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Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz

von

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Trauer und Wut

Loki wusste, dass er etwas Irrsinniges tat. Es war durchaus möglich, dass Odin ihn erkennen könnte, trotz der Tatsache, dass er eine andere Gestalt angenommen hatte. Dass er ihn spüren konnte. Und selbst wenn nicht: da war immer noch Heimdall. Loki wusste, dass der allsehende Wächter durch die Täuschung hindurchblicken konnte, dass er hinter dem kleingewachsenen, unscheinbaren Mann, in den er sich verwandelt hatte, den zweitältesten Prinzen Asgards erkennen würde. Und dass sein Eid ihn verpflichtete, dem König davon Meldung zu machen – wenn auch nicht unbedingt sofort. Trotzdem... das Risiko war gross. Viel zu gross - eigentlich...
 

Aber Loki konnte nicht anders, und weder Thor noch Melinda hatten es geschafft, ihm die Sache auszureden. Dies war Friggas Begräbnis, und wie hätte er diesem fernbleiben können? Sie war seine Mutter gewesen – anders als bei seinem Vater hatte er bei ihr niemals das Wörtchen 'Adoptiv' vor das Wort 'Mutter' gesetzt – und er musste einfach dabei sein. Es war schon schrecklich genug gewesen, ihren Tod nicht verhindern zu können, und er wusste genau, dass dies etwas mehr war, das er sich bis ans Ende seines Lebens nicht verzeihen würde.
 

Nun gut, immerhin hatte er diesbezüglich mal was mit Thor gemeinsam...
 

Denn genau wie Loki zerfleischte sich auch dieser mit Selbstvorwürfen. Hätte er nur einen Moment weniger lang gezögert.... Wäre er nur etwas schneller gewesen... Hätte... Wäre.... Es nützte alles nichts: Frigga war tot, und keine noch so grossen Selbstanklagen konnten sie wieder zurück bringen.
 

Thor – und somit auch Loki – hatten schliesslich auch erfahren, wie es überhaupt soweit hatte kommen können, dass Malekith die Königin in seine Gewalt bekam: in jenen Minuten, in denen Loki, Thor und Melinda über den geheimen Pfad nach Svartalfheim entkommen waren, hatten die Dunkelelfen einen zweiten Angriff auf Asgard gestartet. Malekith, der jedoch sofort die Abwesenheit des Äthers gespürt hatte, war wie ein Wilder in den Palast gestürmt, und ehe irgendein Wächter oder Odin selbst ihn hatte aufhalten können, war ihm Frigga in die Arme gelaufen. Frigga, die nichtsahnend, aber alarmiert durch den gewaltigen Lärm des erneuten Angriffs, an die Seite ihres Mannes hatte eilen wollen. Mit ihr als Geisel waren Malekith und seine Männer dann unbehelligt wieder aus Asgard herausgekommen, denn nur wenige Minuten später hatte der Dunkelelf gespürt, dass der Äthers wieder den Weg zurück in seine Heimatwelt gefunden hatte.
 

Loki war sich darüber im Klaren, dass er eigentlich zumindest einen kurzen Abstecher zur Erde hätte unternehmen müssen, um die Avengers darüber zu informieren, dass seine Mission auf Maveth erfolgreich gewesen und der Hive vernichtet worden war. Und über die Gründe, weshalb er danach nicht zu ihnen zurückgekehrt war... Aber er konnte nicht. Sein Kopf war so leer wie sein Herz voll war von Trauer, Wut und Schmerz, und er wusste, dass er es in seiner momentanen Verfassung niemals geschafft hätte, nach Midgard zu kommen. Über keinen einzigen seiner Geheimpfade, auch nicht über den kürzesten von allen... Er hatte es ja schon kaum geschafft, die Energie für seine Tarnung aufzubringen. Nein, die Rückkehr zur Erde musste warten - falls er sie denn überhaupt würde antreten können. Sprich: falls er nicht entdeckt und für immer in einem von Asgards Verliesen verschwinden würde.
 

Auf besagter Erde machte man sich in der Tat jede Menge Gedanken über Loki. Und dabei stellte ausnahmslos jeder Avenger fest, dass sich in all die Fragen um das mögliche Gelingen oder Scheitern der Mission noch etwas anderes mischte: Sorge.
 

