Interesse daran, stundenlang mit dir in einem Flugzeug zu sitzen und deiner eisigen Attitüde ausgesetzt zu sein. Ich fliege selbst.“
 

Als sie vor das Gebäude traten, empfing sie eine drückende Atmosphäre. „Leute, bilde ich mir das nur ein, oder ist es noch düsterer geworden?“, blinzelte Joey in den fast nachtschwarzen Himmel. Blitze zuckten jetzt erneut über das Firmament, und in einer höheren Frequenz als zuvor. „Das wird definitiv kein Spazierflug“, stellte Mokuba etwas beklommen fest. „Und wenn schon. Das nehme ich in Kauf“, sagte Seto kalt und entschlossen, „aber für euch“, er deutete auf Yugi und die anderen, „übernehme ich keinerlei Verantwortung. Wenn ihr also doch hierbleiben wollt, ist jetzt die Gelegenheit. Mokuba, dich wüsste ich allerdings lieber hier in Sicherheit. Ich hätte gern, dass du hier in der Firma bleibst.“ Mokuba zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen. „Als ob ich hier sicherer wäre! Kommt gar nicht in Frage!“ „Also schön“, Seto ging zu Roland und besprach einige Dinge mit ihm. Dann kletterte er ins Flugzeug, gefolgt von den anderen. Zigfried telefonierte seinen eigenen Piloten herbei und wollte mit Leon nachkommen.
 

***

Atem musste um seine Besinnung kämpfen. Jetzt, wo der Zauber abklang, spürte er deutlich, wie dieser ihn physisch erschöpft hatte. Es fühlte sich ein bisschen an, als habe er eine körperliche Ertüchtigung hinter sich, die ihn an seine Grenzen gebracht hatte. Bakura, dem all das weniger zusetzte, wartete geduldig, bis er sich wieder gefasst hatte. „Ungünstig, dass wir hier unten kein Wasser haben“, bemerkte er mit einer Spur von Mitleid in der Stimme.
 

„Es geht schon wieder“, Atem wollte vor Bakura nicht schon wieder schwach wirken, deshalb biss er die Zähne zusammen. „In Ordnung“, sagte dieser lediglich. Beide wussten nicht so wirklich, wie sie das gesehene ansprechen sollten. Jedes Wort war hier überflüssig. Trotzdem begann Atem schließlich: „Du hattest Recht. Auf der zweiten Seite des Textes ging es tatsächlich um die Milleniumsgegenstände. Und zwar im Zusammenhang mit der Aufhebung des Rituals. Ich hatte dir nicht geglaubt. Ich dachte, du hättest mich auch diesbezüglich belogen." Es war keine Entschuldigung, nur eine Feststellung. Bakura seufzte. „Hab’s dir doch gesagt, ich hab dir genau das weitergegeben, was ich von meinem Informanten erfahren habe. Aber schwamm drüber. Ich hätte mir selbst auch nicht geglaubt.“
 

„Also ... Zorc, hm?“, machte der Pharao jetzt, „Ich … habe diesen Namen bisher nur einmal von Yugi gehört. Weißt du Genaueres darüber, mit wem wir es hier zu tun haben?“ „Auch nur aus Ryous Erzählungen“, gab der Grabräuber zu, „aber er hat mir die ganze Geschichte ziemlich genau berichtet, kurz bevor wir hergekommen sind. Mit diesem Zorc ist wohl nicht zu spaßen. Er wird in unserer Gegenwart die mächtigste Bedrohung für Ägypten sein. Und ich werde wohl nicht ganz unschuldig daran sein.“ Atem lauschte aufmerksam, während Bakura ihm weitergab, was er von seinem zukünftigen Wirt erfahren hatte.
 

