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Birds

von

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Etwa eine Woche später. Ich schlendere ziellos durch die Gänge. Der Boss hat mich wegen des Gift-Zwischenfalls nicht weiter zum Schuldigen gemacht. Dennoch war er offenkundig enttäuscht, dass ich dich nicht warnen konnte. Natürlich ist er angefressen, dass du nun schon seit einer Woche bewusstlos im Bett liegst, demnach keine Mission unterstützen kannst. Immerhin konnte dein Leben gerettet werden, was wohl der Grund ist, dass der Boss nicht ausgerastet ist.

Als ich aufsehe, finde ich mich in einem Gang wieder, an dessen Ende zwei bewaffnete Männer den Raum hinter der Türe zwischen ihnen bewachen. Ohne nachzudenken laufe ich weiter auf sie zu. Die kahlen, weißen Wände ziehen an mir vorbei. Ich bin im medizinischen Bereich des Gebäudes der Hafenmafia gelandet ohne es zu bemerken. Mein Kopf fühlt sich so leer an, wie lange nicht mehr. Ich folge nur meinen Instinkten. Als ich bei den Männern ankomme, sehen sie zu mir runter.

„Lasst mich durch“, seufze ich und sie öffnen mir die Türe bereitwillig. Ich hatte nichts anderes erwartet, gehöre ich schließlich zur Führungsebene der Hafenmafia und sie sind nur kleine Spielfiguren des Bosses. Mit halb geöffneten Augen betrete ich den Raum, höre, wie die Tür hinter mir wieder ins Schloss gedrückt wird.

Der Raum ist ebenso weiß wie die Flure, auch das Bett, Laken und deine Kleidung. An deinen Armen und Brust recken Kabel aus deinem Hemd, führen zu Maschinen die unangenehm hohe Signaltöne von sich geben. Sie überwachen deine Körperfunktionen, das ist mir klar. Über Mund und Nase hat man mit ein paar hellen Klebestreifen eine durchsichtige Sauerstoffmaske auf dein Gesicht geklebt. Überall ist dein Körper mit dicken Pflastern bedeckt, deine Augen sind mit Bandagen verbunden. Das Gift hat nicht nur deine Lunge angegriffen, sondern auch für offene Wunden an deinem gesamten Körper gesorgt. Dein Augenlicht ist ebenfalls angegriffen. Sie haben dir teure Medikamente verabreicht, erhoffen deine vollständige Genesung. Doch dies bleibt abzuwarten, bis du erwachst und ihre Hoffnungen erfüllen oder zerschlagen wirst. Ich seufze tief.

Warum bin ich her gekommen? Es interessiert mich doch im Grunde genommen nicht, wie es dir geht. Wenn du stirbst, wäre ich ein lästiges Pflichtfeld meiner Aufgaben los. Helfen kann ich dir auch nicht, selbst wenn ich es wollte.

Ich streiche mir das Haar hinter das linke Ohr während ich langsam durchatme.

Irgendwie sind meine Gedanken im Moment wieder zerstreut. Dies kommt häufiger vor, seit ich erkannt habe, dass es den Sinn des Lebens nicht gibt. Es ist ein einziges Geacker, nur Mühe und Aufwand für keinerlei Entlohnung. Am Ende sterben wir. Alle. Wenn wir Glück haben schnell und würdevoll.

Ich wende mich von dir ab, will gerade die Hand an die Türklinke legen, da ertönen die Geräusche deiner Maschinen. Ohne mich umzudrehen, erkenne ich an den Signalen, dass dein Puls und auch die Atmung sich beschleunigt haben. Ruckartig wende ich mich dir wieder zu. Deine Hände gleiten über die Bettdecke, betasten sie unruhig. Du drehst den Kopf, wirfst die Schultern zurück. Wachst du gerade auf?

Mit skeptischem Blick sehe ich zu, wie du dir eine Seite der Maske vom Gesicht reißt und schwer atmest. In völliger Dunkelheit an einem unbekannten Ort aufzuwachen, erschreckt dich offensichtlich. Ich wende den Kopf ab.

Nun. Dies ist nicht mein Problem.

Du stöhnst, dann formen deine Lippen Laute. „Mh... Da... Dazai.“ Mit großen Augen sehe ich wieder zu dir rüber. „Dazai!“, schreist du mit gebrochener Stimme.

Was soll das? Warum rufst du meinen Namen?

Ich gehe zu dir rüber. „Dazai....“, wimmerst du halblaut mit zitternder Lippe.

Du bist sicher irritiert, kannst deine Umgebung nicht richtig wahrnehmen und ich bin das letzte was du gesehen hast, bevor das Gift deine Lichter ausgeknipst hat. Aufgebracht fahren deine Hände umher, als würdest du etwas suchen, verzweifelt einen Anhaltspunkt erhoffen, während dein Puls weiter steigt. Du bekommst noch einen Herzinfarkt.

„Chuya“, tritt es aus meinem Mund ich umfasse deine Hand. Du schreckst zusammen. „Ich bin es, Dazai. Ich bin hier.“

Ich nehme wahr, wie sich unsere Haut berührt, deine kühlen Finger in meinen liegen. Es überrascht mich, wie fest ich meine Fingerspitzen in deine Hand drücke. Warum...?

Du stöhnst, drückst die Brust hoch um keuchend durchzuatmen.

„Was ist...? Wo...?“ Deine Stimme ist wackelig, von Schmerz und Verwirrung gezeichnet.

Ich bewege meinen Daumen ein paar Millimeter über deinen Handrücken.

„Du wurdest vergiftet. Erinnerst du dich?“ Du brummst verunsichert, atmest hastig durch den Mund. „Du bist zusammengebrochen. Jetzt befindest du dich im medizinischen Bereich bei der Hafenmafia. Du wirst hier gut versorgt, doch dein Körper hat viele Wunden einstecken müssen.“

Du schluckst sichtbar, dann läuft mir ein Schauer über den Rücken, denn du schließt deine Finger um meine. Leicht verwirrt sehe ich zu unseren Händen hinunter.

„Das Gift hat deine Organe verletzt. Auch dein Augenlicht...“ Du ziehst erschrocken Luft durch die Nase ein. „Die Bandage ist eine Vorsichtsmaßnahme“, behaupte ich. „Sie gehen davon aus, dass du wieder sehen können wirst.“

Unruhig bebt der Atem in deiner Lunge. Das war wohl etwas viel Information auf einmal. Deine Finger bewegen sie leicht, drücken meine Hand. Dann lockert sich dein Griff.

Ich sehe in dein Gesicht, wie du dich langsam entspannst und dann ganz ruhig wirst. Bist du eingeschlafen?

Tiefe Atemzüge bestätigen meinen Verdacht. Ich atme mit geschlossenen Augen durch, dann entziehe ich meine Hand deinen Fingern.

Ich sollte wieder gehen, das hatte ich eh vor. Ich bin schon viel länger hier, als es gut für mich ist. Und ich muss mir die Hände waschen. Ich will mich umdrehen, da fällt mein Blick auf die schief hängende Maske an deinem Gesicht. Ein kurzes Zögern, dann strecke ich meine Hände zu dir aus. Ich fasse die Maske, positioniere sie wieder richtig und beginne die gekräuselten Klebestreifen auseinander zu ziehen, bis sie wieder soweit in Form sind, dass ich sie auf deine Wange kleben kann. Hält. Ich drehe mich um. Ohne einen Blick zurück, verlasse ich den Raum. Meine Hände fahren tief in die Hosentaschen während ich mich auf den Weg zum nächsten Waschbecken mache.



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