Zum Inhalt der Seite

In der Ferne ist noch Licht

Katsuki Bakugo x Ochako Uraraka
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Leider noch ungebetat. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Und plötzlich hat sich alles verändert

Er stand auf dem Balkon und blickte auf die Stadt hinaus, die so ruhig war. Alles war ruhig, selbst er, obwohl er fast nie ruhig war. Seine Hand ruhte auf seinem Rumpf, der unter dem schwarzen Hemd verbunden war. Seit diesem Kampf hatte sich etwas an ihm, in ihm verändert.
 

Die Balkontür wurde aufgeschoben und leise wieder geschlossen. „Es geht dir besser“, sagte eine helle Stimme. Ihre Besitzerin kam zu ihm, stütze die Ellbogen auf das Geländer und ließ den Blick schweifen, bis ihre braunen Augen an seinen stehen blieben. Sie lächelte.
 

Normalerweise hätte er sie angeschnauzt. Was sie von ihm wollte oder sowas. Doch das schluckte er runter, grummelte stattdessen. Unklar, ob er ihr zustimmte oder nicht.

Ochako hüpfte mit Leichtigkeit auf das Geländer. Wind wehte ihr das Haar auf dem Gesicht.

„Ich habe gehört, was auf dem Schlachtfeld passiert ist. Dass du dir diese Verletzung zugezogen hast, als du Deku beschützt hast.“
 

Katsuki wandte den Blick ab, spannte seinen Kiefer aber merklich an. Diese Erinnerung hatte er noch immer vor Augen. Sie verfolgte ihn in seinen Träumen. Es war der Moment, in dem sein Körper ihm nicht mehr gehorcht hatte, er einfach losgestürmt war. Auch den Schmerz konnte er nicht vergessen, er begleitete ihn tagtäglich.
 

„Ich wollte dir jedenfalls sagen, dass ich und auch die anderen froh sind, dass du wohlauf bist.“

Katsuki stieß sich vom Geländer ab, verschränkte seine Arme vor der Brust. „Hat Deku dir gesagt, dass du mir das erzählen sollst?“, grummelte er in seiner gewohnten, finsteren Laune.
 

Doch Ochako ließ sich davon nicht abschrecken. Sie kicherte. „Denkst du das wirklich?“, fragte sie, ließ ihn jedoch gar nicht erst zu Wort kommen, „Nein, Deku hat mir nichts dergleichen gesagt. Er hat nur erzählt, was passiert ist.“ Sie sprang vom Geländert und verschränkte ihre Arme hinter dem Rücken.

„Du hast dich verändert. Und ich finde es schön dass du ein bisschen von deinem Draufgängertum abgelegt hast. Du bist gar nicht der Einzelgänger. Für den du dich immer ausgibst. Deku, Eijiro und die anderen sind dir wichtig. Stimmt doch, oder nicht?“
 

Ein Zischen entwich Katsukis Lippen. Er wandte sich ab. „Erzähl doch keinen Mist, Mondgesicht“, grummelte er und schob die Balkontür auf, um wieder ins Haus zu gehen.

„Das macht uns doch zu Helden. Dass wir anderen, Leuten, die uns wichtig sind, helfen wollen“, sagte sie und hielt ihn noch einmal zurück. Katsuki warf einen finsteren Blick über seine Schulter, sagte jedoch nichts.
 

Er ließ Ochako hinter sich, doch ihre Worte verfolgten ihn, wie seine Erinnerungen. Er verzog sich in sein Zimmer, ließ die Vorhänge geschlossen und legte sich in sein Bett. Eine Hand ruhte auf seinem Rumpf, die andere legte er auf seine Augen. Du hast dich verändert.
 

~
 

Auch die nächsten Wochen und Monate brachten Veränderung mit sich. Alle Schüler mit der Heldenlizenz unterstützten diverse Agenturen bei der Sicherung der Stadt und beim Wiederaufbau. Sie gingen regelmäßig in Zweierteams auf Patrouille durch verschiedene Stadtgebiete.
 

Sowohl bei den Patrouillen als auch beim Training erwischte Katsuki sich immer wieder selbst dabei, dass er seinen Klassenkameraden half, ihnen Tipps gab und eine gemeinsame Strategie überlegte. Nicht selten beäugten die anderen ihn mit verwirrten Blicken, dann verfiel er schnell wieder in die alten Verhaltensmuster, zog sich in sein Schneckenhaus aus schlechter Laune und Wut zurück.

Doch einige schmunzelten unauffällig. Deku, Eijiro und Ochako zum Beispiel.
 

Nach dem Unterricht versuchten seine Klassenkameraden immer wieder, ihn in ihre gemeinsamen Aktivitäten einzubeziehen. Seit ihrem Konzert beim Schulfest hatten vor allem Fumikage und Denki großen Gefallen an ihren Instrumenten gefunden und probten viel.

Manchmal schloss er sich den Proben an, öfter suchte er den Probenraum jedoch alleine auf. Neben dem psychischen Training konnte er sich beim Schlagzeugspielen ordentlich Luft machen.
 

An diesem Abend nach dem Duschen lief Ochako ihm zufällig über den Weg. Er trug nur eine Jogginghose und ein Handtuch um die Schultern. Sie starrte auf seinen Bauch, auf die Narbe, die zurückgeblieben war und ihn immer an diesen ereignisreichen Tag erinnerte.

„Ist was?“, knurrte er und öffnete bereits seine Zimmertür.

„Wir sind morgen gemeinsam für die Patrouille eingeteilt. Komm nicht zu spät“, sagte sie zwinkernd, lachte jedoch nervös. Dann verschwind sie in einem unnatürlichen schnellen Schritt um die nächste Ecke.
 

~
 

Mit den Händen in den Hosentaschen schlenderte Katsuki neben Ochako durch die Straßen. Die Schurkenliga war zwar zerstreut, trotzdem mussten sie wachsam bleiben. Der eine oder andere hatte schonmal einen Alleingang gestartet.
 