„Wie konnte er damals zerstört werden?“, fragte der Pharao und blickte Bakura gebannt mit seinen großen, violetten Augen an. „Du hast ihn wohl beim ersten Mal weggesperrt und deinen Geist dabei im Milleniumspuzzle eingeschlossen. Aber Zorc lebte ebenfalls weiter, im Milleniumsring.“ „Der Ring wurde im Text ebenfalls genannt! Aber der Ring gehört zu Mahad!“ „Gehörte“, korrigierte ihn der Dieb, „jedenfalls, als du zurück in die Welt deiner Erinnerungen gekehrt bist, hast du Zorc – und mich, denn Zorc und ich, wir waren zu der Zeit miteinander verschmolzen – durch die Magie deines Namens endgültig vernichtet.“ Atem sah nachdenklich aus. „Im Text hieß der letzte Satz: ‚Dieser alles verschlingende Schatten kann nur zerstört werden durch den Namen des Pharaos.‘ War das damit gemeint?“ „Das wäre naheliegend.“ „Aber das alles ist für uns beide noch nicht passiert. Es liegt noch in unserer Zukunft. Wie kommt es dann, dass Zorc plötzlich wieder hier in dieser Zeit auftaucht?“ „Vielleicht“, mutmaßte Bakura, „findet er immer wieder einen Weg im Raum-Zeit-Kontinuum, sich zu manifestieren und Chaos über diese Welt zu bringen. So wie ein böses Prinzip.“ Der Pharao nickte bedächtig.
 

„Aber etwas anderes beschäftigt mich“, lenkte Bakura ein, „wenn dein Name der einzige Weg ist, Zorc zu zerstören, wie es auch geschehen ist, bevor diese Ereignisse die Zeitlinie verändert haben – dann haben wir hier nicht die geringste Chance gegen ihn.“ „Wieso nicht?“, wollte Atem wissen, „ich bin doch hier. Und ich weiß meinen Namen.“ „Das ist es ja gerade!“, sagte Bakura ungeduldig, „Du bist hier. In dieser Zeit hat unser altägyptische Namenmagie gar keine Wirkung. Hier haben Namen nicht dieselbe Bedeutung wie damals. Und abgesehen davon weißt du doch deinen Namen noch. Also wie kann er dann dieselbe magische Wirkung entfalten? Außerdem haben wir hier weder Exodia noch die drei ägyptischen Götter noch sonst irgendwelche echten Kreaturen, die dir damals geholfen haben, gegen ihn zu bestehen. Wie sollen wir da gegen ihn ankommen?“ „Willst du damit etwa sagen …“, fragte Atem leise, „die einzige Möglichkeit ihn zu besiegen ist in unserer Zeit?“
 

***

Uyeda legte auf. Er hatte es nicht mehr alleine mit seinen Gedanken ausgehalten und hatte deshalb seinen Bruder Toya angerufen. Dieser war aus allen Wolken gefallen, als er erfahren hatte, in was für eine Sache Uyeda da hineingeraten war. Bisher hatte sein kleinerer Bruder ihm nur gesagt, dass er eine Art Stipendium von Industrial Illusions für seine Ausbildung bekommen hatte, für das er ab und zu auch den Arbeitsplatz wechseln musste. „Aber – warum hast du denn nicht schon eher mit mir darüber gesprochen?“, fragte Toya perplex . „Ich … es war mir einfach peinlich. Ich hatte Angst, dass du mich verurteilst und mir sagst, wie dumm und naiv ich war“, gab Uyeda leise zu.
 

„Uyeda, du bist mein Bruder. Sowas würde ich dir doch nie sagen! Okay … wir müssen einfach zusehen, dass wir dich aus der Sache wieder rausbekommen. Es ist doch alles halb so wild. Es ist noch nicht zu spät. Versuch einfach, den Schaden wiedergutzumachen, den du angerichtet hast. Danach kommst du zu mir und wohnst so lange bei mir, bis du nen neuen Job gefunden hast. Lass dich von dem kranken Typen nicht einschüchtern! Der kann unmöglich so viel Einfluss haben! Es gibt auch noch Arbeitgeber, die sich ein eigenes Bild von den Bewerbern machen!“
 

