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Die Farbe Rot II

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich sagte ja, ich habe eine Fortsetzung geplant und hier haben wir schon mal den Prolog ;) Ich hoffe, ihr unterstützt Reno und Vincent auch weiterhin, ich freu mich auf alle Fälle, dass mir endlich was dazu eingefallen ist xD Und was wäre ein Final Fantasy VII ohne... na-ihr-wisst-schon-wen ;D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und das erste richtige Kapitel zum Nachfolger von "Die Farbe Rot". Da ich in den letzten beiden FF´s eher was Trauriges geschrieben habe, brauchte ich jetzt ein bisschen was Lustiges. Und wer ist lustiger als Reno? xD Hach, das tut so gut, mal wieder was mit ihm zu schreiben *-* Viel Spaß mit diesem Kapitel :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und es geht munter weiter :D Eigentlich wollte ich was anderes weiterschreiben, aber irgendwie waren Vincent und Reno heute hartnäckiger xD Viel Spaß mit diesem Kapitel :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hui, ewig ist es her oO Wird Zeit für ein neues Kapitel, ich weiß ;) Tut mir leid, dass das so ewig her ist, aber ich musste mich hierfür erst einmal wieder ein wenig sammeln. Aber scheinbar ist der Knoten jetzt ein bisschen geplatzt :)
Na ja, lange Rede, kurzer Sinn, hier ist Kapitel 3 :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, ein neues Kapitel, viel Spaß damit und ein schönes We :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und auch hier ein weiteres Kapitel, es muss ja mal langsam weitergehen, bevor die nächste Prüfungsphase kommt und ich keine Zeit mehr habe *heul* xD
Viel Spaß mit diesem Kapitel und Danke im Voraus fürs Lesen :)

GLG
Kyo Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu, willkommen zum nächsten Kapitel und viel Spaß beim Lesen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Lange war es still hier, sorry dafür, bei mir stehen gerade viele Änderungen an, dass ich kaum zum FF-Schreiben komme. Heute hat es mich aber gepackt, weil ich nach Langem mal wieder "Three Days Grace" gehört habe und das gute alte "Animal I have become" hat mich angefixt xD
Viel Spaß mit diesem Kapitel :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Lange war es ruhig, sorryyyy :D Mal wieder Arbeit und eine anstehende BA xX *heul* Kein WUnder, dass mich meine Muse im Stich lässt, das ist der viel zu stressig xD Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und schon wieder ein neues Kapitel :) Gerade will meine Muse wohl mal wieder mit mir zu tun haben, juhu xD Viel Spaß mit diesem Kapitel ;) Komplett anzeigen

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Wiederkehr

Es fühlte sich nach so vielen Jahren merkwürdig an, den Boden unter den Füßen zu spüren und er hielt die Augen noch eine Weile geschlossen, um es zu genießen. Der Wind fuhr durch seine Haare, spielte mit seiner dunklen Kleidung und es entlockte ihm ein Lächeln, endlich wieder hier zu sein. Es erschloss sich ihm nicht, wie es dazu gekommen war, aber er war demjenigen überaus dankbar, der dafür gesorgt hatte, dass es ihn aus der dunkelsten Ecke des Lebensstroms wieder nach Midgar befördert hatte.

Zudem hatte man ihm Verstärkung zukommen lassen, wie er an den drei Präsenzen hinter sich bemerken konnte. Sie waren ihm vertraut, als wären sie Teile von ihm selbst und vielleicht war dem auch so. Sie verhielten sich ruhig, aber er spürte auch ihre Freude und Euphorie, weswegen auch immer.

Er öffnete die Augen und wandte sich zu ihnen um. Augenblicklich fielen die drei Männer synchron vor ihm auf die Knie und legten eine Faust an ihre Brust.

„Willkommen, Bruder“, grüßte einer von ihnen und seine Stimme bebte vor unterdrückter Freude, sein Kopf war gesenkt, als wage er es nicht, den Mann anzublicken, der vor ihm stand.

Dieser trat näher heran, legte eine Hand unter das Kinn des am Boden hockenden und hob sein Gesicht an, damit er sah, mit wem er es zu tun hatte. Stechend grüne Augen wie seine eigenen erwiderten seinen Blick und er sah noch mehr Merkmale, die ihn deutlich an sich selbst erinnerten. Ohne Frage waren sie aus der gleichen Quelle entstanden.

„Anscheinend kennt ihr mich“, meinte er und der junge Mann lächelte.

„Natürlich. Du bist unser geschätzter großer Bruder, Sephiroth“, sagte er und seine Augen funkelten vor Bewunderung.

Ah, es war lange her, dass jemand seinen Namen ausgesprochen hatte und es wurde nun real, dass er wirklich hier war.

„Steht auf“, sagte Sephiroth und augenblicklich erhoben sich die Männer, die sich seine Brüder nannten.

Er besah sie sich genau und schätzte ihre Stärke ein. Einer von ihnen war groß und stämmig, hatte kurze silberne Haare und ohne Zweifel verfügte er über jede Menge rohe Kraft. Der Zweite besaß lange Haare und ein eher sanftes Gesicht, welches fast feminin anmutete. Er wirkte schwach, aber Sephiroth wusste genau, dass dies reine Fassade war, um Feinde zu verwirren und daraus taktischen Vorteil zu schlagen. Der dritte Mann, der mit ihm gesprochen hatte, war ohne Zweifel der Anführer dieser kleinen illustren Runde und in seinen Augen lagen List, Tücke und Verschlagenheit, was Sephiroth sehr gefiel.

„Wie heißt ihr?“

Nacheinander nannten sie in der Reihenfolge, wie er sie betrachtet hatte, ihre Namen. Er lächelte und sprach weiter zu ihnen.

„Nun denn, Loz, Yazoo und Kadaj... werdet ihr mir in eine Zukunft folgen, die nur uns gehört?“

„Ja, großer Bruder“, lautete ihre synchrone Antwort und er lächelte leicht aufgrund ihres sofortigen Einverständnisses.

Sie sahen ihn an, abermals lag dieses ehrfürchtige Leuchten in ihren Augen, wie kleine Brüder große Brüder nun einmal anhimmelten. Er wusste, dass sie ihn nie verraten würden und dass er mit ihnen Großes und Überwältigendes leisten konnte. Und er wusste auch schon genau, womit er beginnen würde.

„Dann lasst uns unsere Gefolgschaft rufen“, meinte er und schaute auf Midgar, welches sich in einiger Entfernung vor ihnen erhob.

Sephiroth schloss die Augen, schickte sein Bewusstsein in die Stadt und suchte nach denen, die damals schon das Geostigma befallen hatte. Es war ein Leichtes, das Mal wieder hervorzubringen, jetzt, wo er wieder hier auf der Welt war und er konnte spüren, wie ihre Lebenskraft die seine nährte. Er spürte ihnen nach, konnte hören was sie dachten und sehen, was sie taten, aber es kümmerte ihn nicht weiter, sie waren nur unbedeutende Gefolgschaft. Zumindest dachte er das, bis er jemanden spürte, der ihm vertrauter war als alles andere. Ein amüsiertes Lachen drang über seine Lippen und er konnte sein Glück kaum fassen. Mit Vergnügen aktivierte er das Mal an diesem speziellen Menschen und befriedigt spürte er das sofortige Erschaudern von ihm.

Wieder lachte Sephiroth, dieses Mal lauter und befreiter. Was für ein Wink des Schicksals, dass das Geostigma auch auf ihm lastete. Sepiroth streckte seine Sinne besonders auf ihn aus und lockte ihn mit hypnotischer Stimme. Sein Jagdtrieb erwachte brüllend, als er sich weigerte und sich gegen ihn wehrte und es machte von Minute zu Minute mehr Spaß, hier auf der Welt zu sein und diese erneute Herausforderung zu genießen. Je mehr er sich wehrte, umso mehr Kraft floss durch Sephiroths Adern und statt eines Flügels drängten sich nun zwei schwarze Schwingen auf seinem Rücken, als wäre er der leibhaftige Todesengel. Und wieder lockte er ihn, diesen Mann, der an ihn gebunden war, ob er es wollte oder nicht.

„Du weißt, du kannst nicht anders, denn alles in dir verlangt nach mir und will meinem Ruf folgen. Je mehr du dich wehrst, desto schlimmer wird es... also komm zu mir, Cloud Strife“, rief er ihm zu und erneut spürte er das Erschaudern.

Wieder wehrte sich Cloud gegen ihn und Sephiroths Einfluss erlosch für den Moment. Doch er sah es nicht als Niederlage, vielmehr als Vorgeschmack dessen, was ihn noch erwarten würde. Mit einem unheilvollem Lachen rief er die anderen seines Gefolges und er wusste, sie würden nicht so störrisch sein wie Cloud und ihm ohne Wenn und Aber folgen.

Die drei Arten der Ruppigkeit

Vincent Valentine nutzte die frühmorgendliche Stille, um der Sonne beim Aufgehen zuzusehen. Er tat dies auf dem Dach des Hotels, in welchem sich er und Reno zur Zeit aufhielten. Eigentlich war es ein Geschenk von Tseng an Reno gewesen, damit der Rothaarige sich von den letzten Ereignissen erholen konnte, aber Vincent war dennoch hier, weil Reno den ganzen Spaß nicht allein haben wollte. Zumindest waren dies die Worte des rothaarigen Turk gewesen und so war Vincent eben bei ihm geblieben.

Der fast verschwenderische Luxus des Hotels tat Vincent ehrlich gesagt in den Augen weh, aber er wollte seinen Partner nicht allein lassen. Er konnte das Unbehagen des anderen verstehen, denn sie hatten eine gesamte Etage für sich und man konnte sich durchaus verlaufen, was das eine oder andere Mal auch tatsächlich passiert war.

Vincents Beine baumelten in luftiger Höhe, denn er saß am Rand des Daches und hielt den Blick aus roten Augen weiterhin auf den Sonnenaufgang gerichtet. Es war noch still überall und Vincent mochte diese Ruhe, die leider nie lange andauerte. Aber für ein paar Momente fühlte es sich friedlich an und genau das brauchte der Dunkelhaarige.

Sein Blick schweifte zu den großen Fenstern, hinter denen Reno gerade in einem Drei-Meter-Bett nächtigte und ihm entfuhr ein sorgenvolles Seufzen. Wenn der andere wach geworden war, würde es wohl mit einem weiteren Tag voller Ausschweifungen weitergehen. Erst gestern hatte Reno ihn gezwungen mit in die Hotelbar zu kommen. Unter den ganzen betuchten Gästen waren sie aufgefallen wie bunte Hunde, aber Reno hatte sich nichts daraus gemacht. Er hatte eine Menge getrunken und sich wie immer verhalten, was auch schon das ganze Problem gewesen war. Bestimmt würde Tseng nicht erfreut sein, wenn er von den zerstörten Möbeln in Kenntnis gesetzt wurde, die bei einer Prügelei zu Bruch gegangen waren, bei der Reno maßgeblichen Anteil gehabt hatte. Sie waren nur nicht aus dem Hotel geflogen, weil bekannt war, dass Reno bei den Turks war, ansonsten wäre es nicht so gut ausgegangen.

//Ich sollte ihn vom Alkohol fernhalten//, dachte Vincent und war gerade dabei, sich einen Plan zurecht zu legen, wie dieser Tag noch ein bisschen der Ruhe behalten konnte, die beim Anblick des Sonnenaufgangs in ihm entstanden war, als es in seiner Tasche vibrierte.

Vincent verzog missbilligend das Gesicht und bereute es immer noch, das Handy von Reeve angenommen zu haben. Er hielt nicht viel von diesem Technikkram, aber Reeve hatte ihm erklärt, dass es nötig war, falls es Probleme geben sollte.

//Ich soll mich bei Tifa melden...?//, dachte Vincent verwundert, als er die knappe Botschaft Reeves gelesen hatte.

Er erhob sich besorgt von seinem Aussichtspunkt. Was konnte Tifa von ihm wollen? Ob mit den anderen alles in Ordnung war?

Vincent schüttelte über sich selbst den Kopf. Warum nahm er nur immer das Schlimmste an? Er hatte zwar schon einige mitgemacht, aber vielleicht gab es ja auch gute Nachrichten, die Tifa ihm so schnell wie möglich persönlich mitteilen wollte.

Dennoch beeilte sich Vincent, wieder durch das Fenster zu schlüpfen, durch welches er vor einiger Zeit das für ihn vorgesehene Zimmer verlassen hatte. Auch hier wartete der pure Luxus auf ihn und Vincent war einen Moment wie geblendet davon. Er hielt nicht viel von solcher Verschwendung und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er seine eigene schlichte Wohnung vorgezogen oder auch die heruntergekommene Bude Renos.

//Nur noch heute, dann wird alles wieder normal//, tröstete sich Vincent und verließ das Zimmer durch die Tür, um auf den großen Flur zu gelangen, der ihn zu Renos Zimmer führte.

Er war schon fast in der Nähe, als er Renos Fluchen hörte und sein Mund verzog sich automatisch zu einem Lächeln. Er hatte Renos ruppige Art zu schätzen gelernt und erkannte langsam sogar die Nuancen, die in dieser Eigenschaft lagen.

Die erste und subtilste Art von Renos Ruppigkeit war einfache und schlichte schlechte Laune. Eine weitere Art kam mit Stufe 2 zum Tragen, wenn Reno sauer wegen etwas war. Aber Vincents Lieblingsruppigkeit war die Stufe 3, wenn Reno sich schämte oder peinlich berührt war. Und seit durchgesickert war, dass Reno maßgeblich an der Rettung von Midgar beteiligt gewesen war, hatte der Rothaarige so einige Gelegenheiten, um peinlich berührt zu sein. Reno hatte zwar gern die große Klappe, doch wenn man zu ihm aufsah und ihn bewunderte, so konnte er nicht damit umgehen.

Erneutes Fluchen drang an Vincents Ohr und er klopfte an die Tür.

„Komm rein, Vincent und hilf mir suchen!“

//Ruppigkeit, Stufe 1//, schätzte Vincent ein, ehe er der Aufforderung folgte und anschließend zu schaute, wie Reno wie ein aufgescheuchtes Huhn durch sein Zimmer sprang.

„Was wird das, Reno?“, fragte Vincent, nicht fähig, ein Lächeln zu verbergen.

„Hörst du es nicht? Mein Einsatztelefon vibriert und ich kann es nicht finden“, knurrte Reno genervt und warf die Kissen vom Sofa, um darunter zu sehen, doch er fand nichts.

Vincent hörte nun auch das ferne Vibrieren eines Telefons und er half Reno, indem er das Geräusch mit seinen ausgezeichnetem Gehör verfolgte. Er fand das vibrierende Etwas unter dem Bett und hielt es unkommentiert in die Höhe.

„Danke“, presste Reno hervor, schnappte sich das Gerät und nahm schnellstens das Gespräch an, wobei er sich von Vincent wegdrehte.

Das Gespräch war kurz und unerfreulich, was direkt zur Ruppigkeit der Stufe 2 führte. Dies merkte man daran, dass Reno das Telefon aufs Bett warf und wie ein Rohrspatz fluchte.

„Was ist los?“

Reno zuckte zusammen und hörte auf, unflätige Worte von sich zu geben. Ihm fiel ein, dass Vincent ja noch im Raum war und er sah sich langsam nach ihm um, das Gesicht flammend rot.

„Entschuldige...“

Vincent nickte nur nachsichtig und verdeckte sein Lächeln mit dem Kragen seines Mantels.

//Und Ruppigkeit, Stufe 3.//

„Was ist los?“, erkundigte sich Vincent und sah zu, wie Reno sich auf das Bett fallen ließ.

„Das war ein übellauniger Tseng. Anscheinend musste er seinen Urlaub mit Elena abbrechen, weil in Midgar eine Menge Menschen verschwunden sind. Er erwartet, dass ich sofort zum Hauptquartier komme und die Sache schnell aufkläre“, knurrte der Rothaarige.

„Ich kann dir helfen“, bot Vincent an, doch Reno schüttelte den Kopf.

„Nein, das ist bestimmt nur ein Fehler von den Statistikleuten. Ich kläre das kurz und dann genießen wir unseren letzten Urlaubstag auf Tsengs Kosten“, meinte er und schwang sich wieder vom Bett.

Er schnappte sich seinen Schlagstock, der achtlos auf dem Boden gelegen hatte und befestigte ihn an der Halterung an seiner Hüfte.

Anscheinend beschwingte es ihn ungemein, noch einen weiteren Tag auf Tsengs Kosten zu verbringen und auf einmal hatte er es eilig.

„Dann werde ich Tifa besuchen. Sie wollte mich sehen“, meinte Vincent und Reno nickte.

„Ja, mach das. Ich komme dann im 7th heaven vorbei, wenn ich fertig bin. Bis später“, sagte er und schon war er weg.

Vincent grübelte derweil noch vor sich hin. Hohes Vermisstenaufkommen in Midgar? Und ausgerechnet am gleichen Tag wollte Tifa ihn sehen?

//Das kann kein Zufall sein//, dachte er düster und machte sich ebenfalls auf den Weg, allerdings nahm er eine Abkürzung über die Dächer.

Er hoffte wirklich, dass es nicht schon wieder ein Weltuntergangsszenario war, denn er hatte selbst bereits genug Probleme.

Alte und neue Probleme

Auf seinem Weg zum Hauptquartier mied Reno allzu befüllte Plätze und auch die Orte, wo er bekannt war. Er hatte keine Lust auf Gespräche und erst recht nicht auf die Art Kommunikation, wie Leute auf ihn zukamen und ihm überschwänglich dankten. Reno konnte nicht damit umgehen, weil er als einer der Turks eher im Untergrund arbeitete, doch damit schien es vorbei zu sein. Dabei wollte Reno nichts weniger als eine Heldenrolle, denn dafür war er nicht gemacht. Nach Dienstschluss waren ihm die Belange anderer eigentlich ziemlich egal und so kam er sich unter den vielen bewundernden und dankbaren Blicken und Äußerungen vor wie ein Lügner.