Ein Kerl mit dunkel Kapuzenpullover etwas vor ihnen fiel ihnen ins Auge. Auf seinem Weg befand sich eine junge Frau, die lautstrak in ein Gespräch an ihrem Handy vertieft war. Aus der Bauchtasche seines Hoodies zog er eine kleine funkelnde Klinge. Er riss der Frau die Handtasche von der Schulter und bedrohte sie dann mit dem Messer, damit sie nicht schrie. Dann rannte er davon.
 

Ochako zog Katsuki um die Ecke. Wenn der Dieb sie sah, würde er direkt eine andere Richtung einschlagen. So lief er ihnen direkt in die Arme. Eine Berührung von Uravity reichte, dass der Dieb bei seinem nächsten Schritt abhob und überrascht mit den Armen in der Luft ruderte. Vor Schreck fuchtelte er wild mit seinem Messer um sich. Binnen weniger Sekunden entwaffnete Ochako ihn und schleuderte ihn mit einem geschickten Griff auf den Boden. Den Arm auf den Rück gedreht war der Dieb vollkommen bewegungsunfähig.
 

Katsuki beobachtete die Situation, ohne Kommentar. Sie riefen die Polizei, die den Dieb festnahm und aufs Revier brachte.
 

~
 

„Hey, Kat-chan!“

Katsuki saß auf dem Sofa im Gemeinschaftsraum und hörte Musik über seine Kopfhörer. Die meisten seiner Klassenkameraden waren beschäftigt oder gingen einfach an ihm vorbei, aber Deku nicht. Er nahm einen Kopfhörer aus dem Ohr. Sein Zeichen, dass er seinem Kindheitsfreund zuhörte.

„Ich treffe mich gleich mit All Might, um meinen Trainingsplan zu besprechen. Willst du mitkommen?“
 

Seine Augen ruhten einen Moment auf den seines Gegenübers. Er dachte über das Angebot nach.

„Ich habe schon etwas vor“, sagte er dann und ließ seinen Kopf auf die Sofalehne sinken. Als Deku durch die Tür verschwunden war, erhob Katsuki sich von dem Polster. Er ging in sein Zimmer und zog sich seine Sportklamotten an. Dann machte er sich auf den Weg zum Sportplatz, auf dem sie gerade trainierte.
 

Die Übungen, die Ochako machte, sahen merkwürdig aus. Sie kämpfte gegen die Luft, duckte sich vor unsichtbaren Schlägen weg und machte Radschläge zum Ausweichen. Es sah fast so aus als würde sie tanzen.
 

Als sie Katsuki an einem Baum gelehnt erblickte, hielt sie inne. Er hatte sie in letzter Zeit immer wieder unauffällig angesehen oder beobachtet.

„Was tust du hier, Bakugo?“, rief sie ihm zu und streckte, nein dehnte sich.
 

Schweigend trat Katsuki ein paar Schritte auf sie zu. Sie sah ihn abwartend an, während seine Lippen sich zu einem Strich verzogen. „Warum trainierst du Nahkampf? Deine Fähigkeiten eignen sich doch besser als Überraschungsangriff aus der Ferne.“ Ochako runzelte die Stirn, ein unzufriedenes Funkeln blitzte in ihren Augen auf.

„Gerade deswegen muss ich mich zu wehren wissen, wenn ich nicht in so einer günstigen Situation bin.“

Katsuki sah sie nur an. Dann zog er langsam seine Hand aus der Hosentasche. In seinen Handflächen knackten und knisterten die Explosionen. Sie sah ebenso hinein.
 

„Nur weil ich nicht über die gleiche Kampfkraft verfüge wie du, heißt das nicht, dass ich schwach bin“, sagte sie uns sah ihm entschlossen in die Augen. Ehe er sich versah, griff sie nach seinem Arm, um ihn mi einem geschickten Karategriff in den Dreck zu schleudern.
 

„Hey! Was sollte das?!“, knurrte er.

„Das Überraschungsmoment. Besonders effektiv, wenn dein Gegner dich unterschätzt.“ Sie stand über ihm, sah auf ihn herab, wie er es früher bei so vielen getan hatte – nur nicht so arrogant wie er. Wo sonst Wut aufgeflammt wäre, spürte er jetzt etwas Anderes.

„Ich habe keine Angst mehr vor die, Bakugo“, murmelte Ochako und ballte eine Faust, „Nicht vor deinem Talent, deiner Aggressivität oder deiner Kraft.“
 

Angst. Sie hatte Angst vor ihm gehabt. Eine Tatsache, mit der er sich früher gebrüstet hätte. Er hatte die Schwächeren immer schikaniert, musste ihnen beweisen wie stark und cool er war, wie gut er seine Fähigkeiten beherrschte.
 

Der düstere Blick auf Ochakos Gesicht lichtete sich und sie streckte ihm die Hand aus, um ihm aufzuhelfen. Katsuki nahm sie nicht an, er schlug sie aber auch nicht weg. Er stand auf und klopfte sich den Dreck von den Händen und Kleidung. Sie schien darauf zu warten, dass er etwas sagte. Stattdessen trat er schweigend den Rückzug an.
 

„Bakugo. Du hast mir noch nicht sagte, warum du hier bist“, sagte sie als seine Schulter ihre beinahe berührte.

Er blieb nicht stehen. Und er hatte darauf keine Antwort, denn er wusste es selber nicht. An dem Baum, an dem er vorhin noch gelehnt hatte, blieb er stehen. „Dein Manöver bei dem Dieb letztens hätte auch schiefgehen könne“, sagte er über seine Schulter hinweg. Dann verschwand er.
 

~
 

Ein paar Tage später stand Katsuki nachts auf dem Sportplatz. Die Hände in den Taschen seiner Stoffhose vergraben, den Blick gen Himmel gerichtet. Ihre Worte ließen ihn nicht los.
 

