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Loki: The Dark Prince - Der dunkle Prinz

von

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Entsetzen

Melinda war noch nie so froh darum gewesen, sich die hübsche Wohnung in der Nähe des Central Parks geleistet zu haben, wie jetzt. Nach nur fünfzehn Minuten erreichten sie ihr kleines, aber gemütliches Apartment, und wie sie versichert hatte, war dieses Gebäude eines der wenigen, das wie durch ein Wunder beim Angriff auf die Stadt unversehrt geblieben war.
 

Lokis Blick glitt abschätzig über die kleinen Räume und die in seinen Augen sehr einfachen – obschon für menschliche Ansprüche recht gediegenen – Möbel, aber er war viel zu erledigt, um auch nur eine winzige Bemerkung fallen zu lassen. Als Melinda nach wenigen Minuten mit einem Kleiderbündel zurückkam und ihm bedeutete, sich im Bad umzuziehen, gehorchte er ohne ein Wort.
 

Er brauchte lange, aber das wunderte die junge Frau nicht weiter. Schliesslich war es mit einem gebrochenen Handgelenk nicht so einfach, sich umzuziehen. Ausserdem sah seine asische Kleidung nicht grade danach aus, als wäre sie leicht abzustreifen.
 

Trotzdem beschlich sie wieder das unheimliche Gefühl, dass da noch mehr war, als sie Lokis blasses, von Schmerzen gezeichnetes Gesicht sah. Aber sie verkniff sich jegliche Frage, denn bald würden sie bei ihrem Freund sein. Und sollte Loki tatsächlich noch irgendwelche weiteren Verletzungen davon getragen haben, würde der erfahrene Arzt dies wohl rasch merken.
 

Sie hatte Dr. Juan Rivera schon telefonisch vorgewarnt, dass sie gleich mit einem Patienten auftauchen würde, der ein gebrochenes Handgelenk hatte und eine möglichst von allen anderen Diensttuenden unbemerkte Behandlung brauchte. Warum möglichst niemand mitbekommen sollte, wer der Mann war, hatte sie allerdings verschwiegen. Die winzige Möglichkeit, dass Juan Loki vielleicht nicht wieder erkennen würde, obschon sein Bild in allen Medien zu sehen gewesen war, bestand immerhin.
 

Als sie dann aber mit Loki das kleine Behandlungszimmer im Nordflügel des Hospitals, der um diese Zeit – es war inzwischen kurz vor Mitternacht – menschenleer da lag, betrat, wurde Melindas Hoffnung sogleich zerschlagen. «Das darf doch nicht wahr sein!» rief Juan aus. «Er?»
 

Melinda warf einen flüchtigen Blick zu Loki, der sprungbereit wie eine Katze schon kurz davor stand, wieder abzuhauen. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und wandte sich beschwichtigend an Juan. «Er ist verletzt und braucht Hilfe. Um den Rest... kümmere ich mich dann schon.» Ihr scharfer Blick fixierte den Freund. «Ich brauche dich doch wohl nicht an deinen Eid als Arzt zu erinnern, oder..? Auch nicht an den Gefallen, den du mir noch...»
 

«Schon gut,» unterbrach der stämmige Mexikaner, der erst seit sechs Jahren in den USA praktizierte, sie unwirsch. «Ich tue ja, was du von mir willst. Aber erwarte bloss kein Mitgefühl von mir.»
 

«Das tut sie bestimmt nicht,» konnte Loki sich eine spöttische Bemerkung nun doch nicht verkneifen. In Gedanken fügte er hinzu: 'Und ich auch nicht.'
 

Der Arzt machte eine kurze Röntgenaufnahme des Handgelenks und sah Melindas Vermutung bestätigt: ein glatter Bruch. Gekonnt, aber nicht eben sanft gipste er das beschädigte Gelenk ein. Als er fertig war, huschte ein düsteres Lächeln über seine Züge: «Fertig. Eigentlich müsste ich ihnen jetzt noch eine Schmerztablette anbieten, aber...» Er trat hinter seinen Patienten und schlug ihm mit der Hand auf den Rücken «...ich denke nicht mal im Traum daran.»
 