Der Rothaarige sondierte die Lage, ehe er den Platz vor dem Hauptgebäude betrat. Wenn er nur schnell und zügig zum Eingang kam und sich danach gleich zu den Treppen aufmachte, würde er kaum Gelegenheit haben, mit jemanden ins Gespräch zu kommen und genau das war sein Ziel.

Reno atmete tief durch, rückte seine Fliegerbrille auf seiner Stirn zurecht, schob seine Hände in die Taschen seiner Anzugshose und lief im normalen Tempo und mit dem Blick stur auf den Eingang gerichtet auf das Hauptgebäude zu. Wenn er nur die automatische Glastür anschaute, würde er keinem anderen Augenpaar begegnen können und niemand konnte auf die Idee kommen, ihn anzusprechen... dachte Reno.

„Da ist Reno von den Turks!“, rief jemand und viele Stimmen jubelten so plötzlich, dass Reno seinen Blick von der Tür abwandte.

Verdammte Neugier.

Er sah eine Menge Menschen, vorzugsweise Frauen, die ihm zujubelten und sie hatten Geschenke für ihn dabei, während sie ihm mehr oder weniger eindeutige Angebote zuriefen. Sie wollten Dates, Küsse und in den Genuss der Gesellschaft eines Helden kommen, doch Reno war nicht gewillt, irgendeinen dieser Wünsche zu erfüllen. Aber da er dennoch wusste, was sich gehörte, hob er eine Hand zum kurzen Gruß, was seinen Fanclub nur noch mehr zum Jubeln anstiftete. Reno machte, dass er wegkam und ließ die Frauen hinter sich, um sich in die Sicherheit des Hauptgebäudes zu flüchten.

In der großen Haupthalle mit der gläsernen Überdachung atmete der Rothaarige zum ersten Mal auf. Hier würde er nicht so belagert werden und es würde nicht mehr geben als ein paar Handreichungen und kumpelhafte Schläge auf seine Schultern. Es war nicht so, dass Reno das angenehm war, aber es war besser als ein Haufen Frauen, die seinen Namen riefen und Kinder von ihm wollten, nur weil er das Richtige getan hatte.

Reno schüttelte ein Erschaudern ab, wandte sich nach links und stieß die signalrote Tür zum Treppenhaus auf. Die Stille, die ihn dort erwartete, war Balsam für seine Seele und mit einem erleichterten Seufzen erklomm er Stufe um Stufe.

Da er einen langen Weg bis zum höchsten Stockwerk vor sich hatte, blieb ihm eine Menge Zeit, um nachzudenken und das tat er dann auch. Seine Gedanken wanderten automatisch zurück zu seinen Plänen, die er in dem Luxushotel unbedingt noch verwirklichen wollte. Er wollte unbedingt noch ein Bad in diesem riesigen Becken nehmen, welches den Begriff Badewanne nahezu sprengte. Dazu wollte er alle möglichen Duftöle ins Wasser gießen und sehen, ob er das Badezimmer in einem Schaummeer ertränken konnte, welches so groß war wie seine gesamte Wohnung. Reno überlegte, ob er Vincent auch dazu überreden können würde, doch er glaubte nicht wirklich daran.

//Er könnte auch mal ein bisschen über die Stränge schlagen//, dachte der Rothaarige und ärgerte sich sogleich, dass Vincent keine Anerkennung erfuhr, obwohl er maßgeblichen Anteil daran gehabt hatte, dass Hojo ihnen und Midgar nicht mehr schaden konnte.

Die Leute maßen ihn immer noch mit Argwohn, außer jene, die ihn kannten und mit ihm gearbeitet hatten, doch der Hauptteil der Bevölkerung wollte lieber, dass Vincent sich tagsüber lieber nicht zeigte. Sie hatten Angst vor ihm, dabei hatte der andere doch die Protomateria wieder und Chaos war wieder in Vincents Innerem eingeschlossen.

Reno schüttelte den Kopf und seufzte. Ihm wollte einfach nicht einfallen, wie er die Situation für Vincent Valentine besser machen konnte. Der andere war ein wirklicher Held und er verdiente so viel mehr im Leben als dass ihm Angst und Misstrauen entgegen gebracht wurden.

Der Rothaarige mit der Fliegerbrille erreichte das oberste Stockwerk und beschloss, dass er seine Sporteinheit für heute damit abgegolten hatte. Er verließ das Treppenhaus durch eine mintgrüne Tür und fühlte sich nun endlich sicher, denn hier waren nur die Turks vertreten.

Zielstrebig ging Reno auf eine breite braune Tür zu und nachdem er diese überwunden hatte, stand er in eine Art Pausenraum. Elena war dort gerade dabei sich eine Tasse Kaffee einzuschenken und Reno lächelte sie breit an.

„Hey Elena“, grüßte er und sie lächelte zurück.

„Hallo Reno.“

Sie sah ein wenig müde aus, anscheinend hatte sie der Befehl zum Abbruch des Urlaubs sehr plötzlich ereilt.

„Ist alles okay?“, fragte er und Elena lächelte erneut.

„Nach diesem Kaffee wird alles okay sein, ja“, meinte sie und Reno grinste.

„Hat Tseng dich nicht schlafen lassen?“, fragte er anzüglich und die blonde Turk errötete bis in die Haarwurzeln.

„Das geht dich gar nichts an, was der Chef und ich tun!“, zischte sie und Reno lachte.

„Anscheinend nichts, wenn du ihn immer noch Chef nennst.“

Reno erheiterte es ungemein, dass Elena nichts von ihrer Art eingebüßt hatte, aber gleichermaßen tat ihm Tseng, das Oberhaupt der Turks, sehr leid. Mit Elena hatte er sich keine leichte Partnerin herausgesucht. Sie war sehr schüchtern und auf ihre Arbeit bedacht und obwohl sie Tseng sehr verehrte und schon immer für ihn geschwärmt hatte, wäre es ihr wohl nie im Traum eingefallen, dass sie je mit ihm zusammenkommen würde. Doch genau das war passiert und nun musste Elena sich an eine völlig neue Rolle gewöhnen.

„Du gewöhnst dich schon dran. Spätestens, wenn ihr das erste Mal im Bett gelandet seid“, grinste Reno weiter und Elena sah ihn entsetzt an.

„Reno, sag doch nicht sowas!“, piepste sie und ihr Gesicht nahm einen noch dunkleren Farbton an, was Reno sehr amüsierte.

„Was denn? So etwas tun Männer und Frauen nun mal“, sagte er achselzuckend, dann ließ er Elena einfach stehen und marschierte direkt zu Tseng, der in seinem Büro an der Fensterfront stand und auf die Stadt herabblickte.

„Hallo... Chef“, gluckste der Rothaarige und Tseng gab ein Seufzen von sich.

„Du hast also mit Elena geredet...“

Reno ließ sich auf einen der Besucherstühle direkt vor dem Schreibtisch sinken und schlug die Beine übereinander.

„Ließ sich nicht vermeiden“, antwortete er immer noch grinsend.

Tseng ließ dem anderen seine Schadenfreude und beschloss, es ihm später zurück zu zahlen, sobald das neue Problem geklärt war.

„Also dann, Spaß beiseite. Welchen Statistiker muss ich vermöbeln, der uns allen den Urlaub verdorben hat?“, fragte Reno jetzt und beschloss damit, etwas Arbeitsmoral zu zeigen.

Tseng schüttelte den Kopf.

„Keinen. Die Zahlen sind echt und das heißt, wir haben es mit einem besorgniserregenden Verschwinden von Menschen zu tun.“

Reno runzelte die Stirn.

„Das ergibt doch keinen Sinn. Die Zahlen sprachen von knapp zweihundert Menschen, die einfach verschwunden sind“, rekapitulierte er und Tseng nickte.

„Richtig, es ergibt keinen Sinn. Weder die Zahlen, noch die Art des Verschwindens. Es ist, als hätten sie sich einfach in Luft aufgelöst.“

Reno sinnierte eine Weile darüber, dann erhob er sich pflichtschuldig.

„Ich kümmere mich sofort darum und höre mich bei Brave um. Wenn jemand etwas weiß, dann wohl er.“

„Ich werde mich währenddessen mit Reeve in Verbindung setzen, wir müssen den Schutz der Stadt verstärken und verhindern, dass so etwas wieder passiert. Soll Elena mit dir kommen?“

Reno zögerte, dann schüttelte er den Kopf.

„Nein, danke. Ich habe bereits einen Partner“, meinte er und Tseng lächelte kurz.

„So, so...“

Reno sah ihn genau an und versuchte zu ergründen, was dieses „So, so...“ zu bedeuten hatte, aber Tseng ließ sich wie immer nicht in die Karten schauen.

„Wie auch immer. Ich gehe jetzt und mache Meldung, sobald ich etwas erfahren habe. Bis später“, zuckte Reno mit den Schultern und kurz darauf war er aus dem Büro gelaufen, um sich der Sache so schnell wie möglich anzunehmen.

„Da hatte es ja jemand eilig“, wunderte sich Elena, die Tseng kurz darauf aufsuchte.

„Anscheinend hat der Urlaub im teuersten Hotel der Stadt großen Motivationscharakter“, sagte der Chef der Turks und wandte sich der blonden Frau zu.

Er kam um den Schreibtisch herum und kam langsam auf sie zu. Sie rührte sich nicht, ging mit seiner Handlung konform und er freute sich, dass sie seine Hand nicht abwehrte, die er mit seiner ergriff. Sie schauten beide auf ihre miteinander verschränkten Hände und fühlten die Berührung sehr bewusst.

„Ich verspreche dir, dass die Angelegenheit so bald wie möglich vom Tisch ist. Dann können wir wieder Zeit miteinander verbringen“, sagte der Dunkelhaarige und Elena lächelte.

„Meinst du, Reno schafft das allein?“

„Oh, er ist nicht allein. Er sagte, er hat einen Partner“, entgegnete Tseng amüsiert und Elena schaute mit großen Augen zu ihm auf.

Ja, es war durchaus unglaublich. Reno, der sich nach Rudes Ausscheiden immer gegen einen neuen Partner gewehrt hatte, bezeichnete Vincent Valentine nun freiwillig als solchen.

„Das dürfte interessant werden“, fügte Tseng hinzu und Elena musste ihm zustimmen.

Dieses ungleiche Team würde wohl mit einigen aufwarten, da waren sie sich beide einig.
 

Vincent sprang vom Dach und landete leichtfüßig in der Gasse, in der das „7th Heaven“ lag. Von außen gab es vielleicht nicht viel her, aber Tifa hatte sich so einen guten Namen mit der Bar gemacht, dass jeder über das unscheinbare Äußere hinweg sah. Jeder kam hierher und genoss die Gesellschaft aller, während Tifa umher schwirrte und sich Sorgen und Nöte anhörte, während sie sorgsam zubereitete Getränke ausschenkte. Diese Sorgen und Nöte waren wiederum die Grundlage für den Botendienst, den Cloud anbot. Botendienste war vielleicht ein etwas allgemeiner Begriff für das, was der Blonde machte, aber man wollte ja nicht kleinlich sein.

Vincent ging zum Haupteingang, als ihm ein Schild auffiel, welches mit einem Nagel notdürftig befestigt worden war.

„Heute geschlossen“, las der Dunkelhaarige und seiner Verwirrung darüber verstärkte nur noch seine Sorge.

Tifa hatte die Bar noch nie geschlossen, zumindest konnte Vincent sich nicht daran erinnern. Er umrundete das Haus und sah in der Küche Licht, daher klopfte er dort ans Fenster. Die Jalousie wich kurz nach oben, als Tifa daraufhin nach dem Rechten sah und Erleichterung erhellte kurz ihre müden Gesichtszüge. Sie deutete in die Richtung, in der der Haupteingang lag und Vincent nickte, ehe er abermals das Haus umrundete.

Die schwarzhaarige Barfrau öffnete ihm einen Spalt breit die Tür, dann schloss sie sie hastig wieder und Vincent konnte kaum noch an sich halten. Seine Sorge wollte nach draußen, er wollte wissen, was er tun konnte, um Tifas offenkundige Sorgen zu mildern, doch er hielt sich zurück. Tifa sah nicht danach aus, als könne sie einem Wortangriff von ihm jetzt standhalten und so wartete er.

Tifa seufzte und setzte sich auf einen der Barhocker. Sie klopfte neben sich auf einen weitere Sitzgelegenheit, doch Vincent schüttelte langsam den Kopf. Eine Weile herrschte Stille, dann stand Tifa wieder auf, trat hinter die Bar und begann, Kaffee zu kochen. Die in die Jahre gekommene Kaffeemaschine röchelte vor sich hin, begehrte kurz auf und kam scheinbar zum Stillstand, dann röchelte sie noch einmal und verfuhr in normaler Weise fort, das dunkle Gebräu in eine Kanne zu produzieren.

Tifa war dabei hochkonzentriert, doch Vincent wusste, dass das ihre Taktik war, um dem Unvermeidlichen aus dem Weg zu gehen. Doch er ließ ihr diese Möglichkeit, um sich zu sammeln und wartete weiter ab.

Der Kaffee war durchgelaufen und Tifas Hand zitterte, als sie sich eine Tasse nahm und das dunkelbraune Gebräu hineinschüttete. Sie trank den Kaffee so wie er war und sie verzog das Gesicht, doch dennoch trank sie noch einen Schluck und noch einen, bis Vincent zu ihr trat, ihr die Tasse abnahm und sie auf die Theke der Bar stellte.

„Was ist los, Tifa...?“, fragte Vincent leise und sofort wurde Tifas Erschöpfung wieder ersichtlich.

Sie sah blass und abgekämpft aus und in ihren Augen lag ein verzweifelter Ausdruck.

„Es geht um Cloud. Es geht ihm nicht gut“, sagte sie.

Vincent wartete auf weitere Informationen und Tifa atmete tief durch, um ihm genau das zu geben.

„Es ging gestern Abend los. Er hat sich nicht gut gefühlt und hat sich hingelegt... seitdem hat er Fieber und die ganze Zeit Alpträume. Ich war die ganze Nacht auf und habe nach ihm gesehen, aber egal, was ich auch tue, das Fieber sinkt nicht und seine Alpträume hören nicht auf. Er schreit manchmal einfach nur und ich... ich weiß nicht, was ich tun soll“, sagte Tifa und ihre Stimme wurde immer leiser.

„Wo ist er?“, wollte Vincent wissen und Tifa wies schwach auf die Tür hinter der Bar, die zu den privaten Räumen führte.

Die beiden setzten sich in Bewegung und fanden Cloud nach wie vor fiebernd in seinem Bett. Seine Stirn war schweißnass und sein Gesichtsausdruck verhieß maßloses Leid. Es ging ihm gar nicht gut und Vincent wusste, dass seine Sorge gerechtfertigt gewesen war.

Tifa trat an Clouds Bett heran und wandte sich einer Waschschüssel zu, in der ein Waschlappen trieb. Sie nahm den Stoff und wrang ihn aus, ehe sie ihn auf Clouds Stirn legte und den Waschlappen, der bisher auf dessen Haut gelegen hatte, damit austauschte.

„Ich habe schon sämtliche Heilmethoden ausprobiert, die mir einfielen, aber das Fieber geht einfach nicht runter... vielleicht muss er in ein Krankenhaus, aber ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Und er hasst doch Krankenhäuser“, flüsterte Tifa und Vincent verstand ihre Bedenken.

Plötzlich spannte sich Clouds gesamter Körper an und er begann zu schreien. Unverständliche Worte kamen aus seinem Mund, mehr ein Wimmern von Lauten als klar gesprochene Phrasen. Seine Hände verkrampften sich in seine Decke und er schrie sich heiser, während er zitterte und um sich schlug.

Der Anblick alleine sorgte Vincent, denn er wusste, dass es nicht einfach für Tifa sein musste, wenn sie Cloud so sah. Am liebsten hätte er sie fortgeschickt, doch er kannte die Frau gut genug, um zu wissen, dass sie nicht von Clouds Seite weichen würde.

Nachdenklich schaute Vincent auf Cloud, während Tifa versuchte, den Blonden ruhig zu halten. Da fiel ihm etwas am Arm des anderen auf und Vincent kam geschwind zum Bett, um die Stelle zu untersuchen.

„Was ist?“, fragte Tifa alarmiert und Vincent stieß einen wüsten Fluch aus. „Was ist, Vincent, bitte sag es mir!“

Vincent hob Clouds Arm in die Höhe und zeigte Tifa die schmalen schwarzen Linien, die noch nicht so gut sichtbar waren, dafür aber dabei waren, anzuschwellen und sich zu vergrößern.

„Geostigma...“

Geostigma

Reno war froh, endlich bei Braves Bar zu sein. Er hatte abertausend Schleichweige nutzen müssen, weil seine Fans überall zu lauern schienen.

„Ich habe nicht mal um Fans gebeten“, schimpfte der Rothaarige in sich hinein und schüttelte mit dem Kopf.

Natürlich war es zuträglich für Turks, wenn sie mehr Aufmerksamkeit bekamen, denn dann kamen auch mehr Aufträge herein, die das eigentliche Unternehmen stützen sollten. Aber zu viel Aufmerksamkeit konnte diese Operationen auch gefährden und einschränken und wenn Reno nun jedes Mal Zeit verlor, nur, weil er an seinen Fans vorbei musste, würde das seine Bearbeitungsrate massiv beeinflussen.