Ich habe keine Angst mehr vor dir.
 

Deku war ihm einmal so ähnlich entgegen getreten. Angst war doch immer schon die Macht der Bösewichte, der Schurken. Dabei wollte er doch ein Held sein, wie All Might. Es musste ihn nicht jeder mögen, das tat er doch selber nicht.
 

Das macht uns doch zu Helden, oder? Dass wir anderen, Leuten, die uns wichtig sind, helfen wollen.
 

Diese Worte, dieses Mädchen, ihre Stimme. Warum verfolgte sie ihn andauernd? In dieser Nacht machte er kaum ein Auge zu.
 

~
 

Als er sich am nächsten Tag nach der Schule auf den Weg zur Patrouille machte, entdeckte er Ochako am Schultor.

„Was willst du denn hier? Ich sollte doch mit Pferdeschwanz-Mädchen gehen.“

„Sie heißt Momo. Und sie hat mich gebeten, zu tauschen.“

Katsuki zog eine Augenbraue hoch, ging dann aber unbeirrt weiter. „Was ist? Bist du schlecht gelaunt?“, fragte Ochako. „Nein.“

„Sicher?“ „Ja.“

Er spürte förmlich, dass sie noch einmal nachfragen wollte, also warf er ihr einen finsteren Blick zu. Sie pfiff unschuldig und wandte sich ab. Die beiden gingen eine ganze Weile die Straßen entlang. In der Stadt war an diesem Freitag recht viel los.
 

Sirenen erregten ihre Aufmerksamkeit. Katsuki fing den Blick seiner Begleitung auf. Als ein Krankenwagen, gefolgt von der Polizei und Feuerwehr an ihnen vorbei rasten, rannten die beiden sofort los.
 

Vor einem Hochhaus hatten sich Menschen, Polizisten und Rettungskräfte versammelt. Aus den Fenstern im oberen Stockwerk quollen dicke Rauchschwaden und Flammen. „Das muss doch mindestens der fünfzehnte oder zwanzigste Stock sein“, schätzte Katsuki, den Kopf in den Nacken gelegt. Ochako nickte nur. Sie lief zum erstbesten Polizisten und erkundigte sich nach der Lage.
 

Als sie zurückkam hatte sich an ihren Augen etwas geändert. „Sie sagen, dass das eine Geiselnahme ist“, erklärte sie leise und blickte nach oben. „Die Ehefrau eines Bänkers befindet sich dort oben und wird bedroht.“

Katsuki sah wieder zu den Flammen hoch. „Wissen wir etwas über den Geiselnehmer?“ Sie verneinte. „Sind schon andere Helden im Einsatz?“ Abermals verneinte sie. Sie sahen einander an, kurz, aber eindeutig.
 

Katsuki ging vor, schob sich unter der Polizeiabsperrung durch. Als die Polizisten ihn aufhalten wollten, intervenierte Ochako mit süßlicher Stimme. „Wir sind Schüler von der UA und im Besitz der vorläufigen Heldenlizenz. Kümmern Sie sich darum, dass genug Feuerwehrleute und Sanitäter bereitstehen. Und halten Sie Zivilisten von hier fern.“
 

Mit einem ungeduldigen Grunzen machte Katsuki auf sich aufmerksam. Früher wäre er wahrscheinlich ohne sie losgestürmt. Er spürte ihre Hand auf seiner Schulter und plötzlich war er leicht wie eine Feder.

„Ich schaffe das auch ohne deine Fähigkeit“, raunte er, griff jedoch nach ihrem Handgelenk, „aber so lässt es sich beschleunigen.“

Aus einer Handfläche feuert er in kurzen Abständen kräftige Explosionen, sodass sie in kurzer Zeit die höheren Stockwerke erreichten. Ochako kreischte auf oder lachte oder beides.
 

Die beiden schwebten vor den Fenstern, die von dunkelgrauen Rauchschwaden gefüllt waren. Aus dem Inneren hörten sie Schreie, vermischt mit einem Husten. „HILFE! SO HILF MIR DOCH JEMAND!“

An der großen Glasfront lief jemand entlang. „Da!“ Katsuki stieß Ochako in Richtung des eingebrochenen Fensters. „Ich verfolge den Typen, kümmere du dich um die Geisel.“ Er ließ ihr gar keine andere Wahl. „Befrei mich!“

Ochako legte ihre Fingerspitzen zusammen. „Release!“ Eigentlich wäre Katsuki zurück auf die Straße gestürzt, doch mit seinen Explosionen hielt er sich in der Luft. Er schoss auf die Fensterfront zu, hinter der er die Silhouette des Geiselnehmers gesehen hatte und brach durch das Glas.
 

~

Die Glasscherben fielen schallend auf den Fliesenboden. Das Glas gab unter seinen Schuhsohlen nach und knackte. „Wo bist du?!“, brüllte Katsuki in den Flur. Als Antwort hörte er nur ein Lachen, das helle Lachen einer Frau. Sein Gegner war also weiblich. „Fang mich doch“, forderte sie ihn heraus. In den Fenstern sah er eine Spiegelung und sprintete direkt los. „Denk ja nicht, dass ich Rücksicht nehme, nur weil du eine Frau bist!“ Wieder lachte sie.
 

Er hetzte durch die Flure, die Treppen weiter nach oben, gelotst von ihrem Lachen. Die Flammen, die Geisel und Ochako lagen mittlerweile weit unter ihm. Er stürzte durch eine Tür aufs Dach. Dort blickte er in sein eigenes Antlitz, schwer atmend und wütend. Ein Spiegel?
 

Erneut ertönte das Lachen und er riss den Kopf zur Seite um. Dort standen zwei Frauen. Eine mit dunklem langem Haar, eiskalten Augen und einem berechnenden Lächeln im Gesicht. „Ich bin hier“, kicherte sie und winkte. Die andere Frau hatte einen hellbraunen Pferdeschwanz, gefesselte Hände und einen Knebel in dem Mund. War das etwa die Geisel? Was hatte das zu bedeuten?