Loki konnte es nicht verhindern, sosehr er es versuchte: als Juans Hand seinen Rücken traf, schrie er auf. Die Finger seiner rechten Hand krallten sich in den Stoff der Behandlungsliege, auf der er noch sass, und sekundenlang wurde ihm schwarz vor Augen.
 

Der Arzt zuckte zurück. Die Geste war nicht freundschaftlich gewesen – in keinster Weise! – sondern eher der Versuch, den jovial-gelassenen Überlegenen zu geben. Aber nun verrieten ihm seine medizinischen Instinkte augenblicklich, dass er soeben dabei war, ein düsteres Geheimnis zu enthüllen.
 

Melinda war kreideweiss geworden bei Lokis Reaktion. Die unheimliche Ahnung, dass mit Loki mehr nicht stimmte als man auf den ersten Blick sehen konnte, schien sich zu bestätigen. Langsam trat sie an den Mann heran und musterte ihn forschend. «Ich frage sie jetzt nochmal: was ist los? Und ich denke, sie wissen genau, wie ich das meine!»
 

Loki unterdrückte ein Stöhnen. «Nichts ist los,» gab er zurück, doch in seiner Stimme klang verhaltener Schmerz mit, «Ausser einem gebrochenen Handgelenk und meinem zugegeben ziemlich angeknacksten Selbstbewusstsein ist alles in Ordnung.»
 

«Ach ja?» Blitzschnell fuhr Melindas Hand nach hinten und streifte seinen Rücken. Die Bewegung war nicht grob, sogar relativ sanft, und doch entlockte sie dem Mann ein Keuchen. Die junge Frau wurde noch blasser. «Ich möchte ihren Rücken sehen,» sagte sie mit zitternder Stimme.
 

«Nicht nur du.» warf Juan ein und nickte der Freundin zu. Wider Willen stieg leises Entsetzen in ihm auf. Wenn seine Vermutung stimmte, dann... Aber sowas war doch nicht möglich, oder? Schliesslich befanden sie sich nicht mehr im Mittelalter...
 

Loki begriff, dass weiteres Leugnen keinen Zweck hatte. Ausserdem würde es eh nicht mehr lange dauern, bis er zu einem stöhnenden Wrack wurde – denn die Schmerzen kamen jetzt geballt zurück. Der absolut letzte Rest seiner wenigen, noch verbliebenen Heilungskräfte als Ase und Jotunne war offenbar endgültig aufgebraucht, und düster fragte er sich, ob dieser menschliche Körper mit dem, was man mit ihm angestellt hatte, überhaupt fertig werden würde. So oder so standen ihm ein paar qualvolle Tage bevor.
 

Als er nicht sofort antwortete, machte Juan sich daran, ihm das Hemd aufzuknöpfen, doch Loki hielt seine Hand fest. «Das können sie sich sparen,» sagte er leise. «Da ist nichts zu sehen.»
 

«So ein Unsinn!» erwiderte der Arzt. «Sie sind ganz offensichtlich am Rücken verletzt. Und ich will mir das jetzt anschauen – ob sie nun freiwillig stillhalten oder nicht.» Wie zur Bestätigung seiner Worte zückte Melinda ihre Waffe und hielt sie hoch. Loki versuchte ein schwaches Grinsen und wehrte ab. «Schon gut, schon gut, ich bin ja brav. Aber ich wiederhole nochmals: ihr werdet nichts sehen.» Er zog sich das Hemd aus der Hose und hielt es hinten hoch, sodass sein Rücken zur Hälfte frei lag. Juan trat hinter ihn und schob den Stoff ganz nach oben. Aber Loki hatte nicht gelogen: da war tatsächlich nichts. Zumindest nichts von dem, was Juan vermutet hatte... Aber so einfach gab er sich nicht zufrieden. Seine Hand tastete nach vorn und streifte über Lokis Rücken. Zuerst sanft, was diesen nur zusammenzucken liess, dann etwas fester, was seinem Patienten zuerst ein Keuchen und schliesslich einen erneuten, unterdrückten Schrei entriss.
 

«Raus mit der Sprache! Was ist mit ihnen passiert? Ich will es wissen, und zwar alles. Und keine Ausflüchte mehr, Loki, ist das klar?» befahl Melinda um einiges energischer, als sie sich fühlte. Sie hatte durch ihren Beruf leider schon zweimal Menschen gesehen, die man grausam ausgepeitscht hatte, und Lokis Reaktionen entsprachen haargenau denjenigen dieser armen Kerle. Nur dass sich keine noch so winzige Spur von Folter auf seinem Rücken zeigte.
 

