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Happy Holidays

Eine Puppyshipping-Sammlung
von
Koautor:  empress_sissi

Vorwort zu diesem Kapitel:
Unverhofft kommt manchmal doch oft. Das Tanabata habe ich nicht mehr in diesem Jahr geschafft (im Sommer hat man ja auch nie Zeit), dafür ließ mich das Hanabi nicht mehr los und tadaaaa, da ist es doch schon heute auf dem virtuellen Papier gelandet. Zur Abwechslung mal wieder was ohne Adultinhalt aber wie immer mit einigen hoffentlich gut platzieren Schmunzlern ^^
Also habt ganz viel Spaß beim Lesen und genießt das Feuerwerk der Gefühle=D

Für die, die es interessiert, habe ich hier auch mal zwei Links von besagtem Hanabi am Torii des Itsukushima-Schreins mit angefügt:
https://www.youtube.com/watch?v=ooWb3idW2L8
https://www.youtube.com/watch?v=l64k52ZlGl8 Komplett anzeigen

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Stille Wasser sind tief

„Köter!“ fauchte der eine aufgebracht, „Arroganter Geldsack!“ bellte der andere sogleich lautstark zurück. Es war ein Streit, den alle Anwesenden nur zu gut kannten und schon hundertfach zwischen den beiden Kontrahenten miterlebt hatten, sei es nun zu Schulzeiten oder in den Jahren danach. Inzwischen war es eines dieser Dinge, die wie Zähneputzen oder Schuheanziehen automatisiert vonstattengingen, wann immer die beiden sich sahen. Die Tatsache, dass sie sich mit solch einer unbändigen Leidenschaft immer wieder aufs Neue aus den verschiedensten und ebenso belanglosesten Gründen stritten, verwunderte niemanden mehr. Jedoch machten sich sowohl Shizuka als auch Mokuba seit geraumer Zeit ganz andere Gedanken über das Schauspiel der Streithähne, das sie auch heute zu Mokubas Geburtstagsfeier wieder gemeinsam miterlebten, und tauschten ihre langjährigen Beobachtungen aus.

 

„Shizuka, siehst du das auch?“, fragte Mokuba die Ältere ungläubig, während er mit dem Kuchenstück auf seiner Gabel zu den beiden Zankenden hinüber starrte.

„Es ist eindeutig, Mokuba“, verstand die Angesprochene sofort.

„Sie merken es nicht.“

„Tun sie nicht.“

„Wir sollten was tun.“

„Unbedingt.“

 

Kurz besahen sich die beiden noch das Wortgefecht, bis Shizuka ein interessanter Gedanke in den Sinn kam. Vielleicht musste man nur die Ausgangssituation ein wenig verändern, um die Lage etwas zu entschärfen, damit sie sich auf das Wesentliche konzentrieren konnten. Diese definitiv erotische Anspannung zwischen den beiden war ja kaum mehr auszuhalten. Dass sie es in den letzten vier Jahren nicht auf die Reihe bekommen hatten, diese Tatsache ebenfalls zu erkennen, lag wohl zum einen an Setos unverbesserlichen Stolz und der damit verknüpften Unfähigkeit, einfach zuzugeben, dass da etwas zwischen ihnen war, und zum anderen an Jonouchis Beharrlichkeit, es schlichtweg zu ignorieren. Und so wurde eine Idee, besser gesagt ein perfider Plan geboren, der die beiden Sturschädel vor eine neue Herausforderung stellen würde. 

 

Inzwischen waren einige Wochen vergangen und die Sommerferien neigten sich langsam dem Ende zu. In dieser Jahreszeit fanden in den verschiedenen Präfekturen allerlei Feuerwerke statt, die den Nachthimmel in bunten Farben hell erstrahlen ließen. Besonders Shizuka war von diesen Lichtspielen schon immer begeistert gewesen und lud in diesem Jahr ihren Bruder zu sich auf die Insel Miyajima nach ein, wo am 26. August eines der wohl schönsten und eindrucksvollsten Hanabis in Hatsukaichi, einer Stadt in der Präfektur Hiroshimas, stattfand. Da sie sich leider nur selten sahen, konnte Katsuya ihr diese Bitte natürlich nicht abschlagen und versprach ihr, sie zu begleiten. Sie verabredeten sich für den frühen Nachmittag, sodass Katsuya an diesem Mittwoch direkt nach seiner Frühschicht zu ihr fahren würde. Wie erwartet, war es auch heute wieder elend heiß draußen und die ein oder andere Wolke war mehr als willkommen. 

 

Damit sich der Blonde direkt nach Schichtende auf den Weg machen konnte, hatte er vorsorglich seine Reisetasche am Abend zuvor gepackt und sie gleich mit auf die Arbeit genommen. So sparte er sich den nochmaligen Weg nach Hause durch die brütende Hitze und konnte etwas mehr Zeit mit seiner Schwester verbringen. Sie hatten sich letztmalig zu Mokubas Geburtstag im Juli gesehen und auch in den Sommerferien hatte sich bislang kein Treffen ergeben, obwohl bereits fünf Wochen vergangen waren. Einmal kam der zehntägige Urlaub mit ihrer Mutter dazwischen, den sie wohlgemerkt jedes Jahr zusammen im Ausland verbrachten, dann passte es wieder nicht mit Jonouchis Schichten zusammen und zwischenzeitlich hatte ihn auch noch eine kleine Sommergrippe niedergestreckt. Heute wäre somit der erste und wohl auch einzige Tag, an dem sie sich treffen konnten, denn die nächste Spätschicht stand bereits morgen an und Shizukas Ferien waren ebenfalls bald vorbei. 

 

Umso größer war die Freude, dass Katsuya heute ein paar Minuten eher in den Feierabend entlassen wurde. So schaffte er es noch gerade so, die Zugverbindung eine Stunde früher zu nehmen und gewann damit noch etwas mehr Zeit mit seinem Schwesterherz. Als er am Bahnhof nahe des Itsukushima-Schreins angekommen war, begrüßte Shizuka ihn freudestrahlend und beide fielen sich in die Arme, als hätten sie sich eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Sie war eben nach wie vor sein Ein und Alles und das ließ er sie deutlich spüren. Doch dass das auch einen kleinen, nicht unwesentlichen Nachteil mit sich brachte, wurde dem Älteren im späteren Verlauf des Nachmittags überdeutlich bewusst. Denn da präsentierte ihm Shizuka eine Idee, die sich wohl spontan und äußerst hartnäckig in ihrem Kopf festgesetzt hatte. 

 

„Das ist nicht dein Ernst", starrte Katsuya mit einem ungläubigen Blick in ihr fröhlich grinsendes Gesicht.

„Warum nicht? Hier wird es wohl kaum jemanden geben, der dich damit sieht. Immerhin bist du hier in Hatsukaichi, weit entfernt von allen Freunden aus Domino“, entgegnete sie mit einem hinreißenden Lächeln auf den Lippen. 

„Aber… das geht doch nicht“, warf der große Bruder seine Bedenken ein und merkte bereits, wie das Lächeln seiner Schwester breiter wurde und er in einer verzwickten Lage steckte.

„Nii-chan“, sah sie ihn mit ihren großen, vollen Augen an und setzte diesen unschuldigen Blick auf, der den Blonden in der Vergangenheit bereits des Öfteren in die Knie gezwungen hatte, „Ich würde mich wirklich wahnsinnig darüber freuen, wenn du mir diese kleine Bitte erfüllst. Außerdem habe ich noch einen Wunsch bei dir frei, wenn du dich erinnerst.“ Sie wussten beide nur allzu gut, dass Katsuya ihr nur schwer einen Wunsch abschlagen konnte und er ihr tatsächlich noch etwas schuldig war. Doch dieses Anliegen hatte es wahrlich in sich. 

 

Shizuka hatte beim Heraussuchen ihres Kimonos für das bevorstehende Hanabi auch den ihrer Mutter gefunden und sofort hatte sich ein interessanter Gedanke in ihrem Kopf festgesetzt. Schon immer hatte sie sich gefragt, wie es wohl wäre, wenn sie eine ältere Schwester hätte. Nicht, dass sie mit Katsuya als großen Bruder irgendwelche Probleme gehabt hätte. Das war definitiv nicht der Fall! Aber der Gedanke hatte sie nicht losgelassen, weshalb sie ihrem geliebten Bruder direkt nach dem Eintreffen bei ihr zu Hause davon berichtet und ihm gegenüber eine ungewöhnliche Bitte geäußert hatte. Der Ältere hatte erst gar nicht verstanden, worauf sie hinaus wollte, bis sie schließlich die Karten offen auf den Tisch gelegt hatte: Er sollte mit ihr zusammen zu dem Hanabi gehen, verkleidet als Frau in einem Kimono. Seine Begeisterung dafür hielt sich durchaus in Grenzen, weshalb sie noch immer darüber verhandelten. Doch Katsuyas Aussichten sahen schlecht aus und er hatte ihren Argumenten leider nicht viel entgegenzusetzen. Er konnte ihr die Schwester, die sie sich offenbar manchmal wünschte, nicht ersetzen und natürlich wäre es nur eine Verkleidung für ein paar Stunden, quasi wie Halloween oder Fasching, wie es in den westlichen Ländern üblich war. Vermutlich würde ihn auch niemand erkennen. Immerhin hatte er außer den beiden dorthin keinerlei Verbindungen und da ihre Mutter oft auf Geschäftsreise war und Shizukas Klassenkameraden noch in den Ferien waren, hatte sie dementsprechend auch keine Begleitung für das Fest. 