Reno betrat die Spelunke und machte Brave sofort aus. Der beleibte Barbesitzer saß mal wieder im hinteren Teil der heruntergekommenen Bar und wickelte ein paar Geschäfte ab. Da Brave einer der Hauptinformanten für die Turks war, sah man über seine Machenschaften hinweg, aber Reno nahm sich vor, Brave auf die Finger zu schauen, damit der Barbesitzer nicht auf falsche Gedanken kam. Sicher war sicher.

Brave brach das Gespräch sofort ab, als er Reno sah und er stand auf, um den Turk zu begrüßen.

„Na, wenn das nicht mein Lieblingsturk ist!“, rief er dröhnend und lachte, ehe er Reno kumpelhaft auf die Schulter klopfte.

Sein Geschäftspartner verzog sich an einen anderen Tisch und machte Reno damit einen Platz frei, welcher dies nur zu gerne annahm. Brave ergriff einen frischen Becher und wollte ihn mit etwas füllen, was nach purem Alkohol stank, doch Reno schüttelte den Kopf.

„Trink allein, ich bin im Dienst.“

Brave stellte sofort die Flasche wieder zurück auf den Tisch und beugte sich interessiert vor, was bei seiner Körperfülle ein kleines Hindernis war.

„Womit kann ich dir helfen?“, fragte er und Reno kam zur Sache.

„Ich brauche Informationen. Es verschwinden Menschen und das nicht gerade wenig“, meinte er und Brave nickte verstehend.

„Das Gleiche ist mir von meinen Quellen schon zu Ohren gekommen. Das Problem ist, dass ich dir dieses Mal nicht helfen kann. Diese verschwundenen Menschen verschwinden quasi über Nacht. Sie gehen nach Hause und am nächsten Morgen gehen sie nicht auf Arbeit. Es ist als wären sie am Abend niemals zuhause angekommen, obwohl man sie doch durch die eigene Haustür hat gehen sehen. Etwas Verrücktes geht hier vor, Reno“, sagte Brave im verschwörerischen Ton und Reno verspürte Unbehagen.

„Das heißt, du kannst mir keine Auskunft geben“, fasste der Rothaarige zusammen und Brave seufzte.

„So leid es mir tut, Reno. Dieses Mal weiß ich gar nichts, aber ich werde weiter Augen und Ohren offenhalten. Mir wird ab sofort nichts mehr entgehen, ich schwöre es dir.“

Reno erhob sich wieder von seinem Platz und nickte, ehe er sich per Handschlag von Brave verabschiedete.

„In Ordnung. Ich hoffe, ihr höre bald von dir“, sagte er noch, dann verließ er die Bar wieder und machte sich auf den Weg zu Vincent, um ihn über die neuesten Entwicklungen zu informieren.
 

„Geostigma?“, wiederholte Tifa ungläubig, dann schüttelte sie den Kopf. „Wir haben es doch aufgehalten. Wie ist das möglich?“

Sie starrte auf Clouds Arm, wo sich deutlich das schwarze Mal abhob und Angst durchflutete ihren gesamten Körper.

„Ich weiß es nicht, Tifa. Aber es ist eindeutig“, antwortete Vincent ihr und legte Clouds Arm wieder auf dem Bett ab.

Die Krankheit war schon einmal vor einigen Jahren ausgebrochen und nur durch das heilende Wasser der alten Kirche waren die Male namens Geostigma von den Körpern der Erkrankten verschwunden. Damals hatten sie alle geglaubt, dass die Krankheit nicht wieder auftreten würde, doch anscheinend hatten sie falsch gedacht.

„Wir müssen ihn zur Kirche bringen“, sagte Vincent, doch Tifa schüttelte den Kopf.

„Das würde wegen seines Zustands ewig dauern. Er hat noch immer Fieber und nicht einmal bei Bewusstsein. Lass mich gehen, ich bringe das Wasser hierher“, sagte sie und Vincent stimmte ihr schließlich zu.

Tifa machte sich sofort auf den Weg nachdem sie ein geeignetes Gefäß für den Transport gefunden hatte und Vincent blieb bei Cloud zurück. Besorgt nahm er wahr, wie sich das Geostigma deutlicher auf Clouds blasser Haut zeigte und mit jeder schwarzen Linie, welche sich nach und nach bildete, nahm auch die Unruhe des jüngeren Mannes zu. Fiebriger Schweiß war auf seiner Stirn zu sehen, er zitterte am ganzen Körper, die Anspannung hatte vollkommen von ihm Besitz ergriffen und er schien immer mehr an Kraft zu verlieren.

Vincent beobachtete jede Veränderung genau, doch er kam recht schnell zu dem Schluss, dass er einen völlig anderen Verlauf der Krankheit vor sich hatte. Das letzte Mal hatte Cloud sogar noch gekämpft, doch dieses Mal zwang ihn das Geostigma vollkommen in die Knie und er verlor rapide an Stärke. Noch dazu litt er wieder an Alpträumen, die ihn ruhelos den Kopf hin und her werfen ließen. Ebenso unruhige Laute drangen über seine trockenen Lippen, die Vincent mit einem feuchten Stück Stoff benetzte, damit sie nicht einrissen.

In Vincents Inneren meldete sich Chaos. Es war als würde er ruhelos auf und ab gehen und einen unsichtbaren Feind anknurren, doch seine Fänge bekamen nur Luft zu fassen und sonst nichts. Vincent brauchte all seine Selbstbeherrschung, um Chaos ruhig zu halten und es fiel ihm schwer. Überhaupt hatte er seine Schwierigkeiten damit, Chaos im Zaum zu halten, seitdem ihm die Protomateria ein weiteres Mal entrissen worden war. Recht oft übernahmen Chaos Sinne und Vincent konnte schärfer sehen, besser hören und er bewegte sich so schnell wie Chaos, ohne die volle Verwandlung durchgezogen zu haben. Der Nachteil waren die körperlichen Veränderungen wie goldgelbe Augen oder die spitzen Zähne, die er dann stundenlang nicht losbekam. Noch konnte Vincent diesen Umstand verbergen, aber er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er dem Tier in sich unterliegen würde.

Clouds Zustand war ein Vorzeichen zu etwas unglaublich Schlimmen und Vincent nahm sich vor, seinen Freund zu beschützen, egal, was auch kam. Er würde nicht zulassen, dass das Böse in Form des Geostigmas sich wieder überall zeigte und sie alle auseinander riss. Er würde die Hoffnungslosigkeit von damals nicht zulassen und er würde keine Opfer zulassen, das alles würde nicht geschehen, solange er noch klar denken konnte.

Ein Klopfen an der Hintertür schreckte Vincent aus seinen Gedanken und instinktiv griff er nach der Cerberus an seiner Seite. Als er das kalte Metall berührte, wurde er sofort konzentrierter, aber dennoch sorgte das plötzlich freigesetzte Adrenalin dafür, dass sich Chaos in seinem Inneren gegen die mentalen Barrieren wehrte, die Vincent ihm auferlegt hatte.

Erneutes Klopfen folgte und Vincent schlich sich zum Fenster, um durch den schmalen Spalt zu schauen, welcher von den zugezogenen Vorhängen umrahmt wurde. Das rote Haar und die Fliegerbrille waren unverkennbar und sein Herz zog sich sehnsüchtig zusammen, während Chaos in seinem Inneren andächtig zu verstummen schien, ehe er verlangend knurrte.

Vincent riss sich aus diesen Empfindungen heraus, weil er gerade nicht darüber nachdenken wollte, außerdem hätte er sich in diesem Punkt nur im Kreis gedreht. Seit Reno ihm die Protomateria zurückgegeben hatte, hatte sich etwas verändert, aber je mehr er darüber nachdachte, umso weniger wollte es ihm einfallen. Also hatte er beschlossen, dieses Thema großzügig zu umschiffen, genauso wie es Reno anscheinend ebenfalls tat.

Sie verstanden sich immer noch gut, aber etwas war anders. Eine Art Gehemmtheit stand zwischen ihnen und Vincent kam einfach nicht darauf, warum dem so war. Aber gerade jetzt hatten sie sowieso andere Probleme, als das dafür Zeit gewesen wäre.

Vincent ging an die Hintertür und öffnete Reno.

„Na endlich, ich dachte, ich müsste draußen versauern. Ich bin hier nicht so beliebt, daher hätte das schiefgehen können“, sagte dieser, als er eintrat.

Vincent erwiderte nichts darauf, denn es war Unsinn was Reno erzählte. Seit sie Midgar gemeinsam gerettet hatten, war ihr Ansehen gestiegen, etwas, was Vincent nicht für möglich gehalten hatte. Gerade in Vincents Fall war das Umdenken erstaunlich. Die Menschen wichen seinem Blick nicht mehr so oft aus wie früher und manche grüßten ihn sogar vorsichtig und gingen auf ihn zu. Was er niemals für möglich gehalten hatte, war eingetreten und ebenso war es bei Reno, nur, dass dieser eigentlich nur beliebter geworden war.

„Ich war am Haupteingang, aber da war abgeschlossen. Es ist ungewöhnlich, dass dieser Laden mal dicht ist und nicht die Gäste, wenn du verstehst“, bemerkte Reno jetzt und wenn es eine normale Situation gewesen wäre, hätte Vincent vielleicht darüber gelacht.

„Tifa kümmert sich um Cloud. Seine Geostigma sind wieder da“, sagte er stattdessen und er hatte sofort Renos volle Aufmerksamkeit.

„Was? Sag nicht, diese Scheiße ist wieder in der Stadt!“

Reno war eine Nuance blasser geworden und Vincent ahnte sofort warum. Nicht nur Cloud hatte damals an Geostigma gelitten, sondern auch Rufus Shinra, sozusagen der Chef der Turks.

„Es spricht viel dafür, dass es eine Wiederansteckung ist. Ich vermute, dass die Krankheit all jene befällt, die sie schon einmal hatten. Dieses Mal ist die Erkrankung allerdings viel schwerwiegender“, vermutete Vincent und Reno fluchte leise vor sich hin.

„Ich muss zu Rufus“, vermeldete er dann und machte auf dem Absatz kehrt, was Vincent nur allzu gut verstehen konnte.

„Behalte alle im Auge, die du kennst und die schon eine Geostigmaerkrankung hatten. Sie brauchen das Wasser aus der Kirche.“

Reno nickte bei Vincents Worten und wandte sich dann wieder der Tür zu. In diesem Moment wurde die Hintertür aufgemacht und Tifa stolperte herein. Sie war blass und völlig durcheinander, so dass Vincent bereits die nächste Katastrophe riechen konnte.

„Tifa, was ist los?“, sprach Reno es aus, als die junge Frau sich ein paar Mal mit den behandschuhten Händen durch die dunklen Haare gefahren war.

Tifa atmete tief durch, aber dennoch erschien sie den beiden Männern nach wie vor sehr durcheinander zu sein. Sie beschwerte sich nicht einmal, dass Reno hier war, obwohl sie Cloud sicher vor jedem beschützen wollte und dazu gehörte auch, dass sie Clouds Zustand sicher so wenig Menschen wie möglich mitteilen wollte. Doch anscheinend waren ihre Neuigkeiten so schockierend, dass sie diesen Schutzmechanismus vollkommen abgestellt hatte und Reno war nicht böse darum.

„Tifa, rede mit uns“, forderte Reno nun, da sie einfach keinen Ton von sich gab, sondern nur verzweifelt zwischen den Männern hin und her blickte.

Sie ging zu Clouds Lager, setzte sich auf einen Stuhl und schaute ihn verzweifelt an. Dann wandte sie den Blick langsam wieder zu Vincent und Reno.

„Es gibt kein Wasser mehr in der Kirche...“, sagte sie schließlich und Reno und Vincent warfen sich einen alarmierten Blick zu.

„Was?“, fragte Reno tonlos und ihm wich erneut alle Farbe aus dem Gesicht.

Vincent ging zu Tifa und hockte sich vor sie. Er ergriff ihre Hände und sie sah ihn an, als wären sie bereits besiegt worden.

„Es gibt kein Heilmittel mehr... und es geht ihm so schlecht. Was mache ich nur, wenn er stirbt?“, wisperte sie und Vincent folgte ihrem Blick, als sie Cloud auf seinem Lager anschaute.

Es klang bereits danach, als würde Tifa aufgeben, doch Vincent sah das nicht ein, ebenso wenig wie Reno.

„Gib nicht schon auf. Wir haben es das letzte Mal auch geschafft, also fällt uns wieder etwas ein“, bestimmte Reno und Vincent nickte zustimmend.

Der Rothaarige wandte sich nun erneut zur Tür.

„Ich werde nach Rufus sehen und komme bald wieder. Ich muss das Hauptquartier unterrichten und die Stadt muss Maßnahmen ergreifen. Wir kriegen das hin“, bestimmte er und er klang so selbstsicher, dass Vincent es ihm beinahe abgenommen hätte.

Doch die Wahrheit war, dass sie nicht den geringsten Schimmer hatten, was sie tun sollten. Das Einzige, was ohne Zweifel feststand, war, dass die Lage ernster war als sie gedacht hatten...

Sephiroths Ruf

Reno rannte so schnell er konnte durch die Straßen, bis er zu dem Apartmentkomplex gelangte, in welchem Rufus unter falschem Namen wohnte. Elena und Tseng warteten bereits auf ihn und dass sie da waren, beruhigte Reno ungemein. Die Entdeckungen der letzten Stunde nagten an ihm und daher mussten sie einfach wissen, wie es um Rufus stand.

Reno stoppte unmittelbar vor Tseng und Elena und holte erst einmal tief Luft.

„Ist es wirklich wahr?“, fragte Elena zögernd und Reno war nur zu einem knappen, ernsten Nicken fähig.

„Es war richtig, uns zu unterrichten. Hoffen wir, dass Vincents Annahme nicht wahr ist. Falls doch...“

Tseng sprach nicht weiter und trotzdem wussten Elena und Reno was Fakt war. Wenn sich die Annahme bestätigte, dass auch Rufus wieder an Geostigma litt, so war es sehr wahrscheinlich, dass jeder wieder daran litt, der vorher ebenfalls schon daran erkrankt gewesen war. Da das Heilmittel nun nicht mehr existierte, war diese Aussicht sehr beunruhigend.

Die drei Turks gingen zur Rückseite des Gebäudes, um zuerst auf dem Parkplatz nachzusehen, ob Rufus Wagen dastand. Sie fanden den unauffälligen, dunkelblauen Transporter recht schnell, aber sie wussten alle, dass dies nichts heißen musste.

Sie nahmen die Feuertreppe, die durchgängig zum Dachgeschoss führte, wo Rufus recht abgeschieden lebte. Seit der ganzen Geostigma-Geschichte vor einigen Jahren hatte er sich gänzlich zurückgezogen und arbeitete aus dem Verborgenen heraus. Da er als Shinra-Spross nach wie vor nicht sehr beliebt war und nicht gewillt war, aktiv etwas dagegen zu tun, hatte er sich für ein Leben im Exil entschieden. Natürlich sah dieses Exil nicht wie ein 0-8-15-Exil aus, wo man nur das Nötigste hatte, das verstand sich schließlich von selbst.

Tseng, Reno und Elena gingen den Gang entlang und kamen vor der letzten Tür an. Sie klopften an, doch es erfolgte keine Reaktion. Tseng versuchte es nochmal, dieses Mal entschiedener, doch wieder hörten sie nichts im Inneren der Wohnung.

„Vielleicht ist er auf dem Klo?“, meinte Reno, aber innerlich war er sich sicher, dass sie genau das finden würden, was Vincent vermutet hatte. „Mir wäre es zumindest lieber, er wäre dort und es ginge ihm gut, als diese verfluchten Geostigma. Das letzte Mal hatten wir es mit einer Horde Zombiekindern zu tun und einem verdammten Bahamut, der die Stadt dem Erdboden gleichmachen wollte.“

„Herrgott Reno, hör auf zu reden!“, zischte Tseng, denn das Gerede des anderen sorgte nicht gerade dafür, dass irgendeiner der Anwesenden noch ruhig bleiben konnte.

Er betätigte das Bedienfeld an der rechten Seite der Tür und tippte den vierstelligen Code ein, um ins Innere der Wohnung zu gelangen. Der Zugriff wurde gewährt und die Tür öffnete sich wie von Zauberhand, so dass Tseng, Reno und Elena weitergehen konnten.

Die Wohnung mutete verlassen an, alles war dunkel. Nur im geräumigen Wohnzimmer flimmerte irgendein Film über die Mattscheibe, allerdings ohne Ton. Ansonsten war die Wohnung ein heilloses Durcheinander, doch es gab keine Spur von Rufus höchstselbst, so gründlich sie auch die Räume durchsuchten.

„Verflucht!“, gab Reno von sich und kickte den herumliegenden Papierkorb zur Seite.

„Ganz ruhig, Reno, vielleicht gibt es noch eine andere Erklärung“, sagte Elena überlegt, doch auch in ihr regten sich Zweifel.

„Ich denke nicht“, sagte Tseng nun auch und hob etwas vom Boden auf, dass er seinen Kumpanen zeigte.

Es handelte sich um Verbandsmaterial, an welcher eindeutig die schwarzen Partikel des Geostigma klebten. Es war eindeutig, dass Rufus ebenfalls wieder erkrankt war und nun war er verschwunden, was nichts Gutes bedeuten konnte.

„Vielleicht hat er sich auch in Behandlung begeben oder sucht selbst nach einem Heilmittel, ihr wisst doch, wie er ist“, bemerkte Reno etwas mutlos, aber die anderen sahen ihn beinahe etwas hoffnungsvoll an.

Soweit war es schon gekommen, dass er zum Hoffnungsträger wurde... die Turks waren in dieser Lage einfach nur wie ein Haufen kopfloser Hühner.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Elena.

In diesem Moment besann sich Tseng gerade rechtzeitig wieder auf seine Anführerrolle und er verteilte Anweisungen.

