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Creature and the Curse

von

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Die Matratze gab ein leises Quietschen von sich, als Adam vorsichtig sein Gewicht verlagerte, um Phillip besser beobachten zu können.

«Das ist wirklich verdammt lecker», erklärte dieser gerade und biss herzhaft in einen Hähnchenschenkel. «Musst du unbedingt probieren.»

Er verkniff es sich, darauf hinzuweisen, dass er natürlich wusste, wie die Hähnchenschenkel in seinem Schloss schmeckten, und streckte sich lieber noch ein bisschen weiter aus. Zugegebenermaßen hatte er Bedenken gehabt, Phillip in das Gästezimmer zu folgen. Nicht nur, weil es seinem Freund die Möglichkeit nahm, sich bei Bedarf vor ihm zurückzuziehen, sondern auch, weil er sich seit Jahren kein Zimmer mehr mit jemandem geteilt hatte. Die Vorstellung, dass er einen Albtraum haben und vielleicht die Kontrolle verlieren könnte, behagte ihm nicht.

 

Genauso wenig behagte es ihm, dass er Phillip nicht das schönste Zimmer seines Schlosses anbieten konnte. Doch die kleine Suite am Ende des Ostflügels gehörte immer noch Belle.

Belle …

Er wusste, er sollte nach ihr suchen, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen, aber — sein Blick heftete sich fester auf das weiße Stück Fleisch, welches gerade zwischen Phillips Lippen verschwand — irgendwie war er zur Zeit ein bisschen abgelenkt. Und sein Bedürfnis, sie zurückzuholen, war auch nicht mehr sonderlich groß. Einfach weil …

 

«Willst du die Zweite?»

Eine Hähnchenkeule wurde in seine Richtung gehalten, doch er schüttelte eilig den Kopf. «Iss sie ruhig auf. Ich freue mich, wenn es dir schmeckt», lenkte er ab.

«Irgendwas beschäftigt dich.»

Adam legte den Kopf schief. «Woher weißt du das schon wieder?», fragte er überrascht.

Phillip lächelte. «Dein Blick verrät dich. Das tut er jedes Mal, wenn du in Gedanken bist. Also, was ist los?»

 

Adam musterte sein Gegenüber. Phillip hatte es sich auf einem Stuhl mit cremefarbenem Bezug gemütlich gemacht. Unter Adams Gewicht wäre das filigrane Möbelstück sicher zusammengebrochen, doch Phillips schlanke Gestalt schien für diese Art von Stuhl wie gemacht zu sein. Sein Blick wanderte an der Hähnchenkeule vorbei zu seinen Lippen und von dort aus hinauf zu seinen braunen Augen, die seinen Blick neugierig erwiderten. Eigentlich war es dumm, dass er zögerte, ihm von Belle zu erzählen. Immerhin hatten sie doch schon so viel geteilt. Aber trotzdem–

«Ich hatte ein Mädchen hier», platzte er heraus und hasste noch im gleichen Moment, was er da hörte. Seine Stimme war zu hoch, klang furchtbar schuldbewusst und irgendwie fühlte er sich auch so. Fast als wäre das mit Belle ein größeres Geheimnis als sein verdammter Fluch.

 

«Oh», entgegnete Phillip und legte kurzer Hand die Hähnchenkeule zurück auf den Teller. «Das ist ja toll. Und? Wie ist sie so? Magst du sie? Und mag sie dich? Denkst du, sie kann uns mit dem Zauber helfen?»

Adam schüttelte den Kopf. «I-Ich dachte es», gestand er leise, «Wir hatten einen Deal. Aber …»

Phillip runzelte die Stirn. «Einen Deal? Das klingt aber nicht sehr romantisch.»

Adam seufzte. «Das war es auch nicht. Ich habe ihren Vater eines Tages hier im Schloss erwischt. Sie wollte, dass ich ihn gehen lasse und ich dachte … Wenn sie hierbliebe … Wenn sie mehr Zeit mit mir verbringen würde, dann würde sie es vielleicht verstehen. Also habe ich ihn gehen lassen und sie hierbehalten. Aber sie wollte nichts mit mir zu tun haben. Sie wollte nicht einmal mit mir zusammen essen. Und dann habe ich sie auch noch im Westflügel erwischt.»