„Warum versteckst du dich in hinter einer Geisel? Komm her und stell dich mir“, knurrte er mit einem kampfeslustigen Funkeln in den Augen. Sie lachte.

„Ich töte Männer erst, wenn ich mich mit ihnen vergnügt hab“, erzählte sie und betrachtete ihre langen, krallenartigen Finger, als hätte sie die Nägel gerade erst lackiert.

„Was laberst du da?“, knurrte Katsuki. In seinen Händen knisterten die Explosionen. „Ich habe keine Skrupel, dich umzubringen“, murmelte er. Sie sah ihn schweigend an, bevor sie in schallendes Gelächter verfiel. „Mich umbringen? Was bist du denn für ein Held?! Du klingst ja eher wie ein Bösewicht.“
 

„Hallo? Können Sie mich hören? Mein Name ist Uravity. Ich bin hier, um Sie in Sicherheit zu bringen!“ Katsukis Augen weiteten sich nur wenige Millimeter. „Das Mondgesicht…“ Woher kam Ochakos Stimme? War sie in der Nähe?

„Du bist ja ein richtiger Charmeur. Meine neue Spielgefährtin ist jedenfalls eingetroffen. Ich muss gehen. Dich brauche ich jetzt nicht mehr“, sagte sie zu der Geisel, die zitternd neben ihr stand. Es war nur ein Augenblick, ein Wimpernaufschlag, den sie brauchte, um der Frau einen Stoß zu versetzen. Sie stolperte über die Kante und fiel einfach vom Dach des Hochhauses herunter.

Was sollte er tun? Die Geisel würde sterben, wenn er sich nicht beeilte, aber er konnte die andere Frau doch nicht einfach gehen lassen?!

Die Dunkelhaarige spazierte seelenruhig an ihm vorbei. „Du bist ja immer noch hier“, summte sie, „also doch ein Bösewicht?“

„Verdammte Scheiße!!“ Wie auf einen Befehl zündete Katsuki seine Explosionen und sprang hinter der Geisel her. Als er einen letzten Blick über seine Schulter warf, konnte er noch beobachten, wie die Frau hinter ihm durch den Spiegel trat, als wäre er eine Tür. Doch damit konnte er sich nicht beschäftigen.
 

In Hochgeschwindigkeit schoss er auf die fallende Frau zu. Er fing sie und verlagerte ihre Flugbahn mit seinen Explosionen Richtung Haus. Mit seinem Rücken voran brachen die beiden durch ein Fenster und Katsuki federte den Sturz mit seinem Körper ab. Die zitternde und weinende Frau kniete neben ihm, war jedoch vollkommen verstummt. Der Schock schien tief zu sitzen. Katsuki hatte keine Zeit, er musste dieser dunkelhaarigen Frau hinterher. Als er sich aus dem Scherbenhaufen erhob, griff die Geisel nach seiner Hose. Er konnte nicht einfach gehen und sie hier zurücklassen.

„Kannst du laufen?“, fragte Katsuki und zog die Frau hoch. Ihre Beine gaben sofort nach. „Mist!“ Sie musste weg von hier, aber gleichzeitig musste er zu Ochako.

Welcher Weg war der schnellste und ungefährlichste? Bis er mit ihr die Treppen genommen hätte, würde es zu lange dauern. Die Aufzüge funktionierten im Brandfall sicherlich auch nicht. Katsuki hievte sich die Frau auf den Rücken. „Gut festhalten“, raunte er und trat auf das Loch im Fenster zu, durch das die hereingekommen waren. An der Wand sah er eine Feuerleiter, die an der Seite des Gebäudes herunterführte. Um schneller nach unten zu kommen schoss er sich zu ihr herüber und ließ sich immer wieder mehrere Stockwerke herunterfallen, mit kleinen Pausen, um die Frau nicht zu überfordern oder ihren Griff zu festigen. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis er sie an einen Polizisten übergab.
 

„Wo ist Uravity?“, fragte er Polizist und Katsuki blickte zähneknirschend nach oben. Die Explosionen züngelten an seinen Fingern. Diese Frage konnte er nicht beantworten. War sie noch in dem gleichen Stockwerk, das sie vorhin betreten hatte? War sie mittlerweile wo anders? Er hatte keinen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. Aber diese Frau, sie war durch den Spiegel gegangen. Katsuki sprang in die Luft, stieß sich höher, immer höher. Er suchte nur kurz Halt an der Wand und trieb sich weiter nach oben.
 

~
 

Keuchend kam er auf dem Dach an und stellte sich vor den Spiegel, durch den die Frau verschwunden war. Doch als er ihn berührte war dort nichts, nur kaltes Glas. Er blickte hinein, sah nur sich selbst. Doch dann, eine kleine, verschwommene Bewegung. Da war eine Stelle in dem Spiegel, die nicht zu der Umgebung passte. Er erkannte die Umrisse eines rosafarbenen Anzugs. Ochako? Sie lehnte sich an eine Tür und drückte sie mit ihrem Gewicht zu.
 

Dieses Bild verriet ihm immer noch nicht, wo in diesem riesigen Gebäude sie sich befand. Ochako schien ihn ebenfalls zu sehen? Sie kam langsam auf ihn zu gestolpert. Scheinbar war sie verletzt. Obwohl sie die Lippen bewegte, konnte er sie nicht hören. Dabei hatte er ihre Stimme vorhin doch gehört. Am liebsten hätte Katsuki gegen diesen verdammten Spiegel geschlagen! Ochako winkte ihm zu, wollte seine Aufmerksamkeit. Er sah auf ihre Hände. Erst streckte sie alle ihre Finger vor ihm aus und danach nur noch acht. Achtzehn. Er verstand und stürmte sofort los. Sie war im achtzehnten Stock.
 