„Reno, du gehst du Vincent und den anderen. Sie müssen diejenigen warnen, die bereits die Geostigma hatten. Ich denke, Tifa kann dir dabei eine große Hilfe sein und Vincent ohne Frage ebenfalls. Elena, du musst zum Hauptquartier und die WHO benachrichtigen und mobilisieren. Vielleicht verfügen sie noch über ein paar Reste des Heilmittels, um es zu analysieren und reproduzieren zu können. Ich werde hier einen stummen Alarm installieren, falls jemand hierher kommen sollte und euch dann in drei Stunden im Hauptquartier treffen. Bis dahin will ich vollen Einsatz, verstanden?“

Reno und Elena nickten entschlossen und wie auf ein Startsignal schwärmten die Turks aus, um erneut die Arbeit zu verrichten, für die sie gemacht waren.
 

Immer mehr Gefolgsleute kamen stetig zu ihnen und die Resonanz war wesentlich stärker als beim letzten Mal. Natürlich würden sie dadurch auffallen, aber mit Sephiroth an ihrer Seite würden sie ihren Gegnern haushoch überlegen sein.

Kadaj lächelte seinen Brüdern zu und er war außerordentlich zufrieden. Dankbar schaute er zu seinem großen Bruder, der auf einer Anhöhe stand und auf Midgar blickte. Von dort kamen immer mehr Menschen. Der Strom schien kaum abzunehmen, es war wie ein kleines Wunder.

„Es ist wie Sirenengesang“, warf Yazoo nahezu verträumt ein.

Loz gab ein zustimmendes Geräusch von sich und er wandte sich halbseitig ab, doch er brauchte sich nicht verstecken, denn die anderen wussten ohnehin Bescheid.

„Nicht weinen, Loz“, sagte Kadaj leise und Yazoo legte eine Hand auf die Schulter des Größeren mit der silbernen Tolle.

„Wir sind auch glücklich, dass unser großer Bruder nun bei uns ist und uns hilft, Mutter zurückzuholen.“

Ein weiteres verdächtiges Geräusch, welches einem Schniefen recht ähnlich war, erklang und dieses Mal grinsten sich Yazoo und Kadaj an. Kadaj überließ es dennoch Yazoo, sich weiter um den anderen zu kümmern, um mit Sephiroth reden zu können.

Langsam näherte er sich dem Mann und eine innere Aufregung ergriff ihn. Es war nahezu Euphorie, wenn er es hätte benennen sollen. Während er aber innerlich schon den Sieg feierte, war Sephiroth völlig darin versunken auf die Stadt zu sehen. Er schien zu lauern und zu warten und Kadaj fiel ein, warum dem so war.

„Du wartest auf Cloud Strife, nicht wahr?“, wollte Kadaj wissen.

Sephiroth nickte und lächelte kurz.

„Ganz recht. Bisher wehrt er sich, aber seine Kräfte sind begrenzt. Es wird nicht mehr lange dauern... ich muss ihn nur weiter rufen“, meinte er, dann versank er wieder in seinem erwartungsvollem Schweigen.

Nicht mehr lange und er war am Ziel. Er musste nur weiter geduldig sein und weiter Kontakt aufnehmen, bis Cloud einknickte.

//Und du wirst nachgeben, Cloud... weil wir verbunden sind. Du kannst dich nicht ewig vor mir verstecken.//
 

„Tifa!“

Vincents Stimme ließ die Barfrau hochschrecken und eine Decke fiel von ihrem Körper, als sie aufsprang. Sie war kurz orientierungslos und sie brauchte einen Moment, um aus dem Schlaf zu finden, ehe sie die Situation erfasste.

Cloud schien einen seiner Anfälle zu haben, denn er wehrte sich gegen Vincent, der ihn festhielt und gab gequälte Laute von sich, als hätte er Schmerzen, Angst oder sogar beides. Sie war sofort an Clouds Seite und versuchte, ihn zur Besinnung zu bekommen, doch er nahm sie nicht wahr. Sein emotionsloser Blick schien sie gar nicht zu sehen, sein Gesicht war aschfahl und insgesamt schien Cloud neben sich selbst zu stehen.

Wie ein Zombie versuchte er, an Vincent vorbei zu kommen und selbst der Schütze musste all seine Kraft aufwenden, um ihn davon abzuhalten.

„Cloud! Cloud, bitte sieh mich an!“, rief Tifa verzweifelt und sie zerrte an seinem Arm, doch er ließ sich nicht beirren.

Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu, sie ertrug es nicht, Cloud so zu sehen. So hatte sie ihn nur einmal erlebt und die Erinnerung daran raubte ihr auch heute noch den Schlaf. Sie wollte endlich damit abschließen, doch wieder einmal schien das Schicksal etwas dagegen zu haben.

Cloud stieß Tifa mit einer Handbewegung zurück und sie landete hart auf dem Boden. Der Schmerz raubte ihr den Atem und sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, doch es reichte aus, dass Cloud Vincent ebenfalls zur Seite stoßen und sich den Weg freimachen konnte.

Vincent nahm sogleich die Verfolgung auf und riss Cloud von der Tür zurück, die dieser gerade aufgerissen hatte. Cloud landete auf dem Boden, versuchte aber wieder hochzukommen und dem Ruf in seinem Inneren zu folgen, doch Vincent hielt ihn nun fest.

In dieses Durcheinander stürmte nun Reno und er sah verwirrt von einem zum anderen. Er wusste nicht, wohin er zuerst schauen sollte, dafür war es einfach zu verrückt. Tifa am Boden, Cloud, der von Vincent festgehalten wurde, … es war sozusagen der krönende Abschluss eines total verkorksten Tages.

„Was ist denn hier los?“, wollte er wissen.

„Das ist jetzt unwichtig, wir müssen Cloud aufhalten!“, rief Tifa und Reno seufzte.

Er zückte seinen Stock, trat zu Cloud und Vincent und versetzte dem Blonden einen Schlag, so dass dieser sofort bewusstlos zu Boden sackte.

Reno steckte den Stock wieder in die Halterung an seinem Bein, lehnte sich gegen einen der Tische und gab einen abgrundtiefen Seufzer von sich.

„Würde jetzt endlich mal jemand die Freundlichkeit besitzen und mich aufklären?“

Arbeitssuche

Reno hatte mit vielem gerechnet, immerhin hatte er Cloud aufgehalten. Er hatte mit einem Dankeschön, einer Umarmung oder auch einem Handschlag gerechnet. Stattdessen fühlte er Tifas Faust auf seiner rechten Wange und er taumelte überrascht zurück.

„Hey, was-!“, brachte er hervor, während er zusah, wie die Schwarzhaarige sich wutentbrannt auf ihn stürzen wollte und nur im letzten Moment und noch dazu mühsam von Vincent daran gehindert werden konnte.

„Wie kannst du nur?! Wie kannst du ihm so weh tun?!“, schrie Tifa und Reno kam zum ersten Mal der Gedanke, dass ein Schlagstock und der menschlicher Schädel nur bedingt zueinander passten, zumindest, wenn man keine Tötungsabsicht hatte.

„Es... sorry, ich wollte nur helfen...“

Renos kleinlaute Aussage überraschte ihn und alle Anwesenden, schließlich passte diese Art gar nicht zu ihm. Tifa wurde sofort etwa ruhiger, zumindest soweit, dass Vincent sie wieder losließ, sicherheitshalber aber in ihrer Nähe blieb.

Die Barfrau hockte sich zu dem bewusstlosen Cloud auf dem Boden und überprüfte seine Atmung sowie seinen Kopf, ehe sie Reno noch einen vernichtenden Blick zuwarf.

„Er atmet und ist ohnmächtig... zu deinem Glück“, sagte sie und sie ballte die Hände zu Fäusten, so dass Reno kurz zusammenzuckte.

Himmel, diese Frau wollte er nicht zum Feind, so viel stand fest.

Vincent half Tifa, um Cloud wieder auf sein Krankenbett zu verfrachten und schweren Herzens holte Tifa ein paar Seile. Gemeinsam banden sie Cloud fest, damit er nicht verschwinden konnte, so wie so viele vor ihm.

„Gibt es etwas Neues, Reno?“, erkundigte sich nun Vincent und Reno zwang sich zu funktionieren.

„Äh... anscheinend hattest du Recht. Rufus hat wieder Geostigma, wir haben Verände mit Geostigmapartikeln gefunden. Elena informiert gerade die WRO und Tseng kümmert sich um die Überwachung von Rufus Wohnung, in der Hoffnung, dass er wiederkommt.“

„Moment, er ist verschwunden?“, fragte Vincent alarmiert.

„Ja... wir müssen davon ausgehen“, bestätigte Reno und er gab es nicht gern zu.

Dies war ein neuerliches Versagen der Turks und es nagte sehr an ihm, zumal er keine klare Aufgabe hatte, die der Klärung diente. Er konnte nur die Anweisungen umsetzen, die ihm Tseng gegeben hatte, das war im Moment alles, was er hatte.

„Tseng meinte, wir sollten zu den Menschen gehen, die bereits Geostigma hatten und sie warnen, falls sie nicht auch verschwunden sind“, sagte er und konzentrierte sich darauf.

Vincent nickte und Tifa holte bereits ihr Handy aus ihrer Schürzentasche. Sie drückte die Schnellruftaste und drückte zusätzlich auf die Lautsprechtaste. Es war ein Klingelton zu hören und recht schnell meldete sich die dröhnende Stimme Barrets am anderen Ende.

„Tifa, was gibt’s?“, wollte er wissen und sie erklärte ihm unterstützt von Vincent die Lage, während Reno sich unsagbar überflüssig fühlte.

Er schaute zum bewusstlosen Cloud und hoffte sehr, dass es Rufus nicht ebenso ergangen war. Aber die Zeichen waren eindeutig: Das Geostigma war zurück und dieses Mal gab es kein Heilmittel. Vielleicht war die Menschheit nun doch dem Untergang geweiht und sie bekämpften gerade nur die ersten Anzeichen.

Das Gespräch endete und schreckte Reno damit aus seinen negativen Gedanken. Er fokussierte sich wieder auf seine Arbeit und atmete tief durch, um klare Gedanken fassen zu können, die sie weiterbringen sollten.

„Also? Gehen wir?“, wollte er ungeduldig wissen, doch Tifa schüttelte den Kopf.

„Ich muss bei Cloud bleiben, falls er aufwacht“, bestimmte sie, also wanderte Renos Blick zu Vincent, doch auch dieser schüttelte den Kopf.

„Barret informiert die anderen, sie durchkämmen bestimmt in diesem Moment schon die Stadt. Ich werde ihnen gleich helfen und du solltest zum Turk Hauptquartier, Reno“, bestimmte er und es fühlte sich aus unerfindlichen Gründen an wie ein neuerlicher Schlag ins Gesicht.

„Gut, dann... haltet mich auf den Laufendem“, sagte Reno und es kostete ihn alles, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

Er drehte sich weg, winkte in einer lapidaren Geste und verließ die Bar. Draußen auf der Straße verfinsterte sich sein Gesicht und er ließ seinen düsteren Gedanken freien Lauf.

//So viel zu Partnern//, dachte er und lief in Richtung des Hauptquartiers, während Tifa Vincent einer eingehenden Musterung unterzog.

„War das nicht gerade etwas gemein von dir?“, fragte sie sanft, doch Vincent reagierte nicht darauf, sondern verbarg seine Mimik sorgfältig hinter seinem hohen Kragen und einem stoischen Gesichtsausdruck.

„Du hättest mit ihm zum Hauptquartier gehen können oder er hätte dir in der Stadt helfen können“, setzte sie nach, doch wieder erhielt sie keine Antwort.

Da dämmerte ihr die Erkenntnis und sie schaute Vincent überrascht an.

„Es sei denn, du hast ganz andere Pläne...“

Endlich reagierte er, indem er Tifa einen Blick zuwarf.

„Ich muss etwas überprüfen... kein Wort zu niemanden, Tifa“, sagte er und schon war auch er aus der Tür.

Tifa seufzte und sie ergriff Clouds gefesselt rechte Hand. Ihr sorgenvoller Blick ruhte auf ihm und sie seufzte erneut.

„Hoffentlich geht das alles gut...“
 

Reno kam im Rekordtempo im Hauptquartier an, nur um festzustellen, dass Elena die Lage vollkommen im Griff hatte. Ein weiteres Mal kam er sich überflüssig vor und so langsam ging ihm dieses Gefühl wirklich auf den Keks.

„Und ich kann dir wirklich nicht zur Hand gehen?“, fragte er nochmals, dieses Mal eine Spur eindringlicher.

Elena schaute ihn aufmerksam an.

„Hattest du Streit mit Vincent?“, erkundigte sie sich.

„Er ist nicht meine streitlustige Ehefrau, falls du das vergessen hast. Er ist mein Partner und Partner teilen sich auch mal die Aufgaben.“

Elena lächelte kurz.

„Das heißt, er macht gerade sein eigenes Ding und er hat dich nicht eingeweiht, was? Und jetzt suchst du nach einer Alternative.“

Reno schwieg, aber in seiner Miene spiegelte sich sowieso alles, was Elena wissen wollte. Mitgefühl regte sich in ihr und sie sann über die bevorstehenden Aufgaben nach. Irgendetwas musste es doch geben, was Reno tun konnte...

„Da gibt es wirklich eine Sache“, sagte sie schließlich und sie sah Hoffnung in Renos Gesicht aufkommen.

„Und die wäre?“

„Die WRO braucht ihre gesamten Leute zur Bodenüberwachung, das heißt, niemand ist in der Luft, um Rückmeldung zu geben. Könntest du das vielleicht übernehmen?“, fragte sie und kaum hatte sie ausgesprochen, lief Reno auch schon los.

„Betrachte die Sache als erledigt, ich gebe dir stündlich Rückmeldung!“, rief er noch, dann verließ er das Büro und Elena blieb nichts als eine imaginäre Staubwolke.

Elena lächelte, aber gleichzeitig zeigte sich auch Sorge in ihrem Blick. Wenn Vincent Valentine sich absetzte, um etwas ohne Reno zu tun, dann war die Sache ernster als sie gedacht hatte.
 

Prüfend ließ Vincent seinen Blick durch den nahegelegenen Wald schweifen. Als er nichts Auffälliges feststellen konnte, bewegte er sich lautlos weiter von Baum zu Baum, um den nächsten Punkt anzusteuern.

Seit Reno von Rufus Verschwinden und der Bestätigung des Geostigmas erzählt hatte, ging ihm eine Sache nicht aus dem Kopf. Geostigma stand in Relation zu den Jenova-Zellen und mit diesen Zellen stand auch Sephiroth in Verbindung. Vincent hoffte, dass er sich irrte, aber anstatt zu hoffen, musste er überprüfen und deshalb suchte er all die Orte auf, die er damals auch observiert hatte, in der Hoffnung einen Hinweis auf die verschwundenen Leute oder zumindest auf das Geostigma selbst zu finden.

Die Hälfte des Waldes hatte er bereits durchkämmt, als er spürte, wie Chaos sich in seinem Inneren regte. Vincent blieb stehen und machte kurz eine Pause, während Chaos in seinem Inneren wütete. Es fühlte sich an wie ein gleichbleibender, dumpfer Schmerz und erinnerte den Schützen daran, wie instabil die Wirkung der Protomateria geworden war. Nicht mehr lange und Chaos würde sich befreien und Vincent fürchtete diesen Moment ebenso, wie Chaos ihn wohl herbeisehnte.

Der Schmerz ließ irgendwann nach und das Monster in ihm beruhigte sich, lauerte aber weiterhin auf seine Unachtsamkeit. Vincent konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe und überprüfte alles mit seinem Blick, als er nach ein paar weiteren Kilometern auf ein Lager stieß.

Abrupt hielt er an und verharrte in der Baumkrone, in welcher er sich gerade aufhielt. Es waren unzählige Zelte, einige Menschen saßen davor oder gingen durch die akkuraten Reihen. Es wirkte beinahe wie ein kleines, friedliches Dorf, doch Vincent traute dem Frieden nicht. Irgendetwas war hier faul und mit dem Hintergrund der verschwindenden Leute aus Midgar war es nahezu sehr auffällig.

Vincent kletterte auf einen anderen Ast, um einen größeren Radius zu überblicken und er stellte fest, dass das Lager größer war als zuvor angenommen. Einige der Menschen hier hatte er sogar schon einmal gesehen und je länger er ihnen hier zusah, umso veränderter kamen sie ihm vor. Sie wirkten wie blasse Abbilder ihrer selbst und auch wie seelenlose Zombies, obwohl sie stellenweise auch eine normale Verhaltensweise wie ein Lächeln zeigten. Je länger Vincent sie alle beobachtete, umso klarer wurde dieser Eindruck und er war sich ziemlich sicher, dass dies Geostigmaträger waren. Eine beträchtliche Zahl hielt sich außerhalb der Zelte auf, aber es gab auch Bewegungen hinter den gestärkten sandgelben Stoffplanen. Weiter hinten in einem Teil, den man nur beschwerlich einsehen konnte, standen schwarze Zelte, welche schon fast in den Tiefen des Waldes verschwanden. Vincents Neugier war geweckt und am liebsten wäre er dorthin marschiert, doch dazu hätte er einen weiten Bogen um das Lager gehen müssen oder mitten hindurch. Beide Varianten waren wenig erfolgsversprechend, zumal er die Hintermänner dieses ganzen Unterfangens nicht sehen konnte. Er würde geradewegs ins Messer laufen, also war wohl ein Rückzug die bessere Taktik.