 

Katsuya haderte mit sich. Seine Schwester äußerte nicht oft Begehre und selbst wenn, waren sie meist nicht der Rede wert. Außerdem war er ihr noch ein Geschenk zum letzten Geburtstag schuldig geblieben, dass er aufgrund des fehlenden Kleingelds leider nicht rechtzeitig besorgen konnte und ihr daher stattdessen versprochen hatte, dass sie sich bei Gelegenheit etwas von ihm wünschen könnte. Das war demnach diese Gelegenheit und Shizuka nutzte sie. Also gab er sich einen Ruck und willigte schließlich in dieses ungewöhnliche Ansinnen ein. Shizukas dunkelbraune Augen begannen zu leuchten, während ihr Bruderherz resigniert den Kopf hängen ließ. Wie schaffte er es nur immer wieder, in solche irrwitzigen Situationen zu geraten, als würde er sie magisch anziehen. Ehe er es sich versah, fand er sich auch schon in dem roten Kimono wieder, der mit einem größtenteils in weiß und gelb gehaltenen Blumenmuster reichlich verziert war. Als Kontrast dazu band sie ihm einen weißen Obi um, auf dessen Stoff ein rotes Muster in Form eines Astes mit einigen Blättern aufgedruckt war. Darüber hatte sie eine dunkelrote, geflochtene Obijime gelegt und sie mit einer kleinen Schleife verknotet. Zusammen mit den Tabi, den typischen, knöchelhohen Zehensocken, sah er tatsächlich beinahe wie eine Frau aus. Das musste sogar Katsuya zugeben, als er von seiner Schwester direkt vor den großen Spiegel im Flur geschoben wurde und sich selbst im Ganzen betrachten konnte.

 

„Er steht dir“, bestätigte Shizuka es sogleich und konnte sich ein zufriedenes Schmunzeln nicht verkneifen. „Jetzt fehlt nur noch etwas Make-up und eine niedliche Frisur, damit es perfekt aussieht, Nee-chan“, betonte sie gerade die letzten beiden Silben überdeutlich, sodass Katsuya kleinlaut grummelte. Das wäre definitiv das erste und auch letzte Mal, dass er sowas mit sich machen ließ! Und Shizuka war in ihrem Tun äußerst gründlich. Eine gute halbe Stunde war sie mit der Typveränderung ihres Bruders beschäftigt. Sie schminkte gekonnt sein Gesicht und verlieh ihm damit ein paar weiblichere Züge. Als sie sich den Haaren widmete, entkam ihr ein leises Kichern, das Katsuyas Interesse weckte. „Was ist bitte so lustig?“, grummelte er etwas genervt, sodass seine Schwester ihn sofort ins Bild setzte: „Ich musste nur gerade an unser Gespräch an Mokubas Geburtstag denken, als ich dir gesagt hatte, dass du unbedingt mal wieder zum Friseur gehen musst. Jetzt hat es doch einen Vorteil, dass deine Haare noch so lang sind, denn jetzt kann ich eine richtige Frisur daraus zaubern."

 

Das war eine Antwort, die der Ältere wiederum nicht hören wollte. Doch es war ohnehin zu spät, also sollte sie sich gern an seiner blonden Mähne austoben. Sobald er jedoch wieder in Domino war, würde er einen Termin beim Haarkünstler seines Vertrauens vereinbaren. Vielleicht sollte er das auch gleich hier und jetzt in Angriff nehmen, um zeitnah einen passenderen Haarschnitt zu bekommen. Shizuka nahm derweil ihr Glätteisen zur Hand und begann damit, Katsuyas Haare in eine etwas andere Form als das altbekannte Durcheinander zu bringen. Geziepe und Gezerre folgten und er konnte definitiv nicht verstehen, wie sich die Mädels das nur jeden Tag selbst antun konnten. Aber gut, er hatte es versprochen, also würde er auch diese Tortur einmalig ertragen. Immerhin tat er es für seine kleine Schwester. 

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde er endlich von seinem Leid erlöst, während Shizuka mit ihrem Werk sichtlich zufrieden war. Vor ihr stand nun eine “junge Frau“ in einem zinnoberroten Kimono mit einem hellen Blumenmuster darauf. Die Haare waren zu einem Seitenscheitel linksseitig gelegt und wurden durch ein kleines, unscheinbares Haargummi so fixiert, dass ein kleiner angedeuteter Dutt entstand. Auf der anderen Seite, hatte sie einen weißen Haarschmuck in Form einer künstlichen Blume befestigt, die an ihren Blütenrändern eine leicht rötliche Färbung besaßen und das strenge, traditionelle Gewand etwas auflockerte. Als Schuhwerk wählte sie einfache Zori statt Geta, da sie ihrem Bruder den Absatz aufgrund der ungewohnten Kleidung ersparen wollte. Außerdem würde so der Größenunterschied nicht ganz so stark auffallen, wenn sie wiederum ihre eigenen Geta trug. 

 

Katsuya traute wiederum seinen Augen nicht, als er sein Spiegelbild erblickte. Es war tatsächlich nicht mehr viel von dem blonden Chaoten, der grazil wie eine Gazelle im Sandsturm durchs Leben schritt, zu erkennen, mit Ausnahme der Haarfarbe verstand sich. 

„Du bist wirklich nicht wiederzuerkennen“, gluckste die Jüngere verzückt und gab sich damit selbst ein kleines Lob für ihre Arbeit.

„Da muss ich dir wohl recht geben“, schmunzelte der Blonde daraufhin etwas verlegen und hätte nicht gedacht, dass er so eine passable Frau abgeben würde. Zumindest optisch gesehen, denn sobald er seinen Mund aufmachte, flog der Schwindel wohl sofort wieder auf. Doch unter den 300.000 Menschen, die sich bei diesem Fest alljährlich tummelten, würde das gar nicht weiter auffallen. Zumindest dachte der Blonde das zu diesem Zeitpunkt noch. 

 

Als sich die Sonne langsam gen Westen neigte und die Stadt in ein schönes Abendrot tauchte, machten sich die Geschwister auf den Weg zum Itsukushima-Schrein. Je mehr sie sich dem Veranstaltungsgelände näherten, desto mehr Leute kamen ihnen auf den Straßen von Hatsukaichi entgegen, an denen die vielen kleinen Buden aufgestellt waren, die allerlei Speisen und Getränke anboten. Katsuya liebäugelte bereits mit diesem äußerst köstlich aussehenden Ikayaki, einem gegrillten Tintenfisch mit Sojasauce, den er bei solchen Veranstaltungen standardmäßig als sein Lieblingsfastfood auserkoren hatte. Noch während er diesem verführerischen Duft nachhing und sich schwer zusammenreißen musste, um nicht auch noch zu sabbern, drang eine ihm bekannte Stimme an seine Ohren, die den Namen seiner Schwester rief, sodass er sich von seinem Futterparadies losriss und sich in einer ruckartigen Bewegung zu ihr umwandte.

 

„Shizuka?“, tippte der Schwarzhaarige auf die Schulter von Katsuyas jüngerer Schwester und erstaunt betrachtete der Blonde die Szene, die sich gerade direkt vor ihm abspielte. Stand da doch gerade nicht wirklich Mokuba zusammen mit seinem Lieblingsstreithammel und ehemaligen Klassenkameraden Seto Kaiba. Katsuya blieb beinahe das Herz stehen, als sich die Jüngere zu ihnen umdrehte und die Brüder überrascht begrüßte: „Hallo Mokuba und Kaiba-kun. Was für ein Zufall. Was macht ihr denn hier?“, freute sie sich über die Anwesenheit der beiden und ein kleines Gespräch kam zustande, dem weder der Blonde noch der Brünette aktiv beiwohnten. Wobei bei Katsuya wohl eher eine Art Lähmung verhinderte, dass er nicht sofort überstürzt die Flucht ergriffen hatte. Jedoch hätte er dann auch das Versprechen gegenüber Shizuka gebrochen und sie folglich einfach so hier stehengelassen. Das war bei näherer Betrachtung somit keine zufriedenstellende Option. Also stand er weiter stumm hinter ihr und hoffte, dass sie sich bald wieder voneinander verabschieden würden. Doch natürlich kam es anders.

 

„Ich habe Seto die neue Attraktion am Ende der Straße gezeigt, die sie extra für das Fest heute aufgebaut haben. Vom Design her wäre vielleicht was für unseren Freizeitpark in Domino. Die Arbeit ruht eben nie.“ Ein Schmunzeln legte sich auf Mokubas Lippen, bevor ihm offenbar ein interessanter Gedanke kam, den er sofort aussprach: „Wenn ihr Lust habt, können wir uns ja noch gemeinsam das Feuerwerk ansehen, das bald beginnen wird. Immerhin ist die Stadt für ihre herausragende Pyrotechnik berühmt“, schlug der Jüngste vor und sowohl Seto als auch Katsuya wurden hellhörig. Shizukas Augen begannen wiederum zu leuchten und ihr älterer Bruder konnte direkt beobachten, wie sie dieses kleine Problemchen, in dem er gerade steckte und das definitiv nicht einfach so aufgelöst werden konnte, kurzzeitig vergaß. Im Affekt antwortete sie mit einem „Das klingt super. Wir leisten euch gern Gesellschaft“, als ihr im selben Augenblick wieder diese Sache mit der “großen Schwester“ in den Sinn zu kommen schien. Kurz wandte sie sich ihrem Nii-chan zu und bedachte diesen mit einem entschuldigenden Blick, während diesem wiederum kurzzeitig alle Gesichtszüge entglitten. 

Jetzt hatte sie einfach so zugesagt und Katsuya damit in eine missliche Lage gebracht. Dieser schwitzte bereits Blut und Wasser und wollte sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn der andere seine Verkleidung durchschaute. Zum Glück bot dieser Kimono einen einzigartigen Vorteil, da er den markanten männlichen Körperbau gut verstecken konnte, wodurch nicht direkt ersichtlich war, ob ihn ein Mann oder eine Frau trug. Eine glückliche Fügung, die den Blonden diesmal wohl vor einer peinlichen Konfrontation retten würde. 

 

Stumm sah er dem Firmenchef in die blauen Augen, während dieser ihn bereits einige Momente musterte. Kein Ton kam über Katsuyas Lippen und er war wie erstarrt. Von allen nur erdenklichen Menschen musste er natürlich ausgerechnet Kaiba hier treffen, während er in dieser Aufmachung durch die Menschenmengen lief, die sich inzwischen bereits dicht an dicht drängten. Das Feuerwerk würde bald beginnen und ihre jüngeren Geschwister schienen sich derweil sehr gut zu amüsieren, während er und der Brünette kein Wort miteinander wechselten. Wie sollte er auch. Sobald er zu sprechen beginnen würde, wäre seine Verkleidung sofort aufgeflogen. Wobei er nicht einmal genau wusste, ob der Brünette ihn nicht längst mit seinem wohl angeborenen, detektivischen Spürsinn durchschaut hatte und nur darauf wartete, dass er sich selbst verriet. Im gleichen Moment wandte sich Shizuka zu ihm und lenkte die ungeteilte Aufmerksamkeit damit auf ihren gedankenverlorenen Bruder. Auch Mokuba und Seto starrten ihn an, während Katsuya selbst nicht wusste, warum die Blicke aller auf ihm ruhten und seine Gedanken weiterhin Purzelbäume schlugen. 