Sorge um den Mann, der für sie alle noch vor kurzem der erklärte Feind Nummer eins gewesen war.
 

Bei Clint Barton gesellten sich ausserdem noch weitere, höchst unwillkommene Gefühle hinzu: Gewissensbisse. Denn bis zum heutigen Tag hatte er es nicht über sich gebracht, Loki dafür zu danken, dass er ihn nicht einfach in Sokovia hatte verrecken lassen. Und nun würde er die Gelegenheit dazu vielleicht nie mehr bekommen - und das bloss, weil er seinen Stolz und seine doch noch nicht ganz verrauchte Wut nicht hatte hinunterschlucken können.
 

Er hasste unbeglichene Rechnungen. Natasha hatte ihn zu Recht daran erinnert - und natürlich hatte sie das getan, weil es ihr selbst gleich ging. Wann immer sie in jemandes Schuld stand, sah sie zu, dass sie diese so rasch als möglich begleichen konnte. Clint hatte seine Chance gehabt... und verpasst.
 

Seit Lokis und Melindas Verschwinden hatten sich alle Avengers sozusagen im Stark Tower einquartiert - War Machine und Falcon inbegriffen. Maria Hill war täglicher Gast: sie kam schon frühmorgens und brachte für alle Brötchen mit. An diesem Morgen hatte sie ausserdem noch eine interessante Neuigkeit dabei.
 

"Wir haben die Zwillinge endlich gefunden," verkündete sie in die Runde, als alle an Tonys riesigem Esstisch sassen. "Wanda und Pietro Maximoff leben inzwischen in einem kleinen Dorf unweit von Sokovia."
 

"Sehr gut!" Tony erhob sich energisch. "Ich mache gleich den Jet startklar."
 

Als ihn verwirrte Augenpaare trafen, fügte er hinzu: "Wir holen sie doch zu uns, oder? Jemand muss sie unter die Fittiche nehmen, und besser wir als diese Hydra-Typen."
 

"Ja, wir versuchen, sie zu überzeugen," warf Steve ein. "Aber du bleibst besser hier, Tony. Nach dem, was Loki uns erzählt hat, werden sie kaum drauf einsteigen, wenn sie dich sehen. Vergiss nicht: es war eine deiner Waffen, die ihre Eltern getötet hat."
 

"Aber doch nicht von mir abgefeuert!"
 

"Du weisst, dass das kaum einen Unterschied für die beiden machen dürfte."
 

Tony sah es ein - und so waren knapp fünfzehn Minuten später nur Maria Hill, Steve und Natasha unterwegs nach Vilryianka. Jenem kleinen Dorf rund 15 Kilometer ausserhalb von Sokovia, in dem Pietro und Wanda jetzt lebten. Natasha hoffte, dass sie die Zwillinge davon überzeugen konnten, sich ihnen anzuschliessen. Dass sie ihnen glaubten, wenn sie erklärten, dass sie ansonsten in grosser Gefahr waren - dass Hydra sie niemals frei sein lassen würde.
 

Sie fanden das kleine Appartement ohne grosse Probleme und waren einigermassen überrascht, dass auf ihr Klingeln hin sogar die Tür geöffnet wurde. Allerdings veränderte sich das Gesicht der Rotblonden schlagartig, als sie die drei Fremden sah. Eben noch freundlich, wurde es sofort hart und verschlossen.
 

«Wanda Maximoff?» fragte Natasha rasch, ehe die Frau ihr die Tür vor der Nase zuschlagen konnte. Als die andere vorsichtig nickte, bat sie, mit ihren Begleitern hereinkommen zu dürfen.
 

«Sie sind Amerikaner?» Die Gegenfrage klang mehr wie eine Feststellung. Der Tonfall war alles andere als freundlich.
 

Natasha schluckte. «Also... eigentlich bin ich Russin.»
 

«So, so!» Die Stimme eines jungen Mannes mischte sich ein. Pietro Maximoff schlenderte in Jogginghose und T-Shirt gelangweilt aus einem der Zimmer. «Sie sind sicher wegen des Buches hier, stimmts?»
 

Die drei Besucher wechselten einen überraschten Blick. «Welches Buch?»
 