Vincent wandte sich geradewegs um, um die vorherige Route wieder zu nutzen, als ihn ein kleiner Blitzschlag traf. Er hatte nicht viel Energie, so dass er kaum etwas durch seinen schützenden Mantel hindurch spürte, aber seine Aufmerksamkeit war auf alle Fälle geweckt. Er sah in die Richtung, aus der der Angriff gekommen war, sah aber nichts.

//Merkwürdig//, dachte er und wollte abermals den Rückzug antreten, als ihn ein Geräusch erneut innehalten ließ.

Er sah in die Richtung und bediente sich Chaos Sinnen, um jedes noch so kleine Geräusch und jede noch so minimale Bewegung sehen zu können. Es dauerte durch die geschärften Sinne nur einen Bruchteil einer Minute und er zog seine Waffe, um sie in jene Richtung zu halten.

„Zeig dich“, forderte Vincent und entsicherte die Cerberus.

„Aber Valentine... warum denn so aggressiv?“, säuselte eine Stimme, begleitet von einer anderen Stimme, die leise lachte.

„Unser Bruder hat uns gewarnt, dass du kommen könntest. Er hat sogar genau vorhergesagt, was du tun würdest, das ist wirklich witzig“, sagte eine dritte Stimme und endlich waberte die Luft und drei Gestalten mit silbernen Haaren und stechend grünen Augen sahen zu Vincent hinauf.

„Willkommen im Geostigmalager“, lächelte Kadaj und Vincent beschlich ein ungutes Gefühl.

In Bedrängnis

Das Rattern der Rotorblätter und das Vibrieren des Hubschraubers waren Reno so vertraut wie die fehlende Ordnung in seinen eigenen vier Wänden und es war ungemein beruhigend, durch den Himmel zu fliegen und systematisch die Gegend abzusuchen. Es war richtig gewesen, diese Aufgabe zu übernehmen, denn er fühlte sich nicht länger nutzlos. Das Pilotendasein war etwas, was Reno sozusagen in die Wiege gelegt worden war, auch, wenn er da beileibe nicht so fanatisch war wie beispielsweise Cid, aber auch er brauchte hin und wieder den Kick, den die Höhe in ihm wachrief.

Seine Augen waren vor gar nicht allzu langer Zeit über Midgar gewandert, doch als sie nicht fündig geworden waren, hatte Reno begonnen, die umliegende Gegend abzusuchen. Nachdem er die Canyons umflogen hatte, hatte es ihn in Richtung Wald gezogen. Er wusste nicht genau, wonach er suchte, aber er war sich sicher, dass er es erkennen würde, wenn er es vor sich hatte.

Routiniert scannte er die Gegend ab und behielt nebenbei auch die Instrumente des Hubschraubers im Blick, schließlich war er nicht dafür bekannt, mit seinem Leben leichtfertig umzugehen. So langsam musste er umkehren, aber noch hatte er ein wenig Spielraum.

Er hatte den totalen Überblick, konnte aber nichts Auffälliges erkennen, so dass er schließlich seufzte und den Steuerknüppel leicht antippte, um den Rückweg einzuleiten. Doch plötzlich überlief ihn ein eiskalter Schauer und alarmiert sah Reno sich um. Es fühlte sich an, als würden tausende kleine Spinnen über seinen Körper krabbeln und nahezu panisch suchte er die Gegend ab, bis er auf einer kleinen Anhöhe eine Gestalt entdeckte, die das unheilvolle Gefühl in ihm noch verstärkte.

„Verdammter Chocobomist“, fluchte Reno leise, während er am liebsten einfach nur von hier weg wollte.

Er hatte nicht wirklich Angst, verspürte höchstens Unbehagen, aber selbst er war nicht so dumm, um sich mit diesem Mann anzulegen, dessen silbergraue Haare im Wind peitschten, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt.

Selbst von hier oben war die Macht dieses Mannes spürbar, dessen Magie beinahe das Ende der Welt herbeigeführt hätte und Reno riss schnellstens seinen Blick los. Er riss das Steuer herum und wollte zurück zur Stadt, um alle zu warnen, doch egal, wie wild er daran zog, der Hubschrauber verharrte nun auf einmal in der Luft, als wäre die Zeit stehengeblieben.

„Was zum-?!“, sagte Reno, während ihm nun aufging, dass die Rotorblätter keinen Lärm mehr verursachten und auch das Vibrieren ausgeblieben war.

Nur einen Bruchteil später wurden die Scheiben des Hubschraubers schwarz und Reno registrierte, dass er in der Falle saß...
 

Obwohl die Lage ausweglos war, zog Vincent seine Cerberus und richtete sie auf Kadaj, Yazoo und Loz, auch, wenn er seine Chancen als sehr gering erachtete. Er konnte vielleicht nicht alle drei zur Strecke bringen, aber er würde es versuchen, das stand fest.

Kadajs Lachen erklang und seine Brüder lächelten ebenfalls amüsiert, was Vincents Aufmerksamkeit noch verstärkte. Wie hatte er sie nur vorhin nicht bemerken können? Hatten ihn seine Sinne im Stich gelassen?

„Wir wollen jetzt nicht mit dir spielen, Valentine. Aber unser großer Bruder würde gern das eine oder andere Wort mit dir wechseln.“

„Und wenn ich mich weigere?“, entgegnete Vincent ruhig und zeigte seinen Feinden keinerlei emotionale Reaktion.

„Du wirst mit ihm reden, glaub mir“, lächelte Kadaj siegessicher und Vincent fragte sich, was damit wohl gemeint war.

„Unser Bruder will lediglich verhandeln, keine Sorge. Ich bin sicher, du willst wissen, was er zu sagen und anzubieten hat“, mischte sich Yazoo ein, während Loz ein brüskes Nicken von sich gab.

Vincent sah ein, dass er keine Wahl hatte, also steckte er die Waffe weg und glitt mit schneller Eleganz vom Baum herab.

Er landete leichtfüßig und ein Stück von den drei Brüdern entfernt, die nicht im Geringsten besorgt wirkten, dass er nun verschwinden würde und Vincent bereitete auch das Sorge. Konnte Sephiroth wirklich über so eine Weitsicht verfügen?

„Komm mit“, sagte Kadaj.

Damit wandte er sich ab und ging zielstrebig in eine Richtung. Seine Brüder folgten ihm und sie sahen sich nicht an Vincent um, in der festen Annahme, dass er ihnen folgen würde. Widerwillig und seine Hand auf dem Holster wie ein Cowboy kurz vor dem Duell folgte Vincent ihnen und behielt all ihre Bewegungen im Blick. Da sie in Sephiroths Auftrag zu handeln schienen, würden sie ihm allem Anschein nach nichts tun, doch wenn dieses ominöse Verhandlungsgespräch scheitern würde, dann würde die Lage anders aussehen.

Vincent zwang sich zur Ruhe. Er durfte jetzt nicht die Kontrolle verlieren, egal, wie sehr sich Chaos in seinem Inneren gegen die Gitterstäbe seines mentalen Gefängnisses warf. Chaos war der letzte Ausweg, wenn gar nichts mehr ging und Vincent hoffte, dass es nicht so weit kommen würde.

Der Wald lichtete sich ein wenig und gab den Blick frei auf eine kleine Anhöhe, von der man auf Midgar blicken konnte. Genau auf dieser Anhöhe stand Sephiroth und wartete auf Vincent.

Kadaj, Loz und Yazoo blieben stehen und wahrten Abstand, während sie Vincent bedeuteten, weiter zu gehen. Vincent tat es, weil er wusste, dass er keine andere Wahl hatte und er ging soweit, bis Chaos in seinem Inneren zu unruhig wurde.

Sephiroth drehte sich nicht nach ihm um und schien zu warten, bis Vincent nahe genug herangetreten war. Erst dann begann der Silberhaarige zu sprechen und seine kalte und dennoch schmeichelnde Stimme ließ Chaos in Vincents Inneren so durchdringend knurren, dass Vincent es ebenfalls getan hätte. Er presste Ober- und Unterkiefer so sehr aufeinander, dass es schmerzte, aber der Schmerz brachte ihn wenigstens wieder zur Besinnung.

„Wie geht es Cloud?“, lautete Sephiroths Frage.

Diese war nicht ernst gemeint, das wusste Vincent und so fiel seine Antwort provokativ aus.

„Ich denke, das kannst du besser beantworten als ich.“

Sephiroth gab ein leises, kurzes Lachen von sich, dann drehte er sich zu Vincent um und musterte ihn mit durchdringendem Blick.

„Du hast Recht. Ich weiß, dass es nicht mehr lange dauert, bis er aufgibt und zu mir kommt. Wobei es wohl wahrscheinlicher ist, dass er vorher an den Geostigma stirbt. Ein trauriges Ende für einen Helden, nicht wahr?“, lächelte Sephiroth kühl und er trat näher zu Vincent heran.

Dieser antwortete nicht, sondern wartete ab, was der andere weiter von sich geben würde, doch Sephiroth ließ ihn vorerst zappeln, ehe er sich erneut an den Schützen wandte.

„Er ist noch sturer, als ich ihn in Erinnerung hatte... aber scheinbar hat nicht nur er sich geändert, nicht wahr, Vincent Valentine?“

Sein listiges Lächeln ließ nichts Gutes verheißen und Vincent wappnete sich innerlich, während Chaos in ihm förmlich durchdrehte.

„Was willst du?“, fragte er mechanisch und Sephiroth lächelte noch etwas breiter.

„Du sollst Cloud zu mir bringen, bevor er an den Malen dahinsiechen kann. Er ist für meinen Plan von großer Wichtigkeit“, meinte der Silberhaarige und Vincent gab ein humorloses, kurzes Geräusch von sich, welches man gut und gerne für ein Lachen hätte halten können.

„Wie kommst du darauf, dass ich dir helfen würde?“, wollte Vincent wissen und auf keinen Fall kam es in Frage, dass er auf Sephiroths Vorschlag eingehen würde.

„Vielleicht habe ich etwas, was dich umstimmen kann. Sieh zum Himmel“, sagte Sephiroth und Vincent sah notgedrungen nach oben.

Zuerst sah er nichts, doch dann waberte der Himmel an einer bestimmten Stelle und gab die Sicht auf einen Hubschrauber frei, der wie schwerelos in der Luft verharrte, als hätte man ihn eingefroren und dort am Himmel fixiert.

Vincent verstand erst nicht, was das sollte, doch als er das Logo der Turks auf der Seite des Hubschraubers sah, dämmerte ihm etwas. Er bemühte sich, keine Regung zu zeigen, doch als sich die Scheiben des Hubschraubers wieder klärten und er die vertrauten roten Haare und die Fliegerbrille, sowie die typische Kleidung sah, war es mit seiner Beherrschung vorbei. Er war sich vollkommen bewusst, dass seine Augen nun gelb aufglühten, als er sich Sephiroth zuwandte, seine Cerberus blitzschnell zückte und sie auf Sephiroths Gesicht richtete.

„Lass ihn gehen, er hat nichts damit zu tun!“, zischte Vincent gefährlich leise, doch Sephiroth lächelte nur weiter.

„Meines Wissens hat er damals zwei meiner Brüder mit seinem Partner in die Luft gejagt... also hat er sehr wohl etwas hiermit zu tun. Außerdem weiß ich, dass er dir wichtig ist... zumindest wichtig genug, um mein Angebot zu überdenken.“

Dieses Mal konnte Vincent das Knurren nicht aufhalten, welches sich aus seiner Kehle befreite und er spürte, wie die Verwandlung einsetzen wollte. Nur mit purer Willenskraft drängte er das Tier in sich zurück, aber er wusste, dass er nur Millimeter davon entfernt war, die Beherrschung vollends zu verlieren.

„Geostigma sind eine amüsante Angelegenheit, Vincent. Sie absorbieren nicht nur Lebensenergie, sie transportieren auch Erinnerungen. Diese Erinnerungen bezüglich deiner Person und die des Turks dort im Hubschrauber waren sehr aufschlussreich, daher solltest du dir gut überlegen, was du als Nächstes tust“, hörte Vincent die Stimme des Schwertkämpfers, während seine Gedanken in seinem Kopf rasten.

Chaos wollte heraus und wollte Sephiroth zerstören, während Vincents menschliche Seite versuchte, logisch an die Sache heranzugehen. Weiterhin drückte Sephiroths Macht von allein Seiten auf ihn ein, so dass Chaos gestärkt wurde, da er sich davon bedroht fühlte.

„Ich kann nicht tun, was du sagst und das weißt du genau“, zischte Vincent verbissen und gerade wünschte er, er könnte einfach abdrücken und seine Kugeln in Sephiroths lächelndes Gesicht versenken, doch die Sorge um Reno überwog.

„Schade. Dann habe ich wohl keine Verwendung mehr für mein Druckmittel“, hörte man den Silberhaarigen sagen, ehe er mit den Fingern schnippte wie bei einem verdammten Zaubertrick.

Vincents Blick kehrte sofort zum Hubschrauber zurück, der nun einfach vom Himmel fiel und ihm drehte sich der Magen vor Verzweiflung um. Niemals würde er rechtzeitig kommen, um Reno zu retten, das wusste er.

Dennoch rannte er einfach los, steckte im Rennen die Waffe weg, um beide Hände freizuhaben und rannte weiter, den Blick unverwandt gen Himmel gerichtet.

Er wusste, er konnte es nicht schaffen... aber Chaos konnte es. Vincent ließ alle Barrieren fallen, die seinen Alter Ego die letzte Zeit zurückgehalten hatten und ließ die Verwandlung zu.

Sephiroth sah dem verzweifelten Rettungsversuch nicht zu, denn er wusste auch so, dass er dieses kleine Duell gewonnen hatte. Aber dieser Sieg war unwichtig, ganz im Gegensatz dazu, dass er Cloud bekommen musste, egal wie. Er ging zu seinen Brüdern und teilte ihnen den nächsten Schritt seines Planes zu und er wusste, dass er sich zumindest auf sie voll und ganz verlassen konnte.
 

Vor Entsetzen war Reno nicht einmal mehr fähig zu schreien. Hilflos sah er zu, wie der Boden immer näher raste und er sah sein letztes Stündlein gekommen. Er wollte die Augen schließen, aber er konnte es nicht, also starrte er weiter in die Tiefe, während der Hubschrauber immer weiter an Höhe verlor.

Plötzlich gab es einen hässlichen Ruck und Reno wurde die Luft aus der Lunge gepresst, als sich der Sicherheitsgurt in seinen Brustkorb grub. Der Hubschrauber schien einfach so in der Luft zu stehen, das Metall knirschte und Reno hörte sich selbst nach Luft ringen, während seine Augen panisch umher zuckten, um zu verstehen, was passiert war.

Der Boden kam nun etwas kontrollierter näher und doch saß die Panik noch tief in Renos Brust. Er starrte der Tiefe immer noch angstvoll entgegen, selbst, als der Hubschrauber kurz darauf den Untergrund berührte. Ein kurzes Rauschen war zu hören, dann tauchte die Gestalt mit roten Flügeln, krallenbesetzten Händen, goldgelben Augen und blasser Haut auf. Die dunklen Haare umgaben es wie eine schwarze Wolke, während rote Stoffreste darin verworren waren wie ein undurchstößliches Gewirr. Die Protomateria saß leuchtend in seiner Brust und fesselte den Blick des Rothaarigen einen Moment, ehe er sich wieder erinnerte.

Reno schluckte schwer. Er hatte Chaos lange nicht mehr gesehen und obwohl er wusste, dass Vincent in dieser Gestalt steckte, brauchte er einen Moment, um seine Sinne zu sammeln. Er setzte gerade zu einem Dank an, als Chaos ruckartig ins Inneres des Hubschraubers langte, die Sicherheitsgurte mit seinen Krallen zerfetzte und dann Reno packte, um ihn ruppig aus dem Metallkäfig zu ziehen.

Reno landete unsanft auf dem Boden und er sah Chaos vorwurfsvoll an als er sich schnellstens erhob.

„Pass doch auf, Vincent!“, beschwerte er sich und rieb sich das schmerzende Hinterteil, welches Bekanntschaft mit dem harten Erdboden gemacht hatte.

Er sah nach dem Hubschrauber, doch das Metallgehäuse war etwas verbogen, was ein weiteres Mal bewies, dass Chaos das mit der Kraftdosierung noch ein wenig üben musste. Der rothaarige Turk seufzte, als er einsah, dass er die ganze Strecke wohl würde laufen müssen und er langte nach dem Fach mit der Notausrüstung und dem Walkie Talkie, welches er gerade so erreichte. Es war nicht gerade viel, was er an Proviant und Erste-Hilfe-Artikeln dabei hatte, aber es war ja nicht weit bis zur Stadt, wenn er sich richtig erinnerte.

„Wir müssen sofort los und die anderen warnen“, sagte er dann und wandte sich zu Vincent um, doch er erschrak sich gehörig, als immer noch Chaos hinter ihm stand.

„Mann! Du kannst aufhören mit der Gruselshow, du hast genug Eindruck gemacht, alter Angeber!“, rief Reno aus, während er sich eine Hand auf sein schreckhaftes Herz hielt, welches wild und ängstlich pochte.

Chaos blieb ruhig stehen, seine goldgelben Augen ließen Reno nicht aus den Augen und so langsam beschlich den Turk ein ungutes Gefühl, je länger er diesem Blick ausgesetzt war. Es erinnerte ihn an den Blick, den ein dicker Hauskater immer zur Schau trug, ehe er sich auf eine Maus stürzte und irgendwie weckte das keine positiven Erinnerungen.

„...Vincent?“, fragte er und wich einen Schritt zurück.

Chaos registrierte die ausweichende Bewegung und machte hingegen einen Schritt nach vorn. Seine Flügel bildeten einen Halbkreis, womit er Reno scheinbar einfangen wollte und Renos Herz rutschte ihm in die Hose. Sah Chaos in ihm etwa seine Beute?