«Und du hattest Angst um deine Rose, nicht wahr?»

Adam nickte eilig. «Wir haben uns gestritten. Ganz fürchterlich und dann hat sie ihr Pferd genommen und ist in den Wald geflohen. Ich denke, sie wollte in ihr Dorf zurück. Zurück zu ihrem Vater.»

«Deshalb warst du also da draußen», entgegnete Phillip, «Das erklärt einiges. Aber es ist nicht schlimm. Menschen streiten. Das kann passieren. Morgen früh, wenn es nicht mehr schneit, werden wir zu ihrem Dorf gehen. Wir werden es ihr erklären und du wirst sehen, sie wird es verstehen. Und vielleicht wird aus euch beiden ja doch noch ein Paar.»

Adam spürte, wie er unter seinem Pelz rot wurde. Er und Belle, den Gedanken hätte er gestern Abend sicher noch ganz reizvoll gefunden. Aber jetzt? Sie hatte ihr Versprechen gebrochen. Sie war aus Angst vor ihm davongerannt. Wollte er ihr wirklich näher kommen? Vielleicht hatte Phillip recht. Vielleicht konnte sie ihn verstehen, wenn man es ihr erklärte, aber konnte sie ihn auch lieben?

Und wichtiger: War er in der Lage etwas für sie zu empfinden?

Langsam schüttelte er den Kopf. «Ich denke nicht, dass ich das will.», eröffnete er. «Es fühlt sich einfach nicht richtig an. I-Ich möchte nicht in Belles Dorf und ich möchte auch nicht in ein anderes gehen. Ich … Ich glaube, ich möchte meine letzten Tage hier verbringen.»

«Hier?», Phillip machte große Augen, «Bist du sicher?»

Adam nickte, obwohl er sich die Frage auch schon gestellt hatte. Hierzubleiben, das wusste er, reduzierte seine Chancen, ein nettes Mädchen zu treffen, beinahe auf null. Kaum jemand fand den Weg durch den dunklen Wald und wenn Belle im Dorf von ihrem Abenteuer erzählte, würde es sicher auch niemand mehr versuchen. Doch irgendwie war ihm das erschreckend egal.

«I-Ich möchte dir die Rüstung im Jagdzimmer zeigen», erklärte er, «Und die Gewächshäuser. Und die Bibliothek. Ich kann seit meiner Verwandlung nicht mehr lesen, aber … Ich höre mir die Geschichten wirklich gerne an. Wir könnten das Märchen von Aurora suchen, oder alles, was du sonst gern magst. Wir könnten–»

«Pscht», kam es von Phillip und Adam verstummte mitten im Satz. War er jetzt über das Ziel hinausgeschossen?

Unsicher blickte er zu Phillip, der sich betont langsam erhob, um sich dem Bett zu nähern. «Ein sehr weiser Mann sagte mir vor Kurzem «Etwas zu ignorieren, heißt nicht, dass der Zauber schwindet.»», erinnerte er ihn, «Natürlich können wir etwas zusammen unternehmen. Ich würde mich sogar sehr darüber freuen, aber Adam … Wie soll es dann weiter gehen?»

Adam seufzte schwer. «I-Ich dachte … Ich dachte, ich könnte dir ein Schwert schenken und vielleicht ein Pferd und wenn der Monat endet und ich nur noch ein Monster bin, dann könntest du–»

«Auf keinen Fall!», fiel Phillip ihm ins Wort, «Du kannst nicht ernsthaft glauben, dass ich dich hier allein zurücklasse! Das mache ich nicht mit!»

Adam knurrte leise. «Wir haben keine andere Wahl. Die Rose wird verblühen», erinnerte er Phillip, «und ich möchte lieber einen schönen letzten Monat mit dir, als mich von einer fadenscheinigen Hoffnung zur nächsten zu hangeln und eines Morgens festzustellen, dass meine Zeit abgelaufen ist.»