 

„Ja, ich habe kurzfristig noch eine Begleitung für das Hanabi heute gefunden“, begann die Jüngere zu sprechen, „Leider sind alle Freunde noch in den Ferien und allein macht es einfach keinen Spaß, ein Feuerwerk anzuschauen.“

„Stimmt, deswegen habe ich auch Seto mitgenommen und es gleich mit etwas Nützlichem verbunden. Wer hätte gedacht, dass wir hier ausgerechnet dir begegnen bei den vielen Besuchern", schmunzelte der Schwarzhaarige zurück, woraufhin auch Shizukas Lächeln noch breiter wurde. Daraufhin fiel Mokuba auf, dass sie sich noch gar nicht richtig vorgestellt hatten bei ihrer Begleitung. Sofort holte er dieses Versäumnis nach und verbeugte sich leicht, während er sich mit seinem vollständigen Namen höflich vorstellte. Katsuya wusste im ersten Moment nicht, wie er reagieren sollte und verbeugte sich ebenfalls kurz vor dem jungen Mann. Natürlich brachte er dabei keinen einzigen Ton heraus und ein kurzer Moment der Stille trat ein, woraufhin seine jüngere Schwester das Wort ergriff: „Oh, tut mir leid. Nee-chan ist Fremden gegenüber extrem schüchtern. Sie ist meine ältere Cousine, also Verwandtschaft mütterlicherseits aus Osaka, ihr Name ist Kisara, Kawai Kisara. Seid ihr bitte nicht böse, wenn sie eher verschwiegen ist.“ 

 

Mit diesen Worten half sie ihrem Nii-chan kurzweilig aus der Klemme, in die sie ihn kurz vorher noch selbst gebracht hatte, und die Brüder akzeptieren es. Auch Seto holte nun die längst überfällige Begrüßung nach und der Blonde hätte schwören können, dass da ein ganz besonderer Glanz in den endlos erscheinenden, blauen Augen lag, als dieser ihm tief in die Seinen sah. Es war etwas, das er noch nie zuvor bei dem anderen wahrgenommen hatte, sodass er sich kaum von diesem lösen konnte. Als er wiederum realisierte, dass er den anderen bereits einige Sekunden lang anstarrte, zuckte er innerlich zusammen und eine gewisse, unerwartete Verlegenheit schlich sich in sein Gesicht. Eiligst nahm er seinen Fächer zur Hand und versuchte, den deutlichen Rotschimmer auf den Wangen dahinter zu verstecken. Doch es war bereits zu spät, denn auch dem jungen Firmenchef entging diese Reaktion nicht und er begann, sich mehr für Shizukas Cousine zu interessieren. 

 

Zwar hatte Seto keine Probleme damit, die Interaktionen in seinem Umfeld auf ein Minimum zu beschränken, vor allem dann, wenn es seine Mitmenschen betraf. Jedoch beschäftigte ihn diese Person in dem zinnoberroten Kimono bereits seit dem Moment, als sie hier aufeinandergetroffen waren. Irgendwas an ihr brachte ihn zum Grübeln, doch er konnte nicht ausmachen, was genau es war. Lag es an dem seltenen, blonden Haar, das von dem weißen Blumenschmuck fixiert wurde, sodass ein kleiner Teil ihres Nackens frei lag, oder an dem verlegenen Blick, der wohl von ihrer Schüchternheit herrührte? Es war ihm ein Rätsel, von dessen Lösung er noch einige Gedanken entfernt war. Doch er war sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis er hinter dieses Geheimnis käme. Dieses unverhoffte Treffen mit der kleinen Schwester des Bonkotsus, nahm immer interessantere Züge an und weckte den Ehrgeiz des Firmenchefs. Passenderweise spielten ihm die jüngeren Geschwister dabei unverhofft in die Karten.

 

„Das Feuerwerk beginnt in zirka einer Stunde“, sagte Mokuba, während er auf die Uhr seines Smartphones schaute, „Wir haben also noch ein bisschen Zeit. Was haltet ihr davon, wenn wir vorher noch etwas essen und uns dann einen guten Platz suchen?“ Bei dem Wort “Essen“ horchte Katsuya auf und seine  Gedanken schweiften erneut zu den äußerst schmackhaft aussehenden Ikayaki, die er vor wenigen Minuten noch begutachtet hatte, sodass auch sein Magen wieder an diese Köstlichkeit erinnert wurde und deutliche Geräusche von sich gab.

„Offenbar eine gute Idee“, grinste Shizuka zu ihrem verkleideten Bruderherz und warf ihm direkt danach einen verschmitzten Blick zu. 

 

„Wie wäre es, wenn Mokuba und ich schonmal einen Platz suchen und ihr beide“, sie deutete auf Seto und Katsuya, „etwas zu Essen besorgt?“ Der Blonde blickte erschrocken zu der jüngeren Schwester, als sie ganz unverblümt diesen Vorschlag machte und glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte Shizuka da gerade wirklich vorgeschlagen, dass er ausgerechnet mit Kaiba zusammen losziehen sollte, um an den hiesigen Ständen etwas  Essbares zu besorgen? Wie sollte das bitte funktionieren? Allein ein Wort würde genügen und der andere bekäme sofort heraus, dass sich Katsuya in seiner Freizeit in Frauenkleidern auf einem Hanabi herumtrieb. Nein, das war eine Sache, die der Firmenchef niemals erfahren durfte! Als er sie jedoch mit einem flehenden Blick bedachte, grinste sie nur freudestrahlend zurück und antwortete auf das stumme Flehen nach Erlösung: „Ich hätte dann gern Yakisoba, bitte.“ Das hatte sie jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Und noch dazu grinste sie so überfreundlich, als wäre ihre kleine, perfide eingefädelte Falle zugeschnappt. 

 

Jedoch bemerkte das offenbar nur der Blonde, denn Kaiba reagierte ganz gelassen darauf, schien es sogar zu begrüßen und fragte Mokuba, welche Speise er bevorzugen würde. „Ich nehme Okonomiyaki“, war die kurze Antwort darauf und im nächsten Moment, verschwand er auch schon mit Shizuka in dem Pulk von Menschen, die ebenfalls eine gute Sicht ergattern wollten. Katsuya fiel beinahe vom Glauben ab. Seine über alles geliebte, kleine Schwester ließ ihn einfach so allein mit Kaiba hier zurück, obwohl sie genau wusste, in welch prekärer Lage er doch war, in die sie ihn wohlgemerkt gebracht hatte. Es beschlich ihn das untrügliche Gefühl, dass es doch ein abgekartetes Spiel war, das ihre beiden Geschwister hier trieben, und ein verstohlener Blick glitt zu dem Firmenchef, der noch immer neben ihm stand und ihn abwartend ansah. Gut, wenn sie Essen holen sollten, dann wollte Katsuya das schnellstmöglich erledigen und zu ihren jüngeren Geschwistern zurückkehren. Also unterbrach er abrupt den Blickkontakt und wollte sich sogleich durch die Menschenmassen zum nächstgelegenen Stand schlängeln, als ihn Kaiba plötzlich am Handgelenk packte und vom Gehen abhielt. Kurz zuckte der Blonde aufgrund der unerwarteten Berührung zusammen und blickte fragend über seine Schulter hinweg zurück.

 

„Wenn du einfach so drauf losstürmst, gehst du nur in der Menge verloren“, begann der Brünette in einem ruhigen, belehrenden Tonfall zu sprechen. „Wir sollten uns nicht zu weit voneinander entfernen“, erklärte er weiter, während er seiner Begleitung eindringlich in die Augen sah und langsam seine Hand ein Stück weiter nach unten wandern ließ, sodass er ihre nun in seiner hielt. Es war eine eigenartige Geste, die unerwartet und so völlig untypisch für den unnahbaren Firmenchef erschien. 

 

Katsuyas Blick fiel auf seine Hand, die nun in Kaibas lag und sie sicher umfasste. Ein seltsam wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus, als er ihre Verbindung betrachtete. Warum war ihm das so gar nicht unangenehm? Bei diesem Gedanken legte sich ein leichter Rotschimmer auf die Wangen des Blonden und er wollte seine Hand aus dem Griff befreien, aber der andere ließ ihn nicht gehen. Irritiert suchte er nach einer Lösung für dieses offensichtliche Problem, denn er konnte mit Kaiba definitiv nicht händchenhaltend über dieses Fest schlendern, als wäre er tatsächlich ein hilfloses, kleines Mädchen, das beschützt werden müsste. Nein, das kam keinesfalls in Frage, denn dann müsste er sich ja Gedanken über diese seltsam fremden Gefühle machen, die aufgrund dieser sanften Berührung des anderen gerade in ihm aufkamen. Jedoch wusste er nur zu gut, dass Kaiba genauso wie er selbst ein absoluter Sturschädel war und sein Vorhaben, so wie er es geplant hatte, rigoros durchziehen würde. Verdammt, es wäre so viel einfacher, wenn er ihn einfach wie immer anbrüllen und mit passenden Worten die Distanz zwischen ihrer viel zu engen Verbindung wieder herstellen könnte. Und plötzlich kam ihm ein spontaner, rettender Gedanke. 