Juan Rivera liess Lokis Hemd los und baute sich wieder vor ihm auf. Er verschränkte die Arme über der Brust und versuchte genau wie Melinda, sein aufkommendes Entsetzen hinter einer Fassade von gespielter Härte zu verstecken. «Sie haben Melinda gehört. Was ist passiert? Ihren Reaktionen auf unsere Berührungen nach zu urteilen müsste ich eigentlich davon ausgehen, dass man sie ausgepeitscht hat. Aber da ist...»
 

«Der Kandidat hat zehn Punkte!» unterbrach ihn Loki zynisch. «Ihr Scharfsinn ist wirklich bemerkenswert.» Doch bevor einer der beiden Menschen eine entsprechende Antwort geben konnte, hob er flüchtig die Hand und fuhr sich über die Stirn. Sie fühlte sich eiskalt und gleichzeitig schweissnass an. «Ich wurde ausgepeitscht,» fuhr er leise fort. «Aber die Peitsche, die dazu verwendet wurde, ist magisch. Man brauchte mir nicht einmal die Kleider dafür auszuziehen, denn sie geht durch alles hindurch. Und sie hat zwei unschätzbare Vorteile: sie schmerzt tausendmal mehr als eine normale Peitsche – und sie hinterlässt, wie sie festgestellt haben, keine Spuren. Was bedeutet, dass einem in der Regel keiner glaubt, wenn man behauptet, gefoltert worden zu sein.»
 

Melinda zuckte schwer atmend zusammen. «Wer..?» hauchte sie totenblass. «Und wann..? Ich war doch dabei, ich hätte...» Zu spät bemerkte sie ihren Fehler. Sie hatte nicht vorgehabt, Loki je davon zu erzählen, dass sie in Asgard gewesen war. Doch nun war es zu spät. Überraschenderweise nahm er diese Tatsache jedoch erstaunlich gelassen hin. «Ich hatte es mir schon fast gedacht,» meinte er nur. «Schliesslich wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, dass sie einfach so an Ort und Stelle darauf gewartet hätten, dass ich eventuell wieder auftauche.»
 

Melinda nickte nur und sah Lokis Scharfsinn, von dem sie schon zur Genüge gehört und selbst einiges erlebt hatte, einmal mehr unter Beweis gestellt. «Schön,» sagte sie, «Aber jetzt zu meinen Fragen: wer? Und wann?»
 

«Das wann ist schnell beantwortet,» gab Loki zurück. «Ich nehme nicht an, dass sie Thor und mir gefolgt sind, als er mit mir in den Kerkern Asgards verschwunden ist, oder? Wenn nämlich doch, müssten sie diese Fragen nicht stellen. Womit ich eigentlich auch ihre zweite beantwortet habe...»
 

«W..was..?» Melinda konnte nicht fassen, was sich ihr da zu offenbaren begann. Loki musste ihr nur einen flüchtigen Blick zuwerfen, um zu sehen, dass sie sich gegen die aufkommende Erkenntnis sträubte.
 

Er schloss die Augen und dachte mit Schaudern zurück an die grässlichsten Minuten seines Lebens. Thor hatte ihn wortlos nach unten geschleift und die Wachen angeschnauzt, dass sie ihn mit dem Verbrecher alleine lassen sollten. Er würde ihn ihnen wieder übergeben, damit sie ihn zu Odin führen konnten, sobald er mit ihm fertig war. Loki hatte zuerst nicht wirklich begriffen, was das bedeutete, oder besser gesagt: nicht begreifen wollen. Erst als Thor ihn gegen die nackte Kerkerwand schleuderte, zu ihm trat und ihn brutal wieder hochzog, um ihn noch in den gleichen Ketten, in die er ihn gelegt hatte, an der Wand festzumachen, hatte Loki mit entsetzlicher Sicherheit gewusst, was der andere beabsichtigte. Einen Moment lang hatte er noch gehofft, Thor würde wenigstens eine normale Peitsche benutzen, aber als der Donnergott keine Anstalten machte, ihm die Kleider vom Rücken zu reissen, war ihm klar geworden, was ihm bevorstand. Obwohl – das stimmte nicht wirklich. Er hatte zwar, wie ungefähr jeder in Asgard, gewusst dass die magische Peitsche das absolut schlimmste Folterinstrument war, das es gab, aber was das wirklich bedeutete, war ihm erst nach dem ersten Schlag klar geworden. Nach dem ersten und allen darauf folgenden Hieben, die ihn bei lebendigem Leib zu verbrennen und gleichzeitig in Stücke reissen zu schienen – und das, ohne dass er selbst oder seine Kleider auch nur den winzigsten Kratzer davon trugen.
 