~
 

Mit zusammengebissenen Zähnen eilte Katsuki durch den Flur, versuchte jede Bewegung und jedes Geräusch genaustens wahrzunehmen. In diesem Stockwerk war kein Rauch. Wahrscheinlich war der Brand auch nur ein Ablenkungsmanöver gewesen. Er stürzte durch jede Tür, auf der Suche nach Ochako, doch er wurde nicht fündig, bis er in einem Raum plötzlich wieder vor seinem eigenen Antlitz stoppte. „Noch mehr Spiegel“, murmelte er und dann war da wieder dieses Lachen. Hinter ihm erschien die dunkelhaarige Frau, dann plötzlich neben ihm und als er sich umdrehte, war wieder wo anders.
 

„Willkommen in meinem Spiegelkabinett, junger ‚Held‘. Das ist der letzte Ort, den du lebendig betreten hast.“ Sie kam näher, aus allen Richtungen.
 

„Bakugo-kun!“ Diese Stimme klang anders, bekannt, fast schon vertraut. Er drehte sich mehrmals um sich selbst. Dann entdeckte er Ochako, die gegen einen der Spiegel klopfte als sei sie darin gefangen. „Bakugo-kun! Hier bin ich.“
 

Plötzlich sprang ihn etwas oder jemand aus dem Spiegel an. Er wich aus. War das Ochako? Oder diese Frau? Er blickte nach rechts und nach links. Dort war er, nur er. Er hörte Schritte, von mehreren Personen. Und dann sah er sie im Spiegel. „Du bist mir ja ein toller Held“, säuselte die Spiegelfrau und stützte ihr Kinn in ihrer Handfläche ab. Von ihren spitzen Krallen tropfte etwas Blut. „Lässt deine Partnerin einfach im Stich, obwohl sie dich so verzweifelt ruft.“
 

„Halt die Klappe!“ Katsuki schleuderte eine Explosion in den Spiegel vor sich. Er ging in die Brüche und die Frau jaulte. Hatte er sie damit etwa verletzt? Seine Lippen zuckten zu einem kurzen Grinsen. „Jetzt habe ich dich“, zischte er und lud die Kanonen an seinen Handgelenken auf. Ein Spiegel nach dem anderen wurde Opfer seiner Explosionen. Etliche Glasscherben fielen krachend zu Boden.
 

Sein Körper vibrierte als er seine Hand hob, um auch den nächsten Spiegel zu zerstören. Aus dem dunklen Hintergrund trat eine humpelnde Ochako. Die Augen geweitet, ein Kratzer unter ihrem rechten Auge. Katsuki wagte es nicht, sich umzudrehen. Wo war sie? Im Spiegel oder war sie hinter ihm? Über Ochakos Schulter hinweg erschien die Spiegelfrau und schubste sie. Ochako fiel auf ihn zu – oder doch nicht? Sie fiel weder aus dem Spiegel noch traf sie von hinten auf ihn, stattdessen löste sie sich einfach auf.
 

Katsuki hörte nur das Knacken und riss dann instinktiv die Arme hoch. Der Spiegel barst in seine Einzelteile. Scherben bohrten sich in seine nackten, ungeschützten Oberarme, schrammten in seinem Gesicht entlang, schnitten ein paar helle Strähnen ab. Ein kalter Schauer lief seinen Rücken hinab, ein Zeichen. Noch ein Spiegel war hinter ihm auftaucht, geschützt von einem Tuch, dessen Halterung durch die umherfliegenden Scherben zerstört worden war. Blitzschnell lud er seine Kanone und gab in der Drehung einen Schuss auf die Frau ab, dessen halber Körper aus dem Spiegel ragte. Sie schrie auf, fiel mit dem Oberkörper vor ihm auf die Füße. Wars das?
 

Sie hob ihr Gesicht. Das bösartige Grinsen ließ ihn erschaudern. „Game over.“ Blitzschnell griff sie nach seinem Bein. In dem restlichen Spiegel sah er sie hinter sich. Zwei scharfe Klingen, schwebende Schwerter, die sich aus den Scherben zusammengesetzt hatten und seinen Körper jeden Moment durchbohren würden. Erneut krachte es laut, diesmal jedoch von der Seite. Jemand kam buchstäblich durch das Fenster geflogen. „Bakugo!“ Ochako warf sich vor ihn, direkt in die Flugbahn der beiden Klingen. Statt ihn zu durchbohren, trafen die beiden Schwerter Ochako. Sie fiel keuchend gegen ihn und an seinem Fuß lachte die Spiegelfrau. Mit einem gekonnten Tritt ins Gesicht brachte er sie zum Schweigen. Ihr Kopf fiel auf den Boden und sie hielt endlich ihren Mund.
 

Fast schon von selbst wandte sich Katsuki zu Ochako, die sich mit Mühe und Not auf den Beinen hielt. Er wollte sie gerade anbrüllen, als sie sich langsam umdrehte. Obwohl ein kleiner Rinnsal Blut an ihrem Mundwinkel entlang lief, lächelte sie und ließ seine Wut plötzlich verpuffen. „Dir geht’s gut, oder?“, murmelte sie. Ganz intuitiv hielt er einen Arm auf, als ihre Beine drohten einzuknicken und sie Halt brauchte.
 

Die Polizei stürmte nur eine Minute später den Raum. Die Geisel war sicher, also konnten sie das Gebäude stürmen, das Feuer löschen und diese Verrückte festnehmen. „Was ist mit euch?“, fragte der Uniformierte. „Wir nehmen den schnelleren Weg nach unten“, grummelte Bakugo.
 

Ochako krallte sich an seine Brust, aber ihre Finger wurden bereits schwächer. Ihr Körper war noch angespannt, in ihrem Inneren wütete es, doch ihre Verletzung zerrte an ihren letzten Kraftreserven. Katsuki legte seine Hände an ihre Hüfte, stützte sie und hielt sie gleichzeitig fest. Gemeinsam traten sie auf das zerstörte Fenster zu. Ein Blick nach unten verriet ihm, dass es tief war, aber das war kein Problem. Sie aktiviere ihre Fähigkeit und er verspürte wieder diese Leichtigkeit.