„Vincent? Hörst du mich?“

Seine Stimme hörte sich in seinen Ohren brüchig und dünn an und er hoffte, dass das hier gerade nur ein Scherz des Schützen war, der sich aus Schalk einfach nicht zurückverwandelte. Reno wollte unbedingt an diese Möglichkeit glauben, denn die zweite und viel gefährlichere Aussicht wollte er sich lieber nicht ausmalen...

Gejagt

Laufen, laufen, laufen – und nur ja nicht umdrehen.

Reno trieb sich weiter an, obwohl seine Lunge bereits protestierend nach Luft verlangte und sämtliche Muskeln sich schmerzhaft meldeten. Und trotzdem hielt er nicht an, weil die Angst alles andere ausblendete.

Er war auf der Flucht vor seinem Partner und das war wohl das Irrsinnigste, was er je getan hatte. Aber da sich das Ganze nicht als Scherz herausgestellt hatte, sondern als bitterer Ernst, war das Renos einzige Möglichkeit. Er wollte sich nicht ausmalen, was geschah, wenn Chaos ihn in die Finger bekam. Vincents Alter Ego war unberechenbar und Reno wollte lieber nicht herausfinden, was das genau bedeutete.

Er musste sich immerhin zugute halten, dass es eine schlaue Idee gewesen war, tiefer in den Wald zu laufen. Zwar war die Gefahr groß, dass er sich verlaufen würde, aber immerhin wuchsen die Bäume, Büsche und die anderen Pflanzen derart dicht beieinander, dass Chaos hier kaum hindurch fliegen konnte.

Trotzdem fühlte der rothaarige Turk sich keinesfalls sicher. Er musste zurück in die Stadt und alle warnen, dass Vincent keine Kontrolle mehr über sich hatte, denn alle Zeichen wiesen darauf hin. Der Schütze hätte sich schon längst zurückverwandelt, wenn er es gekonnt hätte und das sagte Reno, wie ernst die Lage war.

//Warum hat er es soweit kommen lassen? Er muss es doch gewusst haben//, ging es ihm durch den Kopf und wurde augenblicklich sauer.

Er nahm sich vor, dass er Vincent die Leviten lesen würde, wenn dieser sich je wieder zurückverwandeln würde. Sie waren jetzt Partner und da gehörten sich Alleingänge nicht mehr, auch nicht, wenn man der einsame Wolf Vincent Valentine war.

„Dieser verdammte Idiot“, knurrte Reno vor sich hin und ballte die Fäuste.

Jetzt ergaben einige Dinge einen Sinn, beispielsweise Vincents abweisendes Verhalten und wie er versucht hatte, Reno von sich fernzuhalten. Es ergab sogar so erschreckend viel Sinn, dass Reno fassungslos stehenblieb, obwohl er sich geschworen hatte, dies keinesfalls zu tun.

„Ich hätte es wissen müssen“, schüttelte Reno mit dem Kopf und raufte sich die roten Haare, dann erinnerte er sich, dass er nicht stehenbleiben durfte und weiter gehen musste, wenn er irgendwann in einer Stadt oder einem Dorf ankommen wollte.
 

Immer weniger Licht fiel in den immer dichter werdenden Wald und Reno hatte völlig die Orientierung verloren. Er nahm im Laufen einen großen Schluck aus der Feldflasche, die der Notausrüstung beigelegen hatte. Zum Glück war darin eine Vitaminlösung gewesen. Diese schmeckte zwar schlimmer als alles, was Reno hatte hinunterwürgen müssen, aber es war besser als nichts und hielt ihn bei Kräften.

Renos Beine schmerzten wie die Hölle und er war hundemüde, aber er musste einfach weiter, wenn er nicht von Chaos geschnappt werden wollte. Bestimmt war dieser nicht erfreut darüber, dass Reno abgerückt und vor ihm davongelaufen war, aber in dem Moment als Chaos eine Klaue nach ihm ausgestreckt hatte, war in Reno nur ein Gedanke gewesen. Er hatte nur an Flucht gedacht und an nichts anderes mehr und er hielt diese Wahl immer noch für sehr gerechtfertigt.

Wenn Chaos wirklich Vincent unterdrückte und dauerhaft im Körper des anderen bleiben konnte, dann steckte nicht nur Reno in der Patsche, sondern eigentlich die ganze Welt. Vincent hatte diese Welt gerettet, aber Chaos konnte das ganz schnell rückgängig machen und das einfach aus einer Laune heraus.

Reno schauderte es bei dieser Möglichkeit und er wollte nicht mehr daran denken. Lieber malte er sich aus, wie er Vincent den Kopf wieder gerade rückte, sobald dieser sich seinen Körper zurückgeholt hatte.

Reno lief weiter und irgendwann durchbrach der das letzte schützende Dickicht. Er zögerte und ging vorsichtiger weiter, als der Boden plötzlich unter ihm nachgab und er in die Tiefe stürzte. Vor Panik konnte er nicht einmal fluchen und er besaß gerade so viel Geistesgegenwärtigkeit, um die Hände und Arme schützend vor den Kopf zu heben. Er fand keinen Halt für seine Beine und rutschte und kugelte den Abhang hinab, wobei er einfach nur hoffte, lebend und einigermaßen unversehrt unten anzukommen.

Genauso abrupt wie sein Fall begonnen hatte, endete dieser auch wieder und unsanft landete Reno in einem kleinen Geröllhaufen. Mit klopfendem Herzen blieb er erst einmal liegen, aus Angst, dass gleich der Schmerz seiner womöglichen Verletzungen einsetzen würde. Ein verstauchter oder gebrochener Fuß konnte das Ende seiner Flucht bedeuten, ebenso eine tiefe Wunde oder eine Gehirnerschütterung. Nach und nach traute er sich jedoch und bewegte einzelne Partien seines Körpers. Systematisch suchte er sich nach Verletzungen ab, doch bis auf ein paar kleiner Kratzer und Schnittwunden sowie ein paar blauer Flecken, schien es keine ernsthaften zu geben.

Erleichtert atmete Reno tief durch, als dieses leise Geräusch von einem furchterregenden Brüllen unterbrochen wurde. Reno wandte langsam und wie in Zeitlupe den Kopf und sah sich Auge in Auge mit einem Behemoth.

Panik krampfte sein Herz zusammen und der Schock über diese Entdeckung ließ ihn starr sitzen bleiben. Eine kleine Hoffnung in seinem Inneren war, dass das Vieh ihn vielleicht nicht bemerkt hatte, doch der Behemoth schnaubte vernehmlich, als würde er ihn für diese Hoffnung auslachen. Er scharrte mit seinen mächtigen Pfoten in dem staubigen Boden und witterte seine Beute, die förmlich vom Himmel gefallen war. Der Behemoth näherte sich und Reno fühlte sich so, als wäre er vom Regen in die Traufe gekommen.

//Kann ich denn nur Pech haben?//, dachte er und tastete nach dem Stock an seiner Hüfte, der zum Glück immer noch in seiner Halterung war.

Er wusste noch, dass dieses Monster im Bereich der Nase sehr empfindlich war. Wenn er das nutzte und das Monster dadurch kurz abgelenkt war, konnte ihm die Flucht gelingen, er brauchte nur-

Reno kam nicht weiter, denn ein Schatten fiel über ihn und nur einen Flügelschlag später schob sich Chaos Körper vor seine Sicht.

„Verdammter Chocobomist“, fluchte Reno mit zusammengebissenen Zähnen.

Der Behemoth war eine Sache, aber Chaos?

Reno sah bereits sein Leben an sich vorüberziehen, während Chaos und der Behemoth einen stummen Blickschlagabtausch um ihre Beute austrugen. Der Behemoth schien zu überlegen, ob Reno es wert war, dass er dafür seinen möglichen Tod riskierte, während Chaos sich keinen Moment lang in die Karten schauen ließ. Er wirkte einfach nur arrogant und provozierend in seinem ganzen animalischen Wesen, so als ob er der König der Bestien wäre.

Reno riss sich von diesem Anblick los, der auch bei ihm Eindruck machte und machte sich an seine Flucht. Er versuchte, kein Geräusch zu machen und wich zur Seite aus. Der Behemoth bemerkte die Bewegung und brüllte, ehe er sich doch für die Konfrontation entschied. Doch der Gedanke war noch nicht einmal zu Ende gedacht, die Richtung noch nicht vollends eingeschlafen, da zog Chaos seine Waffe, entsicherte mit tödlicher Ruhe und platzierte dem Behemoth eine Kugel mitten zwischen die Augen.

Alles schien daraufhin stillzustehen. Reno hielt in seiner Flucht inne, Chaos hielt die Waffe noch immer auf das Monster gerichtet und der Behemoth kippte erst nach einem kleinen Augenblick um wie ein nasser Sack Reis. Danach steckte Chaos seine Waffe weg, der Boden erzitterte unter dem Zusammenbruch der Bestie und Renos Beine gaben unter seinem eigenen Körper nach.

„Scheiße“, fluchte Reno leise, seine Augen hafteten an dem toten Monster und als Chaos sich zu ihm umwandte, schloss er die Augen, weil er nicht wissen wollte, was nun auf ihn zukommen würde.

Sein Körper zitterte wie Espenlaub, seine Atmung ging flach und keuchend, so als ob er kurz vor einer Panikattacke stünde. Reno hatte noch niemals so eine Todesangst verspürt und er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Seine Hände verkrampften sich sowohl um seinen Stock als auch in den staubigen Boden, dann gab es einen Ruck und er verlor den Boden unter seinen Füßen.
 

Die Zeit dehnte sich ewig, ehe Reno ein weiteres Mal an diesem Tag unsanft mit dem Allerwertesten auf festem Untergrund landete, dieses Mal in einer Höhle. Er rappelte sich sofort auf und rannte zum einzigen Ein- und Ausgang, doch er kam nicht weit, denn die Höhe lag mitten auf einem Berg und der einzige Weg hier weg führte über Flügel, wie er bald feststellen musste. Vor ihm tat sich nämlich ein Abgrund auf, welcher jeden Turk zum Heulen gebracht hätte.

//Das war es. Ich bin geliefert//, schoss es dem Rothaarigen durch den Kopf und er wandte sich wieder der Höhle zu, in welcher Chaos seelenruhig auf ihn wartete.

Geschlagen und übertrumpft kehrte Reno ins Höhleninnere zurück und stellte sich seiner neuen Realität. Was auch immer Chaos nun mit ihm vorhatte, er würde es zulassen müssen.

Reno blieb in der Nähe des Ein- und Ausgangs stehen, obwohl es ihm nicht viel brachte. Er sah in Chaos stoisches Gesicht und fühlte sich mit einem Mal vollkommen erschöpft von allem. Alle Ereignisse brachen über ihn herein und er war einfach nur müde und kaputt. Es war ihm nahezu, was nun mit ihm geschehen würde, denn in Anbetracht der Tatsache, dass Sephiroth wieder lebte und dazu seine verrückten drei Brüder, wurde ihm nahezu alles egal. Die Menschheit war dem Untergang geweiht und da machte es eigentlich keinen Unterschied, wenn Chaos ihn jetzt aufessen würde oder was auch immer dieser Möchtegernvampir mit ihm vorhatte.

Reno dachte also nicht mehr an Flucht, während Chaos sich ihm näherte und ihn wieder wie vor wenigen Stunden mithilfe seiner ausgebreiteten Flügel einkreiste, die in der beengten Umgebung der Höhle an die Decken und Wände stießen. Reno sah dem Blick aus goldgelben Augen entgegen und er ließ sich kaum aus dem Konzept bringen, als Chaos immer näher und näher kam.

Schließlich trat Chaos noch einen Schritt vor und Reno musste den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm hochschauen zu können. Da packten ihn Chaos krallenbesetzte Hände und hoben ihn an seinem Kragen in die Luft, so dass er den Boden unter den Füßen verlor.

Reno fiel es schwer, jetzt nach Atem zu schöpfen und wahrscheinlich würde das auch nicht mehr nötig sein, nachdem ihm Chaos den Kopf abgebissen hatte oder was auch immer. Trotzdem schluckte er nun nervös, als ein tiefen Knurren aus Chaos Kehle drang und die goldgelben Augen ihn intensiv musterten, als könne sich der Gefügelte nicht entscheiden, wo er zuerst hineinbeißen sollte, um den ersten Hunger zu stillen.

„Das solltest du dir überlegen, ich schmecke garantiert furchtbar“, ächzte Reno als letzten Versuch, doch als Chaos ihn dafür anknurrte, ließ er das Reden bleiben.

Sein Schicksal war sowieso besiegelt, also wozu noch die große Klappe riskieren?

Reno schloss die Augen und er hoffte mit aller Macht, dass sein Tod eine schnelle Angelegenheit werden würde.

Doch anstatt spitzer Zähne, die sich in seine Kehle bohrten oder Krallen, die seine Eingeweide aus seinem Körperinneren wühlten, spürte er plötzlich dünne, drängende Lippen, die sich heiß und versengend auf seinen Mund legten.

Vor Schreck und Überraschung öffnete Reno automatisch den Mund und eine Zunge leckte verlangend über seine Lippen. Ein tiefes Knurren war von Chaos Seite zu hören und nochmals fanden dessen Lippen die von Reno, der viel zu benommen war, um irgendwie zu reagieren. Er stand ein wenig unter Schock nach all den Ereignissen und mit tiefer Verwirrung ließ er zu, was Chaos mit ihm tat.

Entfernt dachte er daran, dass Chaos ihn weder abschmecken noch vorkosten wollte. Nein, der Geflügelte küsste ihn gerade und dieses Wissen war zu viel für den Rothaarigen, dass ihm der Kopf schwirrte. Er musste sich den Kopf doch angeschlagen haben, auch, wenn er sich nicht daran erinnern konnte. Vielleicht lag er auch noch irgendwo im Wald herum und bildete sich das alles nur ein?

Zähne versenkten sich in seine Unterlippe und ein Biss machte Reno deutlich, dass das kein Traum war. Er bildete sich das nicht ein, das Ganze geschah wirklich und er hatte keine Ahnung, wie er darauf reagieren sollte.

Seine Hand tastete nach seinem Schlagstock und er holte aus, ehe er Chaos diesen mit aller Kraft gegen den Kopf knallte. Das hatte schließlich schon bei Cloud gut funktioniert und tatsächlich knickten Chaos Beine ein, er ließ Reno los und dann kippte das Wesen auf den Rothaarigen.

Renos Hinterkopf machte schmerzhaft Bekanntschaft mit dem Höhlenboden und ließ ihn Sterne sehen. Er stöhnte vor Schmerz auf und noch einmal als Chaos schwer auf ihm zu liegen kam. Die Flügel bildeten eine Art Zelt, doch nach und nach fielen sie in sich zusammen und auch weitere Merkmale zogen sich zurück, bis Vincent Valentine bewusstlos auf Reno lag, als wäre dieser eine bequeme Matratze.

„Willkommen zurück Partner“, sagte Reno leise und schwach, dann kippte sein Kopf zur Seite und er überließ sich seiner inneren Erschöpfung.

Klärende Worte

Vincents Schädel dröhnte, als er langsam zu sich kam. Das Gefühl der Verwirrung war groß und wurde noch größer, als er sich seiner Umgebung bewusst wurde. Er stieg sonst nie in Höhlen ab, da ihn die Leute ohnehin schon für einen Vampir hielten.

Kopfschmerzen meldeten sich intensiv und pulsierten besonders an einer Stelle seines Kopfes, als ob ihn dort etwas mit voller Wucht getroffen hätte. Vincent berührte die Stelle und zuckte sofort zusammen, während seine Finger eine nicht gerade kleine Beule ertasteten.

„Verdammt, was...?“, fragte Vincent verwirrt und als sich der Boden unter ihm bewegte, wurde er noch verwirrter.

Es war nicht der Boden, der sich bewegte, sondern der Körper, der unter ihm lag, wie er kurz darauf feststellte und Vincent kletterte schnell von Reno hinunter. Sein Herz krampft sich angstvoll zusammen, während Vincent versuchte, ein Muster in seinen Erinnerungen herzustellen, welches ihm dieses Durcheinander erklärte. Doch da war rein gar nichts: Kein Muster, keine Erinnerungen, absolut nichts.

Er konnte sich nur noch erinnern, dass er Reno hatte retten wollen und dafür hatte er Chaos von der Leine gelassen. Danach herrschte nur verschwommene Leere in seinem Kopf und je mehr sich Vincent erinnern wollte, umso mehr schmerzte sein Schädel. Er musste wohl oder übel warten, bis Reno zu sich kam, aber das würde wohl nicht so bald geschehen.

Vincent nahm seinen Umhang ab und legte ihn über Reno, dann setzte sich der Schütze ans andere Ende der Höhle, von wo aus er Reno nicht schaden konnte. Angespannt wartete er ab, denn fest stand, er würde Reno nicht zu nahe kommen, wenn er nicht wusste, was nun die Ausmaße seiner Handlungen waren. Jedenfalls war es kein gutes Zeichen, dass er sich nicht erinnern konnte.

//Ich weiß nicht mal, welcher Tag heute ist//, dachte Vincent entsetzt.

Was war, wenn er länger Chaos geblieben war als nur ein paar Stunden? Was war, wenn er etwas Schlimmes getan hatte? Was war, wenn er damit wertvolle Zeit verloren hatte, wo es doch darum ging, Cloud vor Sephiroth zu retten?

Vincents Gedanken fuhren Achterbahn. Jede Möglichkeit, die er durchspielte, versetzte ihn in Angst und Schrecken und er wollte sich am liebsten nicht mehr damit beschäftigen. Doch jedes Mal glitt sein Blick zu dem ohnmächtigen Reno und wieder kreiselten seine Gedanken um die fehlenden Erinnerungen.