 

Es ging dem Brünetten darum, eine Verbindung zwischen ihnen zu schaffen, damit er ihn nicht in der Menge verlor. Doch das hieß nicht, dass er dafür extra seine Hand halten müsste. Also beendete er seinen vergeblichen Versuch, dem anderen entfliehen zu wollen, ging einen Schritt auf Kaiba zu und öffnete dann mit seiner freien Hand etwas unbeholfen den Knoten seiner Obijime, die über den weißen Stoff seines Obi gebunden war. Dabei lockerte der Brünette den festen Griff ein Stück weit, sodass Katsuya seine Hand nun problemlos aus der des anderen ziehen konnte. Direkt darauf nahm der Blonde die geflochtene, rote Schnur und band sie um das Handgelenk des Älteren, bevor er diesem seine eigene Hand hinhielt und seinen Blick beschämt zur Seite wandte. Kaiba besah sich den verlegenen Gesichtsausdruck und die relativ kurze Obijime, die ihm soeben umgebunden worden war, und verstand, worauf sie hinaus wollte. Er nahm das andere Ende der Schnur und knotete sie ebenfalls um das Handgelenk von Shizukas vermeintlicher Cousine. Somit war der Verkleidete nicht gezwungen, die Hand des Älteren ergreifen zu müssen, während der Firmenchef sich mit dieser Notlösung offenbar zufrieden gab. 

 

Allerdings war es wahrlich eine absurde Situation, in die ihn seine Schwester da gebracht hatte. Wäre er nicht zum Schweigen gezwungen, hätte er Kaiba bereits mit deutlichen Worten zu verstehen gegeben, was er von ihm und dieser Aktion hier hielt. Doch die Möglichkeit, ihn wie sonst bei jeder Begegnung anzubrüllen und damit einen klassischen Streit vom Zaun zu brechen, war in diesem Fall definitiv keine zielführende Option. Er konnte sich und seine Emotionen somit nicht mehr hinter den ständigen Sticheleien, die sie stets miteinander ausfochten, verstecken. Zudem legte der Firmenchef ein äußerst untypisches Verhalten ihm bzw. Kisara gegenüber an den Tag, sodass sich statt der unliebsamen Worte eine verräterische Röte in das verlegene Gesicht des Blonden schlich. Dass dieses ungewöhnliche Auftreten seiner geschlechtsspezifischen Verkleidung geschuldet war, wusste der Blonde natürlich, doch es irritierte ihn enorm, dass er selbst so extrem anders darauf reagierte. Auch jetzt, wo sie durch diese einfache, geflochtene Schnur miteinander verbunden waren und sich ihre Haut dennoch immer wieder kurzzeitig berührte, spürte er bei jedem noch so flüchtigen Kontakt ein regelrechtes Glühen an ebendiesen Stellen. Zum Glück war der Weg zum auserkorenen Stand, mit dem der Blonde bereits vorhin geliebäugelt hatte, nicht sonderlich weit entfernt, sodass sie bald wieder einen gebührenden Abstand zueinander haben würden.

 

Ein prüfender Blick glitt zu dem Firmenchef, der sich flüchtig noch einmal ihrer sonderbaren Verbindung in Form der Obijime besah und dann sein Augenmerk wieder auf seine Begleitung richtete. Auch für ihn war es eine äußerst befremdliche Situation mit Kisara, die er bis vor wenigen Augenblicken noch nie gesehen hatte und ihr dennoch so offenkundig entgegen seiner sonstigen Manier eine besondere Form der Aufmerksamkeit schenkte. Irgendetwas lag in ihrem Blick, in diesen funkelnden goldbraunen Augen, dass ihn beschäftigte, ihn beinahe magisch anzog, sodass er, wenn auch nur subtil, ein ungewöhnliches Interesse an ihr bekundete. Denn bisher hatte sie noch kein einziges Wort über ihre Lippen gebracht, was jedoch nicht hieß, dass er das kritisierte. Doch bei den meisten Menschen, die gut aussahen oder auf andere Weise sein Interesse weckten, waren spätestens die Worte, die ihre Münder verließen, oder die Art wie sie sprachen nicht das, was der Firmenchef hatte hören wollen. Der Einzige, nebst Mokuba versteht sich, dessen Worte ihm stets, wenn auch meist nur für eine kleine Stichelei, willkommen waren, waren die des Bonkotsus. Gedanklich rügte er sich für diesen Exkurs zu Kisaras Verwandtschaft und wandte sich stattdessen wieder ihr zu: „Ladies first“, sagte er mit einem angedeuteten, verschmitzten Lächeln auf den Lippen und überließ ihr damit den Vortritt. 

 

Eine Situation, mit der Katsuya irgendwie überfordert war. Kaiba schien plötzlich so ungewohnt charmant und zuvorkommend, dass es ihn beinahe schon gruselte. Also tat er, wie ihm geheißen, um der Situation schnellstmöglich zu entfliehen. Er bahnte sich seinen Weg durch die Gruppen von Menschen, die sich inzwischen immer weiter in die Richtung des Itsukushima-Schreins bewegten, um sich einen guten Platz nahe des Torii zu sichern. Auch die Schlangen an den Ständen wurden kürzer, sodass sie nur noch ein Pärchen vor sich stehen hatten, als sie schließlich nach wenigen Schritten dort ankamen. Während der vermeintlich kurzen Wartezeit wandte sich Kaiba dabei erneut an seine Begleitung und erkundigte sich, welche Speise er für die vermeintlich junge Frau ordern sollte. Sie setzte zu einigen Worten an, brach dann jedoch direkt wieder ab, sodass eine verbale Antwort schlussendlich ausblieb. Daraufhin machte die junge Dame einige unkontrolliert wirkende Handbewegungen, die man eher als Fuchtelei bezeichnen konnte. Offenbar war sie äußerst unentschlossen bei der Wahl ihres Wunschgerichtes. Zumindest interpretierte das der Firmenchef in dieses seltsame Verhalten hinein, bis sie ihre Hand schließlich hob und richtungweisend auf den Tintenfisch am Spieß deutete. „Ikayaki?“, fragte Seto nach und erhielt ein eifriges Nicken als nonverbale Antwort. „Du magst also Meeresfrüchte?“, stellte der Firmenchef fest, woraufhin sich Kisara ein wenig abwandte und sich verlegen am Hinterkopf kratzte, wie es Jonouchi so oft tat. 

 

Kaiba entgegnete darauf wiederum ein knappes „Ich verstehe“, während so ein seltsam argwöhnischer Blick in seinen Augen lag, der den Blonden etwas mulmig stimmte. Ungläubig sah Katsuya ihn an und hätte nur zu gern gewusst, was gerade im Kopf des anderen vor sich ging. Doch wie schon erwähnt, war Fragen leider keine Möglichkeit, es herauszufinden, und da sich der Brünette bereits abgewandt hatte, halfen auch keine fragenden Seitenblicke. Da er seine Neugier so leider nicht befriedigen konnte, wandte auch er sich nach vorn, wo das Pärchen gerade seine Gerichte entgegennahm und Kaiba nun ihre Bestellung aufgab. Doch die Antwort des Betreibers darauf gefiel diesem in keiner Weise: „Tut mir wirklich leid, aber ich habe die letzten Portionen Okonomiyaki und Yakisoba vor einigen Minuten verkauft. Nachschub ist schon unterwegs. Wenn ihr also in ungefähr einer halben Stunde wiederkommen wollt…“, sagte er und zuckte mit den Schultern, „Ikayaki-Spieße habe ich jedoch noch genügend vorrätig.“ Das erklärte wiederum sofort die kurze Schlange an diesem Stand und natürlich brachte Seto Kaiba als gewissenhafter Geschäftsmann und Firmenchef der KC sein Missfallen darüber deutlich zum Ausdruck.

„Eine schwache Leistung, dass bereits vor Beginn des eigentlichen Höhepunktes die beliebtesten Speisen ausverkauft sind. Sie sollten die Person, die dafür verantwortlich ist, schnellstmöglich entlassen“, sprach er in einem strengen, abwertenden Ton, während seine Augen eiskalt aufblitzten. Es stellte sich die Frage, ob es auch bei den anderen Ständen ein ähnlicher Fall wäre oder ob sie dort schneller zu ihren Wunschgerichten kämen. 

 

Der Brünette wägte ab, während seine Begleitung neben ihm bereits eifrig auf dem Handy herumtippte. Gerade hatte Katsuya eine Line an seine freche, kleine Schwester abgesetzt, als sie ihm auch schon prompt antwortete. Wenige Sekunden später ertönte der Benachrichtigungston und löste das entstandene Problem der Essenswahl. Während Kaiba ebenfalls bereits sein Handy in der Hand hielt und gerade die Nummer seines Bruders anwählen wollte, zupfte der Blonde an dessen dunkelblauem Yukata, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Direkt im nächsten Augenblick wandte sich Seto um und schaute auf die Hand, die zaghaft den Stoff an seinem Ärmel berührte. Fragend sah er in die goldbraunen Augen, die ihn etwas zurückhaltend anschauten, während deren Besitzer ihm den Nachrichtenverlauf auf dem Smartphone zeigte. Offensichtlich hatte sie Shizuka die Problematik erklärt, woraufhin diese ihnen eine einfache und unkomplizierte Lösung präsentierte:

» Kein Problem. Wir haben eh keinen Hunger und essen dann nach dem Feuerwerk eine Kleinigkeit. Iss du ruhig dein geliebtes Ikayaki. Darauf hast du dich ja schon den ganzen Tag gefreut :) « 

 

Der Brünette las die kurzen Zeilen und noch im selben Moment ertönte der typische Ton einer weiteren eingegangenen Nachricht im Chat, woraufhin sich ein verschmitztes Lächeln auf Kaibas Lippen schlich. „Interessant“, bewertete er den Inhalt der Nachricht und sah mit einem verschmitzten Ausdruck in die fragenden Augen seines Gegenübers. Da Katsuya ihm sein Handy noch immer vor die Nase hielt, konnte er die Nachricht erst im Nachhinein lesen und lief direkt rot an.

» Und sei nicht so schüchtern! Sonst muss dich Kaiba-kun zu deinem Glück zwingen x3 «

Wie kam sie nur auf diese irrwitzige Idee, ausgerechnet sowas zu schreiben und was genau interpretierte Kaiba da im ersten Verdacht bloß hinein? Wenn sie wieder unter vier Augen waren, musste er dringend mal ein Wörtchen mit Shizuka reden. Diese dreiste, hinterhältige Art kannte er gar nicht von ihr und dann noch diese haltlosen Anspielungen. Ihre Fantasie ging eindeutig mit ihr durch, ebenso wie bei Mokuba, der offenbar in die Sache involviert war! Es schien beinahe wie eine Verschwörung, bei der sogar Kaiba unwissentlich mitspielte. Hin- und hergerissen zwischen Ärger und diesen seltsam befremdlichen Gefühlen bemerkte er nicht, wie der Brünette auf die Nachricht Shizukas hin schließlich den Tintenfisch geordert hatte und nun amüsiert beobachtete, wie seine Begleitung erneut in deutliche Verlegenheit geriet. 