„Halt dich fest“, murmelte er und trat heraus, schwebte mit ihr fest in einem Arm. Mit sanften Stößen drückte er ihre Körper in Richtung Boden. „Danke, Bakugo … dass du mich gerettet hast …“
 

Wenige Meter vor ihrem Ziel löste sich die Gravitation auf. „W-was?“ Katsuki landete auf seinen Füßen, doch Ochakos Körper sackte in seinen Armen zusammen. „Hey, Mondgesicht?“ Sie reagierte nicht. „Ich brauche sofort einen Krankenwagen!“, schrie er laut, mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme. Man nahm ihm Ochako ab, brachte sie mit Sirenen ins Krankenhaus. Auch er wurde gefragt, ob er verletzt war Doch das Blut auf seiner Kleidung, seinen Handschuhen und seinem Körper war nicht seines.
 

~
 

Katsuki berichtete Aizawa-sensei und All Might von den Ereignissen bei der Patrouille. Keiner rügte ihn für sein Verhalten, für die Art wie sie dieses Problem angegangen waren. Stattdessen schicken sie ihn ins Wohnheim zurück. Aizawa begleitete ihn, um seine neugierigen Mitschüler abzufangen, denn die stürmten bei seiner Ankunft direkt auf ihn zu.
 

„Was ist passiert?!“, wollten sie wissen. „Wir haben euren Einsatz in den Nachrichten gesehen. Wo ist Ochako-chan?“ Katsuki presste die Kiefer aufeinander und wandte sich ab.

„Kat-chan!“ Warum … warum musste ausgerechnet Deko hier sein?! „Lass mich“, knurrte Katsuki und verschwand in seinem Zimmer.

Er fühlte sich plötzlich so schwer und rutschte an seiner Tür herunter. Sein Blick ruhte auf seinen Händen, auf dem Blut, ihrem Blut.
 

Hätten sie das vermeiden können?
 

Es dauerte einen langen Moment, bis Katsuki seine Kraft wiederfand, um aufzustehen. Sein Ziel war die Dusche, unter der er sich Schmutz und Blut abspülte, als wäre nie etwas geschehen.

Sobald er wieder in seinem Zimmer war, verließ er dieses bis tief in die Nacht auch nicht mehr. Er lag auf seinem Schlafzimmerboden und starrte an die Decke. Es hatte zweimal an der Tür geklopft, doch er hatte es ignoriert. Er aß auch nicht mit den anderen, sondern verkroch sich weiter.

Im Vergleich zu der Leichtigkeit, die er empfunden hatte als er mit Ochakos Fähigkeiten geschwebt war, fühlte er sich jetzt wie ein Stein, der in der Tiefe des Meeres versank.
 

Den Blick statt an die Decke gerichtet, verfolgten ihn Stimmen…
 

Die anderen sind dir wichtig. - Ich habe keine Angst mehr vor dir. - Was bist du denn für ein Held?! Dass wir anderen helfen wollen, macht uns doch zu Helden. – Danke, Bakugo.
 

Er riss die Augen auf. Warum raste sein Herz so schnell? Warum fühlte er ein Ziehen in der Brust?
 

Katsuki brauchte Luft zum Atmen, um wieder klare Gedanken fassen zu können. Es trieb ihn auf den Sportplatz, auf dem er Ochako das letzte Mal noch begegnet war. Er hatte sie gewarnt, nicht vorzupreschen, doch am Ende hatte er das gleiche getan. Mit den Konsequenzen seines Handelns musste er jetzt leben.
 

~
 

Die folgende Woche saß Katsuki zwar im Unterricht, nahm jedoch Abstand von seinen Klassenkameraden. Sie sprachen über Ochako, über ihren Zustand. Die Klingen hatten ihre inneren Organe schwer verletzt und ihr Blutverlust war so hoch gewesen, dass man sie kurzzeitig in ein künstliches Koma versetzt hatte. Er wollte mit niemandem reden, auch nicht weiter zuhören, wenn sie über den Vorfall sprachen. Wegen diesem Vorfall war er vorerst nicht mehr für die Patrouille eingeteilt. Deshalb verschwand er nach der Schule immer sofort, um alleine zu trainieren, um alleine Schlagzeug zu spielen oder einfach alleine zu sein.
 

Du bist gar nicht der Einzelgänger, für den du dich immer ausgibst.
 

Ihre Stimme erklang wieder und wieder in seinem Kopf. Wenn er aus dem Kampf gegen Shigaraki und der Schurkenliga etwas mitgenommen hatte, dann war es der Wunsch, andere, seine Freunde zu beschützen und ihnen zu helfen.
 

Die Zeit verflog und ehe er sich versah, war schon wieder eine Woche vergangen. In den Nachrichten sprach man noch immer über den Angriff dieser verrückten Spiegelfrau.

Es war wieder eine dieser Nächte, an denen er in seinem Bett lag und die Decke anstarrte. An dem die Erinnerungen an den Tag ihn nicht losließen und seine Gedanken immer wieder zu ihr schweiften. An dem sein Zimmer ihm noch kleiner erschien und er das Gefühl hatte, ihm blieb die Luft weg.

Er warf die Decke zur Seite und verließ lautlos sein Zimmer, um die kühle Nachtluft auf dem großen Balkon einzuatmen. Wann waren sie einander an diesem Ort begegnet. Es war noch gar nicht so lange her und doch fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Katsuki legte seine Hand an seinen Rumpf. Seit diesem Ereignis mit Deku war er viel grüblerischer, viel emotionaler? Er war nicht mehr er selbst.
 

Du hast dich verändert.
 