Panische Gefühle kamen in ihm auf und er drückte sich mit dem Rücken gegen die Felswand hinter sich, bis die Kanten in seinen Overall stachen. Ruhelos fuhren seine Finger durch seine langen, schwarzen Haare und unruhig wartete er darauf, dass Reno endlich aufwachte.

Doch der Rothaarige verblieb in seinem Zustand, während sich draußen die völlige Dunkelheit über die Umgebung senkte. Die nächtliche Geräuschkulisse drang entfernt an Vincents Ohren und der Wind ließ die Blätter der Bäume rauschen. Aber in dieser Nacht war Vincent unempfänglich gegenüber der ruhigen Momente, die sonst sein Inneres besänftigten. Heute hörte er das Pulsieren seines Blutes in seinem Inneren, das nervöse Pochen seines Herzens und das klamme Gefühl der Angst, welches ihn in die Tiefe ziehen wollte. Am liebsten hätte er sich wieder in jene Leere zurückgezogen, doch das hätte Chaos neuen Nährboden gegeben und das konnte und wollte er Reno nicht noch einmal antun.

Vincent lehnte den Kopf an die Wand hinter sich und starrte an die düstere Felswand über sich. Seine Sinne konzentrierten sich auf Reno, der einige Meter von ihm weg lag und dass der andere ruhig atmete, beruhigte Vincent ein wenig. Das hieß, dass er dem anderen nicht ernstlich wehgetan hatte und das war immerhin eine gute Nachricht. Trotzdem blieb Vincent angespannt und ruhelos glitt sein Blick wieder und wieder zu Reno, bis dieser endlich begann, sich nach etlichen Stunden wieder zu regen.

Sofort verstärkte sich Vincents Anspannung und sein Blick blieb an dem Rothaarigen kleben. Der Turk gab ein leises Stöhnen von sich, als er sich langsam und schwerfällig in eine sitzende Position aufrichtete und kurz den Kopf schüttelte, um scheinbar seine Gehirnzellen wieder in Schwung zu bringen.

Vincents ganzer Körper war in Alarmbereitschaft als Reno sich umblickte. Der andere hatte nicht so gute Augen wie er in seinem modifizierten Zustand, deshalb war Vincent nahezu unsichtbar. Er beließ es vorerst dabei und sah erleichtert, dass Reno keinerlei Verletzungen hatte bis auf ein paar leichte Abschürfungen, die jedoch nicht von Krallen oder Zähnen herrührten.

„Vincent?“, fragte Reno ins Dunkel und Vincent antwortete nicht gleich.

Kurz überlegte er, einfach zu verschwinden, doch da fiel ihm ein, dass sie sich hier mehrere Meter über dem Erdboden in einer Höhle befanden und Reno hier nicht so einfach herunterkam, ohne sich den Hals zu brechen.

„Ich bin hier“, seufzte Vincent also, während er sich keinen Zentimeter bewegte.

Er konnte nicht in Renos Nähe gehen, nicht, solange er nicht wusste, was passiert war. Seinen Blick konnte er dennoch nicht von dem Rothaarigen lösen, der mit wirren Haaren und in seinen roten Mantel gewickelt, verletzlich und unschuldig aussah. Ohne Zweifel würde Reno diese Attribute aufregen, aber Vincent konnte nichts für seine innersten Gefühle.

Vincents Kehle wurde trocken und er schluckte schwer, während sich ein drängendes Gefühl in seinem Inneren ausbreitete. Er verstand nicht so recht, warum, aber es war ein weiteres Zeichen dafür, dass er Reno fernbleiben musste.

„D-danke für die Rettung“, sagte Reno nun und hätte es nicht das kleine Zittern in seiner Stimme gegeben, hätte Vincent diese Danksagung kommentarlos hingenommen.

Doch stattdessen machte er sich Gedanken, was dieser kurze Aussetzer zu bedeuten hatte und es ärgerte ihn, dass er sich nicht an die vergangenen Stunden erinnern konnte. Zumindest hoffte er, dass es Stunden waren, aber nicht einmal das war sicher.

„Was ist passiert?“, fragte Vincent schließlich tonlos und Reno zuckte zusammen.

Er erinnerte sich sofort daran, wie Chaos ihn geküsst hatte und sein Gesicht flammte auf. Es war fast als könne er noch immer die drängenden Lippen des anderen auf seinen fühlen und ein kleiner Teil von ihm wünschte sich die intensive und flammende Berührung zurück. Stattdessen erhielt er nun kühle Beherrschtheit und es das fühlte sich an wie ein eiskalte Dusche, die ihn unvermittelt frösteln ließ.

Reno raffte die tröstliche Wärme von Vincents Umhang um sich und ein leises Geräusch aus Vincents Richtung ließ ihn erstarren. Es hatte wie ein leises Knurren geklungen, ähnlich dem, welches Chaos gestern von sich gegeben hatte und Renos Körper reagierte darauf, wie es eigentlich nicht angemessen waren.

„Verdammter Mogrybockmist“, sagte er und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht, um sich seine eigene Vernebelung aus ebendiesem zu wischen.

Natürlich hatte es keinen Erfolg, doch er ließ seine Hände auf seinem Gesicht, damit Vincent nichts aus seinem Gesicht lesen konnte. Bei kleinen Kindern funktionierte das schließlich auch.

„Was ist? Was habe ich getan?“, fragte Vincent alarmiert und Reno lugte hinter seinen Fingern hervor.

Vincent klang angespannt, ja fast verzweifelt.

Verwirrt ließ Reno seine Hände nun doch sinken. Draußen kündigte sich der Morgen an und die Dämmerung ließ den Schützen zumindest ein wenig erahnen. Trotzdem war es zu dunkel, um auch nur irgendetwas zu sehen und das störte den Turk gewaltig. Er erhob sich und ging hinüber zu dem Schützen, der vor ihm zurückwich. Doch am Höhleneingang war Schluss mit der Flucht und Reno setzte sich direkt vor Vincent.

„Du hast nichts Schlimmes getan“, hörte Reno sich selbst sagen und als er in sich hinein spürte, wusste er, dass das die Wahrheit war.

„Warum bist du dann so komisch?“, fragte Vincent mit angespanntem Kiefer und sein Blick versengte Reno fast.

Der Schütze glaubte ihm kein Wort und Reno verfluchte sich innerlich ein bisschen dafür, dass er nicht besser lügen konnte.

„Ok, dann gehen wir das der Reihe nach durch. Auf deine Verantwortung“, grummelte er und seufzte dann.

Unbehaglich drapierte er den Mantel erneut um sich herum, um sich zu wärmen, denn die kalte Morgenluft strömte nun ungehindert herein.

„Der Hubschrauber ist abgestürzt, nachdem er einfach in der Luft eingefroren war. Ich vermute, dass ich das Sephiroth zu verdanken habe...“, begann Reno. „Danach kann ich mich nur daran erinnern, dass ich mit dem Leben abgeschlossen hatte, als es plötzlich einen Ruck gab und danach eine mehr oder weniger sanfte Landung. Das warst du, also... als Chaos.“

Bei der Erwähnung seines Alter Egos zuckte Vincent zusammen und seine Kinnpartie verkrampfte sich noch mehr.

„Und weiter?“, wollte er wissen.

„Du hast mich aus dem Wrack geholt. Dann hast du dich so merkwürdig verhalten und ich bin abgehauen. Natürlich habe ich mich wieder einmal in Schwierigkeiten gebracht, aber du hast mich wieder gerettet und dann hierher gebracht. Ende der Geschichte.“

Reno bemühte sich um ein Pokerface, doch Vincent konnte er nichts vormachen.

„...Das ist nicht alles, Reno. Und das weißt du. Sag mir die Wahrheit.“

Reno warf frustriert die Hände in die Höhe und ließ sie ebenso schnell wieder sinken.

„Warum ist das bitte so wichtig? Was bringt es dir zu wissen, was schon geschehen ist? Du kannst es nicht mehr ungeschehen machen!“, regte sich der Turk auf.

„Ich muss es wissen! Ich will wissen, was ich dir angetan habe, damit ich es wieder bereinigen kann!“

Ein bitteres Gefühl stieg in Reno hoch. Anscheinend konnte Vincent sich wirklich nicht erinnern und er konnte es ihm nicht zum Vorwurf machen. Aber dennoch war er verletzt, dass der Dunkelhaarige von Wiedergutmachung sprach.

„Das gibt es nichts wieder gut zu machen“, sagte Reno ärgerlich, doch Vincent sah das völlig anders.

„Das sehe ich nicht so. Also sag mir, was ich gemacht habe“, verlangte Vincent und Renos Wangen flammten auf.

Konnte dieser Moment noch peinlicher werden?

Reno wollte sich zuerst weigern, doch dann kam der innere Trotzgeist in ihm auf oder was auch immer. Warum sollte er denn die ganze Last allein schleppen? Vincent hatte mindestens genau so viel Mitschuld an dem ganzen Schlamassel, wie Reno selbst. Daher war es nur fair, wenn der Schütze Bescheid wusste und sich ebenso in Grund und Boden schämte, wie Reno es gerade machte.

„Na schön“, knurrte Reno. „Aber ich muss es dir zeigen.“

Vincent nickte und seine Anspannung schien zuzunehmen, doch Reno nahm darauf keine Rücksicht. Er kniete sich hin, packte Vincents Wangen und küsste ihn kurz und grob auf die Lippen. Dann nahm er wieder Abstand und sah ihn aufmüpfig an.

„Chaos hat mich geküsst, ansonsten hat er nichts getan. Ich glaube zumindest, dass er nicht mehr versuchen wollte und ich habe ihn sowieso k.o. geschlagen. Du siehst also, dass ich mich wehren kann. Und dieser Kuss eben kannst du als Ausgleich sehen, wir sind quitt. Also hör auf, dir dein Hirn zu zermartern, es ist keine große Sache. Es war schon in Midgar keine große Sache, also brauchst du auch jetzt keine daraus machen.“

Vincent war zuerst viel zu baff, um irgendetwas zu sagen. Dann sickerte die Bedeutung langsam durch ihn hindurch und noch etwas wurde ihm klar.

„Das heißt... es war nicht das erste Mal?“, wollte Vincent wissen und Reno wich alles Blut aus dem Gesicht, als ihm klar wurde, dass er sich gehörig verplappert hatte.

Verdammte Mogrykacke...

Warterei und Geständnisse

Reno stapfte durch den Wald und konzentrierte sich allein darauf, doch es war nicht einfach, Vincents bohrende Blicke in seinem Rücken zu ignorieren. Es konnte sich auch um Einbildung handeln oder sein schlechtes Gewissen, aber nein, er war sich sehr sicher, dass Vincent ihn nicht aus den Augen ließ. Am liebsten hätte er sich umgedreht und dem Schützen die Meinung dazu gesagt, aber er entschied sich dagegen und konzentrierte sich lieber noch mehr darauf, nicht über irgendwelche Wurzeln zu stolpern oder sich mit den Haaren in Spinnennetzen zu verfangen.

Nachdem er sich verplappert hatte, hatte er Vincent den Mantel hingeworfen, seine Sachen genommen und verkündet, dass er dringend nach Midgar zurück musste. Vincent fragte nicht warum, sondern half Reno danach die Höhle hinunter und seitdem liefen sie in die Richtung, in der sie die Mako-Reaktoren von Midgar sahen.

Vincent lief lautlos hinter Reno her und behielt die Umgebung im Blick. Nur weil es am Tag war, musste das nicht heißen, dass sie sicher waren und er würde sich nicht wieder von irgendetwas oder irgendwem überrumpeln lassen. Leider war nicht viel los und es blieb nicht viel zu tun, weshalb er seine Aufmerksamkeit darauf lenkte, Reno Löcher in den Rücken zu starren.

//Was verschweigt er mir?//, rätselte er und wurde das Gefühl nicht los, dass ihm hier etwas Wesentliches entging.

Er wusste, er durfte Reno nicht zu einer Antwort drängen, denn dann würde der Turk komplett dicht machen und ihn gar nicht mehr an sich heranlassen. Das Problem war nur, dass Vincent in diesem Fall einfach wissen musste, was los war und was zwischen ihnen passiert war. Wie war es bitte zu einem Kuss zwischen ihm und Reno gekommen, ohne, dass er es mitbekommen hatte? Welches Puzzleteil fehlte ihm da nur?

Dieses Problem nahm all sein Denken ein, während er keinerlei Gedanken an Sephiroth und seine drei Brüder verschwendete, wobei dies doch das weitaus größere Problem war. Noch dazu war da die Sache mit Cloud, doch so sehr Vincent sich auch darauf konzentrieren wollte, es war zwecklos. Er bekam die Sache mit dem Kuss einfach nicht aus seinem Schädel und Chaos in ihm war ebenfalls ruhelos.

„Was machen wir, wenn wir zurück sind?“, fragte Vincent schließlich, weil das Schweigen zwischen ihnen ihn verrückt machte.

Reno blieb nicht stehen, sondern lief einfach weiter. Es dauerte eine Weile, dann gab er Vincent über die Schulter hinweg eine Antwort.

„Ich werde Tseng Bericht erstatten und ich kann auch die WHO übernehmen. Ich nehme an, du willst nach Cloud sehen?“

Vincent dachte kurz über die Möglichkeiten nach, dann stimmte er Reno zu.

„In Ordnung.“

Reno machte nicht den Eindruck, als wäre er für andere Gesprächsthemen zu haben, also schwieg er den Rest des Weges, ebenso wie der Rothaarige. Schließlich kamen sie in der Stadt an und ihre Wege trennten sich.

„Wir sollten uns später treffen und uns auf den neuesten Stand bringen“, schlug Vincent vorsichtig vor und Reno nickte brüsk, ehe er sich abwandte.

„Reno?“

Der Rothaarige stoppte und drehte sich nochmals zu dem dunkelhaarigen Schützen um. Vincent ließ sich nichts anmerken, sondern schaute nur ruhig aus seinen roten Augen zu dem Turk.

„Pass auf dich auf.“

Damit wandte sich Vincent ab und machte sich auf den Weg zum „7th Heaven“. Reno stand derweil wie festgetackert an der gleichen Stelle und schüttelte nun langsam den Kopf. Dieser Valentine war wirklich unglaublich... und noch dazu so verdammt cool.

Reno löste sich aus seiner bewundernden Erstarrung und verscheuchte sein Herzklopfen damit, dass er an den Ernst der Lage dachte. Sephiroth war wirklich zurück und er hatte noch dazu die dreifache Verstärkung mitgebracht. Es sah nicht gut aus und das hieß, dass Midgar und auch die gesamte Welt wieder in Alarmbereitschaft versetzt werden musste.

Reno seufzte. So langsam hatte er wirklich die Nase gestrichen voll davon, dass es immer wieder in einer Krise ausartete. Wo blieb das Friede-Freude-Eierkuchen-Happy End für alle und wann konnte der Planet endlich mal eine Pause machen von all den Ränkespielen und Weltuntergangsdramen? Sollte das wirklich das Los aller sein, dass sie auf ewig um den Frieden bangen mussten?

//Ich glaube, ich weiß so langsam, wie Rude sich damals gefühlt hat und was ihn zum Gehen bewogen hat//, dachte er und wieder einmal vermisste er seinen wortkargen Ex-Kollegen, der den Ruhepol der gesamten Organisation gebildet hatte.

Wenn Rude noch dagewesen wäre, wäre Reno sicher nicht in der Lage, in der er sich jetzt befand, dessen war er sich sicher. Zwar bereute er die ganze Sache nicht mehr, dass er Vincent als Partner hatte, aber diese ganzen Gefühle verwirrten den Rothaarigen zusehends.

//Wie halten Elena und Tseng das nur aus?//, fragte sich Reno und begab sich zum Turk-Hauptquartier.

Dort fiel ihm Elena bereits vor Tsengs Büro um den Hals und beschimpfte ihn als halsbrecherischen Idioten.

„Was hast du dir nur dabei gedacht, dich nicht zu melden? Ich bin fast gestorben vor Angst!“, rief sie und während sie Reno fest umarmte, schlug sie ihn auch noch.

„Dafür siehst du aber ganz schön lebendig aus“, bemerkte Reno und fing sich dafür noch einen Schlag in die Magengrube ein, der ihn ächzen ließ.

„Zu deinem Glück!“, rief Elena und ließ ihn so plötzlich los, dass er kurz taumelte. „Was ist passiert? Warum ist der Funkkontakt abgebrochen und warum kommst du zu Fuß hierher?“

Reno unterließ weitere Scherze und schaute Elena ernst an.

„Ich erkläre es dir, sobald wir bei Tseng sind. So wenig Leute wie möglich sollen erst einmal von der ganzen Sache erfahren“, meinte er und Elena nickte.

Sie betraten Tsengs Büro, der mit grimmigen Blick auf seinen PC starrte und kaum aufsah, als Elena und Reno näher traten. Wenn er so vertieft in seine Arbeit war, verhieß das nichts Gutes.

„Was ist los?“, wollte Reno wissen und Tseng rieb sich übers Kinn, ehe er antwortete.

„Nur die Vermisstenzahlen der letzten Tage. Sie steigen kontinuierlich. Wenn das so weitergeht, ist Midgar bald eine Geisterstadt.“

„Das ist noch unser geringstes Problem“, seufzte Reno und ließ sich in einen der Sessel vor Tsengs Schreibtisch fallen.

„Was meinst du damit?“, wollte sein Chef von ihm wissen und Reno atmete tief durch, ehe er das aussprach, was er am liebsten nicht wahrhaben wollte.

„Sephiroth lebt.“
 

Vincent fand Tifa an Clouds Bett wachend vor. Die Bar war inzwischen zwar wieder geöffnet, wurde aber von Marlene und Barrett bewirtschaftet, damit sich die Barfrau um den jungen Mann kümmern konnte.