«Tja, Pech gehabt – sie kriegen es nicht!» Und mit diesen Worten wollte der Junge die Tür zuknallen. Doch Natasha war schneller. Einen Fuss im Spalt erwiderte sie kalt: «Wir sind ihretwegen hier. Sie und ihre Schwester sind in grosser Gefahr. Hydra benutzt sie, und wenn die sie nicht mehr brauchen, werden sie sie abservieren. Wir sind hier, um ihnen zu...»
 

«Hydra?» unterbrach Wanda sie spöttisch. «Wie lustig. Wissen sie, die werden uns garantiert nicht abservieren...»
 

Pietro stimmte in das Lachen ein. «Nein! Denn wir haben die abserviert!»
 

Natasha und Maria schnappten nach Luft. «Und sie glauben, die lassen sich das einfach so gefallen?»
 

«Ach wissen sie, da tauchte neulich so ein Typ auf, der hat die ganze Basis auseinandergenommen. Er und ein paar seiner Freunde.» Die Zwillinge feixten. «Von Hydra ist nicht mehr viel übrig.»
 

«Sie glauben doch wohl nicht allen Ernstes, dass das alle waren..?» Steve, der bisher noch kein Wort gesagt und sich im Hintergrund gehalten hatte, tat einen Schritt nach vorn.
 

«Und wenn schon! Gegen uns haben die keine Chance.» Pietro lachte wieder, dann wurden seine Augen schmal. «Und ihr auch nicht.»
 

«Und jetzt verschwindet.» Wanda hob langsam beide Hände – zwei flammend rote Energiekreise begannen, sich in um ihre Finger herum zu bilden. «Wir wissen genau, dass ihr das Buch wollt. Aber um es nochmal deutlich zu sagen: ihr kriegt es nicht! Also verschwindet – solange wir euch noch gehen lassen!»
 

Wut stieg in Natasha auf. Das führte zu nichts. Sie drehte sich um, scheinbar einlenkend, nur um sich eine Sekunde später mit aller Kraft herumzuwerfen und Wanda mit einem gekonnten Griff in die Mangel zu nehmen. «Seien sie vernünftig!» zischte sie der jungen Frau ins Ohr. «Wir wollen ihr Leben retten.»
 

«Wie nett. Aber wir können auf uns selbst aufpassen!» Noch während er die Worte sprach, verschwand Pietro Maximoff vor ihren Augen. Doch die Avengers waren vorbereitet – schliesslich hatte Loki sie über die Fähigkeiten der beiden aufgeklärt. Und nicht nur das: er hatte ihnen auch ein kleines Spielzeug dagelassen, mit dem solche Wirbelwinde wie Pietro gefangen werden konnte.
 

Die magische Fussfessel, in die der junge Mann rannte, zog sich sofort zu, und ehe er richtig begriff, was los war, lag er reglos am Boden. Einen Augenblick später hatte ihm Steve Handschellen angelegt. «Zu eurem eigenen Besten.» sagte Natasha, die ihrerseits das gleiche mit Wanda machte. «Und nun erzählt uns mal, von welchem Buch ihr vorhin gesprochen habt.»
 

Die Antwort bestand in mehreren lauten Flüchen, deren Inhalt klar war, ohne dass sie die Worte in der Muttersprache der Zwillinge verstehen konnten. Maria zuckte nur die Schultern. «Die werden sich schon wieder beruhigen.»
 

«Hoffen wirs.» Steve trat in die Wohnung. «Bringt sie zum Auto. Ich suche inzwischen nach diesem ominösen Buch.»
 

«Woher willst du denn wissen, welches das Richtige ist?»
 

Steve grinste. «Zur Not nehme ich einfach alle mit, die ich da drin finde.»
 

Und während er seine Suche begann, dröhnten ihm weitere Flüche der beiden jungen Leute in den Ohren. Wieder musste Steve unwillkürlich grinsen. Eines musste man den Zwillingen lassen: Temperament hatten sie!
 

