Zum Inhalt der Seite

Das Mochizuki Monogatari

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Frau im Berg


 

 

Foggy mountain

the golden sun is useless

watch for the tiger

 

 

Nobutomo blickte den Bergweg hinauf und wieder hinab. Er musste zugeben, dass er keine Ahnung hatte, was den Wachen zugestoßen sein mochte. Er wusste nur eines: An einen Tengu glaubte er erst, wenn er vor ihm stand, oder flog, oder was auch immer Tengus sonst so zu tun pflegten.

Sein Lord schien ähnlicher Meinung zu sein, denn auch wenn sein Bruder sich alle Mühe gab, ihnen das Märchen vom Tengu schönzureden, noch hatte er nicht zum Rückzug geblasen. Vermutlich war das Dorf Nezu inzwischen eh näher, als ihr provisorisches Lager am Anfang des Pfades.

 

Langsam ging er weiter, tunlichst darauf bedacht, sich alle paar Schritte nach seinem Lord und Nobutatsu umzusehen. Auch wenn er Letzteren nicht sehen musste, um zu wissen, dass er immer noch da war.

So war es eben mit himmlischen Wesen. Wenn sie sich einmal einmischten, nahmen sie garantiert erst mal den Falschen mit.

Er seufzte und versuchte Nobutatsus Erzählungen auszublenden. Wenn es hier einen Feind gab, musste man ihn doch hören können. Für einen Augenblick konzentrierte er sich völlig auf die Welt um sich herum. Er lauschte auf jeden Vogelschrei, jede Krähe, jede Mücke, die in seine Nähe kam. Doch nichts. Das Einzige, was er hörte, war ein weiteres Märchen vom Tengu.

 

Hinter ihm stieß sein Lord unzufrieden die Luft aus.

Seine Nerven waren angespannt. Nobutomo hörte es an der Art, wie er atmete, sah es an der Weise, wie sein Blick umher glitt. Er war unruhig, wie ein Tiger, der seine Beute suchte, aber nicht fand. Beständig angestachelt durch das leidige Geplapper seines Bruders!

 

Nobutomo atmete tief durch. Es war nicht an ihm, Nobutatsu zu ermahnen. Es war ein Vorrecht seines Herren und damit lag es nicht in seiner Hand. Es ˗ Der Nebel kam so plötzlich, wie ein Wimpernschlag und hüllte sie binnen weniger Sekunden in eine dicke Wolke ein.

„Wo kommt das so plötzlich her?“, hörte er seinen Lord schimpfen und war froh, ihn noch immer hinter sich zu wissen.

„Drückt Euch an die Felswand!“, rief er in den Nebel hinein und machte sich sogleich daran, seinen Rat auch umzusetzen. Solange sie sich an der Wand hielten, sank die Gefahr, versehentlich in den Abgrund zu stürzen.

 

Seine Finger strichen über harten Stein und zeigten ihm so den Weg. Schritt für Schritt kämpfte er sich voran. Fühlte und tastete, bis seine Finger schließlich auf etwas Weiches trafen.

Einen Moment lang war er irritiert, dann schlug der Stein plötzlich seine Augen auf. Fremde Hände griffen nach seinen Schultern, es gab einen Ruck und plötzlich wurde alles schwarz um ihn herum.

 

 

Als er wieder zu sich kam, hörte er aufgeregtes Gekicher. Nobutomo hielt die Augen geschlossen und versuchte es erst einmal einzugrenzen. Drei oder vier Frauen schienen in unmittelbarer Nähe zu sein. Vorsichtig öffnete er die Augen und sah erst einmal nichts.

Gleißend hell schien die Sonne auf ihn herab und nahm ihm so die Sicht. Eilig kniff er die Augen wieder zu. So sehr ihn die Sonne auch störte, innerlich dankte er den Göttern, nicht irgendwo in diesem Berg gefangen zu sein.

Was war nur geschehen? Und ... Hatte man ihn wirklich in den Berg gezerrt? Verwirrt setzte er sich auf, ignorierte den Schwindel, der von ihm Besitz zu ergreifen drohte, und räusperte sich. Die Frauen, die bei genauerer Betrachtung doch eher Mädchen waren, hielten in ihrem Gekicher inne und starrten ihn unverhohlen an.