 

Es war schon erstaunlich, dass die schüchterne Blondine so extrem verschwiegen war, ganz im Gegensatz zu ihrem streitsüchtigen Cousin, mit dem sie tatsächlich eine frappierende Ähnlichkeit besaß. Dass ihm schon wieder der Bonkotsu ins Gedächtnis kam, hatte wohl mehrere Gründe und er kam nicht umhin, sich darüber weiterführende Gedanken zu machen. „Dieser blonde Spinner…“, sprach er etwas gedankenverloren, als der Budenbetreiber ihm den Tintenfisch am Spieß übergab, und ließ damit seine Begleitung aufhorchen, als sie die kleine Köstlichkeit entgegennahm. Neugierig zupfte sie am Ärmel seines Yukata, sodass sich ihre Blicke trafen. Den Kopf etwas schief gelegt sahen Kaiba zwei goldbraune Augen fragend an. Doch der Firmenchef verstand im ersten Moment nicht, worauf sie hinaus wollte und fragte nach: „Was möchtest du mir sagen? Ist es wegen meiner Aussage eben?“, versuchte der Brünette, die nonverbale Kommunikation zu deuten und erhielt ein deutliches Nicken als Bestätigung. 

 

„Es ist nicht weiter von Bedeutung", war schließlich die knappe, abschmetternde Antwort. Doch diesmal ließ sie nicht locker und sah ihn mit einem auffordernden Blick an, der ihn gepaart mit einem angedeuteten Nicken dazu animieren sollte, mehr über die eben genannte Person zu erzählen. Zugegeben, ihre Verschwiegenheit war eine Sache, die der Firmenchef äußerst begrüßte, die ihn reizte und die sie so deutlich von dem aufbrausenden Chaoten unterschied, der sich ihr Cousin schimpfte. Es war verwunderlich, dass seine Gedanken ein weiteres Mal auf diesen blonden Irrwisch gelenkt wurden. Doch vermutlich lag es, abgesehen von der Ähnlichkeit der beiden, schlichtweg an dem bestehenden Verwandtschaftsverhältnis, sodass er wiederholt diese Parallele zog. „Du siehst deinem Cousin sehr ähnlich“, entschied er sich schließlich doch noch wahrheitsgemäß auf die stumme Frage zu antworten.

 

Katsuya fühlte sich direkt ertappt. Natürlich sah er “ihm“ ähnlich, er war es schließlich auch! Innerlich hoffte er, dass Kaiba nicht noch mehr Gemeinsamkeiten auffallen würden. Zum Glück hatte Shizuka ihm Zori als Schuhwerk ausgewählt, die entgegen den Geta, die Kaiba unter seinem dunklen Yukata trug, keinen Absatz besaßen und ihn somit etwas kleiner als üblich erscheinen ließen. Das hatte wiederum den Vorteil, dass er durch den Größenunterschied gleich noch etwas femininer für den Größeren wirken müsste, wobei er sich innerlich für diesen Gedanken, gerade das als Vorteil zu bezeichnen, sogleich selbst ohrfeigte. Doch wenn er brav seinen Mund hielt, was ihm gerade bei Kaiba weniger leicht fiel, und sich zurückhaltend gab, würde der andere seine Verkleidung schon nicht durchschauen. Dennoch machte sich bei der eben getätigten Aussage des Firmenchefs eine gewisse Nervosität in ihm breit, die er unauffällig zu verstecken versuchte und mit einem schiefen Grinsen im Gesicht nur mit den Schultern zuckte. Jedoch war Kaiba aufmerksamer, als es ihm lieb war und brachte ihn nur wenige Sekunden später weiter in Bedrängnis.

 

„Eure Haarfarbe ist annähernd die gleiche“, sagte er, während er eine Strähne, die aus ihrem zur Seite gelegten Pony herausgefallen war, wieder an ihrem Platz legte, „ebenso wie diese markante, bernsteinähnliche Farbe eurer Augen.“ Der Brünette näherte sich dem Gesicht seines Gegenübers und sah in die leuchtend großen Augen, die jede seiner Bewegungen genauestens zu beobachten schienen. Gefangen in diesem eindringlichen Blick des anderen, der ihm mit einem Mal so beträchtlich nahe kam, schlug dem Blonden wiederum sein Herz plötzlich bis zum Hals und er verlor sich für einen flüchtigen Moment in diesen endlos erscheinenden, tiefblauen Augen, die ihn von Sekunde zu Sekunde mehr in ihren Bann zogen. Es war seltsam, dass er noch nie bemerkt hatte, wie schön und klar der Blick des anderen doch war, mit dem er ihn schon so oft verächtlich angesehen hatte. Diesmal schien jedoch etwas Magisches in diesen sonst so kalten Augen verborgen zu sein, was erneut ein wohliges Gefühl in Katsuya aufkommen ließ. Seine Augenlider senkten sich und beinahe hätte er sich im Rausch dieser sonderbaren Emotionen zu einer kleinen Dummheit hinreißen lassen, als Kaiba direkt vor ihm innehielt. Es wirkte, als würde er überlegen oder abwägen, wie er in dieser Situation weiter verfahren wollte. 

 

Währenddessen fand der Blonde mit mehreren kleinen Blinzlern wieder zu sich und wandte sich sofort mit einem deutlichen Rotschimmer auf den Wangen von dem Älteren ab, um der misslichen Lage umgehend zu entkommen. Das amüsierte Schmunzeln, das sich derweil aufgrund dieser eindeutigen Reaktion auf dem Gesicht des Firmenchefs abzeichnete, blieb ihm dabei wiederum verborgen. Doch die vermeintliche Flucht wurde jäh unterbrochen, als sich die geflochtene, rote Schnur zwischen ihren Handgelenken leicht spannte und Kaiba nach kurzer Überlegung darauf das Wort an seine Begleitung richtete: „Gehen wir ein Stück, bevor wir uns auf den Weg zu den anderen machen.“ Noch immer von dem Brünetten abgewandt, gab Katsuya mit einem angedeuteten Nicken seine Zustimmung, sodass der Brünette zu ihm aufschloss und sie gemeinsam über das Fest liefen. Währenddessen hatte der Blonde seinen Blick nach unten gesenkt und nagte an dem Ikayaki, dass ihm der Ältere vor wenigen Minuten gekauft hatte. 

 

Was hatte er da nur gerade für seltsam abwegige Gedanken? Kaiba war ihm so fürchterlich nahe gekommen, dass er beinahe dessen Atem auf seiner Haut spüren hatte können. Hätte er ihre Distanz zueinander noch weiter verringert, hätte der Blonde Dinge getan, die er nicht mehr hätte rückgängig machen können. Dass dem Firmenchef diese vielen Gemeinsamkeiten auffielen, beunruhigte Katsuya zudem immer mehr und innerlich sandte er ein Stoßgebet an Fortuna, die ihn bereits oft genug aus misslichen Lagen errettet hatte. Er hätte nicht gewusst, wie er diese Situation oder gar seine Reaktionen auf die Handlungen des Älteren jemals erklären hätte sollen, sollte Kaiba jemals herausfinden, wer in diesem Kimono steckte. Zudem wäre klar, dass er ihn ganz schön hinters Licht geführt hatte und er war sich sicher, dass der Brünette ihn dafür leiden lassen würde, denn dieser ließ sich bekanntlich von niemandem vorführen und schon gar nicht von dem Bonkotsu, wie er Katsuya immer so “liebevoll“ im Streit betitelte. Während die Gedanken des Blonden sich immer weiter in den vielen Wenns und Abers verstrickten, drang plötzlich die tiefe Stimme des Firmenchefs an sein Ohr und unterbrach sein innerliches Durcheinander.

 

„Ihr seht euch häufiger, du und dein Cousin?“ Dass er diese Frage ausgerechnet Katsuya stellte, war an Ironie kaum mehr zu übertreffen. Sie sahen sich tatsächlich jeden Tag und zwar immer dann, wenn er vor dem Spiegel stand. Doch das konnte er aus mehreren Gründen wohl kaum sagen. Dennoch brachte die Neugier des Älteren den Blonden kurz zum Schmunzeln, sodass er seine wirren Gedanken zur Seite schob und kurz über die Frage sinnierte. Dabei legte er seinen Zeigefinger an seine Wange, nahm den Kopf leicht schief, während er die Augen antwortsuchend nach oben verzog und sein Mund eine kleine Schnute zog. Nach vermeintlich reiflicher Überlegung stimmte er schließlich zu und biss das letzte Stück des Tintenfischs von seinem Spieß ab, ehe er das Holzstückchen im nahegelegenen Mülleimer entsorgte. 

 

"Du stehst ihm scheinbar sehr nahe”, bemerkte der Brünette daraufhin, woraufhin Katsuya mit einem Mal zwei interessante Dinge auffielen, die er so nicht vom Älteren kannte. Zum einen war der Firmenchef heute wohl extrem redselig und das, obwohl er sonst mit keinem Menschen mehr als nötig interagierte. Kisara schien jedoch aus irgendeinem Grund sein Interesse geweckt zu haben, was Katsuya sogleich zum zweiten Punkt brachte: Galt sein Interesse tatsächlich Kisara oder doch ihm selbst. Denn die Fragen, die der andere stellte, bezogen sich im Endeffekt alle auf ihn. Vielleicht konnte er ihm bei der Gelegenheit ja noch ein paar geheime Worte entlocken, um herauszufinden, was Kaiba wohl tatsächlich über ihn dachte. Sicher würde dieser einer entzückenden, jungen Dame eher wahrheitsgemäß antworten, als ihm selbst in einem ihrer ständigen Streitgespräche und da er ihm noch eine Antwort schuldig war, folgte ein weiteres Nicken gepaart mit einem zufriedenen Lächeln. 