Er würde in der Nacht sowieso kein Auge mehr zu tun, also konnte er genauso gut trainieren gehen. Und das tat er auch, bis die Sonne sich über den Bäumen erhob. Er holte alles aus sich heraus, analysierte in Gedanken die Bewegungen aus dem Kampf mit der Spiegelfrau, machte sie nach, probierte andere Haltungen aus. Doch das alles führte nur dazu, dass seine Gefühle überkochten. Sein Körper knisterte, seine Handflächen knisterten und er ließ eine riesige Explosion auf den Boden los. Vor seinen Füßen tat sich ein großer Krater auf.
 

„Kat-chan!“
 

Keuchend warf Katsuki einen finsteren Blick über seine Schulter. Deku versuchte immer wieder ihn abzufangen, mit ihm zu reden. Aber jedes Mal ließ er ihn abblitzen. „Verzieh dich, Deku…“, murmelte er also seine Standard-Phrase.

„Hör mir doch mal zu, Kat-chan.“ „Ich hab gesagt, du sollst-“ „OCHAKO IST AUFGEWACHT!!“

Dekus Gebrüll ließ Katsuki verstummen. „Sie ist außer Gefahr“, erklärte sein Kindheitsfreund und lächelte. „Ich dachte, das solltest du wissen.“

Obwohl Erleichterung ihn erfüllte, gab sich Katsuki nicht die Blöße, direkt loszustürmen. Er starrte auf seine Hand, seinen Arm mit dem er sie aufgefangen und gestützt hatte. Bilder, Erinnerungen blitzten vor ihm auf. Ihr entschlossener Gesichtsausdruck, als er sie genau hier auf dem Trainingsplatz getroffen hatte. Ihr wackeliger Stand, nachdem sie von den Klingen durchbohrt worden war. Und ihr kleines Lächeln, nachdem sie ihn beschützt hatte.
 

Dir geht’s gut, oder?
 

„Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast“, murmelte er an Deku gewandt und schob seine Hände in die Hosentaschen. Wieder einmal zog er sich zurück, wollte alleine sein. Aber sie war außer Gefahr und sein Herz schlug wieder wie wild in seiner Brust.
 

~
 

Als die Sonne dämmerte und Katsuki den ersten Ansturm auf das Krankenhauszimmer von Ochako als beendet vermutete, macht auch er sich langsam selbst auf den Weg. Er war froh, dass keins der anderen Mädchen aus seiner Klasse ihm entgegen kam, auch nicht Deku, der Klassensprecher oder sonst irgendjemand, den er kannte.

Durch ein Fenster im Flur konnte er direkt in ihr Zimmer schauen und erkannte, dass sie wirklich alleine war. Er hob seine Hand, um anzuklopfen, doch er hielt inne. Was sollte er ihr sagen? Darüber hatte er zwar nachgedacht, aber die richtigen Worte hatte er sich nicht zurechtgelegt. Die ganzen letzten zwei Wochen hatte er sich den Kopf zermartert, aber keine Ansprache oder ähnliches vorbereitet. Trotzdem kam ein Rückzieher für ihn nicht in Frage. Er war schließlich schon hier, also klopfte er zweimal an die Tür.

Als ein leises „Herein“ von der anderen Seite kam, öffnete er zaghaft die Tür und trat ein. Ochako saß an ein großes Kissen gelehnt in ihrem Bett. Erst wirkte sie überrascht, dass er sie überhaupt besuchte, aber dann lächelte sie. „Schön, dass es dir gut geht“, begrüßte sie ihn freundlich.

Was auch immer ihm bis dahin auf der Zunge lag, er hatte es in diesem Moment schon wieder vergessen. Nicht einmal ein Hallo brachte er über die Lippen. Stattdessen fokussierte er sich auf seinen unstetigen Herzschlag. Sie tat nichts und doch hatte er keine Kontrolle über dieses Gefühl.

Katsuki stellte sich an das Fenster, ihr den Rücken zugewandt. Er schwieg eine ganze Weile und beobachtete, wie die Sonne hinter den Hochhäusern verschwand. Auch Ochako war still.
 

Ihre Blicke trafen sich in der Reflektion auf der Fensterscheibe. „Das war schon wieder total riskant. Dass du den Angriff auf mich einfach abgefangen hast“, sagte Katsuki plötzlich und direkt, „Du wärst fast draufgegangen.“ Eigentlich hatte er nicht geplant, ihr Vorwürfe zu machen, doch die Worte sprudelten unwillkürlich aus seinem Mund.
 

„Aber dann hätte sie dich hinterrücks erstochen“, begann Ochako mit leiser, kratziger Stimme zu erklären. Katsuki drehte sich um, wollte ihr ins Wort fallen, doch dann sagte – nein rief – sie: „Das konnte ich nicht zulassen! Außerdem hat mein Körper sich einfach bewegt! Ich hatte keine Kontrolle darüber! Aber ich konnte dich damit beschützen, das ist es was zählt!“

Obwohl Katsuki seinen Mund bereits geöffnet hatte, um etwas zu sagen, schloss er ihn wieder.

„Du hast die Geisel gerettet und du hast mich gerettet. Also wieder zwei Menschen mehr, denen du geholfen hast. Und gleichzeitig habe ich dir geholfen. Also sind wir quitt, oder?“ Katsuki sah sie schweigend an, betrachtete ihr müdes Lächeln und das stoische Funkeln in ihren Augen, als sie ihn ansah.
 

„Wird lieber schnell wieder gesund. Sobald du hier raus bist, trainieren wir zusammen, Uraraka Ochako.“
 

Damit wandte er sich ab und machte sich auf den Rückweg ins Wohnheim. Ließ eine vollkommen perplexe Ochako hinter sich und sah nicht mehr das ehrliche Lächeln auf ihren Lippen.
 

„Du hast dich verändert, Katsuki Bakugo.“
 

-
 

Ende


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Swanlady,

hier noch die kurze Entstehungsgeschichte zu diesem OneShot.