Noch immer hörte Loki Thors wutverzerrte Stimme, die ihm bei jedem Schlag zuschrie «das ist für die Zerstörung der Welt, die ich liebe!» und «das ist für Agent Coulson!» oder «das für die vielen namenlosen Toten, die du auf dem Gewissen hast!» Die ganze, ungehemmte Wut des hünenhaften blonden Riesen hatte Loki getroffen, und irgendwann hatte er es nicht mehr geschafft, stumm zu bleiben, sondern seine Qual hinausgebrüllt. Eine Qual, von der er nie im Leben gedacht hätte, dass sie überhaupt existieren könnte.
 

Dass es keinen Sinn hatte, um Gnade zu flehen, war Loki klar gewesen, und doch hatte er es irgendwann wider besseres Wissen versucht. «Hör auf, Thor, bitte...» hatte er zwischen zwei Hieben gestammelt, und im ersten Moment hatte er gar nicht gewusst, ob die Worte überhaupt verständlich gewesen waren – so verzerrt und kaum hörbar war ihm die eigene Stimme vorgekommen. «Bitte... ich kann nicht... mehr..!»
 

Aber Thor hatte ihn gehört, und er stoppte das Stakkato seiner Schläge für einen Moment und fragte gefährlich leise: «Was hast du gesagt? Hast du es allen Ernstes gerade gewagt, um Erbarmen zu winseln?»
 

Eisiges Entsetzen war durch Lokis Glieder gekrochen, und statt einer Antwort hatte er sich nur stöhnend auf die Lippen gebissen und den Kopf gesenkt – und darauf gewartet, dass es weiterging.
 

Es hatte scheinbar nie enden wollen. Und als Thor dann doch irgendwann fertig gewesen war, hatte Loki schon längst keine Kraft mehr zum Schreien gehabt. Thor hatte seinen Kopf an den Haaren zurückgerissen und ihm ins Gesicht gespuckt, ehe er wortlos gegangen war. In diesem Moment hatten sich Lokis Augen mit Tränen gefüllt, und er war froh gewesen, die schwere Tür ins Schloss fallen zu hören. Denn so bekam wenigstens keiner ausser ihm mit, dass er tatsächlich das erste Mal seit Ewigkeiten weinen musste. Und das nicht nur wegen des körperlichen Schmerzes, der in ihm tobte.
 

«Wir warten...» Melindas Stimme riss Loki aus seinen Erinnerungen. Er zuckte zusammen und versuchte, sich zu straffen. Verflixt, er war eben meilenweit weg gewesen! Zurück in der Hölle, um es genau zu formulieren, denn das eigentlich war es gewesen... Aber da er zu diesem Zeitpunkt noch über seine übernatürlichen Selbstheilungskräfte verfügt hatte, war der grauenhafte Schmerz relativ rasch wieder abgeklungen.
 

Bis jetzt. Jetzt kehrte er zurück – langsam, aber stetig zunehmend und mit voller Wucht!
 

Er musste sich erst räuspern, ehe er leise zu erzählen begann. Er berichtete nicht im Detail von dem, was alles passiert war – aber es war genug, dass die beiden Menschen wussten, was Thor mit ihm angestellt hatte. Als er fertig war, konnte er sich ein ironisches Lachen nicht verkneifen. Auch wenn ihm nicht im Mindesten nach Spotten zumute war, versetzte er trocken: «Ich bin fertig, und damit seid ihr dran. Ihr dürft jetzt anfangen zu lachen.»
 