Sein Grinsen verschwand allerdings sofort, als er nach wenigen Minuten das Buch entdeckte. Er wusste sofort, dass er es gefunden hatte: ein grosses, in Leder gebundenes und mit Metallverschlüssen versehenes Buch in der Grösse eines Atlas, das auf dem kleinen Esstisch in der Küche lag und so aussah, als wäre es Jahrhunderte alt. Ein seltsames Zittern befiel Captain America, und als er das Buch an sich nahm, hatte er sekundenlang das Gefühl, etwas sehr Altes, Mächtiges zu berühren. Und etwas Gefährliches.
 

'Gefährlich' war auch der Begriff, der Melinda in Asgard während der ganzen Abschiedszeremonie für Frigga nicht aus dem Kopf ging. 'Das ist einfach viel zu gefährlich! Was ist, wenn sie Loki entdecken? Wenn er sich durch irgend etwas verrät?" Sie zitterte wie Espenlaub, und nicht einmal Thor, der an ihrer Seite stand und beruhigend den Arm um sie legte, konnte an ihrer Angst etwas ändern.
 

Doch in die Furcht mischte sich auch Trauer. Sie hatte Frigga zwar kaum gekannt, aber die wenigen Minuten, die sie in ihrer Gegenwart verbracht hatte, hatten ihr eine freundliche, gütige und sehr weise Frau offenbart. Eine echte Königin! Und nun war sie tot. Melinda, die ihre Eltern schon als Teenager verloren hatte, fühlte sich fast so niedergeschlagen, als müsste sie erneut von der eigenen Mutter Abschied nehmen. Wie viel schrecklicher musste da erst Loki zumute sein?
 

Sie sah ihn nicht, aber das war zu erwarten gewesen. Er war nicht so verrückt, sich allzu nahe an seinen Vater heran zu wagen - und Odin stand direkt neben Thor. Also hoffte Melinda, dass Loki möglichst weit weg von ihr war - sosehr sie ihn sich auch an ihre Seite gewünscht hätte. Aber nicht, wenn Odin so nahe war...
 

Loki hielt sich in der Tat sehr weit hinten auf, unters 'gemeine' Volk gemischt und mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze - obwohl er eine andere Gestalt angenommen hatte. Doch trotz der Tarnung fürchtete er, dass er sich verraten könnte. Nicht durch sein Äusseres, aber durch seine Gefühle.
 

Er hatte Mühe, die Tränen zurück zu halten, und presste die Fäuste gegeneinander, um sich keine Blösse zu geben. Von den wenigen, aber inhaltsschweren Worten, die Odin sprach und die Dank der Magie des Allvaters bis in den hintersten Winkel der Stadt zu hören waren, bekam er kaum etwas mit. In seinen Ohren rauschte es, und das einzige, was er immer wieder hörte, waren Friggas fassungslose Worte "Loki..." als er sein Theater gespielt hatte, um Malekith zu täuschen. Das, und ihren Todesschrei.
 

Natürlich wusste er, dass sie noch begriffen hatte, dass er nur etwas vorgetäuscht hatte, ehe sie starb. Und trotzdem: diesen schrecklich gequälten Blick aus ihren Augen in dem Moment, als sie noch gemeint hatte, dass dies alles echt war, würde er nie mehr vergessen. Hatte sie den gleichen Ausdruck in den Augen gehabt, als sie von seinen Verbrechen auf Midgard gehört hatte..?
 

Er würde es nie erfahren. Es gab nur eines, das er mit Sicherheit wusste: dass er ihr so gerne noch so viel gesagt hätte. Und dass er nie mehr die Gelegenheit dazu bekommen würde.
 

Das war sicher nicht der wichtigste , aber garantiert einer der Gründe, weshalb sich in seine unendliche Trauer eine tödliche Wut mischte. Ein Zorn, der ihn selbst überraschte, denn er hatte immer geglaubt, viel zu kalt und berechnend zu sein, um derart intensive Gefühle verspüren zu können - im Guten wie im Schlechten. Nun, dass es im Guten ging, wusste er seit er Melinda liebte. Was er für sie empfand überstieg auch bei Weitem alles, wozu er sich noch vor wenigen Monaten überhaupt in der Lage gefühlt hätte.
 

Doch mit seiner Wut stand es nun genau gleich... Und wäre Malekith jetzt in seiner Nähe gewesen, so wäre wohl nicht viel von ihm übrig geblieben.



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