„Okay“, Uyeda wischte sich einige Tränen weg, wie salzig auf seinen Wangen brannten, „du hast Recht. Danke, Toya. Ich versuche, so schnell wie möglich nach Tokyo zu kommen. Aber vorher muss ich noch was erledigen.“ Er legte auf. Dann ballte sich seine Faust entschlossen um den kleinen Schlüssel in seiner Hand, den er noch immer bei sich hatte. Er atmete tief ein und aus. Dann verließ er sein Zimmer und schritt die Treppe hinunter, bis er vor der geheimen Tür stand. Er holte den Schlüssel hervor und wollte gerade aufschließen, als sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter legte. „Na, was haben wir denn da?“, sagte Pegasus sanfte Stimme leise, aber bedrohlich, „das hier war aber nicht Teil unserer Abmachung. Du hattest doch nicht etwa vor, sie zu brechen?“ Uyeda machte einen Schritt rückwärts. „Du hast da etwas, das mir gehört“, sagte der Burgherr mit stoischer Ruhe, „gib mir jetzt den Schlüssel zurück.“
 

„Nein!“, stieß Uyeda hervor, obwohl sein Herz wie verrückt gegen seine Brust schlug. „Ich denke, ich habe mich verhört.“ „Nein, haben Sie nicht! Ich habe genug von Ihrem Spiel! Und ich will auch nicht mehr für Sie arbeiten. Es ist mir auch vollkommen egal, was die Konsequenzen sind! Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich habe hier einiges, was ich geradebiegen muss!“ Erneut schritt er zur Tür und steckte hastig den Schlüssel ins Schloss. „Atem! Bakura! Schnell, ihr müsst sofort fliehen! Ich öffne jetzt die Tür!“, wollte er die beiden Gefangenen warnen. Doch er kam nicht mehr dazu, den Schlüssel im Schloss zu drehen. Kaum hatte der Ausruf seine Lippen verlassen, packte ihn Croquet, Pegasus rechte Hand und Leibwächter, bog seinen Arm nach hinten und zerrte ihn unsanft von der Tür weg. Uyeda strampelte und wehrte sich mit Händen und Füßen, aber Croquet legte eine erstaunliche Muskelkraft an den Tag.
 

Inzwischen war Pegasus seelenruhig zu ihm getreten, hatte ihm den Schlüssel entwendet und öffnete nun seinerseits die kleine Tür. „Ich bin ja kein Unmensch. Ich denke, es wird dich freuen, dass du deine kleinen Freunde schneller wiedersehen wirst als erwartet“, lächelte er, „Croquet, darf ich bitten?“ Der treue Angestellte gab Uyeda einen kräftigen Stoß und dieser wäre beinahe die Treppe hinabgestürzt, als ihm nichts anderes übrigblieb, als in den dunklen Keller zu stolpern. Die Tür hinter ihm flog laut ins Schloss und sofort hörte er erneut das Drehen des Schlüssels. Dem Sanitäter sank das Herz. Würde er Toya jemals wieder sehen? Würde er jemals diese Insel verlassen können?
 

***

„In unserer Zeit, ja … das ist gut möglich“, sagte Bakura und strich sich nachdenklich übers Kinn, „das könnte bedeuten, wir sind nicht nur hierhergebracht worden, um uns an den Text auf dem Papyrus zu erinnern, sondern auch …“ „… sondern auch, um Zorc zurück in unsere Zeit zu bringen?“, beendete Atem vorsichtig und fragend den Satz. Doch kaum hatte er ausgesprochen, horchte er auf. „Hast du das gehört?“, fragte er und erhob sich. „Nein, was denn?“ „Ich dachte da hätte jemand gerufen … war wohl nur Einbildung.“ Bakura seufzte, denn just in diesem Moment flackerte die kleine Kerze ein letztes Mal auf und erlosch dann. Sie war heruntergebrannt und es war wieder stockfinster. „Ich mag es ja dunkel, aber so langsam werde ich hier drin wahnsinnig. Ich hoffe, dass dein Loverboy bald seine grauen Zellen anstrengt, nachdem du ja nicht auf diesem Sprechkästchen erreichbar bist, und herkommt, um dich zu suchen." Beim Gedanken an Seto wurde Atem erneut beklommen zu Mute. Noch wusste er nicht sicher, was der Text auf der Schriftrolle zu bedeuten hatte, aber er ahnte nichts Gutes.
 