 

Noch im selben Moment wandelte sich dieses unschuldige Schmunzeln und nahm verschmitzte Züge an, während sie sich ein Stück nach vorn beugte und ihr fragender Blick zu dem Firmenchef glitt. Ein Zeichen dafür, dass Kaiba nun ebenfalls auf diese Frage antworten sollte und das vorzugsweise mit Worten.

„Du möchtest wissen, ob wir uns nahe stehen?”' Ein energisches Nicken folgte. „Schon möglich“, antwortete er überraschenderweise, während er kurz gedankenverloren in den sternenklaren Abendhimmel schaute. Nach zwei Schritten bemerkte Kaiba jedoch, wie sich die Obijime zwischen ihnen plötzlich wieder spannte und sah zu seiner Begleitung hinüber, die wenige Schritte hinter ihm stehen geblieben war. Beinahe geschockt sah sie den Firmenchef an, als hätte sie niemals auch nur im Entferntesten mit solch einer Antwort gerechnet. Dieser etwas sonderbare Blick erinnerte den Brünetten direkt wieder an den Bonkotsu. Auch dieser hatte das unglaubliche Talent, mit leicht geöffnetem Mund und einem etwas dümmlichen Ausdruck dreinzuschauen. Wieder eine Sache, die ihn an den Blonden erinnerte, während er Kisara betrachtete, und es drängte sich ihm ein leiser Verdacht auf, den er seit geraumer Zeit im Hinterkopf hatte. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, würde das einige Dinge plausibel erklären. Tatsächlich würde sich des Rätsels Lösung relativ leicht herbeiführen lassen. Er müsste nur die richtigen Worte wählen.

 

Derweil löste sich Katsuya wieder aus seiner Starre und wusste nicht so recht wohin mit seinen Gedanken, sodass er aus seiner Verzweiflung heraus einfach den nächstgelegenen Stand anpeilte. Das war eindeutig zu viel Wahrheit für diesen Moment und Jonouchi war beim besten Willen nicht auf solche Worte vorbereitet gewesen. Was genau bedeutete dieses “schon möglich"? War das jetzt ein Ja oder doch eher ein Nein und wie konnte er das in Erfahrung bringen, ohne seine Stimme zu benutzen? Das konnte Kaiba doch nicht wirklich ernst meinen? Seine Gedanken überschlugen sich beinahe und ließen ihn keinen klaren Gedanken fassen. Verbissen suchte er nach einer Ablenkung und blieb schließlich beim Kingyo-sukui, dem Goldfischschöpfen hängen, das nur wenige Schritte entfernt war. Ein typisches Spiel auf Sommerfestivals, das vor allem bei Kindern, jungen Frauen oder Pärchen beliebt war. 

„Willst du eine Runde spielen?“, hörte er Kaiba sagen, der nun direkt hinter ihm stand und über seine Schulter in das Goldfischbecken schaute. Sofort lief ein wohliger Schauer Jonouchis Rücken herunter, da er den Atem des Älteren auf seinem freigelegten Nacken spüren konnte, und er bekam eine leichte Gänsehaut. Ein süßer Rotschimmer legte sich auf seine Wangen, während er kurz bestätigend nickte. Danach löste er das Band um Kaibas Handgelenk, um etwas mehr Bewegungsfreiheit beim Goldfischschöpfen zu erhalten, brachte jedoch sofort wieder eine gewisse Distanz zwischen ihre Körper und ließ sich von dem Budenbetreiber für 100 Yen einen Poi geben. 

 

Der Brünette musste abermals ob der deutlichen Verlegenheit seiner Begleitung schmunzeln und langsam fand er Gefallen daran, sie in diese genierlichen Situationen zu bringen. So würde er auch alsbald seinen Verdacht bestätigt bekommen, denn es gab ja bekanntlich viele Wege, die nach Rom führten. Er beobachtete sie bei dem Versuch, einen der goldenen Fische in die weiße Schale zu bugsieren. Doch die flinken, kleinen Tierchen waren wendiger als erwartet und der Poi bald vollständig zerstört. Das freche, spöttische Grinsen auf Kaibas Lippen wurde ein klein wenig breiter, als er auf den blonden Schopf blickte und Kisara betrübt den Kopf hängen ließ. „Noch ein Versuch?“, fragte er amüsiert und hielt ihr einen neuen Poi hin, den er soeben von dem Betreiber erworben hatte. Das Angebot nahm sie nur zu gern an und als sich ihre Hände kurz bei der Übergabe berührten, strich der Firmenchef mit seinem Finger flüchtig über ihre Hand. Wieder erntete er dafür eine deutlich verlegene Reaktion seiner Begleitung, die sich sogleich mit einem Rotschimmer abwandte. Wahrlich ein äußerst reizvolles Spiel und Kaiba spielte bekanntlich sehr gerne, auch wenn es diesmal nicht Duel Monsters sein würde.

 

Katsuya versuchte wiederum, sich genauestens auf die Herausforderung am Goldfischbecken direkt vor sich zu konzentrieren. Aber wie auch schon beim ersten Versuch, war er viel zu aufgewühlt, um auch nur ansatzweise einen Fisch fangen zu können. So wurde auch der zweite Poi restlos zerstört und der Blonde war nervlich wohl bald am Ende, wenn Kaiba weiterhin solche vermeintlich unbedarften Handlungen an den Tag legte und ihm dabei so beträchtlich nahe kam. Oder machte er das etwa mit Absicht? Kaum war der Gedanke da, vernahm er die Stimme des Ladenbesitzers, der sich direkt an sie wandte: „Das war wohl leider nichts, junge Dame. Aber vielleicht möchte es Ihre nette Begleitung einmal probieren?“, deutete er auf Kaiba, der den vorherigen Poi geordert hatte. Offenbar witterte der Mann mit dem schütteren Haar ein Geschäft mit diesem vermeintlichen Pärchen und animierte sie zum Kauf eines weiteren Poi.

„Was meinst du?“, wandte er sich schmunzelnd an Kisara, „Soll ich es einmal versuchen?“ Ein Nicken folgte, während sie betreten zu Boden schaute, um ja nicht den Blick des anderen zu kreuzen. 

 

Da Kaiba quasi die Schuld für Jonouchis Unkonzentriertheit trug, sollte er gern sein Glück versuchen. Immerhin war er auch der Grund, wieso der Blonde dieses Spiel überhaupt begonnen hatte, auch wenn er diese kleinen goldenen Fischchen ehrlich gesagt gar nicht haben wollte. Es diente lediglich dem Zweck der Ablenkung, was leider mehr schlecht als recht gelang mit dem Brünetten hinter sich, der ihm so verführerisch in den Nacken hauchte und sich jetzt direkt neben ihn hockte. Er schlug die Ärmel seines dunkelblauen Yukata ein Stück zurück und positionierte sich über dem Becken. Danach ging alles ganz schnell. Ehe es sich der Blonde versah, hatte Kaiba bereits den ersten goldenen Fisch gefangen und in die kleine, weiße Schüssel getan. Der Poi war dabei noch nicht einmal eingerissen, sodass er einen weiteren Versuch startete. Auch diesmal fing er schnell und präzise eines der kleinen Tierchen und legte es zu dem anderen. Der Poi wiederum war halb eingerissen. Kaiba besah sich den kleinen Papierschaufler und überlegte offenbar, ob es noch ein weiteres und vermutlich letztes Mal gelingen würde, bis plötzlich etwas anderes seine Aufmerksamkeit erhielt.

 

Zaghaft hatten sich zwei Hände auf seinen Arm gelegt, sodass er zur Seite und somit in die honigbraunen Augen seiner Begleitung sah. Diese waren auf den zur Hälfte zerstörten Poi gerichtet und der Blonde schien hochkonzentriert. Solange das Papier nicht vollständig kaputt war, konnte der Spieler sein Glück weiter versuchen. Und auch wenn Katsuya diese blöden Goldfische gar nicht haben wollte, so wollte er dennoch aus irgendeinem Grund, den er jetzt besser nicht hinterfragte, dass Kaiba sie für ihn fing, als wäre es ein unumstößlicher Beweis dafür, dass sie dieses Hanabi gemeinsam miteinander verbracht hatten. 

"Einen Versuch ist es wert”, sagte der Firmenchef schließlich und wandte sich erneut dem Wasserbecken zu. Ein letztes Mal tauchte er den Poi hinein und versuchte, gleich zwei Fische auf einmal zu fangen. Doch dabei riss das Papier leider gänzlich, sodass er mit einer gekonnten Bewegung lediglich einen der beiden Fische in die weiße Schüssel bugsieren konnte, während der andere einfach durch den nun leeren Ring durchfiel und wieder im Wasserbecken landete. Es gab wohl wirklich nichts, was der CEO der KC nicht konnte und Katsuya war begeistert, dass der Ältere tatsächlich noch einen der beiden Fische gefangen hatte. So begeistert, dass ihm beinahe ein verräterischer Ton entkommen wäre, hätte er sich nicht sogleich selbst den Mund verboten.

 

„Meinen Glückwunsch, die Dame!“, posaunte der Betreiber lautstark und nahm die Schüssel von dem Brünetten entgegen, um die Fische in einem kleinen, durchsichtigen Beutel zu verpacken. „Sie haben einen sehr geschickten jungen Mann an ihrer Seite“, grinste der Betreiber und überreichte Katsuya die gefangenen Goldfische. Bei dieser Aussage glitt ein flüchtiger Blick zu dem Firmenchef hinüber, der gerade wieder dabei war, seinen Yukata zu richten, und ein verlegenes Schmunzeln huschte über das leicht gebräunte Gesicht. Im selben Moment begann ein Kind neben ihm bitterlich zu weinen, während die Mutter versuchte, es wieder zu beruhigen. In der Hand hielt es einen völlig zerfetzten Poi, während die Tränen unaufhörlich über die geröteten Wangen liefen. Es erinnerte den Blonden direkt an seine eigenen missglückten Versuche und daran, dass er für die Fische eigentlich gar keine Verwendung hatte. Also ging er die drei Schritte auf die junge Familie zu, beugte sich zu dem Jungen nach unten und hielt ihm den kleinen Beutel mit den drei Goldfischen darin vor die Nase. 