„Wie geht es ihm?“, wollte Vincent wissen und blieb neben Tifa stehen.

Sie schaute ihn müde an und lächelte erschöpft.

„Unverändert. Er war ein paar Mal wach, verlor aber bald wieder das Bewusstsein. Er redet verworrene Dinge und scheint gegen irgendetwas zu kämpfen“, berichtete die Dunkelhaarige und Vincents Blick glitt zu den schwarzen Malen, die sich fein und fächerartig auf Clouds Arm ausgebreitet hatten.

Vincent wusste nicht viel über das Geostigma, aber dennoch genug, um zu wissen, dass es schlecht für seinen Freund aussah und er ahnte, dass es auch Tifa bewusst war. Es war kein Wunder, dass sie nicht mehr von seiner Seite wich und ihn nicht mehr allein lassen wollte. Es war kein Wunder, dass sie kaum zu schlafen schien, weil sie die letzte Zeit, die ihm noch blieb, mit ihm gemeinsam verbringen wollte. Vincent hätte ebenso gehandelt, hätte er noch eine gemeinsame Zeit mit Lucretia gehabt und daher kommentierte er das Ganze nicht.

„Sephiroth lebt, ebenso Kadaj, Yazoo und Loz. Das Geostigma ist also keine Einbildung und dass die Leute verschwinden hat damit zu tun. Es hängt alles miteinander zusammen“, erklärte Vincent nun und Tifa sah betroffen zu ihm auf.

„Hast du sie gesehen?“

„Ja. Ich hatte auch eine Unterredung mit Sephiroth höchstselbst...“

„Was will er?“

Vincent antwortete nicht, sondern sah nur auf Cloud herab, der blasser als sonst in seinem Bett lag und stumme Schmerzen litt. Mehr brauchte es nicht und Tifa verstand.

„Warum kann er ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Er hat genug gelitten.“

Vincent konnte ihr darauf keine Antwort geben, also ließ er es. Er bedauerte, dass er keine positiven Nachrichten zu übermitteln hatte.

„Wir müssen wieder kämpfen, oder?“, fragte Tifa nach einer Weile.

„So ist es.“

Tifa seufzte entkräftet und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Vincent legte seine Hand auf ihre Schulter und drückte diese kurz. Tifa sah dankbar auf, auch, wenn es wieder von einem erschöpften Lächeln begleitet wurde.

„Ich werde alles in die Wege leiten, aber ich brauche Zeit.“

Vincent nickte.

„Wir bleiben in Verbindung“, sagte er und damit ging er.

Wenn es wirklich auf einen Kampf hinauslief, dann musste er vorher noch mit Reno sprechen. Wenn sie sich nicht noch einmal sehen würden, dann wollte Vincent nichts bereuen.
 

Reno kehrte niedergeschlagen in seine Wohnung zurück, die er schon länger nicht mehr betreten hatte. Es war alles so chaotisch wie an jenem Morgen, als er sie übereilt verlassen hatte und mit gemischten Gefühlen kam er hierher zurück. Zuvor hatte es ihn immer mit Erleichterung erfüllt, hier wieder anzukommen, doch heute verspürte er Einsamkeit und Leere. Die Stille in dieser kleinen Wohnung machte ihn gerade ganz wirr im Kopf. Es roch muffig und seine erste Amtshandlung war, dass er alle Fenster aufriss, um die kühle Abendluft hereinzulassen.

Der Rothaarige zog anschließend sein zerknittertes Jackett aus und nahm die Fliegerbrille ab, die ihn heute irgendwie nervte. Beides landete auf einem kleinen Tisch und Reno ging in die Küche, um sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank zu nehmen. Er fand noch eine Dose mit Orangenlimo, die jedoch nur nach gepanschten Wasser schmeckte, aber dennoch trank er alles aus und zerdrückte die Dose in seiner Faust, während er seinen düsteren Gedanken nachhing.

Die Gespräche mit Elena und Tseng und danach mit Reeve waren nervenaufreibend gewesen, denn sie alle wollten weiter beobachten und abwarten, was Reno gar nicht zusagte. Er hatte es satt, zu warten und immer nur zu reagieren, wenn eine Bedrohung aufkam und das hatte er deutlich gemacht. Aber seine Argumente hatten gar nichts gebracht und so war er nun dazu verdammt, Zuhause zu sein und die Hände in den Schoß zu legen.

„Scheiße!“, fluchte Reno, womit er die zerdrückte Limodose quer durch die Wohnung warf.

Mit einem markanten Geräusch landete diese auf dem Holzfußboden und Reno ging dorthin, um die Dose nochmals nachträglich zu zertreten.

„Die Gespräche sind wohl nicht gut gelaufen?“, erkundigte sich eine Stimme vom Fenster her und als Reno aufsah, sah er Vincent, der soeben über das offene Fenster hereinkletterte.

Der Turk gab lediglich ein Knurren von sich und ließ die Dose Dose sein. Er ließ sich rücklings auf sein altes Sofa fallen und starrte an die vergilbte Decke. Einen Moment später richtete er sich jedoch wieder auf und sah Vincent an.

„Hast du es auch satt, zu warten? Ich kann schon dieses Wort nicht mehr hören, es macht mich rasend“, knurrte er und stand wieder auf, um unruhig auf und ab zu gehen. „Es ist doch schon amtlich, dass die Kacke am Dampfen ist, also wieso will jeder die Hände in den Schoß legen, hm? Ich kapiere das nicht!“

Vincent sah Reno nachdenklich zu und nach einer Weile beschloss er, auf dessen Worte zu reagieren.

„Dann schließe dich mir und den anderen an. Wir werden kämpfen.“

Reno zögerte, dann nahm er sein Hin- und Herlaufen wieder auf und sann über diese Möglichkeit nach. Dann blieb er wieder abrupt stehen und schüttelte den Kopf.

„Ich weiß nicht. Vielleicht gibt es doch noch eine andere Möglichkeit und deshalb warten alle ab“, sagte er, ehe er sich die Haare raufte.

Alles war so komplett verworren, dass er nicht mehr klar sah und das entzog Reno wiederum den Boden unter den Füßen. Warum war alles nur so schrecklich kompliziert?

„Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Das ging mir noch nie so, aber jetzt auf einmal ist es nun mal so und ich weiß nicht weiter. Mein Kopf- und mein Bauchgefühl streiten miteinander und beide haben gute Argumente, glaubt man das? Ist das zu fassen?“

Reno schüttelte den Kopf und lachte humorlos, doch Vincent lachte nicht mit ihm.

„Ist es wirklich die Entscheidung des Wartens und des Kämpfens, die dich so durcheinander bringt?“, wollte der Schütze wissen und Renos wachsamer Blick zuckte zu ihm.

„Was meinst du damit?“

Vincent wartete wieder ab, aber dann kam er doch zu dem Schluss, dass er es ansprechen musste und auch wollte. Wenn er mit den anderen in den Kampf zog, wollte er, dass alles vorher mit Reno geklärt war, denn er wollte nichts bereuen.

„Ich denke, du bist insgesamt wegen etwas völlig anderem verwirrt und seitdem hast du das Gefühl in deine Entscheidungen ebenfalls verloren. Ist es nicht so?“

Reno seufzte.

„Du willst doch einfach nur wissen, wann wir uns geküsst haben, oder?“, fragte er tonlos und Vincent nickte.

Seinen roten Augen entging nichts und so atmete er innerlich erleichtert auf, als Reno sich nicht vor ihm verschloss, sondern wirklich zum Reden ansetzte.

Der Turk setzte sich wieder aufs Sofa und rieb sich das Kinn, dann begann er zu erzählen.

„Die ganze Sache ist wahrscheinlich meine Schuld. Erinnerst du dich noch, als wir gegen Hojo und Cissnei gekämpft haben? Ich habe dir die Protomateria wiedergegeben...“

„Ja. Aber du hast mir nie genau erzählt, warum.“

Reno schaute auf seine Finger und nickte.

„Du warst völlig außer Rand und Band. Ich habe es zwar geschafft, dir die Protomateria wieder einzusetzen, aber dein Körper hat sich quasi sekündlich hin- und her verwandelt. Mal warst du Vincent, mal Chaos und immer wieder hin und her. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und da habe ich dich... ich...“

Reno stockte und seine Wangen röteten sich bei der Erinnerung an alles. Vincent gab ihm einen Moment, damit er sich sammeln konnte, aber die Ungeduld in ihm wuchs. Er war so dicht dran an der Wahrheit und es kostete ihn enorme Selbstbeherrschung, um Reno nicht nachdrücklich zum Sprechen zu bringen.

„Ich habe dich geküsst. Ich dachte, wenn ich das tue und ganz fest daran denke, dass du wieder du bist... ich habe gedacht, du wirst dann wieder zu Vincent“, gestand Reno. „Ich weiß, dass das eine Methode aus einem Märchen ist, aber mir fiel in dem Moment nichts Besseres ein. Jedenfalls denke ich, dass ich Chaos damit verwirrt habe und jetzt haben wir den Salat, dass er immer aus dir raus will und mich küssen will oder so. Das heißt, ich habe dir das angetan, verstehst du? Und es tut mir leid, dass ich das gemacht habe, ohne nachzudenken, aber was hätte ich denn machen sollen? Dir irgendeine vergangene Erinnerung erzählen? Alles, was ich da von dir wusste, war das, was allgemein bekannt ist und ich glaube nicht, dass du dann gerne in deine Ursprungsform zurückgegangen wärst.“

Endlich redete Reno nicht mehr und Vincent fand die Zeit, das Ganze zu verarbeiten. Es sagte ihm viel, machte ihm Hoffnung und er glaubte so sehr daran, dass an dieser Geschichte noch mehr dran war, als Reno ihm glauben machen wollte.

„Bist du mir deshalb damals aus dem Weg gegangen und hast mich angelogen?“

Reno bejahte.

„Ich war einfach froh, als du sagtest, du könntest dich nicht erinnern. Ich habe das als Chance gesehen. Ich wusste doch auch nicht, warum ich dich genau geküsst habe. Ich hielt es für eine gute Idee“, zuckte Reno mit den Schultern.

„Und als Chaos dich geküsst hat? Wie war es da? Hattest du Angst? Du hast ihn schließlich k.o. geschlagen“, erinnerte Vincent ihn und Reno schluckte nervös.

„Es... es war so, dass ich erst gedacht habe, dass er mich fressen will. Stattdessen küsst er mich... es war in dem Moment einfach zu viel“, gestand er und beobachtete, wie Vincent näher herantrat.

„Und jetzt? Ist es dir zu viel, wenn ich dir nahe komme?“, wollte der Schütze wissen.

Reno schüttelte den Kopf.

„Wirst du mich k.o. schlagen, wenn ich dich jetzt küssen würde?“, fragte Vincent und kam noch näher, bis er den Sicherheitsbereich des Turks eindeutig überschritt.

Abermals folgte ein Kopfschütteln.

„Das ist gut. Denn ich bin deiner Meinung, Reno... ich habe es auch satt zu warten“, flüsterte Vincent unmittelbar an den Lippen des Rothaarigen und einen Atemzug später küsste er ihn mit allem Gefühl, welches in ihm wohnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, ich bin mal gespannt, was ihr dazu sagt xD Ich freue mich außerordentlich, mal was mit Kadaj, Yazoo und Loz zu machen, ich mag die drei total *-* Aber keine Sorge, sie werden Vincent und Reno auf keinen Fall den Rang ablaufen ;) Bis zum ersten Kapitel vielleicht, ich würde mich sehr freuen *wink* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Na mal gucken, ob Vincent Recht behält~
Bis zum nächsten Kapitel :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich musste die beiden jetzt einfach mal wieder was getrennt unternehmen lassen und ich wollte unbedingt noch andere Charaktere einbauen. Ich finde Elena und Tseng zusammen so süß *-* xD Über die beiden will ich auch wieder ganz viel schreiben, aber eher so als Nebenhandlung. Mein Hauptaugenmerk liegt dieses Mal auf Vincent und Reno und dass da schön viel passiert ;D
Bis zum nächsten Mal :)

GLG
Kyo Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Jap, hier kommen die ernsten Töne... aber ich bin froh, dass ich ab und zu noch ein bisschen Komik einbauen kann, wäre ja sonst langweilig :D
Bis zum nächsten Mal :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ach Reno... xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Geostigmalager... es klingt so sch... xD Aber "Willkommen daheim" wäre noch schlimmer gewesen xDDD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wollte erst, dass Sephiroth noch ein bisschen Metall verbiegt, dass Reno quasi zu Tode gequetscht wird, aber das wollte ich ihm dann doch nicht antun QQ Er muss so schon genug aushalten xD
Bis zum nächsten Mal und lasst ruhig Meinungen da, vielleicht fällt euch noch was ganz anderes ein ;) Bis zum nächsten Kappi *wink*

LG
Kyo Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Endlich ein wenig BL-Content, auch, wenn es nur ein Kuss war, yaaay xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, womit soll Reno dieses Mal zuhauen? Kissen? Tischbein? Ganzer Stuhl? xD Nein, keine Sorge, das wird nicht passieren ;) Ich freue mich doch viel zu sehr, dass die beiden mal ein paar Momente zusammen kriegen, das war vorher storytechnisch nicht so möglich, sorryyyy TT___TT Gut, ich hab das Gefühl, das Vincent gegen Ende etwas dominant wird, aber irgendwie muss das zwischen den beiden ja mal vorwärts gehen und Reno traut sich gerade selbst nicht mehr xD Ach, das kann noch was werden...
Danke jedenfalls fürs Lesen ;) <3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  RandaleEiko
2019-05-28T04:39:49+00:00 28.05.2019 06:39
Ich stecke auch mitten in den Prüfungen und habe daher vollstes Verständnis das das hochladen etwas länger dauert :) . Tifa sollte wirklich froh sein das Reno Cloud so außer Gefecht gesetzt hat, wäre es ihr lieber wenn er in Sephirots Hände fiele?
Vielen Dank für das hochladen c: es ist echt spannend und toll geschrieben

LG RandaleEiko
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
28.05.2019 20:22
Huhu :)

Vielen Dank für deinen Kommi und für das Lob, da hat sich die Mühe doch gelohnt ;) Tifa hat auch nur einen Schreck bekommen, deshalb hat sie so reagiert. Wenn jemand deinen Liebsten k.o. schlägt, würdest du wahrscheinlich auch erst einmal auf die Barrikaden gehen, oder? ;D

LG
Kyo
Antwort von:  RandaleEiko
28.05.2019 22:18
Stimmt wohl c:
Von:  RandaleEiko
2019-05-19T11:40:18+00:00 19.05.2019 13:40
Nein Cloud !! :C Ich bin so verdammt gespannt was noch auf sie zukommt. Der arme wird jetzt bestimmt eine Beule haben >.<
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
19.05.2019 18:08
Ich finde es schön, wie du mit Cloud leidest, aber denk auch mal an Reno, was jetzt auf ihn zukommt ;D Danke für deinen Kommi, es ist schön, für diese verrückte FF Rückmeldungen zu bekommen :)

Liebe Grüße
Kyo
Antwort von:  RandaleEiko
20.05.2019 17:40
Ich bin halt mehr der Cloud fan xD
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
20.05.2019 20:42
Das hattest du schon dezent erwähnt *lol* ;D
Von:  RandaleEiko
2019-04-23T04:33:35+00:00 23.04.2019 06:33
Uhaaa soo schön das du wieder ein Kapitel hiervon hochlädst!!! Verdammt, Cloud tut mir so unendlich leid xc ich bin echt gespannt wie sie ihn da raushauen wollen

Ich freu mich aufs nächste mal
Liebe Grüße RandaleEiko ^^
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
23.04.2019 16:14
Ui, da freut sich ja jemand :D Tut mir leid für die lange Pause, ich musste erst einmal wieder Ideen sammeln und werde bald weitermachen, sobald ich meine Sailor Moon-FF beendet habe, die ist irgendwie noch ziemlich präsent in meinem Kopf xD Aber ich habe ich auch sehr darüber gefreut, dass Reno und Vincent mal willig waren, ihr Abenteuer weiter zu erzählen *lol*

Bis zum nächsten Mal :)
GLG
Kyo
Von:  RandaleEiko
2018-10-19T07:39:18+00:00 19.10.2018 09:39
Da ich auch krank im Bett liege, kann ich Cloud sooo nachempfinden wie schlecht es ihm geht >0<
Ein tolles Kapitel bin gespannt wie es mit Cloudy weiter gehen wird. Was ist mit Denzel, der müsste ja genauso betroffen sein?

Liebe Grüße RandaleEiko c:
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
19.10.2018 09:44
Oje, dann dir gute Besserung o_o!
Ja, Denzel ist auch betroffen, das kommt noch ;) Erst mal wollte ich mich auf Cloud konzentrieren ;)

Liebe Grüße zurück

Kyo :)
Von:  RandaleEiko
2018-10-12T16:06:38+00:00 12.10.2018 18:06
Das erste Kapitel hat mich sehr neugierig gemacht, mal schaun wie die Story weiter gehen wird. Reno x Vincent ist jetzt nicht so mein Lieblings paaring, aber das macht nix. Ich werde mich eh nur auf die eigentliche Story stürzen (und auf die stellen mit Cloud wie du denke ich weißt Hähä xD)

Bis zum nächsten mal,
Schönen Freitagabend und ein schönen Start ins Wochenende C:
RandaleEiko <3
Antwort von:  Kyo_aka_Ne-chan
12.10.2018 20:31
Huhu :D
Das erste Kapitel ist ja auch noch zum neugierig machen da :D Beim Rest geht´s dann ans Eingemachte *hehe* Und Cloud kommt im nächsten Kapitel, da kannst du dich also freuen ;) Bis zum nächsten Mal und danke für deinen Kommi :)

GLG
Kyo


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