Melinda wollte etwas erwidern, aber da zupfte Juan sie am Ärmel und zog sie ein wenig zur Seite, ausser Hörweite von Loki. «Glaubst du das?» fragte er zweifelnd. «Ich meine, gut, er scheint wirklich Schmerzen zu haben... Andererseits: magische Peitschen? Ich bitte dich, sowas gibt's doch nicht. Und ausserdem nennt man ihn doch wohl den 'Gott der Lügen': wer also sagt uns, dass er sich das Ganze nicht aus den Fingern gesogen hat, um unser Mitleid zu erwecken?»
 

«Ihr glaubt allen Ernstes, ich bilde mir ein, dass ich euer Mitleid erwecken könnte?» ertönte es da schwach aus Lokis Ecke. Beinahe hätte er aufgelacht, aber eine neue Schmerzwelle hinderte ihn daran. Verflucht, wie schlimm würde das noch werden? «Keine Angst, das tue ich bestimmt nicht. Aber ihr müsst mir nicht glauben, wenn ihr nicht wollt – es spielt ja eh keine Rolle. Und ja, ich habe sehr gute Ohren..!» fügte er noch hinzu, als er Juans verwirrten Blick auffing.
 

Melinda hinderte Juan an einer Antwort. «Was meinen sie mit 'es spielt keine Rolle'?»
 

«Na, das ist doch wohl so, oder? Ob ich nun lüge oder die Wahrheit sage, was ändert das? Natürlich abgesehen davon, dass es sicher befriedigender für euch wäre, wenn ich nicht gelogen hätte.»
 

Wut stieg in Melinda auf. «Sie denken, dass es mir gefallen würde, wenn ich wüsste, dass Thor eine regelrechte Bestie ist, die sie grausam gefoltert hat?» fragte sie und war selbst überrascht, wie sehr ihre Stimme vor Zorn bebte.
 

Loki starrte sie überrascht an. «Was reden sie denn da..? Thor ist doch keine Bestie, nur weil er das getan hat. Dass er mir nur gegeben hat, was mir zusteht, dürfte doch wohl klar sein.»
 

«Ist das ihre Meinung oder sagen sie das weil sie denken, dass wir das hören wollen?» warf Juan dazwischen, ehe Melinda etwas sagen konnte. Er schwankte zwischen Entsetzen und Unglauben, aber je länger er den Mann vor sich betrachtete, desto mehr überwog das Entsetzen. Denn Loki sah von Minute zu Minute elender aus, und dass er Schmerzen hatte, wurde immer offensichtlicher.
 

Es sei denn natürlich, er hatte gerade den grössten Schauspieler aller Zeiten vor sich! Doch wenn dem so war, so hätte man ihm zumindest eines attestieren müssen: dass er es mit Leichtigkeit schaffte, jeden Meister dieser Zunft in den Schatten zu stellen. Bei weitem. Aber eigentlich konnte sich Juan immer weniger vorstellen, dass Loki ihnen etwas vorspielte.
 

«Suchen sie sich die Antwort aus, die ihnen wahrscheinlicher vorkommt,» gab Loki kraftlos zurück und konnte ein erneutes Stöhnen nur knapp unterdrücken. «Aber vielleicht darf ich zur Abwechslung auch mal eine Frage stellen, nur so aus Neugier: wie geht's jetzt weiter, Agent Crave?»
 

Melinda atmete tief durch und sagte dann mit aller Ruhe, die sie noch aufbieten konnte: «Für heute Nacht bringe ich sie zurück zu mir. Morgen sehen wir dann weiter.» Und ehe Loki irgend etwas darauf erwidern konnte, wandte sie sich an Juan. «Ich kann doch auf deine Verschwiegenheit zählen?»
 

Der Freund nickte ernst. «Ja, das kannst du. Aber sollte ich auch nur ansatzweise merken, dass du in Schwierigkeiten steckst, lasse ich die Kavallerie anrücken.»
 

Melinda schaffte ein schwaches Grinsen. «Wenn Loki wirklich die Wahrheit gesagt hat, dürfte wohl allein er derjenige sein, der in Schwierigkeiten steckt.» In noch mehr Schwierigkeiten als sowieso schon, fügte sie in Gedanken hinzu – und als sie Lokis Blick auffing, hatte sie das sichere Gefühl, dass er eben das gleiche gedacht hatte.



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