 

„Wenn du möchtest, kannst du gern meine haben“, flüsterte er dem Jungen zu, während er einen Finger auf seine Lippen legte und ihm geheimniskrämerisch zuzwinkerte, „Aber verrate es keinem. Das bleibt unser kleines Geheimnis.“ Etwas perplex schaute das Kind die Person vor sich an, die einfach so bereit war, ihm die glänzenden Fischchen zu überlassen, und ein breites, freudiges Lächeln kam zum Vorschein. „Vielen Dank!“, strahlten ihn zwei braune Augen an, die wie Knöpfe in dem Kindergesicht wirkten. Auch Katsuya war keinesfalls betrübt, als er die kleinen Tierchen aus der Hand gab, denn die Freunde über das unverhoffte Geschenk in den Augen des Jungen brachte ihn ebenfalls zum Lächeln. Und auch, wenn die Fische nun ein anderes Zuhause bekommen sollten, so blieb ihm doch noch immer die Erinnerung an den Moment, als Kaiba ihm die Goldfische gefangen hatte, und daran, wie viel Mühe sich der Brünette dabei nur für ihn gegeben hatte. 

 

„Bedanke dich bei der jungen Dame, Kenta“, hörte er daraufhin die Mutter sagen und er hätte nicht gedacht, dass ihm das fröhliche Grinsen sogleich wieder vergehen würde, als der Junge etwas verwirrt drein schaute und seiner Mama antwortete: ”Aber Mama, das ist doch ein Mann”, plapperte er in seinem kindlichen Eifer einfach so seine Gedanken aus und sowohl die Mutter als auch der Blonde schauten perplex zu dem Vierjährigen, der seine Feststellung soeben unverblümt mit ihnen geteilt hatte. Sofort entschuldigte sich die Frau mit einer tiefen Verbeugung für ihren frechen Sohnemann, der gar nicht verstand, warum sie so reagierte. Direkt darauf stahlen sie sich aus dieser peinlichen Situation und natürlich beschlich Jonouchi sofort das untrügliche Gefühl, dass er aufgeflogen war, sodass er es nicht wagte, sich zu dem anderen umzudrehen. Genau in diesem Moment drang die tiefe Stimme von Kaiba wieder an sein Ohr, der erneut direkt hinter ihm stand.

„Da dreht man sich einmal weg und schon wird meine hart erkämpfte Beute einfach so verschenkt. Dabei habe ich sie extra für dich gefangen, Kisara-chan“, sagte er gespielt pikiert und betonte gerade den Namen noch einmal seltsam auffällig. Augenblicklich wurde Katsuya nervös, als der Brünette wieder vor ihn trat und sich ihre Blicke zwangsweise trafen. 

 

Einen Moment lang passierte gar nichts und sie schauten einander nur stillschweigend an, bis Katsuya plötzlich von einem jungen Mann angerempelt wurde, der es sehr eilig zu haben schien. Da der Blonde sich in dem engen Outfit nicht sonderlich gut bewegen konnte, fiel er unkontrolliert nach vorn, ohne die Möglichkeit, sich abzufangen. Der Brünette wiederum reagierte sofort und fing den Sturz kurzerhand ab, sodass der Jüngere unverhofft direkt in dessen Armen landete. Überrascht aufgrund der unerwarteten Verkettung von Ereignissen, verharrte er in dieser Position und nahm zum ersten Mal in seinem Leben bewusst den Geruch des anderen, zusammen mit einer orientalisch duftenden Parfümnote wahr. Eine Mischung aus Lavendel und Vanille. Seine Hand ruhte nun auf der Brust des leicht Älteren und er spürte deutlich dessen gleichmäßigen Herzschlag, der irgendwie eine leicht beruhigende Wirkung auf ihn hatte, und sah mit einem ungläubigen Blick zu seinem Retter auf, der ihn sicher in seinen Armen hielt. In dessen Augen konnte er jedoch nicht ablesen, was genau in diesem seltsam magischen Augenblick wohl in ihm vorging und das, obwohl er direkt vor ihm stand. Erst als Kaibas dunkle, tiefe Stimme erklang, besann er sich wieder der Situation.

„Das ging gerade nochmal gut. Du solltest vorsichtiger sein bei diesen Menschenmengen. Ich möchte deiner Cousine später nicht erklären müssen, warum ich dich verletzt zu ihr zurückgebracht habe.“ Es waren wohl gewählte Worte, die unterschwellig eine gewisse Sorge transportierten. Kaum waren sie ausgesprochen, löste sich Katsuya umgehend wieder aus der unfreiwilligen Umarmung und stimmte mit einem kurzen, verlegenen Nicken zu. Dass sich durch den unverhofften Körperkontakt in dieser seltsam befremdlichen Situation ein leichter Rotschimmer um seine Ohren legte, konnte er jedoch abermals nicht verhindern. 

 

Das Gedränge auf der festlichen Straße verlagerte sich langsam aber stetig in die dunkleren Bereiche abseits der Buden und ein überlegenes Schmunzeln schlich sich auf Kaibas Lippen. „Wie es scheint, werden wir Mokuba und Shizuka in diesem Gedränge von Menschen wohl nicht rechtzeitig wiederfinden. Wie wäre es, wenn wir uns stattdessen ein Kakigori genehmigen? Ich lade dich ein.“ Seine Begleitung nickte und wollte bereits zum nahegelegenen Eisstand gehen, als erneut Kaibas Stimme an ihr Ohr drang. „Hast du nicht etwas vergessen?“, sagte er und hielt sie sanft am Handgelenk fest. Als sie sich zu ihm wandte, entließ er sie aus dem leichten Griff und hielt ihr auffordernd sein Handgelenk entgegen. Der Rotschimmer lag noch immer auf den zarten Wangen, als sie auf die Hand blickte und kurz darauf ihre eigene betrachtete. Am Handgelenk hing noch immer die Obijime, die er ihr vorhin umgebunden hatte, nachdem sie ihm das andere Ende zuvor an seinem Handgelenk verknotet hatte, und die er nur für das Schöpfen der Goldfische abgelegt hatte. Der Rotton in ihrem Gesicht wurde noch eine Nuance dunkler und breitete sich nun wieder bis über ihre Ohren aus, als sie begann, die geflochtene Schnur neuerlich um das Handgelenk des anderen zu knoten und damit ihr Band erneut knüpfte. Zufrieden besah sich der Firmenchef die wiederhergestellte Verbindung sowie das verlegene Gesicht seiner Begleitung. „Dann können wir jetzt gehen. Ladies first“, sagte er diesmal mit einem anzüglich ironischen Unterton in der Stimme und ließ ihr erneut den Vortritt.

 

Zielstrebig gingen sie zu dem Stand, an dem das begehrte Eis verkauft wurde, und ließen sich eins mit Erdbeersirup sowie eines mit grünem Tee aushändigen, ehe sie sich auf einer Bank niederließen, die ein Stück entfernt vom Trubel des Fests stand. Noch immer beschämt saß Katsuya neben dem Firmenchef und naschte gedankenverloren an dem spendierten Eis, während ihm dabei immer wieder die Obijime auffiel, die aufgrund der Nascherei und der geringen Länge der Schnur nur noch um sein Handgelenk gebunden war.

„Ich bin dir übrigens noch eine Antwort schuldig“, wurde die bedrückende Stille zwischen ihnen durch die ruhige Stimme des Brünetten gelöst. Er hatte sein Eis bereits aufgegessen und stellte gerade die leere Schale neben sich auf der Bank ab. „Du wolltest wissen, wie ich zu deinem Cousin stehe. Nun, ich kann dir sagen, dass er eine fürchterliche Nervensäge ist. Er ist übertrieben impulsiv, dazu noch schrecklich vorlaut und seine Fähigkeiten im Duel Monsters lassen deutlich zu wünschen übrig.“

 

Man konnte direkt sehen, wie sich Kisaras, besser gesagt Katsuyas Gesichtsausdruck verfinsterte. Das waren definitiv nicht die Worte, die er hören wollte. Er zog eine verärgerte Schnute, während Kaiba keine Anstalten machte, mit der Aufzählung von Jonochis Unzulänglichkeiten aufzuhören. Immer mehr unliebsame Worte verließen dessen Mund und es kam dem Blonden so vor, als würden sie sich in einer ihrer typischen Streitereien befinden, bei der er umgehend aktiv werden musste. Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang er auf und unterbrach den Älteren in seinem Monolog.

„Verdammt Kaiba, du selbstgefälliger, arroganter, versnobter Idiot. Jetzt reicht es aber langsam…“, begann der Blonde wutentbrannt seinen Satz und verschluckte sich beinahe an seinen eigenen Worten, als er bemerkte, dass er damit offensichtlich sein kleines Geheimnis preisgegeben hatte. Währenddessen schlich sich ein freches, wissendes Grinsen in das Gesicht des anderen, der wenig verwundert über diese Enthüllung war.

„Welch Überraschung. Anscheinend bist du doch nicht so schüchtern, wie deine 'Cousine' gesagt hat“, sprach der Firmenchef gelassen mit einem ironischen Tonfall und erhob sich elegant von der Bank. Er ging die wenigen Schritte auf den Blonden zu und kam ihm dabei beträchtlich nahe, „Oder sollte ich sie wohl eher deine Schwester nennen, Jonouchi Katsuya?“ Das letzte Wort hauchte er nur noch ganz leise gegen die Lippen des anderen und jagte diesem damit einen deutlichen Schauer durch den Körper. Mit einem Mal war die Maskerade, die der Blonde so beschwerlich aufrechterhalten hatte, vorbei und er war restlos aufgeflogen. 