 

„Akiyama-sama, Ihr seid aufgewacht.“

Nobutomo drehte sich zur Seite und blickte direkt in das perfekt geschminkte Gesicht einer jungen Frau. „Ich bin mir sicher, Ihr habt Fragen. Wollt Ihr uns bei einem Becher Sake Gesellschaft leisten?“

Einen Augenblick lang überlegte Nobutomo „Nein“ zu sagen, doch dann hörte er eine bekannte Stimme und die Antwort blieb ihm im Halse stecken. „Ryo?“, rutschte es ihm heraus und die Frau ihm gegenüber nickte schüchtern.

„Die beiden sind vor Euch eingetroffen“, erklärte sie ihm, „Aber sie scheinen den Sake sehr zu mögen.“

Nobutomo zog scharf die Luft ein. Das diese beiden Taugenichtse den Sake mochten, daran hatte er keinen Zweifel. „Wo sind wir hier?“, verlangte er zu erfahren, während er sich umständlich aufrappelte. Wo auch immer er gelandet war, ein Gefangener war er scheinbar nicht. Immerhin nahm man Gefangenen in der Regel ihre Waffen ab und er trug seine noch.

„Ihr seid im Dorf Nezu“, erklärte die junge Frau und wartete geduldig, bis sich der Schwindel in seinem Kopf ein wenig gelegt hatte. „Bitte folgt mir zu Eurem Platz.“

 

Sein erster Schritt war noch ein wenig unsicher, doch danach wurde es von Sekunde zu Sekunde besser, und als er sich schließlich auf eine Tatami-Matte sinken ließ, fühlte er sich schon wieder so sicher, dass er nach einer Mücke schlagen konnte.

Seine Führerin kicherte leise. „Bemüht Euch nicht“, riet sie ihm, „immer wenn Ihr eine trefft, wachsen gleich zwei Neue nach.“ Nobutomo war sich nicht sicher, ob es sich um einen Scherz handelte, oder ob sie es ernst meinte, doch als sie ihm die Schale füllte, hörte er bereits erneut das Unheil verkündende Surren.

„Ihr habt wirklich ein Mückenproblem“, stellte er verwundert fest und erntete prompt ein Nicken dafür.

„Bedauerlicherweise“, erklärte die junge Frau, „Aber Mochizuki-Hime sagt, andere Probleme wären gerade dringlicher.“

„Mochizuki-Hime?“, fragte er.

Sie nickte noch einmal.

„Sie hat dieses Fest für Euch organisiert. Und wir würden wirklich gerne die Speisen auftragen, aber bedauerlicherweise sind noch nicht alle Gäste da.“

Nobutomo hüstelte. „Ich bin mir sicher, sie wären schneller gekommen, hättet Ihr verlauten lassen, dass es hier kühlen Sake gibt.“

„Vermutlich“, stimmte sie ihm zu, „aber das hätte sie sicher weit weniger beeindruckt.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Salix
2019-02-23T19:49:42+00:00 23.02.2019 20:49
Okay, ab hier ist der Punkt, wo mich deine Perspektivenwechsel sehr verwirrt haben und ich mich gefragt haben, warum du sie vorgenommen hast.
Die Geschichte wurde bis jetzt aus fünf verschiedenen Perspektiven geschrieben, der Samurai (sorry, habe mir den Namen jnicht gemerkt), Kiyo, Chiyome, Takeda Shingen, Nobutomo und das hat mich wirklich völlig verwirrt.
Außerdem hat es dazu geführt, dass ich eine gewisse Distanz zu den Charakteren der Geschichte behalten habe, da keiner so recht der Hauptcharakter, mit dem man sich als Leser identifizieren könnte, ist, obwohl die Geschichte in Chiyome Mochizuki einen inoffiziellen Hauptcharakter hat.
Auch kann ich diese Perskektivenwechsel nicht nachvollziehen (bis auf den, zu den angegriffenen Männern in der Schlucht, der zur Erhöhung der Spannung dient, in meinen Augen.)
Allerdings hast du schon dadurch Spannung in der das Chiyomes Leben und das ihrer Untergebenen verwirkt ist, wenn sie nicht beweisen können, dass ihr Unternehmen in Takeda Shingens Augen nützlich war.
Und ich gestehe ich habe mich gefragt, warum du nicht Chiyomes Perspektive für die gesamte Geschichte gewählt hast.

Ansonsten ist die Beschreibung der Szene so, dass sie mir deutlich vor Augen steht und mir Chiyomes Plan nun klar ist.


Zurück