Sein Gegenüber sank vor dem Bett auf die Knie und legte schließlich die Arme auf seinen Schoss. Versonnen ließ er die Hand durch das dicke Fell seines Unterarmes gleiten. Dann seufzte er. «Du hast recht», stimmte er ihm zu, «wir müssen tun, was dein Herz befiehlt. Ich verstehe nur nicht … Warum hast du deine Meinung geändert?»

Adams Blick glitt zu den schmalen Fingern, die nachdenklich durch sein Fell fuhren. «Weil du seit elf Jahren der Erste bist, der nicht nur das Tier in mir sieht», gestand er. «Bei dir kann ich Adam sein. Und das ist, was ich immer sein wollte. Adam. Kein Biest, kein Monster … Man könnte also sagen, auf eine eigenwillige Art und Weise, hast du meinen Fluch gebrochen.»

«Nur das du immer noch verzaubert bist.»

Adam versuchte sich an einem schiefen Grinsen. «Vielleicht ist Magie ja einfach nicht dein Ding», scherzte er.

Phillip zog die Augenbrauen hoch. «Vielleicht habe ich es auch einfach noch nicht ausreichend versucht», gab er zurück.

Die Finger in seinem Fell hörten auf sich zu bewegen, Phillip schaute herausfordernd zu ihm auf, dann rückte er näher. Erst nur ein kleines bisschen, dann noch ein bisschen mehr und als schließlich seine Lippen das weiche Fell auf seiner Wange streiften, war Adam bereit, an jede Form von Wunder zu glauben. Ein Kribbeln schoss durch seinen Körper. Ihm wurde heiß. Ein Gefühl wie dieses hatte er noch nie gespürt. Vorsichtig legte er seine Pranke auf Phillips Hand. «Solche Versuche kannst du gerne öfter unternehmen», rutschte es ihm heraus.

Phillip lächelte ihn an, kam wieder etwas näher und für einen Augenblick glaubte Adam, dass er ihn gleich noch einmal küssen würde. Alleine der Gedanke ließ das Kribbeln in seinem Magen wieder stärker werden. Er wollte diese Lippen spüren, den sanften Atem in seinem Fell, das leichte Jucken …

«Adam?» Phillip starrte ihn mit großen Augen an. «Verlierst du gerade Fell?»

Ungläubig hob Adam seine Pranken und taste sich damit durchs Gesicht. Fell gab unter seinen Klauen nach. Das Jucken wurde stärker, doch als er sich verstohlen kratzen wollte, fühlten sich auch seine Pranken seltsam an.

Sein Atem wurde schneller, während er ungläubig auf seine Krallen starrte. Es war, als würden sie–

«Ich glaube, du verwandelst dich zurück», sprach Phillip aus, was er nicht zu denken wagte. Fell rieselte an ihm herab, sein Magen schlug Purzelbäume und seine Pranken wurden immer mehr zu Händen. Warme Finger fuhren über seinen Arm, über seine Wange und malten schließlich sogar die Form seiner Lippen nach.

«Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber deine Augen sind nicht das einzig Schöne an dir», schnurrte sein Gegenüber.

Adams Mundwinkel verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. «Danke», hauchte er.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe CharleyQueens,

sicherlich fragst du dich, was eigentlich aus der armen Belle geworden ist. Immerhin hat ein Rudel hungriger Wölfe sie — und ihr treues Pferd — einmal quer durch den Schattenwald gejagt und Prinz Adam hat ja nun leider den richtigen Zeitpunkt verpasst, um heldenhaft aus dem Unterholz zu springen und sie zu retten.

Nun, sagen wir es mal so. Selbst der alte Leitwolf, der in seinem langen Leben von immerhin fast zehn Jahren, schon so einige Merkwürdigkeiten gesehen hatte, fühlte sich angesichts der plötzlich vom Himmel fallenden Heldin mit der gusseisernen Bratpfanne, ein kleines bisschen überfordert.
Aber was das Abenteuer von Belle und Rapunzel angeht, das ist eine Geschichte für einen anderen Tag … Komplett anzeigen

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