 

Fernab von ihnen beiden war ein kurzer dumpfer Ton zu hören und ein kleines, flackerndes Licht stieg in den nachtschwarzen Himmel hinauf, erreichte seinen höchsten Punkt und zersprang zu einem rot-blauen Funkenmeer, das wie ein goldener Vorhang nach unten schwebte und dabei eine Vielzahl bunter Explosionen nach sich zog. Dieser einen folgten weitere zahllose Detonationen, große, die den Horizont in Flammen setzten, und auch kleine, die Feuerblumen oder Schirmflieger einer Pusteblume in die Dunkelheit schossen. Musik spielte im Hintergrund und ein Zischen und Knallen war neben den erstaunten Bewunderungsrufen der Menschen noch kilometerweit zu hören, während farbenfrohe Fontänen empor stiegen, sich im klaren Wasser widerspiegelten und die Nacht mit ihren leuchtenden Funken taghell erstrahlen ließen. Doch von all dem bekamen die beiden einstigen Rivalen kaum mehr etwas mit, denn die sehnsuchtsvollen Augen waren längst geschlossen, während sie sich einem aufregenden ersten Kuss hingaben, in dem vor allem Jonouchi langsam zu versinken drohte.

 

Die Berührung währte jedoch nicht lange und als sich der Firmenchef wieder von dem Blonden löste, sahen ihn zwei bernsteinfarbene Augen, die einen leicht verklärten Ausdruck innehatten, verwirrt und gleichzeitig verlegen an. Katsuya hatte alles erwartet, doch ganz sicher nicht das, was gerade passiert war. Zudem zeigte Kaibas Aussage deutlich, dass er kaum überrascht war über diese Enthüllung, was nur bedeuten konnte, dass er bereits wusste, wer tatsächlich in diesem Kimono steckte. Diese Tatsache warf auch noch einige andere Fragen auf, deren Antworten keinen Aufschub duldeten. Schon alleine deswegen, um die peinliche Stille zu überbrücken, die durch Kaibas Aktion entstanden war.

„Du wusstest, dass ich es bin? Seit wann?, sprach er etwas kleinlaut und mit einem deutlichen Rotschimmer auf den Wangen, was den Brünetten zu einem verschmitzten Grinsen verführte.

 

„Bonkotsu, hast du wirklich geglaubt, dass ich dich nicht erkennen würde? Der Gedanke, dass hier etwas nicht stimmig ist, kam mir bereits, als Mokuba mich darum bat, ihn unbedingt zu diesem Fest zu begleiten. Zudem benahm er sich seit dem Morgen so untypisch ruhelos, besonders in dem Moment, als er hier auf deine Schwester traf und sogar du musst zugeben, dass die Aussage des Jungen, dem du die Goldfische geschenkt hast, unmissverständlich war.“ Natürlich musste er das mitbekommen haben. Was hatte der Blonde auch anderes erwartet? Immerhin stand er nur wenige Schritte entfernt und trotzdem sagte er nichts dazu und ließ Jonouchi sein Schauspiel einfach weiterspielen.

„Ausschlaggebend für diese Überlegung war letztendlich jedoch etwas völlig anderes”, fügte Seto noch mit an, während er nah an den anderen herantrat, ihm diese eine verlorengegangene Strähne, die bereits vorhin ihren zugewiesenen Platz verlassen hatte, aus dem Gesicht strich, und in die warmen, honigbraunen Augen schaute, die durch das bunte Feuerwerk einen außergewöhnlichen Schimmer erhielten, „Nämlich dieser besondere, nahezu einzigartige Glanz in diesen bernsteinfarbenen Augen, die mich so oft schon herausfordernd angefunkelt haben.“ Eine kurze Pause folgte, in der Kaiba seinem Gegenüber tief in die Augen schaute, während der Blonde eher gedankenverloren seinen Blick erwiderte.

 

„Außerdem ist dein Verhalten so auffällig und markant, dass es keine Zweifel geben konnte, dass du es bist. Dein wildes Gestikulieren, das typische Kratzen am Hinterkopf, deine unverbesserliche Hilfsbereitschaft gegenüber anderen und das damit verbundene Talent, in absurde Situationen zu geraten, nicht zu vergessen deine Unfähigkeit, dich vernünftig auszudrücken und natürlich dieser empörte Blick, den du bei unseren anhaltenden Disputen immer auflegst. Es war mehr als eindeutig.“

Abgesehen von den letztgenannten Sachen, bei denen der Blonde seinen Mund wieder zu dieser kleinen, süßen Schnute verzog, konnte Jonouchi die wohl offensichtlichen Parallelen nicht abstreiten. Kaiba kannte ihn erstaunlich gut, kannte seine Eigenheiten, seine Fehler und Vorzüge, die er jedoch stets als Nachteile deklarierte. Vielleicht kannte er ihn auf eine andere Art sogar noch besser als Yuugi. Und das beruhte auf Gegenseitigkeit, denn auch Jonouchi fielen derlei Dinge auf, die für jeden anderen wohl keine Besonderheiten darstellten außer für sie beide. Sie interessierten sich für einander, schon lange taten sie das, und spätestens nach diesem seltsam willkommenen Kuss verstand es auch Jonouchi. Dennoch musste der Blonde sichergehen, sich Gewissheit verschaffen.

 

„Aber warum hast du dann trotzdem mitgespielt? Ich meine, müsstest du nicht eigentlich wütend sein oder mich wegen der Klamotten aufziehen?“

„Ehrlich gesagt, war es äußerst amüsant mit anzusehen, wie du verzweifelt versucht hast, dein vorlautes Mundwerk zu zügeln, und dieser zinnoberrote Kimono mit diesem lieblichen Blumenmuster steht dir übrigens ausgezeichnet. Außerdem…”, verfiel er eine kleine theatralische Pause, als er sah, wie der Blonde erneut pikiert drein schaute, „… konnte ich doch das erste gemeinsame Date mit dieser liebreizenden jungen Dame nicht einfach mittendrin abbrechen. Immerhin stehen wir uns doch nahe.“ Ein verschmitztes, zweideutiges Grinsen zierte die schmalen Lippen und ein verwegener Blick traf auf einen verlegenen. 

 

„Weil wir gerade dabei sind: Möchte ich denn überhaupt wissen, wieso du diesen Kimono trägst und als Frau verkleidet mit deiner Schwester dieses Hanabi besuchst?“

„Möchtest du nicht“, war die kurze Antwort darauf, während Katsyua schwer seufzte.

„Das dachte ich mir.“

„Gegenfrage:”, sagte der Blonde wiederum und trat mit einem frechen Schmunzeln im Gesicht wieder näher an seinen Gegenüber heran, „Küsst du immer gleich fremde Frauen auf solchen Festen?" Ein amüsiertes Grinsen schlich sich nun auch in Setos Gesicht, bevor er die Distanz auf ein Minimum verringerte und sie nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten. „Nur solche, die mir nach Millionen von Streitgesprächen nicht mehr aus dem Kopf gehen.“ Mit diesen Worten ließ sich diesmal der Brünette von Katsuya in einen zweiten, magischen Kuss ziehen, während im Hintergrund noch immer die Feuerwerkskörper den dunklen Nachthimmel mit lauten Explosionen hell erleuchteten, fernab von den begeisterten Rufen der Menschen, deren Augen allein auf dieses bunte Farbenspektakel gerichtet waren, ohne dass sie Notiz von den beiden nahmen.

 

Andernorts, ganz in der Nähe des Torii-Schreins, saßen derweil die jüngeren Geschwister der beiden und bestaunten zusammen das bunte Feuerwerk, als Mokuba ein wenig gedankenverloren zu sprechen begann: „Meinst du, dass es geklappt hat?“

„Ich denke schon“, antwortete Shizuka darauf, während erneut eine Fontäne am Horizont aufleuchtete, „Immerhin haben wir nichts mehr von ihnen gehört. Das ist doch ein gutes Zeichen.“

„Vermutlich hast du recht und die Erkenntnis trifft sie gerade wie ein Schlag ins Gesicht“, witzelte der Schwarzhaarige, als ihm ein spontaner Gedanke dazu kam. „Dann können wir ja demnächst mal zu viert ausgehen. Essen, Kino oder sowas?“

„Meinst du wie bei einem Date?“, wandte sich die Dunkelhaarige fragend an den Jüngeren und brachte ihn damit in eine deutliche Verlegenheit.

„Äh naja… weißt du… ich meine… du… wir… also…“, begann Mokuba daraufhin zu stottern und schien nicht die richtigen Worte zu finden, um seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Währenddessen zog Shizuka ihre Beine ein Stück an ihren Körper heran, umfasste sie mit ihren Armen und lehnte sich nach vorn. Mit einem verschmitzten Blick sah sie zu dem Jüngeren, der sich gerade um Kopf und Kragen redete und dessen Wangen dabei einen dunkelroten Ton angenommen hatten.

„Du willst also auf ein Doppeldate gehen?“, schmunzelte Shizuka den Schwarzhaarigen mit einem zuckersüßen Lächeln an, „Warum nicht? Ich mag die Idee. Lass uns am Wochenende was zusammen unternehmen, dann übernachte ich bei Katsuya."

„Aber wir wissen doch noch gar nicht, ob Seto und Jonouchi überhaupt Zeit haben oder Lust oder…“

„Dann gehen wir eben allein, oder nicht?“, unterbrach sie seine Einwände einfach und bedachte ihn mit einem Blick, als würde sie erneut einen perfiden Plan aushecken.

„Ja, okay, dann machen wir es so.“

„Sehr gut. Samstag um 7 Uhr vorm Kino?“

„Ich zahle.“

„Gut.“

 

So endete der perfide eingefädelte Plan der jüngeren Geschwister, dessen Ausgang auch für die Rädelsführer ein etwas unerwartetes Ende nahm. Dass diese Sache zumindest eine kleine Strafe für die beiden nach sich ziehen würde, konnten sie bis dato noch nicht ahnen. Doch die Zeit zu zweit, die sie am Wochenende im Kino verbringen würden, würden sie zukünftig wohl noch des Öfteren gemeinsam genießen dürfen und an manchen Tagen würden sie dabei sogar von Katsuya und Seto begleitet werden. 

 

 

Ende


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sooo und als kleine Wiedergutmachung habe ich diesmal sogar gleich zwei Lippenbekenntnisse mit eingebaut und hoffe, damit das verpasste bei Setos Geburtstag ausgeglichen zu haben ^^

Außerdem wird wohl nochmal eine Pause hier folgen, weil ich momentan vorrangig an den finalen Kapiteln von Are You Coming Home? arbeite und nebenher Crescent gern weiterschreiben möchte. Wir lesen uns also entweder dort oder einfach später hier wieder. Auf dann ^^/) Komplett anzeigen

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