Als du dich beim Sommerwichteln angemeldet hast und ich schon ohne Wichtelkind erste Ideen gebrainstormed hatte, habe ich mir überlegt eine Bakugo/Uraraka Geschichte für dich zu schreiben, sollte ich dich zugeteilt bekommen. Eigentlich shippe ich die beiden nämlich gar nicht und mag auch Bakugo nicht sonderlich.

Im Sommer war außerdem der Song "No heart to speak of" von blink182 maßgeblich für die Inspiration zu dieser Geschichte. Vor allem die Line Lying on the bedroom floor - Hanging on the words that you said before hat es mir angetan. Und da hatte ich einfach ein Bild von Bakugo vor Augen, von einem nachdenklichen, niedergeschlagenen Bakugo.

Sein Redemption-Moment in Kapitel 284 oder 285 hat ihn mir dann auch irgendwie etwas sympatisch gemacht (auch wenn das bis jetzt marginal abgeflacht ist). Nun ja am Ende sind all diese Zutaten zu dieser Geschichte hier geworden.

Leider bin ich selber noch nicht zu 100 % zufrieden. Insbesondere mit der Kampfszene hatte ich selber extrem stark zu kämpfen. Ich wollte die Geschichte eigentlich möglichst gedanklich und emotional aufbauen. Doch die Verletzung von Ochako war ein essentieller Plotpunkt, den ich nicht einfach so hinkritzeln konnte.

Die letzten knappen drei Jahre sind irgendwie immer anstrengender geworden und vor uns hingepletschert. Wir haben allgemein leider nicht mehr so viel miteinander geschrieben wie früher... aber gerade deshalb hoffe ich, dass ich dir damit eine kleine Freude machen konnte! <3 Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Swanlady
2020-12-28T10:10:05+00:00 28.12.2020 11:10
Liebe SarahSunshine!
Ich möchte zuerst mich ganz herzlich für die Widmung bedanken! Ich war ja schon ganz überrascht, als du mir verraten hast, dass dein Adventskalendertürchen für mich ist :D Ich hatte zwar schon geahnt, dass es evtl. Kacchako werden könnte, nachdem du meintest, dass diesmal nicht Todoroki im Zentrum der Geschichte steht, aber mir war auch so nicht klar, wie ich dich dazu gebracht habe, das zu schreiben, weil ich mich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr über das Pairing ausgelassen habe, haha. Nun macht aber alles Sinn. :)
Ich bin beeindruckt, dass du überhaupt etwas schreiben konntest, das du eigentlich gar nicht shippst/magst, aber es stimmt, dass einen manchmal gewisse Ideen/Szenen nicht loslassen und ich bin jedenfalls froh, dass du diese Geschichte geschrieben hast! Bakugou ist kein leichter Schreibcharakter und ich finde, du hast die Balance zwischen seiner regulären Grobheit/Sturheit mit der Prise „Veränderung“, die ja hier eine wichtige Rolle spielte, sehr gut eingefangen.
Kampfszenen können anstrengend sein, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Grad bei dem Fandom kommt man nicht unbedingt drum herum. Beim Lesen habe ich aber nicht gemerkt, dass du dir damit schwertgetan hast, also ist alles gut. :)
Was ich aber ehrlich gesagt am meisten an der Geschichte mochte, war die Tatsache, dass die zwei am Ende nicht gleich zusammen waren. Oder es irgendein großes Geständnis gab. Gerade bei dem Ship kann ich mir sowas nicht vorstellen und bin eh der Meinung, dass ihre Beziehung sich erst ganz langsam aus dem gegenseitigen Respekt entwickelt. Da hast du also voll ins Schwarze getroffen <3

Vielen Dank nochmal für die Geschichte! Und ich wünsche uns beiden, dass die nächsten Jahre wieder weniger anstrengend werden :D
Antwort von:  SarahSunshine
06.01.2021 21:54
Liebe Swanlady,

vielen Dank für dein Lob <3 Es freut mich vor allem sehr, dass ich die Charaktere für dich gut getroffen habe. Und auch, dass der Kampf wohl nicht so schlimm ist, wie in meinem Kopf :D
Ich hatte auch nie vor, die beiden direkt zusammenkommen zu lassen. Für mich war der ultimative Abschluss einfach, dass er endlich ihren Namen richtig ausspricht :)

Und da ich selber noch mal drüber gelesen habe: Sorry für die ganzen Fehler :') Hatte einfach keine Zeit und keinen Kopf mehr zum Korrekturlesen.
Von:  Blue_StormShad0w
2020-12-18T14:49:06+00:00 18.12.2020 15:49
Guten Tag. Hab hier gerade deine OneShot gefunden und, wie du dir denken kannst, gleich gelesen. Und es hat mir sehr gefallen!
Katsukis Charakter hast du hier wunderbar beschrieben und eingefangen. Wie er reagiert und was er tut, wie im Manga/Anime. Das gleich zu Ochako. Auch sie wurde hier wunderbar wiedergeben.
Auch die Handlung konnten man gut und flüssig lesen, womit man sofort das Kopfkino anschalten konnte. 😁 Gute Story, hat Spaß gemacht sie zu lesen! 👍
Wünsche dir noch schöne Weihnachten und bleib gesund.
Ciao! 👋😄
Antwort von:  SarahSunshine
06.01.2021 21:51
Hallo Blue_StormShad0w,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar und die Weihnachtswünsche! :)

Ich bin sehr froh, dass ich Katsuki und Ochako deiner Meinung nach gut getroffen hatte. Da ich beide das erste mal behandelt habe, hatte ich nämlich ein bisschen die Befürchtung er ist zu weich und sie zu selbstbewusst.
Dass du Spaß an der Geschichte hattest macht mich jedenfalls froh :)

Ich hoffe du hattest schöne Weihnachtstage und bist gut ins neue Jahr gekommen!
LG
Sarah


Zurück