Mit einem Mal ließ ein mächtiges Gepolter die beiden alten Seelen erneut aufschrecken. Alarmiert richteten sie sich auf und machten sich auf alles gefasst, als im nächsten Augenblick auch schon Uyeda direkt vor ihre Füße stolperte. Atem und Bakura blinzelten ihn verwundert an und er sah beschämt zurück.
 

***

Am Himmel tobte der reinste Orkan. Joey saß kreidebleich auf seinem Sitz, seine Brechtüte fest in der Hand für den Fall, dass er sie brauchen sollte. „Ich halt das nicht aus“, brabbelte er immer wieder vor sich hin. Yugi hatte Kaibas Gesicht noch nie so angespannt gesehen. Zwar zeigte es keine Regung, doch man sah ihm den Ernst der Situation nur zu gut an. Das Flugzeug der KaibaCorporation wurde hoch- und niedergeworfen und schien nur mehr ein Spielball der Lüfte zu sein. Immer wieder verspürten sie ein starkes Ziehen im Bauch. „Können wir noch umkehren?“, fragte Téa zaghaft. „Das hat keinen Zweck“, sagte Seto, der sich gerade mit dem Piloten besprochen hatte, „wir sind schon zu weit. In welche Richtung wir fliegen ist jetzt egal.“ Fast in der Hälfte ihrer Strecke war der Wind heftiger geworden und die Turbulenzen hatten begonnen.
 

„Mein Pilot ist erfahren“, sprach Seto den anderen und vielleicht auch sich selbst Mut zu, „der macht das schon. Das Problem ist, dass wir sicher gut 50 Knoten Seitenwind haben. Und das wird nicht einfach, wenn wir tiefer gehen und vor allem wenn wir landen. Stellt euch also drauf ein, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht.“ Joey wurde grün im Gesicht und schnappte nach Luft, bevor er vorsichtshalber die Nase in seine Tüte steckte.
 

Seto sollte Recht behalten. Als das Flugzeug tiefer ging, hatten sie den Eindruck, sie würden nur so durch die Luft gewirbelt. „Hat der Pilot noch die Kontrolle?“, rief Tristan besorgt. „Ja!“, versicherte Mokuba ihm, „wir müssen jetzt versuchen, gegen den Wind zu landen.“ Téa, Yugi und Ryou bevorzugten es, einfach die Augen zu schließen, bis alles vorbei war – egal, wie es ausgehen würde. Nach einem quälend langen Sinkflug setzte das Fluggerät endlich unsanft auf dem Boden am Fuße von Pegasus‘ Burg auf. Téa atmete auf. „Ich fliege nie wieder!“, verkündete sie, ein paar Tränen der Erleichterung in den Augen. „Wolltest du nicht nach New York?“, hakte Tristan vorsichtig nach. Téa war nicht die einzige, der die Tränen in den Augen standen., auch Tristan und Ryou hatte alles ziemlich zugesetzt. Yugi war blass, aber sehr still. Und als sie schließlich an die frische Luft traten, verschwand Joey schnurstracks, um seinen flauen Magen zu erleichtern.
 

„Gute Arbeit“, sagte Seto zu seinem Piloten. Auch er war sichtlich erleichtert, dass er nicht die Verantwortung für ein verunglücktes Flugzeug tragen musste. „Ja, wirklich ein Meisterstück!“, lobte ihn auch Mokuba. „Also gut, Leute“, knurrte Joey, der gerade wieder zur Gruppe stieß, „dann lasst uns mal auf Burg Pegasus Ordnung schaffen!“


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 



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